Kapitel 1.3

Dampfwalze trifft es dann doch eher. Sie gibt mir wenigstens ein paar Klamotten, in denen ich mich dann nicht ganz so fremd fühle.
Der Club an sich ist sehr unspektakulär, beinahe winzig... und zum Bersten voll. Männer und Frauen wiegen sich im Laserlicht zu pumpender Musik, die von einem sanften, aber kraftvollen Bariton getragen wird...

"Das ist Kira Okasaka." glaube ich irgendwann Janets Stimme zu hören, bevor sie sich unter die Tanzenden mischt und mich an der Bar mit einem Bier und der Musik alleine lässt. Sie sagt mir vorher noch, das sie hier ihre Kontakte abklappern wird, während ich mich ein wenig amüsieren soll. Ich erspare mir jeden Kommentar und weise Flirtversuche und Aufforderungen zum Tanz nervös zurück...

Aber der Auftritt ist überwältigend. Kiras Stimme geht mir durch und durch, lässt mich erschaudern. Ich versuche immer wieder mich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf die seltsam gekleideten und geschminkten Gestalten auf der kleinen Bühne, die meiner Einschätzung nach zu viele Horrorfilme gesehen haben müssen um eine solche Vorliebe für Schwarz zu entwickeln... Und trotzdem...

Irgendwann in den Morgenstunden, als der Club fast leer ist und die Band seit Stunden den Konserven Platz gemacht hat kommt Janet wieder und meint zu mir, das einer ihrer Kontakte ihr erzählt hat das ausgerechnet Kira derjenige gewesen ist, der als letztes mit Michael gesprochen haben muss.
Sie erzählt es mir während sie mich mit sich hinaus in die Morgenluft zieht, die mich nach den Stunden in dem stickigen Räumlichkeiten wie ein Faustschlag trifft und meine Gedanken gewaltsam wieder klärt.
"Wo willst du hin?" "Zum Hintereingang. Er hat in etwa zwei Stunden Schichtbeginn, und er hat den Club bisher noch nicht verlassen. Wir sollten ihn dort also in absehbarer Zeit antreffen." informiert sie mich und seufzend lass ich mich weiter ziehen.
"Janet Cohen." Die Stimme ist noch rauh nach dem Auftritt, und zuerst erkenne ich ihn nicht... so völlig ohne Makeup und in Klamotten, die ich mit viel Mühe sogar als normal bezeichnen kann.
"Kira Okasaka." erwidert Janet fröhlich den Gruß. Als hätte er auf uns gewartet lehnt er an die Tür, die Augen gereizt funkelnd, bevor er ein paar Schritte auf uns zu kommt. Stumm halte ich mich im Hintergrund... das hier ist primär Janets Sache, nicht meine.
"Was immer die Polizei von mir möchte, Miss Cohen... wenn Sie mich für etwas belangen wollen, wenden Sie sich lieber an meinen Anwalt, bevor Sie mir hier mit ihrem Schoßhund auflauern."
Das geht wohl in meine Richtung, aber noch sehe ich mich nicht zu mehr genötigt als die Stirn zu runzeln. Janet dagegen nimmt es ein wenig persönlicher.

"Schoßhund? Anwalt? Mister Okasaka... ich hätte nur... "
"Was immer Sie haben interessiert mich nicht! Entschuldigen Sie mich jetzt bitte, ich muss zur Arbeit... "
Mit diesen Worten drängt er sich an ihr vorbei, zornig wie er ist nicht darauf achtend das er sie unsanft anrempelt, obwohl die Seitengasse in der wir stehen breit genug ist...

Und in diesem Moment platzt mir der Kragen!
Was bildet sich dieser arrogante Kerl ein?
Mein Geduldsfaden ist unter seinem Blick, seiner ignoranten Weigerung Janet wenigstens anzuhören und der unmotivierten Tatsache als Schoßhund bezeichnet zu werden schon bedrohlich dünn geworden, aber das hier... "Krieg dich wieder ein!" schnappe ich und fahre dazwischen.
Überrascht sieht er mich an.
"Du hast mit Michael Sanderson gesprochen. Wir wollen wissen worüber..."

"Mike? Was ist mit ihm?"
Seine Wut ist mit einem Mal verraucht und einem gehörigen Maß Skepsis gewichen, aber wenigstens hört er jetzt zu.
"Er wird seit einer Woche vermisst und sein Sprinter steht hier vor dem Club, wo du zufällig fast jeden Tag auftrittst. Dazu kommt noch das es Zeugen gibt die sagen, das du als Letzter mit ihm gesehen wurdest." erkläre ich ihm.
"Und?"
"Und deshalb wirst du uns alles sagen was wir wissen wollen, um 'Mike' zu finden, verstanden?" Janet stößt einen unbestimmten Laut aus, den ich als bekräftigende Zustimmung deute... und Kira eine Augenbraue hochziehen lässt.

"Vielleicht kann ich euch da helfen." räumt er dann endlich vorsichtig ein. "Aber dafür schuldest du mir was, Rotschopf. Wenn einer wie du den Mumm hat, in dieser Aufmachung her zu kommen... du passt hierher wie eine Transe beim Häkelnachmittag." Er lacht. Wie schnell konnten die Stimmungen eines einzigen Menschen umschlagen? Sogar Janet kichert leise. Entweder sieht man mir mein immer noch vorhandenes Unbehagen doch deutlicher an als ich das gedacht hätte oder es hat sich mal wieder jemand gefunden der mich verarschen möchte.
"Wie auch immer." murmele ich. "Sag uns einfach was du weißt."