Beiträge von Innad

    Mit wenigen Handgriffen hatte sie sich zurechtgemacht und war in ihre Kleider gesprungen. Nur zehn Minuten später betrat sie das Krankenhaus. Ihr Magen rebellierte erneut, als die Wucht des nach oben steigenden Aufzuges ihn traf, doch sie ignorierte es.
    Mit bangem Gefühl trat sie auf den Flur, der zur Intensivstation führte.



    Dort blieb sie unsicher einen Augenblick stehen und wusste nicht, ob sie weitergehen sollte. Zu bang war ihr Herz ob des Grauens, das sie vorzufinden erwartete. Da hörte sie plötzlich Schritte auf sich zukommen und sah Simone, die ihr entgegengelaufen kam. Ihr Gesicht war tränenüberströmt.
    Maries Herz schien auszusetzen und sie blieb wie angewurzelt stehen, bis Simone sie erreicht hatte.



    „Marie! Oh Marie, Marie! Ich kann es selbst kaum glauben! Aber es ist wahr! Oh Marie!“
    Marie schüttelte immer wieder den Kopf und merkte, wie sie ebenfalls zu schluchzen begann.
    „Nein, Simone“, stammelte sie. „Sag, dass das nicht wahr ist.“
    Dasah Simone sie überrascht an und Marie erkannte, dass ihre Augen lächelten. Sie spürte, wie sich eine unendliche Erleichterung in ihr ausbreitete.
    „Aber nein, Marie, nicht doch, es ist nicht, was du denkst. Susan ist vor einer Stunde aus dem Koma erwacht, Marie!“
    Marie sah Simone entgeistert an. „Simone… ist… das wirklich wahr?“



    Simone nickte. „Ich muss sofort wieder zu ihr, mein liebes Kind. Warte du hier, Cedrik ist schon auf dem Weg…“
    Und schon war sie wieder davon geeilt.
    Marie blieb alleine im Gang zurück und spürte, wie ihre Knie weichen wurden. Sie atmete einige Male tief durch. In ihrem Kopf sprangen die Gedanken wie Heuschrecken durcheinander und in ihrer Brust tobte ein Sturm aus widersprüchlichsten Gefühlen! Susan war wach! Das war wunderbar! Und doch… was, wenn Susan sich an alles erinnern würde und sie sofort zur Rede stellen? Wie sollte sie Simone und Herbert jemals in die Augen sehen können? Marie spürte erneut Übelkeit in sich aufsteigen und ihr schwindelte.
    „Marie? Alles in Ordnung?“



    Sie sah auf und blickte in Cedriks veilchenblaue Augen.
    Sein Anblick schien sie noch schwächer werden zu lassen und sie hatte das dringende Bedürfnis, sich irgendwo oder an irgendwem festzuhalten.
    „Ja…“, sagte sie nur leise. „Wie… wie geht es Susan?“
    Cedrik musterte sie besorgt und sagte dann: „Ich komme gerade von ihr. Sie sagt, sie will uns sehen … beide…“
    Maries Augen weiteten sich und ihr Körper zuckte zusammen.
    Sie sah Cedrik angsterfüllt an und stammelte dann. „Aber… nein… das geht nicht…“
    Und bevor sie noch etwas sagen konnte, merkte sie, wie sich alles um sie herum zu drehen begann und ihr die Welt vor Augen verschwamm.



    „Marie!!!!!“



    Das letzte, was Marie noch spürte, war, wie sie Cedriks starke Arme fest umschlangen und mit ihr zu Boden gingen. Dann ließ sie sich dankbar in die ruhige Dunkelheit fallen, die sie zu umschließen begann.



    Fortsetzung folgt.



    Text & Fotos by Innad

    Kapitel 19
    Licht und Dunkel




    „Casimir“, sagte Marie und spürte wie ihr Mund trocken wurde. „Was für eine Überraschung…“
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang nicht nach Casimir, ihr fehlte einiges an der Haltung und Stabilität, die diesen Mann sonst ausmachte.
    Innerhalb kürzester Zeit schien er diese jedoch zurück erlangt zu haben und fragte in diesem üblich weichen, tiefen Ton: „Geht es dir gut, Marie? Ich wollte mich nur erkundigen, ob du gut nach Hause gekommen bist. Bitte entschuldige, dass ich dich gestern so habe stehen lassen, das ist normalerweise nicht meine Art.“
    Marie schwieg und schien auf eine Begründung zu warten, die Casimir ihr natürlich nicht gab.
    „Nun, Marie“, begann er statt dessen. „Ich hoffe, du hast unseren gemeinsamen Abend genauso genossen wie ich.“
    Marie schluckte hart. Was sollte sie darauf sagen? Sie wusste ja selbst keine Antwort.



    Aber Casimir schien auch keine zu erwarten. „Wenn ich darf, möchte ich dich bald wiedersehen, Marie“, sagte er rasch.
    Maries Augen weiteten sich. Sie spürte, wie sich Verwirrung in ihr ausbreitete. Wenn Casimir sie wiedersehen wollte, schien es ihm offenbar doch nicht nur um einen One-Night-Stand gegangen zu sein. Die einzige Frage, die dann noch blieb war, ob sie – Marie- ihn wiedersehen wollte oder nicht?
    „Wie du weißt, werde ich heute Nachmittag abreisen, Marie. Aber ich plane, in etwa zwei Wochen wieder in der Nähe zu sein. Was hältst du also davon, wenn wir uns heute in zwei Wochen wieder treffen? Dein Chef sagte mir, dass du besagten Freitag frei hast. Da ich auch erst am Samstagnachmittag Geschäftstermine habe, können wir also den ganzen Tag für uns nutzen.“
    Marie schwieg immer noch beharrlich, aber Casimir ließ sich nicht beirren. Sie sah ihn förmlich vor sich stehen, die weißen Zähne bei seinem galanten Lächeln entblößend.
    „Ich hole dich dann also heute in zwei Wochen gegen zwei Uhr zu einem Kaffee ab, Marie?“
    Marie nickte, bis ihr einfiel, dass er das nicht sehen konnte. „Ja, Casimir“, sagte sie dann langsam. „Ist in Ordnung.“
    „Wunderbar. Meine Nummer hast du ja, falls dir etwas dazwischenkommt, wovon wir natürlich nicht ausgehen wollen. Bis dann, Marie.“
    Und schon hatte er den Hörer aufgelegt und das eintönige Tuten der Leitung dröhnte in Maries Ohren.
    Langsam legte sie den Hörer wieder auf und griff sich an den Kopf. Ihr war schwindelig, als wolle ihr Körper gemeinsam mit ihren Gedanken und Gefühlen eine Runde Karussell fahren.



    Erschöpft schob sie ihren Schreibtischstuhl nach hinten und ließ sich darauf fallen, atmete tief ein und aus und schloss für einen Moment die Augen.
    Sie dachte an die Nacht mit Casimir… und dann an Cedrik. Und die Nacht mit Cedrik.
    Ohne dass sie es bemerkte, stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Casimir mochte ein guter Liebhaber sein – aber an diese Nacht kam nichts heran. An Cedrik kam nichts heran.
    Cedrik…
    Marie riss die Augen auf. „Streich diesen Namen ein für allemal aus deinem Kopf, Marie!“ schalt sie sich. Ein tiefer Schmerz breitete sich in ihr aus. Cedrik – er war für sie verloren. Oh, wenn sie ihn doch nur nie gefunden hätte, dann hätte sie nie den Verlust zu schmerzlich zu spüren gekommen. Sie hatte ihn verloren, ohne ihn je gehabt zu haben. Außer in diesen wenigen Momenten in dieser wundervollen und so furchtbaren Nacht…
    Marie merkte, wie sich ihr Magen zusammenzog und verzog schmerzlich das Gesicht. Diese Magenschmerzen hatte sie nun schon seit einigen Tagen, vermutlich machte sich dieser ganze Stress langsam bemerkbar.



    Cedrik… Marie dachte erneut an den Mann, den sie nicht aus ihren Gedanken und noch viel weniger aus ihrem Herzen bekam.
    Als er Montagabend bei Simone und Herbert aufgetaucht war, hatte sie sich beeilt, ihren Kuchen zu schlingen und dann unter einem Vorwand aufzubrechen. Seinen traurigen, gebrochenen, ja, fast flehenden Blick spürte sie heute noch wie heiß auf ihrer Haut brennen und in ihrem Herzen schmerzlich pochen.



    Wieso musste er es ihr nur so schwer machen – er musste doch begreifen, dass sie beiden keine Zukunft hatten! Und zurzeit zählte doch nur Susan – Susan war wichtig, nicht er, nicht Marie. Nur Susan!
    Marie holte tief Luft und kämpfte gegen die schlimmer werdende Übelkeit an, die sich in ihr ausbreitete. Vermutlich war sie einfach noch zu müde und der Wein und das schwere Essen des Vorabends taten ihr übrigens.
    Nachdem sie Cedrik, Simone und Herbert verlassen hatte, war sie ihrem spontanen Impuls gefolgt und hatte Casimir angerufen. Die Gründe dafür waren ihr bis heute nicht ganz klar. Vielleicht wollte sie Cedrik mit Gewalt aus ihrem Herzen drängen, indem sie sich einem anderen zuwandte. Vielleicht wollte sie sich aber auch einfach nur ablenken. Davonlaufen, sich einem Menschen zuwenden, der nichts von diesem ganzen Dilemma wusste, ahnte oder auch nur im entferntesten damit verstrickt war. Für den sie nur die hübsche, junge Angestellte aus dem Hotel seiner Wahl war, mit der sich einen Abend oder vielleicht auch mehrere vergnügen wollte – nicht mehr und nicht weniger.
    Marie sprang erschrocken auf, als das Telefon erneut klingelte.
    Zitternd nahm sie den Hörer ab. „Hallo?“



    „Marie? Hier ist Cedrik.“
    Marie spürte, wie seine Stimme ihr Herz wie mit einer Schlinge zusammenzog. In ihr keimte ein unangenehmer Würgereiz auf.
    „Cedrik? Was willst du?“ Ihre Stimme hätte ruhiger, gefasster klingen sollen, was ihr nicht gelang.
    „Es… es ist… wegen Susan“, sagte er stockend. „Marie, bitte komm so schnell du kannst ins Krankenhaus. Und – beeil dich.“
    Mehr sagte er nicht und bevor Marie etwas sagen konnte, fand sie sich erneut dem aufdringlichen Tuten des Hörers ausgeliefert.
    Ihr Herz raste und pochte bis in die Schläfen, als sie mit zitternden Händen den Hörer zurücklegte. Susan! Was war mit Susan, wenn Cedrik so anrief? Sie war doch nicht etwa… nein… Marie schüttelte den Kopf, sie wollte nicht einmal daran denken.
    Cedriks Worte klangen hohl in ihrem Kopf nach… „es ist wegen Susan… beeil dich…“
    Marie rang nach Luft, als sie begriff, was dies bedeuten konnte… was dies bedeuten musste
    Susan… sie war… war sie… ???



    Marie spürte, wie sich der Boden unter ihren Füßen zu verändern begann. In letzter Minute schaffte sie es ins Badezimmer, wo ihr Magen sie halb schluchzend halb würgend zu seinem Recht kommen ließ.
    Nach einigen Minuten richtete Marie sich auf und sah sich im Spiegel an. Ihr blickte ein aschfahles, verzerrtes Gesicht entgegen. Doch all das war nun egal.

    Kiara: Ja, Du hast recht, manchmal ist das Innere eines Menschen wichtig, um ihn zu verstehen. Eigentlich immer. Und Casimir hat sich offenbar wirklich in Marie verliebt. Das ist ganz neu für ihn.
    Wieso denkt ihr denn alle, Marie ist schwanger :roftl ??? Ich verrat mal nix :D




    @ineshnsch: Ja, Casimir hatte es nicht ganz einfach. Sympathisch find ich das auch nicht, was er mit den Frauen macht, aber so wie Du schon schreibst, er nutzt sie wenigstens nicht aus und die Frauen wissen meist, worauf sie sich einlassen. Er behandelt sie respektvoll und das find ich schon gut, denn viele Männer täuschen den Frauen was vor und machen es im Prinzip sonst genauso wie Casimir, nur dass die Frauen sich am Ende benutzt vorkommen.


    Vielen Dank für Deinen Monsterkommi!! :)




    @JuleII: HIhi, ich beömmel mich gerade, dass ihr ausgerechnet nach dem Casimir Kapitel alle die Vermutung habt, Marie sei schwanger... :D




    Rivendell: Ja, Du hast recht. Vielleict ändert Casimir sich durch Marie. Jetzt, wo er weiß, dass er ein Herz hat - sozusagen. Sei nicht ganz so streng mit ihm :) Danke für Deinen kommi!





    Heute geht es weiter ! Viel Spaß!

    Kiara: Ja, da hast Du recht, Tessa hat es sozusagen "beidseitig" erwischt. Vermutlich ist sie auch deshalb so krank, weil sie so fertig ist. Ist ja oft so.
    Ob das Treffen stattfindet und wie es sich gestaltet, erfährst Du heute zumindest ein Stückweit. Vielen lieben dank für Deinen Kommi ... (und wann kommt denn Deine neue FS? Ich fühle mich richtig "leer", wenn ich am WE keine Märchen Fortsetzung lesen kann *schnief*)



    @ineshnsch: Das freut mich, dass Tessa auch auf den Bildern fiebrig wirkt... ist ja nicht so einfach, das darzustellen. Denn auch die grippigen Sims sehen aus wie das blühende Leben ;) Jess weiß übrigens nicht, wo Tessa wohnt. Sie hat ihn ja noch nie dabei gehabt. Mag sein, dass er es ungefähr wüsste, aber genau weiß er es nicht. Und nach der Ansage würde ich an seiner Stelle bestimmt auch nicht vorbeischauen... denke ich zumindest.
    Dass mit Tessas Mutter stimmt. Sie war ja nie gefordert... jetzt ist sie das. Nur ist es dazu vielleicht schon zu spät? Wer weiß.


    Danke für Deinen lieben Kommi!




    @Llyna: Ja, ich denk auch, für Tessa ist es ganz furchtbar, nicht zu Jess zu können. Ich kenn das von mir selbst, wenn ich mit jemandem streite und das nicht sofort klären kann. Es ist grausam, so in der Luft zu hängen... und dann so hilflos sein und das über eine derart lange Zeit, ist bestimmt schlimm.


    Danke auch für Deinen lieben Kommi!




    Luxa: Ja, Tessa kann einem schon leid tun. Danke für Deinen Kommi (ich hoffe, Du geniest die Ferien?) :)




    Dani: Stimmt, Du hast recht - Tessa könnte sich jetzt selsbt ein Bein stellen, indem sie zu schnell an den Bahnhof fährt und am Ende "richtig" krank wird... da muss sie achtgeben. Nur ob sie so vernünftig ist?
    Was aus Jess geworden ist in der Zeit, werdet ihr heute erfahren...


    Danke für Deinen lieben Kommi! :)

    Hallo ihr Lieben,



    nachdem es mir ziemlichem Spaß gemacht hat, die Trailer zu den Fotostorys zu basteln, habe ich mich jetzt mal an einer VideoStory versucht .


    Bitte seid nicht so arg streng mit mir, ich bin im Videomachen noch nicht so gut, aber ich hoffe, es gefällt euch trotzdem.


    Die Story ist eine "Verfilmung" des Lustspiels "Viel Lärmen um nichts" von Shakespeare, allerdings habe ich einiges abgeändert und auch die Originaltexte konnte ich nicht übernehmen, da sie einfach viel zu lange sind für ins Video. ;)


    Da das ganze ziemlich arbeitsintensiv ist, wird es allerdings mit den Fortsetzungen sicher manchmal was dauern.


    Also, nun genug geschwätzt, ich hoffe, es gefällt euch, auch wenn es technisch bestimmt noch besser ginge.







    Trailer




    Episode 1/1

    Episode 1/2
    Episode 2
    Episode 3





    Es dauerte fast zwei Wochen, bis es Tessa endlich wieder besser ging. Sie war immer noch schwach und das Fieber war zwar gesunken, aber noch nicht gänzlich verschwunden. Sie war noch dünner geworden und aus ihrem Gesicht schien jegliche Farbe gewichen.
    Doch viel schwerer noch als die körperlichen Schmerzen wogen die seelischen.
    Durch das Fieber war es ihr unmöglich gewesen, das Haus zu verlassen… und so waren zwei Wochen verstrichen, ohne dass sie Jess gesehen hatte, ohne dass sie ihn durch irgendetwas oder jemanden hatte erreichen können.
    Nach dem, was geschehen war, blieb für diesen wohl nicht viel Raum für Interpretationen übrig… Tessa hatte ihn verlassen.
    Tessa war sich sicher, dass er genau dies annahm... und es zerschnitt ihr das Herz.
    Jeden Abend hatte sie in den letzten zwei Wochen darum gebetet, es möge ihr am nächsten Tag besser gehen – doch das Fieber wollte und wollte nicht weichen, ebenso wenig der Husten und die allgemeine Müdigkeit. Der Arzt hatte schon befürchtet, sie habe sich eine Lungenentzündung eingehandelt, doch als das Fieber Ende der zweiten Woche endlich sank, konnte er diese Diagnose widerlegen.
    Nach zwei Wochen im Bett durfte Tessa am Morgen des 17. Januars endlich wieder aufstehen, um zusammen mit ihrer Mutter zu frühstücken.



    Doch immer noch schien das Essen sie anzuekeln und sie brachte kaum einen Bissen runter.
    Ihre Mutter sah sie besorgt an. „Tessa, du musst was essen“, sagte sie schließlich. „Du bist nur noch Haut und Knochen. Wir sorgen uns um dich. Irgendetwas stimmt doch nicht mit dir. Magst du uns nicht sagen, was los ist?“
    Tessa sah erstaunt auf. Ahnten ihre Eltern etwas, was los war?
    „Ich… es ist nichts“, sagte sie schnell. „Ich bin wohl immer noch etwas geschwächt. Das ist alles.“
    Ihre Mutter blickte schweigend auf ihren Teller. „Und sonst ist wirklich alles in Ordnung? Gibt es Ärger auf deiner Arbeit?“



    Tessa schüttelte den Kopf. „Nein, absolut nicht. Ich hoffe nur, dass ich bald wieder gesund bin und arbeiten gehen kann. Es ist bestimmt vieles liegengeblieben.“
    „Der Arzt sagt, du musst noch mindestens zwei Wochen zu Haus bleiben, damit du keinen Rückfall bekommst“, erwiderte ihre Mutter bestimmt. „Und das wirst du bitte auch befolgen.“
    Tessa musterte ihre Mutter erstaunt. Sie hatte sie nie so fürsorglich und besorgt erlebt.
    Vielleicht hatte sie ihr unrecht getan all die Jahre? Vielleicht wäre ihre Mutter auch mehr für sie da gewesen, wenn nicht immer Trudy zur Stelle gewesen wäre?
    Nachdem sie gefrühstückt hatten, verabschiedete sich Tessas Mutter und ermahnte ihre Tochter, schnell wieder ins Bett zu schlüpfen.
    So saß Tessa einige Minuten später erneut auf der Bettkante. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um Jess. Zwei Wochen hatte sie ihn nicht gesehen und inzwischen zerriss sie die Angst, er könnte denken, sie habe ihn tatsächlich verlassen und im Stich gelassen.



    Entschlossen blickte Tessa zu Boden. Noch zwei oder drei Tage, dann würde sie wieder gesund und stark genug sein, um das Haus zu verlassen. Und nichts und niemand würde sie dann daran hindern, an den Bahnhof zu fahren und Jess zu suchen.
    Sie musste ihn finden, so schnell als möglich. Musste ihm sagen, dass sie ihm verzeihen konnte, auch wenn seine Worte sie verletzt hatten – sie würde ihn nicht aufgeben.
    Sie musste ihn einfach sehen. So schnell wie möglich. Bevor er die Hoffnung aufgeben würde. Bevor es zu spät war.



    Fortsetzung folgt.

    Kapitel 26
    Fieber



    In dieser Nacht schlief Tessa schlecht. Sie wälzte sich von einer Seite auf die andere, verfolgt von grausigen Bildern, die sie nicht zur Ruhe kommen lassen wollten.
    Die bösartig auf sie gerichteten Augen Jess schienen sich regelrecht in ihr Bewusstsein eingebrannt zu haben – sie bekam das Bild nicht aus dem Kopf, selbst nicht in ihren wirren Träumen, wo es in allen erdenklichen grausigen Variationen immer und immer wieder aufs neue erschien.



    Als sie am folgenden Morgen erwachte, fühlte sie sich wie gerädert. Langsam setzte sie sich im Bett auf und spürte, wie sich das Zimmer immer schneller um sie drehte. Nur mühsam schaffte sie es, ihre Füße über die Bettkante zu heben, alle Glieder taten weh und kalter Schweiß war auf ihre Stirn getreten.
    Als sie sich erheben wollte, wurden ihr die Knie so weich, dass sie ohne etwas dagegen tun zu können, wie ein nasser Sack zurück auf die Bettkante fiel.
    Ihr Gesicht schien zu glühen und gleichzeitig fröstelte sie, obwohl es im Zimmer nicht kalt war. Ihr Herz holperte in eigenartiger Art und Weise in ihrer Brust vor sich hin und der Schwindel brachte ihr eine unterschwellige Übelkeit.
    Ein raues Husten löste sich aus ihrem Brustkorb und ließ sie erneut zusammenschaudern. Seufzend warf Tessa einen Blick auf die Uhr. Es half alles nichts, in einer halben Stunde musste sie im Büro sein – sie musste aufstehen.



    Doch auch der erneute Versuch, auf die Beine zu kommen, misslang kläglich. Es dauerte mehrere Minuten, bis Tessa es wenigstens bis ins Badezimmer geschafft hatte. Alleine der Weg vom Bett zur Toilette war derart anstrengend gewesen, dass sie keuchte und erneut trocken und heiser hustete. Der Schmerz schien ihr fast die Brust zu zerreißen und für einige Minuten hatte sie das Gefühl, der Husten wollte nicht mehr aufhören und sekundenlang wurde ihr tatsächlich bange zumute, als sie so dastand und wie eine alte Frau nach Luft schnappte und keuchte, mit der Gewissheit, dass sie völlig alleine war und ihr niemand würde helfen können.



    Nach einer ewigen Zeit beruhigte sich ihre geschundene Lunge wieder. Völlig ermattet suchte Tessa Halt, indem sie sich am Waschbecken festklammerte, sich das Gesicht mit etwas Wasser bespritzte und sich im Spiegel ansah.
    Sie sah grausig aus. Ihr Gesicht war weiß wie ein Bettlaken, die Wangen jedoch seltsam gerötet. Unter den Augen hatten sich tiefe Ringe gebildet und ihre Lippen waren spröde und aufgerissen.
    Bevor Tessa noch weiter nachdenken konnte, was nur mit ihr los sein mochte, fielen ihr wieder die Szenen des vergangenen Tages ein. Der Schwindel verstärkte sich sekundenschnell derart, dass sie die Übelkeit übermannte und sie sich übergeben musste.
    Als sie endlich wieder aufstand, mit zittrigen Beinen, die sie kaum mehr tragen wollten, und sich den schmerzenden Magen hielt, liefen ihr die Tränen über die Wangen.



    „Ach Jess… Jess, wieso nur?“ schluchzte sie leise. „Was ist denn bloß mit uns beiden los gewesen?“
    Langsam schlich Tessa wieder zurück in ihr Schlafzimmer. Ihr Kopf hämmerte und fühlte sich glühend heiß an. Ans Arbeiten war nicht mehr zu denken. Sie sehnte sich eigentlich nur noch nach ihrem warmen Bett und Ruhe.



    Doch die Feiertage waren gerade zu Ende und sie hatte nicht einmal mehr Tee im Haus, abgesehen davon war die Vorstellung, sich welchen zuzubereiten, fast unmöglich – viel zu anstrengend schien es zu sein, den weiten Weg in die Küche zu gehen und dort zu warten, bis das Wasser aufgekocht sein würde.
    Tessa musste einsehen, dass sie Hilfe brauchte. Normalerweise hätte sie jetzt Tru angerufen. Mit einem wehmütigen Lächeln dachte sie daran, wie Tru sich früher um sie gekümmert hatte, wenn sie einmal krank gewesen war. Eine ordentliche Suppe hatte sie ihr immer gekocht, ihr etwas vorgelesen, als sie noch ein kleines Kind gewesen war, und später einfach nur mit ihr geredet oder ihr einen Strauß Blumen ans Krankenbett gestellt.
    Doch Tru war hunderttausende von Kilometern entfernt und würde ihr nicht helfen können. Also musste sie wohl oder übel ihre Mutter um Hilfe bitten.
    Wenige Minuten später hatte sie diese erreicht. Ihre Mutter versprach, so schnell es ging vorbeizukommen und vorher noch ein paar Einkäufe zu tätigen.
    Tessa kannte sie gut genug um zu wissen, dass noch einige Stunden vergehen würden, bevor ihre Mutter sich frei nehmen konnte, um ans Krankenbett ihrer Tochter zu „eilen“.
    Darum krabbelte sie müde und erschöpft wieder ins Bett. Als sie mit müden Augen die Decke bis ans Kinn ziehen wollte, kehrten ihre Gedanken wieder zu Jess zurück.



    Ihr war klar, dass er seine Worte nicht ernst gemeint hatte. Unter Einfluss der Entzugserscheinungen veränderten sich die Menschen oftmals furchtbar. Es war ihr immer klar gewesen, aber sie hatte es nie so deutlich erlebt wie gestern.
    Aber auch ihre eigenen Worte waren nicht derart ernst gemeint gewesen, wie sie aus ihrem Mund gedrungen waren. In diesem Moment war einfach alles zu viel gewesen. Doch was würde Jess nun denken?
    Würde er nicht denken, sie habe ihn verlassen?
    Mit erschreckender Klarheit schoss es Tessa durch den Kopf, dass ihre Worte genau dies bedeutet hatten. Und im selbigen Moment wurde ihr klar, dass sie Jess niemals würde verlassen können. Sie liebte ihn. Und dies kompromisslos.
    Doch würde Jess dies auch noch wissen? Nach den harten Worten, die sie ihm gestern an den Kopf geworfen hatte?



    Bevor Tessa diese Gedanken zu Ende denken konnte, war sie erneut fortgeglitten in einen Strudel aus fiebrigen Träumen und unruhigem Schlaf.
    Wenige Stunden später kam ihre Mutter an. Sie hatte einen ganzen Stapel an Medikamenten mitgebracht, Tee, Brot und sogar Dosensuppe.
    Besorgt musterte sie ihre Tochter und legte die Hand auf Tessas glühende Stirn.
    „Du hast hohes Fieber“, stellte sie fest. „Du musst auf jeden Fall im Bett bleiben. Ich mach dir jetzt erstmal einen Tee. Magst du etwas essen?“
    Tessa schüttelte den Kopf. Ihr war eher übel.
    Ihre Mutter brachte ihr eine Tasse dampfenden Tees und versuchte, ein belangloses Gespräch mit Tessa anzufangen, merkte jedoch schnell, dass diese viel zu müde und vom Fieber gebeutelt war, um ihr folgen zu können.



    „Ich komme morgen wieder vorbei“, versprach sie darum. „Und du ruhst dich schön aus. Wenn es dir morgen nicht besser geht, rufen wir unseren Hausarzt an, damit er dir etwas gegen die Schmerzen und das Fieber verschreiben kann. Und wenn heute Nacht etwas ist, ruf uns einfach an.“
    Mit einem unguten Gefühl ließ sie ihre Tochter alleine zurück. So krank war Tessa noch nie gewesen, das spürte sie. Und das ließ sie auch daran zweifeln, dass diese Krankheit morgen ausgestanden sein sollte. Sie behielt recht. Am nächsten Morgen war das Fieber noch gestiegen und sie rief den Hausarzt an, der eine schwere Grippe diagnostizierte.

    @Llyna: Das stimmt, das Jahr beginnt nicht gerade prickelnd für die zwei. Ich denke nicht, dass Jess tief in sich so denkt, sondern dass das durch die Entzugserscheinungen bedingt war.

    Danke für Deinen Kommi!



    Kiara: Ja, das ist richtig, es ist für beide schlimm. Und ich denke schon, dass Jess sich nach der nächsten Spritze wieder daran erinnern können wird und sich Vorwürfe machen wird, darunter leiden wird.
    Dass Tessa ihm verzeiht, ist ziemlich sicher, da hast Du recht. Immerhin war er nicht bei vollem Bewusstsein, als er das sagte, nichts desto trotz muss es wahnsinnig weh getan haben.

    Danke für Deinen lieben Kommi! Freut mich, dass ich Dir Gänsehaut mache!



    @ineshnsch: Stimmt, das kenne ich auch, wenn man sich im Film am liebsten die Hände vor die Augen halten würde, weil man genau weiß, wo die Sache hinläuft und es nicht verhindern kann.

    Für Tessa waren Jess´ Worte natürlich sehr verletzend, auch wenn sie weiß, dass er es nicht ernst gemeint hat. Aber wer kann sowas schon ertragen?

    Danke für Deinen lieben und so ausführlichen Kommi!


    Luxa: Ja, Du hast recht, Jess weiß eigentlich nicht, was er da tut. Und irgendwie können einem ja auch beide leid tun. Danke für Deinen lieben Kommi! :) (was macht das Schreiben?)


    @Dani04: Du hast recht, ich sehe es genauso, Tessa ist Jess einzige Chance, aus dem Sumpf der Drogen auszubrechen!!! Und dass Jess nicht weiß, was er sagt, stimmt. Nur ist die Frage halt immer, wie viel kann ein Mensch für einen anderen (er)tragen?

    Danke für Deinen lieben Kommi!



    @ALL: Heute geht es mit einem recht stillen Kapitel weiter, in dem wir sehen, wie es tessa nach dem Streit geht. Was hier geschieht und in den 2 vorigen geschehen ist, legt so ein bißchen die Basis für alles weitere, was da noch kommen wird. Viel Spaß wünsch ich euch!

    So war er am vergangenen Montagmorgen in diesem Hotel sofort von Marie angetan .



    Ihr großen, sanften braunen Augen spiegelten einen nicht genannten Kummer wieder, der ihn seltsam anzog. Ihr Körper war einmalig, das Haar umrandete ihr Gesicht wie Wogen aus duftigem Samt. Sie roch nach einer wundersamen Mischung aus Sommerblüten, als sie sich an der Theke zu ihm beugte, um ihm den Schlüssel zu reichen.
    Sein Jagdinstinkt war sofort alarmiert und ohne Schnörkel und in seiner typisch galanten, höflichen Art begann er sie zu umgarnen – mit Erfolg, wie eigentlich immer.
    Noch am selben Abend klingelte sein Handy und vier Tage später, am Freitagabend, war er am Ziel angelangt.



    Die Nacht mit Marie war göttlich gewesen, besser als jede Nacht zuvor. Die sanfte Zerbrechlichkeit dieser ungewöhnlichen Frau war ihm noch bewusster gewesen, als er ihren schmalen, bebenden Körper in seinen Armen gehalten hatte.
    Nach dem Höhepunkt hatte Marie hemmungslos zu weinen begonnen.
    Normalerweise verabscheute Casimir solche Szenen, weinen bedeutete für ihn Schwäche und war über dies hinaus eine äußerst intime Gelegenheit – für Casimir weitaus intimer als Geschlechtsverkehr.
    Doch Maries Tränen schienen sich in sein Herz zu brennen und er meinte ihren tiefen Kummer zu fühlen – in ihm erwachte ein nie gekanntes Gefühl, nämlich dieses zarte Wesen in seine Arme zu ziehen und ihr diesen unsagbaren Kummer zärtlich aus ihrem viel zu großen Herzen zu küssen, ihre großen, braunen Augen von diesen Tränen zu trocknen und ihren zitternden, zerbrechlichen Körper streichelnd in den Schlaf zu wiegen.



    All diese Gefühle waren für Casimir gänzlich neu und er stellte verdrossen fest, dass diese Nacht trotz ihrer Herrlichkeit anders gelaufen war, als geplant – und alleine das ärgerte ihn, denn in seinem Leben hatte alles nach Plan zu laufen, was ihm meistens auch gelang.
    So widerstand er all den besagten Sehnsüchten, die so unangenehm in ihm aufstiegen und sah Marie nur stillschweigend zu, wie sie dastand und weinte.



    Nach einer Weile stand er auf, tätschelte Marie väterlich die Hand und sagte „Na, na, wer wird denn da gleich weinen.“
    Mit diesen Worten erhob er sich, kleidete sich an und reichte Marie ebenfalls ihre Kleidung, um ihr unmissverständlich klar zu machen, dass er diesen Abend für beendet ansah.
    Marie derweil hatte ebenfalls wieder zu ihrer Fassung gefunden und kleidete sich schweigend an. Casimir warf einen unsicheren Blick zu ihr. Ihr Gesicht schien wie versteinert und ein tiefer Schatten schien auf ihr zu lasten. Er spürte, dass sie das, was zwischen ihnen geschehen war, nicht gut hieß … auch das war nichts neues für ihn, aber in diesem Falle stach es ihm ungewöhnlich ins Herz, Maries Kummer offenbar noch vermehrt zu haben.
    Ein Blick auf die Uhr zeigte Casimir, dass es bereits spät war und er dachte daran, dass die Verhandlungen mit seinen Geschäftspartnern am kommenden Morgen früh beginnen und seine ganze Aufmerksamkeit fordern würden.
    Schnell blies er alle Kerzen aus und öffnete Marie höflich die Tür. Schweigend gingen beide zum Wagen.
    Doch auch auf der Fahrt spürte Casimir weiterhin die widersprüchlichsten Gefühle in sich wirbeln, was ihm immer mehr Verdruss bereitete, so dass sein Gesicht kalt und hart wurde.



    Marie sagte kein Wort, nur an ihrem schnellen, schweren Atmen konnte Casimir merken, dass sie nach wie vor aufgebracht war und einen inneren Kampf zu führen schien.
    Als sie wieder an dem Parkplatz ankamen, wo sie sich getroffen hatten, fragte Casimir nur kurz: „Kannst du noch fahren, Marie, oder soll ich dich bis nach Hause bringen?“
    Marie schüttelte den Kopf. „Nein, Casimir, danke. Ich kann noch fahren.“
    Sie öffnete die Tür und sah ihn einen Moment unsicher an.
    Er versuchte zu lächeln, was ihm nicht gelang. „Aufwiedersehen, Marie“, sagte er daher nur nüchtern. Marie schluckte und stieg aus. Kaum war die Wagentür hinter ihr ins Schloss gefallen, gab Casimir Gas und fuhr davon.





    Fortsetzung folgt.



    Text und Fotos by Innad

    Hallo ihr Lieben!


    Heute geht es schon weiter - eure Kommis beantworten wir am Wochenende, in aller Ruhe, aber lesen könnt ihr heute schonmal! :) Es geht ein wenig in die Vergangenheit und ich hoffe, ihr findet Casimir danach nicht mehr alle so schlimm ;) Nicht alles ist so wie es zu sein scheint! Vergesst das nicht!


    Rivendell: Danke für den Knuddler *liebdrück*




    Kapitel 18
    Casimir



    Casimir Graf hatte immer gewusst, was er wollte. Schon als Kind hatte er höhergesteckte Ziele verfolgt als die meisten anderen seiner Altergenossen. Einsen nach Hause zu bringen, gehörte für ihn schon im Alter von sieben zur Selbstverständlichkeit und manchmal waren seine Eltern ob seiner Jähzornanfälle, wenn es eben doch eine schlechtere Note geworden war, regelrecht hilflos gewesen. Er war schon als Kind disziplinierter gewesen als jeder seiner Klassenkameraden. Sein erster Weg nach Schulschluss führte an seinen Schreibtisch, wo er sich vergrub und sich weigerte, das Zimmer zu verlassen, bevor er alle Aufgaben zu einhundert Prozent erledigt hatte.



    Casimir hatte schnell bemerkt, wie man Menschen beeinflussen konnte. Als er in die Pubertät kam, entwickelte er sich zu einem ungewöhnlich attraktiven jungen Mann und entdeckte seine Wirkung auf die Frauenwelt rasch.
    Er studierte das Wesen Frau in seinen Grundzügen genau und als er mit der Universität begann, hatte er schon mehr als einige dutzend One-Night-Stands hinter sich gehabt. Beziehungen hingegen hielt er mehr oder minder für Zeitverschwendung. Durchaus hatte es die ein oder andere Frau gegeben, mit der er sich mehr als einmal abgegeben hatte.
    Doch Casimirs Gemüt war schnelllebig und dürstete nach neuen Erfahrungen. Er glich einem wilden Tier, dem – kaum war der Hunger nach Erlegen einer saftigen Beute gestillt – schon danach lüstete, die nächste Beute zu erobern.



    Seinem Aufstreben in allen Belangen konnte kaum jemand etwas entgegensetzen. Schon früh hatte er gelernt, wie man Dinge, die man wollte, erreichen konnte – durch Disziplin zum einen, durch Selbstbewusstsein zum anderen – und von beiden hatte er mehr als genug. Auch an der Universität gab er sich mit keinerlei Mittelmaß zufrieden, nein – die Bestnoten waren gerade gut genug für ihn und die Selbstkasteiung, welche das Opfer für die Höchstleistungen darstellte, war für ihn nicht mehr als Mittel zum Ziel und nicht einmal der Rede wert.



    Für eine Beziehung fehlte ihm nicht nur die Zeit, sondern auch die Fähigkeit.
    Denn Liebe war für Casimir ein Wort, das die Dichter erfunden hatten, und das er in etwa für so nötig hielt wie die Steuer, die ihm später an jedem Quartalsende seinen Gewinn so bitter schmälerte – was nicht bedeuten sollte, dass er mit seinen knapp 30 Jahren nicht vermögender gewesen wäre als die meisten in diesem Alter.
    Dennoch war er nicht aus Stein gemeißelt. Er empfand tiefen Respekt und Zuneigung zu seiner Mutter, während er zu seinem Vater ein gespaltenes Verhältnis hatte und auf dieses so wenig Zeit wie möglich verschwenden wollte. Vielleicht waren sich Vater und Sohn einfach zu ähnlich.
    Kaum hatte Casimir das BWL-Studium beendet, gründete er von angespartem Geld und einer Erbschaft eine eigene Firma, die schnell zum Erfolg kam. Es wäre ein leichtes gewesen, das Geld von seinem Elternhaus zu bekommen – doch er wollte die Unabhängigkeit.



    Inzwischen war er Herr über ein wahres Imperium an Tochterfirmen und verbrachte zwei Drittel des Jahres auf Reisen. Das Wort Zuhause verband er, wenn überhaupt, nur mit seinem Elternhaus, wo seine liebevolle Mutter jedes Mal auf ihn wartete, wenn er zwischen zwei Geschäftsterminen Zeit fand, vorbeizuschauen – was nicht allzu oft der Fall war.
    Casimir strahlte Erfolg aus und eine gewisse Beständigkeit, trotz seiner schnell wechselnden Liebschaften und seines eher regen Lebenswandels. Seine größte Beständigkeit war die seines Gemütes. Nie gab er sich übergroßen Gefühlsregungen hin. Er weinte und fluchte nie und auch lachen hörte man ihn selten. Er war meist gleichmütig, reserviert und doch immer höflich, zuvorkommend und auf unsagbare Weise galant und manchmal sogar sanftmütig.
    Auf seinen Reisen traf er auf viele Menschen – und vor allem Frauen. Innerhalb weniger Sekunden wusste er, welche Frau ihn reizte und was dann begann, war die kecke Jagd des Raubtieres auf seine Beute, welches eben diese erst zart anlockt und dann über sie herfällt, um kurz darauf nach neuen Befriedigungen zu suchen.
    Dabei wahrte er stets Anstand und Höflichkeit, versuchte, den Frauen nie das Gefühl zu geben, derb ausgenutzt worden zu sein, missbraucht oder getäuscht.




    Denn er machte nie Versprechungen, die er nicht hielt, ebenso wenig spielte er den Frauen etwas vor oder versuchte, ihre Unschuld auszunutzen. Obwohl er die weibliche Rasse als seine Beute sah, respektierte er sie aus tiefstem Herzen – wie das Raubtier seine Nahrung.

    Liebe Kiara!


    Also mit DEM Ende hätte ich nu wirklich auch NIEMALS gerechnet! aber wie toll!!!! Denn DAS ist ein Ende, das für ein Märchen mehr als nur passend ist!!! Wunderbar!!!!

    Da hast Du uns alle aber nochmal mächtig überrascht! Ich bin ganz begeistert!!! :applaus

    Auch die Chronologie am Schluss hat mir sehr gut gefallen! Ich freu mich schon total auf dein nächstes Projekt!

    :suse
    Oh Kiara
    was für ein bewegendes Kapitel, das wirklich sehr berührend war.
    Und weißt Du was, ich mag gar keine Steine nach Dir werfen. Denn ich find es zwar nicht gut, dass Annabelle Selbstmord begeht, denn das ist kein Ausweg (!) aber irgendwie bin ich dann doch getröstet, denn ich fürchte, diese Welt hätte ihr keine Liebe mehr geboten und keinen Trost.

    Die einzige Hoffnung wäre gewesen, dass der Bann von Heinrich genommen worden wäre vorher, und er eine Stütze für sie dargestellt hätte. Aber Max und Katharina hätte das ja auch nicht lebendig gemacht - zumindest ersteren.

    Wenigstens hat ihr Tod ein "gutes"... Heinrich ist nicht mehr unter Elviras Bann, er und Casta sind nun offenbar ein Paar.

    Rose tut mir sehr leid. Sie scheint die einzige zu sein, die richtig arg um Annabelle trauert.

    Das Märchen ist ja noch nicht zu ende. Ich hoffe sehr, Du rechnest mit den von Freiherrs noch ordentlich ab!!! :misstrau


    Aber eine Frage noch... wieso ist Max vom Tod abgeholt worden und verschwunden (und wie konnte er dann eigentlich beerdigt werden...???) und Annabelle nicht........???????

    :DHuch Kiara
    ich merke gerade, dass ich noch gar nicht kommentiert habe. VIelleicht liegt es aber daran, dass ich so wahnsinnig außer mir war / bin - über dieses verfluchte Verhalten von diesem A.... von Justus, entschuldigung, aber das muss ich echt mal sagen!

    Auf gut deutsch würde man jetzt sagen, der ist auch noch nicht von Mamas Brust losgekommen! Er tut ja einfach alles, was sie ihm sagt, und wenn es darum geht, seine eigene kleine Tochter umzubringen! So ein Vollidiot, nichtmal gefragt hat er, was dieses Pulver bewirkt.

    Und dann - wie kann man nur so grausam sein wie er?! Anna ist doch ohnehin schon völlig am Ende. Ich kann nur erahnen wie furchtbar es sein muss, das eigene Kind zu verlieren! Das ist etwas, was kein Mensch jemals verwinden kann! Keiner! Und dann auch noch SO zu reagieren?! Hallo, gehts noch? Du merkst, ich bin immer noch totaaal in Rage :angry


    Echt, am liebsten würde ich in diesen komischen Märchenwald oder nach Wiesenthal wohl eher fahren und diesem Burschen eine gehörige Tracht Prügel verpassen und seiner Frau Mutter würd ich ... nee, das schreibe ich nicht hierher, das ist nicht jugendfrei :p

    Ein tolles Kapitel, auch wenn es mich auf 180....! gebracht hat!

    Nun hoffe ich wirklich, Du bringst im nächsten Kapitel irgendetwas, was uns ein bißchen Trost und Gerechtigkeit geben wird... ich trau mich bald gar nicht mehr zu lesen (nee, ist nur Spaß ;) ), weil es immer dramatischer wird... also von Spannungsaufbau verstehst Du mehr als mir gerade lieb ist :rollauge


    Aber ich bin froh, dass Du die kleine Katharina am Ende doch leben lässt... alles andere hätte ich Dir auch schwer krumm genommen *zwinker*

    All das hämmerte durch Tessas Kopf, während sie dastand und Jess einfach nur wortlos anstarrte.
    Doch was bringt uns schon unsere Vernunft und all die schlauen Worte, wenn unser Herz gerade in nutzlose Scherben zu zerbrechen droht?
    Schmerz, Trauer, Wut, Enttäuschung – es war wie ein Puls, der sich von unten nach oben zu bewegen beginnt und wie ein Vulkan zum Ausbruch findet, bevor wir etwas dagegen tun können.



    „Ich fasse es nicht!“ waren die ersten, wütenden Worten, die aus Tessas Mund drangen. „Wie kannst du es nur wagen? Wie kannst du es nur wagen, Jess, mich DARUM zu bitten? Du weißt, Du kannst mich um ALLES bitten, nur nicht darum! Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dir deine beschissenen Drogen auch noch bezahle?!“
    Er stand nur da und schwieg. Sah sie nicht einmal wirklich an. Verstand er überhaupt den Sinn ihrer Worte?
    „Du machst dich damit kaputt, Jess!“ Tessas Stimme überschlug sich fast. „Aber der Punkt ist der – du machst nicht nur dich kaputt, verdammt! Du zerstörst auch mich mit deiner verdammten Sucht!“



    Sie hätte ihn am liebsten gerüttelt, doch es war sinnlos. Er hörte ihr nicht zu. Er starrte vor sich hin, als befinde er sich in einer anderen Welt, eine Welt, in die sie weder dringen konnte noch wollte.
    „Ich kann nicht mehr, Jess! Hörst du!“ Inzwischen konnte nicht einmal Tessa mehr sagen ob sie schrie oder weinte. „Ich kann nicht mehr! Mach dich allein kaputt – ich kann nicht mehr!“
    Und mit diesen Worten drehte sie sich um und rannte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.



    Jess jedoch stand nur da. Aschfahl, die dunklen Augenringe hoben sich gegen die helle Haut ab. Stand da ... und starrte ihr nach. Starrte ihr nach, ohne sich zu rühren. Ohne sich zu bewegen. Ohne zu denken. Ohne zu fühlen.




    Fortsetzung folgt!

    Kapitel 25
    Frohes Neues Jahr




    Es geschah einige Tage nach Silvester. Man schrieb den dritten Januar. Das neue Jahr hatte begonnen, wie das alte zu Ende gegangen war – grau, trüb und voller Schnee.
    Tessa hatte mit ein paar Kollegen gefeiert, war aber kurz nach eins von der Party verschwunden, ohne dass es große Beachtung gefunden hätte. Sie sehnte sich danach, diese Stunden mit Jess zu verbringen, aber sie wusste nicht einmal genau, wo er den Übergang in das neue Jahr erlebt hatte, das nun vor ihnen lag wie ein Kind in der Wiege, frisch und jung und ohne dass irgendjemand wusste, was es bringen mochte.
    Nie zuvor hatte Tessa so ungewiss und bang auf die nächsten zwölf Monate geblickt – sie hatte keine Vorstellung, was sie ihr bringen mochten. Schmerz? Trauer? Liebe? Oder erfüllte Hoffnungen? Wer konnte das schon sagen? Niemand.
    An jenem grauen Januartag jedoch sollte sich etwas ändern, ein Stein umgestoßen, der eine Kettenreaktion auslöst, die niemand auf dieser Welt jemals mehr aufhalten können wird.
    Doch das wusste Tessa noch nicht, als sie am frühen Nachmittag die recht verlassene Bahnhofshalle betrat und einige Meter weiter Jess erblickte, der auf einer Bank saß und gedankenverloren in die Luft starrte.
    Zu viele Begegnungen hatte sie schon mit ihm gehabt, um nicht sofort spüren zu können, dass es ihm an diesem Tag nicht gut ging – dass er nicht ausreichend Heroin bekommen hatte.
    Kleine Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet, die Augen waren dunkel umrandet, teilweise von roten Äderchen durchzogen, seine Lippen trocken und spröde, sein Haar hing noch strähniger als sonst im Gesicht und über dies hinaus roch er nicht gut – er hatte offenbar mal wieder keine Zeit und keine Gelegenheit gefunden, sich zu duschen oder seine Kleidung zu waschen. An Tagen wie diesen gab es für ihn nur noch den Kampf ums Überleben – und Kleinigkeiten wie die Körperpflege waren daneben nicht einmal einen Gedanken wert. Tessa hatte gelernt, damit umzugehen.



    Doch heute schien es noch schlimmer als all die Tage zuvor.
    „Jess?“ Vorsichtig klang ihre Stimme, wie die einer Mutter, die das kranke Kind anspricht, von dem sie genau weiß, dass es aufsässig reagieren wird.
    Jess stand von der Bank auf und blickte sie an. „Du solltest besser wieder gehen. Ich glaube, es wäre besser für uns beide…“
    Tessa schluckte. Sie ahnte, dass er recht hatte, aber sie brachte es nicht übers Herz, ihn so stehen zu lassen.
    Mit langsamer Behutsamkeit griff sie darum nach seiner Hand, berührte die Haut erst so sachte mit den Fingerspitzen, dass Jess nicht sicher war, ob nicht nur ein Luftzug seinen Handrücken gestreift hatte oder es wirklich die sanften, schmalen Finger Tessas waren.



    Erst als sie spürte, dass er keinen Widerstand leistete, griff sie fester nach seiner ganzen Hand und drückte diese schließlich zärtlich.
    Für einen Moment wurde sein Blick klarer und er lächelte ihr leicht zu. Dann schweiften seine Augen wieder umher.



    Vorsichtig beugte Tessa sich nach vorne, um ihn zu küssen, doch er wich ihr aus. Wieder einmal war es wie in Stich ins Herz – doch im Vergleich zu den ersten Malen, als genau dies geschehen war, erschien der Schmerz eine seltsam dumpfe Gewohnheit bekommen zu haben und Tessa zog ihre Hand langsam zurück und blieb eine Weile nur neben Jess stehen, ohne sich zu rühren oder ein Wort zu sagen – sah ihn einfach nur schweigend an.



    Nach einigen Minuten erkannte sie schweren Herzens, dass sie hier nichts mehr würde tun können. Jess brauchte nicht sie – er brauchte etwas, das ihm mit erneuter brutaler Offensichtlichkeit weitaus wichtiger war als Tessa es vielleicht je sein konnte.
    Also griff sie langsam in die Innentasche ihrer Jacke und holte die Essenration heraus, die sie ihm wie bei fast jedem Treffen mitgebracht hatte. Es waren nur zwei belegte Brote, doch bei seinem momentanen Zustand war ohnehin klar, dass der größte Hunger, der ihn trieb, nicht jener nach Lebensmitteln war.
    „Jess“, sagte Tessa vorsichtig. „Ich hab dir was zu essen mitgebracht. Ich denke, ich gehe jetzt besser, okay?“
    Und mit diesen Worten drückte sie ihm das Essen in die Hand. Für eine lange Zeit starrte er es an, wortlos und fast irre. Dann schleuderte er es plötzlich mit einer solchen Heftigkeit von sich, dass es einen zischenden Laut in der Luft von sich gab und Tessa mit einem erschrockenen Luftschnappen einen Schritt zurückwich.
    „Behalt deinen Mist!“ Jess Stimme war ein wütendes, scharfes Zischen geworden. Seine Augen hatten sich zu Schlitzen verengt und ruhten mit einer derartigen eisigen Wut auf Tessa, dass diese sich wie von Messern durchbohrt von ihnen fühlte.



    „Begreifst du es nicht? Ich brauche Stoff, ich brauche keine Brote, verdammt noch mal!“
    Er kam einen Schritt auf sie zu und wirkte dabei seltsam bedrohlich.
    „Wenn du mich wirklich lieben würdest, dann wüsstest du das!“ Seine Stimme klang hart und rau.
    „Aber woher solltest du das auch wissen? Du sitzt tagtäglich mit deinem fetten Hintern in deiner warmen Bude und legst die Füße hoch! Du bist ja auch was Besseres als ich! Du hättest mehr als genug Kohle, um mir ein angenehmes Leben zu bereiten! Bräuchtest wohl nur zu Papa zu rennen und darum zu bitten! Aber du bist selbst dazu zu blöd!“



    Ein Moment der Stille folgte. Tessa stand wie angewurzelt. Die mit Hohn gesprochenen Worte hallten wie ein irres Echo in ihren Ohren und ihrem Kopf, aber wohl noch viel mehr in ihrem Herzen wider. Es dauerte offenbar einige Sekunden, bis sie überhaupt begreifen konnte, was Jess gerade zu ihr gesagt hatte. Sie kannte diesen Menschen nicht mehr. Irgendetwas in ihr sagte ihr eindringlich, dass er nicht wusste, was er tat. Er stand unter Entzugssymptomen, er war nicht zurechnungsfähig.
    War dies die Situation, welche sie beide immer so gefürchtet hatten? Sie wusste es nicht, spürte nur, wie in ihr etwas zu zerbrechen begann, von dem sie gehofft hatte, es schützen zu können – von dem wohl beide gehofft hatten, es schützen zu können. Doch der Realität kann niemand auf dieser Welt auf Dauer davonrennen. Sie holt uns immer wieder ein, egal wie schnell wir laufen.

    @Ineshnsch: Danke für diesen tollen Kommi! Ja, Du hast recht, auch Tesa kann durch die Situation krank werden und irgendwie wäre es schön, wenn Jess sich vielleicht auch mal ernsthafte Sorgen um sie machen würde. Aber er ist zu gefangen in seiner seltsamen Welt, zumindest scheint das so.
    Jasmin ist wirklich sehr offen und durch sie hat Tessa einmal einen Einblick in die Welt bekommen, in der Jess lebt. Und was Du schreibst, dass sie auch nach einem Entzug in der Gesellschaft keinen Platz haben wird, ist wohl leider wahr. Aber würden wir wirklich anders reagieren? Ich will mich da nicht freisprechen.

    Danke für Deine lieben Worte! Die tun sehr gut!



    @Llyn: Da freue ich mich aber, dass Du Dich "geoutet" hast! Wirklich, das freut mich total, dass Du die Story mitverfolgst und sie Dir gefällt. Ob am Ende die Drogen siegen, bleibt natürlich noch offen. Du hast das ganze sehr richtig geschrieben. Tessa hat ihr Leben komplett in die Hand genommen. Zumindest das wird ihr immer bleiben, diese Abnabelung. Ob sie die ohne Jess so geschafft hätte? Allerdings ist sie jetzt auch alleine und das istr natürlich schwer und hart.


    Kiara: Ja, da hast Du recht, so ein Weihnachtsfest wünsch ich keinem! Aber Du hast auch recht, dass Jess einfach unter Drogenmangel stand und deswegen überreagiert hat. Desweiteren hat er sich auch einfach geärgert, dass das so dumm gelaufen ist. Dem ICH begegnet, vor dem er sie schützen wollte, ist sie nur randweise. Aber dei Realität zu wissen oder zu SEHEN sind halt verschiedene paar Stiefel.

    Danke auch nochmal für Deine lieben Worte *drück*



    Dani: Du hast recht, ich denke mir auch, wieso muss Tessa da drüber kucken? Irgendwo hat jess ja recht wenn er sagt, sie hätte 1 und 1 zusammenzählen können... aebr vielleicht ist das so wie bei Kindern, wenn es verboten ist, reizt es einen oder so.
    Was Du über KOma und Entzug schreibst, stimmt übrigens. Die Möglichkeit gibt es. Ist aber alles eine Kostenfrage... :( Und ein unversicherter Junkie von der Straße wird das wohl eher selten so zugesprochen bekommen. Das ist nämlich schweineteuer... und auch wenn man sich denkt, dass das nicht sein kann - es ist leider so...
    Danke für deinen Kommi!!!




    @All: Heute kommt Kapitel 25. Ich hoffe, damit kommt wieder etwas merh Schwung in die story. Es ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Kapitel, aber lest selbst!

    Aufgabe 4


    Vanessa und Michael Bader, Teil 2



    Patricia ist sehr zufrieden, dass sie mit der Burg bei Michael und Vanessa ins Schwarze getroffen hat. Doch die Auswahl der Location war nicht die einzige Aufgabe, die sie von den beiden bekommen hat.

    "Also ihr beiden", sagt diese darum. "Ihr habt mir gesagt, dass ihr für die Feier einen besonderen Showact haben möchtet. Auch darum habe ich mich gekümmert und wenn ihr mir nach unten folgt, könnt ihr sehen, um was es sich handelt."

    Also machen die drei sich wieder auf den Weg in den Festsaal, aus dem ihnen wunderschöne Musik entgegenschlägt. Musik, die atmosphärisch und thematisch nicht besser zu dieser Örtlichkeit passen könnte.

    Verzückt lauscht das junge Paar den Klängen von Trommeln, Harfe, Piano und Bass eine Weile, bis das Lied zu Ende ist und Patricia die Musiker vorstellt:

    "Das hier ist die Band ´Midage Music´, die sich vor allem auf mittelalterliche Musik spezialisiert hat und diese auch so darstellt, wie ihr unschwer erkennen könnt. An den Trommeln ist Anastasia, am Bass seht ihr Argon."



    "Desweiteren haben wir an der keltischen Harfe Kassandra und am Flügel Berag."



    Begeistert begrüßen Michael und Vanessa die Musiker und sprechen sofort mit ihnen über ihre Musikwünsche und ob diese umsetzbar seien. Vanessa schwärmt: "Ich liebe Harfenmusik total, Patricia! Du hast voll ins Schwarze getroffen! Und dass die Musiker sogar mittelalterlich gekleidet sind, untermalt die Atmosphäre hier im Schloss einfach wunderbar!"

    Glücklich fällt sie ihrem zukünfigen Ehemann in die Arme. "Nun kann es losgehen mit der Hochzeit!"

    Die Musiker und Patricia schauen den beiden lachend zu. Es ist doch immer wieder schön, das Glück anderer Leute miterleben zu dürfen!



    Doch eine Sache fehlt noch zum vollkommenen Glück - allerdings hat nur Michael Patricia mit dieser Aufgabe betraut. Ihm fehlt noch ein schönes Hochzeitsgeschenk für seine Liebste. Und da die beiden eigentlich keine Flitterwochen geplant hatten, dachte er sich, er könne seine Braut mit genau diesen überraschen.

    "Nur wohin?" fragte er Patricia ratlos. "Vanessa ist kein Strandtyp, sie mag es eher ruhig. Aber es soll schon etwas ganz besonderes sein. Und auf einen Abenteuertrip habe ich in meinen Flitterwochen bestimmt keine Lust..."

    "Lass mich mal machen", hat Patricia ihn beruhigt. So trifft sie sich einige Tage später mit ihm und fährt ein paar Stunden, bis sie in die Highlands kommen. Dort steigen sie aus und gehen immer tiefer in den Wald hinein. Das Gelände ist stark ansteigend und beide kommen für einen Moment etwas in Schwitzen - aber die Mühe lohnt sich, wie Michael feststellen muss.

    Irgendwann lichtet sich der dichte Wald und eine kleine, verschlafene Holzhütte kommt zum Vorschein.



    "Wow!" ruft Michael aus. "Das sieht aus wie in alten Naturfilmen! Ist die denn bewohnbar?" Patricia lacht auf. "Noch viel mehr als das, mein Lieber. Ich zeig es dir."

    Gemeinsam betreten sie die Hütte und schauen sich begeistert um. Die Hütte ist rustikal, aber bequem eingerichtet. Es gibt eine kleine Kochnische, einen großen Tisch, Teppiche auf dem derben Holzboden, gemütliche Sitzgelenheiten...



    ... und das modernste technische Equipment, wie Michael erstaunt feststellt. "Sogar Satelittenempfang hast du hier oben", sichert Patricia ihm zu. Am meisten tut es ihm aber das urgemütliche Himmelbett an. "Schließlich sind es unsere Flitterwochen", sagt er augenzwinkernd.



    Nur eines scheint zu fehlen - das Badezimmer. "Müssen wir dann erstmal einen Wildbach da draußen suchen?" fragt er skeptisch und Patricia lacht schallend. "Was du für Ideen hast!" sagt sie kopfschüttelnd und weist auf eine kleine Tür, die zu einem gemütlich eingerichteten Badezimmer führt. "Und damit ihr nicht frieren müsst, gibt es hier sogar noch einen extra Bolleroffen", erklärt Patricia. "Der Kamin von drinnen wird nicht reichen, um es hier warm zu halten."



    Michael schaut sich noch eine Weile um und tritt dann mit Patricia wieder ins Freie. Um das Häuschen herum ist nicht als felsiges Waldgelände, eine unsagbare Farbenpracht.
    "Und, was sagst du?" will Patricia wissen.
    Michael grinst übers ganze Gesicht. "Ich könnte mir nichts schöneres vorstellen - hier werden wir ganz ungestört und ruhig unsere Flitterwochen verbringen können! Und etwas besonderes ist es allemal!"



    Sie lassen ihren Blick nocheinmal über die stille Schönheit der Waldlandschaft gleiten, dann machen sie sich wieder auf den Weg zurück zum Auto.

    Für Patricia sind nun alle Aufträge erledigt. In einer Woche werden Michael und Vanessa sich das Ja-Wort geben und dann in das kleine Holzhäuschen in den Bergen flüchten, um dort ein paar ruhige Tage zu verbringen. Auf Patricia aber wartet bereits der nächte Auftrag...

    Aufgabe 3

    Vanessa und Michael Bader



    Vanessa und Michael Bader wünschen sich eine ganz besondere Hochzeit. Sie soll nicht standardmäßig sein, sondern ausgefallen - ein Tag, an den nicht nur sie, sondern auch alle Gäste sich in einigen Jahren noch ganz besonders gut erinnern würden können.

    So jedenfalls formulierten sie ihre Vorstellungen, als sie sich zum ersten Mal mit Patricia McAllistor unterhielten. Eine besondere Location wünschten sie sich für ihre Trauung. Also hieß es für Patricia, auf die Suche zu gehen nach DEM besonderen Plätzchen Erde, das für die beiden genug Exclusivität und Charme besitzen würde, um dort die Hochzeit zu feiern. Sie lieben die Natur und alles Urtümliche, so hatten sie ihr gesagt. Aber ein bißchen edel sollte es trotzdem werden.

    An einem wunderschönen Sonnentag verabredet sie sich also mit dem jungen Paar, um ihnen zu unterbreiten, was sie sich für die beiden ausgedacht hat.

    Als erstes fährt Patricia mit den beiden Turteltauben an einen einsamen Strandabschnitt. Sofort fällt das große, fast runde Gebäude in rot-weiß gefärbten derben Steinen gemauert, in der flachen Landschaft auf.

    "Das, meine Lieben", eröffnet Patricia den beiden, "ist mein erster Vorschlag für euch."



    "Dies war ein alter Leucht- und Wachturm für die Seefahrt, der bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mehr genutzt wird. Vor einigen Jahren hatte die Stadt die Idee, den Turm komplett zu renovieren. Die obersten Stockwerke konnten zwar nicht erhalten bleiben, aber mit 15 Metern Höhe ragt er immer noch weit über alles andere in der Umgebung heraus. Im obersten Stock befindet sich ein Standesamt, in einem wunderschönen hellen Saal. Ich zeig es euch, kommt mit."

    Gemeinsam gehen sie die Treppen nach oben in den dritten Stock. Begeistert klatschteVanessa in die Hände, als sie den hellen, freundlichen Saal erblickt.



    "Wie ihr seht, würdet ihr mit Blick aufs offene Meer getraut werden", erklärt Patricia und weist auf die Stühle, die vor dem Tisch des Standesbeamten stehen. "Sozusagen als Symbol für alles, was in eurer Ehe auf euch warten mag."

    Vanessa wift Michael einen angetanen Blick zu. "Was meinst du?" Dieser nickte "Nicht schlecht, würde ich sagen. Aber wir können hier nicht essen und müssten in ein auswärtiges Lokal, oder?" Patricia nickt und sagt: "Dann sehen wir uns doch erstmal die zwei anderen Locations an."

    Wenig später steigen die drei an einem bergigen Hang aus und gehen über einen kleinen Trampelpfad tief in den Wald. Vanessa und Michael fragen sich schon, wo um Himmels Willen Patricia noch mit ihnen hinwollte, da reißt der Wald auf und eine kleine Lichtung tut sich auf, die mit Stühlen und einem ungewöhnlichen Hochzeitsbogen geschmückt ist.

    "Wie herrlich!" ruft Michael aus. "Mitten im Wald, das hab ich noch nie gesehen!"



    Zufrieden sieht das Paar sich um - das hier ist wahrlich ungewöhnlich und zudem Natur pur! Die hohen Bäume spenden Schatten, aber zwischen den Blättern reflektiert sich immer wieder das Licht. Es wirkt alles fast ein wenig wie in einer eigenen kleinen Welt.



    "Aber ob hier die Gäste in ihren Festanzügen und Kleidern, die Frauen auf ihren hohen Schuhen gut herunterkommen?" gibt Vanessa nach einer Weile zu bedenken. "Und essen könnten wir hier auch nicht."

    "Wartet ab, bis ihr den dritten Ort gesehen habt", rät Patricia ihnen. "Dann könnt ihr in aller Ruhe entscheiden."
    Nun fährt sie mit dem Brautpaar weiter in die Berge hinein und als sich ein graues, mächtiges Gebäude vor ihnen erhebt, wissen beide schon, worauf die Weddingplanerin hinauswill.

    Begeistert steigen beide aus und gehen den Weg zur alten Burg entlang.



    "Die McEntire-Burg gibt es schon seit vielen hunderten Jahren", erklärt Patricia ihnen. "Sie ist vollständig erhalten geblieben und ist besonders wegen ihres Ausblicks und ihrer langen Geschichte beliebt. Schon lange wird sie für Hochzeiten und andere große Feste genutzt. Kommt, ich zeige euch den Festsaal."




    Der Festsaal ist bereits so eingedeckt, wie er es auch an Vanessa und Michaels Hochzeit wäre. Zwar wirkt er im Verhältnis zu den vorigen beiden Orten etwas dunkel und schwer, aber er hat einen nicht zu leugnenden Charme. Er wirkt rustikal und doch edel und vor allem ungewöhnlich.

    "Die Trauung kann bei schönem Wetter übrigens auf dem großen Dach zwischen den vier Türmen stattfinden", erklärt Patricia weiter und steig mit dem Brautpaar die Stufen bis ganz nach oben.

    Begeistert schauen beide sich um. Auf der Terrasse hat man einen herrlichen Ausblick über die Berge bis hinunter ins Tal. Die Baumwipfel reichen gerade bis zur Balustrade heran.



    Auf der Terrasse steht bereits ein bunt geschmückter Hochzeitsbogen und Blumenschmuck, ebenso Stühle für das Publikum und die Gäste.



    Michael und Vanessa sehen sich fragend an. Sie brauchen nicht lange zu überlegen, welchen Ort sie wählen - die Burg ist einzigartig und zudem praktisch!

    "Reserviere uns den Termin, Patricia!" sagen sie wie aus einem Munde. Lachend nickt Patricia. "Aber klar doch!"

    Liebe Kiara

    nun kriegst Du endlich meinen Kommi. Ich hab schon vorher gelesen, aber bin nicht zum Schreiben gekommen.

    Also, ich finde die Fortsetzung echt toll. Dass Justus die Biege macht, während Anna in den Presswehen liegt, zeigt noch einmal sehr deutlich, wie wenig Anna ihm bedeutet und welche Stellung er hat. Klar, so ein "Job" ist hochwichtig, aber man hat immer Spielraum. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Märchenreich härter zugeht als im echten Leben, wirtschaftlich gesehen. Es ist viel mehr die Frage, welche Prioritäten man sich setzt.

    Das kleine Mädchen der beiden ist echt süß!

    Diese blöde Gräfin Katharina, die würd ich echt ja echt gerne mal zwischen die Finger kriegen! Du wirst ja wohl nicht vorhaben, dem kleinen Baby was anzutun, Kiara? *droh* Das geht doch nicht!

    Ich hoffe sooo sehr, dass da jetzt irgendwann mal was mächtiges passiert, und dieses dunkle Tun der hirnverbrannten Stiefmuttererbinnen eingeschränkt oder verhindert wird... Annabelle aufwacht, sich auflehnt oder sonstwas! :)


    Ansonsten - die Bilder sind mal wieder toll, eine tolle FS an sich. Ich erwarte sehnsüchtig die nächste.

    Der Schnee knirschte unter ihren Schuhen und für einen Moment lehnte sie sich an den feuchten Wagen und sog die eisige Abendluft tief ein. Dann forderten die aufgestauten Tränen ihren Tribut und sie begann hemmungslos zu schluchzen. Es hörte und sah sie niemand. Die Straßen waren menschenleer und von jener Stille erfüllt, die es nur einmal im Jahr gibt – am Heiligen Abend. Normalerweise empfand sie diese Stille als friedlich und besonders. Doch heute führte sie nur dazu, dass Tessa ihre eigenen Schluchzer nur noch deutlicher hörte als sonst
    Nach einer unbestimmten Zeit hörte sie das Knirschen des Schnees und näherkommende Schritte. Sie sah nicht auf, aber wenige Sekunden später fühlte sie, wie sich zwei Arme um sie legten und Jess sie an sich zog und so fest hielt wie er nur konnte.



    Seine Augen waren voller Schmerz und seine Miene zeigte, dass er sich Vorwürfe machte. Doch die Situation war nicht mehr zu ändern, was geschehen war, war nun einmal geschehen.
    Eine Weile standen sie so inmitten der stillen, verschneiten Nacht und Tessa weinte sich all die Trauer und Angst, die ihre Seele in den letzten Wochen so vereinnahmt hatten, in Jess´ Armen aus dem Herzen.
    Als ihre Schluchzer leiser wurden und keine Träne mehr in ihr zu sein schien, sah sie auf und blickte in die traurigen Augen ihres Freundes.
    „Es tut mir leid“, flüsterte Jess langsam.



    Tessa sah ihn lange an und sagte dann schlicht: „Ich weiß.“
    Sie schauderte zusammen, öffnete die Wagentür und bedeutete Jess, sich mit in den Wagen zu setzen. Müde ließ er sich auf den Beifahrersitz fallen und betrachtete Tessas von den Tränen verschmierte Gesicht sorgenvoll.
    „Ich habe befürchtet, dass so etwas irgendwann geschehen wird, Tessa“, sagte er dann langsam. „Ich hätte es dir gerne erspart.“
    „Vielleicht sollte es so sein“, erwiderte diese mit müder und langsamer Stimme und warf Jess einen Seitenblick zu. „Wenn wir ehrlich sind, war es nicht zu vermeiden. Es tut mir leid, Jess – du hast recht, ich bin manchmal zu naiv. Ich müsste mich der Realität mehr stellen. Aber weißt du was? Ich kann es nicht – und nicht nur ich – du doch auch…“
    Jess lehnte sich müde zurück und starrte ins Leere. Er wusste, dass Tessas Worte nicht falsch waren und den Kern trafen, doch sich dies einzugestehen, fiel ihm unendlich schwer.



    „Kann schon sein“, murmelte er darum nach einer Weile des Schweigens. „Doch was ist schon real und was nicht?“ Er sah Tessa lange an. „Doch so lange wir zusammen sind, ist eines auf jeden Fall real, Tessa – die Tatsache, dass ich dich liebe.“
    Tessa sah Jess müde an. „Ich weiß, Jess. Und ich liebe dich auch. Aber es ist einfach so, dass wir IM MOMENT zusammen sind – doch wer weiß schon wie lange, Jess? Wenn du so weitermachst, werde ich sehr bald alleine sein. Und das weißt du auch.“
    Beschämt blickte Jess zur Seite, erwiderte jedoch nichts.
    „Du bist egoistisch, Jess.“ Tessas Worte waren leise von ihren Lippen gedrungen, jedoch laut genug, um von ihm vernommen zu werden.
    Er sah sie an. „Ich weiß. Aber was soll ich denn tun? Urteile nicht über mich, denn du weißt nicht, wie meine Situation wirklich ist. Du warst noch nie abhängig und kannst nicht einmal erahnen, wie furchtbar das ist.“
    „Das weiß ich, Jess. Aber du weißt ebenso gut, was du tun könntest. Ich kann das nicht für dich übernehmen, wenn ich es könnte, ich würde es wohl tun – aber es liegt ganz alleine an dir.“ Müde sah sie ihn an und schüttelte dann den Kopf. „Aber bitte lass uns nicht darüber streiten. Nicht jetzt, nicht heute. Ich habe einfach keine Kraft dazu.“



    Sie sahen einander an und er nickte langsam. „Es ist okay, Tessa. Tut mir leid, mein Schatz. Komm zu mir.“
    Langsam zog er sie in seine Arme und küsste sachte ihr duftendes Haar. „Weißt du, Tessa – ich habe einfach Angst, dich zu enttäuschen, indem ich einen Entzug anfange und ihn nicht schaffe…“
    „Der Versuch alleine wäre es schon wert“, flüsterte sie leise.
    Er löste sich aus der Umarmung und sah sie an. „Es ist beschämend für mich, aber ich kann es nicht. Ich habe zu viel Angst. Die ersten Tage sind die Hölle… ich… ich kann das einfach nicht mehr. Nicht noch einmal…“
    „Erzähl mir davon.“
    „Wovon? Vom Entzug?“
    Tessa nickte. „Ich will es wenigstens verstehen können.“
    Hilflos sah er sie an und sagte dann langsam. „Ich … ich weiß nicht… es ist einfach… es tut furchtbar weh. Dein ganzer Körper ist nur noch purer Schmerz. Jeder Knochen und jede Nervenfaser schmerzt unendlich. Als wehre sich der ganze Körper gegen das, was du ihm da antust. Man kann nicht essen, manchmal nicht einmal trinken. Es ist einem dauerübel und oft muss man sich mehrmals am Tag übergeben. Das ganze System scheint völlig verrückt zu spielen… und dann sind da diese Bilder. Diese seltsamen Bilder, die man sieht. Alpträume, Visionen… Dinge, die man längst vergessen hat…“ Er atmete schwer und sah sie an. „Es ist der pure Horror, Tessa. Ich habe jedes Mal gedacht, ich würde jede Minute sterben. Aber so gnädig ist die Welt nicht zu einem. Nein, es geht nicht zu Ende. Man leidet weiter und weiter und jede einzelne Minute scheint ein ganzes Jahr zu dauern… es ist grausam.“



    Tessa schwieg betroffen. Nach einer Weile sagte sie leise: „Ich habe auch Angst, Jess. Jede Minute und Sekunde des Tages. Angst, dich zu verlieren.“
    „Wieso hat unsere Liebe nur von Anfang keine Chance?“ sagte er leise. Sie schüttelte den Kopf und versuchte gequält zu lächeln.
    „Frag das nicht… es gibt keine Antwort…“
    Jess sah sie liebevoll an. „Ich bewundere dich so, Tessa. Du bist so stark…“
    Doch diese schüttelte den Kopf.



    „Nein, Jess. Das bin ich eben nicht. Ich fühle mich schwach und krank. Manchmal denke ich, wenn diese Angst und Traurigkeit noch einen einzigen Tag länger bleibt, drehe ich durch. Aber ich hab dir versprochen, bei dir zu bleiben und durchzuhalten. Und das werde ich auch. Denn ich liebe dich, Jess. Und ich brauche dich und fühle mich trotz allem so wohl, wenn du bei mir bist… ich kann es nicht erklären und eigentlich scheint es ein Widerspruch zu sein. Aber so empfinde ich. Und darum werde ich bei dir bleiben. Denn deine Liebe gibt mir letztlich immer wieder die Kraft, die ich dafür brauche…“



    Er sah sie lange und liebevoll an, dann zog er sie wortlos in die Arme und küsste sie innig.
    Wenig später öffnete er die Wagentür und sah Tessa noch einmal lange und traurig an. „Frohe Weihnachten, Tessa“, sagte er leise und diese nickte. „Dir auch, Jess…“



    Langsam ging Jess zurück in die Bahnhofshalle und Tessa warf den Motor an.
    Wenn sie Jess verlor, welchen Sinn hatte ihr Leben dann noch auf dieser Welt?
    Im Rückspiegel sah sie das Bahnhofsgebäude kleiner werden. Und von irgendwo erklangen zarte Töne und helle Stimmen sangen „Stille Nacht, heilige Nacht…“




    Fortsetzung folgt.