Kapitel 126: Der perfekte Mann
Da Kinga nun endgültig meiner Kontrolle entglitten war, konnte ich mich nur noch an eine Person wenden. "Schön, dass du gekommen bist", begrüßte ich Dominik, als er in der Simlane auftauchte. Er gab mir seine Hand, aber ich merkte deutlich, wie angespannt er war. Es war ihm unangenehm, mich zu sehen. Es war das erste Mal, seit unserer Scheidung, dass wir uns sahen und ein Gespräch führten, dass über ein höfliches "Hallo" hinaus ging. "Herzlichen Glückwunsch zu deiner Hochzeit", gratulieret ich ihm und er nahm nickend an.
Bevor jetzt eine unangenehme Stille entstehen konnte, rückte ich gleich mit meinem Anliegen heraus. Ich hatte ihm schon am Telefon erklärt, was vorgefallen war. „Bitte rede mit ihr, Dominik. Auf mich hört sie nicht mehr, aber sie war doch immer deine kleine Prinzessin. Vielleicht kannst du ja zu ihr durchdringen?" Leider wirkte Dominik wenig zuversichtlich. "Sie hat sich auch von mir entfremdet. Ich hab sie seit Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie kommt doch schon lange nicht mehr zu mir. Am Anfang hatte sie ja noch Ausreden, aber jetzt hält sie nicht einmal mehr das für nötig." "Versuch es trotzdem", bat ich ihn. Dominik war meine letzte Hoffnung.
Kinga war noch in der Schule. Trotz aller Probleme, die sie mir bereitete, ihre Leistungen in der Schule blieben so, dass sich niemand beschweren konnte. Leider könnten Dominik und ich unser Schweigen nicht überbrücken. Also erledigte ich den Haushalt, während Dominik mit Tristan im Garten blieb und sich mit einem Ballspiel ablenkte. Mit Tristan kam mein Ex-Mann nach wie vor gut klar, nur mit mir leider nicht. Verstohlen blickte ich zu den beiden hinüber. Dominik sah so verdammt gut aus...Aber er war verheiratet und zeigte kein Interesse an mir, das musste ich akzeptieren.
Kinga stieg aus dem Schulbus und verkroch sich umgehend in ihrem Zimmer, so wie sie es immer tat. Dominik bemerkte sie nicht einmal. Reflexartig schaltete sie ihre Anlage an und warf ihre Schulsachen auf den Schreibtisch. Durch die laute Musik hörte sie nicht, wie Dominik an ihrer Tür klopfte und schließlich einfach unaufgefordert in ihr Zimmer schritt. Erst als er wiederholt ihren Namen rief schreckte sie zusammen und drehte sich zu ihm um.
"Was willst du den hier?", fragte sie genervt und drehte sich von ihm weg. Doch Dominik ließ sich nicht so leicht abschütteln und ging immer wieder um sie herum, bis sie ihn schließlich doch ansehen musste. "Warum bist du so wütend, Prinzessin? Warum kannst du nicht alles hinter dir lassen und eine normale Beziehung zu deiner Mutter aufbauen?" Er fragte dies ganz ruhig, ohne einen Hauch von Vorwurf in der Stimme. "Merkst du nicht, dass wir dich alle lieben? Ich liebe dich, deine kleine Schwester liebt dich und auch deine Mutter liebt dich...auf ihre Weise." Er sah den Schmerz in Kingas Augen, sah, wie sie mit sich selbst rang. "Vertrag dich mit deiner Mutter, Prinzessin. Und wenn du es nicht ihr zuliebe machst, dann tue es für deine Schwester, tue es für deinen Dad, Prinzessin."
"Aber du bist nicht mein Dad!", brüllte sie ihn plötzlich an. "Ich habe keinen Vater. Diese Frau, meine Mutter", sie spie das Wort regelrecht aus, "hat mit ihren kleinen hinterhältigen Machenschaften dafür gesorgt, dass ich keinen Vater mehr habe. Also spiel dich nicht so auf, als ob du mein Vater wärst! Du bist es nicht, hast du das verstanden?! Du bist nicht mein Vater, also hau jetzt einfach ab!"
Darauf konnte Dominik nichts erwidern. Ich hatte ihn noch nie so niedergeschlagen erlebt, wie in dem Moment, als er aus ihrem Zimmer kam. Nicht einmal, als er von meinem Betrug erfahren musste, hatte er so hoffnungslos dreingeblickt. Er musste mir nichts erklären. Ich hatte Kingas Stimme deutlich hören können, auch wenn ich die Worte nicht verstand. "Danke, dass du es wenigstens versucht hast. Das war mehr, als ich erwarten konnte." Dominik nickte traurig, verabschiedet sich dann von Klaudia und verließ die Simlane. Es war, als ob mit ihm auch meine letzte Hoffnung auf eine unkomplizierte Zukunft gegangen wäre.
4 Jahre später
"Und jetzt auf den Knien!", rief Klaudia und kletterte wieder auf die Rutsche unseres Pools, den ich vor einigen Jahren im Garten anlegen ließ. "Okay", stimmte Tristan ihr zu. "Aber dabei musst du....", er überlegte eine Weile, "...das Lied vom Crazy Frog summen." Klaudia zeigte ihm einen Vogel und rutschte laut schreien in das von der Wüstensonne aufgewärmte Wasser. Und wenige Sekunden später folgte Tristan ihr laut singend. Lachend führ ich mir durch mein dauergewelltes Haar. Die beiden benahmen sich wie zwei kleine Kinder. Gut, Klaudia war auch noch eins, auch wenn sie in wenigen Wochen 13 werden würde. Aber Tristan war schon 43. Wenn man ihn aber so sah, hätte man ihn höchstens auf acht eingeschätzt.
Kinga lag am Poolrand und ließ die Sonne auf die gut eingecremte Haut scheinen. Sie hing immer noch mit ihren beiden Freunden, Alexander und Farina rum. Meistens bekam ich sie gar nicht erst zu Gesicht. Aber im letzten Jahr war sie endlich ruhiger geworden. Die Anfeindungen mir gegenüber haben aufgehört, zumindest weitestgehend, und die Musik aus ihrem Zimmer war deutlich leiser geworden. Dennoch machte es ihr weiterhin Spaß, jeden Bewohner der Simlane zu schocken, wo es nur ging. Und die Ideen dazu schienen ihr auch mit knapp 19 nie auszugehen.
Tristan kletterte aus dem Wasser und schnappte sich einen Drink von der Poolbar. Gerade als ich mir auch einen greifen wollte, wirbelte mich jemand herum und kniff mir ordentlich in die Pobacke. "Kasimir, lass das", belehrte ich meinen Lebensgefährten. "Die Kinder schauen doch zu." Auch wenn ich vorwurfsvoll klang, so musst eich doch zugebe, dass es mir gefiel, wenn Kasimir mich in meinen Hintern kniff...oder auch ganz andere Dinge mit mir anstellte.
"Gut, dann gehen wir da hin, wo deine beiden Mädchen uns nicht sehen können", entschied er kurzentschlossen und hob mich in seine Arme. Ich versuchte zwar zu protestieren, doch man merkte deutlich, dass es mir damit nicht all zu ernst war. Kinga hörte mein gespieltes Schreien und stand genervt auf. "Ihr zwei treiben es ja wie die Karnickel", schnaufte sie verächtlich, während Kasimir mich ins Haus trug. "In eurem Alter sollte man Kreuzworträtsel lösen und nicht Bettgymnastik machen." Tristan enthielt sich eines Kommentars, konnte sich ein Schmunzeln aber nicht verkneifen.
Zielstrebig ging Kasimir auf unser Schlafzimmer zu, warf mich aufs Bett und begann gierig mich zu küssen. Ohne sich viel Zeit zu lassen, entledigte er sich seiner Badehose und zog mir meinen Bikini aus und legte dann ohne weiteres Vorspiel los.
Nach wenigen Minuten war das Spektakel vorüber. "Und, wie war ich, Perle?", fragte er und blickte mich dabei aus seinen herrlichen dunkelblauen Augen an. Was sollte ich darauf schon antworten? Du warst der Hammer? Das wäre gelogen gewesen auch wenn ich unser kurzes Liebesspiel durchaus genossen hatte. Statt einer Antwort lächelte ich nur verführerisch und fuhr mit meiner Hand zu seiner Lendengegend. "Vielleicht kannst du deinen Freund ja überreden, dass er gleich eine zweite Runde hinlegt?" Kasimir grinste. "Da lässt sich sicher etwas tun."
"Doch vorher muss ich pissen." Er schob die Decke zurück, kramte eine Unterhose aus dem Nachtschrank und zog sie an. "Außerdem muss ich dringend eine rauchen. Aber ich bin gleich wieder zurück, Perle." Das Spiel kannte ich bereits und eigentlich hatte ich damit gerechnet. Die Zigarette danach gehört für ihn einfach dazu und er konnte und wollte nicht darauf verzichten, selbst wenn er dafür vors Haus musste. Ich hatte mich damit arrangiert und ich war wirklich froh, dass er Haus und Bett mit mir teilte.
Ich brauchte einfach einen Mann. Nicht für die Kinder, die waren groß und kamen alleine zurecht. Kinga ging schon seit Jahren ihren eigenen Weg. Und Klaudia war inzwischen auch alt genug. Sie brauchte keinen Ersatzvater mehr. Außerdem hatte sie Dominik. Gut, er war vor zwei Jahren mit Ingrid und seinem Sohn Sky nach SimVegas gezogen, aber sie sah ihn trotzdem sehr oft. Nein, ich brauchte einen Mann um selbst zufrieden zu sein.
Die sich öffnende Tür riss mich aus meinen Gedanken. Als ich hinsah, hatte Kasimir bereits seine Unterhose weggeworfen und stellte sich vor mich hin. "Mein kleiner Freund brauchte nicht lange überredet zu werden. Und jetzt will er die Aufmerksamkeit, die du ihm versprochen hast." Die zweite Runde dauerte deutlich länger und alleine aus diesem Grund war sie schon deutlich befriedigender für mich. Als Kasimir zum Höhepunkt kam, drückte er mir erschöpft aber zufrieden einen Kuss auf, drehte sich zur Seite und schlief augenblicklich ein. Seufzend schmiegte ich mich an seinen Rücken und inhalieret seinen Körperduft, der sich mit dem Zigarettenrauch vermischt hatte. Nein, er war kein perfekter Mann. Aber er war hier, hier bei mir in meinem Bett und er würde bleiben. Und das war mir wichtiger, als ewig auf den perfekten Mann zu hoffen, der doch unerreichbar war.
Gedanken:
Etwa ein Jahr nachdem ich mich von Charlie getrennt hatte, kam ich mit Kasimir zusammen. Ich fing mir für diese Entscheidung von mehr als einem Freund ein unverständliches Kopfschütteln ein. Aber es fühlte sich trotzdem richtig an. Kasimir war gutaussehend, alleinstehend und in meinem Alter. Seine wilden Tage waren vorbei und ich erkannte, dass ich selbst ein kleines und naives Mädchen gewesen war, als ich mich noch vor Kingas Geburt mit ihm eingelassen hatte und damals maßlos von ihm enttäuscht wurde. Jetzt war ich älter und wusste, worauf ich mich bei ihm einließ und schnell stellte ich fest, dass er gar kein so übler Kerl war.
Vor etwa einem Jahr war er dann bei mir eingezogen. Tristan war zunächst überhaupt nicht begeistert, aber wie immer hielt er sich aus meinen Liebesangelegenheiten zurück. Erstaunlicherweise ersparte sich Kinga jeden Kommentar und nahm Kasimir an meiner Seite einfach hin. Und entgegen ihrer Art blieb auch Klaudia sehr reserviert. Aber im Grunde sagte mir das sogar zu. Kasimir versuchte sich nicht als Ersatzvater aufzuspielen und die Kinder sahen ihn auch nicht als solchen. Das machte das Leben für alle deutlich einfacher.
Geld war nach wie vor kein Problem. Tristan verdiente gut bei der Ölgesellschaft und auch Kasimir hatte einen Job mit festem Einkommen. Ich hatte bereits vor einigen Jahren einen Teil meiner Ersparnisse für den Kauf einer weiteren Zitrusplantage investiert und zusätzliches Land in Ganado Alegro erworben.
Und da sich diese Investitionen rentierten, sah man nicht zuletzt daran, dass ich hinter dem Haus einen Pool anlegen lassen konnte.
Inzwischen war Klaudia mit ihren 12 Jahren schon fast zu einem Teenager heran gewachsen. Auf der Suche nach einem ihrer Schulzeugnisse entdeckte sie bei meinen Unterlagen den Fragebogen der Einwanderungsbehörde und füllte ihn gleich interessiert aus. Dabei kam heraus, dass sie ein Mensch war, der viel Wert auf Geselligkeit legt und ihr größter Wunsch war, zumindest laut diesem Test, einmal eine Starköchin zu werden. Erstaunlicherweise sagte dieser Wunsch Klaudia sogar zu.
Aber Kinga war und blieb mein Problemkind. Auch wenn sie Moment halbwegs kontrolliert schien, hatte ich die Befürchtung, dass ihre Wut augenblicklich wieder ausbrechen könnte. Die Schule war das einzige, worin sie sich wirklich Mühe gab. Doch in wenigen Monaten würde sie ihren Abschluss machen und ich machte mir ernsthafte Sorgen, was dann aus ihr werden sollte. Früher war ihr Weg klar gewesen. Erst die Schule, dann die Universität. Doch ich fürchtete, dass dieser Plan schon lange nicht mehr Kingas Vorstellung von ihrem Leben entsprach.