Beiträge von Monimausal

    Dann jedoch wurde alles noch viel schlimmer. In der ersten Zeit meines kalten Entzuges ging es mir so schlecht, dass ich teilweise ohnmächtig wurde, und so musste mir meine Schwester Methadon besorgen. Wie sie das gemacht hat, weiß ich bis heute noch nicht, und ich will es auch gar nicht wissen. Auf jeden Fall nicht auf dem öffentlich Weg. Sie wusste genau, wie sie es anstellen sollte, und manchmal wusste ich tagelang nicht mehr, wer ich eigentlich war, denn ich schlief nicht und war irgendwie gar nicht bei Bewusstsein.



    Eines Tages war ich mit meiner kleinen Nichte allein. Mein Entzug war schon so gut wie abgeschlossen, und Maida wollte nur schnell einkaufen gehen. Zafira bettelte mich nun an, ich solle mit ihr baden gehen. Ich willigte ein, da ich ihr jeden Wunsch erfüllen wollte. Sie war mein Liebling, ich liebte sie so, als wäre sie mein eigenes Kind. Als wir das Bad betraten, in dem es kein Fenster gab, machte ich das Licht an. In diesem Moment brannte die Glühbirne durch. "Mist, das hat mir jetzt grade noch gefehlt.", schimpfte ich. Doch Zafira hatte die rettende Idee. "Wir nehmen Gummibärenlampe von Zafira!" Sie liebte diese Lampe in Form eines Gummibärchens. Ohne diese wollte sie nicht einschlafen. Also holte ich sie ihr und knipste sie an. Das Licht war zwar schwach, doch es reichte aus. Ich ließ das Wasser ein und setzte Zafira hinein. Nicht zu viel Wasser, damit sie nicht ertrinken konnte. Dann wollte ich mich ausziehen, doch auf einmal sagte sie: "Meine Quietscheente! Mira holen!" OK, dachte ich, dann hol ich ihr eben noch das Quietscheentchen. Ich zog mir mein Oberteil wieder an und rannte in Zafiras Zimmer, wo das Entchen auf dem Nachttisch lag. In diesem Moment hörte ich einen Schrei. Er kam aus dem Bad, von Zafira. Ich lief zurück und fand Zafira leblos und untergetaucht in der Wanne liegen. Im Wasser lag die verdammte Lampe. Ich öffnete meinen Mund zu einem entsetzten Schrei, doch ich bekam keinen Ton heraus. Ich trat näher, sagte immer wieder leise: "Nein, nein nein... Nein." Doch sie war tot. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen und wurde ohnmächtig.



    Als ich wieder wach wurde, lag ich auf der Couch und neben mir saß mein ältester Bruder. Er war abwesend, wirkte verstört. Ich erinnerte mich zunächst an nichts. "Was ist passiert?", fragte ich, und da stand er auf underzählte es mir. Wo meine Schwester sei, wollte ich wissen, doch er wollte es mir nicht sagen. Ich konnte noch nicht einmal weinen. Ich wollte zu ihr. Da kam sie zur Türe herein. Ich wollte ihr alles erklären, mit ihr reden, mich entschuldigen. Doch konnte man sich für das überhaupt entschuldigen? Warum musste das passieren? Ich frage mich heute noch, warum. Sie sah mich voller Hass an. "Verschwinde von hier, Miranda. Ich will Dich nie wieder sehen!" Dann brach sie in Tränen aus.


    Sie ließ mich nicht zu Wort kommen. Mein Bruder nahm mich an die Hand. "Ich bringe Dich nun zu Deiner neuen Familie. Du wirst dort einen Jungen heiraten." Ich riss mich los und lief weg. Zwei Tage streunte ich draußen umher, ständig in Versuchung, wieder Drogen zu nehmen. Doch dann ging ich auf den städtischen Friedhof. Ich wusste nicht, wann die Beerdigung von Zafira stattfinden solle, also lief ich zum Leichenschauhaus. Dort war Maida.



    Sie kniete vor dem Sarg und weinte. Ich konnte den Anblick kaum ertragen. Es zerriss mir das Herz. Sie sah mich nicht, was auch ganz gut so war, doch ich konnte den Blick nicht abwenden.


    Ohne etwas zu sagen, kam sie zu mir und nahm mich einfach in den Arm. "Was hast Du denn wieder angestellt, kleine Schwester. Wieso machst Du mir und Deiner Mama denn so viel Kummer?" Ich weinte.



    Die Tränen kamen von selbst. "Komm mit mir nach Hause. Das ist das Beste." Und so machten wir es auch. Zu Hause war meine kleine Nichte. Sie war genau so süß und aufmerksam wie immer und merkte sofort, dass es mir schlecht ging. Meine Schwester gab mir etwas von ihr zum Anziehen und ich setzte mich zu der Kleinen auf den Boden.



    Sie spielte so süß, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Mein eigenes Kind würde auch irgendwann so süß werden, dachte ich, und zugleich kam der Schmerz um mein erstes Ungeborenes, welches nie die Chance bekommen hatte, zu spielen. Maida ließ mir ein Bad ein und behandelte mich erst einmal mit einer Massage. Ich war froh, bei ihr zu sein. Doch wie sollte es weiter gehen? Ich bekam nach und nach wieder Entzugserscheinungen. Meine Schwester redete mit mir ein ernstes Gespräch.



    "Ich weiß von Deinen Eskapaden, aber wie schlimm ist es wirklich?" Ich zeigte ihr meinen Arm. Sie musterte ihn genau, so, als wolle sie analysieren, von was dies kam. Doch es war ihr ohnehin klar. Dann sah sie mich an. "Wieso hast Du das nur getan? Du machst Dir Dein ganzes Leben kaputt mit diesem Mist." Ich lachte ironisch. "Mein Leben ist doch schon kaputt. Du weißt genau, dass ich vergewaltigt worden bin. Und seitdem will ich eigentlich gar nicht mehr leben. Aber ich trau mich nicht, mich einfach umzubringen. Wie soll es denn jetzt mit mir weiter gehen?"



    "Erst mal machst Du einen Entzug. Hier, bei mir. Du weißt, dass mein Exfreund heroinsüchtig war. Und ihm hab ich auch geholfen. Also werde ich das bei Dir auch schaffen. Und dann haben Mama und ich uns überlegt, dass wir Dir einen Mann suchen." Ich bekam regelrecht einen Schock. Sie wollten mich verheiraten? Ich hatte so etwas noch nie in Erwägung gezogen. Andererseits war es auch ganz gut. So hatte ich wenigstens eine sichere Zukunft. "Erst einmal machst Du jetzt den Entzug.", sagte sie. Ich glaube, sie spürte mein Entsetzen. Und dann machten wir den kalten Entzug. Es war die Hölle.

    Ohne etwas zu sagen, kam sie zu mir und nahm mich einfach in den Arm. "Was hast Du denn wieder angestellt, kleine Schwester. Wieso machst Du mir und Deiner Mama denn so viel Kummer?" Ich weinte. Die Tränen kamen von selbst. "Komm mit mir nach Hause. Das ist das Beste." Und so machten wir es auch. Zu Hause war meine kleine Nichte. Sie war genau so süß und aufmerksam wie immer und merkte sofort, dass es mir schlecht ging. Meine Schwester ließ mir ein Bad ein und behandelte mich erst einmal mit einer Massage. Ich war froh, bei ihr zu sein. Doch wie sollte es weiter gehen? Ich bekam nach und nach wieder Entzugserscheinungen. Meine Schwester redete mit mir ein ernstes Gespräch. "Ich weiß von Deinen Eskapaden, aber wie schlimm ist es wirklich?" Ich zeigte ihr meinen Arm. Sie musterte ihn genau, so, als wolle sie analysieren, von was dies kam. Doch es war ihr ohnehin klar. Dann sah sie mich an. "Wieso hast Du das nur getan? Du machst Dir Dein ganzes Leben kaputt mit diesem Mist." Ich lachte ironisch. "Mein Leben ist doch schon kaputt. Du weißt genau, dass ich vergewaltigt worden bin. Und seitdem will ich eigentlich gar nicht mehr leben. Aber ich trau mich nicht, mich einfach umzubringen. Wie soll es denn jetzt mit mir weiter gehen?" "Erst mal machst Du einen Entzug. Hier, bei mir. Du weißt, dass mein Exfreund heroinsüchtig war. Und ihm hab ich auch geholfen. Also werde ich das bei Dir auch schaffen. Und dann haben Mama und ich uns überlegt, dass wir Dir einen Mann suchen." Ich bekam regelrecht einen Schock. Sie wollten mich verheiraten? Ich hatte so etwas noch nie in Erwägung gezogen. Andererseits war es auch ganz gut. So hatte ich wenigstens eine sichere Zukunft. "Erst einmal machst Du jetzt den Entzug.", sagte sie. Ich glaube, sie spürte mein Entsetzen. Und dann machten wir den kalten Entzug. Es war die Hölle. BILDER KOMMEN SPÄTER, WEIL DER HOSTER WIEDER MAL STREIKT!

    Wir traten ein. Es war eine schöne Wohnung, doch ich nahm das nur am Rande wahr. "WO ist denn jetzt Dein Zeug?", fragte ich, und konnte mich kaum mehr zurück halten. Er kam näher und streichelte mir über die Wange.



    "Du bist ein hübsches Mädchen. Schlaf mit mir." Er forderte es regelrecht. "Schlaf mit mir und Du bekommst das beste Zeug, das Du je hattest." Er drückte mich aufs Bett. Ich küsste ihn. "Wenn Du gut bist, dann bekommst Du das doppelte. Komm, mach es mir schön, Mädchen." Ich gab mir Mühe, obwohl ich mich am liebsten übergeben hätte. Ich kannte ihn nicht, und ich wollte das alles nicht. Doch ich brauchte den Stoff. Er zog mich stürmisch aus, gedrängt von seiner Lust.



    Es geschah alles so schnell, so unwirklich. Noch ehe er mit mir schlafen konnte, übergab ich mich direkt auf seinem Bett. Angewidert wich er zurück, sah entsetzt das Geschehene und lief sofort ins Bad, um sich den gröbsten Schmutz abzuwaschen. Verwirrt saß ich am Bettrand. Er kam in den Raum. "RAUS HIER!", rief er angewidert. "Aber Du hast mir doch..." Er schüttelte wild den Kopf. "Wenn ich das gewusst hätte. Verschwinde!" Verstört nahm ich mein Kleid, schlüpfte hinein und lief weg.



    Wieder war ich draußen, ganz alleine, wieder suchte ich jemanden, der mir helfen konnte. Da traf ich endlich einen, den ich kannte. Er gab mir Stoff, viel zu viel für das Geld, das ich ihm gab. Ich hätte misstrauisch sein sollen, doch irgendwie konnte ich nicht mehr denken. Ich setzte mir, so schnell es ging, den Schuss, und wieder wurde ich ohnmächtig. Jedoch nur für kurze Zeit. Zumindest hatte ich das im Gefühl. Ich schleppte mich auf die Brücke. Dort saß ich, gequält von Schmerzen und schrecklichen Angstgefühlen, und wollte eigentlich nur noch sterben. Es war so kalt, alles an mir klebte vom Regen. Warum war alles nur so gekommen?



    Erinnerungen aus meiner Kindheit schossen mir durch den Kopf. Wieso bin ich nicht einfach bei meiner Mutter geblieben? Dort wäre es mir bestimmt besser ergangen. Zorn stieg in mir auf, Zorn auf meine Mutter, meinen toten Vater... Ich sah zu, wie die Sonne aufging. Ich erinnere mich kaum mehr, doch ich weiß noch, dass ich die Wärme spürte und mich besser fühlte.



    Doch dann kam auf einmal meine Schwester des Weges. Mit aller Kraft stand ich auf. Sie stand mir direkt gegenüber und sah mich flehend und sehnsüchtig an. Was sollte ich jetzt tun?



    --------Freue mich natürlich über KOMMIS und THANKS wie ein Schnitzel :) Vielen Dank an alle Leser, ich hoffe, Euch hat es gefallen, und ihr findet es nicht zu krass.-------

    In der Drogenszene erkennt man gewisse Leute einfach, und so wusste ich schon bald, an wen ich mich wenden musste. Ich lernte eine Clique von Soft-Junkies kennen, die wirklich nur zum Antörnen spritzten, doch bei denen bekam ich nun meinen Stoff. Ich musste mir immer wieder in einem Geschäft Zitronen besorgen. Der Mann an der Kasse fragte mich, was ich denn immer mit Zitronen wolle. Ich maulte ihn jedoch nur blöd an. "Das geht doch Sie nichts an!" Ich ging raus auf die Straße. Irgendwo musste doch jemand sein. Wie lang hatte ich eigentlich geschlafen? War es immer noch dunkel? Oder schon wieder? Ich wusste es nicht, aber es war mir auch egal. Wichtig war nur, irgendwen zu finden, der was hatte. Doch es gab keinen. Ganz allein lief ich draußen herum. Ich fror ganz schlimm, hatte nur mein dünnes Kleidchen an. Dann fing es auch noch an, zu regnen. Kein Mensch war draußen, den ich kannte.



    Doch dann kam plötzlich ein Mann mit einem roten Regenschirm. Er hatte langes Haar und strahlte irgendetwas aus, was mir unheimlich bekannt vorkam. Er kam mir direkt entgegen. Als er mir gegenüber stand, blieb er stehen. "Kann ich Dir irgendwie helfen? Dir muss doch kalt sein." Ich wusste selbst nicht, was ich sagen sollte. "Ich brauch Stoff.", war alles, was ich heraus bekam. Er musterte mich. "Zuhause hab ich was." In diesem Moment hätte ich alles getan. Ich spielte übertriebene Freundlichkeit.



    Ich lächelte ein wenig verlegen. "Vielleicht könnten Sie mir etwas davon abgeben?" Er zögerte. "Was bekomme ich denn dafür?" Ich war sofort voll Eifer. Es war etwas zu holen. "ALLES!", rief ich überschwänglich. "Na dann komm mit." Er teilte mit mir seinen Regenschirm und wir liefen die Hauptstrasse entlang.



    Ich konnte kaum mit ihm Schritt halten, so eilig hatte er es. Wir liefen knappe zehn Minuten. "Wie weit ist es noch?", fragte ich ungeduldig. "Nur mit der Ruhe, Kindchen. Es ist nicht mehr weit." Doch es war noch sehr weit. "Noch eine Ecke, dann sind wir da.", sagte er nach weiteren zehn Minuten Fußmarsch.



    Und so war es auch. Da waren wir. Er hatte eine kleine Wohnung am Stadtrand. Er sperrte die Türe auf. Schneller, dachte ich, sonst raste ich aus.

    Doch Inge war in diesen Situationen sehr hartnäckig. Sie sah mir tief in die Augen. "Ich möchte, dass Dir bewusst wird, in welche Gefahr Du Dich begibst. Du kannst, genau so wie jeder andere, morgen hier rausfliegen, und da draußen ist niemand, der Dir hilft. ICH will Dir helfen, doch Du lässt mich nicht. Du verschließt Dich total, lässt niemanden an Dich ran. Wozu bist Du denn eigentlich hier, Miranda? Hast Du vergessen, dass Du was aus Deinem Leben machen wolltest? So wird es bestimmt nichts." Ihr Gerede löste in mir nur Wut aus. Ich wollte nicht mit all diesen schrecklichen Wahrheiten konfrontiert werden. Natürlich hatte sie, wenn ich heute darüber nachdenke, recht, doch damals dachte ich anders darüber. Diese Frau wusste doch gar nichts über mich und über alles, was ich durchgemacht hatte. Ich hasste sie. Schnell lief ich in mein Zimmer und knallte die Türe zu. Kurz darauf klopfte Inge.



    "GEH WEG!";, schrie ich. "Ihr wisst alle NICHTS über mich! Leckt mich alle!"; Daraufhin verstummte das Klopfen und ich hörte wenig später Schritte, die sich von der Türe entfernten.



    Weiter ging es damit, dass Julien mich immer öfters besuchen kam. Ich fand ihn zwar sehr nett und merkte auch schnell, dass er in mich verliebt war, doch ich erwiderte das nicht. Ich war wohl der einzige Mensch, dem er sich anvertraute. Mit ihm rauchte ich meine erste Marihuana-Zigarre und schwebte in anderen Sphären, während er mir von Gott und der Welt erzählte. Seine Geschichte kannte ich nun, doch ich wusste, dass er darauf wartete, meine zu hören. Ich wollte und konnte sie ihm jedoch nicht erzählen, was ihn sehr traurig machte.



    Wir saßen zusammen auf dem Fußboden im Bad, wo uns keiner hören konnte, und er fragte mich zum hundertsten Mal, ob es mir denn nicht besser gehen würde, wenn ich ihm alles erzählen könnte. Ich wich seiner Frage aus. Konnte er es nicht einfach sein lassen? Immer wieder stichelte er nach, bis ich auf einmal, in der Woge eines Haschischzuges, schrie: "Mensch, ich bin vergewaltigt worden und musste dann mein eigenes Kind abtreiben! Das ist meine Geschichte, und mehr gibts nicht. Und jetzt nerv mich nicht weiter damit." Julien erschrak und fragte mich nicht weiter.



    Erst am nächsten Tag brach ich mitten vor Inge in Tränen aus. Sie wirkte zuerst sehr verstört, doch dann nahm sie mich in den Arm und ließ mich so richtig bei ihr ausweinen. "Wein nur, das tut Dir gut.", sagte sie. Doch noch im selben Moment erschrak sie. Ich wusste sofort, wieso. Sie hatte die Einstichspuren an meinem Arm gesehen. Entsetzt sah sie mich an. "Ist es wirklich das, was ich denke?" Mittlerweile war ich schon abhängig, brauchte jeden Tag einen Schuss, den Julien mir ohne Widerworte gab.



    Sie redete Stunden mit mir, wollte mich bekehren, mich überzeugen, dass das falsch sei, doch bei mir regte sich nichts. Heute tut es mir leid, wie kalt ich diese Frau abblitzen ließ, denn sie versuchte ernsthaft, mir zu helfen. Sie musste das Jugendamt und meine Mutter informieren. Mir war sehr wohl bewusst, was das bedeutete. Ich beschloss, abzuhauen. Noch am selben Tag. Ich packte also die wenigen Sachen zusammen, die ich hatte, und ging in die Stadt. In der Drogenszene erkennt man gewisse Leute einfach, und so wusste ich schon bald, an wen ich mich wenden musste.



    Ich lernte eine Clique von Soft-Junkies kennen, die wirklich nur zum Antörnen spritzten, doch bei denen bekam ich nun meinen Stoff. Ich musste mir immer wieder in einem Geschäft Zitronen besorgen. Der Mann an der Kasse fragte mich, was ich denn immer mit Zitronen wolle. Ich maulte ihn jedoch nur blöd an. "Das geht doch Sie nichts an!"



    Er sah mich entsetzt an und schüttelte den Kopf. "Wenn Du meine Tochter wärst, würdest Du jetzt eine Ohrfeige bekommen." Ich zuckte nur mit den Schultern.


    Natürlich blieb all das nicht unentdeckt. Inge bemerkte am nächsten Tag, dass etwas mit mir nicht stimmte. Sie zog mich ins Gespräch. "Mira, ich muss mit Dir reden. Ich merke, dass etwas mit Dir, und auch mit den anderen, nicht stimmt. Schau mal in den Spiegel. Denkt Ihr denn wirklich, dass ich das nicht merke? Ihr trinkt heimlich Alkohol! Ich weiß es, und seh auch schon länger zu, hab auch mit jedem einzelnen von Euch geredet, doch bei keinem von Euch zeigt sich Besserung!" Was Inge redete, interessierte mich in diesem Moment nicht wirklich. Normalerweise wäre mir das Gespräch sehr nahe gegangen, ich wusste selbst nicht, was mit mir los war.
    "Ich hab einfach schlecht geschlafen.", entgegnete ich ihr gelangweilt. Ich wollte zurück in mein Zimmer und mich einfach nur hinlegen.


    Doch irgendwie war auch das hier nicht das Richtige. Ich bekam ein schönes Zimmer, über das ich mich eigentlich sehr glücklich schätzen konnte, doch trotzdem war ich auch hier nicht zu Hause. Es würde wohl nie einen Ort geben, an dem ich mich geborgen fühlen würde. Immer war alles so falsch, es schien mir, als gehöre ich nirgendwo hin.



    Inge brachte mir aus der Stadt ein paar neue Kissen mit, mit denen ich mein Zimmer dekorieren konnte. An den ersten Abenden verkroch ich mich noch in meinem Zimmer, doch dann baten mich die anderen, in den Gemeinschaftsraum zu kommen. Es wurde manchmal sehr lange, und wir hatten viel Spaß. Heimlich tranken wir Alkohol. Zuerst wollte ich keinen, doch irgendwann hatten die anderen mich dann überredet, einen Schluck zu probieren. So wurde ich dann auch das erste Mal betrunken. Inge merkte es sofort und fragte mich, woher ich den Alkohol hatte, doch ich sagte ihr nichts. Sie wurde ernst und erklärte mir, dass ich, wenn ich länger hier bleiben wolle, den Alkoholkonsum einstellen sollte. Doch irgendwie gefiel mir das Gefühl, einmal ohne Sorgen zu sein. Wenn ich was trank, dann vergaß ich zumindest für einige Stunden alle meine Probleme und es ging mir gut. Mit den anderen verstand ich mich auch immer besser. Ein Junge hatte ein Auge auf mich geworfen und machte mir immer Komplimente. Auch ich fand ihn sehr süß, doch irgendwie traute ich mich nicht, ihn anzusprechen. Alles geriet aus den Fugen, als ich mich eines Tages mit Julien anfreundete. Der sonst so stille Gruftie kam eines Tages in mein Zimmer und fragte mich, ob ich mir seine Musik anhören wolle. Ich wusste zuerst gar nicht, wie mir geschah, doch dann rappelte ich mich auf und folgte ihm in sein Zimmer. Er schaltete die Musik ein und wir hörten eine Band, von der ich vorher noch nie was gehört hatte. Ich sah ihm tief in die Augen. Er war gar nicht so hässlich, wie ich zuvor immer gedacht hatte. Unter dieser schwarzen Fassade verbarg sich ein junger, hübscher Mann mit wunderschönen Augen und einem tief vergrabenen Geheimnis. Da lief eine Träne über sein Gesicht.



    Verwirrt sah ich ihn an. "Es tut mir leid... Ich habe noch nie vor einem fremden Mädchen geweint. Ich habe eigentlich vor niemanden geweint... Aber heute ist der schlimme Tag... Ich will nicht allein sein." Ich wusste nicht, was ich machen sollte, und das spürte er auch. Ich setzte mich auf den Stuhl, der vor meinem Bett stand, und Julien saß sich aufs Bett. "Es wäre schön, wenn Du mir einfach nur zuhören würdest, Miranda. Wenn Du nicht willst, kann ich auch gern gehen. Du musst es nur sagen." Ich schüttelte den Kopf. "Nein, es ist schon okay. Ich hör Dir gern zu."
    Dann begann er, seine Geschichte zu erzählen...



    "Es war heute vor einem Jahr... Ich saß zu Hause in meinem Zimmer. Damals trug ich noch kein Schwarz, und mein Leben war noch in Ordnung. Es klingelte. Ich wollte nicht aufmachen, denn mein Zimmer war im ersten Stock. Also rief ich meiner Mutter. Der größte Fehler meines Lebens, denn vor der Türe stand mein Vater. Meine Mutter hatte sich vor Jahren von ihm getrennt, eine neue Identität angenommen und sich versteckt. Er war schon immer gewalttätig gewesen, und als er sie einmal fast totgeprügelt hatte, war sie mit mir von ihm fort gegangen. Ich weiß bis heute nicht, wie er uns gefunden hat, doch er hatte es... Und dann erstach er sie. Ich bekam von alldem nichts mit. Später ging ich dann nach unten, wo mein Vater in der Küche stand und sich das Blut von seinen Händen wusch. Und dann sah ich die Leiche meiner Mutter, verstand, was geschehen war, und ging auf ihn los." Julien zog sein T-Shirt hoch, und eine lange Narbe kam zum Vorschein. "Er wollte sich noch wehren, stach mir das Messer in die Brust, doch ich war schneller als er... Deswegen bin ich hier, Miranda. Und heute ist der erste Tag... Der Jahrestag."


    Ich erschrak. Hatte er diesen Mann umgebracht? Als könne er meine Gedanken lesen, sagte er: "Der Dreckskerl hat allerdings überlebt, was irgendwie auch mein Glück war, sonst wäre ich heute nicht hier, sondern in irgendeiner Zelle. Wir sind alle verlorene Kinder." Beinahe hätte ich erwartet, dass er mich nach meiner Vergangenheit fragte, doch er sagte nichts. "Du solltest jetzt gehen. Ich will mir was reinziehen." Ich verstand nicht, was er meinte, und sah ihn verständnislos an. "Ne Portion Hero, falls Du verstehst was ich meine." Natürlich verstand ich nur Bahnhof. "Willst Du es sehen?", fragte er, und ich nickte. Er zog eine Packung mit braunem Pulver aus seiner Hosentasche. Dazu noch einen Löffel, eine Zitrone und ein Feuerzeug. Die Spritze und einen Zigarettenfilter nahm er aus seinem Nachttisch. Dann bereitete er alles zu. Er gab das Pulver auf den Löffel, drückte den Saft aus der Zitrone darüber aus, gab Wasser hinzu und dann kochte er das Gemisch mit dem Feuerzeug auf dem Löffel. Interessiert sah ich ihm zu. Dann setzte er den Filter an, stach durch ihn hindurch mit der Spritze in die Lösung und saugte sie mit der Spritze auf. "Der Filter ist wegen dem Streckmittel. Und bevor Du stichst, musst Du unbedingt die Luft aus der Spritze drücken, sonst stirbst Du beim Injezieren." Ich konnte meine Augen gar nicht abwenden. "Wenn Du die Nadel in die Vene schiebst, zieh zunächst etwas Blut in die Spritze, um zu sehen, ob Du tatsächlich die Vene getroffen hast. Ist das Blut hell und schaumig, zieh die Nadel sofort heraus - dann hast Du eine Aterie erwischt! Such die neue Einstichstelle dann an einer anderen Körperstelle, z.B. am anderen Arm. Hast Du eine Vene getroffen, injiziere das Heroin ganz langsam, Du spürst das Heroin sofort." Genau so tat er es dann auch. Er spritze sich ins Bein, wo er mehrere blaue Flecken hatte. Bei dem Anblick wurde mir schlecht.



    Als er sich den Schuss gesetzt hatte, wurden seine Augen glasig und er lehnte sich zurück. "Ein geiles Gefühl. Da machst Du Sachen, da weißt Du morgen nichts mehr davon." Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Einmal ausprobieren, sagte ich mir, macht doch gar nichts. Von Heroin und den Folgen dessen hatte ich vorher kaum was gehört. Seit ich Alkohol trank, kannte ich diese Welt, in die man sich flüchten konnte, und dass Julien mir eine absolut tolle, noch bessere Welt durch dieses braune Pulver versprach, war ein unablehnbares Angebot. Er hielt mir fragend das Spritzbesteck hin. "Willst Du auch? Ein bisschen was hab ich noch." Ohne noch mal darüber nachzudenken, nickte ich. Er bereitete mir einen Schuss zu. Doch selber wollte ich mich nicht spritzen. Er nahm die Spritze und drückte meinen Arm nach einer geeigneten Stelle ab. Dann setzte er an und stach zu. Es tat gar nicht weh, und sofort füllte sich die Spritze mit Blut. Dann drückte er das Wundermittel in meine Blutbahn, und sofort spürte ich, wie sich alles um mich herum veränderte. Das war also diese "Welt", die Julien mir versprochen hatte. "Ich geh in mein Zimmer.", sagte ich. Dort legte ich mich dann aufs Bett und schlief sofort ein. Ich träumte so einen verrückten Traum, wie ich noch nie vorher geträumt hatte.




    Meine Mutter wollte mal wieder mit mir reden. "Was ist jetzt eigentlich los, wieso bist Du hier und wie soll es weiter gehen?" Ich starrte sie lange an. Dann fing ich an mit meiner lange vorüberlegten Erklärung. "Ich habe meinen Job im Café gekündigt. Ich wollte einfach nicht mehr länger dort sein. Es war keine schöne Zeit, ich wollte diesen Beruf noch nie ausüben, und auch meine Ausbildung habe ich abgebrochen. Ich stehe mit leeren Händen vor Dir, denn alles, was ich verdiente, brauchte ich für die teuere Wohnung, die sie mir aufgebrummt hatten, und das tägliche Leben. Ich habe Schande über unsere Familie gebracht, das weiß ich, doch ich bitte Dich nun, Mama, hilf mir. Ich weiß nicht mehr weiter. Es tut mir weh, das zuzugeben, doch es ist wahr.



    Ich kann nichts mehr ändern. Ich war auch bereits auf dem Arbeitsamt und auf dem Sozialamt. Die haben mir etwas vorgeschlagen. Es ist ein Wohnheim, ein betreutes Wohnen, drüben in Rottdorf. Dort sind schwer erziehbare Jugendliche und solche, die keinen Ausbildungsplatz haben. Man würde mich dort aufnehmen und mir helfen, einen Ausbildungsplatz, der auch mir gefällt, zu finden. Ich bekomme zwar nicht viel Geld, aber zumindest bin ich dort versorgt."



    Anscheinend gefiel auch meiner Mutter der Gedanke, denn sie lächelte selig. "Und ich dachte schon, Du bist schwanger.", sagte sie. Ich erschrak. "Wenn das so ist... Dann mach das, was Du willst. Du weißt ja, dass ich will, dass etwas aus Dir wird, und das hört sich ganz gut an." An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass meine Mutter keine Ahnung hatte, was Betreutes Wohnen oder schwer erziehbar bedeutet. Sie lebte seit ihrer Geburt in der Wohnwagensiedlung, war in der achten Klasse von der Sonderschule gegangen und hatte sich seither nicht weitergebildet. Sie konnte nicht lesen und nur ihren Namen als Unterschrift auf Papier kritzeln, für alles andere fehlte ihr die Bildung. Ihr war es in dem Moment nur wichtig, dass ich irgendwo versorgt war, hauptsache weg von hier, denn ihr schien es so, als wäre es überall besser als in der Wohnwagensiedlung.



    "Wann kannst Du dort anfangen?", fragte sie noch, während ich die Küche sauber machte, und ich erklärte ihr, dass ich, sobald ich ihre Erlaubnis dafür bekam, dort hin gehen konnte. Es konnte ihr anscheinend gar nicht schnell genug gehen, mich wieder los zu haben, aber bei der Enge, die im Wohnwagen herrschte, konnte ich es auch nachvollziehen.



    Bereits eine Woche später radelte ich mit dem Fahrrad meines Bruders nach Rottdorf. Mama hatte mein Gepäck mit der Post schicken lassen, weil es auf dem Rad zu schwer gewesen wäre. Das Gebäude, in dem das betreute Wohnen sich befand, war groß und sah sehr gepflegt aus. Vor dem Haus stand meine Betreuerin, die ich bereits von einem Vorgespräch aus dem Amt kannte. Inge war ihr Name.Sie begrüßte mich überschwänglich und erklärte mir, dass mein Gepäck bereits auf mich wartete. Ich folgte ihr in das Innere des Hauses und entdeckte sofort meinen Rollkoffer und meinen alten Lederkoffer.



    "So, liebe Miranda, wir sind da. Das hier ist Dein neues Zuhause. Ich hoffe, dass Du Dich hier wohl fühlen wirst. Ich stelle Dir jetzt erst mal alle vor. Also mich kennst Du ja schon. Schauen wir mal in das erste Zimmer." Wir betraten den Gang rechts und Inge klopfte an die Tür. Eine tiefe Männerstimme brummte: "Herein!" Und sie machte auf. Es war ein schönes, großes Zimmer. Auf dem Bett saß ein schwarz gekleideter Junge, der sofort den Blick abwandte.



    "Das ist Julien, unser Grummelgriesgram.", lachte Inge. Er verzog das Gesicht. "Und das hier, lieber Julien, ist Miranda. Sie wird Kathis altes Zimmer bekommen." Er nickte nur stumm und sagte dann kurz und knapp "Hi."


    Wir gingen weiter in einen großen Raum, den Gemeinschaftsraum. Hier lief der Fernseher und ein paar Jugendliche kauerten auf einem schönen Sofa. "So, hier sind wir bei der Fernseh-Fraktion. Setz Dich einfach." Ich setzte mich auf einen einzelnen Sessel.



    "Das hier ist Miranda, Leute. Und jetzt stellt euch mal alle vor." Ich lernte Sophia, Stefanie, Laura und Fabian kennen.

    Ich ging zurück nach Hause. Dieser Entschluss fiel mir nicht leicht, weil mich meine Mutter so sehr enttäuscht hatte. Ich kündigte meine Stelle im Café, packte meine Sachen und nahm den nächsten Bus in meine Heimatstadt. Alles war immer noch genau so wie damals, als ich vor zwei Jahren gegangen war. Nun war ich sechzehn, hatte schon viel gesehen und auf einmal erschien mir unsere Wohnwagensiedlung so klein wie nie zuvor. Es regnete. Ich stand mitten in unserer Siedlung und da sah ich meine Mutter. Sie stand draußen, mit ihrem roten Regenschirm, den sie schon hatte, seit ich klein war. Obwohl es so ein Mistwetter war, waren wie immer alle draußen. Das war das Leben, das ich liebte, auch wenn es primitiv war. Ich blieb stehen und sah dem Treiben zu. Irgendwie traute ich mich nicht näher heran. Sollte ich das wirklich tun? Ich hatte ja gar nicht vor, wieder hier zu leben, aber ich wollte einfach mal wieder nach Hause, in mich gehen, überlegen, was der nächste Schritt war. Irgendwas musste ich ja machen. Also ging ich auf Mama und die anderen zu. Sie sah mich sofort und bekam Tränen in die Augen.



    "Oh mein Gott, Kind, was machst Du hier?" Sie schüttelte verwirrt den Kopf. "Ich dachte, Du bist so weit weg von mir und glücklich!" Ich sah sie traurig an. "Nein, Mama, glücklich war ich nie seit ich von hier weg gegangen bin!"
    Sie drückte mich an sich, so, als wolle sie mich nie wieder los lassen. "Ich bin so froh, Dich wieder zu sehen, mein Kind! Ich habe Dich so vermisst!"
    Ich bekam gar keine Luft mehr, so sehr drückte sie mich.



    "Komm erst mal mit rein, wärm Dich. Und dann erzähl mir, wie es Dir ergangen hat." Eigentlich wollte ich gar nichts erzählen, weil alles, was mir passiert ist, so schlimm gewesen war, dass ich es am Liebsten vergessen hätte. Was wollte sie denn nun von mir hören? Ich hatte nichts von dem erreicht, was sie sich gewünscht hatte. Ich hatte auf voller Linie versagt, war sogar noch dazu in Schwierigkeiten geraten. Sollte ich ihr das alles erzählen? Ich liebte meine Mama zwar, doch sie war nicht der Mensch, mit dem ich über all das sprechen wollte.


    Wir gingen nach drinnen und ich zeigte ihnen erst einmal, was ich in der Gaststube und im Café gelernt hatte, indem ich ihnen ein Abendessen kochte, das sie so schnell nicht mehr vergaßen. Ich wusste, wie ich meine Lieben glücklich machen konnte.



    Alle lobten mein Essen in den Himmel und waren sofort der Meinung, dass ich eine gute Ausbildung genossen hatte. Dass ich das aber eigentlich nie wollte, war ihnen egal. Das machte mich schon wieder traurig, aber ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Ich fühlte mich so fehl am Platz, so, als würde ich ein schreckliches Geheimnis in mir tragen, von dem niemand was erfahren durfte. Dabei hatte ich doch eigentlich gar nichts getan. Ich war doch die, die vergewaltigt worden war, über deren Leben bestimmt worden war und die, in die so viel falsche Hoffnung gesetzt worden war. Es wäre besser gewesen, wenn nicht alle so viel von mir erwartet hätten, denn nun musste ich sie alle enttäuschen, am meisten meine Mutter und meinen Onkel.



    Nun saß ich wieder mit einem Teil meiner Familie am Tisch und alle warteten gespannt auf das, was ich zu erzählen hatte. "Nun spann uns doch nicht so auf die Folter. Was ist passiert, wie ging es Dir?", fragte mein Bruder. "Ich habe viel gelernt in der Zeit, in der ich weg war." Das war alles, was ich sagen konnte. "Was habt ihr denn immer so gemacht?", fragte meine Mutter weiter. "Gekocht, gelernt, meinen Abschluss gemacht, geputzt, mich um einen kleinen Jungen gekümmert..." Beinahe hätte ich nasse Augen bekommen, doch ich beherrschte mich. Beim Gedanken an Dean-Lewis wurde ich traurig, denn es war sein Halbgeschwisterchen, das ich fast zwei Monate unter meinem Herzen trug, und es hätte ihm bestimmt ähnlich gesehen.


    Als wir alles aufgegessen hatten, ging ich in mein altes Zimmer. Mein Bett gehörte nun meiner kleinen Schwester, doch heute Nacht würde sie auf der Couch schlafen. Ich legte mich sofort hin und schlief ein.



    Doch nicht lange, denn dann kam mein Bruder, der im selben Zimmer schlief, und weckte mich. "Was hast Du jetzt eigentlich vor?" Ich wusste zuerst gar nicht, wo ich war. Doch dann realisierte ich, was geschehen war. "Ich weiß es nicht, Dano... Es ist alles so schwierig. Es ging mir nicht gut, dort, wo ich war, und jetzt möchte ich es besser haben." Er sah grimmig drein. "Wenn Du hier bleiben willst, muss Mama Dir einen Mann suchen, sonst bleibst Du ja ewig hier. Du bist schon so alt und hast noch nichts auf die Reihe gebracht." Seine Worte versetzten mir einen Stich ins Herz. Wieso reduzierte er mich so auf das Schicksal einer einfachen Frau? Ich dachte, sie hätten ein bisschen Respekt vor mir! Er legte sich einfach ins Bett und schlief und ließ mich zurück mit dieser schrecklichen Unruhe. Irgendwann schlief ich dann doch ein.



    Als ich am Morgen erwachte, war ich ganz allein im Zimmer. Es musste schon spät sein, zumindest kam es mir so vor. Ich stand auf und ging in die Küche, wo meine kleine Schwester mich sofort überschwänglich begrüßte. "Ich bin so froh, dass Du hier bist, Mira. Ich hab Dich lieb! Kochst Du heute wieder was für uns?"



    Ich musste lachen. Sie war jetzt acht Jahre alt, so süß und unschuldig. Und sie hatte mich lieb, was ehrlich war und mich glücklich machte. Lange hatte das niemand zu mir gesagt.


    Der Anfang vom Ende begann schon sehr bald, nachdem Marius auf der Couch bei mir gesessen hatte. Zwei Tage später schlief ich wie immer in meinem Bett in dem Zimmer, in dem mich die Meisners untergebracht hatte. Da wurde ich wach, und spürte sofort, dass jemand auf mir lag und mir den Mund zuhielt. Ich verstand gar nicht, was geschah. Ich sah nichts, weil es dunkel war. Alles, was ich spürte, waren die unsanften Berührungen, die an meinem Körper auf und ab wanderten. Dann war da dieser unerklärliche Schmerz. Ich wand mich und wollte schreien, doch der Körper auf mir war einfach zu schwer, um gegen ihn anzukommen. Ich hatte keine Chance. Ich roch den Alkohol, als er sich auf mir bewegte. Dann hörte ich ein Stöhnen und sogleich war alles vorbei. Die Gestalt ließ von mir ab und stand auf. Ich wusste intuitiv, dass es Marius war. Er musste mich vergewaltigt haben, auch das war mir irgendwie klar. Die Nässe zwischen meinen Beinen ließ mich wie versteinert in meinem Bett liegen. Ich konnte nicht einmal mehr schreien. Er kam noch einmal näher an mein Bett heran und sagte drohend: "Wenn Du Tanja auch nur ein Wort sagst, werde ich ihr sagen, dass Du mich verführt hast, und dann wirst Du hier wegmüssen, zurück in Dein altes, kaputtes Leben. Mach Dich sauber und vergiss es einfach. Vergiss alles."


    Was danach geschah, wurde eigentlich nur noch schlimmer. Ich sprach Tagelang kein Wort. Tanja machte sich furchtbare Sorgen um mich.



    Sie kam und nahm mich in den Arm, und ich weinte wie ein Schlosshund. Es vergingen einige Wochen, in denen Marius auf eine Geschäftsreise ging. Mir wurde immer häufiger schlecht, und eigentlich war mir von Anfang an klar, was geschehen war, doch Tanja war die, die mir dann einen Schwangerschaftstest kaufte.



    Ich saß weinend in meinem Zimmer, las immer wieder das POSITIV in dem Kontrollfeld und konnte es einfach nicht fassen. Auch die ständige Übelkeit war eine Last für mich.



    Auch jetzt war Tanja für mich da. Sie dachte, ich hätte mich mit einem Jungen aus der Stadt eingelassen, und hatte Mitleid mit mir, als der Test positiv war. Ich hätte ihr nie die Wahrheit sagen können. Sie war es, die Marius von meiner Schwangerschaft erzählte, gleich an dem Tag, an dem er von seiner Geschäftsreise zurückkam. Er lief sofort zu mir in mein Zimmer und stellte mich zur Rede.



    "Ist das wahr, was Tanja sagt? Du bist schwanger? Du willst mich doch nur erpressen!" Ich wurde wütend. "Natürlich, was hätte ich denn davon!" Ich zeigte ihm den Test. "Das hast Du Dir schön ausgedacht, kleine Zigeunerin. So macht ihr es doch alle. Einem reichen Mann ein Kind anhängen und ihn dann ausnehmen. Aber mit mir nicht. Du gehst! Noch heute!" Er schrie mich an, ich hatte schon Angst, Tanja könnte es hören, doch er ließ sich davon nicht ablenken. Eigentlich war ich sogar ganz froh, dass er verlangte, dass ich gehen solle, denn hier bleiben wollte ich nach allem auch nicht mehr. Er wandte sich ab und dachte nach.



    "Wir werden schon eine Lösung für Dich finden. Ich rede mit Tanja. Warte hier oben." Er ging nach unten, und ich konnte nicht anders, ich musste ihm folgen. Da hörte ich das ganze Gespräch.
    "So ein dummes Kind, lässt sich von irgend einem dahergelaufenen Burschen ein Kind anhängen. Ich hatte mehr von ihr erwartet.", sagte Marius.
    Tanja schwieg zunächst, dann sagte sie: "Wir müssen ihr irgendwie helfen. Sie ist ganz allein. Wenn wir sie jetzt hängen lassen, dann wird sie untergehen." Marius dachte anscheinend wieder nach. Dann sagte er: "Das Kind muss weg. Wir müssen sie zu einer Abtreibung überreden." Ich konnte mir jetzt Tanjas Gesicht richtig gut vorstellen: Entsetzt und verständnislos. "Was schaust Du so, Tanja? Denkst Du etwa, sie könnte für ein Kind sorgen? Allein finanziell wäre das ihr Ruin. Es ist das Beste, auch wenn es grausam ist." Da Tanja immer auf ihren Mann hörte, der sowieso keine Widerworte duldete, blieb sie auch jetzt stumm. "So machen wir es. Und dann können wir sie ja irgendwo unterbringen. Ich kenne genug Leute, die sich um ein Mädchen wie sie reißen würden." "Wie meinst Du das?", fragte Tanja. "Als Hausmädchen eben. Sie ist gut in ihrem Job." Tanja seufzte. "Dann kann sie doch auch hier bei uns bl..." "NEIN!", schrie Marius. "So ein Mädchen will ICH nicht in MEINEM Haus haben!" Dann blieb alles still, und ich verkroch mich leise wieder nach oben. Kurze Zeit später kam er herein. "Wir haben uns dazu entschlossen, dass Du das Kind abtreibst." Ich wagte es nicht, ein Wort zu sagen, da er so bestimmt war wie noch nie zuvor. "Das alles hätte nicht passieren dürfen, wir waren dumm, aber JETZT müssen wir schlau sein! Tanja wird mit dir alles nötige erledigen, bis dieses Ding da endlich im Müll ist."



    Eigentlich schien es auch für mich die beste Idee zu sein. Ich wollte dieses Kind nicht. Es würde niemals von mir geliebt werden können, weil in meinem Kopf immer jene Erlebnisse dieser schrecklichen Nacht sein würden. Ich würde dem Kind die Schuld an allem geben, und ich hatte auch noch keine Muttergefühle für dieses Ding, das mir so viel Ärger bereitet hatte. Aber wie sollte es weiter gehen? Würde ich wieder zu so einer verrückten Familie kommen? Am liebsten wäre ich in dem Moment einfach nur gestorben. Ich hatte einfach keine Kraft für all das. Was hätte ich dafür gegeben, wieder bei meiner Mutter zu sein. Doch das ging nicht, und das wusste ich auch. Und so ließ ich alles einfach geschehen. Dieses Kind in meinem Bauch wurde schon wenige Tage später für immer entfernt, getötet und weggeworfen. Ich wusste nicht einmal das Geschlecht, konnte ihm auch keinen Namen geben, obwohl ich bei dem einzigen Besuch, den ich beim Frauenarzt hatte, schon sein kleines Herz schlagen sehen und hören konnte. Doch es war vorbei, und alle sagten, dass es besser so sei, und auch ich empfand es so. Noch vor der Geburt von Tanjas Baby verließ ich das Haus. Von nun an sollte ich bei einer Familie leben, die ein Café betrieb, hart arbeiten und jeden Tag todmüde ins Bett fallen. Doch wenigstens fasste mich hier niemand an.



    Und so verging ein Jahr, in dem ich mich hauptsächlich von all dem, was mir widerfahren war, erholte, und zugleich älter wurde, reifte, und irgendwann bereit war, endlich selbst zu bestimmen, was mit mir und mit meinem Leben geschehen sollte...

    Ich habe eine Frage, wäre sehr wichtig. WOllte gestern auf meinem neuen PC SIMS installieren, doch dann, bei der Installierung des ersten Add-Ons, brachte er mir die Meldung, dass er die Version aktualisieren will. Ich habe alles gemacht, was der PC wollte, doch es ging einfach nicht, kann kein einziges Add-On installieren, weil die Aktualisierung nicht funktioniert. Kann mir irgendwer weiter helfen? Das wäre wirklich prima!
    MONI

    Dass ich Tanja nichts davon erzählte, war für mich selbstverständlich. Ich wollte keinen Streit anfechten. Aber wirklich wohl war mir nun im Hause Meisner nicht mehr. Marius verfolgte mich nun immer öfters, berührte mich ganz "zufällig" und ließ sogar vor Tanja zweideutige Bemerkungen fallen. Je dicker sie wurde, desto mehr schien er zu trinken. Seinen geheimen Vorrat verbarg er wohl im Schlafzimmer, das ich so gut wie nie betrat und deswegen auch sicher war, dass er den Alkohol dort versteckt haben musste. Wo anders hätte ich ihn beim Aufräumen gefunden.


    Eines Tages wollte Tanja, dass ich ihren Bauch anfasste. "Hier, schau mal, Mira. Es bewegt sich ganz deutlich!" Sie war so glücklich. Ich legte meine Hand vorsichtig auf ihren runden Bauch und spürte die Tritte.



    Erschrocken wich ich zurück, aber Tanja lachte und zog meine Hand wieder zu sich. "Keine Angst, das ist ganz normal, und es tut mir auch nicht weh." Und so tätschelte ich fast jeden Tag ihren wachsenden Bauch. Für Dean-Lewis schien sie nun fast gar keine Zeit mehr zu haben, obwohl das neue Baby ja noch gar nicht da war. Sie grübelte den ganzen Tag über den richtigen Doppelnamen für das Kind und was es wohl werden würde. Ich schlug ihr auch ein paar Namen vor, die sie alle aufschrieb. Es schien, als könnte ihr der Name gar nicht ausgefallen genug sein. Doch was mich wunderte, war, dass sie sich das Geschlecht des Kindes nicht verraten ließ, wo sie doch alles so ganz und gar bis auf den letzten Punkt plante. "Ich wünsche mir zwar ein Mädchen, aber ein Junge ist auch okay.", pflegte sie zu sagen. Und Marius? Ich wurde aus ihm nicht schlau.




    Er sagte meistens gar nichts dazu. Doch dann, wenn er getrunken hatte,
    sagte er, er wolle weder eine Tochter, noch einen Sohn. Ihm reiche ein Kind. Als ich eines Tages faul auf der Couch lag, fix und fertig von der vielen Arbeit, kam Marius herein. Ich wollte mich schon aufsetzen, da es mir sehr unhöflich erschien, so faul herum zu liegen, doch er hob die Hand und sagte: "Bleib nur liegen. Ich will nur kurz mit dir reden." Ich sah ihn prüfend an. "Wirklich, bleib liegen. Es ist kein Problem."




    Also behielt ich meine Liegeposition bei. Er setzte sich neben mich und sagte leise: "Glaubst Du, dass das normal ist, Miranda?" Ich sah ihn fragend an. "Was meinen Sie?", fragte ich. Er zögerte, erklärte jedoch dann: "Glaubst du, dass es normal ist, dass Männer sich anderwertig umsehen, wenn die Frau schwanger ist? Es ist nicht so, dass ich sie nicht mehr lieben würde... Aber sie ist so üppig. Ich bin doch auch nur ein Mann." Nun setzte ich mich doch auf. "Herr Meisner, ich kann verstehen, dass es vielen Männern so geht, aber es ist nun mal so, dass eine Frau dicker wird, wenn sie schwanger ist. Ich bin mir sicher, dass Tanja, sobald das Baby da ist, wieder abnimmt. Das war, wie sie mir erzählt hat, bei Dean-Lewis genau so."



    Er nickte. "Ja, sie war schnell wieder die Alte. Aber trotzdem..." Er sah zu Boden. "Ach, was rede ich eigentlich... Du kannst mir ja doch nicht weiter helfen." Ich spürte seine Verzweiflung. Irgendwie wollte ich ihm helfen. "Herr Meisner, wenn ich irgendwas für Sie tun kann, dann brauchen Sie es nur zu sagen. Ich habe immer ein offenes Ohr für Sie." Er sah mich erfreut an. "Wirklich? Das ist sehr lieb. Ich werde darauf zurück kommen." Er schien mir nüchtern zu sein, zumindest roch ich keinen Alkohol in seinem Atem. Dann stand er auf. "Danke. Du hast mir eine große Last genommen." Eigentlich hatte ich gar nichts getan, aber ich war froh, dass es ihm jetzt besser ging. Ich konnte ja nicht ahnen, was er mit all dem meinte...

    Zu den Kommis:
    Sorry hatte heut ein bisschen Stress aber nehme mir jetzt Zeit die Kommis zu kommentieren :)
    @ Appolonia: Alkohol kann vieles aus der Bahn bringen. Es ist ja bekannt, dass Männer meistens anzüglich werden, und so eben auch der Marius aus unserer Geschichte. Wenn er nüchtern ist, ist er schüchtern und würde es sich nie wagen, auch nur ein falsches Wort zu Miranda zu sagen, doch kaum hat er was getrunken, wird ihm klar, wie sehr sie ihm gefällt, und versucht, bei ihr zu landen. Ich darf natürlich noch nicht all zu viel verraten, aber es wird noch viel schlimmer werden mit ihm und dem Alkohol. Seid gespannt!


    @ Sunny: Bei meiner anderen Story lade ich grad alle Bilder neu hoch, denn mein Bilderhoster hat sich von einen Tag auf den anderen leider verabschiedet, bzw. ist er einfach nicht mehr vorhanden. Das ist bei 30 Seiten sehr ärgerlich, aber ich bemühe mich, die Bilder alle wieder hervorzukramen :)
    Danke für dein Lob, und schön, in dir einen neuen Leser gefunden zu haben!


    Auch vielen Dank an alle stillen Leser und Thanks - Sager :)


    Zerst wolle ich meine Schwester anrufen. Ich überlegte hin und her, tat es dann aber doch nicht. Sie hatte sich so gefreut, dass ich diese Stelle bekommen hatte, und so viel Hoffnung hier hineingesteckt, das wollte ich ihr nicht zerstören. Allerdings ging es mir aber auch alles andere als gut in dieser Lage. Am liebsten hätte ich meine Sachen gepackt und wäre gegangen, einfach irgendwo hin, wo mich keiner kannte, doch ich wusste, dass das nicht möglich war. Ich war mittellos. Völlig arm.
    Ich beschloss, die ganze Sache zu vergessen. Allerdings hoffte ich auch, dass sich meine Schwester bald melden würde, denn ich vermisste sie schrecklich. Auch meine Mutter fehlte mir, doch sie dachte einfach nicht an mich, rief nie an, fragte keinen nach mir. Bis ich eines Tages einen Brief bekam. Es war schon sehr spät, deshalb rechnete ich nicht mit Besuch. Die Meisners waren aus, und ich passte auf den kleinen Dean-Lewis auf, als es an der Tür klingelte.



    Ich öffnete vorsichtig, und da stand der Postbote. Er war ganz außer Atem. "Es tut mir leid, Frau Meisner, aber ich habe diesen Brief hier gefunden. Er muss mir wohl beim Austragen der Post hinuntergefallen sein. Es tut mir wirklich sehr leid, ich hoffe, es ist nichts all zu wichtiges." Ich dankte ihm, nahm den Brief entgegen und verabschiedete mich noch kurz. Auf dem Kuvert stand: "Meisner - zu Händen Miranda". Er war also an mich.


    Ich öffnete ihn vorsichtig. Von wem er wohl war? Schon an der Schrift, die kaum lesbar war, und an der Wortwahl, ein schlechtes Deutsch, wusste ich, von wem er war.



    LIebe Miranda,
    es tud mir in der Sele weh, das ich dir schreiben muss, und dir das alles nich bersönlich sagen kann aber ich weis nicht, wie ich dir sonst meine gefüle zeigen kann. ich kann mich nich gut ausdrucken und das weisd du auch, aber ich versuche es hir. ich liebe dich, du bist mein kind, uns ich wusste schon, als du noch ein gans kleines mädchen warst, das aus dir mal was besondres werd. ich habe nie gezweifelt, das ich einmal auf eins meiner kinder stolz sein werden würde. aber bei dir war ich mir sicher, das du mir freude bringen würdest, und ich wusste das ich mich auf dir ferlasen kann. danke das du nicht zurück gekommen bist und das du alles getan hast was in dieiner macht gestand. ich wollte dich nie allein lassen und du must wissen das ich immer an dich denke, auch wenn ich glaube, das es das beste ist, wenn wir uns auch in der zukunft nicht sehen. vielleicht später wenn du irgentwan auf eigengen beinen stehst, dann werden wir uns sehen und über alles reden.
    du bist in meinem hertzen.
    deine mama



    Es war sehr schwierig, den Brief zu lesen, nicht nur wegen der zahlreichen Fehler, sondern auch, weil mir die Tränen gekommen waren. Auch, wenn es nicht viele Worte waren, waren sie doch an mich gerichtet, und meine Mama hatte mich nicht vergessen. Nein, sie dachte an mich, und hatte mir sogar einen Brief geschrieben. Es war schön, zu wissen, dass jemand bei mir war und an mich dachte.
    Ich ging zu Dean-Lewis, der seelig in seinem Bettchen schlief, und sah ihm eine Weile zu. Wie gern würde ich jetzt an seiner Stelle sein, dachte ich. Einfach schlafen, keine Sorgen haben, einfach ein normales Leben führen. Doch für mich war schon immer alles schwierig gewesen.



    Als wir eines Tages nach dem Essen alle zusammen saßen, sprach Tanja über das Kind in ihrem Bauch. Es trat und bewegte sich ständig. Auch für mich war es eine interessante Erfahrung, so genau zu erfahren, wie sich das Leben einer schwangeren Frau veränderte. Bei meiner Schwester war ich wohl noch zu klein gewesen.
    Tanja verkündete, dass sie sich nun mit Dean-Lewis ein bisschen hinlegen würde, und ließ mich und Marius am Tisch sitzen.



    Er wandte sich sofort an mich. "Wegen dem einen Mal, wo ich den Arm um dich legen wollte... das hättest du nicht gleich so ernst nehmen sollen.", sagte er. Ich hatte irgendwie ein schlechtes Gewissen. "Weißt du, Mira, es war einfach ein bisschen traurig, alles. Und wenn mein Vater da ist, dann ist immer alles sehr schwierig." Ich nahm seine Fahne war. Wann hatte er getrunken? Ich hatte es gar nicht mitbekommen. Unter dem Tisch legte er seine Hand auf meinen Oberschenkel. "Du brauchst doch auch ein bisschen Liebe. Ist es nicht scheuslich, allein hier zu sein, ohne jemanden, der einen in den Arm nimmt?"



    Ich sprang sofort auf. "Bitte, Herr Meisner, lassen Sie mich in Ruhe. Ich will das nicht und ich werde es auch nie wollen. Bitte behalten Sie ihre Hände bei sich." Er wurde zornig. "Denkst Du wirklich, ich würde auf so was wie Dich stehen? Ich wollte dich nur in den Arm nehmen." Sein Blick entspannte sich. "Du siehst immer so einsam und so traurig aus, und Du hast doch keine Freunde. Ich wollte Dich nicht verunsichern, es tut mir leid. Setz Dich wieder." Doch ich wollte mich nicht mehr hinsetzen. "Ich habe noch zu tun.", sagte ich und ging aus dem Raum.



    Ich habe dir ja versprochen, weiter zu lesen, hab aber alles noch mal von vorn gelesen, damit ich wieder richtig weiß, um was es geht. Leider muss ich dir sagen: Ich dreh gleich durch. Hab grad gesehen, dass die letzte Fortsetzung auch schon wieder etwas länger zurück liegt und ich hoffe, dass du bald weiter schreibst, sonst werd ich nämlich verrückt. Ich will jetzt endlich wissen, was wirklich mit dem anderen Mädchen ist, ob es ihre Schwester ist, und was mit den Eltern passiert ist... Hoffentlich hoffentlich hoffentlich gibts bald ne Fortsetzung! Wäre schön, wenn du uns sagen könntest, wann du weiter schreibst!
    LG, Dein treuer FAN Moni :)

    Ich konnte in den nächsten Tagen beobachten, wie das Verhältnis zwischen Tanja und Marius deutlich abkühlte. Normalerweise waren sie zärtlich zueinander, und am Donnerstag verbrachten sie den Nachmittag vor der Konsole. Doch diesmal war es anders. Es war Donnerstag, doch Marius saß am Klavier und spielte ein Lied, das ich von irgendwo her kannte, ich konnte mich nur nicht erinnern, woher.



    Tanja kam in den Raum. "Schatz, gehst du mit mir joggen?" Sie schien gut gelaunt zu sein, doch Marius gab keine Antwort. Ich verließ schnell den Raum, denn ich wollte die beiden nicht stören, doch noch in der Küche hörte ich, was Tanja dann sagte: "Seit dein Vater da war, bist du so abweisend. Was hat er denn wieder über mich gesagt?" Das Klavier verstummte. "Weißt du, Tanja, es ist schon schlimm genug, dass du unser Kindermädchen mit am Tisch sitzen lässt, wenn mein Vater da ist. Aber ihr nun auch noch das Wort zu erteilen, nur um nicht mit meinem Vater reden zu müssen, das ist schon sehr armselig. Dachtest du wirklich, er würde es nicht merken? Er hält jetzt mehr von unserem gescheiten Kindermädchen als von meiner eigenen Frau. Dein Plan ist nach hinten los gegangen, Tanja." Sie schluchzte. "Wie kannst du nur so etwas denken? Und wie kannst du nur so gemein sein?" Marius schwieg. Es war mir schrecklich peinlich. Ich hätte nein sagen sollen, ich hätte eine Ausrede finden müssen, um nicht mit am Tisch zu sitzen. Ich hatte gedacht, ich könnte mich hier in diese Familie mit einbringen wie ein Mitglied derren... Ich war so dumm.



    Kurze Zeit später ging Tanja dann alleine zum Joggen. Ich passte wie immer auf den Kleinen auf. Um acht brachte ich ihn ins Bett, doch Tanja war immer noch nicht zurück. Ich kam ins Wohnzimmer, weil ich dachte, keiner wäre da, doch dann sah ich Marius. Auf dem Tisch stand eine Wodkaflasche, die bereits leer war, und in der Hand hielt er eine Flasche Ouzo. Er sah mich an, versuchte nicht, seinen Alkoholkonsum zu verheimlichen. "Setzzz dich zzzu mirrr.", säuselte er in einem betrunkenen Tonfall. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Er stellte die Flasche auf den Tisch. "Wenn duuu auch wasss willllssst, mussst du dir ´n Glas holn." Ich schüttelte nur den Kopf.



    Stumm setzte ich mich neben ihn. "Schöööön, dassss du mir Geselllllschaft leistest. Du bisssst so klug, das hat sogar meinen Papi fasssziniert." Ein wenig peinlich war mir die Situation zwar schon, aber es war auch schön, so etwas zu hören. Etwa zwei bis drei Minuten saßen wir auf der Couch und schwiegen uns an. Auf einmal sah er mich an, von oben bis unten. "Du siehst so gaaaanz andersss aus als meine Frau. So hübsch... obwohl... du bis nich geschminkt, ne?" Ich schüttelte verlegen den Kopf. "Wills du nich auch mal wieder so richtich lieb gehabt werden?" Ich sah ihn misstrauisch an. Dann wollte er den Arm um mich legen, doch ich blieb stocksteif sitzen.



    "Findest mich wohl nich so nett, was? Denkst, ich bin besoffen und weiß nich was ich tu." Ich nahm all meinen Mut zusammen und sagte: "Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt ins Bett gehe." Er lachte laut auf, so laut, dass ich erschrocken zusammenzuckte. "Hätte ich mir denken können, dass du nich so bist wie das Mädchen vor dir. Die is leicht hergegangen. Aber die war auch blond und dumm. Fast so dumm wie Tanja. Aber du, du bist anders, nich wahr? Bei dir muss man sich echt anstrengen, um dich zu kriegen."



    Schnell stand ich auf und lief hoch in mein Zimmer, wo ich erst mal den Schock überwinden musste...





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    Soooo, das wars erst mal für heute. Natürlich freue ich mich riesig über THANKS und Kommis!
    Ich hoffe, euch hats gefallen!
    Spekulationen erwünscht :)
    Eure Moni


    Knapp eine Stunde später erschien dann der gefürchtete Schwiegervater. Es wunderte mich, dass sich Tanja nicht zurecht gemacht hatte. Eigentlich hätte ich erwartet, sie top gestylt am Tisch sitzen zu sehen, doch sie sah aus wie immer. Der Herr Schwiegervater kam mir auch nicht so nobel vor, wie ich es erwartet hätte. Nur Marius trug einen seiner braunen Anzüge.
    Als nun alle am Tisch saßen und Tanja mich auch herwinkte, dachte ich, nicht richtig zu sehen. Sie wollte MICH dabei haben? Ich setzte mich kleinlaut auf meinen Stuhl, während Tanja mich beruhigend anlächelte.



    Beim ersten Thema, das sich am Tisch entwickelte, konnte ich noch nicht mitreden, da es ein persönliches Gespräch war. Doch dann entwickelten sich die Gespräche in eine andere Richtung, und ich konnte meinen Senf dazu geben. Zuerst sah mich der Schwiegervater, der sich mir als Walter Meisner vorstellte, noch etwas brüskiert an. Ein Kindermädchen, das sich in Sachen Politik auskannte, hatte er wohl noch nie gesehen. Doch dann lächelte er immer wieder und nahm mich ernst. Das war ein tolles Gefühl. Sogar Marius schien mein Wissen und meine Artikulation zu bewundern.



    Langsam wurde mir auch klar, warum Tanja mich mit am Tisch sitzen ließ: So konnte sie ihr eigenes Defizit an Wissen vertuschen. Außerdem würde der Schwiegervater hernach bestimmt fragen, wo man dieses tolle, kluge Kindermädchen gefunden hätte, und dann würde Marius sagen: "Tanja hat dieses Goldstück gefunden." Und so konnte sie sich Anerkennung und Sympathiepunkte holen. Obwohl ich die Situation durchschaut hatte, kam ich mir nicht ausgenutzt vor. Ich war immer noch stolz auf mein Allgemeinwissen und legte mich voll ins Zeug. Natürlich wollte ich auch nicht zu altklug klingen.



    Nach dem Essen stand Marius auf. Nun gingen die Herrschaften dann jedoch alleine ins Wohnzimmer. Tanja trug mir auf, den Tisch abzuräumen und danach das Gästezimmer für Herrn Dr. Meisner vorzubereiten. Er würde übermachten.



    So räumte ich ein bisschen enttäuscht den Tisch ab. Der alte Herr hatte mich so angesehen, als wollte er sagen: "Ach, komm doch mit, Kleine. Du bist so unterhaltsam." Doch Marius wollte nun allein mit ihm reden, warum auch immer.
    Am nächsten Tag verabschiedete sich Herr Dr. Meisner sehr früh, und vor allem nur von mir, denn die junge Generation Meisner schlief noch.
    "Du bist wirklich etwas Besonderes, das habe ich deinem Chef auch schon gesagt.", sagte er bewundernd.
    "Es tut mir leid für dich, dass du dein Talent hier verschwenden musst. So ein Mädchen wie dich habe ich noch nie gesehen. Deine Intelligenz ist wirklich beeindruckend. Als ich von Marius dein Alter erfahren habe, war ich zuerst skeptisch. Das konnte ich gar nicht glauben. Du musst wissen, ich hätte mir für Marius immer so ein kluges Mädchen wie dich gewünscht. Doch leider hat er sich in diese No-Name-Mädchen verliebt, eine davon war Tanja. Und die ist ihm nun geblieben." Es ließ mich erröten, wie der Herr über meine Chefin sprach. Er bemerkte seinen Fehler und schüttelte den Kopf. "Hör mir einfach nicht zu. Was ich dir eigentlich sagen wollte: Wenn du einmal Hilfe brauchst, dann komm zu mir."



    Er drückte mir seine Visitenkarte in die Hand, dann verabschiedete er sich und ging.