Alles anzeigen"Na, hat die liebe Frau Fürstin gut geruht?" fragte ihre Mutter neckisch.
"Ja, bis du mich geweckt hast." gab die Frau Fürstin genervt zurück.
"Gern geschehen." erwiderte Leas Mutter mit einem Lächeln.
"Schade eigentlich, ich hatte den Lappen schon nass gemacht." setzte sie hinzu und das mütterliche Lächeln wurde noch etwas breiter.
Lea wandte nur ignorierend den Kopf, da ihr keine schlagfertige Antwort einfiel. Aber das war sie ja schon gewohnt.
Ein liebes Mädchen... Ich hab wirklich Glück mit ihr. dachte ihre Mutter lächelnd, als sie Lea hinterherschaute.
Lea wusste genau, was ihre Mutter in diesem Moment dachte und das ärgerte sie noch mehr.
Bestimmt denkt sie jetzt liebes Kind, gutes Mädchen oder irgendsowas... wie ich diese Bezeichnungen hasse...
Lea hasste diese Bezeichungen, weil sie stimmten. Sie war wirklich ein nettes Mädchen... das nette Mädchen von nebenan... die Langweilige... der Normalo...
Das war immer ihr Ergebnis bei Persönlichkeitstests in der 'Bravo' oder der 'Mädchen'. Und sie hasste dieses Ergebnis.
Sie war nicht 'die Sportliche', nicht 'die Beliebte', nicht 'die Zicke'... sie war 'die Normale'... Und das war deprimierend.
Sogar ihre Noten waren voller Durchschnitt. Sie hatte fast immer Dreien. Natürlich gab es gelegentliche Höhenflüge und auch schwere Abstürze, aber im Großen und Ganzen schwankte sie stets in diesem blöden Mittelfeld um die Drei... im Durchschnittsbereich...
Lea zog nach ihrer Morgenwäsche ihre Schuluniform an.
Eine Uniform mit diesem Logo zu tragen machte sie theoretisch gesehen zu etwas besonderem. Ihre Schule war die beste, in die man seine Kinder mit Geld hineinkaufen konnte, besser waren nur noch solche Eliteschulen für Hochbegabte. Jedoch war da wieder das Problem, dass eigentlich jeder in dieser Stadt in diese Schule ging.
'Welcome to Sunshine Valley' das hatte ganz oben auf der Internetseite gestanden, als sie sich letzes Schuljahr über ihren neuen Wohnort kundig gemacht hatte. Hier lebten vorwiegen, oder eher ausschließlich, reiche Menschen. Leas Vater arbeitete in der Forschung und war selten bis nie daheim, weshalb sie sich einen gewissen Lebensstandart leisten konnten. Jedoch lebte sie nicht so exklisusiv wie alle anderen, die sie kannte. Ihre Mutter war ein Fan von Sparsamkeit und Bescheidenheit...
Und so viel verdiente ihr Vater auch nicht...
Lea posierte etwas vor dem Spiegel.
'Die Sportliche'... 'die Beliebte'... 'die Zicke'...
Nein, sie war die Normale, das langweilige Mauerblümchen, und wird es wohl auch immer bleiben.
"Lea du Trödelmaus, komm endlich, dein Müsli wird ganz weich." rief ihre Mutter und das bewegte Lea wirklich schnell aus dem Bad zu kommen. Das Müsli in der Schüssel musste aufgegessen werden, egal ob aufgeweicht oder nicht.
Möglichst desinteressiert scheinend kam sie dann jedoch in die Küche marschiert und hoffte cool zu wirken. 'Die Coole' war auch ein schöner Typ. Lea könnte sich eine Sonnenbrille besorgen...
Nur da war wieder die Frage: Wie isst man cool Müsli?
Das würde sie sicherlich auch noch irgendwann hinbekommen.
"Beeil dich etwas und löffel nicht jedes Fruchtstück einzeln, wir müssen dann auch los." drängte ihre Mutter, welche die Experementierfreude ihrer Tochter nicht zu würdigen wusste.
Coole Leute essen nunmal langsam!
Jedoch beeilte Lea sich dann unter dem drohenden und antreibenden Blick ihrer Mutter doch und stürzte ihr Frühstück ziemlich uncool hinunter.
Als sie fertig war schnappte sie sich ihre Schultasche und zog ihre Schuhe an, während ihre Mutter draußen bereits den Wagen anließ.
Als 'die Coole' bräuchte sie eindeutig eine andere Mutter.
So, das war Teil Nummer eins
Diese Geschichte ist echt gut erzählt... Hut ab. Eine tolle Leistung!