Beiträge von Raphiarts

    Neue Folge !!!


    Die mit der bellenden Katze:
    Lisa ist geschockt, als sie erfährt, dass sie mit dem Diktator Fabian Staatsmann schlafen soll, doch um ihr Freudenhaus zu retten, beugt sie sich ihrem Schicksal, wobei sie vor große Probleme gestellt wird. Unterdessen wird Christin im Keller langsam wahnsinnig und beginnt mit einer Toten zu reden...

    4x07: Vergeben und vergessen

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    Leopold von Werken hatte in seinem Leben oft vergeben müssen. Er hatte seinen Eltern vergeben, als sie ihn als Kind nicht aufs Gymnasium schickten, sondern sich für die ländliche Gesamtschule entschieden, wo man ihn für seine Herkunft und Wohlstand das Leben schwer machte. Später hatte er Annette vergeben müssen, dass sie ihn für tot erklärt hatte. Doch dem Mann, dem er nun vergeben sollte, sprengte seine Vorstellung.



    Robert Obermeier. Er sollte dem Mann Amnestie gewähren, der ihn vor zwei Jahren fast umgebracht hatte. Einen Mann, der versucht hatte durch Korruption und Veruntreuung an die Macht zu kommen. Leopold konnte sich keinen besseren Ort vorstellen, als dort wo sich Robert Obermeier gerade befand: Dem Staatsgefängnis von Riverview.



    Aber er hatte womöglich keine andere Wahl. Dieser Unbekannte Mann bedrohte ihn. Er würde alles über Leopold an die Öffentlichkeit bringen, er würde über den größten Fehler seines Lebens erzählen, ein Fehler, der nun alles zerstören könnte.
    Nein, so leicht würde er nicht aufgeben. Es musste einen anderen Weg geben. Aber bis dahin musste er versuchen dem Wunsch seines Erpressers nachzukommen, so schmerzhaft das auch war.



    „Herr Bürgermeister, ich habe die Unterlagen, die Sie angefordert haben.“, sagte Sandy, die gerade in den Raum kam und legte einen Stapel Bücher auf den Schreibtisch.



    „Hören Sie, es geht mich ja nichts an, aber warum wollen Sie etwas über Amnestie wissen? Ihnen ist schon klar, dass so etwas große mediale Konsequenzen mit sich bringen kann.“
    Leopold staunte nicht schlecht. Mediale Kompetenzen… Womöglich war Sandy doch schlauer als ihr Ruf es versprach.
    „Was meinen Sie Sandy?“
    „Ach, ihr Vorgänger hat das auch versucht. Er hat einen 81 jährigen Sträfling entlassen, wegen des Alters. Das hätte ihm fast den Titel gekostet. Die Presse hat ihn zerrissen. Das hätten Sie lesen sollen. Die sind nicht zimperlich mit ihm umgegangen. Aber sie waren ja zwei Jahre von der Bildfläche verschwunden. Sie hätten sich mehr für Riverview interessieren sollen.“
    Leopold lächelte Sandy leicht an.



    „Danke Sandy. Ach und, das bleibt bis auf weiteres unter uns.“
    „Wie Sie meinen, Sir. Das verstehe ich.“
    Als Sandy den Raum verließ stutzte der Bürgermeister plötzlich. Sie verstand es? Was meinte sie damit?
    Leopold stand auf und rieb sich die Augen. Er war wohl schon vollkommen verrückt geworden. Sandy hatte sicher nichts damit zu tun. So ein Unsinn aber auch. Offensichtlich waren die letzten Tage wohl zu viel für ihn gewesen. Erst Annettes Verschwinden, der Tod des Präsidenten und jetzt die Erpressung. Vielleicht wäre es besser, wenn er sich etwas hinlegen würde. Ruhe hatte noch nie jemanden geschadet.



    Rüdiger Himbert verließ das Haus und Nelly lächelte. Zum ersten Mal seit Wochen hatte Nelly wieder gelächelt. Sie erinnerte sich schon nicht mehr daran, wann sie das letzte Mal so glücklich gewesen war. Rüdiger war toll, einfach perfekt für sie. Doch ihre Freude wurde schnell wieder getrübt, als die Schmerzen wieder anfingen.



    Schnell ging sie hoch ins Bad, öffnete den Alibert-Schrank und griff nach den Tabletten. Ihre Hände zitterten so stark, dass sie es kaum schaffte die Pillendose zu öffnen. Doch schließlich klappte es und mit einem Satz schluckte sie die Weisen Wunderbringer herunter. Es dauerte einige Minuten bis die Übelkeit und der Schwindel sich legten, dann ging es ihr wieder einigermaßen gut. Sie musste es Rüdiger sagen. Es hatte einen Sinn mehr es zu verheimlichen. Aber sie hatte Angst. Sie hatte Rüdiger schon einmal verloren. Sie hatte Angst davor, dass es ein weiteres Mal passieren konnte. Das würde sie nicht verkraften, niemals …
    „Nelly???“ Die junge Frau erschrak, als sie plötzlich die Aufgeregte Stimme hörte.
    „Nelly, bist du zu Hause?“ Nelly stutzte, als sie erkannte, wer gekommen war.



    „Karin?“, sagte sie verwirrt und ging die Treppe hinunter. Dort stand sie, ihre Schwiegermutter. Die Frau, die Nelly wohl am wenigsten leiden konnte. Und nicht nur sie. Nelly konnte sich keinen Menschen vorstellen, der diese Schreckschraube mögen oder gar lieben konnte. Sie war sogar davon überzeugt, dass selbst Rüdiger nicht viel für sie übrig hatte. Obwohl er das niemals zugeben würde.



    „Nelly, gut dass du da bist. Ich … ich hab gerade einen schrecklichen Anruf erhalten.“, stotterte die ältere Frau aufgeregt. Nelly versuchte die Situation zu fassen. Sie hatte diese Frau noch nie so aufgelöst gesehen. Es musste etwas wirklich Schreckliches passiert sein.
    „Was ist los? Wer hat dich angerufen?“
    „Tobias. Dein … Mitbewohner von hier …“
    Jetzt war Nelly noch viel verwirrter. Warum um alles in der Welt rief er ihre Schwiegermutter an?
    „Er hat mir etwas erzählt, dass du … dass du in Gefahr wärst. Ich … ich …“ Karin musste nach Luft schnappen und hielt kurz inne.
    „Was ist? Was ist mit ihm?“



    „Er … er ist tot, Nathalie. Er wurde erschossen. Ich habe es gehört … er wurde einfach erschossen…“



    Krach machte es auf einmal. Die Welt blieb stehen, alles wurde hell, dann dunkel. Nathalie Himbert verschlug es die Sprache. Und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie sofort selbst tot umzufallen. Denn das, was sich gerade vor ihr auftat war unfassbar, so unfassbar, dass es Nelly Angst machte. Karin weinte. Da waren tatsächlich Tränen …
    Doch auf diesen schock folgte sofort ein weiterer auf dem Fuße. Ihr Mitbewohner Tobias war tot? Er … war tot … Nelly musste sich die Worte der alten Frau erst durch den Kopf gehen lassen um zu begreifen, was das bedeutete.



    „Was sagst du da… er … er ist tot?“
    „Ja… und du .. und Rüdiger … er … er sagte, dass ihr in großer Gefahr seid. Nelly, was ist los? Was wird hier gespielt?“
    Und mit diesem Moment wurde Nelly klar, dass das Versteckspiel zu Ende war. Denn ab jetzt stand alles auf dem Spiel und nicht mehr nur ihr eigenes Leben …
    „Nelly, was ist los? Ich weiß, dass du mir etwas verheimlichst! Rede mit mir! Rüdiger kannst du vielleicht etwas vormachen, aber nicht mir! Ich bin eine Menschenkennerin!“
    Nelly konnte sich nicht fassen, sie konnte sich nicht konzentrieren. Alles war so wage, so fragil geworden. Vielleicht war es doch besser, wenn sie es wusste, möglicherweise konnte sie ihr sogar helfen.

    „Karin, was ich dir jetzt erzähle, wird alles verändern. Und du musst mir verzeihen, dass ich damit nicht eher zu dir gekommen bin …“




    Jakob Winter atmete tief durch. Das war wie ein Alptraum. Es schmerzte sehr diesem Mann wieder entgegen zu treten. Er dachte daran, wie sie damals vor Jahren auseinander gegangen waren. Wie er die Tür geknallt, geschrien und gegangen war. Dieser Mann hatte alles zerstört. Alles, woran Jakob geglaubt hatte, was er geliebt hatte: Seine Familie.



    „Jakob … da bist du ja.“, sagte Susanne, die sich Jakob auf der Parkbank näherte. Mit mitleidigem Blick betrachtete sie ihren Exmann und setzte sich neben ihm.
    „Ich hasse ihn.“, sagte er knapp und sein Blick bleib eisern.
    „Ich weiß. Und ich verstehe es. Denn das, was er getan hat, das ist unverzeihlich.“



    „Unverzeihlich … ts … für dich sagt es sich so leicht. Du bist nicht mit ihm verwandt. Du weißt nicht wie viel mir alles bedeutet hat. Alles! Er hat es zerstört! Er hat es mir genommen!“ Jakob sah Susanne an, als ob er auf sie wütend wäre.
    „Ach ja, ich weiß nicht wie das ist? Jakob, ich war viele Jahre lang deine Frau. Ich habe diesen Mann genauso gut gekannt wie du. Ich habe alles miterlebt.“
    Jetzt stand Jakob auf und schüttelte erbost den Kopf.



    „Du hast doch keine Ahnung! Du …“, prustete er los, doch Susanne baute sich vor ihm auf.
    „Ich habe Ahnung, Jakob! Dein Vater war nicht besser als meiner! Er hat deine Mutter misshandelt, sie geschlagen und obendrein gesoffen. Verdammt, das habe ich alles miterlebt! Ich bin nicht dumm!“



    Susanne sah ihm tief in die Augen, wobei sie den Schmerz förmlich sehen konnte.
    „Du .. du hast ja Recht. Es tut nur so weh. Wenn ich an den Tag denke, als meine Mutter tot auf dem Boden lag … mein Gott, sie hat sich mit einem Küchenmesser das Leben genommen! Und warum? Warum??? Nur weil dieses ********* sie wie Dreck behandelt hatte… ich hätte nicht so früh ausziehen sollen, wer weiß, vielleicht hätte…“



    Susanne ohrfeigte Jakob plötzlich.
    „Spinnst du?“
    „Wach auf! Du bist hier der Spinner! Du hast dir nichts vorzuwerfen. Dein Vater war ein *****. Aber er hat sich geändert. Weißt du eigentlich was mit ihm los war, als er deine Mutter tot gefunden hatte? Weißt du das? Nein, natürlich nicht. Du warst blind vor Wut. Du hast ihm alles an den Kopf geworfen, ihm die Schuld an allem gegeben. Aber ich sag dir jetzt was: Für Eheprobleme sind immer beide Seiten Schuld. Deine Mutter war keine Heilige, auch wenn du das immer so darstellen willst.“



    Susanne hatte sich in Rage geredet und spürte nun wie ihr Herz raste. Geschockt starrte Jakob sie an, dem die Worte fehlten.
    „Er war am Boden zerstört. Dein Vater hat viele Jahre gebraucht um das alles zu überwinden. Er hat schließlich alles verloren, seine geliebte Frau und seinen einzigen Sohn. Du hast ja nie mit ihm gesprochen…“
    „Er… er war doch schuld…“, stotterte Jakob wie ein kleines Kind und sah in die weite Welt hinaus.
    „Ja, er war Schuld, deine Mutter jedoch nicht unschuldig. Vielleicht ist es Zeit, dass du mit ihm sprichst und versuchst ihn zu verstehen, dass…“



    „Nein! Nein … das … Susanne … ich kann das nicht.“
    Susanne nahm seine Hände und sah ihm helfend an.
    „Wir schaffen das. Ich verspreche es dir. Aber lass dir deshalb nicht diesen Auftrag entgehen. Damit könntest du wieder erfolgreich werden. Nur das sollte zählen.“
    Am liebsten hätte sich Jakob jeglicher Verantwortung entzogen und wäre gegangen. Doch irgendetwas hielt ihn fest, ließ ihn nicht fortgehen. Was Susanne sagte schmerzte zwar, war aber irgendwie auch die Wahrheit. Und möglicherweise war nach so langer Zeit wirklich die Zeit gekommen einen Schritt auf seinen Vater zuzumachen, ihm vielleicht endlich zu verzeihen, auch wenn das das schwierigste sein würde, was ihm je bevorstand...


    Ja, wir Menschen können vergeben und vergessen. Einige müssen schwere politische Konsequenzen in Kauf nehmen um jemandem zu vergeben, der es in ihren Augen nicht verdient hat. Andere haben vergessen wie es ist Gefühle zu zeigen. Und wieder andere stehen am Scheideweg, soll ich meinem Vater vergeben oder nicht?
    Doch was ist, wenn es Menschen gibt, die nicht vergessen und schon gar nicht vergeben können?
    Ja, diese Menschen können uns gefährlich werden…



    Magda McBryan saß in ihrer Limousine. Und während sie da so saß musste sie lächeln. Zwar hatte sie dazu keinen Grund, denn gerade war ihr Ehemann verstorben, aber trotzdem lächelte sie. Denn sie wusste, dass es bald so weit sein würde. Lange hatte sie darauf gewartet. Und jetzt endlich würde sie es zu Ende bringen …
    Langsam kramte sie in ihrer Handtasche und zog ein kleines Foto heraus, das schon etwas mitgenommen aussah.
    „Ach mein Lieber Aleksander … bald wird es so weit sein. Ich werden sorgen dafür, dass alles gerecht werden. …“



    4x06: Erinnerst du dich noch?


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    Das Leben ist lang. Manchmal kommt es uns so lang vor, dass wir beginnen Dinge zu vergessen. Wir vergessen alte Dinge, die uns früher Freude bereitet haben. Wir vergessen aber auch Menschen, die wir früher für unabdingbar gehalten haben. Doch am allerliebsten vergessen wir eines: Schmerzen.



    Und wer einmal richtig verletzt wurde, geblutet hat und dann nur noch hoffte diese schrecklichen Dinge zu vergessen, der weiß wie schmerzlich es sein kann, wenn einen die Erinnerung wieder einholt …



    Jakob Winter erstarrte. Sein Körper verkrampfte und er spürte wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich. Das konnte unmöglich wahr sein. Er konnte nicht hier sein! Jakob konnte nicht tun, als zu zusehen, wie es geschah. Und während die Sekunden verstrichen und sich der Man auf ihn zubewegte, kam alles wieder hoch. All die Qualen, all die Schmerzen, die er durch ihn erlitten hatte. Fast zehn Jahre hatte er es geschafft ihn aus seinem Leben auszublenden, zu vergessen, was er ihm angetan hatte. Doch dieser Moment, diese Sekunden hatten alles verändert. Denn er war wieder da, Jakobs Vater, Charles Dorsent.



    „Jakob … Jakob!“ Susanne, die neben dem Architekten stand, stieß ihn unsanft an. Jakob erwachte augenblicklich aus seiner fast-Totenstarre und schluckte. Dabei starrte er immer noch auf den Mann in Anzug, der ihm nun gegenüber stand.
    „Kennen Sie sich?“, fragte die Frau des toten Präsidenten, Magda McBryan und sah verstört zu den beiden Männern.



    „Das … das ist mein Sohn.“, verkündete Charles kühl und versuchte sich ein Lächeln abzugewinnen.
    „Oh … also ja… das sein ja Zufall großer.“ ´



    „Willkommen in Riverview.“, sagte Susanne und reichte der Frau lächelnd die Hand. Die musterte Susanne erst und nahm dann etwas verwirrt die Hand an.
    „Ich bin Susanne Winter. Die Baubeauftragte der Stadt Riverview. Mein herzlichstes Beileid.“
    „Danke. Ich sein froh endlich hier zu sein.“, gab die Witwe zu und sah dann gespannt zu Jakob, der immer noch stumm da stand.
    „Wir kennen uns schon ja, Herr Winter … Winter … sagen Sie, seien Sie beide verheiratet?“
    Susanne seufzte. „Geschieden.“




    „Was ist jetzt? Kommen Sie? Wir haben viel zu besprechen. Ich wollen neues Haus bauen!“, drängte Magda und deutete auf einen großen Wagen, der unweit des Landeplatzes stand.
    „Nein.“ Jakob sah kurz zu Magda, stierte dann aber sofort wieder seinen Vater an.
    „Wie bitte? Was Sie meinen?“



    „Ich kann das nicht, Frau McBryan. Tut mir Leid. Nicht unter diesen Umständen.“
    Mit diesen Worten drehte sich der Architekt um und wollte gehen. Doch Susanne hielt ihn fest.
    „Jakob …“, flüsterte sie ihm mahnend zu, doch der schüttelte nur den Kopf.
    „Du weißt wieso ich das nicht tun kann…“
    Damit löste er sich aus dem Griff seiner Exfrau und ging davon, stieg in seinen Wagen und war verschwunden. Verwirrt blickten die übrigen Personen einander an.
    „Was nun?“, fragte Magda, die die Welt nicht mehr zu verstehen schien und sah zu Susanne.



    „Äh… also … keine Sorge. Fahren Sie schon mal ins Rathaus. Meine Kollegen von der Bauaufsicht haben bereits den Konferenzraum vorbereitet.“ Susanne versuchte sich ein aufmunterndes Lächeln aufzusetzen.
    „Aber mein Sohn möchte doch nicht … Hören Sie, wenn ich gewusst hätte, dass sie gerade meinen Sohn als Architekten ausgewählt haben, dann wäre ich nie hergekommen.“
    „Aber nein, ich brauchen Sie, Charles. Ihre Firma sein die beste in gesamten Region. Wenn ich gewissen, dass Jakob ihr Sohn, dann ich hätten niemals …“



    „Frau McBryan. Vertrauen Sie mir, ich krieg das schon hin. Fahren Sie beide ins Rathaus. Ich bringe Herrn Winter.“
    „Seien Sie sicher?“
    „Ja, ich werde ihn überreden. Vertrauen Sie mir!“
    Die beiden Frauen sahen sich tief in die Augen, und schließlich nickte die Frau des toten Präsidenten.
    „Einverstanden. Ich fahre in der Limousine. Charles, Ihnen habe ich ein eigenes Fahrzeug besorgt. Ich muss noch einige Telefonate führen, wenn Sie verstehen.“
    „Natürlich, Frau McBryan.“



    Susanne war klar, dass das, was sie vorhatte nicht einfach werden würde. Es gab nicht auf der Welt, was Jakob weniger leiden konnte, als seinen Vater. Doch Susanne war zuversichtlich. Er hasste zwar seinen Vater, doch es gab etwas, dass Jakob sehr leibte: Geld.





    Karin Himbert war ein Mensch, von dem man sich erzählte, dass sie keine Gefühle hatte. Sie hatte nicht getrauert, als ihre fünf oder sogar sechs Ehemänner vom Totengräber zur Ruhe gelegt worden waren. Sie hatte keine Regung gezeigt, als vor zehn Jahren zwei Flugzeuge in zwei Bürotürme geflogen waren und es interessierte sie herzlich wenig, dass überall auf der Welt die Menschen hungerten und starben. Ja, Karin Himbert war in ihrem Innern ein Eisklotz. Verdorrt, abgehärtet und total emotionslos.
    Doch an diesem Tag sollte es sich ändern …



    Karin Himbert war erstarrt. Sie traute sich kaum etwas zu sagen. Alles was sie tat war schweigend und entsetzt zuzuhören. Der Mann keuchte, schnappte nach Luft und schrie. Dann geschah das unglaubliche: ein Schuss fiel. Und alles wurde still. Karin Himbert hatte gerade gehört, wie am anderen Ende der Leitung jemand erschossen worden war. Und diese schrecklichen, von Todesschreien erfüllten Sekunden verbissen sich in ihrem kalten Herz. Mit zitternden Händen legte die das Handy zur Seite und sah aus dem Fenster. Ihr gingen die Worte des Mannes nicht mehr aus dem Kopf.



    „Ja… ja hier ist Tobias … ich … ich … Sie müssen Nelly warnen! Sie … sie ist in Gefahr! Gott er wird sie töten! Er wird Rüdiger töten! Er wird … er …“ Dann fiel der Schuss und Karin wurde augenblicklich schlecht. Sie hielt sich gerade noch so an einer Couch fest und setzte sich. Alles war so verwirrend… so unglaublich … das … das konnte nicht wahr sein …
    Nelly und Rüdiger waren in Gefahr? Karin wusste nicht was mit ihr geschah, sie wusste nicht was sie tun oder lassen sollte. Sie wollte gerade aufstehen, einen Schluck Wasser trinken, als ihr Kreislauf versagte und sie zusammensank. Alles drehte sich plötzlich. Das konnte alles nicht wahr sein …



    Annette Obermeier war jemand, der eigentlich nichts vergas. Sie vergas niemals ihre Rechnungen zu bezahlen, ihren Patienten rechtszeitig ihre Medikamente zu geben oder die Geburtstage ihrer Lieben.
    Doch als Annette an diesem Tag die Augen öffnete hatte sie vergessen, was passiert war, nur um fast im gleichen Moment die Hölle auf Erden zu erleben…
    Annette riss die Augen auf.



    Es war dunkel, still und feucht. Es dauerte eine Weile bis sich ihre Augen an die dunkle Umgebung angepasst hatten, aber dann sah sie die ganze Misere. Wo war sie? Und warum saß sie in einer Höhle? Verwirrt sah sie sich um. Schwaches Licht kam von einem kleinen Strahler am Boden.
    Angst hatte sie noch keine, obwohl sie das auch etwas wunderte Schließlich war sie gerade aufgewacht und befand sich auf mysteriöse Weise in einer Höhle. Was war passiert? Annette dachte nach, doch … es kam einfach nichts. Sie hatte es wohl vergessen. Sie lehnte sich zurück, stieß dabei mit dem Kopf an die Wand. Das tat höllisch weh. Sie hatte eine Beule am Kopf. Hatte sie jemand geschlagen?



    Doch ehe sie weiter nachdenken konnte, hörte sie plötzlich Schritte. Sie kamen näher. Jetzt begann Annette sich Sorgen zu machen. Und endlich kam auch die Angst hoch.
    „Hallo?“, fragte sie mit schwacher Stimme, was sie selbst etwas schockte.
    „Wer ist da? Hallo!“
    Die Schritte wurden lauter und dann tauchten Füße aus der Dunkelheit auf. Es war eindeutig ein Mann.



    „Hm … du bist wach.“, sagte eine schwache, männliche Stimme. Doch Annette konnte das Gesicht des Unbekannten nicht erkennen. Wer war er? Und was wollte er von ihr? Sofort dachte sie an das Schlimmste. War er ein Vergewaltiger? Ein Mörder? Angstschweiß zeigte sich auf der Stirn der jungen Ärztin.
    „Was wollen Sie von mir?“
    „Ach Annette… was ich will spielt keine Rolle. Nicht mehr. Wer sie will, das ist das einzige, das zählt.“
    „Was? Wer sind Sie? Was soll das?“ Annette wurde angst und bange. Der Kerl klang wie ein Geisteskranker. Sie musste einen Weg finden von hier zu verschwinden.



    „Sie werden uns alle erlösen. Und den Weg weisen. Alls was wir tun müssen ist zu glauben.“
    „Hören Sie damit auf! Sie machen mir Angst!“ Annette selbst erschrak bei ihrer Reaktion. Das war doch alles verrückt.
    „Prätor, sie ist so weit. Wir können nun beginnen!“
    „Prätor?“ Annette dachte nach und dann ging ihr ein Licht auf.
    „Die Kinder der Vielen … Sie … sie gehören zu Ihnen.“
    Der Mann lachte leise und Annette merkte, wie er den Kopf schüttelte.



    „Oh nein, die Kinder der Vielen sind schwach. Sie können nicht das volle Potenzial der Götter sehen. Nur durch uns wird ihre Macht klar und deutlich. Wir sind ihre Werkzeuge, ihre … Krieger.“
    Annette traf es wie ein Pfeil durchs Herz. Alles an ihrem Körper schien vor Angst zu zittern. Die Krieger des Lichtes … Sie befand sich tatsächlich in der Gewalt dieser militanten Glaubensgruppe.



    Annette hatte schon viel von ihnen gehört. Sie glaubten nicht an den einen Gott, sondern waren Anhänger der antiken Götter. Sie glaubten, dass nur ihre Götter die einzig wahren waren. Und sie sahen sich als Kreuzritter, die diese Botschaft, auch gewaltsam, in der Welt verbreiten sollten.
    „Was wollen Sie von mir?“
    „Von dir nichts, mein Kind. Du bist wie wir alle nur Mittel zum Zweck. Aber glaub mir, wenn wir Erfolg haben, dann wird die Welt eine bessere sein.“




    Ja, wir alle vergessen. Wir vergessen alte Wunden, die man uns zugefügt hat. Wir vergessen wie es ist Schmerz zu erfahren. Doch wenn wir vergessen haben, was Gefahr bedeutet, kann uns das schneller zum Verhängnis werden, als uns lieb ist.



    „Was meinen Sie mit Erfolg? Was haben Sie mit mir vor?“ Annette war käsebleich vor Angst.
    „Du meine Liebe, bist der Garant dafür, dass wir unseren göttlichen Auftrag erfüllen. Du wirst das erste Opfer sein…“
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    4x04: Das Schlimmste auf der Welt


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    Das Schlimmste passiert immer dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann.



    Es kann die Milchtüte sein, die beim stressigen Samstagseinkauf nach einer halben Stunde an der Kasse stehen, plötzlich aufplatzt.



    Oder ein Autounfall, den man auf dem Weg zu Arbeit hat, obwohl man so wieso schon spät dran war. Doch all diese kleinen Dinge sind nichts im Vergleich dazu, was einige Menschen durchleben, Dinge, die sich nicht im Supermarkt ereignen…



    Als Rüdiger Himbert an diesem Morgen aufwachte, dachte er, er würde immer noch träumen. Der süßliche Geruch von Lavendel und Rosmarin lag in der Luft. Dazu die warmen Sonnenstrahlen, die seine blasse Haut vitalisierten. Doch all diese wundervollen Eindrücke waren nichts im Vergleich zu dem, was neben ihm gebettet lag. Das wundervollste, dass er sich überhaupt vorstellen konnte: Seine Frau.



    Er lächelte, er strahlte, ja er frohlockte formlich. Er liebte sie. Er hatte sie die ganze Zeit über geliebt. Und daran konnte nichts etwas ändern. Selbst dieser blöde Krebs nicht, an dem Nelly litt. Das würde sie überstehen. Sie musste es einfach.



    Nachdenklich starrte Rüdiger an die Decke des Zimmers. Nelly hatte sich fast ein halbes Jahr nicht bei ihm gemeldet, war einfach verschwunden gewesen. Sie hatte Angst gehabt, hatte sie ihm gestern Abend erzählt. Sie hatte Angst gehabt, dass er an ihr zu Grunde gehen würde. Sie hätte nicht gewollt, dass er mitansehen musste, wie sie dahin vegetierte. Rüdiger konnte das gar nicht verstehen. Er würde seine Frau doch immer lieben, ihr immer beistehen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?



    Nathalie Himbert hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. War es vor Glück? Vor Freude? Oder waren es bloß diese unerträglichen Schmerzen? Ganz gleich was es war, Tatsache war, dass sie Angst hatte. Angst, dass jetzt alles schief gehen würde. Aber was konnte denn noch schlechter laufen, als ohne hin schon? Wenn man am Boden ist, dann kann man eben nicht weiter sinken. Und Rüdiger konnte ihr vielleicht doch eine Hilfe sein. Zumindest solange es noch ging.
    Bei dem Gedanken wurde ihr schlecht. Es musste alles gut werden. Aber wie? Was wäre, wenn Rüdiger die Wahrheit erfahren würde? Würde er dann immer noch zu ihr stehen? Würde er ihr noch vertrauen? Aber andererseits hatte sie keine Wahl. Sie wurde schließlich dazu gezwungen. Es war alles so kompliziert…



    „Schatz, bist du wach?“, fragte Rüdiger schüchtern. Nelly drehte sich zu ihm und lächelte. Ihr kahler Kopf reflektierte die morgendlichen Sonnenstrahlen.
    „Ich bin froh, dass du bei mir bist.“
    „Nelly, ich weiß nicht, warum du geglaubt hast, dass ich dich nicht krank sehen wollen würde. Es ist mir egal. Wir stehen das durch.“



    „Wenn du das sagst.“ Nelly wusste, dass Rüdiger nicht mehr gehen würde. Er war treu wie ein Hund und genau das schätze sie an ihm sehr. Umso trauriger war es, dass dieser treue Hund bald sein Herrchen verlieren würde. Denn egal, was sie ihm auch erzählte, sie wusste, dass sie sterben würde. Und das schon bald.



    „Ja, wir stehen das zusammen durch.“, sagte Nelly und lächelte Rüdiger glücklich an.




    Ja, das Schlimmste auf der Welt kommt manchmal ziemlich plötzlich. So plötzlich, dass die ganze Welt es kaum glauben kann…



    „Das ist ein Desaster!“, rief Laura Ewert und knallte Magdalena McBryan die Zeitung auf den Schreibtisch.
    „Laura! Was sollen das?“ Entsetzt starrte die Frau des toten Präsidenten die Beraterin an.
    „Weißt du eigentlich, was da draußen vor sich geht? Die Menschen verurteilen deine Pläne wegen dem Hausbau.“



    Magda setzte eine abweisende Mine auf und sah auf den Bildschirm ihres Notebooks, dass ein Bild ihrer Heimatstadt Simaluk zeigte. So schäbig und vergammelt, zerbombt und vernichtet es auch war, irgendwie hatte sie sich dort immer wohl gefühlt. Ganz im Gegensatz zu dieser komplizierten westlichen Welt. In Simaluk hätte sich die Bevölkerung niemals so ungehobelt ihrem Präsidenten oder dessen Frau verhalten. Diese Freien Welter hatten einfach einen Anstand.



    „Die sollen sich nicht anstellen so. Ich bin trauernde Witwe! Irgendwie muss ich das verarbeiten!“, meinte Magda in gebrochener Sprache.
    „Und genau aus diesem Grund glauben Sie dir es nicht. Hast du jemals ein Wort zur Presse gesagt, dich irgendwie medienpräsent gezeigt? Nein, du sitzt hier in deinem Büro und verkriechst dich! Und erzähl mir nicht, du würdest trauern. Du hast ja nicht einmal den Anstand um schwarz zu tragen.“
    Stimmt, dachte sich Magda und sah an sich herunter. Sie trug ihre helle Bluse. Erst jetzt bemerkte sie, dass Laura hingegen in gediegenem Schwarz auftrat.



    Aber hier war sie ja so oder so unter sich.
    „Die Presse ist mir egal. Ich bin First Lady!“




    „Warst! Dein Mann ist tot und um Himmels Willen, begreif es endlich!“ Laura wurde langsam immer lauter. Man konnte ihr die Empörung und Wut förmlich im Gesicht ablesen. Magda wusste, dass sie den Präsidenten sehr geschätzt hatte. Klar, wer nicht. Jeder hatte den alten Sack geliebt, das ganze Land war verrückt nach ihm gewesen.
    „Magda, die PR-Abteilung läuft heiß, die Telefone stehen nicht still. Wann sagst du etwas vor der Kamera?“
    „Das mussen warten. Ich möchten, dass du unseren Flugzeug bereit machst. Wir fliegen nach Rierview.“



    „Was?“ Laura verstand die Welt nicht mehr. War sie jetzt vollkommen verrückt geworden?
    „…d…d…das kann nicht dein Ernst sein? In einer Stunde übernimmt der Vizepräsident offiziell das Amt und du verschwindest einfach?“
    Magda warf Laura einen warnenden Blick zu und sagte dann nur noch harsch:
    „In einer Stunde!“
    Laura wollte etwas sagen, fuchtelte mit den Armen in der Luft herum, beließ es aber dabei und stampfte aus dem Raum.


    Bild16: Magda am Fenster ohne Brille


    Als Laura gegangen war zog Magda ihre Brille aus, stand auf und ging ans Fenster. Sie hatten alle keine Ahnung. Sie dachte wohl alle, das hätte etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun, doch da irrten sie sich. Magda interessierte das alles nicht mehr. Sie hatte nur ein Ziel vor Augen. Ein Ziel, auf das sie die letzten Jahre zugearbeitet hatte. Und in wenigen Stunden würde es so weit sein…



    Leopold von Werken hatte in seinem Leben schon viele lange Nächte hinter sich gebracht. Schon als Student hatte es kaum ein Wochenende gegeben, an dem man ihn nicht auf irgendeiner Party, in Diskotheken oder an der Strandbar angetroffen hatte. Damals hatte er die nächste meist gut überstanden. Klar, einen Kater hatte er des Öfteren, aber das gehörte ja dazu. Doch was ihm letzte Nacht passiert war, das war eine Premiere. Er hatte einen totalen Blackout.



    „Sie sehen schrecklich aus Herr Bürgermeister…“ wisperte er sich selbst zu, als er sein müdes Gesicht im Spiegel betrachtete. Dunkle breite Augenringe dominierten sind Gesicht, woraufhin er reflexartig den Blick vom Spiegel abwandte. Er musste sich nicht mehr quälen als er ohnehin schon tat. Was hatte er nur die ganze Nacht getrieben? Wo war er gewesen? Je länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass er sich nicht mehr erinnern konnte. Das letzte, was er noch wusste war, dass er jemanden kennengelernt hatte. Einen Mann, einen alten Freund?



    Wer auch immer es war, er hatte ihm von Annette erzählt und dass sie ihn Hals über Kopf verlassen hatte. Sie fehlte ihm. Dabei war sie gerade einmal einen Tag weg. Er sah zu seinem Handy, dass auf der Kommode lag. Das Display war schwarz; keine neue Nachricht. Sie hatte nicht angerufen, sich nicht gemeldet. Vielleicht hatte er es verdient. Nein, ganz sicher hatte er das. Und sie hatte es herausgefunden und war nun fort. Er honte jetzt nur hoffen, dass sie nicht zur Polizei ging. Wenn das rauskommen würde, wäre er schneller hinter schwedischen Gardinen, als ihm lieb war.
    Gerade als er ins Bad gehen wollte, klingelte plötzlich das Handy.



    „Hallo? Annette?“, fragte Leopold erwartungsvoll, doch am anderen Ende der Leitung meldete sich eine Männerstimme.
    „Nein, ich bin nicht Annette, Herr Bürgermeister.“ Die Stimme klang sehr verschmitzt, schon fast hämisch.


    Ja, der Morgen nach einer durchtrunken Nacht kann hart sein, doch manche Nächte stellen sich als die Schlimmsten auf der Welt heraus…


    „Wer sind Sie?“, fragte Leopold verwirrt.
    „Ich weiß Sie letzten Sommer getan haben und was noch wichtiger ist, was die damit bewirkt haben …“




    4x03: Die Geschichte vom Kommen und Gehen


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    Es ist die wohl älteste Geschichte der Welt – Die Geschichte vom Kommen und Gehen. In unserer Vergangenheit kam diese Geschichte in den verschiedensten Ausführungen vor. Allein das Leben selbst ist eine solche Geschichte. Man wird geboren und stirbt, man kommt an und verlässt sie wieder.
    Ja, jeder Mensch kennt die Geschichte und doch ist sie bei jedem anders. Jakob Winters Geschichte begann jedoch nicht mit dem Kommen, sondern mit dem Gehen:



    Er erinnerte sich noch genau an die vergangenen Jahre. Zunächst war seine Frau gegangen, dann seine beste Freundin, und nun… nun war die Liebe seines Lebens gegangen. Aber warum? Warum hatte sie sich für ihn nur aufgeopfert? Und wie hatte er nur so dumm sein können und seine Exfrau heiraten wollen? War er so verzweifelt gewesen? So erbärmlich?



    Jakob nahm auf seiner neuen Couch Platz. Das Haus war schön, mit dem modernsten Schnickschnack ausgestattet und trotzdem fühlte er sich hier nicht wohl. Es fehlte etwas. Und nichts konnte diese Leere füllen. Manuela Berg, die Frau, die sich nicht nur in einer Hinsicht für ihn hingegeben hatte fehlte ihm. Sie fehlte ihm so sehr, dass er fast jeden Abend mit Tränen in den Augen zu Bett ging, nur um sechs Stunden später mit derselben Stimmung wieder aufzuwachen.



    Das Telefon klingelte und der Architekt wachte aus seiner Gedankenwelt auf. Er griff nach dem Sprecher und nahm das Gespräch an.
    „Winter hier?“
    „Laura Ewert hier, ich habe vor einigen Tagen bei …“, meldete sich die freundliche Dame.
    „Miss Ewert von der Regierung.“ Jakob war erstaunt über ihren Anruf. Nach dem Tod des Präsidenten hatte er nicht damit gerechnet.
    „Es geht um den Auftrag. Die Frau des Präsidenten …“ Sie machte eine Pause. Jakob merkte, dass ihr nicht gefiel, was sie ihm jetzt sagen würde. Es war ein Jammer, dachte Jakob. Dabei waren die Pläne, die er für das neue Domizil des Präsidentenpaares gemacht hatte grandios. Aber der Präsident war gestorben und nun würde seien Frau sicher nicht mehr darin wohnen wollen. Das konnte er verstehen. So war das eben, Aufträge kamen und gingen. Nur, dass bei ihm öfters Aufträge gingen, als gute kamen. Vielleicht war es keine gute Idee gewesen noch mal ein Büro aufzumachen.



    „Ich weiß, ich habe von dem Tod des Präsidenten gehört und verstehe, wenn Sie anrufen um mir zu sagen, dass der Bau nicht stattfindet, kann ich es verstehen. Ich habe mich sowieso gefragt, wieso die Präsidentenfamilie ein Haus von mir, einem relativ unbedeutenden Architekten haben will…“
    „Eigentlich wollte ich Ihnen sagen, dass Frau McBryan an den Plänen festhält. Das Haus wird gebaut. Herzlichen Glückwunsch.“
    Es traf Jakob wie ein Schlag ins Gesicht; ein seltsam angenehmer Schlag. Das konnte unmöglich wahr sein. Das … das konnte nicht wahr sein!
    „Sind Sie sich sicher?“, fragte Jakob ungläubig, dessen Gesichtsfarbe zu einem Ziegenkäse-Weiß gewechselt war. Das war verrückt.
    „Die Frau des Präsidenten hat den Bauauftrag unterschrieben. Er wird per Post zugeschickt. Sie können beginnen.“


    Sprachlos legte Jakob auf. Stumm saß er in seinem neuen Heim und betrachtete die Wände. Er wusste nicht ob er sich freuen oder weinen sollte. Damit hatte er nicht gerechnet. Er würde das Haus des Präsidenten … oder zumindest dessen Frau bauen? Das war Wahnsinn! In diesem Moment wurde ihm klar, dass die Geschichte seines Lebens auf einmal einen neuen Kurs eingeschlagen hatte; Es kam mal wieder etwas. Und diesmal war es etwas großes.




    Auch Leopold von Werken hatte eine Geschichte. Seine Geschichte war jedoch gerade auf einem Tiefpunkt angelangt. Er hatte sie verloren. Annette Obermeier war gegangen. Und es war seine Schuld.
    Traurig saß der Bürgermeister von Riverview über seinem Glas Nektar. Er hasste dieses alkoholische Zeug. Es war süß und lange nicht so schmackhaft wie das Zeug, was der Rest der Welt trank, nämlich Wein. Aber in der freien Welt war Wein verboten, sodass die Bürger gezwungen waren dieses seltsam schmeckende zeug zu trinken. Als man das verordnet hatte ging es um Jugendschutz, oder so… Leopold war damals mit sechzehn Jahren in die Politik gegangen um genau dieses Gesetz zu ändern. Er hasste Nektar nämlich. Er wollte richtigen Alkohol! Denn nur dieser konnte seinen Schmerz lindern.
    „Leopold?“ Die dunkle Stimme kam von irgendwo hinter ihm, vermutete der Bürgermeister, beschloss jedoch sich nicht vom Tresen umzudrehen.



    „Leopold, du bist es ja wirklich. Wow, der Bürgermeister.“
    Bert Schumann war um die dreißig, hatte helle Haut und eine Klappe, die niemals zuging. Er redete so viel dass ihm schon mit zwanzig Jahren die Haare vom Kopf wanderten, nur um ihn nicht mehr hören zu müssen. Das zumindest hatten seine Studienkollegen damals gesagt, als seine Geheimratsecken zu ganzen Gassen wurden.



    „Bert… hallo.“ Leopold betrachtete seinen ehemaligen Kommilitonen mit einem flüchtigen Blick, ehe er sich wieder seinem Nektar zuwandte.
    „Scheiß Zeug, heute wie damals, was?“, sagte Bert und bestellte sich gleich auch ein Glas.
    „Du sagst es. Fast zehn Jahre ist es her.“ Leopold strich sich durch die Haare und bestellte ebenfalls ein Glas.
    „Elf. Und du hast es immer noch nicht geschafft.“
    „Was?“



    „Na unsere Trinkfreiheit in der freien Welt. Du hast dich immer so über dieses Gesetz geärgert. Du wolltest alles ändern. Tja, Bürgermeister bist du ja schon mal.“, scherzte Bert und hob das Glas.
    „Sei nicht albern, ich schaffe es ja nicht einmal den Stadtrat dazu zu bringen die Straßenbeleuchtung mit Energiesparlampen auszustatten.“ Ein kleines Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht des Bürgermeisters ab und sie stießen an.
    „Was ist los mit dir?“



    „Hm … weißt du, heute hat mich meine Freundin verlassen, der ich heute einen Heiratsantrag machen wollte. Und das alles nur, weil ich ein Idiot bin.“
    Bert hob erstaunt die Brauen.
    „Das klingt nicht nach einem guten Tag. Willst du mit jemanden darüber reden?“
    „Das kann ich nicht.“
    „So, so … Henry, ein Mal Spezial bitte. Aber das gute Zeug.“
    Erstaunt sah Leopold dabei zu, wie der Barkeeper eine Flasche richtigen Alkohols unter dem Tresen hervorholte. Ob er wusste, dass vor ihm der Bürgermeister saß? Und wenn schon…
    „Danke, Henry. So, trink mein Freund. Und dann erzählst du mir, was passiert ist.“
    Leopold dachte nicht weiter darüber nach, sondern griff sich das Glas und kippte es mit einem Satz in seinen Rachen. Das heiße Gefühl überkam ihn sofort und ergriff ihn in seiner vollkommenen Schönheit.



    „Füll auf und es geht los.“ Leopold lächelte. Bert füllte das Glas ein weiteres Mal und sein Gegenüber wurde ernst.
    „Aber das, was ich dir jetzt sage ist harter Tobak. Und es bringt mich in Schwierigkeiten.“
    „Jetzt komm schon, du hast doch wohl keinen auf dem Gewissen.“, scherzte Bert, doch Leopolds Mine blieb steinern.
    „Du hast ja keine Ahnung, was ich getan habe…“




    Als Rüdiger ankam war er verblüfft. Mit einem lauten Knall schlug er die rostige Autotür zu und betrachtete staunend das Anwesen vor sich. Es war liebevoll geschmückt, bunte Blumen, Springbrunnen und ein großzügiger Eingang waren bloß die Spitze des Eisbergs. Das war eine Villa. Und nicht die Art von Villa in der er gewohnt hatte, nein diese hatte wirklich alles, was man sich wünschte. Und hier wohnte Nelly jetzt? Respekt. Er kannte dieses Haus, er war ja schon oft genug hier vorbeigefahren, doch er hatte sich nie getraut anzuhalten. Geschweige denn auszusteigen und den Treppenabsatz zur Haustür zu beschreiten. Er zitterte.
    Er blieb kurz stehen, sah zur Sonne hoch und atmete tief durch. Viel schief gehen konnte ja nicht mehr. Seine Frau hatte ihn ja schon verlassen. Er überlegte, ob er auch alles richtig gemacht hatte. .. die Ratten waren gefüttert, der Herd ausgeschaltet … die Zehennägel gereinigt. Und die Blumen, die er Nelly mitbringen wollte entsorgt. Nelly hasste Blumen, sie war Allergikerin.



    Beherzigt klopfte er an der massiven Holztür. Das dumpfe Klopfen flößte dem jungen Burschen Angst ein. Tat er wirklich das Richtige? Oder war es …
    Dann ging die Tür auf.



    Rüdiger lächelte und betrachtete das blasse Gesicht, das ihn erschrocken ansah. Stumm blickten die beiden Gesichter sich an. Eine Minute verging, eine zweite, ja sogar ganze fünf, ehe sich die junge Frau an der Tür gefasst hatte und Rüdiger plötzlich wild umarmte.
    Diese Umarmung war wundervoll gewesen. Und mit jedem Drücken, jedem Streicheln wusste Rüdiger, was er in den letzten Monaten bitterlich vermisst hatte. Ja, das war seine Frau. Seine Nelly.



    Als sich die Umarmung löste, zuckte Nelly plötzlich zusammen.
    So schnell sie konnte wandte sie sich einem Blumenstock zu ehe sie eine gelbe Brühe erbrach. Sie versuchte sich an der Veranda festzuhalten, rutschte jedoch ab, sodass sie in einem Blumenstock hängen blieb und das Kopftuch, das ihr Haupt bedeckte herunter gerissen wurde.
    Erst jetzt wurde Rüdiger das ganze Ausmaß der Katastrophe bewusst: Seine Frau war wirklich todkrank…



    „Nelly… warum hast du mir nichts gesagt?“
    „Rüdiger…“, schluchzte sie und ging in Richtung Tür.
    „… geh a Besten wieder. Es war keine gute Idee, dass du gekommen bist. Ich … ich kann das jetzt nicht… nein.“ Doch Rüdiger hielt sie am Arm fest.



    „Ich bleibe. Weißt du noch? Bis dass der Tod uns scheide.“
    Nelly sah Rüdiger tief in die Augen. Die Verzweiflung war ihnen beiden ins Gesicht geschrieben.
    „Es sieht so aus, als würde es dazu bald kommen…“





    Ja, wir alle haben sie schon einmal gehört. Und die meisten von uns haben sie sogar schon erlebt. Eine Geschichte, eine Geschichte, die so alt ist wie die Welt: Die Geschichte vom Kommen und Gehen. Doch egal wie viele Jahrtausende vergehen, wo sie passiert, es ist doch immer erstaunlich, wie verschieden diese Geschichte doch sein kann …



    „Du machst Witze … Das hast du wirklich getan?“ Bert sah Leopold geschockt in die Augen.
    „Ja, das habe ich getan… Und das Schlimme ist…“ Er nippte an seinem Glas. „Ich würde es immer wieder tun!“

    4x02: Unsere Helden

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    Es geschah kurz vor zehn Uhr morgens, als der Nachrichtensender SimNN plötzlich nur noch ein Thema hatte. Und es waren diesmal nicht die unendlich langweiligen Nazi-Dokumentationen über den 2. Simkrieg, nein, diesmal war es etwas wirklich Schreckliches.



    Alles begann damals, Anfang des neuen Jahrtausends, als ein Mann an die Spitze des Staates gewählt worden war. Doch, was damals noch keiner ahnte, er war derjenige, der die ganze Welt verändern würde. Seine Verdienste reichten von einer großen Gesundheitsreform



    , über die erfolgreiche Überwindung einer Bankenkriese, bis hin, und das ist das wirklich wichtige, zu einer Versöhnung. Denn nach mehr als zwanzig Jahren erbitterten Bürgerkrieg in Simlisch-Mayorana, einem Inselstaat am Rande von Simopa, schaffte es dieser Mann den Frieden wiederherzustellen. Ja, Henry McBryan war ein Held. Ein Held, der an diesem Tag aus der Welt geschieden war.



    Und nicht nur sein Land, nein die ganze Welt trauerte um ihn…



    Magda McBryan war keine Frau großer Worte. Sie war auch nicht die beste Schauspielerin. Doch, in den sechs Jahren, in denen sie ihrem Mann zur Seite gestanden hatte, hatte sie so einiges gelernt: Das wichtigste davon war die Regel, die sich schon immer bewährt hatte:
    Der Presse niemals mit leeren Worten vorzutreten.



    Magda zog ein letztes Mal den tiefroten Lippenstift nach und betrachtete ihre müden Augen im Spiegel. Sie sah furchtbar aus. Völlig fertig und ausgepowert. Also genau richtig um vor die Presse zu treten. Denn das erwarteten sie von ihr. Fertig auszusehen, heulend und am Boden zerstört. Und das würde sie ihnen liefern. Denn für einen Eklat am Todestag ihres Ehemannes wollte sie natürlich nicht sorgen. Die Menschen sollten eine trauernde Witwe sehen und kein kaltes Monster, das nicht einmal eine Minute um diesen Idioten getrauert hatte. Nein, dafür hatte sie zu viel von ihm gelernt.
    Als sie die Falten in ihrem Gesicht kaschierte, musste sie lächeln. Dieser Kerl hatte es wirklich drauf gehabt. Und die Menschen da draußen haben ihm alles abgekauft. Er war der große Held gewesen, der Retter der Nationen. Ts… Magda konnte nur lachen.



    Wenn die Menschen nur wissen würden, wie er all das geschafft hatte, dann würde niemand mehr um ihn trauern. Aber das spielte keine Rolle mehr. Ihr Ehemann, nein, geliebter Ehemann war tot. Sie trauerte. Das sollten alle denken.



    „Magda… wir wären so weit.“, sagte ihre Beraterin und engste Freundin Laura Ewert. Sie trug ein schwarzes Kleid und wirkte im Gegensatz zu Magda wirklich betroffen.
    „Ich bin fertig. Hat Bernard meine Rede fertig geschrieben? Ich hoffe er hat diesen sentimentalen Blödsinn rausgestrichen. Das ist ja kaum zum Aushalten.“ Ein letztes Mal strich sie sich die Frisur gerade, ehe sie sich eine Zigarette ansteckte und aus dem Fenster des Grand Hotel von Riverview sah.



    „Ich glaube, ich kann dann den Termin bei diesem Architekten für heute Nachmittag absagen…“, sagte Laura zögernd. Entsetzt starrte Magda sie an und schüttelte den Kopf.
    „Bloß nicht! Alles bleibt wie es sein sollte. Das Haus wird trotzdem gebaut.“
    „Aber … das… das ist irre. Die Presse wird…“
    Magda lächelte leicht.
    „Die Presse werden es verstehen. Ich bin trauernde Witwe und will mir den Traum von mir und mein Mann verwirklichen. Das bekommt unsere PR-Abteilung schon hin. Soll Bernard doch so eine dämliche Rede machen, glaube mir, die Leute schlucken alles…“



    „Aber Magda! Diesmal ist es anders! Ihr Mann, unser Held, ist tot!“ Wütend baute sich die Beraterin vor der Witwe auf.
    „Mein Mann waren kein Held! Er waren ein verdammter Heuchler!“
    „Wie kannst du das sagen. Bei allem, was er für dich und dein Land getan hat.“ Laura schüttelte unverständlich den Kopf.
    „Wenn du in meine Lage wärest, dann du würden es verstehen! Und jetzt ruf diesen Jakob Winter an. Der Termin bleibt. Ich will mein Haus haben!“





    Jeder Mensch hat seine persönlichen Helden. Für Frau Meier aus der Brauerstraße war es der nette Nachbar, der ihr die täglichen Einkäufe mitbrachte. Für Julia Albert, der kleinen Erstklässlerin, war es Alex Bender, der ihre Katze vom Baum rettete, wenn sie mal wieder zu hoch kletterte. Doch so sehr man jemanden für seine Taten schätzt umso schwieriger ist es, wenn dieser jemand plötzlich fehlt. Das musste zumindest Rüdiger Himbert erfahren, als er sich an diesem Morgen im Spiegel betrachtete.



    Es war scheußlich, einfach grauenhaft. Und damit meinte er nicht die vielen Mitesser, die sein Gesicht wie ein Atomwaffentestgebiet aussehen ließ. Nein, es war das Wesen, das sich hinter diesem fettigem Gesicht befand. Ein Wesen, das gebrochen, das nicht mehr vollkommen war.
    „Ach Jamie...“, stöhnte er und kämmte sich eine Haarsträhne zur Seite. Die kleine Ratte, die an seinen Socken knabberte sah ihn schief an.
    „Jetzt sieh mich bitte nicht so an! Es wird schon alles gut werden. Da bin ich mir sicher. Ich liebe Nelly! Das weiß sie.“



    Wusste sie es wirklich oder versuchte er nur sich selbst und seinen unfreiwilligen rattigen Mitbewohnern etwas vor zumachen. In der Vergangenheit hatte er oft gemerkt, dass er dazu neigte. Aber man sollte ja niemals pauschalisieren. Das war nicht Rüdigers Art. Aber was war dann seine Art? Seitdem Nelly gegangen war hatte sich so viel geändert. Mal davon abgesehen, dass er jetzt immer selber Waschen musste, was einigen selbst gestrickten Wollpullis bereits das Leben gekostet hatte, gab es so vieles, das ihm jetzt keinen Spaß mehr machte. Wie zum Beispiel Fernsehen. Was konnte man sich denn noch gutes ansehen, wenn man keinen hatte, mit dem man darüber lästern konnte. Oder Essen, nach ja, Essen jetzt nicht per se, denn dafür liebte Rüdiger die Nahrungsaufnahme zu sehr, aber so bestimmte Dinge wie Salat essen, was er niemals ohne Nelly tun würde. So sehr er Salat auch nicht ausstehen konnte, für Nelly tat er sich dieses gesunde Grünzeug an. Doch jetzt? Was würde sein, wenn sie nicht mehr zu ihm zurückkommen würde? Er müsste ungesund sterben. Oder, was noch schlimmer war, alleine.
    So muss es gehen. Lächelnd betrachtete er sich uns seinen Schlabberlook. Besser bekam er es nicht hin. Jetzt war es so weit. Er würde zu ihr gehen.



    Dann schnappte er sich die Schlüssel, streichelte seine Rattenbande und schwang sich in seine alte Klapperkiste. Der Motor startete polternd und schon im nächsten Moment tuckerte er in Richtung Außensiedlung. Einem Sozialbaugebiet, in dem Nelly seit fünf Monaten mit Tobias zusammenlebte...


    Helden haben viele Gesichter. Die einen stellen sich einen Helden mit Maske vor, der durch die Luft fliegt. Andere sehen die Retter in Weiß als Helden ihres Lebens. Und wieder andere sehen in einer blutüberströmten Frau, die in einem Autowrack liegt ihren Helden.



    Leopold von Werken dachte noch oft dran. Zu oft, wie er zugeben musste. Aber dieser Unfall hatte alles verändert. Er hatte sein Leben zurückbekommen, obwohl er es fast verloren hätte. Als Annette vor fast fünf Monaten in ihre eigene Mutter und ihren Verlobten gerast war, hatte er geglaubt, dass nun alles zu Ende wäre. Aber wie durch ein Wunder verfehlte ihn der Wagen ur knapp.
    Als er dann, nach minutenlanger Starre wieder klar denken konnte, hatte er erst das ganze Ausmaß der Katastrophe sehen können. Der Wagen war an einigen Felsen zerschellt. Neben dem Todeswagen lagen Silke und André.



    Und als er zu dem Auto sah, das ihn nur knapp verfehlt hatte, bekam er einen Schock. Annette hing aus einem zerstörten Fenster. Sie war bewusstlos und voller Blut gewesen.
    Leopold schüttelte den Kopf und sah auf die Uhr. Es war kurz nach drei. Bald hatte er Feierabend. Das Blick auf das kleine Foto von Annette zauberte augenblicklich ein Lächeln auf seine Lippen. Sie hatte immer behauptet er wäre ihr Retter, ihr Held gewesen, der sie aus dem Autowrack befreit hatte. Aber das stimmte nicht. Er war nicht ihr Held gewesen, sondern sie war seiner gewesen.
    Dann in dem Moment, als er sie im Arm hielt und ihr die Haare von der blutigen Stirn gestrichen hatte, war ihm eines klar gewesen: Alles würde sich ändern. Und das hatte es.
    Und das nur, weil er eine Heldin hatte...


    Ja, wir alle haben unsere Helden. Die einen sehen in einem großen Staatsmann den Helden der Nation.
    Für andere wiederum ist der Partner der wichtigste Held in ihrem Leben und wenn er nicht mehr da ist, merken sie, wie schlecht ihre Welt ist.



    Doch was ist mit denen, die glauben ihr Held hätte sie gerettet und alles wäre gut? Ist es dann nicht zerschmetternd, wenn er … nicht mehr da ist.



    „Ich bin weg. Komme nicht wieder.“
    Der Satz traf Leopold wie ein schlag ins Gesicht. Minuten lang starrte er auf das Display seines Smartphones. Das konnte unmöglich wahr sein … Annette würde so etwas nicht tun … niemals!

    4x02: Unsere Helden

    PDF -Download



    Es geschah kurz vor zehn Uhr morgens, als der Nachrichtensender SimNN plötzlich nur noch ein Thema hatte. Und es waren diesmal nicht die unendlich langweiligen Nazi-Dokumentationen über den 2. Simkrieg, nein, diesmal war es etwas wirklich Schreckliches.



    Alles begann damals, Anfang des neuen Jahrtausends, als ein Mann an die Spitze des Staates gewählt worden war. Doch, was damals noch keiner ahnte, er war derjenige, der die ganze Welt verändern würde. Seine Verdienste reichten von einer großen Gesundheitsreform



    , über die erfolgreiche Überwindung einer Bankenkriese, bis hin, und das ist das wirklich wichtige, zu einer Versöhnung. Denn nach mehr als zwanzig Jahren erbitterten Bürgerkrieg in Simlisch-Mayorana, einem Inselstaat am Rande von Simopa, schaffte es dieser Mann den Frieden wiederherzustellen. Ja, Henry McBryan war ein Held. Ein Held, der an diesem Tag aus der Welt geschieden war.



    Und nicht nur sein Land, nein die ganze Welt trauerte um ihn…



    Magda McBryan war keine Frau großer Worte. Sie war auch nicht die beste Schauspielerin. Doch, in den sechs Jahren, in denen sie ihrem Mann zur Seite gestanden hatte, hatte sie so einiges gelernt: Das wichtigste davon war die Regel, die sich schon immer bewährt hatte:
    Der Presse niemals mit leeren Worten vorzutreten.



    Magda zog ein letztes Mal den tiefroten Lippenstift nach und betrachtete ihre müden Augen im Spiegel. Sie sah furchtbar aus. Völlig fertig und ausgepowert. Also genau richtig um vor die Presse zu treten. Denn das erwarteten sie von ihr. Fertig auszusehen, heulend und am Boden zerstört. Und das würde sie ihnen liefern. Denn für einen Eklat am Todestag ihres Ehemannes wollte sie natürlich nicht sorgen. Die Menschen sollten eine trauernde Witwe sehen und kein kaltes Monster, das nicht einmal eine Minute um diesen Idioten getrauert hatte. Nein, dafür hatte sie zu viel von ihm gelernt.
    Als sie die Falten in ihrem Gesicht kaschierte, musste sie lächeln. Dieser Kerl hatte es wirklich drauf gehabt. Und die Menschen da draußen haben ihm alles abgekauft. Er war der große Held gewesen, der Retter der Nationen. Ts… Magda konnte nur lachen.



    Wenn die Menschen nur wissen würden, wie er all das geschafft hatte, dann würde niemand mehr um ihn trauern. Aber das spielte keine Rolle mehr. Ihr Ehemann, nein, geliebter Ehemann war tot. Sie trauerte. Das sollten alle denken.



    „Magda… wir wären so weit.“, sagte ihre Beraterin und engste Freundin Laura Ewert. Sie trug ein schwarzes Kleid und wirkte im Gegensatz zu Magda wirklich betroffen.
    „Ich bin fertig. Hat Bernard meine Rede fertig geschrieben? Ich hoffe er hat diesen sentimentalen Blödsinn rausgestrichen. Das ist ja kaum zum Aushalten.“ Ein letztes Mal strich sie sich die Frisur gerade, ehe sie sich eine Zigarette ansteckte und aus dem Fenster des Grand Hotel von Riverview sah.



    „Ich glaube, ich kann dann den Termin bei diesem Architekten für heute Nachmittag absagen…“, sagte Laura zögernd. Entsetzt starrte Magda sie an und schüttelte den Kopf.
    „Bloß nicht! Alles bleibt wie es sein sollte. Das Haus wird trotzdem gebaut.“
    „Aber … das… das ist irre. Die Presse wird…“
    Magda lächelte leicht.
    „Die Presse werden es verstehen. Ich bin trauernde Witwe und will mir den Traum von mir und mein Mann verwirklichen. Das bekommt unsere PR-Abteilung schon hin. Soll Bernard doch so eine dämliche Rede machen, glaube mir, die Leute schlucken alles…“



    „Aber Magda! Diesmal ist es anders! Ihr Mann, unser Held, ist tot!“ Wütend baute sich die Beraterin vor der Witwe auf.
    „Mein Mann waren kein Held! Er waren ein verdammter Heuchler!“
    „Wie kannst du das sagen. Bei allem, was er für dich und dein Land getan hat.“ Laura schüttelte unverständlich den Kopf.
    „Wenn du in meine Lage wärest, dann du würden es verstehen! Und jetzt ruf diesen Jakob Winter an. Der Termin bleibt. Ich will mein Haus haben!“





    Jeder Mensch hat seine persönlichen Helden. Für Frau Meier aus der Brauerstraße war es der nette Nachbar, der ihr die täglichen Einkäufe mitbrachte. Für Julia Albert, der kleinen Erstklässlerin, war es Alex Bender, der ihre Katze vom Baum rettete, wenn sie mal wieder zu hoch kletterte. Doch so sehr man jemanden für seine Taten schätzt umso schwieriger ist es, wenn dieser jemand plötzlich fehlt. Das musste zumindest Rüdiger Himbert erfahren, als er sich an diesem Morgen im Spiegel betrachtete.



    Es war scheußlich, einfach grauenhaft. Und damit meinte er nicht die vielen Mitesser, die sein Gesicht wie ein Atomwaffentestgebiet aussehen ließ. Nein, es war das Wesen, das sich hinter diesem fettigem Gesicht befand. Ein Wesen, das gebrochen, das nicht mehr vollkommen war.
    „Ach Jamie...“, stöhnte er und kämmte sich eine Haarsträhne zur Seite. Die kleine Ratte, die an seinen Socken knabberte sah ihn schief an.
    „Jetzt sieh mich bitte nicht so an! Es wird schon alles gut werden. Da bin ich mir sicher. Ich liebe Nelly! Das weiß sie.“



    Wusste sie es wirklich oder versuchte er nur sich selbst und seinen unfreiwilligen rattigen Mitbewohnern etwas vor zumachen. In der Vergangenheit hatte er oft gemerkt, dass er dazu neigte. Aber man sollte ja niemals pauschalisieren. Das war nicht Rüdigers Art. Aber was war dann seine Art? Seitdem Nelly gegangen war hatte sich so viel geändert. Mal davon abgesehen, dass er jetzt immer selber Waschen musste, was einigen selbst gestrickten Wollpullis bereits das Leben gekostet hatte, gab es so vieles, das ihm jetzt keinen Spaß mehr machte. Wie zum Beispiel Fernsehen. Was konnte man sich denn noch gutes ansehen, wenn man keinen hatte, mit dem man darüber lästern konnte. Oder Essen, nach ja, Essen jetzt nicht per se, denn dafür liebte Rüdiger die Nahrungsaufnahme zu sehr, aber so bestimmte Dinge wie Salat essen, was er niemals ohne Nelly tun würde. So sehr er Salat auch nicht ausstehen konnte, für Nelly tat er sich dieses gesunde Grünzeug an. Doch jetzt? Was würde sein, wenn sie nicht mehr zu ihm zurückkommen würde? Er müsste ungesund sterben. Oder, was noch schlimmer war, alleine.
    So muss es gehen. Lächelnd betrachtete er sich uns seinen Schlabberlook. Besser bekam er es nicht hin. Jetzt war es so weit. Er würde zu ihr gehen.



    Dann schnappte er sich die Schlüssel, streichelte seine Rattenbande und schwang sich in seine alte Klapperkiste. Der Motor startete polternd und schon im nächsten Moment tuckerte er in Richtung Außensiedlung. Einem Sozialbaugebiet, in dem Nelly seit fünf Monaten mit Tobias zusammenlebte...


    Helden haben viele Gesichter. Die einen stellen sich einen Helden mit Maske vor, der durch die Luft fliegt. Andere sehen die Retter in Weiß als Helden ihres Lebens. Und wieder andere sehen in einer blutüberströmten Frau, die in einem Autowrack liegt ihren Helden.



    Leopold von Werken dachte noch oft dran. Zu oft, wie er zugeben musste. Aber dieser Unfall hatte alles verändert. Er hatte sein Leben zurückbekommen, obwohl er es fast verloren hätte. Als Annette vor fast fünf Monaten in ihre eigene Mutter und ihren Verlobten gerast war, hatte er geglaubt, dass nun alles zu Ende wäre. Aber wie durch ein Wunder verfehlte ihn der Wagen ur knapp.
    Als er dann, nach minutenlanger Starre wieder klar denken konnte, hatte er erst das ganze Ausmaß der Katastrophe sehen können. Der Wagen war an einigen Felsen zerschellt. Neben dem Todeswagen lagen Silke und André.



    Und als er zu dem Auto sah, das ihn nur knapp verfehlt hatte, bekam er einen Schock. Annette hing aus einem zerstörten Fenster. Sie war bewusstlos und voller Blut gewesen.
    Leopold schüttelte den Kopf und sah auf die Uhr. Es war kurz nach drei. Bald hatte er Feierabend. Das Blick auf das kleine Foto von Annette zauberte augenblicklich ein Lächeln auf seine Lippen. Sie hatte immer behauptet er wäre ihr Retter, ihr Held gewesen, der sie aus dem Autowrack befreit hatte. Aber das stimmte nicht. Er war nicht ihr Held gewesen, sondern sie war seiner gewesen.
    Dann in dem Moment, als er sie im Arm hielt und ihr die Haare von der blutigen Stirn gestrichen hatte, war ihm eines klar gewesen: Alles würde sich ändern. Und das hatte es.
    Und das nur, weil er eine Heldin hatte...


    Ja, wir alle haben unsere Helden. Die einen sehen in einem großen Staatsmann den Helden der Nation.
    Für andere wiederum ist der Partner der wichtigste Held in ihrem Leben und wenn er nicht mehr da ist, merken sie, wie schlecht ihre Welt ist.



    Doch was ist mit denen, die glauben ihr Held hätte sie gerettet und alles wäre gut? Ist es dann nicht zerschmetternd, wenn er … nicht mehr da ist.



    „Ich bin weg. Komme nicht wieder.“
    Der Satz traf Leopold wie ein schlag ins Gesicht. Minuten lang starrte er auf das Display seines Smartphones. Das konnte unmöglich wahr sein … Annette würde so etwas nicht tun … niemals!

    Hi Leute,
    der Mai ist zur Hälfte vorbei und damit auch die Warterei.


    Genug gedichtet, kurz und knapp, die neue Staffel ist da!


    Wie erwähnt gibt es neue Folgen jeweils Montags und Freitags!


    eine Neuerung: Jede Folge gibt es jetzt auch zusätzlich als PDF zum download, für die Leute, die lieber offline lesen möchten.


    Also viel Spaß mit dem neuen Abenteuern aus Riverview!



    DOWNLOAD Folge 1



    4x01 – Freunde, Liebe und Gefahren




    Zurückzukehren ist schwierig. Manchmal unmöglich und doch notwendig.

    Jakob Winter hatte vor genau 5 Monaten gedacht, dass es für Manuela Berg unmöglich werden würde jemals zu ihm zurück zu kehren. Noch immer sah er vor seinem inneren Auge die grausame Tat. Manuela lag in seinen Armen, blutverschmiert und mit einem Messer in der Brust. Damals hatte er gedacht, dass er ihr Lächeln nie wieder sehen würde. Und auch als ihm die Ärzte versicherten, sie sei außer Lebensgefahr, so konnte er immer noch nicht sicher sein jemals wieder zu ihr zurückkehren zu können. Er hatte ihr Vertrauen missbraucht. Doch selbst wenn sie ihm vergeben würde, das Schicksal war nicht auf seiner Seite.






    Jakob stellte die Blumen, die er wie jeden Tag mitgebracht hatte in die Vase. Er rückte sie zurecht und öffnete die Vorhänge des kleinen Einzelzimmers, in dem die junge Frau lag. Es war komisch. Obwohl er diesen Anblick schon seit nun 5 Monaten jeden Tag aufs Neue ausgesetzt war, tat es ihm immer wieder weh. Manuela lag im Koma. Still und ruhig atmend und das die ganze Zeit über. Würde sie jemals wieder aufwachen?

    „Ach, hallo Jakob.“ Jakob schrak auf und sah zur Tür. Dort stand Annette, ebenfalls mit Blumen in der Hand und lächelte.






    „Annette. Was machst du so früh hier?“, fragte Jakob und strich sich seinen Anzug glatt.

    „Ach, Leopold hat ja heute seinen ersten Arbeitstag und da ich jetzt alleine zuhause bin, dachte ich, ich besuche mal eine alte Freundin.“






    Jakob konnte ebenfalls den Schmerz in Annettes Augen sehen. Manuela und sie waren die besten Freundinnen gewesen. Er erinnerte sich noch gut an die langen Abende, die sie zu dritt verbracht hatten. Es war eine schöne Zeit gewesen. Aber jetzt, da war es sicher besonders schlimm für sie. Ihre beste Freundin lag im Koma, ihr Ex-Verlobert und ihre Mutter waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Es musste unglaublich schmerzhaft gewesen sein so viele geliebte Menschen auf einmal zu verlieren. Gut, dass sie Leopold zurück hatte. Er gab ihr wenigstens etwas Kraft in der schwierigen Zeit. Kraft, die er auch gerne in einem Menschen schöpfen würde. Aber in wem? In Susanne? Nein, mit ihr arbeitete er nur zusammen und das war schon mehr als genug.






    „Ich habe gehört dein Haus wäre fertig.“ Annette sah den Architekten an, der daraufhin sofort lächelte.

    „Ja, mein neues Haus steht und ist perfekt geworden. Susanne meinte zwar die Decke wäre nicht ganz in Ordnung, und es fehle noch der letzte Schliff, aber ich bin zufrieden.“

    „Das ist schön zu hören. Sag mal, wie läuft es mit deinen Plänen wieder ein neues Architekturbüro zu eröffnen?“






    „Ach …“ Jakob hielt kurz inne. Ja, es gab wohl nicht, was er sich sehnsüchtiger wünschte als wieder sein eigener Herr zu sein. Aber konnte er all das noch einmal auf sich nehmen? Wäre es klug?

    „… ich … ich weiß nicht. Weißt du, seitdem Manuela nicht mehr bei mir ist, da… da bin ich mir bei gar nichts mehr so sicher. Außer bei einem. …“






    „Du liebst sie. Hab ich recht?“

    Jakob sah Annette traurig an. Nein, er liebte Manuela nicht. Er vergötterte sie. Er würde alles für sie tun. Am liebsten würde er sich für sie dort in dieses Bett legen. Sie hatte das nicht verdient. Nein …

    Annette legte ihre Hand auf seine Schulter.

    „Wie wäre es, wenn wir vor der Arbeit noch einen Kaffee trinken gehen und wir uns mal wieder so richtig unterhalten. Du hast dich lange genug von der Menschheit abgegrenzt. Es wird Zeit, dass du in die Welt zurückkehrst!“







    Rüdiger hatte gerade den letzten Umzugskarton geleert, sich die Hände gewaschen und dann gestrahlt. Es war vollbracht. Zufrieden ließ er sich auf seine alte, modrige Couch fallen. Ja, das war sein Zuhause. Hier fühlte er sich richtig wohl. Er war zurück, zurück in seinem alten Trailerhouse am Rand der Stadt. Warum er jetzt hier wohnte? Nein, es lag nicht daran, dass er allergisch auf Sauberkeit und moderne Häuser war.






    Nein, Rüdiger hatte beschlossen wieder alles richtig zu machen. Und dazu gehörte: Sein Geschäft aufgeben, seine Mutter in den Wind schießen und … Nelly um Vergebung bitten. Es hatte lange gedauert bis Rüdiger den Tod von Silke verkraftet hatte, aber nun, fünf Monate später fühlte er sich stark genug. Ja, Rüdiger Himbert war endlich stark genug. Klar, er würde immer noch nicht schwer heben können, das war aber wegen seinem Kreuz, das durfte nicht schwer belastet werden.

    Rüdiger wusste was er als nächstes tun musste. Duschen. Es war zwar noch nicht Sonntag, aber es konnte nichts schaden gut duftend Nelly zu begegnen.

    Gerade als er ins Bad gehen wollte, spürte er plötzlich etwas Weiches unter seinen Plattfüßen. Es quikte.






    „Herr Adam!“, stieß er überglücklich aus und streichelte die kleine Ratte, die am Boden kroch. Wie sehr hatte er das alles nur vermisst. Es war alles so wunderschön hier. Tränen schossen ihm in die Augen. Bald würde wieder alles so sein, wie es sein soll.

    Vorm Spiegel blieb er jedoch plötzlich stehen. Denn was dort hing, verschlug ihm die Sprache. Ein Bild von ihm und Nelly.



    Das war unglaublich …

    Nelly. Er liebte sie noch immer. Vor 5 Monaten war sie gegangen. Seit dem hatte er sie nicht mehr gesprochen, dabei wusste er ganz genau, wo sie jetzt lebte. Sie hatte Krebs, auch das wusste er. Aber er musste es einfach versuchen. Nelly gehörte zu ihm. Er brauchte sie.

    Er würde sie wieder zurückholen! Das war sicher!






    Aber jetzt musste erst einmal der Dreck von drei ganzen Wochen von sich gespült werden.







    „Herr Bürgermeister?!“

    „Ja, Sandy?“, fragte Leopold, der gerade an seinem Schreibtisch saß und einige Gesetzesentwürfe studierte.






    „Ich habe hier ein Paket für Sie. Ein schön kleines… was könnte da wohl drinnen sein?“

    „Eine Atombombe!? Jetzt geben Sie schon her, Sandy! Das habe ich bestellt.“

    „Oh … geben Sie jetzt schon Gelder der Stadt für private Angelegenheiten aus, oder wie? Macht ja nichts, das habe ich bei Ihrem Vorgänger andauernd gemacht. Oder was glauben Sie, warum ich so viele Schuhe habe?“






    Leopold von Werken beäugte seine Beraterin streng.

    „Das habe ich privat gekauft, es bloß hier her liefern lassen, damit Annette es nicht findet. Sagen Sie, war das Ihr Ernst?“

    Sandy wurde rot und schüttelte den Kopf.






    „Ach, was … Sie wissen doch, ich scherze gerne. So viele Schuhe habe ich doch gar nicht… Wenn Sie mich jetzt entschuldigen!“

    Sandy verließ den Raum. Im Weggehen konnte Leopold noch hören, wie sie den neuen Praktikanten anbrüllte: „John! Du musst sofort meine Bestellung von gestern stornieren!“

    Kopfschüttelnd wandte sich der Bürgermeister dem Päckchen zu und öffnete es. Es war ein Verlobungsring, der sich darin verbarg.

    Ja, damit würde er Annette zu seiner Frau machen. Und niemand würde sie trennen können. Niemand, niemals.






    Ja, willkommen zurück allerseits. Doch wie das so ist, bedeutet jede Rückkehr neue Probleme. Die einen warten vergeblich darauf, dass ein anderer aufwacht. Wieder andere kehren in ihr geliebtes Zuhause zurück. Doch dann gibt es noch diejenigen, die nicht nach Hause zurückkehren können…






    „Danke Jakob, das war ein nettes Frühstück! Das müssen wir wiederholen! Bis dann!“ Damit verabschiedete sich Annette von Jakob und begab sich auf den Heimweg. Gerne wäre sie heute arbeiten gegangen, aber ihre Praxis hatte geschlossen. Sie würde sich ein Bad einlaufen lassen, das…






    Plötzlich packte sie ein Mann an ihren Armen. Brutal und erbarmungslos drückte er sie zu Boden und zog sie in einen Wagen. Sie konnte nicht einmal schreien, so geschockt war sie, als sie sich wenige Sekunden später im Innern eines Autos befand. Alles ging so rasend schnell. Ihre Arme waren gefesselt, ihr Mund geknebelt. Was geschah hier? Dann raste der Wagen davon …

    So, und jetzt gibts die ersten Infos zur neuen Staffel:


    Riverview IV ist der offizielle Titel.



    Los geht es am: 17.04.2010
    Die Folgen werden jeweils Montags und Freitags veröffentlicht.


    Grund: Ich kann leider nicht mehr so schnell an einer Folge arbeiten, deshalb nur 2x Wöchentlich. Aber ich glaube das ist immer noch oft genug.


    Folgenanzahl: 14 bzw. 15. Ich weiß noch nicht wie groß ich das finale machen werde.


    Auf jeden Fall wird mit dieser Staffel eine Wende eingeleitet. Danach wird nichts mehr so sein wie es einmal war in Riverview. Denn diesmal betrifft das Geheimnis nicht nur eine Kleinstadt und ihre wenigen Bewohner, nein sogar eine ganze Nation...


    Promo1:



    Promo2:



    Promo3:



    Promo4:


    3x24: Bad Romance (Teil 2)



    Es war ein sonniger Morgen. Der Sonnigste des Jahres, zumindest war es das, was Manuela an diesem Tag dachte, als sie in ihrem Wagen saß und zur kleinen Kirche schaute, in der gerade die Hochzeit von Jakob und Susanne stattfand.
    Sie wusste selbst nicht, wieso sie hier war. Es war verrückt.
    Aber sie konnte nicht anders.



    Manuela liebste ihn. Und er liebte sie, davon war sie überzeugt.
    Warum hat er das getan? Warum nur? Es musste einen Grund geben, einen…
    Manuela stutzte, als sie in den Rückspiegel schaute. Das war seltsam…
    Schnell griff sie zu ihrer Tasche und zog den Laptop heraus.
    Es dauerte einige Sekunden ehe er betriebsbereit war. Das konnte doch unmöglich wahr sein… das… ja, das war er. Er war es. In dem Wagen hinter ihr saß Doktor Bruckheim. Moment … jetzt stieg er aus… er telefonierte.



    Manuela öffnete unauffällig das Fenster und lauschte.
    „Ja... sie sind drinnen. Ja… das Geld ist unterwegs. Ja… ja… ich verspreche es. So wie sie sagen. In Bar. Ja… wenn sie erst einmal verheiratet sind, dann gehört ihr das Vermögen… ja… es ist mir eine Freude mit Ihnen Geschäfte zu machen.“
    Manuela wurde schlagartig käseweiß im Gesicht. Das konnte unmöglich wahr sein.
    Ohne weiter nachzudenken, sprang sie aus dem Wagen und rannte los.



    „... bis das der Tod euch scheide. Wenn es jemanden gibt, der sich gegen diese ehe aussprechen will, der möge sich jetzt erheben.“ Pfarrer Detlef Rempsey hatte schon viele Ehen geschlossen und diesen Satz schon oft formuliert doch niemals schien er ihm so unnötig wie an diesem Morgen. Denn es er und das Brautpaar waren schließlich die Einzigen, die anwesend waren. Trotzdem gehörte es dazu.
    Generell war diese Eheschließung mehr als merkwürdig verlaufen. Erst gestern hatte die Braut ihn angerufen und um eine spontane Eheschließung gebeten. Als er dann sah, um wem es sich dabei handelte war er umso überraschter. Jakob Winter, der ehemalige Stararchitekt. Eigentlich hatte die halbe Stadt geglaubt, dass er und Manuela Berg… aber das war ja offensichtlich vorbei.
    Ja, das hatte er geglaubt, aber wie das so ist, irrt sich sogar ein von Gott gesegneter Mann…
    Plötzlich wurden die Kirchentüren aufgerissen und Manuela Berg stürzte herein.



    „Jakob! Tu es nicht! Heirate sie nicht! Sie ist eine Schwindlerin!“
    Jakob und Susanne drehten sich verwirrt zu Manuela um.
    „Manuela… was... was ist los?”
    „Deine Ehefrau… sie will nur das Geld.“



    „Geld? Welches Geld?“
    Jakob sah zu Susanne, die wütend zu Manuela starrte.
    „Das ist eine Frechheit! Raus hier!“
    „Ach ja, und was macht dann Doktor Bruckheim da draußen? Es ist vorbei, Sie können ihr Spiel beenden!“
    Jakob trat vom Altar weg.
    „Nein... das… das ist doch nicht wahr, oder?“



    „Hör zu Jakob … er… er bedroht mich. In Ordnung, ich erzähl es dir. Ich habe einen Brief erhalten, in dem mir ein Vermögen versprochen wird. Ich kann es aber nur einfordern, wenn ich mit dir verheiratet bin.“
    „Wa... was? Spinnst du? Von wem ist das Geld?“
    „Von meiner Mutter. Sie hat dich geleibt, Jakob. Wie einen eigenen Sohn. Sie hat mir nie verziehen, dass ich dich verlassen habe. Deshalb hat sie mir diese Auflage gestellt. Ich sollte mit dir glücklich werden.“



    „Mein Gott … und das haben sie dann… nein, das haben sie dann ihrem Psychologen erzählt.“ Für Manuela fügte sich das Gesamtbild zusammen. Dann war Susanne gar nicht die Böse. Sie war bloß ein Opfer.
    „Aber... ich verstehe dann nicht, was das alles soll. Du hättest mit mir reden können.“
    „Na ja… er hat Geld gebraucht und mich mit eurem Geheimnis erpresst. Er hat gesagt, wenn ich ihm das Geld nicht beschaffe, dann geht er zur Polizei und … und dann würdest du in den Knast wandern. Das wollte ich nicht. Ich liebe dich doch, Jakob. Ich liebe dich!“
    Weinend ließ Susanne sich in Jakobs Arme fallen.



    „Rührende Geschichte, nicht wahr? Und da wir jetzt alle die Wahrheit kennen, spielen wir doch mit offenen Karten.“, sagte Doktor Bruckheim, der auf einmal in der Kirche stand.
    „Sie! Wenn sie das tun, dann wandern sie auch in den Knast. Es ist vorbei.“, sagte Manuela aufgebracht.
    „Ich weiß, und deshalb habe ich nichts zu verlieren. Ich bin am Ende. Ich habe kein Geld, keine Praxis und keine Zukunft. Das Geld hätte all meine Probleme lösen können, aber jetzt … ich nehme an, sie werden nicht heiraten, oder?“
    Jakob sah Susanne an. Sie schüttelte den Kopf.



    „Nein. Es ist vorbei.“
    „Zu schade.“ Damit zückte er ein Springmesser und stieß es sich ins Herz.
    Alle Anwesenden finge an zu schreien. Doch dann geschah das Unfassbare. Langsam und schmerzerfüllt zog er das Messer wieder heraus und lief los.
    Manuela sah das und sprang los. Kurz bevor das Messer ihn traf schloss Jakob die Augen. Doch als er keinen Schmerz spürte wunderte er sich.
    Als er die Augen öffnete, war sein schmerz jedoch größer denn je…



    ___________________________________________________________



    Wie jeder schöne Tag ging ihm eine dunkle Nacht voraus. Doch dass die Nacht so düster sein würde, das hätte sich Rüdiger nie gedacht.

    Als Tobias die schrecklichen Worte mit seinem Mund formte, spürte Rüdiger wie sein Blut zu gefrieren begann.



    „Sie wird sterben. Nelly wird sterben.“ Den Schmerz den er in diesem Moment spürte war unbeschreiblich. Sein Körper zog sich zusammen, die Luft blieb ihm zum Atmen weg. Das konnte unmöglich wahr sein.
    „Der Arzt hat es bestätigt. Ihr Körper ist von Krebsgeschwüren überwuchert. Er fällt förmlich auseinander. Es tut mir Leid… Deswegen ist das alles passiert. Sie wusste, dass sie sterben würde und hat den Sinn für die Realität verloren und sich auf mich eingelassen.“
    Tobias suchte den Blickkotakt zu Rüdiger um ihn nur irgendwie Trost spenden zu können, aber da war nichts. Rüdiger blickte nur mit leeren Augen drein.
    Auch Karin schwieg. Sie war geschockt.



    „Mein Gott, Junge. Ich … ich hatte ja keine Ahnung.“
    „Aber… wenn sie so leidet…“, wisperte Rüdiger, dem Träne in die Augen schossen
    „Warum hat sie nicht mit mir gesprochen? Ich bin doch ihr Ehemann…“



    Sie hatte es nicht gekonnt. Nelly schloss die Augen und weinte. Sie hatte nicht mit Rüdiger darüber reden können. Er hatte es schon schwer genug. Bald würde sie sterben und da war es besser, wenn sie sich trennen würden. Das war der Plan gewesen. Es war besser so. Da war sie sich sicher.
    Plötzlich wurde Nelly aus ihrer Gedankenwelt gerissen, als das penetrante Leuten von Martinshörnern ertönte. Sekunden später jagten bereits eine Kolonne Rettungs- und Polizeiwagen an ihr vorbei. Ihr Ziel: Verona County…


    Silke Obermeier hatte am ganzen Leib Schmerzen. Sie spürte wie das warme Blut über ihren Körper floss. Sie konnte nicht aufstehen. Das Auto hatte sie einfach erwischt. Mit viel Mühe drehte sie ihren Kopf zur Seite. Neben ihr lag André am Boden. Sein Kopf lag in einer Blutlache.



    „André… André…“, keuchte sie vor Schmerzen, doch er bekam keine Antwort. Das leise Knistern des Brennenden Wagens, der sich Überschalgen hatte und unweit von ihr lag, erfüllte die Dunkelheit.
    Wer hatte sie da angefahren? Warum nur?
    Mit aller Kraft schaffe sie es ihren Körper weiter zu drehen und bekam sich auf den umgestürzten Wagen frei.
    Doch als sie sah, wer da eingeklemmt zwischen den Sitzen hockte, wurde ihr schlagartig übel.



    „Nein… nein… nein…“
    Doch dann näherte sich eine Person dem Wagen. Und Silke wusste, dass sie bereits versagt hatte. Ihr Plan war nicht aufgegangen. Sie hatte versucht ihren Sohn vor einer noch größeren Gefängnisstrafe zu schützen, indem sie dafür sorgte, dass niemand erfuhr, dass Robert jemals Leopold von Werken angefahren hatte. Aber nun rechte sich das Schicksal.

    Vorsichtig zog Leopold von Werken Annette aus dem Wagen. Sie blutete etwas. Verwirrt öffnete sie die Augen. Dann geschah etwas Unerwartetes. Sie lächelte.
    Das letzte, was Annette dann noch hörte waren die Martinshörner, wie sie sich immer weiter der Unfallstelle näherten…



    Ja, wie eine schlechte Romanze hört sich das alles an. Doch im Leben muss man lernen, dass es oft grausam und unerwartet sein kann. Tatsächlich sind wir jeden Tag neuen Gefahren ausgeliefert: Krankheiten, und düstere Geheimnisse sind uns dabei jeden Tag auf den Fersen. Es stellt sich dabei nur die Frage ob wir stark genug sind diese zu überstehen und am Ende zu überleben…



    Fortsetzung folgt …


    ENDE STAFFEL III





    Liebe Leser (die Stillen ;))



    Wieder einmal ist eine Staffel vorbei. Diesmal ging sie still zu Ende. Ich weiß nicht woran es liegt, an der Story, das keiner liest, an der allgemeinen Situation, das niemand Sims3-FSs lesen will oder vllt an der Klimaerwärmung?
    Wie auch immer, mir hat es Spaß gemacht die Staffel zu schreiben und ich hoffe, dass die wenigen Leser, die sich nie zu Wort melden (was ich hier mal kritisieren muss, weil ich finde so was kleines kann man ja schreiben, oder?)


    Aber egal, Staffel 4 ist in der Mache und ich werde wohl irgendwann im April mit der Veröffentlichung beginnen.
    Aber ich hoffe, dass ich dann mit Trekki abmachen kann auch mal News zur Serie auf der Startseite zu Posten. Vielleicht lässt sich so jemand motivieren dem Link zu folgen und hier mal reinzuschauen.



    Die 4 Staffel wird 14 Folgen haben, aber nicht kürzer sein als die Aktuelle, was bedeutet, dass die Folgen wieder länger werden und ich so nur eine Folge pro Woche reinstellen werde. Weil die Aufwand größer wird.


    Mit dabei sind wieder die alten Charaktere, und noch ein paar neue, die wieder Geheimnisse nach Riverview bringen werden.



    Weitere Meldungen werden folgen.




    Gruß, Raphiarts

    Das Finale beginnt. Die letzte Folge der dritten Staffel steht in den Startlöchern. Hier jedoch erst einmal die vorletzte Folge ...

    Viel Spaß



    3x23: Bad Romance (Teil 1)







    Leopold von Werken hatte Angst. Die Waffe war auf ihn gerichtet. Die beiden standen vor ihm, aufgebaut wie eine Wand. Eine Wand, die ihn niemals in seinem Leben vorbeilassen würde. Es war vorbei. Da war er sich sicher. Es war wie vor einem Jahr, als dieser ganze Horror begonnen hatte. Doch erst jetzt konnte er sich wieder daran erinnern.







    „Silke…“, sagte er stotternd, wobei die Frau mit der Waffe in der Hand keine Miene verzog.

    „Für dich immer noch Frau Obermeier.“

    „Das wollen Sie doch gar nicht tun. Oder?“

    „Wenn ich es muss.“

    André, der neben Silke stand warf ihr einen ängstlichen Blick zu.







    „Ich wollte ihre Tochter heiraten. Doch … das Schicksal hat uns getrennt.“

    „Nein, nicht das Schicksal. Ich war es.“

    Leopold zuckte zusammen. Die schrecklichen Erinnerungen an den Unfall kamen in ihm auf. Er sah wie das Auto auf ihn zugerast kam. Wie es sich anhörte, dieses brummende Geräusch. Und dann der Aufschlag. Er spürte noch immer den Moment, als sein Kopf gegen die Motorhaube schlug, ehe er durch die Luft gewirbelt wurde.

    Ja, damit hatte alles begonnen. Und es würde auch bald enden. Egal wie, aber wusste, dass es bald zu Ende gehen würde.







    „Sie… Sie sind dafür verantwortlich? Aber… ich … ich wollte Ihre Tochter heiraten. Wir waren so glücklich.“

    „Es ging nicht anders. Ich habe so handeln müssen. Ich hatte keine Wahl. Nein… aber Sie haben Sie jetzt, Leopold. Ich lasse Ihnen die Wahl.“

    Leopold war verwirrt. Er wusste nicht mehr was er glauben sollte. Was geschah hier?

    „Was ich Ihnen hier biete, ist eine Chance. Ihre Einzige.“

    Die ältere, schwarze Frau griff in ihre Jackentasche, zielte mit der anderen Hand jedoch immer noch auf Leopold.







    „André… was passiert hier?“, fragte Leopold seinen alten Freund. Doch dieser schwieg.

    „Hier.“ Silke reichte ihm einen Pass, in dem einige Geldscheine steckten.

    „Was.. .was soll ich damit?“

    „Das ist ihr Ticket in ein neues Leben. Wir habe Ihnen da ein Ticket für einen Flug nach Salatien dazugelegt. Gehen Sie. Und kommen Sie nicht mehr wieder.“

    Leopold sah die Frau ungläubig an. War sie jetzt völlig verrückt geworden? Er konnte doch nicht einfach … warum um alles in der Welt tat sie das?

    Bild6: Leopold verwirrt



    „Dann … dann lassen Sie mich am Leben?“

    Silke schüttelte traurig den Kopf.

    „Wenn ich gewollt hätte, dass Sie tot wären, hätte ich Sie in dem Fluss sterben lassen. Aber ich habe sie raus gefischt und Ihnen eine Chance gegeben.“

    Eine Chance? Er war ein Jahr lang eingesperrt gewesen. Er war einsam gewesen, unglaublich einsam gewesen. Und das sollte eine Chance gewesen sein?

    „Ich … ich kann das nicht annehmen.“

    „Dann kann ich nicht zulassen, dass sie die Ehe meiner Tochter und André gefährden, oder das Wohlergehen meines Sohnes.“







    Ihres Sohnes?

    Es traf Leopold wie einen Schlag. Aber dann fügte sich alles zusammen. Er wusste jetzt warum und wieso das alles passiert war. Die Bilder kehrten zurück … kurz bevor sein Kopf die warme Motrohaube berührt hatte, hatte er das Gesicht des Mannes gesehen, der das Auto gesteuert hatte und … es war Robert Obermeier gewesen. Der Sohn von Silke Obermeier.









    Annettes Puls schoss in die Höhe. Sie hatte Angst. Es geschah alles in Zeitlupe. Es dauerte nicht lange, es war auch nicht schmerzhaft.

    Doch er war es. Da stand er.

    Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, dass der Tachometer 160km/h anzeigte, als sie Leopold von Werken und zwei weitere Personen am Straßenrand stehen sah.

    Sie traute ihren Augen nicht, war überglücklich. So glücklich, dass sie vom Lenkrad abrutschte. Das letzte, was sie dann sah, war der Airbag, der sich wie eine Gewaltige Wolke in ihr Gesicht drückte.

    Und als sie noch hörte wie das Metall des Wagens sich verbog und auseinander gerissen wurde, dachte sie sich noch, wie ironisch doch alles war. Sie sah den Mann ihrer Träume, bevor sie sterben würde. Die Geschichte war so klischeehaft, dass sie selbst in keiner schlechten Romanze Platz finden würde und trotzdem war es die Realität…





    ---------------------









    Nathalie Himbert saß in ihrem Wagen. Ihre kalten Hände umklammerten das Lenkrad, als ob ihr Leben davon abhängen würde. Die Schmerzen waren unerträglich. Doch das war nicht einmal das Schlimmste. Alles, was an diesem Tag geschehen war, hatte alles verändert. Ihre ganze Welt hatte sich um 180 Grad gedreht und vieles war einfach in sich zusammengebrochen. Und noch dazu wusste sie, dass es jetzt kein Zurück mehr gab. Es war ihr Schicksal. Es hatte so kommen müssen. Aber das hatte sie ja bereits gewusst. Zwar hatte sie geglaubt, dass es leichter werden würde, aber das war es nicht. Aber warum gerade jetzt? Sie hätte doch eigentlich noch Zeit gehabt. Es war unerklärlich für die junge Frau.



    Zur gleichen Zeit, einige Straßen weiter sah Rüdiger Tobias tief in die Augen.







    „Nelly… sie… wie soll ich es sagen. Es tut mir so leid für dich, Rüdiger. Für euch.“

    Karin Himbert, die daneben stand runzelte die Stirn. So langsam nervte sie dieser Kerl. Was wollte er jetzt genau?

    „Was ist mit ihr? Jetzt rede schon!“, prustete sie genervt heraus und fuhr sich durch die Haare.







    „Ja, was ist?“ Rüdigers Herz pochte. Was war los?

    Tobias Augen wurden traurig. Und jeder, der ihn jetzt sehen würde wusste, dass es ihm aus vollstem Herzen Leid tat, Rüdiger diese schreckliche Nachricht zu überbringen.



    Ja, das Leben ist nicht einfach und manchmal verlangt es von uns Dinge ab, die wir selber nicht ganz begreifen oder gar fassen können. Ganz besonders schlimm sind die Momente, in denen wir unserem Schicksal ausgeliefert sind…

    3x22: Father and son, no … daughter







    Annette Obermeier hatte ihren Vater kaum gekannt. Sie hatte nur flüchtige Bilder von ihm im Kopf. Sie erinnerte sich an seine Trunksucht. An seine Pokerabende. Und an die Frauen, die er nach Hause brachte, wenn ihre Mutter nicht zu Hause war. Ja, es gab kaum etwas Positives an das sie sich erinnerte, wenn sie an ihren Vater dachte. Doch in dieser Nacht wurde Annette Berg klar, dass er ihr etwas sehr nützliches mit 6 Jahren beigebracht hatte: Das knacken von Autos.







    Der Wagen sprang an. Der Motor gab einen scheppernden Ton von sich, eher er richtig lief.

    Wow, dachte sie sich und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ihr Puls raste. Sie musste sich beeilen, ehe André vollkommen außer Reichweite gefahren war. Was auch immer er ihr verheimlichte, sie würde es herausfinden.

    Sie legte den ersten Gang ein und rauschte die Straße hinunter. Hoffentlich hatte sie niemand dabei beobachtet, wie sie diesen Wagen aufgebrochen hatte. Aber sie würde ihn ja wieder zurückbringen.

    Während sie die dunkle Landstraße entlang fuhr, kramte sie in ihrer Handtasche. Die kleinen Schweißperlen auf ihrer Stirn spiegelten den klaren Nachthimmel wieder, der so friedlich zu sein schien.

    Endlich hatte sie in den Tiefen ihrer Tasche den erhofften Gegenstand gefunden: Ihr Handy.







    So flink wie sie konnte wählte sie den gewünschten Kontakt aus und die Verbindung wurde aufgebaut.

    Die Straße war verlassen. Bisher war ihr kein anderes Auto entgegen gekommen. Und weit und breit war auch nichts anderes zu sehen als ein dunkler Nadelwald. Wo wollte André nur hin? Sie musste aufs Gas drücken um ihn noch zu kriegen.

    „Hallo?“, meldete sich eine aufgeregte ältere Stimme.

    „Hallo, Mutter. Tut mir leid… ich weiß, es ist schon spät. Aber ich hab ein Problem. Ich weiß einfach nicht, an wen ich mich sonst wenden soll.“

    „Äh … also das… das ist gerade schlecht.“

    „Ich weiß, ich habe dich geweckt. Tut mir leid.“ Plötzlich hörte Annette etwas Seltsames am Ende der Leitung. Es klang nicht wie in einem Schlafzimmer… .eher wie… wie auf einem Sportplatz oder… oder an einer Straße.

    „Wo bist du?“







    Silke Obermeier zögerte etwas, bevor sie antwortete.

    „Ich bin zu Hause. Im Garten.“

    „Im Garten? Es ist nachts! Na ja, es geht um André. Er … er ist einfach verschwunden. Einfach so. Er hat unseren Wagen genommen und ist weggebraust. Ich weiß jetzt nicht was los ist. Ach … diese ganze Sache mit Leopold… ich bin vielleicht auch nur übermüdet.“

    Wieder schwieg Silke.

    Annette sah auf die Verbindungsanzeige. Volle Verbindungsstärke. Am Telefon lag es nicht. Da stimmte etwas nicht.

    „Mutter, was ist los?“







    „Ich kann jetzt redet. Bleib im Hotel. Dann wird alles gut.“

    Das war vielleicht keine schlechte Idee, das… Moment mal. Woher wusste sie, dass sie im Hotel war…

    „Bleib einfach wo du bist. André wird sicher bald kommen.“

    „Woher willst du das wissen?“

    „Ich weiß es eben. Er ist ein guter Mann. Und jetzt leg dich wieder hin. Gute Nacht.“

    Damit legte Silke auf. Das war mehr als seltsam, so hatte sich ihre Mutter noch nie verhalten. Und was dazu kam, sie hörte sich alles andere als müde an. Sie hatte nicht geschlafen.







    Damit drückte Annette noch stärker auf das Gaspedal. Das Auto röhrte richtig auf und brauste am Waldrand entlang. Sie musste sich beeilen. Irgendetwas hatte André ihrer Mutter erzählt. Da war auf jeden Fall was faul.







    Ja, Annette Obermeier hatte nicht viel von ihrem Vater mitbekommen. Zumindest nichts, was sie als Kind verstanden hatte. Doch nun, Jahre später, wusste sie warum ihr Vater so war, wie er war. Der Grund war ihre Mutter. Und so langsam konnte Annette Obermeier begreifen, warum sich ihr Vater eine Kugel durch den Kopf gejagt hatte.

    Hoffentlich blieb Annette dieses Schicksal erspart…

    3x21: You don’t know … you DO know!!!







    „Was hast du da gerade gesagt?“ Rüdiger traute seinen Ohren nicht. Das hatte sie doch nicht wirklich sagen können, oder? Das konnte unmöglich ihr Ernst sein.

    Rüdigers Blick traf seine Mutter wie ein Schlag ins Gesicht. Und sie konnte förmlich sehen, wie die Wut in ihm aufstieg.

    „Du kannst doch nicht tatsächlich denken, dass ich mich von ihr scheiden lassen werde.“







    „Ach, Kind. Sei doch nicht so blind! Deine dämliche Ehe ist vorbei. Überhaupt war sie doch von der ersten Minute an schon zum Scheitern verurteilt gewesen. Du bist ein Trottel und sie ein gestörter Mutantenpsycho.“

    Wütend stellte sich Rüdiger vor seine Mutter. Das konnte sie nicht ernst meinen. Das…

    Dann plötzlich klingelte es an der Tür.

    Rüdiger atmete tief durch, räusperte sich und ging zur Tür. Dabei strich er sich über den teuren Anzug.

    „Du kannst es doch nicht leugnen, mein Sohn. Es ist aus.“







    „Das werden wir noch sehen…“, murmelte Rüdiger, als er die Tür öffnete.

    Was er dort sah, hob seine Stimmung gar nicht.

    „Herr Himbert…“

    Tobias, diese schleimige Idiot, der Nelly einen Antrag gemacht hatte stand vor der Tür und sah Rüdiger traurig an. Offenbar hatte er ein schlechtes Gewissen. Tja, leider etwas zu spät.







    „Was wollen Sie?“ Am liebsten hätte Rüdiger die Tür wieder geschlossen, doch Tobias kam ihm zuvor und trat ein.

    „Ich muss mit Ihnen reden. Es ist wichtig.“

    „Wirklich? Meine Frau ist nicht da, falls sie ihr wieder einen Antrag machen wollen.“ Rüdiger schlug wütend die Tür zu und wies seinen Gast in die Küche.

    „Warum? Sagen Sie mir einfach warum.“

    „Hören Sie, Rüdiger… ich darf doch…“

    Rüdiger beäugte sein Gegenüber skeptisch und winkte dann ab.





    „Was soll‘s, sie haben mit meiner Frau ja bereits geschlafen, da können sie mich ja seelenruhig duzen…“

    „Sie… Sie wissen es?“ Tobias schluckte.

    „Ja, verdammt. Ich bin nicht ganz so blöd wie ich aussehe.“ Bei diesem Satz hörte er ein Kichern, das aus dem Wohnzimmer kam.

    „Hören Sie, Rüdiger. Es geht um Nelly. Es ist wichtig.“

    „Ja, das haben Sie schon einmal gesagt. Und ach ja,… auch gezeigt.“







    Tobias schüttelte den Kopf. Er hatte keine Zeit für dieses Gehabe. Nelly war jetzt das Wichtigste.

    „Rüdiger!“ Tobias schüttelte den Mann in Anzug und sah ihm tief in die Augen.

    „Was da mit mir und Nelly passiert ist … das … das hat einen Grund.“

    Irgendwie hatte Rüdiger das Gefühl, dass das, was dieser Mann ihm erzählte nichts Gutes zu bedeuten hatte. Er spürte wie sein Herz schneller zu schlagen begann.

    „Was wollen Sie denn jetzt hier?“







    Karin Himbert stand in der Tür und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wa… was tun Sie hier?

    Tobias funkelte die Frau aggressiv an.

    „Sie sollten doch nicht hier herkommen.“ Karins Stimme wurde dunkler, bedrohlicher.

    „Es war nicht richtig. Diese Frau hat wirklich große Probleme…“, meinte Tobias scharf.

    „Was.. .was geht hier vor?“ Rüdiger stand verwirrt neben den beiden. Seine Mutter kannte ihn? Er versuchte sich ein Reim darauf zu machen, aber es ergab alles keinen Sinn.

    „Rüdiger. Ihre Mutter hat Ihnen etwas zu sagen.“







    „Hör nicht auf diesen Schwachkopf, mein Junge. Trenn dich lieber von Nelly. Das ist am Wichtigsten.“

    „Rüdiger. Sie hat mich geschickt. Sie hat mich zu Nelly geschickt um sie zu verführen, ins Bett zu kriegen und …“

    „… und sich von mir zu trennen…“, beendete Rüdiger geschockt den Satz. Nein, nein … nein. Alles hätte er sich von seiner Mutter denken können. Sie war eine skrupellose Frau, aber… aber das? Warum? Warum nur?

    „Warum???“

    „Tja… das ist doch einfach. Rüdiger. Sie hat Geld. Geld von dem sie dir nichts erzählt hat.“, verteidigte sich Karin und war dabei sich eine Zigarette anzustecken.

    „Was? Geld? Aber wie?“

    „Sie hat das Vermögen ihrer Eltern geerbt. Im Falle einer Scheidung wäre dir die Hälfte zugeschrieben worden.“







    Damit fiel Rüdiger aus allen Wolken. Seine Welt brach zusammen und mit ihm sein Sinn des Lebens.

    Er war am Ende. Ein gebrochener Mann. Seine Frau hatte Geld, von dem er nichts wusste, betrog ihn und ... hatte ihn verlassen.

    Das… das… das war alles so unfair.

    Am liebsten wäre Rüdiger jetzt gestorben. Es gab nichts mehr, dass die Situation jetzt noch retten konnte. Oder?



    Tobias lachte auf. Er schüttelte den Kopf.







    „Nein. So einfach ist die Situation nicht. So einfach ist sie nicht…“



    Und damit wuchs in Rüdiger Hoffnung. Das letzte, was ihm jetzt noch geblieben war.

    3x20: Russian Roulette



    Leopold zitterte. Am ganzen Körper hatte er Schmerzen. Und diese unerträgliche Kälte der Nacht milderten sie gar nicht, im Gegenteil, es wurde noch viel schlimmer.
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand er am Straßenrand und hielt sich dabei an einem Baum fest. Blut triefte aus einer Wunde an seinem rechten Bein. Dieser verdammte Schmerz, dachte er sich und versuchte mit bloßen Händen sie Wunde zu bedecken. Doch es half nichts. Es war schon wieder passiert. Genau diese Situation hatte er schon einmal durchlebt. Mit einem Unterschied: Die letzte hatte er überlebt, dieses Mal würde er wohl sterben...



    André Duneufe trank einen Schluck Wasser, als er aus der kleinen Ortschaft in Richtung Berghänge aufbrach. Und je näher er seinem Ziel kam, desto schlechter ging es ihm. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Aber daran durfte er jetzt nicht denken. Er musste einfach nur dafür Sorgen, dass es schnell über die Bühne ging. Was auch immer gleich passieren würde...



    Leopolds Körper wurde von einer Welle von Schmerzen durchzogen. Er hatte noch gerade so viel Kraft um nicht auf den Asphalt zu stürzen. Er merkte, es würde bald zu Ende gehen.
    Er dachte daran zurück. An das, was vor einer Stunde passiert war:
    Er hatte die Straße erreicht. Er war so froh endlich einmal aus diesem Wald draußen zu sein. Und dann fuhr der Wagen vorbei. Es war ein roter Sportwagen. Und irgendwo her kannte er es. Doch woher?
    Na ja, er hatte sich auf die Straße gestellt, gewunken und versucht den Wagen anzuhalten, doch er war einfach vorbeigefahren. Er hatte schon die Hoffnung aufgegeben, als plötzlich aus der gleiche Wagen zurückgefahren kam. Er war überglücklich. Fuchtelte mit den Armen und rief, doch dann geschah es. Mit voller Wucht rammte ihn der Wagen. Leopolds abgemagerter Körper stürzte auf die Motorhaube und schlitterte über die Frontscheibe seitlich vom Fahrzeug auf die Straße. Dort blieb er regungslos liegen.



    Der Wagen war außer Sicht gefahren.


    André atmete tief durch, als er auf die Blutspuren schaute. Instinktiv schaltete er die Scheibenwischer an, doch es half nichts. Das Blut war bereits gut eingetrocknet. Erinnerungen stiegen in ihm auf...



    "Was war das?", Annette schrak auf und sah sich um.
    "Das... ", stotterte André, der versuchte den Wagen wieder unter Kontrolle zu bringen.
    "... das war nur ein Wildschwein. Alles in Ordnung. Ich fahr uns in ein Hotel. Wir sind schon zu lange unterwegs." Sein Herz pochte.
    Annette sah sich verwirrt um, schloss aber dann wieder die Augen. Sie war hundemüde.

    ... dann näherte sich André dem Waldstück. Sein Herz begann wieder zu rasen. Gleich würde es beginnen. Er hatte Angst davor. Aber er hatte keine andere Wahl. Er war absolut nicht gewillt Annette wieder frei zu geben. Und dafür war er zu allem bereit.


    Der Wagen kam vor ihm zum Stehen. Leopolds Puls raste. Doch selbst wenn er sich hätte verteidigen wollen, die Schmerzen ließen das nicht zu. Dieser Verrückte hatte ihn angefahren und nun war er da um es zu beenden. Sein neues Leben war vorbei und das obwohl es nie begonnen hatte...



    Er hatte nicht vor um sein Leben zu betteln. Er würde einfach hier stehen und es geschehen lassen. Er hatte nichts zu verlieren. Nicht mehr. Es ging um Leben und Tod.
    Eine dunkle Person stieg aus dem Wagen. Es war ein Mann. Doch es zu dunkel, dass Leopold sein Gesicht sehen konnte. Doch dann kam er näher. Und das Gesicht des Mannes wurde vom fahlen Mondlicht enthüllt. Leopold erinnerte sich. Fast im selben Moment blieb ihm die Spucke weg. Er erinnerte sich wieder an alles...



    Andre zitterte. Er hatte von ganzem Herzen Schmerzen. Und diese unerträgliche Kälte der Nacht milderten sie gar nicht, im Gegenteil, es wurde noch viel schlimmer.
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand er am Straßenrand und hielt sich dabei an seinem Wagen fest.
    Was er jetzt tun würde, würde er sich selbst niemals verzeihen...


    Gerade als Leopold gedacht hatte, es konnte nicht schlimmer werden, fuhr ein weiterer Wagen vor. Und als er sah, wer dort ausstieg, verstand er die Welt gar nicht mehr...


    Vielen dank, daß ihr euch beide aktiv am sterben des Fotostoryforums beteiligt!


    Für Leute wie dich, JolieFelidae, gibts den neuen "Danke" Button. Damit die schreiberlinge auch stille Leser sehen.
    (Falls irgendwer mal Ankündugungen und News lesen würde, hätten das auch sicher schon mehr gespannt.)


    Soll das heißen es ist meine schuld, dass niemand liest?
    Ich kann ja nicht mehr tun, als meine Story hier zu veröffentlichen.


    Vielleicht liegt es aber auch einfach an diesem neuen Design, bei den neuen Funktionen blickt eben keiner mehr durch. Seit dem restart ist einfach weniger los hier.
    Mehr kann ich auch nicht dazu sagen. Vllt sollte man die Fehler woanders suchen.

    Schade, ich hab es auch immer gern gelesen nur nie was geschrieben, wo kann man sie denn dann noch weiter lesen?


    Also diese Staffel, also die letzten 5 Folgen stelle ich noch hier rein. Danach muss ich noch sehen, wie es läuft.
    Staffel 4 habe ich schon begonnen. Nur wann es so weit ist, weiß ich noch nicht.


    3x19: Crash, boom, bang







    In dieser Nacht begann für Manuela Berg ein neues Leben. Nicht etwa die Tatsache, dass sie vielleicht neu geboren worden war, war der Grund dafür. Nein, es war viel banaler. Es war so banal, dass Manuela in ihrem bisherigen Leben keinen Gedanken daran verschwendet hatte. Wozu auch? Schließlich hatte sie es nie vermisst; die Zweisamkeit.

    Doch nun war er fort. Sie war allein. Es war kalt.

    Manuela atmete tief durch. Irgendetwas in ihr machte ihr Sorgen. Es war unbeschreiblich wie verloren und einsam sie sich in diesem Augenblick fühlte. Das Haus war so still und leer. Optisch hatte es sich zwar nicht verändert, aber trotzdem fehlte etwas, das Wesentliche.







    Es überraschte Manuela, dass ihr die Einsamkeit solche Probleme bereitete. Schließlich war sie nun fast ihr gesamtes Leben lang allein gewesen. Ihre Eltern waren schon früh gestorben. Sie hatte schon früh lernen müssen auf sich allein gestellt zu sein. Die Vorzüge einer Partnerschaft hatte sie nie wirklich kennen gelernt. Sie war eher bindungsphobisch. Zumindest hatte man ihr das bei der Typberatung erzählt. So ein Unsinn aber auch. Wer bezahlt schon freiwillig für so etwas Geld, dachte sich die junge Reporterin und ärgerte sich über sich selbst.

    Aber mit Jakob zu leben hatte schon etwas. Etwas, das sie jetzt vermisste.

    Plötzlich hörte sie ein unruhiges Scharren und brummen. Sie öffnete die Augen und richtete sich im Bett auf. Das war ihr Handy. Es vibrierte. Schnell sprang sie aus dem Bett und hastete zum Schreibtisch, wo das kleine Gerät lustig umher rutschte. Beim Blick auf das Display machte ihr Herz einen Satz. Jakob.







    "Hallo? Jakob?"

    "Ja, ich bin es.", flüsterte der Architekt, wobei seine Stimme gedämpft klang. Fast so, las würde er unter einer Decke liegen.

    "Was ist los? Stimmt etwas nicht?"

    "Hör zu ... ich ... ich werde morgen heiraten."

    Eine Gewaltige Explosion erfasste das Gebäude. Alle Scheiben zersprangen mit einem ohrenbetäubenden Knall und von allen Seiten her flogen Trümmer auf Manuela zu. - So zumindest fühlte sich dieser Moment an. Versteinert hielt sie das Telefon in der Hand. Sie traute sich kaum etwas zu sagen.



    "Ich weiß ... es ist verrückt. Aber ... ich .. .ich kann nicht anders."

    "Aber ... aber ..." Was konnte sie denn jetzt noch sagen? Sie hätte ihn am liebsten angeschrien, sich über ihn aufgeregt und ihn sogar verschlagen. Wie konnte er ihr das einfach so sagen? Was sollte das? Warum nur? ein gewaltiger Sturm der Verzweiflung tobte in ihr.







    Jakob Winter spürte, wie es sein Herz zerriss. Wie konnte er ihr das nur antun? Aber er hatte eben keine andere Wahl. Er musste tun, was Susanne ihm sagte. Wenn er sich weigerte wäre das nicht nur für ihn fatal, nein auch Manuela würde in den Bau wandern. Und dann ... dann würden sie sich gar nicht sehen können.

    Nein, das kann nicht sein. Jakob ertappte sich dabei wie er an Manuela dachte. Komm schon, Jakob, sagte er innerlich zu sich selbst, bleib ganz ruhig. Nein, er hatte sich doch nicht wirklich wieder in Manuela... Was für eine verdammte Situation.

    "Ich muss jetzt aufhören. Es tut mir leid... ich ... bis dann."

    Dann hielt er es nicht mehr aus und drückte auf die rot unter leuchtete Taste seines Handys. Die Verbindung brach ab und er in Tränen aus.







    Er weinte nicht, nie. Doch nun war ihm das egal. Er musste es raus lassen. Er musste seinen Frust und ... deinen unglaublichen Hass auf seine Exfrau raus lassen, ehe er etwas dummes tat.

    Diese Frau hatte alles vernichtet. Alles, einfach alles...

    Woher wusste sie das alles nur? Doktor Bruckheim, Manuela die beiden wären doch nie so dumm um so etwas zu erzählen. Dafür stand doch viel zu viel auf dem Spiel. Jakob schüttelte den Kopf.







    Manuela Berg legte den Kopf in den Nacken, als sie die Beruhigungspille schluckte. Am liebsten wäre ihr, wenn jetzt sofort die Decke über ihr zusammenbrechen würde und sie begraben würde.

    Begraben von einem halben Dutzend Kissen und angeschwippst durch eine Flasche Wein, schlief Manuela Berg irgendwann ein. Und sie träumte von allem schönen, dass sie sich nur vorstellen konnte. Aber vor allem träumte sie von einem neuem Leben. ein Leben, das am nächsten Morgen beginnen sollte...







    Ja, wir alle werden neugeboren. Tag für Tag. Ob uns eine Wiedergeburt jedoch nützt, hängt ganz davon ab, wie man wiedergebrachten wird. Für Manuela war klar, es konnte nur besser werden...





    3x18: Time keeps running away...






    Es war genau 3:18 Uhr. Die grelle Anzeige der Digitalweckers leuchtete André Duneufe in die müden Augen. Er war erschöpft. Kein Wunder, schließlich hatte er die letzten drei Stunden nach einem Mann gesucht, der aller Voraussicht bereits tot war. Zumindest für André.






    Er betrachtete seine Verlobte. Wie sie da so ruhig in seinen Armen lag und schlief. Ein Geschenk des Himmels. Zärtlich streichelte er ihre Wange, sodass sie ein wenig im Schlaf zusammenzuckte. Nein, er würde sie nicht aufgeben. Niemals. Obwohl er wusste, was sie innerlich fühlte. Er war noch immer ein Teil von ihr. An manchen Tagen wusste André selbst nicht, warum er das tat, warum er sich das antat. Er liebte eine Frau, die im tiefen Innern ihres Herzens bei ihrem Exfreund war. Einem Mann, der vor einem Jahr bei einem tragischen Unglück sein Leben verloren hatte. Und heute Abend, hatte man Annette angerufen, ihr erzählt Leopold von Werken würde noch leben. Wer auch immer das war, er würde diese Person zu gerne in die Mangel bekommen. Mit so einem Thema spaßte man nicht. Und schon gar nicht bei Annette Obermeier. Sie vermisste ihn. Sie vermisste ihn sogar so sehr, dass sie manchmal mit Tränen in den Augen einschlief. Sie dachte zwar André würde es nicht bemerken, aber das tat er. Dafür kannte er sie zu gut.






    3:19 Uhr. Annettes Atmung war gleichmäßig. Ruhig, und sorglos. Sie hatten dieses gesamte Dorf durchsucht. Die Umgebung durchleuchtet. Doch niemanden gefunden. Er bewunderte ihre Stärke und ihren Willen Leopold zu finden. Und das obwohl er diesen Mann nicht einmal finden wollte. Er war tot. Annette hat mit ihm abgeschlossen. André hatte mit ihm abgeschlossen. Er durfte nicht wieder da sein. Nein ... André Chapard war nicht gewillt seine Frau aufzugeben. Nicht mehr!

    Vorsichtig legte er Annette in das weiche Bett der Pension. Er küsste sie auf der weichen Stirn und deckte sie behutsam zu. Ob sie von André träumte?

    Er atmete tief durch, zog seinen Mantel an und verließ das Zimmer.






    Draußen zückte er sein Handy und schrieb um genau 3:22 Uhr eine SMS.




    Der Empfänger dieser SMS hatte die ganze Zeit darauf gewartet. Gespannt saß die Person vor dem Kamin.



    Bild5: Frau vor kamin von hinten



    Die Wolldecke über den Beinen und dem Mobiltelefon in der Hand. Der Tee in der Tasse neben dem Sessel war bereits kalt geworden.

    Dann vibrierte das Gerät und die Person las die Nachricht.



    "Verona Street. An den Berghängen. In 30 Minuten."



    Es waren zwar nur fünf Wörter, jedoch hatten diese fünf Wörter mehr Macht über die Person, als ihr lieb war. Es war klar, wenn herauskam, was passiert war, würde sich alles verändern. Und das musste sie einfach verhindern. Zu viel stand auf dem Spiel.

    Sofort schlug die Person die Decke weg. Es war genau 3:24 Uhr, als eine Tasse grünen Tees in einem Haus in Riverview zu Boden fiel. Doch das bemerkte die Person nicht, denn die war bereits zu ihrem Wagen gegangen.






    Kaum eine Minute später stand Annette Obermeier an einer Brücke. Sie suchte etwas. Doch wo war es? Panisch wandte sie sich um. Nichts. Wo war es? Was war es? Sie schrie auf einmal laut los. Dann spürte sie einen Griff. Es war Leopold von Werken.

    "Leo! Leo!"

    Doch er verstand sie nicht, versuchte sich dabei verzweifelt an ihr festzuhalten. Doch dann verlor er den Halt. Er stürzte ab. Tief.




    3:25 Uhr Annette Obermeier wachte schweißgebatet im "Best Sleep" in Verona County Zimmer 15 auf. Sie brauchte einen Moment um zu begreifen wo sie war. Sie rieb sich die Augen und suchte dann den Raum nach André ab. Doch er war nicht da. Seltsam. Der Blick auf die Digitaluhr ließ sie staunen. So spät und er war weg?

    Dann jedoch hörte sie das Geräusch. Und ja, dieses Geräusch kannte Annette Obermeier sehr gut. Zum ersten Mal hatte sie es gehört, als André sie damals zu ihrem ersten Date eingeladen hatte. Das zweite Mal, als er sie zu seinen Eltern gefahren hatte und das dritte Mal, als er sie heute Abend hier hergebracht hatte. Es war sein Wagen; sein Baby, sein ein und alles.

    Aber wo wollte er hin?

    Schnell rannte sie zum Fenster. Dort konnte sie gerade noch erkennen wie der Wagen die Straße Richtung Verona Berge verschwand.






    Was zur Hölle tat er da?



    Ja, es war 3:27 Uhr, als Annette Obermeier klar wurde, dass ihr Verlobter ihr etwas verheimlichte. Und irgendetwas sagte ihr, dass das, was er zu verbergen versuchte nicht gutes zu bedeuten hatte...



    3x17: Please forgive me - I don't know what I do







    Es war still geworden. Es war dunkel. Es war kalt.

    Draußen wehte der eisige Winterwind gegen die Fassade des Hauses. Und auch die Straßenlaternen strahlten eine unerklärliche Kälte aus. Mit anderen Worten: Es war unheimlich.

    "Ich verstehe das nicht ... ich ... verstehe es nicht."

    "Ich auch nicht. Das tut mir leid. Wirklich."







    Rüdiger sah seine Frau mit den traurigsten Augen an. Wenn man ihn so sah, brach es einem fast das Herz. Er war wie ein kleines, verletztes Kind. Er konnte einem nur leidtun.

    "Warum hast du nicht mit mir gesprochen?"

    " Alles hat sich verändert."

    "Nein ... nichts hat sich geändert Ich liebe dich, Nelly! Über alles!"

    Rüdiger konnte es noch immer nicht fassen. Seine Ehefrau hatte ihn betrogen. Das konnte unmöglich wahr sein... das durfte nicht sein. Das ... das hatte er doch nicht verdient ... oder etwa doch ... er war traurig. Unendlich traurig.







    Nellys leerer Blick hatte sich verirrt. Sie war leer.

    All die Dinge, die sie hatte glücklich machen sollen, hatten ihren Zweck verfehlt. Die teure Vase aus China, die sie hatte an den schönen Urlaub erinnern sollen, hatte ihren Glanz verloren. Der warme Kamin, der sie hatte wärmen sollen, war nun kalt und aus. Und der Ehemann, der sie hatte glücklich machen sollen war ... war nicht mehr der alte. Hatte es noch einen Sinn? Sollte sie kämpfen? Konnte sie es überhaupt?

    "Ich liebe dich Nelly ... Ich liebe dich wirklich."

    Nelly sah ihren Ehemann an. Sein Gesicht wirkte älter, gestresster. Und zwischen den vielen Speckröllchen, die sie so lieben gelernt hatte, konnte sie seine unheimliche Trauer erkennen.

    "Ich ... ich ... ich weiß nicht. Ich weiß nicht, ob das mit uns ..." Die Worte taten ihr im Hals weh. Nellys Atem wurde unruhig. Sie zitterte. Und jede einzelne Silbe schien ein Teil ihres Herzens zu zerreißen.



    "... ich glaube das mit uns kann nicht mehr funktionieren. Nicht mehr. Alles hat sich verändert."

    Das war wie ein Schlag ins Gesicht für den jungen Mann. Er konnte es nicht verstehen, konnte nicht begreifen, was gerade geschah. Ja, er wollte es nicht, er wollte es einfach nicht hören. Sie konnte doch nicht einfach so ihre Ehe beenden.







    "Das ... das kann nicht dein Ernst sein ... Nelly. Bitte, Nelly..."

    Doch Nathalie hatte ihre Entscheidung getroffen. Sie wusste nicht ob es gut oder ein fataler Fehler war das zu tun, dennoch tat sie es. Er tat ihr leid. Er litt. Er litt so stark, wie sie noch nie einen Menschen hatte leiden sehen. Es war so unfair, dennoch unumgänglich ... Nicht nach all dem, was geschehen war.

    "Ich gehe jetzt lieber ... ich ..." Nelly schossen Tränen in die Augen. Sie konnte es nicht länger ertragen hier zu sein.

    "Nelly, warte. Bitte."

    Rüdiger nahm ihre Hand. Er war wie benebelt. Alles drehte sich um ihn herum. Das konnte nicht wahr sein.

    "Lass mich. Lass mich einfach gehen."

    Nelly löste sich aus seinem Griff. Er gab sie frei.







    Als sie gegangen war, sackte der junge Mann auf seiner Couch nieder. Dann griff er nach dem Glas und der Flasche. Noch ehe er sich den alten Whiskey einschenken konnte, fühlte er eine knochige Hand auf seiner Schulter.







    "Ach mein Junge." Karin Himbert hatte alles mitangehört. Sie wusste nicht was zwischen ihrem Sohn und seiner Ehefrau passiert war, aber was auch immer es war, es hatte sich sehr ernst angehört. Ach, es gab kaum etwas vergleichbares, was ihr so schnell Kopfschmerzen verursachen konnte, wie Liebesdramen. Wohl ein Grund mehr, warum sich Karin Himbert noch nie in ihrem Leben richtig verliebt hatte; zumindest in einem Menschen. Was ihre Arbeit anging, war es ewige Liebe...

    "Was mache ich denn jetzt, Mutter? Was ... was wird nun?"

    "Hör zu, Junge. Mami wird alles richten. Es wird alles gut werden. Du musst mir bloß vertrauen."

    Rüdiger versuchte sich wieder zu fassen. Er schöpfte Hoffnung in den Worten seiner Mutter. Sie war eine schlaue Frau, sie würde sicher alles wieder hinbekommen.

    "So, gleich morgen früh beginne ich damit."







    Ja, Rüdiger. Deine Mutter ist eine schlaue Frau. Das war es, was auch ihr letzter Ehemann über sie gesagt hatte, ehe er auf tragische Weise durch einen Föhn in der Badewanne zu Tode kam. Wie gut, dass seine Ehefrau nur zwei Tage zuvor sich sein Vermögen sicherte im Falle seines Todes. Welch ein tragisches Ereignis nicht? Aber ja, Rüdigers Mutter war eine sehr schlaue Frau...



    "Gleich morgen Früh schalte ich meinen besten Anwalt ein. So wird das eine perfekte Scheidung. Ach, du wirst deine Firma nicht aufteilen müssen. Diese Kuh machen wir fertig!"

    Damit fiel Rüdiger die Kinnlade nach unten. Tja, schlau war sie, empathisch jedoch nicht ...