~Kapitel 1~
Highway from Hell
Die Formulierung, Sonne steche vom Himmel herab, ist erst dann zu verstehen wenn man selbst seid vierundzwanzig Stunden ausgehungert, ausgedörrt und ausgepowert mitten im Sommer irrgentwo im Nirrgentwo einen Highway entlangschlurft, ohne Ziel, ohne Wasser, ohne Hoffnung auf Rettung. Die wüste, gottverlassene Umgebung um mich herum ausblendend, den Blick starr auf den Boden gerichtet murmelte ich den Rhythmus meiner Schritte. Ihn einzuhalten zu versuchen war eine krampfhafte Beschäftigung um sich trotz Erschöpfungserscheinungen voranzutreiben. "Links... Rechts... Links... Rechts... Linker Fuß... Und rechter Fuß..."
Was hatte mich bloß geritten den Anhalter zu bitten mich wärend der Fahrt hinauszulassen? Hatte ich etwa angenommen, in dieser Einsamkeit in Sicherheit zu sein? War es in den berühmt berüchtigten Horrorfilmen nicht genau umgekehrt, dort wo die meist ahnungslosen Opfer allein in einem Wald umherirrten bis der Mörder eiskalt aus seinem Versteck zwischen den Bäumen hervorsprang und es niederstreckte? Horrorfilme. Ich hatte sie schon immer gehasst. "Links... Rechts... Links..." Aber hier gab es keine Bäume hinter denen jemand hervorspringen konnte. Nur Sand... Staub... Flimmernder, mit Rissen durchzogener Asphalt... Flimmern... Nicht nur auf dem Asphalt. Auch wenn ich zu Boden schaute verschwamm die Umgebung. Ich war am Ende. "Rechts... Nicht stehenbleiben... Links..."
"...rechts..." Was genau war eigentlich geschehen? Was hatte mir solche Angst eingejagt dass ich weggelaufen war? Immer wenn ich mich versuchte zu erinnern, erschienen nur vereinzelte Bilder in meinem Kopf, wie von einem Schwarzweißfilm. Vielleicht hatte ich doch etwas abbekommen? Aber wahrscheinlich war es besser so... Je früher ich es vergaß, desto weniger brauchte ich später zu verdrängen... "...links..." Ein fernes Brummen. Ein Motor! Ein Auto! Alle Lebensgeister in mir schienen neu erwacht, sodass ich herumfuhr. Doch dieses schwache Hoffnungsgefühl wandelte sich in jähe Enttäuschung. Eine Hummel. Nur... Eine Hummel. Eine Hummel in einer wüstengleichen Landschaft?
Doch blieb mir keine Zeit paranoid zu werden und die verschiedensten bösen Omen in einer vereinzelten, sterbenden Hummel zu deuten, da ein weiteres Brummen meine Sinne aufhorchen ließ. Diesmal war es dunkler, bei weitem lauter als das Geräusch eines Insektes. Wenn auch für mich nur verschwommen zu erkennen, wurde in der Ferne ein Lastwagen sichtbar. Ein von Gott gesegneter Schweinetransporter! Ohne über Konsquenzen nachzudenken, die irreale Vorstellung vor Augen das tonnenschwere Fahrzeug stoppen zu können, den Gedanken an Wasser, kühles, erquickendes Wasser zu trinken im Kopf, stürzte ich auf die Straße.
Das Quietschen von Bremsen, gepaart mit dem aufgeregter Schweine zeugten nur Sekunden später davon, dass ich es geschafft hatte. Es folgten Flüche aus dem Fahrerhäuschen. "Du verdammte Schlampe, was zur Hölle fällt dir ein? Bist du irrgentwie besoffen? Runter von der Straße!" Ich ignorierte seine Wut. "Mister..." "Nichts da Mister. Read my Lips, Miss! Du bist im Weg!" "...ich brauche einen Anhalter und..." Doch der Fahrer ließ sich in seinem beleidigenden Redeschwall nicht stoppen. "Jetzt soll ich auch noch den Anhalter spielen oder wie? Das kannst'e Knicken! Und selbst wenn... Sowas Verkommenes wie dich lasse ich höchstens bei meiner Fracht mitfahren!"