star of the Night
Vielen Dank für deinen Kommentar! Die Geschichte wird in den kommenden Updates noch um einige weitere Handlungsstränge erwitert. Es freut mich zu hören, dass die Geschichte dir gut gefällt.
Beiträge von Stev84
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Kapitel 55: Ein perfekter Moment
Ich meldete mich nicht bei Dad. Wochen vergingen und Dad versuchte kein einziges Mal, noch einmal Kontakt mit mir aufzunehmen. Scheinbar hatte er verstanden, dass ich ihm nichts zu sagen hatte. Die Mädchen wuchsen in dieser Zeit unheimlich schnell heran. Man konnte fast dabei zusehen, wie sie größer wurden und Tag für Tag neue Dinge lernten. Seitdem sie laufen konnten, folgten sie uns überall hin. Constance lachte immer noch nicht, sie suchte auch nicht die körperliche Nähe, wie Kinga es insbesondere bei Dominik tat. Aber trotzdem beobachtet sie immer aufmerksam, ob jemand von uns in der Nähe war. Nur dann konnte sie sich wirklich in ihr Spiel vertiefen. Das Verhältnis zwischen Dominik und Roland blieb weiterhin angespannt. Die beiden gingen sich zwar nicht mehr in die Haare, aber mehr als das Allernötigste sprachen sie auch nicht miteinander.
"Ist unsere Kleine nicht ein wirklicher Engel?" Dominik war unbemerkt ins Kinderzimmer getreten und beobachtete mich dabei, wie ich Kinga ins Bettchen brachte. "Ja, das ist sie", musste ich ihm zustimmen. Kinga war wirklich eines der ruhigsten und liebsten Kinder, die ich jemals erlebt hatte. Inzwischen schlief sie problemlos die ganze Nacht durch und wenn man sie einmal alleine ließ, dann beschäftigte sie sich mit sich selbst. Selbst wenn Constance anfing zu schreien, blieb sie einfach ganz ruhig in ihrem Bettchen liegen.
"Sie ist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist", erklärte Dominik stolz. "Du hast mich so glücklich gemacht, Brodlowska. Ich hätte das nie für möglich gehalten." Er legte seine Hände auf meine Schultern und küsste sanft meinen Nacken. Es war schön, diese Worte zu hören. Und trotzdem, ich wünschte, Albert würde jetzt hinter mir stehen und gemeinsam mit mir unser Kind betrachten. Es wäre so schön.
Dominik drehte mich zu sich herum und sah mir tief in die Augen. Das schelmische Grinsen auf seinem Gesicht war einem ernsten Ausdruck gewichen, den ich sonst bei ihm nicht kannte. "Ich liebe unsere Tochter, Brodlowska. Und ich liebe dich. Gleich am ersten Tag als ich dich sah, wusste ich, dass du die einzige Frau für mich bist." Ich starrte ihn verwundert an, weil mich diese Worte überraschten. Ich hatte nicht gewusst, dass ich ihm so viel bedeutete. Das hatte ich wirklich nicht. Doch als er plötzlich auf die Knie sank, blieb mir fast die Luft weg. Ich wusste ganz genau, was jetzt folgen würde und ich war wie gelähmt.
Dominik holte ein kleines dunkles Schmuckkästchen hervor und öffnete es langsam. Es war ein perfekter Moment. Der Schein des Vollmondes strahlte durch das Fenster des Kinderzimmers und ließ den Diamantring im inneren der Schatulle in funkelnden Glanz erstrahlen. "Oxana, ich will, dass die ganze Welt weiß, wie sehr ich dich liebe und wie glücklich du mich machst. Bitte werde meine Frau." Es war der perfekte Moment, es waren die perfekten Worte. Doch er war der falsche Mann. Ich sah den glänzenden Ring und ich sah Dominiks Augen, die vor Erwartung funkelten. Aber ich konnte ihn nicht heiraten. Ich liebte einen anderen. Aber wie sollte ich ihm das erklären? Wie konnte ich jetzt bloß "Nein" sagen, ohne dass mein Geheimnis unwiderruflich ans Tageslicht käme? -
Kapitel 54: Dad
Natürlich konnte ich das. Wozu hat man sonst gute Freunde. Und auf eine seltsame Weise verzauberte mich dieses Kind. Obwohl sie sich wehrte, wenn ich sie auf den Arm nehmen wollte, obwohl sie nie lächelte, wenn ich sie ansah, konnte ich nicht anders, als dieses kleine Wesen zu lieben. Das Gefühl, das ich bei Kinga bis heute vermisste, überkam mich bei Constance in dem Moment, als ich sie zum ersten Mal im Arm hielt. Und dieses Gefühl war so überwältigend, dass ich es kaum beschreiben konnte.
In den nachfolgenden Tagen verbrachte ich viel Zeit damit, auf die Kinder aufzupassen. Es machte mir Spaß, mich einfach zu den Kleinen auf den Boden zu setzen und sie beim Spielen zu beobachten. Besonders Constance faszinierte mich. Ich konnte mich daran kaum satt sehen, wenn sie das Wackelkaninchen in ihre unbeholfenen Hände nahm und an den Ohren herumriss. Sobald Constance ein Spielzeug in die Hände hielt, versank sie in eine Phantasiewelt, die nur sie kannte und wenn man genau hinschaute, konnte man die Andeutung, aber nur die Andeutung, eines Lachens erkennen.
Ich hoffte, dass sich diese Gefühle, die ich für Constanze empfand, auch auf Kinga übertragen würden. Doch das taten sie nicht. Kinga war für mich nach wie vor wie das Kind einer Fremden. Ich wollte sie lieben. Ich wollte es so sehr, doch ich konnte einfach nicht. Zumindest nicht so stark, wie ich sie hätte lieben müssen. Wenn sie schlief, ging ich an ihr Bettchen und streichelte ihr sanft über den Kopf. Und leise betete ich zur Heiligen Mutter, dass ich meiner Tochter endlich die Liebe schenken konnte, die sie verdiente. Denn ich verfügte über diese Liebe. Die wenigen Tage mit Constance haben mir das deutlich gezeigt und umso schwerer wog meine Schuld Kinga gegenüber.
Und umso erleichterter war ich, dass meine Kleine ihren "Dada" hatte. Wenn Dominik nachmittags von der Arbeit kam, begrüßte er als erstes seine kleine Prinzessin. Und jedes Mal freute sie sich wie eine Schneekönigin. Och, ich hatte riesige Zweifel, ob meine Entscheidung richtig gewesen war, Dominik meine Liebe vorzutäuschen und ihm das Kind eines anderen unterzuschieben. Aber wenn ich ihn zusammen mit Kinga sah, dann wusste ich, dass ich mir für sie keinen besseren Vater hätte aussuchen können. Gemeinsam mit ihm lernte Kinga das Töpfchen zu benutzen.
Und gemeinsam mit ihm machte sie ihre ersten wackligen Schritte auf zwei Beinen. Wenn "Dada" bei ihr war, dann schien alles zu funktionieren, selbst die Dinge, die ihr alleine noch völlig unmöglich schienen. So glücklich wie mit Kinga, hatte ich Dominik nur selten erlebt und genau dieser Anblick nahm mir ein wenig von der Schuld, die auf meiner Seele lastete.
Und dann schlichen sich Gedanken in meinen Kopf, wie schön es doch wäre, wenn alles nicht bloß eine große Lüge wäre. Wenn er tatsächlich Kingas Vater wäre, wenn ich nicht nur so tun würde, als ob ich ihn liebe, sondern es auch tatsächlich täte, wenn ich endlich meine Tochter so lieben könnte, wie sie es verdiente. Wenn ich die beiden zusammen sah, war es mir fast unbegreiflich, warum ich es nicht tat. Doch mein Herz hörte nicht darauf, was das Beste wäre. Es schlug nun mal nur für einen Mann. Nur für Albert.
Die Wochen vergingen und Constance lebte sich gut bei uns ein. Ihr Bettchen haben wir einfach in Kingas Zimmer hinzu gestellt. Das entpuppte sich teilweise als etwas unklug, da so beide Kinder sich gegenseitig weckten, aber das war nun mal die einfachste und kostengünstigste Lösung.
Roland versuchte immer wieder, bei Brandi anzurufen und sie um Verzeihung zu bitten. Doch sie ließ nicht mit sich reden. Meistens legte sie direkt auf oder hob erst gar nicht ab. Roland tat mir wirklich leid. Ich hatte immer noch die Hoffnung, dass Brandi sich mit ihm aussprechen würde, wenn erst einmal etwas Zeit vergangen war. Aber für Roland war diese Situation unerträglich. Langsam begriff ich, wie Benny sich gefühlt haben musste, als ich ihn damals scheinbar ohne Grund verlassen hatte. Mir war nie bewusst gewesen, wie sehr ich ihn dadurch verletzt hatte.
"Ich sollte mich bei Gelegenheit wirklich bei Benny entschuldigen", murmelte ich vor mir her als ich das Haus verließ um mit dem Kleintransporter raus zur Herde zu fahren. Roland hatte gerade wieder einmal ohne Ergebnis versucht, Brandi zu erreichen. Plötzlich klingelte mein Handy. Ich strahlte über das ganze Gesicht, als ich den Namen meiner Schwester im Display sah. Wir hatten schon lange nicht mehr miteinander telefoniert. "Hi, Jojo. Na, wie geht’s den meiner Lieblings-Zwillingsschwester?", rief ich fröhlich in den Hörer.
"Bitte leg nicht auf." Beim Klang dieser Stimme erstarrte ich zu einer Salzsäule. "Oxana? Bist du noch dran?". Ich weiß nicht, wie lange ich schon reglos dastand, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Was sollte ich bloß tun? Auflegen? Anfangen loszuschreien? Weinen? Ich wusste es nicht. Auf diesen Moment war ich einfach nicht vorbereitet. Langsam wich der Schock und meine Muskeln entspannten sich wieder. Ich schluckte tief und begann dann zu sprechen. "Ja, ich bin noch dran." Meine Stimme war vollkommen heiser. "Was willst du, Dad?"
"Ich will nur mit dir sprechen, Oxana. Sonst nichts." Das war schwer zu glauben. Als wir uns das letzte Mal begegnet sind, hatte er mich angeschrien und mich von der Beerdigung meines Vaters vertrieben. Und jetzt wollte er nur sprechen? Nach all der Zeit? "Ich habe gehört, dass ich Großvater geworden bin. Tu nicht so überrascht", warf er ein, als er meine heftiges Atmen hörte. "Stasia konnte es nicht für sich behalten, sei deiner Großmutter nicht böse. Aber deswegen rufe ich nicht an, Oxana. Ich habe Fehler gemacht. Ich...ich würde dich gerne sehen. Bitte, gib mir diese Chance...auch wenn ich sie vielleicht nicht verdient habe."
Ich war sprachlos. Anders konnte man es nicht beschreiben. Im Grunde hatten wir seit viereinhalb Jahren kein Wort mehr miteinander gewechselt und plötzlich rief Dad mich an um...um sich zu entschuldigen? Ich verstand die Welt nicht mehr. "Ich werde am Samstag in Simtropolis sein. Ich werde gegen Mittag im Café Simnational warten. Ich...ich hoffe, dass du kommen wirst". Dann legte er auf, ohne auch nur meine Antwort abzuwarten. Vielleicht war es auch besser so, denn ich hätte nicht gewusst, wie ich reagieren sollte.
Immer noch verwirrt stolperte ich zurück ins Haus und lief Dominik genau in die Arme. "Brodlowska, was ist los? Du siehst aus, als ob du einen Geist gesehen hättest." Seine Stimme klang merklich besorgt. Anscheinend sah ich tatsächlich mitgenommen aus. Er nahm vorsichtig meine Hand und streichelte sie. "Mein...mein Dad hat mich gerade angerufen. Er will mich sehen", erklärte ich benommen. Dominiks Griff wurde fester und er sah mir tief in die Augen. "Dann solltest du sein Angebot annehmen, Brodlowska. Und wenn du es nicht für ihn tun willst, dann tue es für dich. Du weißt, dass du sonst nie mit der Vergangenheit abschließen kannst."
Dominik hatte Recht, das wusste ich. Trotzdem kostete es mich viel Überwindung ins Auto zu steigen und nach Simtropolis zu fahren. Bereits als ich aus dem Wagen stieg, begann ich zu zittern. Das lag sicherlich nicht nur an dem kühlen Wetter, das, im Gegensatz zur heißen Sierra Simlone, in dieser Gegend der SimNation herrschte. Ich hatte Angst. Ich hatte Angst Dad gegenüberzutreten, weil ich nicht wusste, was mich erwarten würde. Hier in Simtropolis hatte meine Reise damals vor vier Jahren, nachdem Dad mich aus dem Haus geworfen hatte, angefangen. Diese Stadt war damals der einzige Anhaltspunkt gewesen, um meine Mutter zu finden. Und in eben dieser Stadt sollte es wieder zur Versöhnung kommen?
Und dann sah ich ihn. Er saß alleine auf der Terrasse des Café Simnational. Die anderen Gäste tranken ihren Kaffee im Inneren des Lokals, was an diesem kühlen Herbstnachmittag verständlich war. Doch Dad saß draußen und schaute von Zeit zu Zeit ungeduldig auf die Uhr und blickte zur Straße. Rasch versteckte ich mich hinter der Ecke des Gebäudes, so dass er mich nicht sofort erkannte. Denn ich brauchte noch etwas Zeit zum Nachdenken. Ich wusste noch immer nicht, wie ich ihm gegenüber treten sollte. Es war einfach so viel zwischen uns vorgefallen.
Ich war fast so weit, endlich Dad gegenüberzutreten, als plötzlich ein unbekannter Mann zu ihm herüber trat. Dad begann ihn zu mustern und scheinbar gefiel ihm, was er sah, denn er lächelte diesen Mann interessiert an. Sie begannen sich zu unterhalten, wobei ich kaum etwas verstehen konnte. Doch immer wieder konnte ich die beiden lachen hören.
Und dann musste ich mit ansehen, wie sie sich gegenseitig anzügliche Blicke zuwarfen, immer wieder kurzen Köperkontakt herstellten. Bis Dad dann wieder auf die Uhr sah. Er schien sich bei dem anderen Typen zu entschuldigen, doch dann holte er einen Zettel raus und schrieb etwas darauf. Ich konnte nur vermuten, dass es seine Handynummer war, die er dem Typen dann in die Brusttasche seines Hemdes steckte. Dad sah dem Unbekannten noch eine Weile hinterher, als dieser das Café verließ und grinste vor sich hin. Dann setzte er sich wieder an den Tisch und beobachtete erneut die Straße.
Die Szene, die ich gerade mitverfolgen musste, schockte mich zutiefst. Ich hatte nicht erwartet, dass Dad nach Paps Tod zum Eremiten werden würde. Aber ihn beim Flirten mit einem anderen Mann zu sehen, traf mich unvorbereitet. Und plötzlich kamen alle die Gefühle wieder hoch. Dieser tiefe Hass, den ich Dad gegenüber empfand. Lief es etwa so die ganzen zwanzig Jahre in denen er mit meinem Vater verheiratet war? Hatte er etwa in jeder Stadt, in die er kam, sofort den nächsten Liebhaber bereit gehabt?
Ich wollte nur noch weg. Nein, Dad hatte es nicht verdient, dass ich ihm verzieh! Doch wenn ich einfach nicht zu unserem Treffen auftauchte, dann würde er sich wahrscheinlich wieder bei mir melden. Und das wollte ich erst recht nicht. Also rief ich ihn an. "Dad, ich werde es leider nicht schaffen", erklärte ich knapp. "Kinga ist krank geworden und ich kann jetzt unmöglich hier weg. Ich werde mich bei dir melden." "Ok", überraschenderweise klang Dads Stimme hörbar enttäusch. "Ich werde auf einen Anruf von dir warten, Oxana. Ich freue mich schon." Einen Moment zweifelte ich, ob ich das richtige tat. Doch als ich einen letzten Blick auf Dad warf, wusste ich, dass ich ihm einfach nicht verzeihen konnte. -
Kapitel 53: Vater, Mutter, Kind?
Den Rest des Tages sprach Dominik kein Wort mehr. Er setzte sich einfach stumm vor den PC und schrieb an irgendwelchen Berichten für die Arbeit. Erst spät in der Nacht bemerkte ich, wie er zu mir ins Bett kam und er schlief lange Zeit nicht ein. Doch am nächsten Morgen fing er mich ab, noch bevor ich ins Badezimmer konnte, um mich für den Tag fertig zu machen. Sanft nahm er meine Hände. "Ich wollte mich für gestern entschuldigen. Ich hätte nicht so ausrasten dürfen. Ich hab gemerkt, wie erschrocken du warst, mich so zu sehen und das tut mir leid, Brodlowska. Ich wollte dir keine Angst machen". Ich wusste, dass er es ernst meinte. "Du solltest dich auch bei Roland entschuldigen", fügte ich leicht unsicher hinzu, da ich befürchtete, damit unsere Versöhnung wieder zunichte zu machen. Doch Dominik nickte zustimmend.
Plötzlich hörten wir ein Geräusch, das immer lauter zu werden schien. Schließlich war es so laut, dass Dominik und ich uns kaum noch verstehen konnten. Verwirrt traten wir in die Wüste hinaus und entdeckten Tristan, der mit einem Aktenkoffer bewaffnet am Straßenrand stand und sich mit einer Hand das Ohr zudrückte. Mit zugehaltenen Ohren gingen wir eilig auf ihn zu und ein Blick in den Himmel offenbarte uns den Grund für diesen ohrendbetäubenden Lärm. Ein Helikopter war gerade dabei vor unserem Haus zu landen!
Tristan blickte uns hilflos an. "Als die von der Ölfirma sagten, dass ich mit dem Hubschrauber nach SimVegas geflogen werde, habe ich eigentlich angenommen, dass ich vom Firmensitz abgeholt werde. Ich hatte ja keine Ahnung, dass die direkt vor der Haustür landen". Er musste schreien, damit wir auch nur ansatzweise verstanden, was er sagen wollte. "Ich bin dann in zwei Tagen wieder zurück", brüllte er zum Abschied und stieg in das Lärm erzeugende Ungetüm. Kaum war die Tür eingerastet, hob der Helikopter auch schon langsam vom Boden ab.
Der Wind der von den Rotoren erzeugt wurde, wirbelte den ganzen Sand und Staub auf, sodass ich kaum noch atmen konnte. Doch das Fluggerät gewann schnell an Höhe. Ein wenig beneidete ich Tristan, denn aus dem Hubschrauber musste man eine tolle Aussicht über unser Haus und Sierra Simlone Stadt gehabt haben. Vielleicht konnte er ja demnächst einen Rundflug für uns organisieren?
Doch kaum war der Lärm des Hubschraubers verflogen, erwartete uns der Nächste. Kinga und Constance waren beide von den Geräuschen des Helikopters wach geworden und verständlicherweise verschreckt. Schließlich erlebte man so etwas nicht alle Tage. Dominik nahm Kinga in den Arm, was die Kleine auch sofort beruhigte. Aber so war es immer. Sie musste Dominik nur sehen und schon strahlte sie über das ganze Gesicht.
Ich kümmerte mich derweil um Constance. Roland war früh am Morgen schon losgefahren, um die benötigten Sachen für seine unerwartete Tochter zu besorgen. Doch Constance ließ sich nicht so leicht beruhigen wie Kinga. Sie schrie wie am Spieß und als ich an ihr Bettchen trat, wich sie verängstigt zurück. Ich fühlte mich ratlos.
Doch als ich sie schließlich im Arm hatte, beruhigte sie sich ein wenig. Ein Blick auf die Windel verriet mir dann auch, dass diese dringend gewechselt werden musste. Doch auch diese Prozedur gefiel Constance überhaupt nicht. Während ich sie sauber machte und puderte sah sich mich an, als ob ich ihr das schlimmste Leid auf der Welt zufügen würde. Aber immerhin weinte sie nicht mehr.
Erst als Roland von seinem Einkauf zurückkehrte, schien Constanze sich zu entspannen. Es war fast so, als ob sie spüren könnte, dass dieser Mann mehr war, als nur noch ein weiterer Fremder. Auch ihm gegenüber verhielt sie sich zurückhaltend, aber in Gegenwart von Roland schien sie sich sicher zu fühlen. Als ich sie in seine Arme legte, wirkten ihre kleinen roten Augen plötzlich nicht mehr ganz so verängstigt und traurig.
Als die Sonne hinter dem staubigen Horizont verschwand, schloss auch Constance ihre müden Äugelein. Ebenfalls erschöpft schlurfte Roland zur Sitzecke und ließ sich seufzend in einen der bequemen Sessel fallen. Ich ließ den Abwasch einfach liegen und gesellte mich zu ihm. Ich hatte das Gefühl, dass er jetzt jemanden zum Reden brauchte. "Ich kann das noch immer nicht richtig begreifen", begann er nach einem kurzen Moment der Stille. "Bis gestern wusste ich noch nichts von meiner Tochter und jetzt schläft sie schon im Zimmer nebenan. Warum hat Letizia bloß nichts gesagt?" Er sah mich fragend an. Ich holte Luft, um zu einer Antwort anzusetzen, aber mir fiel einfach nichts Passendes ein. Denn ich hatte selbst keine Ahnung, warum sie Roland nichts von ihrem gemeinsamen Kind gesagt hatte. Sie wird ihre Gründe gehabt haben. Gerade ich wusste, dass es manchmal einfach nötig war, solche Dinge für sich zu behalten. Doch diese Einsicht hätte Roland nicht weiter geholfen und ich glaubte kaum, dass er es verstanden hätte.
"Du darfst dir keine Vorwürfe machen, Roland. Letizia hat sich für den Weg entschieden, der ihr der Richtige erschien. Du kannst nicht ändern, was passiert ist. Was zählt ist, dass du jetzt für deine Tochter da bist. Und das wirst du, das weiß ich. Du...du warst immer für mich da, wenn ich dich gebraucht habe. Und wenn du auf eine wandelnde Katastrophe wie mich aufpassen kannst, dann wirst du die Erziehung von Constance mit Links schaffen." Roland begann zu lächeln. Und zum ersten Mal an diesem Tag war sein Lächeln nicht von tiefem Kummer getrübt. "Und du bist nicht allein, Roland. Tristan, ich und auch Dominik werden dich immer unterstützen, das weißt du doch."
"Was Dominik angeht, bin ich mir nicht so sicher". Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich schlagartig wieder. "Dein Mann hat ja heute Morgen sehr deutlich gemacht, was er von mir hält", schnaubte Roland verächtlich. Er wendete seinen Blick von mir ab und starte wütend ins Leere. "Er ist nicht mein Mann", erwiderte ich hastig. "Und was er heute Morgen gesagt, hat, hätte er wirklich nicht sagen dürfen. Dafür entschuldige ich mich bei dir. Aber du kennst ihn doch. Er zieht die Leute gerne auf. Das darfst du nicht so ernst nehmen."
"Hey, Oxana, zerbrech dir darüber nicht den Kopf". Ich muss ihn so flehend angeblickt haben, dass Roland nicht anders könnte als meine Entschuldigung anzunehmen und mich fest zu drücken. Erst jetzt merkte ich, dass meine Augen wirklich ganz feucht waren. Der Streit zwischen Dominik und Roland hatte mich doch stärker getroffen, als ich gedacht hatte. Und jetzt musste Roland mich trösten. Dabei war er doch derjenige, der jetzt wirklich Unterstützung brauchte. "Ich weiß doch, dass ich immer auf dich und Tristan zählen kann. Und Dominik...Kinder scheint er ja zu mögen, also wird das auch irgendwie gehen. Und außerdem habe ich ja noch Brandi. Mit ihr an meiner Seite mache ich mir keine Sorgen."
"Und wann hattest du vor mir davon zu erzählen! Etwa wenn ich selber schwanger wäre und keine Chance mehr hätte zu entkommen?!" Brandis aufgebrachte Stimme schrillte durch das ganze Haus. Ich wollte ganz sicher nicht lauschen, aber bei dieser Lautstärke blieb mir gar nichts anderes übrig. Das Gespräch zwischen Roland und Brandi verlief eindeutig nicht so, wie er es sich erhofft hatte. Er hatte seine Freundin eingeladen und ihr das Kind gezeigt und zunächst schien sie es auch noch ganz niedlich zu finden. Ungewöhnlich, aber niedlich. Bis sie schließlich erfahren hatte, dass dieses ungewöhnliche Kind die Tochter ihres Freundes war.
"Beruhigen? Ich will mich nicht beruhigen, Roland", schmetterte sie seine Versuche ab, sie wieder zur Besinnung zu bringen. "Und erzähl mir nicht noch einmal diesen Scheiß von wegen, du hättest nichts davon gewusst! Das glaube ich dir einfach nicht!" Roland wusste einfach nicht, was er ihr noch sagen sollte. Er hat es ihr immer und immer wieder erklärt, doch Brandi wollte einfach nicht hören. "Hast du etwa gedacht, du zeigst mir die Kleine und dann spielen wie Vater, Mutter, Kind?", schrie Brandi in weiterhin an. "Aber da hast du dir die Falsche ausgesucht. Mit mir kannst du so etwas nicht machen. Du mieses *****!"
Bei den letzten Worten veränderte sich der Klang ihrer Stimme. "Mit mir nicht!", schluchzte sie und rannte an ihm vorbei zur Tür. Kurz bevor sie rausging drehte sie sich noch einmal um und begann hysterisch zu lachen. "Und ich blöde Kuh hab geglaubt, dass du mich wirklich liebst. Wie konnte ich nur so blöd sein?" "Brandi, ich liebe dich doch", startete Roland einen letzten verzweifelten Versuch, doch sie winkte bloß ab. "Ich bin gerade 21! Wie kannst du da erwarten, dass ich Ersatzmama für das Kind von irgendeiner deiner Frauen spiele?" In diesem Moment löste sie sich komplett in Tränen auf. Ich versuchte bloß keine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Vielleicht würde ich dann unsichtbar werden und dieser höchst unangenehmen Situation entkommen können. Doch natürlich passierte nichts in der Art und ich musste diesen unschönen Moment hautnah mitverfolgen. "Ich will dich nie wiedersehen!", brüllte Brandie ihn an, bevor sie die Tür hinter sich zuknallte. Dann wurde es ganz still im Raum.
Roland starrte eine Zeitlang wortlos auf die Tür. Dann sah er betrübt zu mir herüber. "Was soll ich denn jetzt machen?", fragte er hilflos. "Ich will Brandi nicht verlieren." Er war den Tränen nahe. Ich versuchte aufmunternd zu lächeln, aber eine Antwort hatte ich nicht. Vielleicht würde Brandi sich wieder beruhigen? Allerdings hatte sie so enttäuscht geklungen, dass ich nicht unbedingt darauf bauen würde. "Ich...ich möchte einen Moment alleine sein", sagte er schließlich. "Kannst du bitte so lange auf Constance achtgeben?" -
Kapitel 52: Der Gnom
Roland konnte kaum einen Moment ruhig sitzen bleiben. Ständig ging er von Zimmer zu Zimmer, setzte sich mal auf den einen, dann auf einen anderen Sessel, begann eine Zeitschrift zu lesen, nur um sie im nächsten Moment wieder beiseite zu legen. Und mit seiner Nervosität steckte er mich nur an, sodass ich mich genauso wie er verhielt und selbst keine ruhige Minute fand. Unsere Blicke wanderten immer wieder zur Straße und bei jedem vorbeifahrenden Auto sprang Roland auf, nur um zu beobachten, wie der Waagen einfach an unserem Haus vorbeifuhr. Die Minuten vergingen wie Stunden.
Und dann geschah es doch. Ein hellblauer Kombi hielt an der Straße und eine Frau im schwarzen Kostüm und streng zusammengebundenen Haaren stieg aus dem Wagen. Und auf der Rückbank des Autos konnten wir beide ein kleines Kind erkennen.
Roland stürmte sofort auf die Frau zu, die offenbar für das Jugendamt von Simtropolis arbeitete. "Sie sind dann wohl Herr Roland Reichardt?", begrüßte sie ihm kurzangebunden mit dem Kind auf dem Arm, das seinen Vater mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Roland nickte nur. "Dann ist das hier ihre Tochter Constance". Und damit legte sie das Kind in Roland Arme. "Die Polizei brachte uns das Kind vor wenigen Tagen, nach der Stürmung eines Bordells in Simtropolis. Die Mutter des Kindes scheint dort wohl angestellt gewesen zu sein." Bei diesen Worten musterte sie Roland abfällig. "Wie dem auch sei, von der Mutter fehlt jede Spur und in der Geburtsurkunde, die wir fanden, sind sie als Vater eingetragen. Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an das Jugendamt der Sierra Simlone." Und mit diesen Worten drehte sie sich um ging zu ihrem Wagen. Wortlos beobachtete Roland, wie es in der Ferne verschwand.
Roland blieb wie angewurzelt im Garten stehen und regte sich kein bisschen. Besorgt ging ich auf ihn zu. Sein Blick schaute einfach nur ins Leere. Er schien nicht einmal zu bemerken, dass das Kind auf seinem Arm anfing zu schreien. "Roland, alles okay mit dir?", fragte ich vorsichtig nach. Eigentlich sah ich, dass dem nicht so war, aber ich wusste nicht, wie ich ihn sonst aus seiner Teilnahmslosigkeit reißen sollte.
"Sie musste im Bordell arbeiten." Roland sprach so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte. "Kannst du dir das vorstellen? Wie weit unten muss Letizia gewesen sein, dass sie keinen anderen Ausweg sah? Ich hätte ihr doch geholfen! Aber ich wusste es nicht, Oxana. Ich wusste wirklich nichts von dem Kind." Ich dachte, Roland würde jeden Moment in Tränen ausbrechen. Ich konnte deutlich erkennen, welche Vorwürfe er sich gerade machte. Ich hatte Letizia nie gemocht, aber solch ein Schicksal wünschte ich nicht einmal ihr.
Ich nahm ihm das kleine Mädchen ab und trug es ins Haus. Roland folgte mir, wobei er sich die ganze Zeit selbst Vorwürfe machte. Constanze hatte aufgehört zu weinen, ihre Augen waren aber so weit aufgerissen, dass ich jeden Moment mit einer weiteren Heulattacke rechnete. Ich konnte die Kleine natürlich verstehen. Sie war seit Tagen von ihrer Mutter getrennt und wurde sicherlich von einem Ort zum nächsten gebracht, ohne auch nur die Chance zu haben, sich an irgendwen zu gewöhnen. Glücklicherweise beruhigte Constanze sich schnell wieder und zeigte reges Interesse an einer von Kingas Puppen, die im Wohnzimmer herumlag und so hatten Roland und ich ein paar ruhige Minuten. "Ich bin Vater", sagte er ungläubig, als ob er erst jetzt zu realisieren begann. Danach schwiegen wir erneut und betrachteten das kleine Mädchen auf dem Boden, das die gleichen roten Augen und die gleiche seltsame aschgraue Haut aufwies, die wir nur all zugut kannten.
Dominik war der Erste, der Rolands Tochter entdeckte. "Komm und verwöhn deinen Mann", forderte er mich grinsend auf, als er kurz vor Abend aus der Arbeit erschien. Doch dann sah er das Kleinkind auf dem Teppich sitzen, das aufgeregt mit der Puppe spielte. "Oh Gott, was ist denn das für ein hässlicher, glatzköpfiger Gnom?" Er konnte sich nicht einmal zurückhalten und begann laut zu lachen. Trotzdem beugte er sich zu der Kleinen herunter und lächelte sie an, woraufhin Constanze ihre Puppe zur Seite legte und den unbekannten Mann, mit ihren roten Augen anstarrte. "Oh, Mann, die Eltern dieses Kindes tun mir echt leid. So etwas Hässliches hab ich in meinem Leben noch nie gesehen. Wo hab ihr zwei bloß dieses Ding aufgetrieben?" Mein gesamtes Blut wich aus meinem Gesicht, als ich Dominiks Worte hörte und ich wünschte mir, auf der Stelle vom Sofa verschluckt zu werden. Stattdessen beobachtete ich entsetzt, wie sich Rolands Gesicht gefährlich rötete.
Noch bevor ich reagieren konnte, erhob Roland sich und starte Dominik finster an. "Dieser 'hässliche Gnom' ist meine Tochter!" Seine Stimme bebte vor Zorn, doch irgendwie schien Dominik das zu entgehen. Oder es kümmerte ihn einfach nicht. "Ach, Reichardt, das hätte ich mir eigentlich denken können. Solch eine Grausamkeit der Natur kann nur mit dir verwandt sein." Dominik konnte sich kaum noch zurückhalten, um nicht in offenes Gelächter auszubrechen, doch der Anblick von Constance war einfach zu viel. "Ich will gar nicht erst wissen, wie die Mutter ausgesehen hat", prustete er los. "Du musst entweder blind oder total verzweifelt gewesen sein, wobei ich bei dir eher auf letzteres tippe."
Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. "Wag es nicht, so über Letizia zu sprechen!", schrie er Dominik an. "Du eingebildeter Schnösel hast doch überhaupt keine Ahnung! Du kennst sie nicht einmal und beleidigst sie. Und selbst vor diesem kleinen unschuldigen Kind machst du keinen Halt. Ich verstehe nicht, was Oxana in dir sieht. Wahrscheinlich gar nichts! Du bist einfach nur ein arrogantes, oberflächliches *********, das seinen Schwanz nicht lang genug in der Hose behalten konnte und jetzt ist Oxana mit dir gestraft. Du widerst mich an!"
Dass Dominik das nicht auf sich sitzen ließ, verstand sich von selbst. Schlagartig verstummte sein Lachen. "Endlich zeigst du dein wahres Gesicht, Reichardt. Ich hab seit dem ersten Tag nicht verstanden, was Oxana in DIR sieht! Du bist eine verweichlichte Memme, die uns ständig am Rockzipfel hängt. Und wenn du es nicht mal schaffst eine kleine, im Spaß gemeinte Stichelei zu ertragen, dann hast du noch weniger Grips in der Birne, als ich gedacht hatte. Leg dich nicht mit mir an Reichardt. Ich warne dich, leg dich nicht mit mir an!"
Dominiks Hände ballten sich zu Fäusten und voller Panik sah ich, dass es Roland genauso erging. Jede Sekunde würden die beiden aufeinander losgehen. Ohne nachzudenken stellte ich mich zwischen sie und versuchte die Streithähne zu trennen, indem ich Dominik wegdrängte. "Dominik, bitte beruhig dich wieder", redete ich auf ihn ein und langsam entspannte er sich und wendete seinen Blick von Roland ab, der ihm immer noch trotzig gegenüberstand. Als sein zorniger Blick meinen traf, zuckte ich innerlich zusammen, so sehr erschreckte es mich. Denn in diesem Moment war es so, als ob Dad vor mir stehen würde. "Dominik, lass es jetzt gut sein, bitte", flehte ich weiter bis er schließlich kaum merkbar nickte.
Ich legte meinen Arm um Dominik und führte ihn aus dem Wohnzimmer. Es war wohl das Beste, so viel Abstand zwischen die beiden zu bringen, wie es ging. Wir hatten den Raum fast schon verlassen, als ein leises "*********" aus Rolands Richtung zu hören war. Ich könnte spüren, wie Dominiks ganzer Körper sich versteifte. Er löste sich von mir und ich hatte einfach zu viel Angst vor seiner Reaktion um ihn aufzuhalten. Doch die anfängliche Wut war einem kalten Zorn gewichen. "Vergiss nicht, unter wessen Dach du lebst, Reichardt", drohte er ihm. Von Roland kam keine Reaktion.
Daraufhin ließ Dominik sich ohne weiteren Widerstand ins Schlafzimmer führen. Roland blieb allein im Wohnzimmer und vor Wut begannen sich seine Augen mit Tränen zu füllen. Dann fiel im Constance wieder ein. Er dreht sich um und entdeckte die Kleine an genau der gleichen Stelle, an der sie zu Anfang des Streits gesessen hatte. Sie war noch immer in das Spiel mit der Puppe vertieft. Roland konnte nicht sagen, ob sie irgendetwas von dem Streit mitbekommen hatte, wobei er kaum glaubte, dass sie es nicht hatte. Wahrscheinlich hatte die Kleine früh gelernt, sich bei genau solchen Situationen in ihre eigene Welt zurückzuziehen. Aber was bleibt einem Kind auch übrig, wenn es im Bordell aufwuchst. Doch jetzt würde sich alles ändern. Er wischte sich die Tränen aus den Augen. Dominik war egal, jetzt zählte nur noch seine Tochter. -
Kapitel 51: Simtropolis calling
Ein lautes Schreien riss mich aus meinen Träumen. Es dauerte einige Sekunden bis ich realisierte, dass ich in meinem Bett und nicht am Strand einer karibischen Insel lag und Kinga diesen ohrenbetäubenden Lärm von sich gab. "Wie spät ist es", fragte Dominik noch immer im Halbschlaf. Ich drehte mich zur Seite und schaute auf die grüne Digitalanzeige meines Weckers. "Es ist halb fünf." Dominik entfuhr ein tiefer Seufzer. "Kann dieses Kind denn nicht eine Nacht durchschlafen? In zwei Stunden hätte ich eh aufstehen müssen. Hätte sie nicht warten können?"
Diese Woche war er dran mit dem nächtlichen Aufstehen und er wollte auch schon raus aus dem Bett, als ich ihn zurückhielt. "Bleib ruhig liegen, ich sehe schon nach unserer Tochter. Ich müsste ohnehin in einer halben Stunde aufstehen und raus auf die Weide fahren. Da lohnt es sich fast nicht mehr, noch einmal einzuschlafen." Und schon war ich unter den Federn hervorgekrochen und bereit mich um den Schreihals im Nebenzimmer zu kümmern. "Ich liebe dich, Oxana", murmelte Dominik und schlief sofort wieder ein.
Bei seinen Worten verkrampften sich unweigerlich meine Finger, die die Bettdecke glattstrichen. Auch nach all den Monaten war es nicht einfacher geworden zu hören, dass er mich liebte. Kinga hörte sofort auf zu schreien, als ich an ihr Bettchen trat und sie heraushob. Ein markanter Geruch verriet mir sofort wo der Schuh drückte. Ich konnte nur hoffen, dass sie gleich noch einmal einschlief, wenn ich ihre Windeln gewechselt hatte. Zumindest bis zum Sonnenaufgang.
Als ich einige Stunden später wieder von der Weide zurückkam, war Dominik schon auf der Arbeit. Ein Blick in Kingas Kinderzimmer verriet mir, dass die Kleine immer noch schlief. Roland hatte heute seinen freien Tag und passte auf sie auf, solange ich nicht da war, aber scheinbar war er heute nicht einmal nötig gewesen. Da ich endlich etwas Zeit für mich hatte, entledigte ich mich meiner Arbeitskleidung und sprang unter die Dusche. Als der Dreck abgewaschen war, setzte ich einen Kaffee auf und schnappte mir das Fotoalbum. Meine Großmutter wollte endlich neue Babyfotos von ihrer ersten Urenkelin sehen.
Es war unglaublich, wie schnell Kinga groß geworden war. Erst vor wenigen Monaten war sie ein kleines hilfloses Würmchen gewesen, bei dem man Angst haben musste, dass sofort etwas abbrechen könnte, wenn man nur zu fest drückte.
Und ihr erster Geburtstag war auch schon fast neun Monate her. Bald würde sie zwei werden. Ich nahm die zwei Fotos aus dem Album und steckte sie in einen Briefumschlag, in dem auch schon ein Brief an meine Großeltern lag. Ich schrieb ihnen fast jeden Monat, schickte den Brief dann aber ohne Absender los. Über Joanna erfuhr ich dann immer, wie es den beiden ging. Noch immer wusste niemand aus meiner Familie, wo ich eigentlich war und ich wollte, dass das auch so blieb. Ich wollte auf keinen Fall riskieren, dass eines Tages Dad vor meiner Tür stand und mein ganzes Leben erneut auf den Kopf stellte.
Das Telefon riss mich aus meinen Gedanken. "Hier bei Blech, Brodlowska, Linse und Reichardt", meldete ich mich mit der inzwischen doch sehr lang gewordenen Ansage. Am anderen Ende der Leitung antwortete eine Frau: "Hier ist das Jugend- und Familienamt von Simtropolis. Wohnt ein gewisser Herr Roland Reichardt bei ihnen?"
"Roland, Telefon für dich!", schrie ich durch die Esszimmertür in Richtung Rolands Zimmer. Roland kam auch sofort. "Schrei doch nicht so, sonst weckst du noch Kinga", tadelte er mich und ich zuckte erschrocken zusammen, weil ich gar nicht daran gedacht hatte. Aber scheinbar war ich noch einmal davongekommen, denn es blieb ruhig. "Irgendwer von Jugendamt aus Simtropolis", gab ich den Hörer weiter und zuckte mit den Schultern. "Roland Reichardt am Apparat, mit wem spreche ich?" Ich hörte gar nicht weiter zu, sondern ging in die Küche und bereitete ein paar Pfannkuchen zu. Ich hatte heute noch gar nichts gegessen.
Roland war leichenblass, als er sich zu mir an den Tisch setzte. "Was ist denn passiert", murmelte ich erschrocken, noch mit der Gabel im Mund. Roland sah wirklich so aus, als ob er gerade einen Geist gesehen hätte. "Die Frau am Telefon hat gesagt, ich wäre Vater einer zweijährigen Tochter. Noch heute Nachmittag würde jemand aus Simtropolis mit dem Kind hier vorbeikommen."
"Das ist doch wohl ein schlechter Scherz", platzte ich heraus. "Wenn du Vater wärst, dann wüsstest du das doch. Welche Frau würde denn dem Kindsvater so etwas Wichtiges vorenthalten?" Noch während ich sprach, wurde mir klar, was für einen Blödsinn ich da gerade von mir gab. Ich selbst war solch eine Frau. Und würde Albert jemals von seinem Kind erfahren, dann wäre er genauso fertig, wie Roland es gerad war. Glücklicherweise bemerkte Roland mein Stocken nicht. "Hast du denn eine Ahnung, wer die Mutter des Kindes sein könnte?", fragte ich vorsichtig nach.
Roland zuckte hilflos mit den Schultern. "Rein theoretisch gebe es da schon die ein oder andere Frau, die in Frage käme". Rolands Antwort überraschte mich etwas. Ich hatte nie mitbekommen, dass es da irgendwelche Frauen gab. Außer bei einem Mal! Und ich sah in Rolands Augen, dass er an genau dieses eine Mal dachte. "Glaubst du etwa, "sie" ist es?". Roland seufzte schwer. "Ich hab mit ihr geschlafen. Und sie ist die einzige Frau in Simtropolis, die ich kenne." -
@Seliii
Vielen Dank für dein Lob.
Kinga ist ein Name, der in Polen in den 70er sehr beliebt war. Auch heute werden noch viele Mädchen in Polen so genannt. Ich habe den namen in einer Fersehserie gehört und fand ihn sehr schön. Und da Oxana polnische Wurzeln hat, passt das auch sehr gut, wie ich finde. -
Kapitel 50: Kinga
Als ich an diesem Morgen aufwachte, plagte mich allerdings nicht mein Gewissen, sondern Krämpfe in meinem Unterleib, die sich schon die ganze Nacht hinzogen. Ich richtete mich schwerfällig auch und sah, dass der Platz neben mir im Bett leer war. Ein Blick auf den Wecker sagte mir, dass es sechs Uhr morgens und Dominik sicher längst bei den Rindern war.
Also stand ich auf und watschelte in die Küche, um mir einen Tee gegen die Krämpfe zu brühen. Die Sandwiches von gestern standen noch auf der Küchentheke und eine Horde Fliegen hatte sich bereits auf ihnen versammelt. Bevor eines dieser Biester noch in meinen Tee flog, wollte ich sie lieber wegräumen. Doch gerade als ich den Teller ergriff, durchfuhr mich ein so heftiger Schmerz, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Ich schrie auf und krümmte mich zusammen. Oh Gott, das sollte aufhören! Doch stattdessen folgte nur ein weiterer, noch schlimmerer Krampf.
Das konnten doch noch nicht die Wehen sein! Dafür war es noch eine Woche zu früh! Doch dann spürte ich schon, wie das Fruchtwasser an meinen Beinen herunterfloss. Und wieder ein Krampf, der mich zu Boden gehen ließ und dann wurde alles schwarz.
Als ich meine Augen wieder öffnete, war ich nicht mehr in der Simlane. Es dauerte eine Weile, bis ich realisierte, dass ich in einem Krankenhausbett lag. Die Tür ging auf und Roland betrat das Zimmer in seinem Arztkittel. "Du hast uns aber einen Schrecken eingejagt, Oxana". Verwirrt starrte ich ihn an. "Als Dominik vom Feld nach Hause kam, lagst du bewusstlos auf dem Boden. Er hat dich sofort ins Krankenhaus nach Seda Azul gefahren. Du kannst von Glück reden, dass er dich rechtzeitig gefunden hat sonst..." Instinktiv griff ich an meinen Bauch und stellte fest, dass er ganz flach war. Roland deutete meine Bewegung richtig. "Keine Angst, Oxana, mit der Kleinen ist alles in Ordnung."
Und da trat auch schon Dominik mit einem Neugeborenen auf dem Arm an mein Krankenbett. "Guck mal, kleine Kinga, da ist deine Mama." Er strahlte über das ganze Gesicht, als er sich zu mir herunterbeugte und mir zum ersten Mal meine Tochter zeigte.
Ich setzte mich auf die Bettkante und stand auf. Ich war zwar wacklig auf den Beinen, aber ich konnte mich halten. "Gib sie mir", flüsterte ich heiser zu Dominik und er legte mir vorsichtig das zerbrechliche Wesen in meinen Arm. Sie fühlte sich ganz warm und weich an und kniff immer wieder ihre müden Äugelein zusammen.
Ich drückte sie vorsichtig an meine Brust und wartete. Wartet, dass die Muttergefühle mich endlich überwältigten. Doch es geschah nichts. Ich sah dieses Kind und sah die Sünde vor mir, die ich begangen hatte. Tränen liefen über mein Gesicht und ich drückte das Kind fester an mich, sodass es begann, sich leicht zu winden. Dominik lachte leise. "Hat die kleine Kinga die Mama etwa zu weinen gebracht?" Er legte seinen Arm um mich, küsste mich auf die Stirn und strich seiner Tochter behutsam über das kleine Köpfchen. Bei mir bewirkte dies allerdings nur, dass ich noch stärker weinen musste.
Zwei Tage musste ich noch in der Klinik bleiben, doch dann durfte ich nach Hause. Doch wirklich freuen konnte ich mich darüber nicht. Ich sah Kinga an und wusste, dass sie meine Tochter war, dass ich sie lieben sollte. Doch da war nichts. Ich kümmerte mich um sie, zweifellos. Ich wechselte ihre dreckigen Windeln...
...und gab ihr das Fläschchen, wenn sie Hunger hatte. Ich konnte sie selbst nicht stillen und ganz insgeheim war ich froh darüber. Und dafür schämte ich mich. Ich schämte mich dafür, dass ich meine eigene Tochter nicht liebte.
Insbesondere, wenn ich sah, wie liebevoll die anderen Menschen in meinem Umfeld mit meiner Tochter umgingen. Ich wünschte, ich könnte das auch. Ich wünschte mir es so sehr. Aber ich konnte einfach nicht. Ich hasste Kinga nicht, aber ich mochte sie nur so, wie man einen flauschiegen Pullover mag, nicht wie man eine Tochter lieben sollte.
Bei Dominik sah das ganz anders aus. Er liebte dieses Kind abgöttisch. Und dabei war es nicht einmal sein eigenes. Aber das musste er niemals erfahren. Wenn ich ihn zusammen mit Kinga sah, wie er sie knuddelte, an ihrem Bäuchlein kitzelte und mit ihr Flugzeug spielte und die Kleine einfach nur glücklich gluckste, dann wusste ich, dass ich mir keinen besseren Ersatzvater für sie hätte suchen können. Nein, Kinga würde keine Kappe und auch keine Brodlowska sein. Sie würde eine Blech werden.
Gleich nach der Geburt begann ich wieder mich selbst um die Farm zu kümmern. Roland und Dominik hatten das zwar ganz gut gemacht, aber irgendwie lenkte die Arbeit mich ab und ich war froh, eine Möglichkeit zu haben, Dominik und auch Kinga aus dem Weg zu gehen. Inzwischen war der Mais vom letzten Jahr bereits abgeerntet. Die Dürre hat zwar einen erheblichen Teil der Ernte beschädigt, aber immerhin konnten wir einen kleinen Gewinn damit erwirtschaften und zumindest die Saat für dieses Jahr zu kaufen. Und 18 meiner 20 Rinder waren trächtig und würden in Kürze kalben. Ja, zumindest die Farm lief gut.
Neun Monate lang war es mir gelungen, Albert und Gerda so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Doch Sierra Simlone Stadt war ein kleines Nest, in dem man unweigerlich aufeinander traf. Ich wollte nur einen Happen im alten Stadtkern Essen, bevor ich zurück auf die Weide fuhr, als Gerda mir aufgeregt zuwinkte. "Oxana! Oxana, hier sind wir!" Albert saß mit ihr an einem Tisch und beide warteten scheinbar auf ihre Bestellung. "Setz dich doch zu uns", bot sie mir an und ich konnte schwer ablehnen. "Du musst unbedingt mal wieder bei uns vorbeikommen, Oxana", plauderte sie drauf los. "Ich bin ja so gespannt auf die kleine Kinga. Und vielleicht kannst du dir ja ein paar alte Babysachen von mir abholen. Elvira wächst so schnell. Sie hat viele ihrer Sachen nicht mehr als zwei Mal getragen. Und..." Gerda plauderte immer weiter. Währenddessen las ich zum fünften Mal die Karte, die ich krampfhaft mit meinen Händen umschloss, nur um Albert nicht ansehen zu müssen.
Ich war mir sicher, dass jeder in der Bar mir ansehen konnte, dass ich mit ihm geschlafen hatte. Und auch Gerda konnte ich nicht in die Augen sehen. Ich hatte mich ein paar Mal mit ihr sonntags nach dem Gottesdienst unterhalten und sie hatte auch mehrmals bei mir angerufen und sich wegen meiner Schwangerschaft erkundigt. Doch jetzt saß Albert direkt vor mir! Er sprach während des Essens kaum ein Wort, während ich versuchte, mich so unauffällig wie möglich zu geben und auf Gerdas Unterhaltung einzugehen. Immer wieder schweifte mein Blick zu ihm ab und ich musste mich an unsere gemeinsame Nacht erinnern. An das Gefühl, ihm ganz nah zu sein und ihn zu spüren. Und das ein oder andere Mal erwischte ich ihn dabei, wie auch er mich ansah, obwohl er seine Blicke unter der Hutkrempe verstecken wollte.
Ich schlang das Brathähnchen mehr herunter, als dass ich es aß. Doch ich wollte schnell weg, denn ich ertrug es nicht, Gerda die gute Freundin vorzuspielen, während ich am liebsten an Ort und Stelle Albert um den Hals gefallen wäre. "Du musst aber ganz sicher vorbeikommen, Oxana", bat Gerda mich inständig, als ich aufstand. "Wenn ich Zeit habe, dann besuche ich euch sofort, Gerda. Aber zur Zeit ist einfach so viel los." Und schon wieder eine Lüge. Ich lächelte Gerda freundlich zu und verließ anschließend das Lokal.
In dieser Nacht bekam ich kein Auge zu, weil meine Gedanken immer wieder zu Albert schweiften. Dominik lag neben mir und sein gleichmäßiges Atmen verriet mir, dass er fest schlief. Ich schlich in Kingas Zimmer. Die Kleine schlief nicht, sondern lag mit weit aufgerissenen Augen in ihrem Bettchen. Ich hob sie vorsichtig aus dem Kinderbett und sah sie genau an. Ich versuchte eine Ähnlichkeit zu Alber zu erkennen, doch da war nichts. Sie hatte graue Augen, wie ich und ihre Augenbrauen waren eindeutig braun. Und auch ihre Lippen und Nase erinnerten mich nur an mich. Ich erkannte nicht den geringsten Hinweis, dass sie Alberts Tochter sein könnte. Und seltsamerweise stimmte es mich traurig.
Ich ertrug es nicht, ständig lügen zu müssen und dieses Geheimnis in meinem Herzen zu bewahren. Ich musste es einfach beichten. "Vater, ich habe gesündigt. Meine letzte Beichte liegt drei Wochen zurück. Doch meine Sünde ist schon viel älter. Ich habe mit einem verheirateten Mann geschlafen. Mit Albert Kappe. Meine Tochter Kinga ist seine Tochter, nicht die von Dominik. Ich habe so getan, als ob ich Dominik lieben würde und ihm das Kind eines anderen untergeschoben. Und Albert ahnt nicht einmal, dass er der Vater ist. Und jetzt lebe ich Tag für Tag mit dieser Sünde. Vater, vergib mir."
Doch niemand hörte mich. Ich saß vollkommen allein in der Kappel des Klosters St. Ansbald. Als ich diese verließ, lief ich Pfarrer Erding in die Arme. "Guten Tag, Oxana", begrüßte er mich freundlich. "Wollten Sie etwa zur Beichte? Die Beichtgelegenheit beginnt erst in einer halben Stunde. Aber wenn Sie möchten, können wir auch jetzt miteinander reden." Ich schüttelte mit dem Kopf. "Nein, Pfarrer Erding, ich wollte nur ungestört in der Kapelle beten. Hier im Kloster ist es immer so friedlich." "Ich wünschte, es gebe noch mehr so gottesfürchtige junge Christen wie Sie, Oxana." Er lächelte mir zu und verschwand dann im Inneren der Kapelle. Ich blieb noch im Hof des Klosters und lauschte dem Plätschern des Brunnen. Dieses Geheimnis musste ich in meinen Inneren bewahren. Und es zu beichten hätte wenig Sinn gehabt, denn wenn ich noch einmal entscheiden müsste, ich würde nichts anders machen.
Gedanken:
Innerhalb etwa eines Jahres arbeitete sich Roland bis zum Klinikleiter in der Klinik von Seda Azul hoch. Es war zwar nur eine kleine Klinik, aber immerhin war der Job gut bezahlt. Da nimmt man es auch schon mal in Kauf, dass man über eine Stunde für eine Fahrt zur Arbeit braucht.
Und auch Tristan war erfolgreich. Vom Postraum-Techniker arbeitete er sich schrittweise hoch. Und jetzt war er für drei Bohrtürme in der Umgebung von Sierra Simlone Stadt verantwortlich und es schien so, als ob er diese Beschäftigung mögen würde.Ich selbst wusste aber wirklich nicht, wie es weitergehen sollte. Ich lebe mit einem Mann zusammen, den ich nicht liebte. Es war nicht so, dass ich Dominik absolut nicht mögen würde, aber er war kein Mensch, dem ich mich anvertrauen oder bei dem ich Trost suchen würde. Im Laufe der Monate war schon so etwas wie Freundschaft zwischen uns entstanden, aber ich fühlte mich nach wie vor unwohl, wenn er mich berührte. Doch ich tat das alles für meine Tochter, für Gerda, für Albert und für seine vier Kinder. Ich hatte einen schrecklichen Fehler begangen und musste jetzt mit den Konsequenzen leben. Und wenn ich sah, wie glücklich Dominik und Kinga zusammen waren, wusste ich, dass es den Preis wert war, den ich zahlen musste. Dominik gab der Kleinen die Liebe, die sie von mir wahrscheinlich nicht erhalten hätte. Und trotzdem sehnte ich mich danach, auch jemanden lieben zu können. Doch der Mann, den ich wollte, war für mich unerreichbar.
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Kapitel 49: Schwangerschaft
Und langsam begann ich auch, die Schwangerschaft zu spüren. Wenn ich morgens aufstand überkam mich ein Übelkeitsgefühl, als ob ich gerade aus dem Elektrodancer gestiegen wäre. Glücklicherweise musste ich mich kein Mal wirklich übergeben.
Ich traf mich regelmäßig mit Dominik. Im Grunde sahen wir uns jeden Tag und gingen auch oft gemeinsam aus. Dabei wurde mir klar, dass Dominik noch viel durchgeknallter war, als ich es mir hätte vorstellen können. Denn welcher 27 jährige Mann nimmt schon eine Packung Waschpulver mit, wenn er seine Freundin in einen Club ausführt?
Er konnte sich gar nicht mehr einkriegen vor Lachen, als das Waschpulver im Springbrunnen zu schäumen begann und der Schaum langsam über den Rand des Brunnens quellte. Ich stand nur daneben und schüttelte fassungslos den Kopf, wobei ein klitzekleines Lächeln schon über meine Lippen huschte.
Vier Wochen lang traf ich mich mit Dominik, ging mit ihm aus, gab vor, verliebt zu sein. Vier Wochen lang ließ ich ihn Nacht für Nacht bei mir schlafen...mit mir schlafen. Doch dann war es so weit, die nächste Phase meines Plans einzuleiten. Ausnahmsweise hatte Dominik nicht bei mir übernachtet. Also bereitete ich am Morgen ein Frühstück vor und lud ihn ein, sobald Roland und Tristan das Haus verlassen hatten. Ich zitterte vor Aufregung, als ich ihm die Tür öffnete, denn mir war klar, dass meine gesamte Zukunft vom Ausgang dieses Essens abhängen würde.
Dominik setzte sich gegenüber von mir hin und begann zu essen. Er sprach nicht viel, aber das war nicht ungewöhnlich für ihn. Wenn er aß, dann aß er halt. Trotzdem warf er mir immer wieder einen verliebten Blick zu. Nur war ich sonst diejenige, die beim Essen redete, und dass ich heute schwieg, entging Dominik nicht. "Hey, Brodlowska, was ist denn los? Du bist ja heute stumm wie ein Fisch. Hab ich dir etwa dermaßen die Sprache verschlagen? Ich weiß, es liegt an meinem neuen Haarschnitt, stimmt’s. Ich sehe scharf damit aus." Er zog eine Augenbraue hoch und grinste mich breit an, doch dann wurde er ernster, als er merkte, dass ich nervös in meinem Omelett herumstocherte. Er griff nach meiner Gabel, legte sie zur Seite und nah meine nun frei Hand. "Rück schon damit raus, Brodlowska, was stimmt nicht?" Ich atmete tief durch und sah ihm dann direkt in die Augen. "Ich bin schwanger, Dominik. Wir bekommen ein Baby."
Stille. Dominiks Gesichtszüge erstarrten und er ließ abrupt meine Hand los, die er eben noch gestreichelt hatte. Ich sah ihn an und konnte seinen Blick nicht deuten. War er einfach nur sprachlos? Oder war es Entsetzen, was ich dort in seinem Gesicht erblickte? Tausend Gedanken rasten durch meinen Kopf. Was, wenn er das Kind nicht haben wollte? Was wenn er mir nicht glauben würde, dass es von ihm sei? Was wenn er mich zur Abtreibung drängen würde? "Schwanger?", entfuhr es schließlich seinen Lippen. Ich nickte ängstlich.
Als er langsam aufstand, rechnete ich mit allem, nur nicht damit, dass er zu mir herüberkam, mir die Hand reichte und mich aus dem Sessel hob. Ohne ein Wort zu sagen zog er mich zu sich herauf und drückte mich an sich. Ich wusste immer noch nicht, was das zu bedeuten hatte. War das ein Abschied? "Wir bekommen ein Baby", flüsterte er schließlich in mein Ohr und plötzlich begann er zu lachen. "Wir bekommen ein Baby, Brodlowska. Ich werde Vater!"
Ab diesem Moment interessierte ihn nur noch mein Bauch. Mit seiner großen Hand strich er über meinen immer noch flachen Bauch. "Hallo kleiner Kerl", sprach er ihn dann sogar an. "Hier ist dein Papa." Ich musste lachen. Und es war ein Lachen der Erleichterung. Tränen schossen aus meinen Augen und dieser Gefühlsausbruch überwältigte mich total. Ich war so überrascht davon, wie froh ich darüber war, dass Dominik zu mir hielt. Und zu dem Baby. Zu seinem Baby, denn genau das würde es werden.w
Als er die Tränen in meinen Augen sah, wischte er sie sofort mit seiner Daumen fort. "Hey, Brodlowska, kein Grund in Tränen auszubrechen. Ich werde schon gut für dich und den kleinen Wurm sorgen." Doch dadurch, dass er so lieb zu mir war, war mir noch mehr zum Heulen zumute. Und dass ich ihn belog, machte es nicht leichter. "Seit wann weißt du es?", fragte er mich, nachdem ich mich wieder einigermaßen gefasst hatte. "Seit gestern", log ich ihn an und schniefte. "Ich war gestern bei der Landschwester und sie hat es mir bestätigt. Ich bin jetzt fast in der vierten Woche, also muss es gleich am Anfang passiert sein." Dominik drückte mich und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Und ich begann erneut zu weinen, denn schon wieder musste ich ihn anlügen. Ich war bereits in der sechsten Woche und er nicht der Vater des Kindes. Es war einfach nur furchtbar.
Doch es gab kein Zurück mehr. Mit jeder Woche wurde mein Bauch runder und runder und bald war es nicht mehr zu übersehen, dass ich schwanger war. Irgendwann zog dann auch Dominik bei mir ein. Er freute sich so sehr auf das Kind und gerade das tat mir weh. Ich wollte ihn nicht anlügen, aber ich wusste sonst keinen Ausweg und jetzt war es zu spät, viel zu spät. Wenigstens konnte ich jetzt Dominiks körperliche Annährungsversuche zurückweisen und einfach die Schwangerschaft als Grund vorschieben. Nicht mehr mit ihm schlafen zu müssen, machte es mir leichter, allerdings nicht viel leichter.
Glücklicherweise drängte Dominik mich auch zu nichts. Stattdessen steckte er seine Energie in den Ausbau des Hauses, denn ohne ein zusätzliches Kinderzimmer wäre es eng geworden. Er packte viel selbst mit an und so stand der Anbau in weniger als drei Wochen. Neben dem Kinderzimmer wurden auch Rolands Zimmer und ein zweites Bad in den neuen Hausteil untergebracht. Rolands altes Zimmer wurde dabei zu einer Leseecke mit Kamin umfunktioniert.
Bei einer Ultraschaluntersuchung, für die ich extra bis nach Seda Azul in Rolands Klinik fahren musste, stellte sich heraus, dass ich ein Mädchen erwartete. Ich wollte es eigentlich gar nicht wissen, denn mit dem Geschlecht des Kindes, wurde die bevorstehende Geburt auf einmal noch viel realer. Als Dominik erfuhr, dass er eine Tochter bekommen würde, war er enttäuscht...aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. "Einen zweiten so gutaussehenden Kerl wie mich würde die Welt ohnehin nicht verkraften", war sein Kommentar und dann machte er sich mit Tristan, der nur darauf gewartet hatte, dass Geschlecht des Kindes zu erfahren, daran, das Kinderzimmer einzurichten.
Mich interessierte das Ganze nicht. Es war mir egal, ob das Baby ein Junge oder Mädchen wurde und es war mir auch egal, wie sein Zimmer eingerichtet wurde. Oft saß ich nachts allein im Garten und starte meinen Bauch an. Ich wartete darauf, dass mich endlich ein Gefühl der Liebe und Zuneigung für dieses Wesen übermannte, doch das einzige was ich spürte, war ein unstillbarer Hunger. Also wärmte ich mir drei Portionen Spaghetti vom Mittagessen auf und setzte mich damit wieder in die kühlere Nachtluft. "Hier steckst du also jede Nacht", stellte Dominik fest, als er aus der Dunkelheit zu mir an den Tisch kam. "Alles in Ordnung bei dir?", fragte er leicht besorgt, doch als ich nickte gab er sich damit zufrieden und verschwand wieder im Bett.
Doch mir ging es gar nicht gut. Nur konnte ich mit ihm nicht darüber reden. Ich konnte mit niemandem darüber reden. Durch ihren Job als Flugbegleiterin war meine Schwester Joanna fast nie zu erreichen und über das Telefon konnte ich ohnehin nicht wirklich mit ihr reden. Ich konnte ihr aber auch nicht meinen Aufenthaltsort verraten. Noch nicht. So war es nicht verwunderlich, dass ich irgendwann einfach vor dem Haus zusammenklappte.
So fand mich dann Dominik, hysterisch, halb lachend, halb weinend vor der Veranda im Dreck hockend. Er hob mich einfach hoch, und trug mich ins Bett und wachte so lange über mich, bis ich endlich eingeschlafen war. Am nächsten Morgen wollte ich diesen Vorfall einfach ignorieren und so tun, als ob nichts geschehen wäre, doch Dominik ließ das nicht zu. Für den Rest der Schwangerschaft übernahm er mit Roland die Arbeit, die auf dem Feld und bei den Rindern anfiel und verwöhnte mich auch sonst bei jeder Möglichkeit. Ich glaube, ich verbrauchte mehr Zeit mit Schaumbädern in der Wanne als jemals in meinem Leben zuvor. Doch die Schuld und Leere, die ich empfand, konnte das nicht lindern.PS: Da ich für einige Tage in den Urlaub entschwinde, gab es das Upadte diesmal früher als üblich. Das nächste Update folgt dann wie gewohnt wieder am 24./25. Juni
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Kapitel 48: Schwesterlicher Rat
In der Nacht bekam ich kaum ein Auge zu. Erst gegen Morgen fiel ich in einen unruhigen Schlaf, der mir kaum Erholung brachte. Ich war immer noch genauso verwirrt, wie am gestrigen Tag. Ich brauchte jemanden, der mich führte und mir sagte, was ich tun sollte. Oder wenigstens jemanden, dem ich alles anvertrauen konnte. Doch in Sierra Simlone Stadt gab es niemanden, dem ich so sehr vertraute, um ihm zu offenbaren, was passiert war. Nicht einmal Roland. Aber es gab jemanden in SimCity, zu dem seit meiner Geburt ein unzertrennliches Band bestand. Ich nahm mein Handy und wählte die Nummer. "Joa, ich bin schwanger", begann ich das Gespräch mit meiner Zwillingsschwester.
Joanna hört einfach nur zu, während ich ihr alles erzählte und unterbrach mich kein einziges Mal. "Und jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll", endete ich mit meiner Geschichte. Joanna überlegte eine Weile, bis sie mir antwortete. "Hast du schon daran gedacht, das Baby...abtreiben zu lasse?" Dem Klang ihrer Stimme konnte ich anhören, dass ihr dieser Vorschlag nicht leicht fiel, aber er war ernst gemeint. Und tatsächlich hatte ich schon selbst daran gedacht. "Das kann ich nicht machen", antwortete ich schließlich. "Ich kann eine Sünde nicht durch eine zweite wieder wett machen. Ich habe gegen das 6. Gebot verstoßen. Soll ich etwa noch das 5. brechen. Nein, ich kann dieses unschuldige Baby nicht für meine Fehler büßen lassen." Ich spürte, dass Joanna das etwas anders sah, aber sie versuchte nicht weiter auf mich einzureden. Stattdessen sucht sie nach weiteren Lösungsmöglichkeiten. "Und du kannst es dem Vater des Kindes nicht sagen, diesem Albert? Vielleicht kann er dir zur Seite stehen."
"Nein", erwiderte ich schwach. "Albert darf es nie erfahren. Ich könnte es nicht ertragen, wenn wegen mir seine Ehe auseinanderbricht. Das kann ich Gerda und seinen Kindern nicht antun. Du weiß doch selber, wie das ist, wenn man erfährt, dass der eigene Vater fremd gegangen ist. Ich wünschte, ich hätte das nie erfahren". Ich musste tief Schlucken, da die Erinnerungen aus meiner Kindheit mich härter trafen als erwartet. Aber Joanna verstand mich nur zu gut. "Die Leute werden anfangen zu reden, Oxana", erinnerte sie mich an eine Tatsache, die mir selbst schmerzlich bewusst war. Gerade in einer Kleinstadt wie Sierra Simlone Stadt redeten die Leute viel, das hatte ich schon zu genüge erfahren müssen. "Du hast also zwei Möglichkeiten, Schwesterherz. Du kannst von dort weggehen, wo auch immer du bist und noch einmal von vorne Anfangen. Du könntest zurück nach Hause kommen". Ich hörte heraus, wie sehr sie sich wünschte, dass ich genau dies tat, doch ihr war ebenso wie mir klar, dass ich das nicht könnte. Dad würde mir nie verzeihen und ich ihm genauso wenig. Also blieb mir nur ihr zweiter Vorschlag.
Als ich mein Haus verließ, war ich noch wild entschlossen. Doch mit jedem Schritt, der mich näher an das türkis verklinkerte Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite brachte, wurde ich unsicherer. Vielleicht wäre ich sogar wieder umgekehrt, wenn Dominik mich nicht durch die Glastür hindurch bemerkt hätte und sie öffnete. "Brodlowska? Du hier?" Er wirkte tatsächlich überrascht, mich zu sehen, allerdings auf seine typische schelmische Art. Nervös ballte ich meine Fäuste zusammen und hohle tief Luft. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
"Bist du allein?", fragte ich und mein Herz raste. Dominik sah mich noch immer neugierig an. "Ja. Warum?". Doch eine Antwort erhielt er von mir nicht. Zumindest keine gesprochene. Stattdessen warf ich mich ihm und den Hals und begann ihn zu küssen. Dominik taumelte einige Schritte nach hinten, aber seine Hände hielten mich umklammert und zogen mich mit. Und auch wenn ihn meine Aktion sichtlich überrumpelt hatte, dauerte es nur den Bruchteil einer Sekunde, bis er realisierte, was gerade geschah und er meinen Kuss genau so intensiv erwiderte.
Dominik wollte irgendetwas sagen, doch das ließ ich gar nicht erst zu und brachte ihn mit meinen Küssen zum Schweigen. Und dann griff ich sein Shirt und schob es hoch. Dominik verstand sofort, was ich wollte und zog es hastig über seinen Kopf und warf es achtlos auf den Boden nur um mich weiter küssen zu können. "Die Couch", flüsterte ich ihm ins Ohr und eng umschlungen stolperten wir in diese Richtung.
Unterwegs riss er mir bereits mein Oberteil vom Körper und mit meinen Blicken gab ich ihm zu verstehen, dass ich ihn wollte. Hier und jetzt. Ich bremste das Tempo, küsste ihn jetzt langsamer, dafür aber umso inniger. Dann trat ich einen kleinen Schritt zurück und öffnete langsam den Reißverschluss meines Rockes. Er glitt an meinen Beinen hinunter zum Boden. Jetzt stand ich nur noch in Unterwäsche und meinen Stiefeln vor Dominik und ich konnte das Funkeln in seinen Augen sehen, als er seinen Blick über meinen Körper schweifen ließ. Ich lehnte mich vor und küsste ihn sanft. Dabei öffnete ich mit meinen Fingern den Knopf seiner Hose. Und während Dominik sich daraufhin seiner Schuhe und seines Beinkleides entledigte, stieg ich aus meinen Stiefeln und legte mich auf das Sofa. Und dann schliefen wir miteinander.
Hinterher lagen wir auf dem Sofa. Dominik auf dem Rücken und ich lehnte mit meinen Kopf auf seiner Brust, die sich bei jedem seiner Atemzüge hob und wieder senkte. Er hielt mich noch immer fest umschlossen, als ob er befürchtete, dass ich jeden Moment aufstehen und verschwinden könnte. Wir lagen eine ganze Weile so, bis Dominik sich aufrichtete und mich auf seinen Schoß zog. Er wirkte so zufrieden, als er mich ansah und seine Nase verspielt an meine rieb. "Warum jetzt, Brodlowska?", fragte er schließlich. "Warum bist du ausgerechnet heute zu mir gekommen?" "Weil du unwiderstehlich bist, Nick. Das hast du doch selbst immer gesagt."
An diesem Tag schlief ich noch mehrmals mit Dominik. Da wir bei ihm zu Hause nicht ungestört bleiben konnten, gingen wir schließlich rüber zu mir. Ich war froh, als Dominik endlich einschlief. Ich selbst konnte an Schlaf nicht einmal denken. Dazu fühlte ich mich viel zu dreckig. Ich hatte mit einem Mann geschlafen, den ich nicht liebte, den ich sogar nicht wirklich mochte. Und das aus purer Berechnung. Ja, ich war eine Hure. Aber es war immer noch besser eine Hure zu sein, als eine Ehe und eine Familie zu zerstören.
Die Jungs staunten nicht schlecht, als ich am nächsten Abend Hand in Hand mit Dominik ins Esszimmer spaziert und ihn als meinen neuen Freund vorstellte. Tristan war natürlich sofort begeistert, dass ich wieder einen Freund hatte. Er hatte mir schon länger damit in den Ohren gelegen, dass der Männerwelt abzuschwören, ganz sicher kein richtiger Weg war, egal was man damit erreichen wollte.
Rolands Begeisterung hielt sich dagegen stark in Grenzen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er genau wusste, dass etwas nicht stimmte. Aber wenn ich meinen Plan durchziehen wollte, dann wusste ich überzeugend sein. Niemand durfte auch nur ahnen, dass meine Gefühle für Dominik reine Show waren. Also warf ich Dominik den ganzen Abend verliebte Blicke zu, lächelte ihn an. Doch selbst als ich während des Essens ständig Dominiks Hand hielt und deshalb kaum zum Essen kam, blieb Rolands Blick skeptisch.
Es fiel mir schwer, meine Freunde zu belügen. Doch ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass ich sie mit dieser Lüge nicht verletzte. Anders sah das bei Dominik aus. Ich versuchte mir zwar einzureden, dass ich auch ihm nicht schadete. Immerhin hatte er mehr als einmal ganz offensichtlich sein Interesse an mir bekundet und jetzt hatte er mich. Das war doch genau das, was er wollte. Aber ich wusste, dass es ein Selbstbetrug war. Ich gab vor, ihn zu lieben, doch in Wirklichkeit nutze ich ihn aus. Allein die Tatsache, dass ein Kind in meinem Bauch heranwuchs, hielt mich davon ab, dieser ganzen Scharade sofort ein Ende zu setzen. -
@Seliiii
Vielen Dank. Es freut mich, dass dir die Geschichte gefällt. Das nächste Update folgt auch heute Abend oder spätestens morgen. -
Kapitel 47: Konsequenzen
Doch Dominik blieb mein geringstes Problem. Ungeduldig saß ich in der Arztpraxis von Sierra Simlone Stadt. Wir hatten hier zwar keinen wirklichen Arzt, aber eine Landschwester, die den Bewohner der Gegend die notwendigste medizinische Versorgung gewährleistete. Erkrankte man ernsthaft, dann musste man in eine der Kliniken nach SimVegas oder nach Seda Azul. Doch mir fehlte nicht wirklich etwas, obwohl, eigentlich schon. Meine Tage waren nun fast eine Woche überfällig. Und als ich mit Albert geschlafen hatte...wir haben nicht verhütet.
Die Tür des Behandlungszimmers öffnete sich und eine junge Frau mit einem dicken Babybauch verließ den Raum. Die Landschwester folgte ihr. "Wir sehen uns dann in einer Woche wieder, Frau Fernandés", verabschiedete sie sich von ihrer anderen Patientin. "So, Frau Brodlowska, Sie sind die nächste. Kommen sie bitte herein." Mein Puls schoss vor Aufregung in die Höhe, denn in wenigen Minuten würde ich Gewissheit darüber haben, ob ich tatsächlich schwanger war. Und tief im Inneren wusste ich genau, dass ich in einigen Monaten ebenfalls solch einen dicken Bauch vor mir hertragen würde.
Ich folgte Schwester Chlora Mphenikohl in das Behandlungszimmer und nahm Platz auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch. "Meine Menstruationsblutung ist nun schon seit sechs Tagen überfällig", erklärte ich ihr, als sie mich aufforderte ihr den Grund für meinen Besuch zu erklären. "Nun, das ist bei einer jungen Frau wie ihnen noch nicht ungewöhnlich", entgegnete sie. "Stehen sie zurzeit unter außergewöhnlichem Stress?". Ich musste nicken, denn es belastete mich sehr, dass ich mit Albert geschlafen hatte. Aber ich befürchtete, dass es nicht so einfach war. "Ich hatte vor etwa zwei Wochen ungeschützten Verkehr", erklärte ich mit hochrotem Kopf und Schwester Mphenikohl verstand sofort.
Sie ging hinüber zum Medizinschränkchen und holte ein längliches Packet: Einen Schwangerschaftsschnelltest. Auf dem Rückweg ging sie noch zu einem anderen Schrank und holte einen Plastikbecher, den sie mit meinem Namen beschriftete. "In dieser Praxis habe ich nicht allzu viele Möglichkeiten. Sie können den Schwangerschaftsschnelltest drüben auf der Toilette durchführen", sie zeigte auf die Tür neben dem Raumteiler, gab mir das Päckchen und erklärte mir kurz die Anwendung. Dann gab sie mir noch den Plastikbecher. "Ich benötige auch noch eine Urinprobe von Ihnen. Die schicke ich dann an das Labor in SimVegas, damit wir ein eindeutiges Ergebnis erhalten."
Ich verschwand im anliegenden Waschraum und folgte den Anweisungen von Schwester Mphenikohl. Als ich zurückkam stellte ich den Plastikbecher und den Schwangerschaftstest vor sie auf den Schreibtisch. Und dann hieß es warten, bis das Ergebnis sichtbar wurde. Ich versuchte nicht unentwegt auf den Test zu starren und betrachtete die Anatomie-Grafiken an den Wänden, während die Landschwester meine Urinprobe für den Transport an das Labor in SimVegas vorbereitete.
Als sie sich wieder setzte, warf sie einen kurzen Blick auf den Test. "Das Ergebnis ist da, Frau Brodlowska", verkündete Sie. Sie zeigte mir den Test und begann dann zu erklären: "Im Testfeld sind zwei Streifen zu sehen. Der erste zeigt an, dass der Test erfolgreich verlaufen ist. Und der zweite Streifen ist das Ergebnis. Herzlichen Glückwunsch, Frau Brodlowska, Sie sind schwanger." Ich starte bekümmert den Teststreifen an. "Wie...wie sicher ist ein solcher Schnelltest?". "Heutzutage sehr sicher", antwortete Schwester Mphenikohl und bestätigte damit meine Befürchtung. "Aber das Laborergebnis liefert dann das endgültige Resultat."
Sie versprach mich anzurufen, sobald das Ergebnis eingetroffen sei. Doch das brauchte sie im Grunde gar nicht. Ich wusste, dass auch das Laborergebnis meine Schwangerschaft bestätigen würde. Wie betäubt verließ ich die Praxis und setzte mich in mein Auto, das vor dem Gebäude parkte. Doch anstatt loszufahren blieb ich einfach darin sitzen. Ich würde ein Kind bekommen! Von Albert, einem verheirateten Mann, der selbst schon Vater von vier Kindern war. Und alles nur, weil ich nicht stark genug war. Weil ich nicht genug Kraft aufgebracht hatte, ihm zu widerstehen. Ich wollte weinen, doch meine Augen blieben so trocken wie die Wüste.
Ich war schwanger! Das war aber auch das einzige in meinem Leben, das sicher war. Alles andere brach gerade wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Als ich nach stundenlangem Umherfahren Zuhause ankam und einen Blick auf die Eidechsen warf, die sich an unserem Teich herumtrieben, wünschte ich mir fast, eine von ihnen zu sein. Die mussten sich nicht mit solchen Problemen herumschlagen. Ihr Leben war einfach. Als ich weiter in Richtung Veranda ging, bemerkte ich plötzlich eine Gestalt, die auf der Bank vor dem Haus saß: Es war Benny!
Vorsichtig ging ich weiter auf das Haus zu. Als Benny mich sah, sprang er sofort von der Bank auf und kam auf mich zugeeilt. Seitdem wir uns getrennt hatten, habe ich ihn nur ein paarmal gesehen und kaum ein Wort mit ihm gewechselt. Er hatte noch einmal versucht mich um eine zweite Chance zu bitten und es noch einmal mit ihm zu versuchen, doch ich hatte ihn abgewiesen. Auf einmal sank er vor mir auf die Knie und meine Augen weiteten sich entsetzt, weil ich das schlimmste befürchtete. Wollte Benny mir etwa einen Antrag machen. Doch glücklicherweise begann er nur zu singen und legte mir seine Gefühle mit einem eigens für mich komponierten Lied dar. Erleichtert musste ich lächeln, doch leider deutete Benny dieses falsch. "Ich wusste, dass du mich noch liebst!", brachte er überglücklich hervor. "Mein Bruder hatte recht, dass ich um dich kämpfen soll".
Mit einem Mal entlud sich der gesamte Frust, der sich in den letzten Tagen und heute ganz besonders in mir angestaut hatte. "Mein Gott, Benny, wann kapierst du es endlich, dass ich nichts mehr von dir will?", schrie ich ihn an. "Lass mich endlich in Ruhe! Hast du das verstanden. Ich bin schwanger!", wütend deutete ich auf meinen Bauch, der noch nicht das geringste Anzeichen einer Schwangerschaft zeigte. Und um jedes Missverständnis aus dem Weg zu räumen fuhr ich genau so aufgebracht fort: "Und das Kind ist auf keinen Fall von dir! Ich hab einen anderen Kerl und erwarte ein Kind von ihm, also hau ab!"
Jetzt konnte ich sehen, wie auch Bennys Welt wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel. Er sah mich nur entsetzt an. Nein, eher enttäuscht, wie ein kleines Kind, dem man gerade erklärt hat, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Er begann zu zittern und raufte sich hilflos die Haare, darum bemüht, irgendetwas zu erwidern. In diesem Moment wurde auch mir klar, wie sehr ich ihn mit meinen Worten verletzt hatte. Und das Schlimmste war, dass ich es mit voller Absicht getan hatte, nur damit es ihm genau so schlecht ging, wie mir. Wenn ich gekonnt hätte, dann hätte ich die Zeit zurückgedreht. Doch die Worte waren gesagt und ließen sich nicht mehr rückgängig machen. Ohne ein weiteres Wort drängte ich mich an ihm vorbei und lief in das Haus.
Ich wollte nicht, dass er meine Tränen sah, die unaufhaltsam meine Augen füllten. Ich ging auf direkt Weg in mein Zimmer, um Roland und Tristan nicht über den Weg zu laufen. Und als die Zimmertür hinter mir ins Schloss fiel, konnte ich nicht mehr länger stark bleiben und begann zu weinen. Ich hatte Gerda hintergangen, Albert zum Ehebruch verleitet, ich hatte Benny zutiefst verletzt, vielleicht war ich daran schuld, wenn die Familie von vier unschuldigen Kindern zerbrach. Miranda hatte Recht gehabt; ich war eine Schlampe. Und in weniger als neun Monaten würde ich ein Kind zur Welt bringen. Ein Kind ohne Vater, ein Kind, das Fragen bei meinen Nachbarn aufwerfen würde. -
Hallo Sonsua!
Vielen Dank, dass du mir einen Kommentar da lässt Am Freitag gibt es das nächste Update. -
Kapitel 46: Reue
Doch viel zu schnell war dieser Augenblick vorbei. Als ich aufwachte, konnte ich all die Fragen, die sich mir aufdrängten nicht mehr wegschieben. Ich schnappte mir meine Sachen und verschwand im Badezimmer. Albert schlief immer noch tief und fest. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass Tristan und Roland bereits bei der Arbeit waren, weckte ich ihn. Und während er unter die Dusche ging, bereitete ich ein Frühstück vor. Wenn ich gleich schon mit ihm reden musste, dann wollte ich wenigstens satt sein.
Ich saß bereits am Tisch, als Albert aus dem Bad kam. Der Teller für ihn stand am gegenüberliegenden Tischende, so weit entfernt von mir, wie es nur ging. Ich wollte nicht noch einmal riskieren, dass die körperliche Nähe zu ihm, mich zu etwas verleitete, wovon ich wusste, dass es falsch war. Aber schon allein bei seinem Anblick, fiel es mir schwer, ihm nicht um den Hals zu fallen. Albert setzte sich ohne zu widersprechen auf den Platz, den ich für ihn vorgesehen hatte. Schweigend begannen wir zu essen.
Ich hoffte, dass er irgendetwas sagen würde, doch als Albert stumm blieb, musste ich beginnen. "Das heute Nacht war..." "Schön?", unterbrach er mich und blickte mich dabei eindringlich an. "Eine einmalige Sache", erwiderte ich. Ein trauriges Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab und er aß weiter von seinem Pfannkuchen. "Du bist verheiratet, da spielt es keine Rolle, ob es schön war. Zu Hause warten eine Frau und vier Kinder auf dich. Es kann nichts anderes sein, als eine einmalige Sache, verstehst du?"
Albert nickte stumm. "Gerda...sie darf davon nicht erfahren", sprach ich weiter. Wieder nickte Albert. "Von mir wird sie nichts erfahren. Du hast es ja selbst gesagt, es war eine einmalige Sache. Ein Ausrutscher. Es gibt nichts was sie wissen müsste." Seltsamerweise fühlte ich mich nicht erleichtert. Im Gegenteil. "Was...was wirst du ihr erzählen, wo du warst...heute Nacht?". "Ich habe zu viel getrunken und hab bei dir auf der Coach übernachtet, um die Kleinen nicht zu wecken", antwortete er. "Das ist so nah an der Wahrheit, dass sie nicht misstrauisch wird."
Mehr gab es nicht zu sagen. Albert aß auf, nahm seinen Hut und ging dann zu Tür. Ich begleitete ihn. Er wollte schon fast hinausgehen, als er sich umdrehte und meine Hand faste. Ich konnte an seinem Blick erkennen, dass er wollte, dass ich ihn aufhielt. Und ich wollte es so sehr, aber ich durfte nicht. "Es war eine einmalige Sache", wiederholte ich leise und eine einzelne Träne lief meine Wange hinunter. Er setzte zum Sprechen an, doch dann seufzte er nur schwer und verließ mein Haus.
Erst als Albert weg war, wurde mir so richtig bewusst, was ich eigentlich getan hatte. Ich hatte gegen das zehnte Gebot verstoßen, als ich mit dem Mann einer Anderen schlief. Und was noch viel schlimmer war, ich hatte Albert dazu verleitet gegen das sechste Gebot zu verstoßen und Ehebruch zu begehen. Ich fühlte mich so schuldig. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als an die Sünden, die ich begangen hatte. Egal ob ich draußen auf den Feld und bei den Rindern oder ob ich Zuhause war, immer musste ich an Albert und an unser Vergehen denken. Einzig in der Kirche fand ich ein wenig Ruhe, wenn ich mich in das Gebet vertiefte und meine Sünden bereute. Doch es half nur für einen kurzen Moment, denn ich wusste, dass ich Gerda gegenüber nicht ehrlich sein durfte. Auch wenn es mir vielleicht eine Last von der Seele nehmen würde, es würde ihr Leben zerstören.
Doch ich versuchte es jeden Tag aufs Neue. Wenn ich nur stark genug bereute, dann würde Gott mir verzeihen...aber vielleicht lag ja genau da das Problem. Vielleicht bereute ich nicht genug? Ich war so in mein Gebet vertieft, dass ich nicht bemerkte, wie sich eine Gestalt direkt vor mich stellte. Als ich meine Augen öffnete und Dominik erblickte, zuckte ich vor Schreck zurück. Er grinste wieder einmal. "Irgendetwas muss mit meinem Telefonanschluss nicht stimmen. Denn anders kann ich es mir nicht erklären, dass du nicht pausenlos bei mir anrufst, Brodlowska". Oh, nicht diese Leier schon wieder. Wie oft sollte ich diesem Typen noch erklären, dass ich nichts von ihm wollte?
"Kann es nicht auch sein, dass ich einfach nichts von dir will? ", fragte ich genervt. "Unwahrscheinlich", antwortete er unverschämt. "Komm schon, Brodlowska, gib zu, dass du mich anziehend findest." Nein, das fand ich nicht. Er ging mir einfach nur auf die Nerven mit seiner überheblichen Art. "Verfolgst du mich etwa?", fragte ich weiter und unglaublicherweise gab er es sogar zu. "Anders bekomme ich dich doch gar nicht zu Gesicht. Wir hatten doch letztens viel Spaß beim Billard. Lass uns das wiederholen, dann merkst auch du irgendwann, dass ich unwiderstehlich bin".
"Lass mich einfach in Ruhe, Dominik", entgegnete ich ihm. "Wir sind hier in einem Gotteshaus und ich möchte jetzt alleine sein. Wenn ich dich wirklich so unwiderstehlich fände, dann hättest du das schon bemerkt. Und sollte sich an meiner Einstellung zu dir irgendetwas ändern, dann lass ich es dich wissen. Aber an deiner Stelle würde ich nicht darauf warten." Zum ersten Mal sah ich, wie Dominiks unendliche Selbstsicherheit schwand. "Gut, dann lasse ich dich jetzt allein". Er schob sich an mir vorbei und schritt auf das Kirchenportal zu. Doch dann drehte er sich noch einmal um. "Ich werde trotzdem auf dich warten, Brodlowska. Ich glaube, dass könnte sich lohnen. Für mich und für dich". Und schon war seine Überheblichkeit zurückgekehrt. Frustrier ließ ich mich wieder auf die Bank fallen. Würde ich denn diesen Kerl niemals mehr los werden? -
Kapitel 45: Ein Moment der Schwäche
Als ich wieder den Schankraum betrat, war Gerda bereits verschwunden. "Wo ist sie denn?", erkundigte ich mich bei Albert, während ich mich zu ihm an die Bar setzte. "Ach, sie musste nach unserer Kleinsten sehen. Nichts Ernstes also. Ich hoffe, wir beide können noch ein wenig länger um die Häuser ziehen? Wie wäre es mit einem Cocktail?", schlug Albert vor. Wieder hörte ich dies leise Stimme in meinem Kopf die "Nein" schrie, doch erneut überhörte ich sie und antwortete, "Ja, gerne", stattdessen.
"Einen Long Island Ice Tea, bitte", gab ich meine Bestellung bei Aron ab. "Ich hätte gar nicht erwartet, dass du so etwas Starkes trinkst". Albert warf mir einen anerkennenden Blick zu. "Für mich einen einfachen Scotch", fügte er dann an Aron gewandt hinzu und kurze Zeit später standen zwei eisgekühlten Drinks vor uns. "Auf eine weitere gute Zusammenarbeit", prostete Albert mir zu und dem konnte ich nur zustimmen. Ich schlürfte gerade meinen zweiten Ice Tea, als Albert begann ein Melodie zu pfeifen und plötzlich verspürte ich den unstillbaren Drang zu tanzen. "Komm Albert, lass uns rüber in den Club gehen und ein wenig abtanzen", schlug ich deshalb spontan vor. "OK", war Alberts einzige Reaktion und schon war er dabei aufzustehen. Ich kippte das letzte Drittel meines LI-Ice Teas auf Ex herunter und stand dann ebenfalls auf. Zwar musste ich mich ein wenig an der Theke abstützen, weil sich plötzlich alles drehte, aber das gab sich nach einem kurzen Moment wieder. Zumindest nahezu.
Der Club war fast menschenleer, aber das war nicht ungewöhnlich mitten in der Woche. So hatten wir wenigstens Platz auf der Tanzfläche. Also schnappte ich mir kurzentschlossen Alberts Hand und zog ihn hinter mir her zum Tanzbereich. "Wollen wir nicht vorher noch einen Drink bestellen", versuchte er mir zu entkommen, doch das hatte überhaupt keinen Sinn. Ich fing an, mich im Takt der Musik zu bewegen und auch Albert verlagerte sein Gewicht vom einen Fuß auf den anderen und deutete somit zumindest so etwas wie einen Tanz an. Doch je länger wir tanzten, desto mehr fand er seinen Rhythmus. Und plötzlich spürte ich seine Knie zwischen meinen Beinen, sah, wie Albert seinen Oberkörper im Einklang mit der Musik nach hinten lehnte und sein Becken kreisen ließ. Und ich ging darauf ein. Ich ließ mein Becken kreisen und sank langsam auf seinen Oberschenkel. Dabei fuhr ich mit meinen Fingern durch meine nassgeschwitztes Haar.
Im Club war es glühend heiß, insbesondere unter den Scheinwerfern. Meine gesamte Haut war schweißnass, sogar mein Shirt war schon durchnässt. Und Albert erging es nicht anders. Der Schweiß tropfte von seiner Schläfe. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr genug Luft zu bekommen und atmete durch den Mund, statt durch die Nase. Inzwischen tanzten wir in unserem eigenen Rhythmus. Langsamer...näher beieinander. Albert schaute ununterbrochen in meine Augen, als ob er so meine Gedanken lesen könnte. Ich wagte es kaum zu zwinkern. Meine Hände streichelten unentwegt seine starken Oberarme und unsere Becken kreisten gemeinsam. Alberts Hände glitten über meinen Rücken, meine Hüften, meine Po...
Ich drehte mich um, tanzte nun mit dem Rücken zu ihm gewandt. Seine Hände glitten über meine Oberschenkel, meinen Bauch. Er hielt mich fest in seinem Griff. Ich spürte seinen kratzigen Bart an meiner Wange. Plötzlich schob er meine Haare zur Seite und seine Lippen berührten vorsichtig meinen nun freigelegten Hals. Ein Schauer durchfuhr meinen Körper und ich stöhnte leise. Dann drehte er mich zu sich herum, hielt mich immer noch fest und dann fühlte ich seine warmen Lippen auf meinen. Mein Atem setzte aus und meine Augen schlossen sich ganz von alleine. Ich spürte seinen Atem, schmeckte das Salz auf seinen Lippen, fühlte, wie seine Zunge sanft meine Lippen berührte und nur auf meine wartete. Und sie musste nicht lange warten.
Als ich meine Augen aufschlug, war es bereits hell in meinem Zimmer. Durch den Vorhang hindurch konnte ich die aufgehende Sonne erkennen und ich musste blinzeln, um nicht geblendet zu werden. Wann hatte ich überhaupt die Vorhänge zugezogen? Und Wie war ich nach Hause gekommen? Ich hatte einen Filmriss. Und so etwas war mir noch nie zuvor passiert. Dabei hatte ich nicht einmal viel getrunken. An den zwei Long Island Iceteas wird es wohl nicht gelegen haben? Ich richtete mich mühsam auf und in meinem Kopf begann es leicht zu hämmern. Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Ein leises Schnarchen. Erschrocken schaute ich auf die andere Betthälfte und konnte einen blonden Haarschopf sehen. Alberts Haarschopf!
Wir hatten doch nicht etwa...? Doch natürlich hatten wir. Ich saß nur in meiner Unterwäsche bekleidet im Bett und merkte, dass mein BH nicht einmal richtig verschlossen war. Mein Blick schweifte über den Zimmerboden und ich konnte unschwer Alberts und meine Klamotten erkennen, die überall verstreut herumlagen. Alberts Unterwäsche war auch darunter. Albert schnaufte und drehte sich auf die andere Seite, aber er schlief weiter tief und fest. Er sah so friedlich aus. Die Erinnerung an den Club kehrte wieder. Unser eng umschlungenes Tanzen...unser Kuss. Ich setzte mich auf die Bettkante und starte vor mich hin. Ja, wir hatten miteinander geschlafen, daran bestand kein Zweifel. Aber wie konnte ich es nur so weit kommen lassen?
Doch ich blieb erstaunlich ruhig. Statt durchzudrehen, setzte ich mich in den Sessel gegenüber von meinem Bett und beobachtete Albert. Dabei dachte ich an nichts Bewusstes. Es verstrich einige Zeit bis Albert sich zu rühren begann. Verschlafen blickte er sich im Zimmer um, bis er mich entdeckte. "Guten Morgen, meine Prärieblume". Er lächelte mich an, doch mein Gesicht blieb ausdruckslos. Also stieg er aus dem Bett und kam hüllenlos auf mich zu. Er wollte meine Wange streicheln, doch ich wich ihm aus und richtete mich auf. "Das hätte niemals passieren dürfen", sagte ich ganz direkt. "Wir hätten niemals miteinander schlafen dürfen. Was willst du deiner Frau sagen? Was soll ich ihr...."
"Psss". Sein Finger auf meinen Lippen ließ mich verstummen. "Darum wollen wir uns jetzt keine Gedanken machen". Ich wollte protestieren, doch als seine Lippen mich berührten, schwand meine Entschlossenheit. Mit Leichtigkeit hob Albert mich hoch und legte mich zurück aufs Bett. Ich zeigte nicht den geringsten Wiederstand. Als er sich über mich beugte und ich in seine vor Lust glänzenden Augen blickte, kehrte die Erinnerung an letzte Nacht vollständig wieder. Die Erinnerung an seine rauen Hände, die wie Sandpapier über meine weiche Haut glitten, seine Entschlossenheit, die es mir erlaubte, mich einfach fallen zu lassen. Und so war es auch dieses Mal. Ich ließ mich fallen und gab mich Albert voll und ganz hin.
Erschöpft schlief er wieder ein. Ich schmiegte mich dicht an seinen Rücken und liebkoste ihn mit zarten Küssen und genoss es, ihn so nah bei mir zu spüren und den Duft seines Körpers wahrzunehmen. Ich wollte diesen Moment für immer festhalten und nicht an die Zukunft denken. All die Probleme, die auf mich zurasten, waren mir egal. Zumindest für den Augenblick und glücklich fiel auch ich in einen leichten Schlaf. -
beatriz
Oh, es freut mich, wieder einmal von einem Leser zu hören. Ich hoffe, du bis zufrieden mit der neusten Fortsetzung Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du öfters deien Meinung mitteilen würdest. Vielen Dank noch einmal! -
Kapitel 44: Dürre
Nach meinem Gefühlsausbruch ging es mir erstaunlicherweise besser. Bis sich die nächste Katastrophe anbahnte. In der Sierra Simlone war es heiß, sehr heiß sogar. Aber so heiß wie in den letzten Tagen habe ich es auch hier noch nicht erlebt. In der Mittagszeit erreichte das Thermometer durchaus 45 °C. An diesem Tag waren es sogar 47 °C. Nicht nur dass ich diese Hitze kaum aushielt, meine jungen Maispflanzen taten es erst recht nicht. Eigentlich hatte ich vorgehabt, Albert nach dem letzten Zwischenfall nicht mehr um Hilfe zu bitten, aber ich konnte nicht zulassen, dass meine gesamte Ernte einging. Ich führte ihn aufs Feld und zeigte ihm ratlos den total ausgedörrten Boden und die jungen Maispflanzen die schon begannen dahinzuwelken.
Doch diesmal konnte selbst Albert mir nicht helfen. "Tut mir leid, Oxana, aber so ist nun einmal die Sierra Simlone", erklärte er mir gedrückt. "Solche Hitzeperioden sind für diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich. Deshalb Pflanzen die meisten Farmer ihren Mais auch früher, sodass er zu dieser Jahreszeit bereits ausgewachsen ist und ihm die Hitze nicht mehr so viel ausmacht. Du kannst jetzt nur hoffen, dass diese Hitzewelle nicht zu lange anhält. Lass die Pumpen am besten die ganze Nacht laufen. Dadurch sinkt zwar dein Grundwasserspiegel schneller, als er wieder nachgespeist wird, aber für ein paar Tage solltest du das durchziehen können. Und ganz ehrlich, länger als ein paar Tage hält dein Mais dieser Hitze ohnehin nicht stand."
Albert sah meinen deprimierten Blick. "Es gibt schlimmeres, Oxana, ganz ehrlich", versuchte er mich aufzumuntern, doch mit wenig Erfolg. Ich könnte meine gesamte erste Maisernte verlieren. Wie viel schlimmer konnte es denn noch kommen? "Lass uns heute Abend doch ausgehen", schlug Albert dann vor. "Du kannst deine Mitbewohner mitbringen und ich komme mit Gerda. Das wird dich auf andere Gedanken bringen. Na was sagst du?" In meinem Kopf schrie eine Stimme ganz laut: "Nein! Nicht nachdem was erst vor kurzen zwischen euch vorgefallen ist." Aber ich überhörte sie einfach. Was sollte denn auch schon passieren, wenn Gerda und die Jungs dabei waren?
Doch als ich am Abend Roland fragte, sagte er mir überraschenderweise ab. "Tut mir leid Oxana, aber heute Abend habe ich schon was vor", erklärte er, während er im Spiegel noch einmal überprüfte, ob seine Haare auch ordentlich anlagen. "Brandys Eltern haben mich heute Abend zum Essen eingeladen und da kann ich ja schlecht nein sagen. Ganz abgesehen davon, dass ich das gar nicht will."
Naja, dann halt nur Tristan und ich. Doch als ich ohne anzuklopfen in sein Zimmer platzte, da erwischte ich ihn bei... einer anderen Aktivität. Oh Gott, war mir das peinlich. Mein Kopf lief knallrot an, insbesondere als ich Franks nicht ganz jugendfreie Worte hörte, die absolut nicht an meine Ohren bestimmt waren. Ich schloss die Tür ganz schnell wieder und hoffte, dass die beiden mich nicht bemerkt hatten. Ich schätze, somit war ich die einzige Bewohnerin der Simlane 10, die sich heute mit Albert und Gerda in der Stadt treffen würde.
Als ich im Longhorn Saloon auftauchte, saßen Albert und Gerda bereits am Pokertisch. "Tristan und Roland hatten leider schon was anderes vor", entschuldigte ich mich für die fehlenden Jungs und setzte mich zu den beiden. "Ach, wir werden auch zu dritt unseren Spaß haben", entgegnete Gerda und spielte mir die Karten zu. "Der Mindesteinsatz beträgt 50 Simolitos, wir wollen es schließlich nicht übertreiben."
Gerda scherzte viel herum und wir konnten endlich so richtig über Letizia ablästern. Dabei entschuldigte sie sich mindestens fünf Mal bei mir, dass ich diese Frau ertragen musste. Und ich versicherte ihr mindestens fünf Mal, dass ich ihr gerne geholfen hatte. Dass mein schlechtes Gewissen dabei eine nicht zu verkennende Rolle gespielt hatte, verschwieg ich allerdings. Zum Glück war der Spieleinsatz so gering, denn ich stellte mich als grottenschlechte Spielerin heraus. Roland hatte mir mal die Regeln erklärt, das war aber auch schon alles. Von Taktik hatte ich nicht die geringste Ahnung. Allerdings schweifte mein Blick auch immer wieder zu Albert ab. Und ich musste wieder daran denken, wie wir uns fast geküsst hätten. Mein Herz fing an schneller zu schlagen. Doch ein Blick auf seinen Ringfinger rief mir wieder in Erinnerung, dass dieser Mann schon vergeben war. Und selbst wenn nicht, ich wollte keinen Mann mehr. Nie wieder.
Plötzlich trat Aron an unseren Tisch. "Frau Kappe, entschuldigen sie die Störung", unterbrach er unser Spiel, "aber wir haben einen Anruf für sie. Es ist ihre Tochter Miranda". Gerda sah leicht verwirrt zu Albert, der aber zuckte nur mit den Schultern. "Das Telefon steht hinten im Büro", erklärte Aron und zeigte auf die Tür neben dem Tresen. Gerda seufzte, legte ihre Karten zur Seite und machte sich auf den Weg ins Hinterzimmer.
Da Gerda ohnehin für eine Weile weg war, nutzte ich die Gelegenheit um mich frisch zu machen. Es war immer noch unerträglich heiß und kleine Schweißperlen bildeten sich überall in meinem Gesicht, die ich lieber wegwischen wollte. Ich war noch auf der Toilette, als Gerda wiederkam. "Es geht um Elvira", klärte sie ihren Mann auf. "Sie will nicht aufhören zu schreien und Miranda wird nicht mit ihr fertig. Wir sollten lieber wieder nach Hause gehen". "Und Oxana einfach allein lassen?", entgegnete Albert empört. "Das ist das erste Mal seit Wochen, dass wir wieder mal aus dem Haus kommen. Ich hab keine Lust jetzt schon wieder zu unseren schreienden Kindern zurückzukehren. Du kannst gerne gehen, aber ich bleibe hier!", fuhr er sie im harschen Ton an. "Albert, bitte, die Leute gucken schon", zischte Gerda zwischen zusammengekniffenen Lippen und schaute unauffällig zu einigen Gästen hinüber, welche die beiden tatsächlich beobachteten. Doch Albert winkte nur ab. "Es ist mir egal, was die Leute denken. Und wie ich schon sagte, ich bleibe noch hier!" -
Kapitel 43: Der großartige Dominik
Das Schlimmste war, dass ich mit niemandem über den Beinahkuss mit Albert reden konnte. Nicht einmal Roland konnte ich mich anvertrauen. Die Sache war mir einfach zu unangenehm. Außerdem wollte ich nicht, dass Gerda davon erfuhr, nur weil Roland sich zufällig verplapperte. Und eigentlich war ja auch nichts passiert. Trotzdem ging ich rüber in den alten Saloon und versuchte meinem angestauten Frust beim Billard Luft zu machen.
Ich war so in das Spiel vertieft, dass ich nicht bemerkte, dass jemand an den Tisch trat und mich beobachtete. "Das wird nichts, Brodlowska. Die Kugel kriegst du niemals rein". Dominiks Stimme erschreckte mich so sehr, dass der Queue von der Kugel abrutschte und ich es tatsächlich nicht schaffte, die geplante Kugel in die Tasche zu stoßen. "Na, hab ich es nicht gesagt?", grinste Dominik selbstzufrieden.
"Jetzt zeige ich dir, wie ein echter Mann spielt". Er schnappte sich einen Queue und stellte sich an den Tisch. Ich zog mich gespannt zurück und beobachtete, wie er angeberisch verschiedene Positionen ausprobierte und dabei vorgab, als ob er die verschiedenen Einfall- und Ausfallwinkel der Kugeln mitberücksichtigen würde. Der Typ hatte doch nicht die geringste Ahnung von dem was er da tat. "Wenn ich die blaue Kugel in die mittlere rechte Tasche versenke", schlug er prahlerisch vor, "dann hast du die Ehre, die Gegenwart des großartigen Dominik Blech bei einem Cocktail zu genießen. Abgemacht Brodlowska?" "Abgemacht!", stimmte ich ohne groß zu überlegen zu, denn das würde diesem Angeber nie gelingen.
Doch dann geschah das Unfassbare. Dominik stieß die rote Kugel an und ich hatte schon einen zurechtgelegten Spruch auf den Lippen. Doch die rote Kugel prallte erst gegen die eine Bande und dann mit Wucht gegen die zweite. Von da aus stieß sie gegen die halbe, dunkelrote Kugel, die sich daraufhin in Bewegung setzte und die schwarze Kugel schnitt. Diese bewegte sich wiederum auf die blaue zu und schnitt diese ebenfalls. Und mit einer langsamen, aber beständigen Bewegung rollte die blaue Kugel in die von Dominik vorhergesagte Tasche. Ich starte sprachlos auf den Tisch.
Grinsend geleitete er mich zur Bar. "Jetzt zieh doch nicht so ein Gesicht, Brodlowska", forderte er mich auf. "Auch wenn es kaum vorstellbar ist, dass du dich nicht darum reißen könntest in meiner Gegenwart zu sein, du bekommst auch noch einen gratis Drink dazu." Wir setzten uns an die Theke. "Lass mich raten, worauf du so stehst", Dominik musterte mich einen Moment lang und winkte dann die Bardame herüber. "Für mich einen Zombie und für die grimmige Dame neben mir einen Pina Colada", gab er die Bestellung auf.
"Nein, für mich bitte einen Mai Tai", berichtigte ich ihn. "Du kennst mich halt doch nicht so gut, wie du geglaubt hast". Doch als der Cocktail dann vor mir stand bereute ich die Bestellung. Dominik hatte vollkommen recht gehabt und ich wollte einen Pina Colada. Aber ich konnte doch nicht zulassen, dass dieser Kerl schon wieder Recht behielt. Also schluckte ich wohl oder übel das Gebräu hinunter, das ich mir selbst aufgebrockt hatte. Ich versuchte mir möglichst nichts anmerken zu lassen, doch da Dominik ständig in sein Glas hinein grinste, gelang mir das wohl nicht ganz so überzeugend. Aber wenigstens gab er keinen seiner üblichen Kommentare dazu ab.
Und erstaunlicherweise entpuppte sich Dominik als ein interessanter Gesprächspartner, sobald man es geschafft hatte, seine ständigen dummen Sprüche zu ignorieren. Und so blieb es nicht nur bei dem einen Cocktail und diesmal konnte ich sogar tatsächlich das nehmen, was ich wollte.
"Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, Brodlowska", sagte Dominik beim Verlassen des Saloons. "Eher nicht, Dominik", gestand ich ihm ehrlich, woraufhin er mich skeptisch, aber immer noch von sich überzeugt ansah. "Ähm, das glaube ich eher nicht", war schließlich seine Reaktion. "Keine Frau kann mir widerstehen, auch du nicht. Du wirst sehen, in Null Komma nichts bist du wieder bei mir". Da ich ihn inzwischen etwas besser kannte, konnte ich über diesen Spruch sogar lachen. Irgendwie kam es mir so vor, als ob man bei diesem Mann mit allem rechnen musste.
Doch eigentlich hatte ich nicht vor, noch einmal mit Dominik auszugehen. Ich war nicht auf der Suche nach einem neuen festen Freund und ganz eindeutig wollte Dominik mehr, als nur mit mir befreundet sein. Und zu mehr war ich nicht bereit. Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht.
Und trotzdem verkrafte sich etwas in mir, immer wenn ich sah, wie liebevoll Tristan und Frank miteinander umgingen. Frank war schon fast so etwas wie ein vierter Mitbewohner geworden. Er wohnte zwar nicht offiziell bei uns, aber eigentlich verbrachte er all seine Zeit außerhalb der Arbeit bei Tristan und so kam ich einfach nicht umhin die beiden zu beobachten. Manchmal erinnerten sie mich sogar etwas an meine Eltern, aber diese Gedanken erstickte ich sofort, wenn sie aufkeimten.
Und dann sah ich an einem Nachmittag, wie Roland mit einer Frau aus dem Fahrgemeinschaftsauto stieg. Ich wollte sie nicht beobachten, aber durch das Fenster an der Eingangstür konnte ich sehen, wie er Hand in Hand mit ihr die Verandatreppe hinauf stieg und sich dann von ihr verabschiedete. "Wir sehen uns dann morgen im Krankenhaus", sagte er ihr liebevoll. "Ich vermisse dich jetzt schon". "Ich vermisse dich auch", hauchte sie ihm entgegen und verabschiedete sich mit einem letzten sanften Kuss.
Ich wusste nicht, was los war, aber plötzlich stiegen die Tränen in mir auf. Roland konnte gerade noch erkennen, wie ich hastig in der Küche verschwand und da ich nicht auf sein Rufen reagierte kam er mir nach. "Oxana, was ist denn los?", fragte er besorgt. "Warum weinst du? Was ist passiert?" Ich wollte ihn damit abwimmeln, dass alles in Ordnung sei, doch dann brach es aus mir heraus. "Ich vermisse meinen Paps so sehr", schluchzte ich. "Ich dachte, es würde besser werden, doch es tut immer noch genau so weh wie am ersten Tag. Ich fühle mich so schuldig, dass ich nicht bei ihm gewesen bin, als er starb. Ich hätte für ihn da sein müssen!"
"Und jetzt fühle ich mich so allein gelassen", ein Weinkrapf durchfuhr mich. "Aber... aber ich bin ja selbst schuld daran. Warum habe ich nicht auf Paps gehört und mich einfach aus der Angelegenheit zwischen ihm und Dad rausgehalten? Dann wäre das alles nicht passiert! Und vielleicht wäre ich dann heute in der Lage, eine vernünftige Beziehung zu führen, ohne Angst haben zu müssen, verletzt zu werden. Dann hätte ich mit Benny glücklich werden können. Wenn ich sehe, wie glücklich Tristan und Frank sind, dann tut mir das weh. Und als ich dich gerade mit Brandy gesehen habe, da wurde mir klar, dass ich so etwas nie haben werde. Und dann ist da noch die Farm! Das wächst mir alles über den Kopf. Die ganze Arbeit, der täglich Aufwand, ich bin ganz alleine damit. Wie soll ich das ganze denn bloß schaffen?"
Da nahm Roland mich einfach in seinen Arm. "Ist schon gut, Oxana. Alles wird wieder gut", redete er auf mich ein und strich mir beruhigend über den Rücken, während ich mich weiterhin hemmungslos an seiner Schulter ausweinte. "Ich bin immer für dich da, vergiss das nicht, Oxana. Und ich werde auch in Zukunft immer für dich da sein. Wenn du Hilfe bei der Farm brauchst, dann helfe ich dir sofort und wenn du dich einsam fühlst, dann kannst du immer zu mir kommen. Du brauchst nicht allein zu sein. Das verspreche ich dir".
Nachdem ich mich ein wenig beruhigt hatte, ging Roland ins Badezimmer und ließ mir ein Sprudelbad ein. Das warme Wasser entspannte mich tatsächlich und als ich über seine Worte nachdachte, wurde mir klar, dass er die Wahrheit gesprochen hat. Er würde immer für mich da sein, so wie er es schon immer gewesen ist. Und daran würde sich auch nichts ändern, wenn er jetzt mit Brandy zusammen war. -
Kapitel 42: In letzter Sekunde
Am nächsten Morgen machte ich mich mit Roland auf zur Weide. Dadurch, dass die Tiere sich hier ständig aufhielten, war der Boden am Wasserloch total aufgeweicht. Erst vor wenigen Tagen ist eines der Rinder eingesunken und wir mussten Albert rufen, der es mit seinem Traktor aus dem Schlamm ziehen konnte. Damit das nicht noch einmal geschah, versuchten wir den Boden mit Steinen zu befestigen. Es war eine Knochenarbeit, zumal die Sonne unerbittlich auf uns niederbrannte. Trotzdem wirkte Roland besonders demotiviert, ja schon fast bedrückt.
"Was ist los mit dir?", fragte ich besorgt. "Du bist schon auf dem Weg hierher so ruhig gewesen". "Es ist nichts", versicherte Roland mir wenig glaubhaft. Also hakte ich weiter nach, bis Roland schließlich mit der Sprache herausrückte.
"Ich... ich hab schon vor drei Monaten ein Jobangebot bekommen. Also noch bevor wir den Brief von der Farmervereinigung erhalten haben. Ich hab den Job dann aber abgelehnt, weil ich dir helfen wollte Oxana. Aber jetzt haben die noch einmal nachgefragt, weil sie mich noch immer wollen und ich... ich würde diesen Job wirklich gerne annehmen." Er sah mich traurig an und ich fühlte mich plötzlich schuldig. Denn schließlich war ich es, die ihn von diesem neuen Job abhielt.
Allerdings hatte ich ihn nie gezwungen mir zu helfen. Natürlich war ich sehr froh gewesen, als Tristan und er zugestimmt hatten mir mit der Farm zu helfen und ihre Jobs aufzugeben. Ich hätte mich ohne die beiden nie dazu entschlossen, die Forderungen der Farmervereinigung zu erfüllen. Aber es war ihre Entscheidung gewesen. Und jetzt konnte ich erkennen, dass beide diese Entscheidung bereuten. Tristan hatte es geschafft, sich aus der Affäre zu ziehen, und ich konnte sehen, dass Roland dasselbe wollte. "Was ist es denn für ein Job?", fragte ich resigniert. Auch wenn ich nicht wollte, dass Roland eine andere Arbeit annahm, ihm zum Bleiben zwingen konnte ich auch nicht.
Rolands Gesicht hellte sich schlagartig auf und stolz verkündete er: "Ich soll im Krankenhaus von Seda Azul anfangen. Als Arzt!". Das war ja jetzt wohl ein schlechter Scherz. Warum sollte das Krankenhaus von Seda Azul einem ehemaligen Bohrturmarbeiter eine Stelle als Arzt anbieten. Roland bemerkte meinen skeptischen Blick. "Ich habe Medizin studiert, Oxana", erklärte er mir. "Ich bin ein echter Arzt, nur nach dem Studium wollte ich erst einmal weg von meinen Eltern und etwas ganz anderes machen. Aber Medizin ist das, was ich schon immer machen wollte und deshalb fällt es mir so schwer, erneut das Angebot des Krankenhauses abzulehnen".
"Dann musst du diesen Job auch annehmen". Ich versuchte mich für Roland zu freuen, doch ich konnte nicht. Also seufzte ich und schnappte mir die Schaufel, um mich wieder an die Arbeit zu machen und so wenig wie möglich darüber nachzudenken, was für Konsequenzen es hatte, dass nun auch Roland nicht mehr auf der Farm mithelfen konnte. "Hey, warte doch", sagte Roland und legte mir von hinten die Hände auf die Schultern. "Ich werde dich natürlich so gut es geht weiter bei der Farmarbeit unterstützen. Wozu gibt es schließlich Wochenenden und den Feierabend?". Ein Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab. Vielleicht hatte Roland ja Recht und ich würde das schon irgendwie hinbekommen.
Noch am gleichen Tag rief Roland in dem Krankenhaus an und nahm das Angebot an. Und so kam auch schon am Tag darauf eine Fahrgemeinschaft, die Roland zu seinem neuen Arbeitsplatz fahren sollte. Allein der Wagen sah schon nach viel Geld aus und so tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass ich gar nicht anders konnte, als Roland diese Chance zu ermöglichen.
Da Roland nun im Krankenhaus beschäftigt war, musste ich Albert bitten, mir bei der Reparatur der Pumpe auf dem Maisfeld zu helfen. Ich wartete bereits auf dem Feld, als sein Wagen auf dem Feldweg hielt und er mit einer Werkzeugkiste in der Hand auf mich zuschritt. "Dann sehen wir uns die Pumpe mal an", murmelte er vor sich hin und betrachtete die Maschine. Ich beobachtete aufmerksam, wie er einige Schrauben löste und das Innenleben der Mechanik untersuchte. Seine Hände waren schnell völlig ölverschmiert. "Es liegt wohl am Zünder des Pumpenmotors", stellt er schließlich fest. "Der sieht aus, als ob er schon seit Jahren nicht mehr gewechselt worden wäre". "Ist das was Schlimmes?", fragte ich, da ich von solchen Dingen eigentlich überhaupt keine Ahnung hatte. "Nein, keine Angst", beruhigte Albert mich. "Das ist nur eine Kleinigkeit. Ich hab sogar ein passendes Ersatzteil hinten im Wagen". Er ging rüber zu seinem Auto und holte den benötigten Zünder aus einer Kiste auf der Ladefläche. Anschließend wechselte er ihn mit wenigen Handgriffen aus.
Als er fertig war, wischte er sich das Schmierfett an seiner Hose ab. "Danke, dass du mir geholfen hast, Albert", bedankte ich mich, "Wieder einmal. Ich werde dir den Zünder bezahlen und auch deine Arbeit hier. Du musstest ja extra erst herfahren. Schließlich kannst du nicht ständig umsonst für mich arbeiten". Doch Albert winkte ab. "Das Geld für den Zünder kannst du mir ruhig geben, aber es sind ohnehin nur ein paar Simoleons. Aber ich will kein Geld dafür, dass ich hergekommen bin, Oxana. Nicht wenn du es bist, zu der ich komme."
Albert sah mir in die Augen und plötzlich erfasste mich wieder das Kribbeln, dass ich auch schon bei meiner Party gespürt hatte, als Albert mich in seine starken Arme schloss. Er legte seine Hand an meine Taille und schob mich zu sich heran und seine Lippen kamen meinen immer näher. Ich stand wie angewurzelt vor ihm.
In letzter Sekunde drehte ich meinen Kopf zur Seite und zog mich von ihm zurück. "Noch einmal vielen Dank für deine Hilfe. Aber jetzt muss ich schnell zu den Rindern rübergehen", verabschiedete ich mich hastig und machte mich auf direktem Weg zur Herde. Albert blickte mir noch eine Weile hinterher, bevor auch er in seinen Wagen stieg und davonfuhr.
Ich sah kurz nach den Rindern, doch eigentlich war das gar nicht nötig. Ich brauchte nur einen Vorwand um mich schnell von Albert zu entfernen. Ich hätte ihn beinah geküsst! Wie konnte es nur so weit kommen? Ich habe mir doch geschworen von den Männern endgültig die Finger zu lassen. Dafür hatte ich sogar Benny verlassen. Und jetzt hätte ich um Haaresbreit Albert geküsst. Einen verheirateten Mann. Den Mann meiner besten Freundin! -
Kapitel 41: Leere Kassen
"Morgen, Jungs", begrüßte ich Roland und Tristan, die am Frühstückstisch saßen. Für mich stand auch schon ein Teller bereit und etwas im Magen konnte ich jetzt gut vertragen. Ich kam gerade von der Weide und hatte nach den Rindern gesehen. Vor drei Wochen sind sie in der Nacht durch den Zaun gebrochen und ein Lastwagen hat sie zu spät bemerkt. Dabei haben wir zwei Rinder verloren. Seitdem kontrollierte immer einer von uns früh morgens, wo sich die Herde befand, noch ehe der Verkehr auf den Straßen einsetzt.
"Und, ist irgendwas vorgefallen?", fragte Roland kauend. Ich sank erschöpft in den Sessel und begann in meinem Essen herumzustochern. "Den Rindern geht es gut. Nur beim Mais gibt es Probleme". "Schon wieder?", fragt Roland genervt. "Was ist es denn diesmal". Ich lachte müde. "Das gleiche wie immer, was glaubst du denn. Die Grundwasserpumpe spinnt erneut. Das gesamte südliche Feld wurde heute Nacht nicht bewässert. Ich hab ein paar Mal draufgehauen, da sprang sie wieder an. Wenigstens bekommen die Pflanzen so etwas Wasser. Aber ich glaube, wir müssen echt einen Handwerker rufen, der das ordentlich hinkriegt. Sonst vertrocknet uns noch die halbe Ernte."
"Und wovon sollen wir das bezahlen?", fragte Tristan und öffnete den Kühlschrank. "Wir haben ja noch nicht mal genug Geld, um für das Mittagessen einzukaufen." Er betrachtete kurz die gähnende Leere, die er vorfand und schloss die Tür wieder. "Ernsthaft, Leute", sagte er dann zu Roland und mir gewandt, "wir müssen darüber reden, wie es weitergehen soll, sonst verhungern wir hier bald".
"Vielleicht können wir ja ein paar Möbel bei Simbay versteigern", schlug ich vor, wobei ich selbst nicht glaubte, dass dies die Lösung für unser Problem sein konnte. Tristan winkte auch sofort ab. "Damit kommen wir vielleicht ein paar Wochen lang über die Runden, doch dann haben wir keine Einrichtung mehr und immer noch dasselbe Problem. Nein, einer von uns, oder vielleicht sogar zwei, muss sich wieder einen Job suchen damit wir ein festes Einkommen haben. Es tut mir Leid Oxana, aber anders geht es nicht."
"Bist du auch dieser Meinung?", fragte ich Roland verunsichert. Er versuchte erst, sich um eine Antwort herumzudrücken und blies seine Wangen auf. Aber letztendlich nickte er. "Es ist das Vernünftigste. Es dauert einfach viel zu lange, bis die Farm endlich Gewinne abwirft." Er seufzte schwer. "Ich weiß, dass wir dir versprochen haben, bei der Farm zu helfen, aber es ist wirklich das Beste, wenn Tristan und...und auch ich wieder zur Arbeit gehen."
"Und was wird dann aus der Farm?", fragte ich mit leicht verzweifelter Stimme. "Ich verliere das Haus, wenn das Land nicht bestellt wird, das weißt du doch. Wenn ihr beide jetzt wieder arbeiten geht ... dann ... dann nehmen sie es mir weg." Roland schaute betroffen auf seinen Teller. "Ja, du hast ja recht", gab er schließlich klein bei. "Ich werde dir weiter auf der Farm helfen. Zu zweit sollten wir das doch auch schaffen. Aber Tristan muss sich eine Job suchen. Anders geht es nicht. Und vielleicht kann ich ja wieder nebenher im Café arbeiten."
Tristan ließ sich das nicht ein zweites Mal sagen. Gleich nachdem er sich angezogen hatte, schnappte er sich die Tageszeitung und stürzte sich auf den Teil mit den Stellenangeboten. Jobs gab es auch mehr als genug, wenn man bereit war, für die Ölgesellschaften zu arbeiten. Da Tristan aber wenig Lust hatte, auf den Bohrtürmen zu schuften, bewarb er sich für die Stelle des Postraum-Technikers in ein der örtlichen Verwaltungsstelle der SimÖl-Company. Und natürlich bekam Tristan den Job.
Zur Feier des Tages lud er uns in den Club ein. Seit meiner Trennung von Benny bin ich nicht mehr ausgegangen und das war jetzt schon sechs Wochen her. Eigentlich hätte ich Spaß haben sollen und es war wirklich nicht schlecht, mal wieder die Tanzfläche unsicher zu machen, aber ich machte mir Sorgen um meine Farm. Wenn Tristan jetzt für die Ölgesellschaft arbeitete, fehlte einfach eine Arbeitskraft. Aber immerhin kam so Geld in die Haushaltskasse. Das musste ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen.
Da Tristan und Roland ohnehin jedes einzelne Lied auf der Tanzfläche mitgrölten, bemerkte ich spaßeshalber, dass die beiden doch gleich Karaoke singen könnten. Ich hätte wissen müssen, dass die beiden meinen Vorschlag ernst nehmen würden, denn plötzlich tauschten beide geheimnisvolle Blicke aus, ich wurde am Arm gepackt und die Treppe hoch zur Karaokeanlage geschlürt. Mir wäre es viel zu peinlich vor all den Leuten im Club zu singen, ganz besonders weil mich hier alle kannten. Doch die beiden störten sich überhaupt nicht daran und schmetterten eine ohrenzerreißende Version von "Eternal Flame" ins Mikrofon. Das war ja so peinlich! Und mich hinter meiner Hand zu verstecken half leider auch nicht viel.
Plötzlich legte Tristan das Mikro weg, schaute mich an und fing an, über das ganze Gesicht zu strahlen. Ich wurde nervös, da er überhaupt nicht mehr aufhörte. Hatte Roland mir etwa wieder heimlich einen Aufkleber "garantiert fettfrei" auf die Stirn geklebt? Wenn ich den in die Finger... Aber dann erkannte ich diesen Blick! genauso hat mich Benny immer angesehen. Hier lief plötzlich aber irgendetwas ganz falsch.
Und als Tristan dann auch noch einen Schritt auf mich zu ging, wich ich nach hinten zurück. Doch er ging einfach an mir vorbei und da erkannte ich, dass seine Aufmerksamkeit gar nicht mir galt. Stattdessen ginge er auf einen Mann zu, der ihn ebenso verliebt anlächelte und von Tristan mit einem Kuss begrüßt wurde.
Schließlich löste Tristan sich doch von den Lippen des Unbekannten und schob ihn zu uns herüber. "Leute, das ist Frank, mein neuer Freund". Tristan klopfte Frank dabei auf den Rücken und der lächelte uns schüchtern an. "Hallo, schön euch beide auch mal kennenzulernen. Tristan hat mir schon viel über euch erzählt." Ich strahlte über das ganze Gesicht, weil ich mich für Tristan freute. "Hast du davon gewusst?", fragte ich Roland doch der schüttelte ebenfalls überrascht mit dem Kopf.
"Ich treffe Frank schon seit ein paar Wochen, aber ich wollte abwarten, wie sich alles entwickelt, bevor ich ihn euch vorstelle", erklärte Tristan. "Eigentlich kenne ich Frank ja schon ziemlich lange. Wir haben sogar mal zusammen gewohnt." Ich starte Tristan verwundert an. "Ist das etwa der Frank? Einer deiner alten Mitbewohner, die dich aus dem Haus geschmissen haben?", fragte ich und dass Frank beschämt zu Boden schaute und rot anlief war wohl Antwort genug.
"Genau der", antwortete Tristan trotzdem. "Aber das ist Schnee von gestern". Er faste Frank an den Händen und sah ihn verliebt an und ebenso verliebt schaute Frank zurück. "Eigentlich waren es nur Franks Bruder Martin und mein anderer Mitbewohner Abdul, die mich beschimpft und aus dem Haus geworfen haben. Frank hatte damit nichts zu tun. Er hatte einfach nur Angst vor der Reaktion der beiden, wenn sie erführen, dass auch er schwul ist. Klar, dass war vielleicht feige und nicht fair mir gegenüber, aber ich kann ihn verstehen. Und als wir uns dann im Fitnessstudio wiedersahen und zusammen was Trinken gingen, hat Frank mir gestanden, dass er schon die ganze Zeit in mich verliebt war."
Den Rest des Abends verbrachte ich eher allein mit Roland, denn Tristan und Frank waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Doch Roland und ich hatten auch so unseren Spaß. Es war fast so wie früher, als ich mit ihm und Benny… Die Erinnerung an Benny und der Anblick von Tristan und Frank weckten plötzlich ein Gefühl von Einsamkeit in mir, das ich bis jetzt nicht wahrgenommen hatte. Bis jetzt hatte die Trauer über Paps Tod dies nicht zugelassen. Doch je mehr ich mich damit abfand, dass ich Paps nie wieder sehen würde, desto mehr sehnet ich mich danach einen Mann an meiner Seite zu haben, der einfach nur für mich da war. "Hörst du mir überhaupt zu?", riss Roland mich aus meinen Gedanken. "Tut mir leid, ich war für einen kurzen Moment woanders", entschuldigte ich mich lachend und nippte an meinem Pina Colada. "Und jetzt erzähl weiter, ich will wissen, was du mit Gretchen in unseren freien Stunden angestellt hast."