Die Simlinge von Riverview
Eine Kleinstadt und ihre Geheimnisse
3x01: Remember the time...
Was bisher bei "Riverview" geschah:
Rüdiger Himbert heiratete seine liebe Nelly, die jedoch als Kind genetisch verändert wurde, weshalb sie von zwei Verrückten gejagt worden war. Glücklicherweise konnten sie aufgehalten werden…
Jakob Winter, einst ein erfolgreicher Architekt, wurde von seiner Frau verlassen, von seiner besten Freundin bedroht, die daraufhin von seiner Geiebten Manuela erschossen wurde, aus Notwehr wohlgemerkt. Die Leiche wurde dann von ihm, Doktor Bruckheim und Manuela auf praktische Weise entfernt. Aber wie das Leben so spielt, verlor Jakob alles, sein Heim und seinen Job. Tja und als es nicht mehr hätte schlimmer kommen können stand plötzlich Jakobs Exfrau in der Tür…
Und nun die Fortsetzung...
Irgendwo in einem abgelegenen Waldstück von Veronaville...
Es war kalt. Das Wind blies durch die vielen Ritzen in der modrigen Holzwand. Der Mann, der auf dem alten Bett lag fror. Er fror schon lange. Schließlich war es Winter. Es musste mittlerweile Dezember sein, oder war es schon wieder Januar? Als ob das irgendeine Rolle spielen würde, dachte er sich im selben Moment und widmete sich wieder dem Buch. Es war eine schrecklich langweilige Geschichte, wie er schon seit Stunden feststellen musste. Doch das Buch weglegen war keine Option. Was sonst sollte er tun? Die Wand anstarren? Nein, die kannte er bereits auswendig. Überhaupt kannte er alles auswendig, was diesen kleinen Raum betraf.
Verlassen durfte er ihn nicht. Er war gefährlich. Das hatte man ihm gesagt. Er wäre krank, hatten sie ihm erzählt. Sie waren Ärzte, die wussten doch, was am besten für ihn und die Leute um ihn war. Es machte ihm auch nichts aus. Stören tat ihn jedoch nur eine Sache: Er wusste nichts über sich. Er erinnerte sich an nicht mehr.
Er wusste bloß, dass er eines Abend hier aufgewacht war. Ein Mann hatte ihm die Nachricht über die schlimme Krankheit überbracht. Und seitdem, es musste nun schon fast 10 Monate her sein, hatte er hier gesessen. Wer war er... wer war er nur?
Er zweifelte daran je zu erfahren, wer er vor diesem Abend gewesen war. Doch die Ärzte hatten ihm versichert, dass sein Gedächtnis wohl für immer gelöscht war. Traurig, aber...
"... Sie war wunderschön. Eine Diva, wie man sagte. Und ihr Name schien wie die Krönung ihres ganzen Wesens zu sein. Ihr Name war ..."
Der Mann stutzte und sah von dem Buch auf. Er wusste nicht was es war, aber irgendwie war es da. Ein Gefühl. Eine vertrautes Gefühl. Und dann waren da Bilder. Bruchstücke... ein Lächeln, der Geruch von frisch gewaschenen Haaren. Der Name, was es auch war, eines war sicher: Der Mann, der Monate lang einsam und seiner Vergangenheit unwissend war, begann langsam sich zu erinnern. Und Grund war der Name dieser Frau, der so plötzlich in seinem Geist wanderte. Wer war sie bloß, diese Annette...
_________________________________________________
Und während die einen Momente des Glückes erfahren, müssen andere einsehen, dass das Glück an ihnen vorbeigezogen ist...
"Hi, Schatz. Hör zu, ich..." Nathalie Himbert atmete tief durch und drückte mit zitternder Hand das Handy ans Ohr. "... ich muss mit dir reden, es ist wichtig."
"Nelly, das.. .das ist gerade schlecht. Weißt du, ich habe keine Zeit. Die Kunden stehen Schlange und außerdem muss ich noch die letzten Vorbereitungen für die Gartenschau am Montag machen. Oh... da kommt gerade die Frau vom Radio. Tut mir leid, mein Hase, ich muss Schluss machen. Bis heute Abend!"
Damit legte Rüdiger auf. Nelly klappte das Handy zu und lehnte sich an die Hauswand. Das konnte einfach alles nicht wahr sein. Warum hatte das nur passieren müssen? Am liebsten hätte sie angefangen zu weinen.
Doch sie war eine starke Frau, Schwäche zu zeigen stand gar nicht zur Debatte. Es würde sich schon alles wieder richten. Sie sollte etwas essen. Das half bisher immer.
Ihr Blick fiel auf einen kleinen Imbiss, den sie dann sofort betrat. Niedergeschlagen ließ sie sich zwischen einer alten Gurkenscheibe und einer runzligen Pommes nieder und klappte die magere Speisekarte auf. Das konnte nicht wahr sein. Das alles war doch bloß ein böser Traum. Oder nicht?
"Nelly?"
Nathalie regierte erst nicht und musste schlucken, als sie Schweinehaxe las.
"Nathalie Böhm! Du bist es wirklich!"
Jetzt hob sie ihren Kopf und ein großer, schlanker Mann kam ihr entgegen.
"Erkennst du mich nicht mehr, ich bin es Tobias Ziegler! Wir sind zusammen in die Schule gegangen."
Wie selbstverständlich nahm er gegenüber von ihr Platz und sah sie lächelnd an. Nelly nickte nur. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
"Was treibst du denn hier in Riverview? Ich dachte du wolltest Maxistown nicht verlassen. Oh... ein Ring... sag mal, du hast doch nicht etwa geheiratet. Stell sich das einer vor, die Qualle hat geheiratet."
"Qualle..." Nelly wiederholte seine Worte, was ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen zauberte.
"Es ist ewig her, dass mich jemand Qualle genannt hat."
"Ja, das ist ne Ewigkeit her. Stimmt etwas nicht mir dir? Du siehst so... fertig aus."
Da war es, das Gefühl. Beschreiben konnte sie es nicht. Aber es war da. Und auf einmal hatte sie Lust es ihm zu erzählen. Es war unsinnig, da sie sich erst wieder kennengelernt hatten, aber trotzdem hatte sie das Gefühl, dass nur er ihr helfen konnte. Er, der sie Qualle genannt hatte.
"Hör zu, wenn du das wirklich hören willst, dann müssen wir uns eine ganze Kanne Kaffee bestellen..."
"Dir muss es wirklich mies gehen."
"Ich habe gerade meinen Job verloren und mein Ehemann... ach... sagen wir, er hat sich verändert..."
Und mit diesen Worten begann für Nelly etwas, dass sie später einmal sicher bereuen würde...