Ich brauche nur noch zwei Minuten, dann setze ich mich zu ihm.
Wir fangen an zu reden, als wenn nie etwas passiert wäre:
„Sag mal, Alex? Weist du was wir heute Abend machen? Ich meine
es ist immerhin Silvester!“
Alexander schüttelt auch nur ratlos den Kopf.
Wir beschließen uns etwas anderes als Schlafanzüge anzuziehen
und dann mal nach unten zu gehen. Vielleicht ist Clarie ja schon wach
und hat Frühstück gemacht?
Und tatsächlich. Fünf Minuten später sitzen wir zu dritt am Tisch
und essen Croissants mit Erdbeermarmelade.
Lecker!
Alexander und ich fragen Clarie, was denn mit heute Abend sei:
„Duu? Clarie? Was machen wir eigentlich heute Abend?“ fragen wir
im Chor.
„Ja, Christoph und ich hatten uns gedacht, vielleicht an den See zu fahren.
Dort soll es ein großes Feuerwerk geben!“
Wir guckten uns an, das war gute Idee, am See waren wir nämlich
noch nie zusammen gewesen.
Nach dem Frühstück ging ich erstmal in die Badewanne.
Hier hatte ich genug Zeit, über alles nachzudenken.
Warum benimmt Alex sich so, als wenn nie etwas gewesen wäre?
Warum tun alle so, als ob der gestrige Tag nie existiert hätte?
Ich verstehe das nicht!
Aber ich glaube da kann ich lange drüber grübeln und finde trotzdem keine Antwort.
Leider!
Irgendwie habe ich keine Lust mehr länger über alles nachzudenken.
Ich lehne mich jetzt einfach zurück und genieße das Baden.
Baden ist etwas tolles entspannendes und nichts währenddessen
man sich den Kopf zerdenken sollte, über irgendwelche Jungen,
die sich mal eben so vor einen Zug werfen wollen.
* Alexanders Sichtweise *
( An dieser Stelle sei gesagt, dass die Phasen von Alexanders Sichtweise von nun an zunehmen werden)
Meine liebe Maus,
ich weiß nicht wie es mit mir und mit uns weitergehen soll.
Deswegen schreibe ich dir diesen Brief.
Eigentlich möchte ich gerne mit dir sprechen, mich dir öffnen,
doch irgendwie gelingt mir dies nicht.
Ich möchte dir verständlich machen, warum ich so bin, wie ich bin.
Aber es ist so schwer zu erklären, vor allem da ich es selbst nicht weiß.
Eigentlich fühle ich mich dir so unheimlich nah, möchte immer bei dir sein.
Möchte dich beschützen vor den großen Gefahren der bösen Welt.
Will dir helfen und dich unterstützen in allem was du tust.
Dann denke ich wieder, dass du mich hasst,
obwohl ich eigentlich genau weiß wie gerne du mich hast.
Dann hasse ich mich selbst, weil ich solche Gedanken habe.
Ich denke dann, dass die ganze Welt gegen mich ist, dass mich alle hassen
und das ich es verdient habe.
Ich möchte dann niemandem nahe sein, aber eigentlich sehne ich mich
nach Geborgenheit und das mir jemand sagt, wie lieb er mich hat.
Ach siehst du, ich verstehe mich selber nicht.
Aber eines weiß ich, manchmal ist da diese Leere,
diese Einsamkeit in mir. Die mich von Innen langsam zerfrisst!
Ich kann nichts dagegen tun...
Ich liebe dich, meine kleine Maus,
ich werde immer für dich da sein,
egal was auch passiert!
Alexander
* Alexanders Sichtweise Ende *
Ich stehe vor dem Spiegel.
Mal wieder.
Habe das schöne entspannende Bad hinter mir gelassen und mich angezogen.
Ausnahmsweise bin ich mal zufrieden mit mir.
Heute sehe ich wirklich akzeptabel aus.
Im normalen Alltag würde ich niemals solche Stiefel tragen,
aber zu einem Fest, warum nicht?
Ich pudere mein Gesicht nochmal nach!
Es ist erst vier Uhr und wir wollen frühstens um acht Uhr los.
So was blödes.
Ich gehe hoch zu Alexander.
Auch er hat sich etwas schönes angezogen.
Gerade eben hat ein schöner Film angefangen, den wir noch
zusammen sehen wollen.
Er ist spannend.
Irgendwann merke ich, wie Alexander seinen Arm um mich legt.
Es ist ein schönes Gefühl so nah bei ihm zu sein.
Ob es ihm auch so geht?
Ich hoffe es, aber warum sonst sollte er seinen Arm um mich legen?
Etwa weil er in mich verliebt ist?
Nein, er ist so was wie mein Bruder, mein ein und Alles, dass geht nicht.
Natürlich empfinde auch etwas für ihn, aber die Liebe zu einem Jungen, den ich
einmal heiraten möchte stelle ich mir anders vor.
Das mit mir und Alex, das ist etwas besonders!
Nun sind wir endlich da.
Ich schaue aus dem Taxi hinaus.
Wir fahren mit dem Taxi, da Clarie und Papa vielleicht etwas trinken wollen
und dann natürlich kein Auto mehr fahren dürfen.
Ich war wirklich wirklich lange nicht mehr hier und
vor allem noch niemals bei Nacht.
Ich erinnere mich natürlich an den Bungalow und die ganzen
Tannen und Kiefern und an den See.
Er ist toll, unheimlich riesig.
Wir steigen aus.