Puh, dann will ich doch einfach auch mal meine paar Cent zu dem Thema loswerden, auch wenn ich befürchte, das wird ein ausgewachsener Euro. :misstrau
Erstmal, ich bewundere Leute wie Mieke - so ein positives Denken ist mir, ehrlich gesagt, total fremd. Wäre schön, wenn's mir so ginge... aber das ist ne andere Geschichte.
Es ist wirklich erstaunlich - oder wohl eher erschreckend - wie viele Leute ernsthaft an Selbstmord denken. Und damit meine ich keine Kurzschlusshandlungen, nicht den "Schrei nach Liebe", denn das sind meiner Meinung nach andere Dinge. In den Situationen will der Mensch nicht wirklich sterben.
Ein potentieller Selbstmörder spricht meiner Erfahrung nach nicht über sein Vorhaben. Wozu denn? Er/sie weiß doch genau, dass die Umgebung versuchen wird, das zu verhindern. Und die Entscheidung, sich umzubringen, ist alles andere als spontan; es ist ein langer Prozeß. Manchmal über Jahre hinweg.
Ich verstehe Menschen nicht, die sagen, Selbstmörder seien feige und liefen vor ihren Problemen davon. Im Gegenteil - warum denkt man denn daran, ein Ende zu machen? Weil man sich pausenlos mit seinen Problemen beschäftigt, von ihnen erdrückt wird und - trotz verbissener Versuche - keine andere Lösung mehr sieht. Ein Selbstmörder versucht auch "nur", seine Probleme zu lösen.
Das Argument "die denken nicht an die Hinterbliebenen" ist in meinen Augen zwar verständlich, aber ich denke nicht, dass es wahr ist. Aber kann das Umfeld so wundervoll sein, wenn man sich umbringen will? Wie hier schon gesagt wurde - bisweilen denkt ein Selbstmörder wohl eher, dass seine Familie/Freunde/Wellensittich ohne ihn besser dran sind.
In der Schule wurde ich dieses Halbjahr dazu gezwungen, Goethes "Die Leiden des jungen Werthers" zu lesen. Am Anfang fand ich's totlangweilig, aber nachdem ich länger darüber nachgedacht hab, ist es mittlerweile eines meiner Lieblingsbücher geworden - für die, die es nicht kennen: Werther ist ein sehr gefühlsbetonter junger Mann, der sich in eine Frau namens Lotte verliebt. Sie heiratet einen anderen Mann, Werther verfällt in Depressionen und schießt sich in den Kopf. Mehr passiert eigentlich nicht...
Natürlich kam irgendwann im Kurs auch die Frage auf, was man denn vom Selbstmord Werthers und dem Thema im allgemeinen zu halten habe. Tja, jetzt bin ich immerhin davon überzeugt, dass die meisten Leute in meinem Kurs (glücklicherweise) sich noch nie näher damit befasst haben - die Theorien waren in meinen Augen lachhaft. "Psychisch krank" - "Kurzschlusshandlung" - "denkt nicht an die Hinterbliebenen" - die ganzen, üblichen Argumente.
Wenn man sich aber näher mit dem armen, leidenden Werther auseinandersetzt, merkt man, dass der Verlust seiner Geliebten eigentlich nur der Auslöser, aber absolut nicht der Grund für sein Handeln ist. Es ist seine ganze Weltsicht, seine Art, ein Gefühl in seiner Gänze auszukosten, seine Probleme, sich in die Gesellschaft einzufügen.
Ich kann das Buch nur empfehlen - etwas schwere Kost, aber es regt meiner Meinung nach zum Nachdenken an. Aber nicht nachmachen
Der Beitrag ist zwar schon ziemlich lang, aber trotzdem. Habt ihr was zu lesen und so.
Ich kann mich hier in die Reihe derer stellen, die sich eingehend mit Selbstmord befasst haben. Meine absolut depressive Phase ist schon eine ganze Weile her - eigentlich die übliche Geschichte. Keine Freunde, Angst vor der Zukunft, das Gefühl, meine Familie lässt mich total im Stich. Bei so etwas kommt es nicht zu Kurzschlussreaktionen. Ich hatte recht ausgefeilte Pläne - irgendwo hab ich die immer noch in meinem Zimmer, aber glücklicherweise weit weg -, hab's aber dann doch nicht versucht.
Geredet hab ich darüber mit niemandem in meinem Umfeld.
Mittlerweile bin ich schon ein bisschen positiver, aber einiges ändert sich einfach nicht. Es ist verdammt schwer, sich selbst aus so einer Depression herauszuziehen, wenn ständig wieder das Gefühl hochkommt, dass ja doch letztendlich alles keinen Sinn hat. Aber so ganz hab ich die Hoffnung wohl doch nicht verloren, sonst wäre ich nicht mehr hier - denn diese Pläne waren gut.
Mag sein, dass ich pragmatisch bin, aber meine Sicht ist im Moment die: Selbstmord ist für mich eine Option. Wird wohl auch so bleiben. Aber solange ich aushalten kann, werd ich das auch tun - Sterben, das kann ich später immer noch. Ich schließe es ganz einfach nicht aus.
Ein Freund von mir (merkwürdig, eigentlich, aber erstaunlich viele Menschen in meinem Freundeskreis haben schon versucht, sich umzubringen *grübel) hat es mal hervorragend ausgedrückt: "Selbstmord ist bescheuert. Wenn du dich umbringst, dann heißt das, dass das Leben gewonnen hat - und ich verlier nicht gerne."
Ihr habt das echt gelesen? Wow, Hut ab.
~Aylin