Gleich bei einer unserer ersten Unterhaltungen meinte sie, dass sie den Wald lieben würde. Vorallem im Herbst. Die gelben und orangen Bläter, die allein durch die Intensität der Farbe eine unglaubliche Kraft ausstrahlen, obwohl sie dabei sind, zu verwelken. Die Roten , die uns immer an Blut erinnerten. Warum das so war, war uns schon lange bewusst, bevor wir uns trafen. Wir haben der Natur schon immer eine große Bedeutung, einen Teil unserer Leben, gelassen. Und möglicherweise ist das vergleichbar mit dem Verhältnis von einem Körper und das Blut, das in ihm fließt. Wenn man versucht, diese Zwei zu trennen, wird keiner überleben.
Sie führte mich durch den Wald. Ihren Wald, der in ihrer persönlichen Welt so viel Platz einnahm.
Manchmal fragte ich mich, ob ich wohl ebenfalls so viel Platz einnehmen könnte, ohne sie damit zu ersticken. Nein, das war unmöglich. Sie war frei. Sie sollte es bleiben. Für immer.
Wenn sie einmal sterben wird, was ich mir bei einer so lebensfrohen Person wie ihr kaum vorstellen kann, es auch nicht mag, dann würde sie es vorziehen, inmitten der rötlichen Pracht der Blätter in den Tod zu gehen.
Außerdem könnte sie es nicht ertragen, wenn ihr wunderschöner Körper vorher altert. Da bin ich mir sicher.
Sie würde in Schönheit sterben wollen.
So, dass die roten, orangen und gelben Blätter den Schimmer ihres Haars besonders zur Geltung bringen.
Meine Esme und ihr wunderschöner Wald. Bis dass der Tod sie scheidet. Auch wenn ich nicht glaube, dass etwas so banales wie der Tod diese Bindung aufheben kann.
Genau so ein großer Teil ihres Lebens war ich. Beinah.
Sie opferte eine gigantische Zeit ihres Lebens für mich. Um mich zu trösten. Mir beizustehen.
Zu dieser Zeit ging es mir nicht gut. Ich hatte den Verlust eines guten Freundes zu verkraften. Das hatten wir beide.
Esmeralda, das schöne, aufgeweckte Mädchen mit Augen, die strahlten wie Smaragde. Milan, der hübsche Blonde, der ruhmreich in den ewigen Frieden ging, ohne sich richtig von der Welt zu verabschieden. Und Vico, der eher stille, eher zurückhaltende Junge, der berühmt dafür war, seine Kämpfe mit sich selbst auszutragen.
"Wir waren die beinah perfekten Freunde", sagte Esme mir, während sie mich umarmte. "Sei nicht traurig. Unsere Freundschaft besteht immernoch. Auch wenn wir nicht mehr das perfekte Trio sind."
Perfekt. Das waren wir. Gänzlich verschieden, alle drei. Und doch ergänzten wir uns nahezu perfekt, seit wir klein waren, von Kindestagen an.
Wir ließen uns auf einer Bank an einem kleinen See nieder. Ich legte ihr den Arm um die Schultern, um sie zu wärmen und um selbst ihre Wärme zu spüren, den wunderbaren Duft ihrer Haare einzuatmen.
Minutenlang blieben wir so sitzen, dachten über den verlorenen Freund nach und darüber, wie wir das alles überstehen konnten. Ich wusste, was sie dachte, das war offensichtlich - für mich.
Ebenso eindeutig war die Antwort auf unsere Fragen.Wie sollten wir weiter machen? Egal was noch kam, zusammen wäre es machbar.
Die letzten wärmenden Sonnenstrahlen schenkten mir Hoffnung.
Unsere Beziehung würde es überstehen.
Auch, wenn es nicht einmal eine richtige Beziehung war, wie es die meisten verstanden. Unsere Zuneigung war eher Freundschaftlich, auch wenn diese Aussage nicht bedeutend genug klingt. Wir waren eher wie Bruder und schwester. Schon immer gewesen. Doch auch das, konnte unsere Liebe nicht beschreiben. Wir waren kein kitschiges Paar. Nein. Wir waren mehr.
Wir brauchten uns. Ich brauchte sie. Und sie, ein freier Mensch, vielleicht eher ein Reh, das man nicht halten konnte, brauchte sie mich?
"Vico? Wir sind ausgelaugt. Zwei ausgetrocknete Brunnen, Ruinen, die den Wiederaufbau zwar mit Sicherheit wert wären, jedoch selbst nicht über die Mittel verfügen, um sich gegenseitig aufzubauen. Nicht wahr?", fragte sie mich, während sie mir mit ihren zärtlichen Händen liebevoll über den Rücken strich. "Ich weiß es nicht." "Sag, Vico, glaubst du, du schaffst es allein?"
"Nein", ich schüttelte den Kopf, "ebenso wenig wie du. Egal, wie stark und lebendig du dich gibst." Das war die Wahrheit. Ich würde meine Esme verlieren. Den unheimlich wertvollen Smaragd, meinen Schatz.
Mir wurde bewusst, während sie mich mit gequältem Blick musterte, dass ich, berühmt dafür, allein zu kämpfen, diesmal unfreiwillig dazu verdammt war. Ich würde allein kämpfen, so wie es sicher war, dass die schöne esmeralda ihr Ende zwischen den blutroten Herbstblättern finden würde. Ein glanzvoller Smaragd.
Wir machten unseren Namen alle Ehre. Wir, das beinah perfekte Trio.
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*hechel*
naja..ich werd immer so schrecklich melancholisch, wenn ich halbwegs eine idee zu einer geschichte habe. schrecklich. naja. ich neige zu solchen sachen. ich hoffe mal, das ist trotzdem ganz passabel geworden.