Hallo ihr Lieben,
die Kommi-Beantwortung gibt´s nächstes Jahr ;), ich muss nämlich gleich weg.
Vorher wollte ich aber nicht versäumen, zum Abschluss des Jahres noch das 14. Kapitel zu posten. Viel Spass damit!
Die Tage, die dann folgten und in der wir auf Antwort von Leodric warteten, waren eine Qual.
Tagsüber beobachtete ich, wie Artair mehr und mehr Zeit mit Ariadna verbrachte.
Und jede Nacht sah ich ihn blutüberströmt und tot zu meinen Füßen liegen.
Ich war gereizt und unleidlich und konnte mich selber nicht ausstehen.
Immerhin hatte Torgar Wort gehalten; die Übergriffe der Cul´Dawr hörten auf und sie schienen sich zurück zu ziehen, so dass die restlichen Kämpfer nach Caer Mornas zurückkehren konnten und eine unsichere Ruhe einkehrte.
Mártainn und Shainara hatten sich in Mártainns Turmzimmer zurückgezogen und versuchten einen Weg zu finden, die Seelen der Kinder der Cul´Dawr zu befreien.
Wenn sie ihre Versuche unterbrachen, schlossen sie sich mit Artair, Rhiannon, Bran, Gwern und Dian Stunde um Stunde in Artairs Beratungskammer ein, und wenn sie wieder heraus kamen, waren ihre Gesichter ernst.
Von Brayan war nur wenig zu sehen, er machte sich rar und tauchte selbst zu den Mahlzeiten nicht auf.
Als ich an diesem Morgen die Hohe Halle betrat, sah ich Ariadna mit ihrer Amme am Feuer sitzen und ihrer bevorzugten Tätigkeit nachgehen: sie stickte.
Rasch drehte ich mich auf dem Absatz um und wollte die Flucht ergreifen, aber es war zu spät; sie hatte mich schon entdeckt.
„Neiyra", rief sie freudestrahlend und winkte mir zu.
Götter, warum war sie immer so nett?
Widerwillig trat ich zum Kamin.
„Base, wollt Ihr uns nicht Gesellschaft leisten?", fragte Ariadna, und ich lachte laut auf.
Ich zog mein Schwert, richtete die Spitze auf den großen Stickrahmen, der vor ihr stand und erwiderte: „Wo soll ich Hand anlegen?"
Erschrocken sah sie mich an, und ich steckte das Schwert wieder weg.
„Mögt Ihr denn keine Handarbeit?", wollte sie wissen.
„Nein, ganz bestimmt nicht", gab ich entschieden zurück.
Unsicher sah Ariadna zu mir auf, aber dann schien sie sich ein Herz zu fassen.
„Ihr tragt immer Hosen und ein Schwert", sagte sie leise, „und Ihr messt Euch mit den Männern auf dem Übungsplatz. Findet Ihr das nicht... unangemessen?"
Ich sah sie verständnislos an. „Warum sollte ich das unangemessen finden?"
Ariadnas Stimme zitterte leicht.
„Weil Ihr doch eine Frau seid, und königlicher Abstammung, und das Eurer naturgegebenen Bestimmung widerspricht."
Ich lachte. „Wer hat Euch meine Bestimmung verraten?"
In ihren Augen glitzerte es verdächtig, und ich stöhnte innerlich auf. Schon wieder Tränen. Ein sprudelnder Quell war nichts gegen diese Kleine.
„Warum seid Ihr so zu mir?" fragte Ariadna und senkte den Blick.
„Warum mögt Ihr mich nicht?"
Betroffen starrte ich sie an, aber ich wurde einer Antwort enthoben, denn Artair kam mit schnellen Schritten auf uns zu.
Er strahlte uns gut gelaunt an, und in der Hand hielt er eine Blume.
Ich konnte es nicht fassen. Artair trug eine Blume spazieren.
Vorsichtig legte er sie in Ariadnas Schoss.
Sie ergriff sie und roch an ihr.
„Danke", sagte sie leise, aber sie sah nicht auf.
Artair kniete sich vor sie und hob ihr Kinn an.
„Was habt Ihr?", fragte er erschrocken, als er die Tränen in ihren Augen sah.
Ariadna schüttelte den Kopf und schwieg.
„Es war meine Schuld", sagte ich.
„Wir hatten eine kleine Auseinandersetzung."
Überrascht sah Artair zu mir auf, und der ungläubige Blick, den er mir zuwarf, und der Anflug von Enttäuschung darin taten mir weh.
„Warum? Was war der Grund?", wollte er wissen.
„Ariadna bat mich, ihr beim Sticken Gesellschaft zu leisten, und ich..."
Weiter kam ich nicht, denn Artair brach in lautes Lachen aus.
„Hör auf, zu lachen!", sagte ich beleidigt.
„Ich könnte sehr wohl sticken, wenn ich wollte."
„Ja, natürlich", gab Artair mit bemüht ernster Stimme zurück, die aber immer noch vibrierte vor unterdrücktem Lachen.
„Davon bin ich überzeugt. Aber Du willst natürlich nicht."
Er wandte sich wieder Ariadna zu und strich ihr sanft über die Hand.
„Das muss Euch sehr befremdlich vorkommen, nicht wahr? An Brans Hof gibt es keine kämpfenden Frauen. Aber in den Königreichen ist das nicht unüblich, und Neiyra ist die Beste unter ihnen."
Er wurde sehr ernst.
„Tatsächlich hat sie mir mehr als einmal in der Schlacht das Leben gerettet."
Ariadna sah zu mir auf und bemühte sich, zu lächeln.
„Dann schulde ich Euch großen Dank", sagte sie, und ich schloss die Augen.
Ein plötzlicher Anflug von Verzweiflung krampfte meinen Magen zusammen und hinterließ ein flaues Gefühl der Hoffnungslosigkeit. So weit war es schon?
Ich riss die Augen wieder auf, als Ariadna einen kleinen Schrei ausstieß. Was war denn jetzt schon wieder? Eine Spinne? Oder gar noch eine Frau in Hosen?
Sie starrte auf Artairs Wams, das sich merkwürdigerweise bewegte.
Artair lächelte und öffnete die oberen Knöpfe, und ein winziges, weißes Kätzchen streckte seinen Kopf hervor und maunzte kläglich.
„Oh! Wie entzückend!", rief Ariadna und klatschte in die Hände. Ihre Augen strahlten.
Artair zog das Kätzchen vorsichtig heraus und setzte es auf ihrem Schoß ab.
„Sie ist für Euch", sagte er, immer noch lächelnd.
„Sie kann Euch Gesellschaft leisten. Ihr seid zu viel allein, nur in Begleitung Eurer Amme. Eure Damen sind nicht hier, und an meinem Hof gibt es nur wenige Frauen. Und unter ihnen ist keine, die als Begleitung für Euch in Frage käme. Es gibt hier keine Königin, die einen solchen Hofstaat bräuchte."
Er sah sie versonnen an.
„Noch nicht", fügte er hinzu.
Ariadnas Gesicht überzog eine zarte Röte, aber sie wandte den Blick nicht von Artairs Augen ab.
Und ihr Lächeln war bezaubernd.
Abrupt wandte ich mich ab. Ich wollte nur noch fort, ins Freie.
Auf den Stufen vor der Halle blieb ich stehen und sog tief die frische, kühle Luft ein.
Es war Markttag, und auf dem Hof herrschte geschäftiges Treiben.
Tiefe Traurigkeit erfüllte mich.
Er würde sie heiraten. Artair war einer jener Männer, die ihr Herz nur einmal verschenkten, und er würde nicht anders als ehrenvoll handeln.
Er würde sie zur Frau nehmen.
Langsam stieg ich die Stufen hinab und überquerte den Hof.
Doch plötzlich blieb ich beunruhigt stehen und runzelte die Stirn. Ich wandte mich um und ließ meine Augen aufmerksam über die Menge gleiten.
Was war es, was ich angesehen hatte, ohne es eigentlich zu sehen, und das meinen inneren Sinn für Gefahr geweckt hatte?
Diese Stimme, die mich warnte und mich schon so oft gerettet hatte?
Und dann sah ich es, und eisige Kälte durchströmte mich.
Connell, einer der Schneider, stand beim Tuchhändler und prüfte einen Ballen Stoff.
Das Tuch war von einem tiefen, seltenen Blau.
Rasch trat ich an den Stand heran und strich mit der Hand über das Gewebe.
Nein, es gab keinen Zweifel.
„Wofür willst Du das verwenden?", fragte ich Connell heftig, und er sah mich überrascht an.
„Dian hat einen neuen Waffenrock für den König in Auftrag gegeben", antwortete er.
„Nein!", sagte ich, nahm ihm den Stoff aus der Hand und wandte mich an den Händler.
„Wie viele Ballen hast Du von diesem Stoff?"
„Zwei, Herrin."
„Nicht mehr?"
„Nein, gewiss nicht, Herrin. Diese Farbe ist sehr selten."
„Ich will sie haben", sagte ich entschieden.
„Connell, sorg dafür, dass beide Ballen in meine Räume gebracht werden."
Ich sah ihn eindringlich an.
„Und wenn ich beide sage, meine ich beide, hast Du mich verstanden? Sollte ich erfahren, dass Du auch nur eine Elle abgezweigt hast, wirst Du es bereuen."
Connell sah mich eingeschüchtert an.
„Nein, Herrin. Ich meine, ja, Herrin", stammelte er.
Müde strich ich mir über die Stirn.
„Verzeih, Connell", sagte ich sanfter zu ihm.
„Ich wollte Dich nicht so anfahren. Ich bin... einfach müde. Müde und gereizt."
Connell machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand.
„Ihr müsst Euch nicht entschuldigen, Herrin. Ich kann mir denken, dass ihr einen wichtigen Grund habt. Und manchmal verstehen wir anderen vielleicht nicht, warum etwas so wichtig ist, weil wir nicht wissen können, was Ihr wisst. An Eurer Stelle wäre ich vermutlich viel öfter gereizt und verärgert."
Ich lächelte ihn dankbar an, nickte dem Tuchhändler zu und entfernte mich. Meine Knie zitterten.
Als ich am Abend in mein Zimmer kam, fand ich dort zwei Ballen Stoff vor. Von einem tiefen, seltenen Blau.
Langsam wickelte ich das Tuch ab, zog meinen Dolch und zerteilte es in Stücke.
Ich konnte etwas für Artair tun, das Ariadna nicht konnte.
Ich konnte sein Leben schützen.
Entschlossen warf ich den Stoff ins Feuer und sah zu, wie er verbrannte.
In dieser Nacht wandelte sich der Traum.
Meduria erschien, aber dann hob sie überrascht den Kopf, sah sich um und verschwand wieder.
Und ich konnte noch etwas anderes spüren.
Eine Präsenz. Zum ersten Mal war noch jemand da, in diesem Traum, aber ich konnte ihn nicht sehen.
Doch merkwürdigerweise beunruhigte mich das nicht.
Langsam verblasste der Traum und entließ mich zum ersten Mal seit Tagen in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Aber kurz bevor alle Bilder verschwanden, streifte etwas mein Bewusstsein.
Ein schwacher, kaum wahrnehmbarer Duft nach Blumen.
Personenverzeichnis ~ Stammbaum
Ich wünsche Euch allen einen guten Rutsch und ein wunderbares neues Jahr!