13. Oktober 2001, 14:45 Uhr
„Ihre Tochter muss in ihrer Kindheit etwas erlebt haben, was sie nachts nicht schlafen lässt!“, erklärte ein Arzt in einer Nervenheilanstalt. „Ihre Tochter leidet an Nyktophobie“
„Was heißt das?“, wollte die sorgende Mutter wissen. „Angst vor der Dunkelheit“, antwortete der Arzt. „Hat Erin vielleicht in ihrer Kindheit etwas erlebt, was sie wohlmöglich nicht verarbeiten konnte? Etwas, was vielleicht in der Nacht passierte, wo ist dunkel war?“
„Na ja, ihr Vater ist gestorben… soweit ich weiß… Ich bin ja ihre Adoptivmutter…“
„Bitte versuchen sie etwas heraus zufinden!“, bat der Arzt.
Andrea nickte. Der Arzt ging in ein anderes Zimmer und die Mutter begab sich in das Zimmer ihrer Tochter. Erin lag im Bett und sah aus dem Fenster.
„Wie geht’s dir; Erin?“, fragte Andrea.
Erin begann zu weinen. „Was ist los, Schätzchen?“
„Ist das normal, das man mit 17 solche Angst vor der Nacht hat?“, fragte Erin.
Andrea ging zu Erin ans Bett und setzte sich auf einen Stuhl daneben. „Du brauchst dich dafür nicht schämen… Es wird alles wieder gut!“
13. Oktober 2001, 14:45 Uhr
„Sind Sie sich auch sicher, dass sie Erin adoptieren wollen?“, fragte die Dame.
„Natürlich!“, antwortete Andrea. Sie streichelte die Hand ihres Mannes.
„Erin hat seit sie hier ist kein einziges Wort gesprochen…“, erinnerte die Dame, als ob sie die beiden davon abbringen wollte, Erin mit zunehmen. „Das ist mir egal… das Mädchen braucht eine Familie!“, sagte Andrea entschlossen.
Die ältere Dame holte ein paar Unterlagen hervor, sie zog einen Kugelschreiber und füllte den Bogen aus. „Sie müssen dann nur noch hier unterschreiben!“, sagte sie und reichte Andrea den Bogen…
13. Oktober 2001, 14:46 Uhr:
Andrea kam mit einem Glas Wasser zurück in das Zimmer. Sie setzte sich wieder an das Bett und sah ihre Adoptivtochter an. „Weißt du denn wirklich nicht, was vor 11 Jahren passiert ist?“, fragte sie. Erin lief eine Träne aus dem Auge. Sie schwieg.
„War es schlimm?“
Schweigen. Andrea nahm einen Schluck Wasser und wandte sich dem Fenster zu.
Draußen sah sie eine grüne Rasenfläche auf der gerade ein Hund rumtollte. Eine Frau lief ihm spielend hinterher. Andrea lächelte.
„Ich habe diese Bilder vor meinen Augen“, Erins Stimme durchbrach die Stille.
Andrea drehte sich um. „Was?“, fragte sie.
„Ich weiß, was damals passiert ist….“, sagte Erin. Ihr Blick starr aus dem Fenster gerichtet. „Es war Abend… Fast Nacht…“, Andrea setzte sich auf den Stuhl und lauschte Erins Worten.
13. März 1990, 21:45 Uhr:
Mit einem Lachen und im Schlafanzug tollte Erin zu ihrem Vater. „Papa!“, rief sie fröhlich. „Erin? Du sollst doch sch on im Bett liegen!“, sagte er gutmütig, doch das kleine Mädchen lächelte ihren Vater nur lieb an. Sie sprang auf das Sofa und machte sich breit. Ihr Vater saß auf dem Sessel. „Papa?“, fragte die Kleine.
„Ja?“
„Glaubst du, Mami schaut jetzt auf mich hinab?“, fragte Erin und sah auf ein Foto.
„ Bestimmt… und sie würde dir sicherlich so gerne sagen, wie sehr sie dich liebt!“, sagte ihr Vater, doch konnte seiner Tochter nicht lange in die Augen sehen.
Die Türklingel ertönte. „Ich bin gleich wieder da!“, sagte der Vater. Er stand auf und im fast selben Moment ging das Licht und der Fernseher aus. „Papa?“, die kleine Erin suchte mit der Hand ihren Vater, doch wollte nicht vom Sofa aufstehen. Er antwortete nicht.
Sie setzte sich zurück aufs Sofa und machte sich so klein sie konnte. Dann hörte sie einen gedämpften Aufprall und kurz darauf ging das Licht wieder an.
„Papa?“, Erin setzte sich auf. Sie schrie.
Ihr Vater… Auf dem Boden… Ein Messer im Hals… Blut… auf dem Boden… Ermordet in der Dunkelheit…
13. Oktober 2001, 14:48 Uhr:
Andrea ließ das Wasserglas fallen. „Ist das wahr?“, fragte sie. Erin nickte. „Ich sehe diese Bilder vor meinen Augen… Wie mein Vater… da auf dem Boden lag…“, schluchzte sie und Tränen liefen auf das Kissen unter ihrem Kopf herab.
Andrea stand auf und verließ das Krankenzimmer.
Sie ging auf den Arzt zu. Er kam gerade dem Korridor, wo die Mütter mit den Neugeborenen untergebracht waren. „Schwester Amy! Sehen sie bitte nach Dodga Morgan, Raum 134! Schwere Depressionen seit der Geburt!“, sagte er zu einer Schwester, welche sofort in das besagte Zimmer ging. „Dr. Libbert? Ich habe heraus gefunden… was mit meiner Tochter passiert ist…“, sagte Andrea. Ihre Augen wurden feucht.
„Sie hat etwas Schreckliches erlebt!“
Der Arzt sah sie ernst an. „Um Was handelt es sich?“, fragte er. Andrea erzählte dem Arzt, genau das, was Erin ihr eben gesagt hatte.
Danach gingen die beiden zurück in das Zimmer. Doch das Bett war leer. „Wo ist Erin?“
~Fortsetzung folgt...~