Beiträge von Monimausal

    Schon wieder Besuch? Ich war etwas verwirrt. Schnell machte ich mich fertig und wurde wieder in den Besucherraum gebracht. Dort saß meine Pflichtverteidigerin.
    "Sie haben dreißig Minuten."
    Ich setzte mich und nahm wieder den Hörer ab.



    "Guten Tag, Frau Laffner. Ich habe eine gute Nachricht für Sie. Sie haben eine Arbeitserlaubnis außerhalb des Gefängnisses. Das heißt, sie können draußen einen Job auf vierhundert-Euro-Basis annehmen. Sie werden zur Arbeitsstelle gebracht und wieder abgeholt. So können Sie wegen guter Führung vorzeitig auf Bewährung entlassen werden."
    Das war eine wunderbare Nachricht. Nur sehr wenige hatten das Glück, draußen arbeiten zu dürfen. Und vierhundert Euro war für uns eine Menge Geld.
    "Ich habe auch gleich ein Jobangebot für Sie. Man sucht Personal im Herstellungsbereich einer großen Bäckerei."
    Ich stimmte dem sofort zu, ging zum Vorstellungsgespräch und bekam die Stelle. Nun konnte ich wieder hinaus. Das war einfach wunderbar, und die anderen Insassinnen waren ziemlich neidisch. So verlief mein Leben von nun an im selben Takt. Morgens um sechs Uhr aufstehen, ab in die Wäscherei. Dort bis elf Uhr arbeiten, dann Mittagessen, um ein Uhr wurde ich in die Bäckerei gebracht. Dort arbeitete ich bis sechs Uhr abends. Dann wurde ich abgeholt und es war wieder zum Essen. Anschließend ging ich meistens ins Bett, oder ich las noch ein bisschen. Mehr gab es nicht zu tun.
    Als das siebte Jahr vorüber war, konnte ich gar nicht glauben, dass ich nun wieder raus durfte. Am Tage meiner Entlassung verabschiedete ich mich von allen. Vielen war ich ans Herz gewachsen, und ich war bekannt als "vorbildlichste Insassin von allen".
    Wahrscheinlich war das so, weil ich es seit jeher gewohnt war, eingesperrt zu sein. Doch nun, das schwor ich mir, sollte alles anders werden. Ronny holte mich ab.



    Ich würde erst einmal bei ihm wohnen, er wollte das natürlich für immer, und hoffte, ich würde bei ihm bleiben.
    Das kleine Häuschen am Rande der Stadt war wunderschön. Es lag am Meer, was dem Ganzeh noch einmal ein Stückchen mehr Freiheit und Schönheit verlieh. Ich lebte nun mit Ronny zusammen. Wir hatten eine Katze, ein schönes Leben und unsere Liebe. Aber meine Kinder... meine Kinder hatte ich nicht.
    Ich wollte die Scheidung. Es war ein schwerer Kampf, da Rankali mich auf einmal wieder zurück haben wollte. Ich und Ronny standen eines Abends im Garten, als Rankali plötzlich vorbei lief.



    Er sah uns, ich nehme an zufällig. Er kam her und fing an, mit mir zu streiten. Ronny verteidigte mich natürlich und bat mich, ins Haus zu gehen. Ich hörte dem Streit zu.



    Rankali schwor Ronny, dass er ihn umbringen würde, wenn ich nicht wieder zu ihm zurück käme. Schon allein das war der Beweis, dass er wusste, dass ich ihn nicht hatte umbringen wollen.
    Dann ging er, und Ronny machte mir Mut.



    Eines Tages kam ein Brief vom Finanzamt. In diesem Brief teilten sie mir mit, dass ich die Steuerschulden meines Mannes, nämlich 14.000 Euro, begleichen sollte. Das waren Altlasten aus der Zeit von unserem Hauskauf. Damals, als die Schwiegereltern das Haus gekauft hatten, hatten sie keinen Cent Steuern bezahlt, und nun kam das Finanzamt auf mich zu, weil Rankali wieder mal arbeitslos war. Etwa zeitgleich schrieb die Bank, dass mein Ehemann mit den monatlichen Kreditraten in Verzug gekommen sei. Da ich den Kreditvertrag damals in meiner Unwissenheit mitunterzeichnet hatte, fragte mich die Bank nun, wie ich mir eine Rückzahlung vorstelle. Das alles war ein weiterer Schlag in mein gebrochenes Genick.



    Doch Ronny half mir dabei. Wir saßen uns Abends zusammen und er erklärte mir, dass ich als Noch-Ehefrau auch für die Schulen meines Mannes aufkommen musste.



    Nachdem wir alle meine mitgebrachten Ordner durchgekaut hatten, kamen wir auf einen Gesamtbetrag von knapp 50.000 Euro. Mir wurde schwarz vor Augen. Wie um alles in der Welt sollte ich so einen Betrag je zurückzahlen können?
    Ich brauchte einen guten Jog und wahrscheinlich noch einen Nebenjob. Ich fand beides und zahlte monatlich an die fünfundert Euro zurück. Ronny war mir dabei eine große Hilfe. Mit ihm war einfach alles anders. Er schlug mich nicht, er war immer liebenswürdig und hätte mich nie wie den letzten Dreck behandelt.



    Doch trotzdem wollte ich meine Kinder zurückhaben. Aber Rankali spinnte bereits eine neue Intrige, von der ich noch nichts ahnte...

    Wow,schon viiiiiiel besser!
    Ui jetzt bin ich aber gespannt wer denn die unbekannte Männerstimme in ihrem Kopf ist. Vielleicht der bis jetzt noch unbekannte Vater? Der vielleicht gestorben ist? hmmm... naja werd wohl warten müssen!
    Schnell weiterschreiben!
    ;-)
    Mfg Moni

    "Wieso hast Du es mir weggenommen, Papa?", fragte eine besorgte Mädchenstimme.
    "Rajani, ich hab es Dir doch schon so oft erklärt. Deine Mutter hat viele schlimme Dinge getan. Sie war sehr schlecht und böse. Sie wollte mich umbringen, und wären Oma und Opa nicht rechtzeitig gekommen, hätte sie auch Euch umgebracht. Du musst alles von ihr wegschmeißen. Hast Du das verstanden, Rajani?"
    Das Mädchen nickte. Ihre Mutter war böse. Eine Hure, hatte der Vater ihr gesagt. Und eine Mörderin.



    Sie wurde aus den Gedanken gerissen, als ihr kleiner Bruder an ihr vorbeistürmte und rief: "Komm, Rajani, lass uns auf dem Bett Trampolin springen!"



    Sie sah ihn die Treppe hochlaufen und lief hinterher. Als sie oben war, hörte sie die zornige Stimme ihres Vaters. Er kam hoch und sagte:



    "Rajani, Du bist ein Mädchen, und Mädchen machen sowas nicht. Mädchen haben Spaß an Kochen, Wäsche waschen, Bügeln und Putzen. Sei ein braves Mädchen, geh nach unten und hilf Deiner Oma, okay?"



    Das Mädchen nickte, wurde von seinem Bruder umarmt und ging nach unten, während ihr Bruder vergnügt auf dem Bett herumsprang.



    Später bekam der Junge noch ein Eis, weil er so brav war, während das Mädchen immer noch beim Fensterputzen half. Sie lernte schnell, welche Rechte man als Mädchen hatte. Und sie lernte noch schneller, dass ihre Mutter eine Hure war die ihren Vater umbringen wollte, und man nichts mit ihr zu tun haben durfte...

    Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen, als ich an einem Donnerstag um zehn Uhr morgens im Fitnessraum auf dem Laufband stand und meine zwanzig Minuten Aufwärmzeit gerade beendet hatte. Der Werter Simons kam herein.
    "Laffner, Besuch!" Das waren seine Worte.




    Thea war wohl ebenso aufgeregt wie ich. Sie flüsterte mir zu: "Sag mir gleich, wer es war, wenn Du zurück kommst!"
    Wer konnte das nur sein? Ich betrachtete nervös meinen Ehering, den ich wegen seines Wertes immer noch hatte. Und am Finger konnte ihn mir niemand stehlen.
    Was, wenn es Rankali war?



    Wenn er immer noch dachte, dass ich ihn hatte umbringen wollen?
    Mit gemischten Gefühlen lief ich hinter Simons her in Richtung Besucherraum.
    Simons stellte sich neben den Stuhl, und ich setzte mich. Durch dickes Glas hindurch würde ich gleich meinen erwarteten Besuch zu sehen bekommen, und mit einem Telefon konnte ich mich mit ihm unterhalten.



    Dann ging auf der anderen Seite die Türe auf und Ronny kam herein. Nach vier Jahren konnte Ronny also endlich seine Besuchserlaubnis durchsetzen.
    Er lächelte sanft, er sah so gut aus wie noch nie zuvor. Er nahm den Hörer ab und sagte: "Hallo meine schwarze Rose."
    Das hatte er in unserer intimen Zeit immer zu mir gesagt, wenn ich ihm gehörte und wir um uns herum alles vergaßen.



    "Hallo Ronny. Wo bist Du nur so lange gewesen?"
    Er sah mich traurig an.
    "Ich habe alles versucht, um eine Besuchserlaubnis zu bekommen, doch man sagte mir, dass ich als nicht verwandt keine Chance haben würde. Nun sitze ich hier. Schau Rilana, Du siehst, man kann alles schaffen, wenn man nur fest genug daran glaubt!"
    Ich hatte Tränen in den Augen.



    "Weißt Du etwas von meinen Kindern?", fragte ich ihn schließlich hoffnungsvoll.
    Er sah mich traurig an. "Rajani habe ich mal gesehen, sie ist jetzt schon ziemlich groß. Ich sah sie mit ihrer Großmutter beim Bäcker. Rankali habe ich mal in der Stadt gesehen, aber ohne Kinder. Ich nehme an, er spielt wieder oder so etwas in der Art. Er ist häufig in der Stadt. Lorena ist immer noch auf der Suche nach Aruna. Da ich jetzt Anwalt bin, kam sie eines Tages zu mir und wollte, dass ich ihr helfe. Sie kannte mich natürlich nicht, wusste nur, dass ich Anwalt bin. Deshalb kam sie zu mir. Doch ich lehnte den Fall ab. Rilana, ich weiß, dass Du Rankali nicht umbringen wolltest. Ich weiß es. Aber wer war es dann? Hast Du eine Idee? Wir können den Fall neu aufrollen und ich könnte Dich da irgendwie herausbekommen."



    Ich überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf.
    "Nein, ich will nicht mehr streiten. Ich will einfach nur ein friedliches Leben führen. Ich werde diese Strafe hier absitzen und dann hoffentlich ein normales Leben anfangen können. Vielleicht mit meinen Kindern."
    "Aber Rilana, Du sitzt unschuldig hier und er muss es doch wissen wer es war."
    "Ja, Ronny, er ist der einzige der es weiß, er und natürlich der Täter. Ich weiß nicht was ich machen soll. Ich werde es einfach geschehen lassen. Es ist sowieso alles sinnlos."
    "Ich liebe Dich!", sagte er und presste seine Handfläche gegen die Scheibe. Ich tat es ihm gleich und stellte mir vor, wie es wäre, wenn diese Scheibe nicht da wäre und ich ihn berühren könnte.
    Dann waren die zehn Minuten Besuchszeit um.
    "Ich werde wiederkommen.", hörte ich ihn noch sagen, ehe ich von Simons hinausgebracht wurde.



    Ich musste gleich in meine Zelle. Thea würde ich erst morgen wieder sehen. Dann könnte ich mir alles von der Seele reden.
    Doch schon am nächsten Tag kam erneut Besuch. Und dieser Besuch sollte mein Leben endlich zum Positiven verändern.


    Hallo!
    Ja ich schreib grad den nächsten Teil. Ja stimmt dass sie da mal kurz nicht schwanger war lag am Alleskönnercheat, weil ich sie umziehen wollte und auf einmal war der Bauch weg!
    *Schock!*
    Bin dann neu reingegangen und er war wieder da. Das sind dann so Outtakes ;-)
    Genau wie Rankali auf einmal auf Rilanas Kopf saß und mit ihr "mitging". Haha das war lustig.
    Aber genug geredet, jetzt kommt der nächste Teil!

    Ich konnte auf den ersten Blick nicht gleich feststellen, wie schlimm die Verletzung war. Ich wollte den Notarzt rufen, doch er brüllte: "Ruf Vater und Mutter, ruf sie an, bevor Du mich noch umbringst."
    So rief ich Vater und Mutter an, die innerhalb weniger Minuten bei uns eintrafen. Sie waren geschockt, als sie das viele Blut sahen. Meine Hände waren auch voll Blut, da ich mir die Wunde ansehen wollte. Rankali sagte immerzu, ich habe versucht, ihn umzubringen, was natürlich nicht wahr war.



    Sie fuhren mit ihm ins Krankenhaus, und ich blieb zu Hause und wischte in meiner Verwirrung erst einmal das Blut weg. Ich weiß, es hört sich seltsam an, doch ich stand unter Schock und koplett neben mir. Ich war froh, dass die Kinder noch schliefen und nichts von alledem mitbekamen.
    Nach etwa einer Stunde hörte ich die Sirenen der Polizei, und kurz darauf traf ein Streifenwagen bei uns ein. Mutter kam mit zwei Beamten auf das Haus zu. Ich öffnete die Tür, und der Beamte hielt mir sofort den Haftbefehl unter die Nase.
    "Sind Sie Frau Rilana Laffner?"
    Ich nickte.
    "Ich nehme Sie hiermit wegen versuchten Mordes an Ihrem Mann Rankali Laffner fest. Alles, was sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen sie verwendet werden."
    Er legte mir die Handschellen an. Ich fing an, zu schreien, trat um mich wie ein wildes Tier. Was war hier los? Ich musste träumen. Und was war mit Mutter? Sie stand da und sagte gar nichts.
    Ich wurde in den Wagen gesetzt und aufs Revier gebracht. Dort wurde ich anschließend stundenlang vernommen.



    Mutter und Irgano hatten die Aussage Rankalis bestätigt, dass sie gesehen hätten, wie ich Rankali ein Messer in die Brust gerammt hätte. Ich stritt natürlich alles ab, versuchte, dem Beamten die Situation in meiner Familie zu schildern. Doch es gab keinerlei Einbruchsspuren. Das Opfer musste den Täter gekannt haben.
    War es Lorena gewesen? War sie zu so etwas in der Lage?
    Ich bekam einen Gerichtstermin und wartete drei Monate auf diesen. Im Herbst, zwei Wochen vor dem Gerichtstermin, kam mein drittes Baby zur Welt, wieder ein Junge. Als Andenken an Julia nannte ich in Julien. Er war ganz eindeutig das bisher schönste Baby das ich je gesehen hatte.



    Doch er wurde mit genommen, das hatte ich selbst so entschieden. Ich war immer noch davon überzeugt, frei gesprochen zu werden, und dann hatte ich etwas, worauf ich mich freuen konnte. Und ich konnte es einem Baby nicht zumuten, seine ersten Tage in U-Haft zu verbringen.



    Das Baby wurde also nach Hause gebracht, zu Rankali und Mutter, die sich um die Kinder kümmerte, während ich weg war.
    Meine Verhandlung spaltete mein Leben in zwei Teile. Zum einen in die Vergangenheit in Freiheit, und zum anderen in die Zukunft in Gefangenschaft.
    Da meine Fingerabdrücke auf der Tatwaffe waren und drei Aussagen gegen mich sprachen, sollte ich in der JVA Auenhausen die nächsten sieben Jahre meines Lebens verbringen. Sieben Jahre wegen versuchten Mordes. Etwas, das ich nicht getan hatte.



    Das Schlimmste aber war nicht das Leben in Gefangenschaft, das war ich ohnehin gewohnt. Das Schlimmste war ein Leben ohne meine Kinder. Ich vermisste sie so, dass ich glaubte, das Herz in meiner Brust würde zerspringen. Ich konnte keines von ihnen aufwachsen sehen. Wenn ich entlassen werden würde, war mein ältestes Kind bereits dreizehn, mitten in der Pubertät. Und meine jüngsten würden sich vielleicht gar nicht mehr an mich erinnern. Es war einfach schrecklich.
    Die meiste Zeit im Gefängnis verbrachte ich damit, in der Wäscherei zu arbeiten und mir mein Geld zu verdienen.



    Doch auch das Basketballspielen hatte ich als mein neues Hobby entdeckt und es hielt mich fit. Eine meiner Mitinsassinnen, Thea Weinberger, liebte das Spiel ebenso wie ich, und wir spielten, egal bei welchem Wetter, ob es stürmte oder schneite, Basketball.
    Sie war eine bekennende Satanistin und hatte es wohl etwas zu weit getrieben. Sie war bei einer Opferung beteiligt gewesen, erzählten mir die anderen. Doch genaueres wusste ich nicht. Und das war wohl auch besser so.
    Es wäre dumm, zu sagen, wir wurden behandelt wie Verbrecher, da die meisten wohl Verbrecher waren. Doch ich war unschuldig. Natürlich glaubte mir keiner und ich wurde behandelt wie alle anderen. Das Essen war scheusslich, und es gab Rituale, die ich bis heute nicht verstanden habe, wie zum Beispiel das Tätowieren, das mit fast jeder Insassin gemacht wurde. Ich wollte nie ein Tattoo haben, und Gott sei Dank setzte sich Thea dafür ein, dass man mich in Ruhe ließ.
    Meine Kinder habe ich in den ganzen sieben Jahren nur ein einziges Mal gesehen. Als ich bereits zwei Jahre inhaftiert war, kam ein Werter und kündigte den Besuch an.



    Es war Mutter, an ihrer rechten Hand Mohan, im Kinderwagen Julien und hinterdrein kam Rajani. Ich durfte sie nicht berühren, da jeglicher Körperkontakt verboten war. Doch Rajani sagte etwas, was mir den Magen umdrehte.
    "Du bist nicht mehr meine Mutter und ich will Dich auch nicht sehen. Ich wollte auch nicht hier her kommen. Papa sagt, dass Du eine Hure bist. Oma ich will jetzt nach Hause!"
    Ich traute meinen Ohren nicht. Meine liebe Rajani, meine kleine süße Tochter! Das Kind, das mir so lange weggenommen worden war und wegen dem ich so geweint hatte. Wusste sie denn nicht mehr, wer ich war? Wusste sie nicht, dass ich nie jemandem was hätte antun können, dass mir sogar die Fliegen leid taten, die Rankali erschlug? Was war nur passiert? Sie war jetzt acht, bald neun. Wie sollte das nur weitergehen?



    Ich habe später in meiner Zelle die wenigen Fotos angesehen, die ich noch hatte, und bei jedem Foto von Rajani bitterlich geweint.

    Seit Tagen sprach man bei uns zu Hause von nichts anderem mehr als von der Verhandlung, die uns bevor stand. Es ging um Lorenas Baby. Rankali war der Angeklagte, ich wurde Gott sei Dank weitgehend herausgehalten und war nur als Zeugin geladen. Morgen würde es so weit sein.
    Ich war gerade zum vierten Mal schwanger.



    Meine Tochter Rajani fragte mich ständig, warum Aruna nicht mehr da war, und ob das, was in meinem Bauch heranwuchs, eine neue kleine Schwester sein würde. Mit Mohan wollte sie nicht so gern spielen, weil er immer alles kaputt machte.
    Die Schule hatte bereits begonnen, und Rajani musste nun Hausaufgaben machen. Rankali kümmerte sich nicht mehr um seinen Sohn. Er hatte jetzt andere Sorgen. Er trank viel. Ich weiß, dass er Angst vor der Verhandlung hatte, auch wenn er es nie zugab.



    Er schlug mich nun immer häufiger, oft wegen Lapalien.

    Ich war mittlerweile total eingeschüchtert. Ich redete zu Hause nicht mehr sehr viel, nur noch mit meinen Kindern, weil ich Angst hatte, etwas falsch zu machen.
    Als der Tag der Verhandlung gekommen war, ging ich zu Fuss zum Gericht, da Rankali den Wagen hatte. Er war am tag zuvor weggefahren, womöglich zu einer seiner Sauftouren, und seitdem nicht wiedergekommen. Wahrscheinlich hatte er die Nacht bei einer anderen verbracht. Mutter passte auf die Kinder auf.
    Der Fussmarsch betrug fast vier Kilometer. Nach einer Stunde war ich da. Wegen meiner Schwangerschaft schmerzten meine Beine.



    Vor dem Gericht stand die Polizistin, die uns wegen Arunas Verschwinden vernommen hatte, und unterhielt sich mit Lorena.



    Der Anwalt und noch ein älterer Herr standen vor dem Eingang. Rankali war nirgends zu sehen. Auch seine Anwältin sah ich nicht. Wie ich später erfuhr, hatten sie eine Affäre. Doch zu jenem Zeitpunkt wusste ich noch nichts davon.
    Es war mir auch egal.
    Dann tauchte Rankali auf. Er kratzte sich verschlafen und sah ziemlich fertig aus.


    Lorena kehrte ihm den Rücken zu. Sie musste ihn schrecklich hassen.
    Wir begaben uns beim Dong in das Gerichtsgebäude.
    Alle nahmen auf den für sie vorgesehenen Plätzen platz und Die Verhandlung begann.



    Die Anklage gegen Rankali wurde von seiner Verteidigerin stets vehement zurückgewiesen. Der Richter hörte sich alles interessiert an und schließlich tauchte ein Dokument auf, welches eine Unterschrift beinhaltete, mit der Lorena der Adoptionsfreigabe ihres Kindes zustimmte. Mit dieser womöglich gefälschten oder erzwungenen Unterschrift fiel der erste Anklagepunkt weg. Freispruch für Rankali.



    Der Anklagepunkt der Kindesentführung blieb also noch aufrecht erhalten, doch es gab keine Spuren, die auf den Verbleib des Kindes hindeuteten, und man hatte keine Informationen, dass Rankali der Entführer war. Zum Zweifel für den Angeklagten gab es auch hier einen Freispruch.
    Rankali jubelte innerlich, das sah man ihm an. Triumphierend ging er an Lorena vorbei, die Tränen in den Augen hatte, und schrie: "Gib mir mein Kind zurück! Ich will doch nur mein Kind wiederhaben!"
    Er tat, als höre er sie nicht, und verließ den Saal. Er fragte mich nicht, ob ich mit nach Hause fahren wolle, und so musste ich wieder zu Fuss zurücklaufen.
    Rankali feierte wohl seinen Sieg in einem Wirtshaus, denn als ich nach Hause kam, war er noch nicht da.
    Mutter verließ, nachdem ich ihr Bericht erstattet hatte, sehr schnell das Haus, um rechzeitig nach Hause zu kommen, da Irgano sonst wütend geworden wäre.



    Und ich half meiner Tochter bei den Hausaufgaben.
    Gegen zehn fiel ich totmüde ins Bett. Ich hörte nicht mehr, wie Rankali nach Hause kam, doch ich wurde mitten in der Nacht von einem lauten Schrei geweckt. Ich zog mir sofort einen Morgenmantel an und lief die Treppe hinunter. Ich machte Licht. Auf der Uhr sah ich, dass es vier Uhr morgens war. Und das nächste, was ich sah, war Blut. Viel Blut.
    Und dann Rankali, der auf dem Boden lag und ein Messer in der Brust hatte. Plötzlich öffnete er die Augen, sah mich an und schrie: "Hure! Du wolltest mich umbringen!"

    -------Fortsetzung folgt-------

    In einem Garten in Auenhausen...
    "Das darf doch alle nicht wahr sein! Ich kann es nicht glauben! Ich kann es einfach nicht glauben!" Der Mann fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. Dann wandt er sich an die schwarze Katze neben sich.



    "Leo, wir müssen Rilana helfen. So kann es doch nicht weiter gehen. Ich brauche einen Plan. Einen guten Plan. Ich würde alles für sie tun."
    Der Mann nahm die Katze hoch und streichelte sie. Sie schnurrte zufrieden.
    "Ach Leo, ich wäre auch gern eine Katze, so wie Du. Du kannst Dich nicht verlieben, und wenn, dann nur in ein schönes Hinterteil." Die Katze sprang von seinem Schoß und verschwand im Gebüsch.



    Er überlegte kurz, nahm einen Schluck Limonade und sagte dann: "Ich muss ihr helfen. Und wenn ich ihn umbringen muss, diesen Schweinehund, dann soll es mir auch recht sein. Hauptsache ich befreie sie."

    Im Büro des Rechtsanwaltes...
    "Die Situation, die Sie mir eben geschildert haben, ist ja sehr pikant. Ich fasse mal zusammen: Mit sechzehn haben Sie ein Kind zur Welt gebracht. Den Vater des Kindes verraten Sie mir nicht. Sie wurden zur Adoptionsfreigabe Ihres Kindes gezwungen, von Ihrem Vater geschlagen und sind anschließend weggelaufen und haben sich fast zwei Jahre auf der Straße durchgeschlagen. Dann haben Sie sich an einen Anwalt gewandt und das Geld ist Ihnen ausgegangen und nun sitzen Sie hier und haben heute Morgen festgestellt, dass Ihr Baby entführt wurde."



    Noch einmal sah er sich sein Gegenüber an und konnte kaum glauben, dass diesem jungen Ding schon so viel Leid zugefügt worden war.
    "Ja, so ist es.", sagte sie, ihre Stimme klang sehr besorgt. "Bitte helfen Sie mir! Ich will meine Tochter wieder haben."



    "Wir werden erst einmal gegen Ihren Bruder und seine Ehefrau Anklage erheben wegen Kindesentzug und Kindesentführung. Die zweite Anklage wird wegen Körperverletzung sein - gegen Ihren Vater. Ich bin sehr zuversichtilich, so einen Fall hatte ich in den fünfundzwanzig Jahren, in denen ich Anwalt bin, noch nicht, das garantiere ich Ihnen. Ich werde Sie telefonisch informieren. Zur Zeit halten Sie sich bei Ihrer Cousine auf, ist das richtig?"
    Sie nickte. Er erhob sich, und sie tat es ebenso, und dann verabschiedeten sie sich voneinander.



    "Es wird alles gut werden, Frau Laffner. Sie werden sehen. Keiner darf einer Frau ihr Kind wegnehmen."
    Sie bedankte sich und verließ das Büro mit gemischten Gefühlen. Doch sie wusste, dass kein Gericht der Welt sich gegen ihre Familie stellen konnte. Ihr Baby würde so lange nicht mehr auftauchen, wie es ihre Familie für richitg hielt. Doch wenn alles erfolglos war, was dann?
    Dann, da war sie sich sicher, würde sie Rankali ein Messer an die Kehle halten, und ja, sie würde zustechen, wenn er ihr nicht sagen würde, wo Aruna war. Sie würde es tun, und wenn es das Letzte war, was sie tat...

    Als ich eine Woche später am Montag Morgen aufstand, um die Kinder zu wecken, sollte mich eine böse Überraschung erwarten.



    Ich näherte mich dem Bettchen von Aruna, und musste feststellen, dass dieses leer war. Ich erschrak ganz fürchterlich. Rankali schlief noch, er konnte sie also auch nicht haben. Sofort dachte ich an Lorena. Gewiss hatte sie etwas mit dem Verschwinden des Kindes zu tun. Ich überlegte kurz, sah dann aber ein, dass es das Beste war, die Polizei zu rufen. Schließlich konnte das Kind auch von jemand anderem entführt worden sein.
    Ich zog mich an und begab mich nach unten zum Telefon und wollte gerade die Nummer der Polizei wählen, als plötzlich Rankali hinter mir stand.
    "Frau, was machst Du da?", fragte er gelassen und nahm mir den Hörer aus der Hand.



    "Ich wollte gerade die Polizei rufen. Aruna ist verschwunden!"
    "Halt den Mund. Und lass das. Es geht ihr gut." Er wusste also wo sie war.
    "Wo ist sie?", schrie ich verzweifelt, doch ich wusste, dass er es mir nicht sagen würde.
    "Im Ausland bei Verwandten. Sie ist dort gut aufgehoben. Und sie ist weit weg von ihrer kranken Mutter."
    Und weit weg von der Deutschen Justiz, dachte ich mir.




    Wir würden sehr viel Ärger bekommen wenn das herauskommen würde.
    "Das ist Kindesentführung, Rankali."
    "Du willst mit sagen, was das ist, Frau? DU?"
    Er holte aus und gab mir eine kräftige Ohrfeige.
    "Keiner wird davon erfahren. Nicht einmal Mutter. Keiner. Hast Du mich verstanden?"
    Ich nickte, den Tränen nahe.
    Er ging schließlich zur Arbeit. Gott sei Dank. Kurz darauf klingelte das Telefon, und ich hörte diese sanfte, wunderschöne Stimme.
    "Hallo hier ist Ronny. Ich wollte nur mal nachfragen ob Du Dein Versprechen vergessen hast."
    Ich konnte gar nichts sagen. Nach einer Weile fragte er: "Rilana, bist Du noch da?"




    "Ja. Ja ich bin noch da. Ich hab es nicht vergessen, aber Ronny, es ist so... Rankali überwacht mich total, die Telefonrechnung, die Post, alles.", log ich. Nach allem, was geschehen war, konnte ich es einfach nicht mehr. Ich hatte Angst vor dem Zorn Gottes, der mich schon einmal bestraft hatte.
    "Dich zu finden, war mal wieder eine schwere Aufgabe. Unbekannt verzogen. Du weißt, wie Du verschwinden kannst, Rilana. Aber ich habe Dich gefunden. Ich habe jetzt ein Kleines Haus und erfülle jegliche Grundlage, ein guter Ehemann und Vater zu sein. Ich kann Dir etwas bieten, Rilana. Bitte komm zu mir und verbring Dein Leben mit mir. Es gäbe für mich nichts Schöneres."
    Ich war so betrübt, ich musste ihm wieder eine Abfuhr geben.
    "Ronny ich muss aufhören, Rankali kommt gerade heim." Noch eine Lüge.
    Ich hörte noch ein "Rilana, warte!"
    Doch dann hängte ich ein. Ich fing an zu Weinen. Es tat mir alles so leid. Er musste so leiden wegen mir.
    Ich wünschte ihm nun zum ersten Mal, dass er sich neu verlieben könnte. Und dennoch liebte ich ihn und wünschte mir, es würde alles gut werden. Doch meine Hoffnung war nur noch ein kleiner Stern am riesigen Nachthimmel.
    Ich nahm ein heißes Bad und weinte in der Wanne, ganz laut, da hörte es niemand, weil das Wasser so laut plätscherte. Gerade als ich mich wieder anzog, klingelte es. Ich trocknete meine Tränen und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. In Unterwäsche hüpfte ich zur Türe, falls es Rankali sein sollte, musste ich schnell sein, sonst würde er sauer werden.



    Doch Lorena stand in der Türe.
    "Hallo Rilana. Ich will meine Tochter sehen."
    Na prima. Und jetzt? Nun war es gut, dass ich soeben geweint hatte. Ich ließ meinen Tränen noch einmal freien Lauf.
    "Sie ist weg! Ich wollte gerade die Polizei rufen. Sie ist einfach nicht mehr da!"
    "Was?!" Sie sah mich entgeistert an. "Das kann doch nicht Dein Ernst sein! Ich will meine Tochter sehen! Jetzt sofort!"
    "Es ist mein Ernst. Sie ist wirklich weg. Komm herein und überzeuge Dich selbst davon."
    Sie stürmte regelrecht durch die Tür und lief hinauf, rief den Namen des Babys und ich hörte, wie sie die Türen zuschlug.



    Sie kam herunter. Sie war ganz weiss im Gesicht.
    "Das könnt ihr mit mir nicht machen! Ausgerechnet Du müsstest wissen, wie es ist, wenn einem sein Kind genommen wird! Warum hilfst Du zu ihm?"
    Ja, sie hatte recht. Ich wusste, wie das war. Aber was hätte ich machen sollen? Mich gegen ihn stellen? Das konnte ich nicht. Er hätte mich noch am selben Tage erschlagen.



    "Ich werde sofort zum Anwalt gehen und gegen euch klagen, Rilana! Diesmal lass ich mir nichts mehr gefallen, auch ich werde älter und klüger. Nicht mit mir!"
    Sie verließ das Haus. Und mich verließ der Mut.

    "Ich nehme an, Du erkennst mich?", fragte sie trotzig. Sie setzte sich auf den freien Platz neben mir.
    "Aber natürlich, Lorena. Wieso sollte ich Dich nicht kennen?"


    "Was sollte ich anderes von eurer Familie erwarten?" Sie sah mich bitterböse an.
    "Unsere Familie? Ich denke, dass es auch Deine Familie ist, Lorena, auch wenn Du weggelaufen bist."
    "Es ist nicht mehr meine Familie. Und lieber würde ich noch hundert Jahre mit meinen Freunden in Hauseingängen schlafen, als bei meinen Eltern zu leben. Und auch bei Dir war es die Hölle!"
    Während des ganzen Gespräches starrte sie zu Aruna. Es schien mir, als hätte sie Angst, das kleine Wesen anzufassen.
    "Du hast mich nie beachtet, mir nie zugehört. Ich hatte Probleme, und ich hätte Dich gebraucht."
    "Ja, ich weiß, Lorena. Auch ich hätte eine Mutter gebraucht. Mir wurde sehr früh alles genommen was ich hatte."
    "Ich hatte NIE etwas!" Ihre Stimme wurde lauter.
    "Ich hatte nur einen Vater, der mich behandelt hat wie Dreck, und eine Mutter, die sich ebenso behandeln ließ und in sich versunken zu einem Häufchen Elend geworden ist. Ich hatte nie eine Mutter, weil sie immer nur eine Ehefrau war."
    So hatte ich das noch nie gesehen. Lorena tat mir sehr leid, weil ich wusste, dass sie ihre Mutter liebte, und dass ihre Mutter SIE liebte. Doch das schien sie nicht zu wissen.
    "Der Einzige, der immer zu mir geholfen hat, war ich selbst, und manchmal Rankali. Ich liebe meinen Bruder sehr. Ja, ich wusste von seinen Affären, wenn Du in der Arbeit warst, aber ich habe meinen Mund gehalten. Du hast mir auch manchmal leid getan, aber die meiste Zeit habe ich Hass für Dich empfunden. Du hättest eine starke Frau sein müssen und mir eine Mutter sein können, aber Du wolltest nicht."
    "Lorena, sieh es doch mal aus meiner Sicht, ich habe auch mit sechzehn ein Kind bekommen und musste einen Mann heiraten, den ich nicht mal kannte, geschweige denn je geliebt habe. Ich war zu viel mit mir selbst beschäftigt, das stimmt. Aber Du hast es mir auch nicht leicht gemacht!"



    Sie schwieg, stand auf und nahm Aruna auf den Arm.
    "Ich werde mir meine Tochter zurück holen. Ich hatte kein Geld mehr für den Anwalt, aber ich spare schon lange, und irgendwann werde ich Euch vors Gericht bringen. Ihr habt mir mein Leben zerstört."




    Sie küsste Aruna sanft auf die Wange und musterte ihre Tochter von oben bis unten.
    "Wie groß sie doch geworden ist. Meine kleine Aruna. Mein Sonnenschein."
    Die Kleine fühlte sich richtig wohl auf dem Arm der Mama. Gespannt wartete sie auf eine Bewegung oder ähnliches, und wenn Lorena eine Grimasse schnitt, dann lachte sie. Es war ein wunderschönes Bild, und ich war sehr froh, dass Lorena ihre Tochter nun endlich sehen konnte.

    Die Spielplatzaufsicht, ein netter älterer Herr, kam gegen sieben zu uns und sagte, dass er den Spielplatz nun gerne schließen würde.






    Ich verkündete ihr, dass ich nun wieder nach Hause gehen wollte, weil die Kinder ja auch ins Bett müssten. Schweren Herzens gab sie mir die Kleine und bedankte sich. Sie gab ihr einen Abschiedskuss, und einen kurzen Moment hatte sie Tränen in den Augen.
    Ich ging nach Hause und erzählte alles Rankali. Ich dachte, er würde vielleicht einsichtig sein und Lorena ihr Baby wieder geben. Doch dieser schmiedete bereits einen grausamen Plan.

    -------Fortsetzung folgt Montag-------



    [B]Vom Fenster aus sah ich, wie Mutter Rankali umarmte. War sie glücklich und umarmte ihn deshalb, oder tat sie es, weil sie traurig war?
    Die beiden kamen nach oben, und sie erzählten mir sehr aufgeregt, dass sich Lorena gemeldet hätte. Es sei ein Brief von einem Rechtsanwalt aus Schönsichtingen gekommen, indem stand, dass sie ihre Tochter zurück haben wollte, ansonsten würde sie uns verklagen. Mutter hätte beschlossen, darauf nicht zu antworten. Immer alles schön unbeachtet lassen, das war wohl der Grundsatz dieser Familie.
    Natürlich war mir das nicht recht. Lorena hatte einen Anspruch auf ihr Kind, und ich wäre jederzeit gerne bereit gewesen, es ihr unter ein paar wenigen Voraussetzungen zu geben. Sie liebte ihre Tochter, das wusste ich von Anfang an. Doch das Schreiben wurde missachtet und es kam auch kein zweites mehr.


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    [B]Im April hatte ich eine Totgeburt. Es wäre ein Mädchen geworden. Das war wohl die Strafe für meine Sünde. Zumindest habe ich mir das eingeredet. Ich nannte sie Julia, ein deutscher Name schien mir passend zu ihrer Herkunft. Ich war sehr traurig, wie man sich vorstellen kann, und habe sogar einmal versucht, mir das Leben zu nehmen. Rankali tröstete mich, oder versuchte es zumindest, und war sehr darauf bedacht, es ein weiteres Mal zu versuchen, doch ich wurde nicht schwanger.
    Die Jahre vergingen, und mittlerweile waren die Zwillinge zweieinhalb Jahre alt und Rajani fünf.
    Wir hatten schon eine Weile vor, umzuziehen. Eines schönen Tages kamen meine Schwiegereltern zu uns und erzählten uns, dass sie eine neue Wohnung gefunden hätten. Eine Doppelhaushälfte im Zentrum von Auenhausen, direkt neben dem Supermarkt. So konnte ich bequem meine Einkäufe erledigen und musste nicht immer auf den Bus warten. Wir zogen also um, was ein ziemlicher Stress war.
    Doch das neue Haus war wirklich prima. Es war ungefähr doppelt so groß wie die Wohnung im Wohnblock, und alles war hell und freundlich. Es gab einen kleinen Garten für die Kinder, was mein Mutterherz natürlich höher schlagen ließ.
    Die Gegend an sich war auch sehr hübsch. Nur ein paar streunende Jugendliche am Ende der Straße fielen mir auf. Ich hatte nichts gegen Jugendliche, aber die Bierflaschen und Zigarettenstummel, die sie stets auf den Spielplätzen hinterließen, waren mir ein Graus. Ich hatte immer Angst, dass einem meiner Kinder etwas passieren könnte.

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    [B]Die nächsten Tage waren wir mit dem Einräumen und Dekorieren der Wohnung beschäftigt. Den Kindern gefiel es hier viel besser.


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    [B]Rajanis liebster Sport war es, auf unserem neuen Ehebett herumzuhüpfen. Das durfte sie bei dem alten nicht und hat oft geschimpft bekommen deshalb. Es wäre zu instabil gewesen.
    Auch die Zwillinge waren viel aufgeweckter als in der alten Wohnung.
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    Rajani spielte am liebsten mit Aruna und erklärte ihr alle möglichen Dinge. Und auch wenn die Kleine diese Dinge noch nicht verstehen konnte, hörte sie doch immer gespannt zu und bewunderte ihre große Schwester.





    Rankali liebte nur seinen Sohn. Zumindest schien es so. Er trug ihn, sofern er Zeit hatte, ewig lange herum, redete mit ihm, brachte ihm das Laufen und Sprechen bei und las ihm Geschichten vor. Für die beiden Mädchen interessierte er sich offenbar nicht. Auch bei Verwandten sprach er nur von seinem Sohn, als hätten wir nur ein Kind. Für mich gehörte Aruna genau so dazu.





    [B]Und immer wieder fielen mir diese Spielplatz-Verwüster auf. Sie hinterließen jedesmal einen Haufen Müll und etliche leere Dosen und Flaschen. Auch die anderen Spielplatzbesucher regten sich sehr darüber auf.
    Ich entschloss mich dann doch dazu, mit den Kindern auf den Spielplatz zu gehen. Sie quengelten jeden Tag, und so gab ich nach. Als wir den Weg entlang zum Spielplatz gingen, sah ich schon wieder jene Jugendlichen.
    Sie lungerten Mal wieder herum und tranken Bier und andere alkoholische Getränke. Ich machte einen großen Bogen um diese Clique. Meine drei Kleinen verteilten sich sofort an die einzelnen Spielgeräte. Aruna war bald wieder bei mir, denn sie war die schüchternste von den Dreien. Sie spielte mit einem kleinen gelben Auto, das wohl von einem anderen Kind hier vergessen worden war.
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    Nach einiger Zeit kam ich mir sehr beobachtet vor. Ich sah zur Seite, und da sah ich sie. Sie lungerte, wie die anderen auch, auf einer Bank herum, wirkte gelangweilt. Ein anderes Mädchen wollte sie anscheinend mit einem Teddy aufmuntern. Doch das interessierte sie wohl nicht. Sie sagte irgendetwas, das ich nicht verstehen konnte, und das andere Mädchen ging.





    [B]Dann plötzlich starrte sie gebannt auf Aruna. Und auf mich. Sie beugte sich vor und sah mich die ganze Zeit an. Erkannte sie Aruna wieder?
    Sie, damit meine ich Lorena, sah sehr verändert aus. Sie trug kurzes Haar, einen Schal und enge Hosen. Das war normalerweise gar nicht ihr Stil. Auch dünn war sie geworden. Und dann kam sie auf mich zu. Oder besser gesagt auf Aruna.

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