Was für ein langweiliger Sonntag. -.-' Aber genug Zeit, um weiter zu schreiben. Das dritte Kapitel ist etwas länger geworden. Waren halt viele Erklärungen notwendig.
Trotzdem viel Spaß beim lesen!
Edit: Mal eine Frage! Der letzte Absatz ist immer total klein geschrieben, obwohl er hier im Textfenster ganz normal angezeigt wird. Weiß jemand, woran das liegt und wie man das geändert kriegt? Das nervt und ist schwer zu lesen, weils so klein ist! Weiß aber nicht, wie ich das geändert kriege!
Edit 2: Mir ist nach Ewigkeiten gerade ein gravierender Tippfehler aufgefallen. Der erste Satz im zweiten Absatz muss natürlich lauten "Nur 8 Monate, NACHDEM...."! Da stand die ganze Zeit "bevor". Das war natürlich falsch! Sorry! Das ist mir erst jetzt aufgefallen. Habs geändert.
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Kapitel 3
Es war bereits dunkel, als Enrico seinen schwarzen BMW auf einem freien Parkplatz vor seiner Wohnanlage parkte, das Hochhaus betrat und mit dem Fahrstuhl in den 21. Stock hinauf fuhr. Von hier oben hatte man einen wunderbaren Blick über ganz Tokio. Wenn man aus dem Fenster schaute, hatte man das Gefühl, über allem zu schweben. Ja, fast schon zu fliegen. Frei wie ein Vogel zu sein. Das Gefühl hatte einen enorm hohen seelischen Wert und genau deshalb fühlte er sich auch so wohl in dieser Wohnung, die so weit oben über der Stadt zu schweben schien. Er betrat die geräumige 3-Raum-Wohnung, zog seine Schuhe aus und ging dann ins Wohnzimmer, welches direkt gegenüber vom Eingang lag. Das Wohnzimmer war in elegant-sterilem weiß gehalten. Hier und da setzten ein paar schwarze Geräte, wie z. B. der große LCD-Fernseher, der Computer oder die Stereoanlage schwarze Akzente. Das bildete einen guten Kontrast zu dem vielen weiß. Viele Pflanzen und einige Bilder an der Wand sorgten für die nötigen Farbtupfer. „Hallo Bruderherz! Wie wars auf Arbeit?“. Ein Mädchen mit blonden, langen Haaren hatte es sich auf der Couch gemütlich gemacht und schaute im Fernsehen gerade eine Zeichentrickserie. Anime, wie es in Japan genannt wurde. „War soweit okay. Wenigstens mal nicht ganz so stressig wie sonst!“, entgegnete er seiner Schwester. „Und wie wars bei dir in der Schule?“. „Wir haben heute eine Schulaufgabe zurück bekommen. 84 Punkte“. Das freute den großen Bruder.
Nur 8 Monate, nachdem Enrico mit seinem Onkel und seiner Tante nach Japan gekommen war, starben sie bei einem Verkehrsunfall. Ein harter Schicksalsschlag, der seiner Psyche bei weitem nicht gut tat. Serenity, seine kleine Schwester, war nun das einzige Familienmitglied, das ihm noch geblieben war. Enrico war kurz vor dem Unfall gerade 18 Jahre alt geworden. Serenity war ganze 7 Jahre jünger als er, so dass er die Verantwortung für seine Schwester übernehmen musste, was zu Beginn eine harte Herausforderung darstellte. Wie sollte man sich auch um ein Kind kümmern, wenn man so sehr mit sich selbst zu kämpfen hatte? Aber sie war ein Grund, am Leben zu bleiben. Sein Leben hatte damals jeglichen Sinn verloren. Was sollte er in einem fremden Land anfangen, wo er kaum jemanden kannte? Seine Eltern waren tot, sein Onkel und seine Tante waren tot. Er war weit weg von seiner eigentlichen Heimat. Er war sich sicher, dass er heute nicht mehr leben würde, wenn es nicht Serenity gegeben hätte. Und es wäre durchaus bald soweit gekommen, dass es Serenity niemals gegeben hätte. Als sich damals das Familiendrama ereignete, war Enrico’s Mutter gerade mit dem zweiten Kind schwanger. 7. Monat. Im Krankenhaus konnten die Ärzte der Mutter nicht mehr helfen. Zu schwer waren die Kopfverletzungen, die sie sich beim Sturz von der Treppe zugezogen hatte. Lediglich das Baby konnten die Ärzte retten. Und Enrico war froh und dankbar, dass sie überlebte. Okay, sie trug auch SEINE Gene in sich. Die Gene desjenigen, der diese Familie zerstört hatte. Und Enrico wäre es lieber gewesen, diese Gene auszurotten. Zu groß war die Angst davor, selbst einmal genau so zu werden wie sein Vater. Oder ein Kind in die Welt zu setzen, das später mal so werden würde. Das war auch der Grund, warum er sich geschworen hatte, niemals Vater zu werden. Serenity hingegen war da anders. Sie träumte von einer großen Hochzeit, am liebsten wollte sie mit einer Kutsche abgeholt werden. Und sie wollte eine große, glückliche Familie mit vielen Kindern. Was damals wirklich zum Tod ihrer Eltern geführt hatte, hatte ihr großer Bruder ihr nie erzählt. Er hielt es für das Beste, ihr die Wahrheit zu verschweigen. Es reichte durchaus, dass er selbst noch heute darunter zu leiden hatte. Selbst heute noch, wo er doch inzwischen 21 Jahre alt war. Erwachsen. Die Alpträume ließen ihn einfach nicht los. Immer und immer wieder träumte er davon. Träumte davon, dass seine Mutter doch noch leben würde. Dass die Ärzte ihn damals nur angelogen hätten und sie auf einmal vor ihm stehen und ihn anlächeln würde. Er wusste ganz genau, dass das niemals passieren würde.
Serenity war inzwischen 14 Jahre alt. Kam also so langsam in das Alter, wo Mädchen begannen, sich für Jungs zu interessieren, vielleicht sogar schon den ersten Freund hatten. Das machte Angst. Um nicht zu sagen löste es fast schon Panik aus. Was wäre, wenn ihr das gleiche Schicksal wiederfahren würde wie ihrer Mutter? Enrico wusste ganz genau, dass er noch einen Verlust eines geliebten Menschen nicht verkraften würde. Und Männer konnten unberechenbar sein. Serenity war hübsch. Sehr hübsch. Und das wusste Enrico nur zu gut. Sie sahen sich ähnlich. Sie hatten beide blonde Haare. Beide diese leuchtend himmelblauen Augen. Dass sie zur Hälfte japanischer Abstammung waren, sah man beiden optisch gar nicht an. In diesem Fall hatten sie eindeutig die Gene dieses Monsters geerbt und besonders Enrico hasste diese Gene. Denn je älter er wurde, umso ähnlicher wurde er seinem Erzeuger. Und das machte zusätzlich Angst. Angst davor, dass er seinem Vater nicht nur optisch ähnlich war, sondern auch charakterlich. Er konnte leicht an die Decke gehen. Sehr leicht. Aggressionen waren eine Zeit lang ein gutes Mittel, um mit dem inneren Druck klar zu kommen, der sich in ihm aufgebaut hatte. Aber er richtete seine Aggressionen nie gegen Menschen. Niemals. Das hatte er sich auf ewig geschworen. Dass er niemals, und zwar wirklich niemals, einen Menschen angreifen würde. Denn dann wäre er auch nicht besser als die Person, die er am meisten hasste. Der einzige Mensch, gegen den er seine Aggressionen ernsthaft gerichtet hatte, lebte schon lange nicht mehr. Schlussendlich richtete er seine Aggressionen also entweder gegen Gegenstände, oder auch gegen sich selbst. Im Prinzip hatte er damit gegen seine eigenen Vorsätze verstoßen, denn er war ja selber auch ein Mensch. Aber was er mit seinem eigenen Körper anstellte, war seine Sache. Das war niemand anderes, sondern er selbst. Das war etwas anderes. Zumindest war das die Entschuldigung, mit der er sich vor sich selbst dafür rechtfertigte, was er tat. Und sich selbst Schmerzen zuzufügen hatte schlussendlich den gleichen Effekt, als wenn er auf jemand anderes los gegangen wäre. Er empfand es sogar als eine noch größere Erleichterung. Er hasste sich selbst abgrundtief. Eigentlich hatte er es ja auch nicht anders verdient, als für das bestraft zu werden, was er getan hatte. Immerhin war er doch der Grund für die häufigen Ausraster seines Vaters. Und der Grund für das, was schlussendlich die Familie zerstört hatte. Er hatte es nicht anders verdient. Da war er sich sicher. Und dennoch, obwohl das eine enorme Erleichterung verschaffte, wusste er irgendwo doch, dass es falsch war. Es erlöste ihn zwar von seinen inneren Qualen, aber immer nur kurzfristig. Früher oder später kam der Druck zurück. Und dass es ihn nur selbst zerstörte, wurde ihm mit der Zeit auch klar. Was anfangs als das Allheilmittel gegen Depressionen, Selbsthass und inneren Druck galt, entpuppte sich sehr bald als ein Teufelskreis, der nur noch mehr Leid mit sich brachte und aus dem man so einfach nicht wieder heraus kam. Im Prinzip war es also nichts weiter als Suchtverlagerung. Wegen von den Drogen, hin zur Selbstverletzung. Eigentlich hätte er wohl dringend eine Therapie gebraucht. Im Kindesalter war er zwar oft bei Kinder- und Jugendtherapeuten – gezwungen durch seinen Onkel und seine Tante – aber gebracht hatte es ihm nichts. Eher im Gegenteil. Das Leid schien heute noch größer zu sein als damals. Immer wieder die quälende Frage nach dem „Warum“, auf die er schlussendlich doch keine andere Antwort fand, als die Schuld bei sich selbst zu suchen. Und er war sich sicher, dass kein Therapeut dieser Welt ihm seine Fragen beantworten konnte. Es gab einfach gewisse Dinge, die man nicht erklären konnte. Die kein Mensch der Welt erklären konnte. Warum also eine Therapie beginnen, wenn es von Anfang an klar war, dass er nicht das bekommen würde, was er wollte?
Enrico öffnete die Balkontür, setzte sich auf einen der Stühle und zündete sich erst mal eine Zigarette an. Das half auch ein bisschen. Hinsetzen, rauchen, dabei tief ein- und ausatmen, sich voll und ganz aufs Rauchen konzentrieren. Das lenkte zumindest ein paar Minuten vom Kopfkino ab.
„Ich will morgen nach der Schule noch mit ein paar Freundinnen shoppen gehen“, rief Serenity ihrem Bruder aus dem Wohnzimmer zu. Enrico musste unweigerlich lachen. „Lass mich raten. Du brauchst Geld?“. „Nein. Ich wollte nur wissen, ob du was dagegen hast!“, war ihre Antwort. „Was sollte ich denn dagegen haben? Wenn du mit den Hausaufgaben hinterher kommst, ist das okay“. Enrico ließ seiner Schwester viele Freiheiten. Er wusste, dass sie vernünftig war und keine Dummheiten anstellte. Und außerdem war er, obwohl er die Verantwortung für sie hatte, nicht ihr Vater, sondern immer noch der Bruder. Warum sich also wie ein strenger Vater aufführen, wenn er diese Rolle gar nicht inne hatte? „Dann mach aber nicht mehr so lange, okay?“. „Nein, mach ich nicht. Ich guck das nur noch zuende und geh dann schlafen“.
Der nächste Morgen verlief ziemlich stressig. Verschlafen hatte er zwar nicht, aber sein Vorgesetzter hatte ihn schon eine Stunde zu früh aus dem Bett geklingelt, weil es einen Mordfall gab, in dem er die Ermittlungen leiten sollte. Er war immerhin General und hatte damit einen hohen Posten, der viel Verantwortung verlangte. Das war zwar eigentlich Aufgabe der Polizei, aber seit es vor einem Jahr zu Streit in der Politik wegen mangelnder Anzahl an Polizeibeamten kam, hatte man sich dazu entschieden, einen Teil der Soldaten, die im Innland blieben, unterstützt zur Polizei einzusetzen. Das sparte immerhin eine Menge Geld, weil man so nicht die Anzahl an freien Stellen bei der Polizei aufstocken musste. Eine neu ausgeschriebene Stelle bedeutete auch zeitgleich immer eine höhere Ausgabe des Staates. Und Geld war weltweit etwas, das gerne mal als Mangelware bezeichnet wurde. Die meisten Soldaten hatten sich tierisch darüber aufgeregt. Immerhin waren sie Soldaten und keine Polizisten. Viele der Soldaten, die ihren Arbeitstag eigentlich mal auf Schießanlagen, in Wäldern und auf extra eingerichteten Übungsplätzen verbrachten, wurden ins Büro verdonnert und hatten plötzlich Aufgaben zu erledigen, für die sich nie ausgebildet worden waren. Zudem hatten sie auf einmal viel mehr Arbeit zu erledigen als vorher, denn die Arbeit, die sie in ihrer Funktion als Soldaten erledigten, hatten sie auch weiterhin zu erledigen. Sie bekamen zwar mehr Geld dafür, aber schlussendlich war es dennoch Vatter Staat, der sich gierig die Hände rieb, weil es so mehr Einsparungen gab. Hier und da gab es zwar Schulungen, in denen den murrenden Herrschaften alles nahe gelegt wurde, was sie wissen mussten, aber die meisten erledigten ihre neue Aufgabe nur mit Widerwillen. Enrico war auch einer von denen, die mit der neuen Regelung überhaupt nicht einverstanden waren. Zumal er einer von denen war, die das große Los gezogen hatten und fortan zusätzlich zur alten Aufgabe auch noch Polizeiarbeit zu erledigen hatten. In störte dabei jedoch weniger die Arbeit als die Tatsache, dass er nun die gleiche Tätigkeit ausübte wie auch sein Erzeuger. Alternativ zur Bundeswehr hätte er sich grundsätzlich zwar auch von vornherein für den Polizeidienst zur Verfügung gestellt, aber das bedeutete zeitgleich wieder, dem Monster ähnlicher zu sein, als er wollte.
[FONT="]Solche Tatorte boten in der Regel einen Anblick, der mit Sicherheit nichts für schwache Nerven war. Trotz seiner psychischen Instabilität gelang es Enrico jedoch erstaunlich gut, die Anblicke, die sich ihm boten und die dazu gehörigen Geschichten von seiner eigenen Vergangenheit zu trennen. Kaum hatte der Chef das Gespräch beendet, wählte Enrico die Nummer seines besten Freundes Hattori. Er war nicht nur in Ausbildungsangelegenheiten sein Stellvertreter, sondern auch bei allen anderen Tätigkeiten. Die beiden waren ein eingespieltes Team und jeder wusste, dass er sich auf den anderen blind verlassen konnte. „Meine Fresse, können die sich nicht mal nen besseren Zeitpunkt aussuchen?“, war Hattoris genervte und zudem makabere Antwort auf das, was Enrico ihm am Telefon erzählte. „Wenns nach mir ginge, könnte man so was komplett abschaffen. Ich hab auch keinen Bock darauf, so früh schon gleich an einen Tatort gerufen zu werden. Aber was hilfts? Los, raff dich auf! Wir treffen uns dort!“. Er gab seinem Freund noch kurz die genaue Fundstelle mit, legte dann auf, zog sich im Eilverfahren an und war auch schon zur Tür verschwunden. So ganz wohl war ihm dabei jedoch nicht, wenn er daran dachte, was ihn wohl heute wieder erwarten würde.[/FONT]
- Ende Kapitel 3 -