KAPITEL 2 – Top oder Flop?
Ich versuchte so souverän wie nur irgendwie möglich aufzutreten, damit der Junge von meinem Auftritt nicht verschreckt wurde. Denn ehrlich gesagt war ich innerlich total aufgeregt. Hatte ja eigentlich herzlich wenig mit Kerlen am Kopf. Denn meistens standen die auf so Mädels wie Anke. Ja leider… Und für so kleine schwarze Fledermäuschen, wie ich eine war, interessierte sich keiner. Zumindest kein Typ, den auch ich gleichermaßen interessant finden würde.
Auch wenn ich es nicht gerne zugab, doch in diesen Moment hätte ich Anke am liebsten den Hals umgedreht. Denn solch eine Situation war einfach nur peinlich. Gerade auch deswegen, weil der Typ mitten in der Menschen Menge stand und alle Leute eine evtl. Blamage mitbekommen würden. Nein das war absolut nicht mein Ding, wäre ich an diesem Abend doch nur zuhause geblieben… Was wohl Joe darüber dachte, wenn er das mitbekommen würde? Doch daran durfte ich auf keinen Fall denken. Das würde alles nur noch schlimmer machen, als es ohnehin schon war. Ich kam meinem Ziel immer näher und zu allem Übel drehte er sich direkt zu mir um, so als hätte er geahnt, dass ich auf ihn zu lief und ihn jeden Augenblick begrüßen würde. Ich musste kurz schlucken, denn der Junge sah tatsächlich super aus. Schon allein sein Haar, welches er hübsch gestylt nach hinten gekämmt hatte und auch diese tiefen, dunklen und wunderschönen Augen. Nein ich konnte nicht sagen, dass dieser Junge absolut nicht mein Fall war. In dieser Beziehung hatte Anke also Recht, er traf in der Tat genau meinen Geschmack.
Ich stellte mich also genau vor ihm und schaute in seinen hübschen Augen, welche nun einen fragenden Ausdruck bekamen. Nun war es an mir ihn zu begrüßen und in ein Gesprächsthema zu verwickeln.
Aller Anfang war geschafft und ich überwand mich dazu ihm nach Sekunden langen anstarren die Hand zu reichen. „Äh… Hi… Ich heiße Ashley. Ich habe gerade mit meiner Freundin gesprochen und wir haben gesehen, dass du so lieb zu uns rüber schautest. So dachte ich… Ich dachte, ich könnte dich ja mal begrüßen kommen…“ Ich wusste nicht so Recht, was ich sagen sollte, doch das was ich sagte bereute ich im Nachhinein dann doch bitterlich. Er schaute mich lächelnd und zugleich verwundert an. Er wollte gerade antworten, als ich ihm jäh ins Wort fiel: „Sorry.. Falls wir etwas missverstanden haben. Aber wir… Ich dachte wir könnten ja was gemeinsam machen.“
Nach einem kurzen schütteln meiner Hand ließ er sie resignierend wieder los und starrte mich etwas verwirrt an. Ein kurzes Räuspern seinerseits und ich wusste, ich hatte es total vermasselt. Und tatsächlich, er zeigte mir darauf sein wahres Gesicht.
Er schüttelte sich und wies mich knall hart ab. Dabei meinte er doch tatsächlich. „Hör zu Kleines, ich weiß nicht, wie du das gedeutet hast! Ich habe zwar zu euch geschaut, aber mit Sicherheit nicht um so eine kleine Gothic Braut anzulocken… Meine Blicke galten eher deiner Freundin. Also bitte tu mir den Gefallen und zieh Leine… Du solltest echt mal dein Outfit und dein Frisuren Styling überdenken. Wie du vielleicht mitbekommen hast… Gothic Freaks sind Oldschool und sollten lieber auf dem Friedhof gehen, wo sie unter ihres Gleichen sind.
Ich schaute ihm entsetzt ins Gesicht. Ich hätte hinter diesem hübschen jungen Mann niemals so eine böse und unverbesserliche Seele vermutet. Somit war ich natürlich geknickt hoch 3. Da ich mir tatsächlich erhofft hatte, dass dieser Typ evtl. zu mir gesehen hatte, so wie Anke es mir vorher bestätigte… Apropos... Anke und ihre dämlichen Ideen. Eigentlich wollte ich ihr meine Meinung knall hart Auge in Auge mitteilen, doch diese Blamage zwischen all diesen Menschen musste ich erst einmal verdauen.
Somit nahm ich reiß aus und verschwand so schnell es nur irgendwie möglich war. Ja auch Joe blieb nicht verschont davon, denn einige Kunden deuteten dies an und schüttelten nur den Kopf. Sie konnten das nicht verstehen… Nein Menschen die anders sind als alle anderen werden gemieden, doch was konnte man denn dafür, wenn man seinen individuellen Style gefunden hatte und mit diesem zufrieden war? Andere Leute liefen schließlich auch mit quietsch bunten Klamotten herum, da lästerte ich doch auch nicht drüber… Schon gar nicht, wenn ich diese Leute nicht persönlich kannte.
Ich schenkte dem Park keine Aufmerksamkeit mehr und lief einfach nur fort. Ich widmete auch Anke keinen meiner Blicke. Sie sollte ruhig spüren, dass sie etwas verkehrt gemacht hatte. Auch wenn sie so sehr von sich überzeugt war. All die anderen Leute hatten soviel Spaß und ich blieb als einzige wieder einmal ohne Spaß und Aufmunterung. Wie sollte es auch anders sein. So war es schon immer und so würde es auch immer bleiben. Es seidenn ich würde, wie es der Junge vorschlug, mein Styling grundlegend verändern… Doch wer war ich, dass ich mich zu den anderen hinab ließ, auf ein Niveau, welches zu schade für mein eigenes Ego gewesen wäre. Nein ich wollte mit Sicherheit nicht so sein, wie all die anderen Menschen da draußen.
Doch nicht nur mir erging es so, denn viele andere „Gothic“ Fans empfanden dies genau so. Nur leider lief mir bisher kein einziger über dem Weg, wo ich sagen könnte „WOW – der ist es und kein anderer“ Ich wusste ja selber nicht so wirklich, worauf ich eigentlich wartete. Oder wieso ich als einzige in der Klasse mit 17 Jahren noch keinen festen Freund hatte. Auch dieses Thema sorgte von Zeit zu Zeit für großes Gespött in der Klasse. Ich versuchte sowas dann einfach zu überhören… Was leider Gottes aber nicht immer so einfach war, wie viele behaupten. Meine Mum z.B. Sie meinte doch tatsächlich immer wieder, ich solle mir das nicht bieten lassen und zurück kontern. Doch sie verstand es einfach nicht, dass man gegen eine große Clique machtlos war, wenn alle zusammen hielten und das Opfer, in diesem Fall Ich, alleine da stand.... ohne Rückenschutz.
Ich versank tief in meinen Gedanken und ließ das ganze immer wieder Revue passieren. Mir wollte es einfach nicht in den Sinn… erst gab er mir die Hand zur Begrüßung und dann den Korb meines Lebens… Nun wusste ich zumindest wie sich Joe gefühlt haben muss, als ich ihm den Korb verpasste. Nur meine Version davon war sanfter und einfühlender und nicht so knall hart, wie mich dieser Junge abserviert hatte.
Dieses Mal hatte ich keine Lust aufs Taxi, ich wollte einfach nur nachhause und am liebsten dort meine Ruhe haben. Somit lief ich mit zügigen Schritten los und kam nach einigen Minuten Fußmarsch meiner Straße immer näher.
Zuhause angekommen putzte ich meine Schuhe auf der Matte ab, damit auch ja kein Dreck in der heiligen Wohnung meiner Eltern kam. Das konnten die beiden nämlich gar nicht leiden, wenn die Tochter mal wieder nach Hause kam und die frisch gewischte Küche versaute. Ja da wäre ich, trautes Heim, glück allein? Nein nicht wirklich, denn wie schon erwähnt, mochte ich diese Wohnung nicht wirklich.
Was mich viel mehr interessierte war das Schlossähnliche Haus auf der anderen Seite der Klippe unserer Nachbarschaft. Dieses sollte angeblich laut einigen Touristen leer stehen. Doch so wirklich dran glauben konnte ich nie, da ich abends ab und zu aus dem Fenster schaute und mir zumindest einbildete, dass dort nachts Jemand hauste. Aber wahrscheinlich hatten die Touristen Recht mit ihren Vermutungen, dass dies evtl. nur Bettler waren, die nachts herum geisterten, weil sie tagsüber dort geschlafen hatten.
Ich betrat unsere Wohnung, doch achtete so Gedanken versunken gar nicht darauf, ob die Tür auch wirklich zugefallen war. Nachfolgend schaute ich mich um, weit und breit war Niemand zu sehen. Was wohl meine Mutter wieder trieb? Wahrscheinlich war sie im Schlafzimmer und schlief bereits. Denn Papa schlief ja auch schon, als ich aus dem Haus ging um zum Park zu fahren. Welch eine Zeitverschwendung... Ich lief durch das Wohnzimmer, welches direkt mit der Küche verbunden war. Da hatte mein Vater sich mächtig ins Zeug gelegt, denn das Haus war einmal geteilt, sprich eine Wand trennte Ess - und Wohnzimmer. Doch da wir mehr Platz haben wollten machte mein Vater sich mit seinem talentierten Handwerksgeschick an die Arbeit, riss die Wand ein und verschönerte somit das Gesamtbild der Wohnung.
Doch auch in diesem Zustand gefiel sie mir nicht. Eigentlich sollte mir das ja egal sein, immerhin wären Obdachlose z.B. froh, wenn sie eine solche Wohnung erst einmal hätten. Ich lauschte an der Tür zum Schlafzimmer meiner Eltern, evtl. konnte ich so in Erfahrung bringen, ob meine Mum noch wach oder schon tief und fest am schlafen war. Doch instinktiv öffnete ich nach einer Hörprobe einfach leise die Tür und voila, meine Mutter lag zwar auf dem Bett, doch da sie nicht bettfertig umgezogen war, würde es wohl noch etwas dauern, bis sie sich zur Ruhe legen würde.
Darf ich vorstellen? Meine Mutter Celine Lafort. Sie ist wirklich eine sehr liebe Frau und mein Papa konnte wirklich stolz darauf sein, dass er sie geheiratet hat. Ob ich wohl auch einmal so glücklich werden würde? Naja einige sagen nun sicherlich, ich bin erst 17 Jahre alt und habe mein Leben noch vor mir, doch ich drehe den Spieß mal um. Warum durften dann die anderen Mädels schon Spaß haben in ihrem Leben? Sie hatten bereits einen Freund uvm… Dinge, wovon ich nur träumen konnte, zumindest im jetzigen Lebensabschnitt als Teenie. Vielleicht würde ich ja den richtigen finden, wenn ich so alt bin wie meine Mutter. Sie ist übrigens 36 Jahre alt und hat mich dem entsprechend mit 19 Jahren geboren. Ja sie wurde sehr früh Mutter und sie meint immer wieder, dass sie es nicht bereut hätte so früh Mutter geworden zu sein.
Ich begrüßte sie herzlich doch blieb leise dabei. Denn Papa schlief bereits tief und fest, somit wollte ich nicht Gefahr laufen ihn aufzuwecken. Also bat ich meine Mum mir in die Küche zu folgen und erst einmal etwas zu essen. Ja so langsam bekam ich richtig Hunger wegen den ganzen Strapazen im Park.
Natürlich war sie neugierig, was ich so erlebt hatte, doch ich blockte ab und meinte nur geknickt: „Mum bitte… Nimm dir erstmal einen Teller vom leckeren Strammen Max und dann erzähle ich dir alles!“ Nein ich wollte keineswegs genervt klingen, doch es knabberte sehr an meiner Psyche, dass dieser Junge mich so kalt abservierte. Sowas hatte ich bisher noch nie erlebt. Okay Körbe gab es genug, doch noch nie nahm sich einer das Recht heraus mich fertig zu machen während er den Korb verteilte… Meine Mum nickte mit dem Kopf und holte sich vom Küchenschrank einen Teller mit dem saftigen Strammen Max, den sie vor meiner Abreise zubereitet hatte. Natürlich war mein Essen bereits seit längerer Zeit kalt, doch das machte mir nichts aus, da ich häufiger kältere Nahrungsmittel bevorzugte.
Somit setzten wir uns gemütlich am Tisch und begannen zu essen. Meine Mum hatte sich ihren Strammen Max vorher noch einmal warm gemacht, da sie kaltes Essen nicht mochte. Mir war das quasi total egal. Es blieb nicht lange still am Essenstisch, denn sie wollte doch unbedingt wissen, was geschehen ist und wieso ich so kurz ab war.
Ich schaffte nicht mein ganzes Brot aufzuessen, da mir plötzlich der Appetit verging. Ich versuchte meiner Mutter alles ruhig und sachlich zu erklären, ohne in Rage zu geraten. Da die Wut quasi in mir aufbrodelte bei jeden Gedanken, den ich am Ereignis im Park verschwendete.
„Weißt du Mum, ich wollte eigentlich meine Ruhe haben, somit empfand ich es als besonders klug meinem Lieblings Park einen Besuch abzustatten. Es lief auch anfänglich alles gut. Ich unterhielt mich eine Weile mit Joe“ Doch darauf unterbrach sie mich: „Joe? Du meinst doch nicht etwa den jungen Mann, dem du den Korb gegeben hattest oder?!“ Ich nickte leicht schuldig mit dem Kopf doch wollte ihr alles genau erklären.
„Hör zu Mum es ist nicht so wie du denkst. Ich habe seit jeher mit Joe nur ein Freundschaftliches Verhältnis, mehr nicht. Ich habe niemals mehr für ihn empfunden… Er allerdings schon und somit musste ich ihn ja irgendwie ausbremsen, ehe er sich zu viele Hoffnungen machen würde.“
Meine Mutter konnte das gut nachvollziehen. Eigentlich konnte ich mit ihr über alles mögliche sprechen und sie schenkte mir immer ein offenes Ohr, wenn ich Probleme hatte. Manch andere Mädchen wären froh, wenn sie meine Mum als Mutter hätten.
„Naja eigentlich lief alles super soweit… Die Betonung liegt hierbei auf lief! Joe hatte mir heute meinen Lieblings Kaffee ausgegeben und ich setzte mich am selben Tisch wie immer. Doch nach einigen Schlucken und der himmlischen Ruhe tauchte plötzlich meine aller beste Freundin auf!“ Ich musste leicht mit den Augen rollen, da ich diesen Satz schon als gruselig empfand, doch meine Mutter wusste wie ich das meinte. Da sie meine Geschichten kannte, die ich über Anke erzählte.
„Sie machte mich darauf aufmerksam, dass mich die ganze Zeit ein süßer Junge beobachten würde. Und ich solle ihn begrüßen gehen, da er sicherlich zu mir passen würde…“
Meine Mutter hob fragend die Hand und deutete an, dass ich ruhig weiter erzählen könnte. Ich ließ langsam aber sicher die Schultern hängen und sah mit Sicherheit ziemlich deprimiert aus, doch ich fuhr fort. „Nun ich ließ mich darauf ein und wollte mich bei diesem wirklich super aussehenden Kerl vorstellen. Er gab mir auch die Hand. Aber wahrscheinlich eher aus einer NOCH Höflichkeit heraus, denn nachdem ich mich vorstellte und ich ihm anbot, dass wir was zusammen machen könnten, ranzte er mich plötzlich an und machte mich und mein Aussehen total nieder… Ich war so niedergeschlagen, dass ich kein Wort mehr heraus bekam. Ich lief einfach nur davon und wollte auch Anke nicht mehr in ihren falschen Augen blicken…“
Meine Mutter tröstete mich mit ihrer sanften Stimme und meinte, dass ich mich nun erst einmal erholen sollte, von dem ganzen Stress. Sie hielt es auch für eine super Idee, wenn ich Joe mal wieder einladen würde. Ich nickte und setzte mich auf die Couch um etwas Fern zu sehen. Meine Mum räumte währenddessen den Tisch ab, um danach ebenfalls zur Couch zu kommen, da sie bei mir sein wollte.
Doch es wäre naiv gewesen zu glauben, dass diese Nacht nun endgültig ruhig werden würde, denn keine 5 Minuten saß ich nun dort und plötzlich hörte ich ein Knarren von draußen.
ENDE KAPITEL – Top oder Flop?
FOLGENDES KAPITEL – Der geheimnisvolle Fremde