Schon wieder Besuch? Ich war etwas verwirrt. Schnell machte ich mich fertig und wurde wieder in den Besucherraum gebracht. Dort saß meine Pflichtverteidigerin.
"Sie haben dreißig Minuten."
Ich setzte mich und nahm wieder den Hörer ab.
"Guten Tag, Frau Laffner. Ich habe eine gute Nachricht für Sie. Sie haben eine Arbeitserlaubnis außerhalb des Gefängnisses. Das heißt, sie können draußen einen Job auf vierhundert-Euro-Basis annehmen. Sie werden zur Arbeitsstelle gebracht und wieder abgeholt. So können Sie wegen guter Führung vorzeitig auf Bewährung entlassen werden."
Das war eine wunderbare Nachricht. Nur sehr wenige hatten das Glück, draußen arbeiten zu dürfen. Und vierhundert Euro war für uns eine Menge Geld.
"Ich habe auch gleich ein Jobangebot für Sie. Man sucht Personal im Herstellungsbereich einer großen Bäckerei."
Ich stimmte dem sofort zu, ging zum Vorstellungsgespräch und bekam die Stelle. Nun konnte ich wieder hinaus. Das war einfach wunderbar, und die anderen Insassinnen waren ziemlich neidisch. So verlief mein Leben von nun an im selben Takt. Morgens um sechs Uhr aufstehen, ab in die Wäscherei. Dort bis elf Uhr arbeiten, dann Mittagessen, um ein Uhr wurde ich in die Bäckerei gebracht. Dort arbeitete ich bis sechs Uhr abends. Dann wurde ich abgeholt und es war wieder zum Essen. Anschließend ging ich meistens ins Bett, oder ich las noch ein bisschen. Mehr gab es nicht zu tun.
Als das siebte Jahr vorüber war, konnte ich gar nicht glauben, dass ich nun wieder raus durfte. Am Tage meiner Entlassung verabschiedete ich mich von allen. Vielen war ich ans Herz gewachsen, und ich war bekannt als "vorbildlichste Insassin von allen".
Wahrscheinlich war das so, weil ich es seit jeher gewohnt war, eingesperrt zu sein. Doch nun, das schwor ich mir, sollte alles anders werden. Ronny holte mich ab.
Ich würde erst einmal bei ihm wohnen, er wollte das natürlich für immer, und hoffte, ich würde bei ihm bleiben.
Das kleine Häuschen am Rande der Stadt war wunderschön. Es lag am Meer, was dem Ganzeh noch einmal ein Stückchen mehr Freiheit und Schönheit verlieh. Ich lebte nun mit Ronny zusammen. Wir hatten eine Katze, ein schönes Leben und unsere Liebe. Aber meine Kinder... meine Kinder hatte ich nicht.
Ich wollte die Scheidung. Es war ein schwerer Kampf, da Rankali mich auf einmal wieder zurück haben wollte. Ich und Ronny standen eines Abends im Garten, als Rankali plötzlich vorbei lief.
Er sah uns, ich nehme an zufällig. Er kam her und fing an, mit mir zu streiten. Ronny verteidigte mich natürlich und bat mich, ins Haus zu gehen. Ich hörte dem Streit zu.
Rankali schwor Ronny, dass er ihn umbringen würde, wenn ich nicht wieder zu ihm zurück käme. Schon allein das war der Beweis, dass er wusste, dass ich ihn nicht hatte umbringen wollen.
Dann ging er, und Ronny machte mir Mut.
Eines Tages kam ein Brief vom Finanzamt. In diesem Brief teilten sie mir mit, dass ich die Steuerschulden meines Mannes, nämlich 14.000 Euro, begleichen sollte. Das waren Altlasten aus der Zeit von unserem Hauskauf. Damals, als die Schwiegereltern das Haus gekauft hatten, hatten sie keinen Cent Steuern bezahlt, und nun kam das Finanzamt auf mich zu, weil Rankali wieder mal arbeitslos war. Etwa zeitgleich schrieb die Bank, dass mein Ehemann mit den monatlichen Kreditraten in Verzug gekommen sei. Da ich den Kreditvertrag damals in meiner Unwissenheit mitunterzeichnet hatte, fragte mich die Bank nun, wie ich mir eine Rückzahlung vorstelle. Das alles war ein weiterer Schlag in mein gebrochenes Genick.
Doch Ronny half mir dabei. Wir saßen uns Abends zusammen und er erklärte mir, dass ich als Noch-Ehefrau auch für die Schulen meines Mannes aufkommen musste.
Nachdem wir alle meine mitgebrachten Ordner durchgekaut hatten, kamen wir auf einen Gesamtbetrag von knapp 50.000 Euro. Mir wurde schwarz vor Augen. Wie um alles in der Welt sollte ich so einen Betrag je zurückzahlen können?
Ich brauchte einen guten Jog und wahrscheinlich noch einen Nebenjob. Ich fand beides und zahlte monatlich an die fünfundert Euro zurück. Ronny war mir dabei eine große Hilfe. Mit ihm war einfach alles anders. Er schlug mich nicht, er war immer liebenswürdig und hätte mich nie wie den letzten Dreck behandelt.
Doch trotzdem wollte ich meine Kinder zurückhaben. Aber Rankali spinnte bereits eine neue Intrige, von der ich noch nichts ahnte...