Kapitel 227
"Dann erklär es mir, Becky. Ich sehe doch, dass es Dir nicht gut geht. Schon lange
merke ich, dass Du nicht mehr dieselbe bist." Rebecca sah ihre Freundin kurz, aber
scharf an. "Ja Du hast recht. Ich bin nicht mehr dieselbe. Und wem habe ich das zu
verdanken?" Barbara hoffte, dass nicht sie damit gemeint war während Rebecca
fort fuhr. "Ich weis jetzt, dass ich damals ein Biest war. Was ich den Lawsons angetan
habe, war nicht richtig gewesen, doch habe ich nicht gelernt, Barbara?" Barbara nickte
und versuchte ein Lächeln zustande zu bringen. "Warum nur, bin ich in diese Situation
gekommen? Man hat mich eingesperrt wie ein Tier." "Du hast einen Menschen
umgebracht, Becky." "Er war ein Monster! Und habe ich mich nicht gestellt? Habe ich
nicht gebüßt?" "Doch hast Du. Und das ist doch vorbei. Luksa ist tot und-" "Sprich
diesen Namen nicht aus! Sprich niemals wieder diesen Namen aus!"

Barbara war geschockt darüber, dass Lukas immer noch so eine Reaktion bei ihr
auslöste. Sie sah, wie Rebecca nun die Tränen über das Gesicht strömten. "Sie haben
mich herum gestoßen, trotzdem ich schwanger war. Eine Mörderin wollten sie nicht
unter sich haben. Wie Abschaum haben sie mich behandelt." Barbara war sich sicher,
dass sie von den anderen Gefängnisinsassen sprach, die damals mit ihr inhaftiert
gewesen waren. "Du hast mir nie erzählt, dass es so schlimm gewesen war. Warum
Becky? Ich hätte Dir doch geholfen?" "Du hättest nichts tun können. Überall lauerten
sie auf mich um mich bei jeder noch so kleinen Gelegenheit zu erwischen." Sie sah
sich um, als ob jederzeit einer der Frauen auf dem Balkon erscheinen könnte.

Und dann brach sie schluchzend in Tränen aus sodass Barbara befürchtete, dass
Rebecca gleich umkippen könnte. Sie nahm sie vorsichtig am Arm und führte sie zu
einer Bank, auf die Rebecca sich setzte. Die Tränen liefen weiterhin und Rebecca
hielt sich eine Hand vor die Augen und verdeckte diese. "Ich hätte ihn nicht behalten
können." Barbara wusste, dass sie nun von Pierre sprach und wartete ab, was sie nun
sagen würde. "Wie hätte ich diesem Kind ein Leben und Liebe geben können, wo ich
doch seinen Vater umgebracht hatte? Wo ich doch selber nicht fähig gewesen wäre
überhaupt nur ansatzweise eine gute Mutter zu sein." Doch, dass wärst Du, wollte
Barbara gerade sagen, doch Rebecca war schneller und redete einfach weiter.

"Und dann? Wie hätte ich ahnen können, dass Du ausgerechnet ihn adoptieren
würdest?" Barbara spürte den Schmerz regelrecht, den ihre Freundin fühlte. "Das
konnte niemand wissen, Becky. Es war Schicksal." "Schicksal?" Rebecca sah Barbara
verbittert an. "Schicksal? Ich glaube nicht an das Schicksal. Jeder ist seines eigenen
Glückes Schmied." Ihr Blick senkte sich wieder und unendliches Leid spiegelte sich in
ihrem Gesicht wieder. "Ich habe mein Glück zerstört." "Becky......" Mehr konnte Barbara
in diesem Moment nicht sagen. Ihre Stimme versagte ihr jeden Dienst.

"Ich hätte ihn vergessen können, ja ich hatte ihn schon vergessen. Zumindest dachte
ich das. Aber ich war es doch, die Dir diese Idee mit der Adoption aufgeschwatzt hatte."
Sie drückte ihren rechten Handballen gegen ihre Stirn, so als ob sie Kopfschmerzen
hätte, die sie hiermit bekämpfen wollte. "Du hast Deiner Freundin geholfen, Becky.
Daran ist nichts verkehrt und ich werde Dir dafür immer dankbar sein" erwiederte
Barbara. "Oh ja, natürlich. Welch Heldentat." "In meinen Augen schon." Die Hand,
welche Rebecca sich an die Stirn gedrückt hielt, sank langsam. Ihr Blick dagegen
hob sich zu Barbara hin. Einige Sekunden lang, sah Rebecca ihr einfach nur
regungslos in die Augen.

Langsam setzte Barbara sich in Bewegung und nahm neben Rebecca platz. "Es
ist alles gut" sagte sie leise und legte ihren Arm vorsichtig um die völlig verstörte
Rebecca. Niemals in ihrem Leben hatte Barbara ihre Freundin so schwach und
zerbrechlich erlebt. Immer schon war sie die taffe und starke Rebecca gewesen.
Doch scheinbar schiem sie sich nun zu beruhigen, denn sie lächelte leicht und legte
ihre Hand sacht auf Barbaras Bein.

"Du bist der stärkste Mensch den ich kenne Rebecca. Was geschehen ist, ist
geschehen. Wir können es nicht rückgängig machen. Aber wir können versuchen,
dass Beste daraus zu machen. Und ich werde immer für Dich da sein, so wie Du
für mich immer da warst." "Ich weis nicht, wie ich damit umgehen soll. Du hast..."
Es fiel Rebecca sichtlich schwer die folgenden Worte auszusprechen. "... mein
Kind adoptiert. Und ich weis nicht, welche Gefühle ich alledem nun entgegen
bringen soll und kann." Barbara verstand Rebeccas Situation. Sie stand auf und
zog Rebecca mit sich nach oben und umarmte sie dann. "Alles wird gut. Du wolltest
für ihn ein gutes Zuhause. Daher hast Du ihn damals frei gegeben. Und ich versichere
Dir, dass er das wirklich hat. Und jetzt, da ich verstehen kann, dass Du nicht mehr
zu mir kommen wolltest und dieser Druck nicht mehr da sein dürfte. Da kannst Du
Dir alle zeit der Welt geben, die Du brauchst um das alles zu verarbeiten."

Barbara wusste nicht, wie weit ihre Wort an Rebecca heran gekommen waren, doch
sie war zuversichtlich, dass sie es schaffen würde das alles zu verstehen. Eine ganze
Weile lang hatten sie noch zusammen gesessen und sich unterhalten. Eins, zwei mal
hatte Rebecca sogar etwas über Pierre wissen wollen, was Barbara als gutes Zeichen
sah. Als dann die Zeit gekommen war sich zu verabschieden und Barbara Tom gerade
umarmte, flüsterte sie ihm noch ins Ohr, er möge sich die Tage besonders gut um sie
kümmern und er solle viel mit ihr reden. Er versprach es, auch wenn er noch nicht alles
mitbekommen hatte, was die beiden Frauen miteinander beredet hatten. Erleichtert
trat Barbara ihren Heimflug an.

Fortsetzung folgt.......