Ich hatte es nicht gewollt – dennoch musste ich es tun.
Mir selbst nichts beweisen wollend, mein Talent nicht erkennend,
schleppte ich mich aufs Neue den Court entlang, Anikas Bällen
sinnlos hinterher dümpelnd. So schnell sie gekommen war,
war sie in diesem Moment erneut verflogen. Energielos stand ich da,
hechtete, wünschte, ein Ende wäre in Sicht.
>> Game Anika! <<
Betäubt von Müdigkeit und Durst drangen erneut die Stimmen
des Publikums in mein Ohr.
„ Sie wird es nicht schaffen. Talent – das ich nicht lache. Die Kleine hat bisher
nur einen Return erzielt. Eine Folter ist das – nichts weiter. Ein amüsanter
Zeitvertreib.“
Der Stimme folgend besah ich Sorina, eine üppig gebaute,
schwarz gelockte Teenagerin von mittlerer Größe. Ihr Blick
verriet etwas genugtuendes, gönnendes. Ihre Abneigung
in keinster Weise verbergend.
Mit lautem Knall bemerkte ich schmerzvoll, meine Aufmerksamkeit
nicht den Wichtigen gewendet zu haben. Hart und schmerzvoll prallte
Anikas Return in mein Gesicht, lies mich taumeln.
>> 15 – low <<
Gepeinigt und mit stechenden Gliedern richtete ich mich auf,
besah die entsetzten Züge in den Gesichtern derer, die
tatenlos zusahen. Mit kurzer Geste meine Wange befühlend,
sah ich herüber zu Jerome, dessen Blick sorgenvoller nicht hätte sein
können.
>> 30 - low <<
„Ich hab’s ja gesagt… in 15 Minuten wird die Show hier vorüber sein
und unser super – Talent am Boden. Mich wundert ohnehin, dass sie das
erste Game überstanden hat. „
Es reichte. Zuvor hatte ich den Wunsch gehegt, diese Worte zu überhören,
dieses Match schnell hinter mich zu bringen. Doch nun wahr es mein Ehrgeiz, der
den Motor meines Körpers anheizte.
Langsam zog ich einen erneuten Ball hervor, bereit zum
wendenden Serve, Einen Moment lang stockte ich, hielt ihn einfach in den
Händen, hielt ihn so fest ich konnte. All meine Wut in ihn hinein projizierend.
Meinen Schläger vom Boden aufraffend, warf ich ihn ohne jede Vorgeste
in die Höhe, traf ihn präzise an seinem höchsten Flugpunkt, schleuderte ihn mit
ganzer Kraft in die gegnerische Hälfte. Unerreichbar für Anika.
>> 30 – 15 <<
Mein Körper bebte, Adrenalin schoss durch jede Ader meines Körpers,
heizte ihn an, Alles zu geben. Ich genoss diesen Gefühl mehr und mehr.
Unbemerkt blieb die Stimme meines Verstandes. Ehrgeiz und Adrenalin
wurden mehr und mehr die Drogen meines Ichs, ohne die ich nicht mehr
konnte, was ich jedoch zu spät bemerkte.
>> Duce! <<
Ein erfreutes Lachen kam über die Lippen meiner
Herausforderin, irritierte mich zutiefst. Mein Ehrgeiz, ins
unermessliche angestiegen, gewann die Kontrolle über mein Handeln, lies
mich punkten. Adrenalin, meinen müden Körper überspielend, zu ungeahntem
aufrappelnd.
>> Game Lilly! <<
>> 15 – low <<
>> 30 – low <<
>> 30 – 15 <<
Ungeahnte Schläge vorführend, jeden noch so entfernten Ball
erreichend, bestritt ich meinen Weg. Mir nicht länger die Blöße einer
Kleinen Amateurin geben wollend, genoss ich das aufsteigende Gefühl der
Anerkennung.
Anerkennung, die wie ich damals dachte alleinig auf
meiner Leistung zu beruhen schien. Dennoch, das Ausmaß
dieses Sieges erahnte ich damals nicht im Geringsten.
Ich hatte eine Passion gefunden, der ich nunmehr mit Leidenschaft und
Ehrgeiz frönte. Etwas, das meine Leistungsgrenze neu belegte, etwas
dass mich voll und ganz befriedigte.
Hätte ich erahnen sollen, welches Schicksal der Geschmack des Erfolges mit sich führt?