Als ich ihr am nächsten Tag die Tür öffnete musste ich mich wundern. Sie sah gar nicht so aus wie ich sie mir vorgestellt hatte. Viel jünger und freundlicher. Irgendwie hatte ich eine alte Gewitterhexe erwartet, wieso weiß ich nicht.
Aber als sie mich sah erstarb ihr Lächeln und ihr Gesicht nahm fast eisige Züge an. "Guten Tag. Ich wollte zu meiner Tochter. Lara."
"Hallo, ich bin Sabrina. Wir haben telefoniert." Meine Hand, die ich ihr zur Begrüßung entgegen streckte ignorierte sie schlichtweg.
Ich tat dies mit einem Achselzucken ab. "Hören sie, Lara ist wirklich sehr unglücklich, daß der Kontakt zu ihnen abgebrochen ist. Sie gibt es zwar nie zu, aber ich fühle es. Wissen sie, in den letzten Wochen sind wir sehr gute Freundinnen geworden und..." "Verschonen sie mich bitte mit ihrem Geplänkel." Verwirrt sah ich Frau Richter an. "Ist Lara da drin?" Mit einem Nicken deutete sie auf die Wohnzimmertür und verschwand ohne eine Antwort abzuwarten.
Ich blieb verdattert draußen stehen. Was hatte sie denn plötzlich gegen mich? Am Telefon war sie doch noch total freundlich gewesen! Hatte ich etwas falsches gesagt, oder... Nein! Jetzt war mir alles klar! ich hatte wohl, ebend so wie Joe, die falsche Hautfarbe! Immerhin steckte zu einem Viertel schwarzes Blut in mir! Dumme Ziege!
"...sofort nach Hause..." "Ich lass mir von euch gar nichts mehr sagen!" Wortfetzen drangen zu mir auf den Flur, die nichts gutes verhießen. Als ich in die Küche trat sah ich Lara und ihre Mutter, die sich wie zwei Streithähne gegenüber standen.
"Lara, merkst du nicht, daß deine Freunde einen schlechten Einfluss auf dich haben? Du redest nicht mehr mit deinen Eltern, brichst dein Studium ab..." "RAUS!" Lara war hysterisch. "Raus! Alle beide!" Mit hoch erhobenem Kopf trat Frau Richter wieder in den Flur. Ich folgte ihr weniger selbstbewusst. Anstatt Lara zu helfen hatte ich alles nur viel schlimmer gemacht! Zerknirscht sah ich zum Boden. "Na, sind sie jetzt glücklich?" Fragend sah ich zu Laras Mutter auf. "Wie können sie nur so etwas von mir denken? Sie kennen mich doch gar nicht!" "Leute wie euch kenne ich zur Genüge." Mit dieser Antwort ließ sie mich stehen.
Lara war in ihr Zimmer verschwunden, nachdem sie die Haustür gehört hatte. Ein giftiger Blick und ein ironisches "Tolle Freundin!" War alles, was ich an diesem Tag noch von ihr sah oder hörte.
Auch ich zog mich in mein Zimmer zurück und grübelte. Nachdem ich meinen Eltern eine E-Mail geschreiben hatte und mich immer noch nicht besser fühlte beschloss ich zu laufen.
Und wie erwartet fühlte ich mich nach den ersten hundert Meter wie befreit. Das einzige was ich wahr nahm waren die gleichmäßigen Erschütterungen meines Körpers und das rauschen des Blutes in meinen Ohren.
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