Fremdes Verlangen
Helen und Jason waren froh nach Moonlight
gekommen zu sein. Vorher hatten sich in einer
lauten und viel befahrenden Großstadt gelebt.
John hatte es dort gar nicht gefallen. Die Wohnung
war klein gewesen, der Lärm hatte John jede
Nacht aufgeweckt und der nächste Spielplatz war
mit zwanzig Minuten zu Fuß zu weit entfernt, um
jeden Nachmittag zusammen mit John dort hinzu
gehen. Deswegen kam das wunderbare und dazu
noch sehr billige Angebot von Tanja wie gerufen.
Das einzige was Helen stört, ist das es noch keine
Kinder in Moonlight gibt. Der neue Spielplatz der vor
kurzem gebaut wurde ist noch leer und John ist es
meist etwas langweilig, so ganz alleine im Sandkasten.
In der Stadt hätte er wenigstens jemanden zum Spielen
gehabt. Doch Jason ist zuversichtlich und sagte, dass
dies alles schon werden würde.
Tanja kam in der nächsten Zeit oftvorbei, denn sie
fühlte sich oft einsam in ihrem Haus,welches sie ganz
allein bewohnte. Tanja mochte John und als Jason
nach langer Suche einen Job gefunden hatte, gingen
die beiden Frauen oft zusammen mit John auf den
Spielplatz wo sie sich ungestört und allein unterhalten
konnten.
Eines Abends, als Helen mit John vom einkaufen zurück
kommt, macht Jason überglücklich die Tür auf. Als Helen
verwundert fragen möchte, warum Jason schon so
früh zurück sei, legt er nur seinen Zeigefinger auf Helens
Lippen um sie zum Schweigen zu bringen. Er führt sie
an der Hand in die Küche, wo ein kleines Abendessen für
zwei auf dem Tisch steht. Überrascht, aber glücklich
setzt sich Helen und ließ sich den ganzen Abend von
Jason verwöhnen. Es wurde immer später und als Helen
langsam zu Bett gehen möchte, küsst Jason sie so
zärtlich wie noch nie.
Helen hat das Gefühl, das Jason in diesen einzigen
Kuss, so viel Gefühl und dankende so wenig aussprechbare
Worte mit reinbringen wolle wie es nur ging, und das hatte
er auch geschafft. Ein paar Tage später, Helen kümmerte
sich gerade um John, klingelte das Telefon. Es war Jason,
er musste eine Nachtschicht einlegen und sie solle sich
keine Sorgen machen, und mit dem Essen nicht auf ihn
warten. Helen mochte es gar nicht, wenn Jason länger
bei der Arbeit blieb, doch sie stimmte nur zu und legte auf.
Um kurz vor eins war Jason immer noch nicht zu Hause
und Helen machte sich langsam wirklich Sorgen. Also rief
sie kurzer Hand im Büro von Jason an um zu fragen, wie
lange es denn noch dauern würde. Doch niemand hob ab.
Helen versuchte es wieder und wieder, doch abermals
meldete nur der Anrufbeantworter.Als die Uhr schließlich
kurz vor zwei schlug, nahm Helen sich den Autoschlüssel
und fuhr zu Tanja. Tanja wusste immer was zu tun war,
und falls nicht, konnte Helen sie bestimmt überreden mit
ihr nach Hause zu kommen.
Als Helen das Auto vor dem Haus parkte sah sie im
Schlafzimmer noch Licht brennen. Tanja war also nicht
schlafen gegangen. Als Helen vorsichtig durch das
Fenster sah, traute sie ihren Augen nicht.
Helen hatte schon immer gewusst, dass Tanja
Jason wirklich attraktiv fand, aber das ihre beste
Freundin sie so hinterging, hätte sie sich im Leben
nie denken können. Helen fuhr nach Hause. Dicke
Tränen rollten ihr die Wangen herunter, die es ihr
fast unmöglich machten die Straße klar zu sehen.
Als sie zu Hause angekommen war, schmiss sie sich
auf ihr Bett und schluchzte nun so heftig, dass
John aufwachte und schreiend um Aufmerksamkeit
verlangte. Helen wischte sich ihre Tränen ab und
nahm John schweigend auf den Arm. Er sah sie mit
seinen großen Augen an, als ob er genau wüsste
dass etwas nicht in Ordnung sei. Er lehnte gähnend
seinen Kopf an Helens Schulter und schlief wieder ein.
Er seihe das einzige, was sie jetzt noch habe, hatte
Helen gesagt und ihn behutsam in sein Kinderbettchen
gelegt.