Beiträge von Nerychan

    Allen einen guten Abend.
    Glücklicherweise sind nun nach ein paar sehr stressigen Wochen die ersten Prüfungen hier endlich vorbei und ich hatte Gelegenheit, mich der nächsten Fortsetzung zu widmen. Da Elizabeths Erzählung doch recht umfangreich ist, habe ich sie etwas geteilt, der erste davon kommt heute. Es ist eine recht lange Fortsetzung, also lasst euch ruhig Zeit mit dem Lesen.


    Julsfels: ich mich rauswinden? Wie kommst du denn nur darauf? *grins*
    Aber du hast ja recht, ich kann doch nicht einen der Hauptakteure jetzt schon draufgehen lassen, nein, nein. Damit warten wir noch ein bissel.
    Ja, ich meinte die Bibliothek, und ja, das war so mit der erste Raum, den ich dort gebaut habe, schon in Vorbereitung auf deine tollen Bücherregale und deine Bilder. Danach kam die Kapelle und die Halle, alles möglich dank deiner Arbeit. *tiefe Verbeugung vor deinem Talent mach*:)
    Ein Happy-End? Also du stellst Anforderungen! *Kopfkratz*



    Lenya: Ich will mir immer deine Freundschaft bewahren, was mach ich denn sonst ohne dich!:applaus
    Ich bin sicher, Catalina ist dir sehr dankbar für dein Verständnis, und wer weiß, vielleicht ist in dem Geist ja doch noch etwas Menschlichkeit übrig geblieben.
    Und gespannt sein darfst du natürlich gern. Eine ganze Weile noch! *grins*



    @gotti: Stimmt, 10 Tage sind nicht allzu viel Zeit, deshalb gilt es nun, die gut zu nutzen. Aber zunächst einmal müssen eben Alice und Patrick der Tante erst einmal glauben, denn sonst werden sie wohl kaum etwas unternehmen.
    Danke für dein Lob. :)



    Jane Eyre: so ein Lob, ich bin ja ganz gerührt. Da macht das Arbeiten an den Fortsetzungen ja richtig Spaß.
    So viele und so gute Fragen, da kommt man ja in Schwierigkeiten, was man dir darauf antworten soll. Nun, in einem hast du auf jeden Fall recht, es ist etwas komplizierter mit dem Fluch, als es auf den ersten Blick scheint, auch Catalina ist nicht so ganz der Herr dieser Geschichte.
    Also hast du ihr Wesen sehr gut erfasst. :)
    Patrick und Nachwuchs? In zehn Tagen, das könnte schon ein gewisses Problem sein. Wen hättest du denn gern als Mutter?



    Llynya: Ich muss mich in Zukunft mehr anstrengen, wenn ihr alle schon vorher wisst, ob die Akteure nun sterben oder nicht. ;)
    Mit der zweiten Person hast du recht, es handelt sich tatsächlich um William. Was mit den beiden denn nun passiert ist, das wird sich im Laufe der Erzählung von Elizabeth schon so langsam ergeben. Wie der Fluch entstanden ist, weiß die Tante schon, aber wie man ihn löst, das müssen sie nun gemeinsam herausfinden.
    Und danke schön für das Lob. Ich geb mir Mühe.



    cassio: Mach dir mal keine Gedanken, du siehst ja, es geht mir nicht anders. Manchmal lässt einem das Leben kaum Zeit für die geliebten Hobbies, da müssen wir wohl alle durch.
    Ich hab erstmal den einen Strang verfolgt, um genau hierher zu kommen, bis zu der Erzählung von Elizabeth, aber in einer der nächsten geht es wieder zurück ins 16. Jahrhundert.
    Über Patrick und Alice muss man eigentlich nicht mehr viel sagen, denn das hast du schon wunderbar selbst erledigt.
    Patricks Sorgen bei seiner Abreise damals kommen noch einmal zur Sprache, aber das dauert noch ein wenig.
    Ich werde auch deinen Wunsch bezüglich Catalina im Auge behalten, irgendwie scheint ihr alle ein Happy-End zu wollen. :)
    Falls du irgendwann die Zeit finden solltest, würde ich gern hören, was du so über Patrick und die junge Witwe zu sagen hast. Gerade diese Kleinigkeiten interessieren mich immer am meisten.
    Auch dir ein liebes Dankeschön für den ausführlichen Kommentar und dein Lob.



    Rheasylvia: Na über deine Aktionen haben wir uns ja schon unterhalten. Aber lass mal, ich bin ja nicht besser, ich hab mir beim Bildermachen Tee über die Tastatur geschüttet, und das nicht gerade wenig, wir gingen beide mächtig baden.:D
    Ja, die arme Elizabeth tut mir auch leid, aber sie ist eine sehr starke Frau und der Fels in der Brandung, sie schafft das schon.
    Und Patrick bleibt ja gar nichts anderes übrig, als sich überzeugen zu lassen, oder? Sonst wird er wohl in zehn Tagen ein toter Herzog sein.
    Du malst da aber ein interessantes Bild über Catalina und ihr Schicksal, ein sehr interessantes, muss man doch glatt mal drüber nachdenken. Aber du hast mich ja schon auf einige Ideen gebracht. Und ist das nicht in gewisser Weise doch eine Fantasygeschichte? Ob sie nun allerdings wie im Märchen ausgeht, das muss man sehen. Jaja, die Happy-End-Liebhaber.
    Ihre Rache trifft im übrigen nicht unbedingt nur die männlichen Familienmitglieder, sondern das Unglück betrifft alle in dem Familienzweig. Was immer den Herzögen Leid verursacht, ist ihr recht.
    Nachricht hattest du ja, und die neue Fortsetzung, die kommt jetzt.



    So, nun können wir beginnen. Wie gesagt, es hat etwas gedauert, denn es waren schon umfangreiche Umbauten notwendig, um die einzelnen Bilder so hinzubekommen, dass ich auch zufrieden war.

    Das ist echt eine gefährliche Sache, auf die Lina sich da einlässt. Auch wenn der Abt gute Gründe hat, sie dahin zu schicken. Irgendjemand muss dieses Unheil ja aufhalten, und alles fängt mit dem ersten Schritt an.
    Dennoch muss ich mich da mal Richard anschließen, was ist, wenn sie sich da verrät. So, wie der "Elias" und seine sogenannte "Gönnerin" da eingestellt ist, wäre das für sie wie ein Supergau.
    Natürlich hofft jeder, dass Lina vielleicht dafür sorgen könnte, dass Elias wieder auf den richtigen Weg findet, den ich persönlich vor allem im Wiederfinden eines menschlichen Empfinden sehen würde.
    Aber du bist ja auch noch so gemein (*grins*), uns eine liebenswerte andere Konstellation anzubieten. Und ich neige wirklich dazu, einfach zu sagen, warum denn nicht.
    Elias ist eh ein Mönch, der kommt als Partner also eigentlich nicht in Frage, Gelübde ist Gelübde, oder willst ihn fahnenflüchtig werden lassen? (*obergrins*)
    Und Richard, so tolpatschig er in seinem "Beruf" auch manchmal ist, ich mag ihn sehr. Es ist richtig herzerwärmend, wie sehr er sich um sie sorgt. Er hat schon das Herz auf dem rechten Fleck, wie es so schön heißt.
    Und Lina? Ich hab so das Gefühl, dass sie womöglich ähnliches empfindet, könnte ja sein. Auf jeden Fall benehmen sie sich beide so, aber das kann natürlich nur ein subjektiver Eindruck sein.
    Na mal sehen, vielleicht wird ja doch noch etwas aus den beiden.


    Ich wünsche Lina jedenfalls viel Erfolg am Hof und eine gute Portion Vorsicht. Und das nicht nur vor einem möglichen Ausbruch ihrer Kräfte. Mit ihrer hübschen neuen Frisur und dem adretten Kleid wirkt sie doch sehr apart und an dem Hof scheint es keiner mit dem Anstand wirklich ernst zu nehmen. Nicht dass da noch einer auf dumme Ideen kommt.
    Was mich auch mal interessieren würde, wäre, warum denn auf einmal so viele Mädchen gegangen sind? Ist es denen dort zu heiß geworden? Und wenn ja, was bedeutet das dann für Lina?



    Oh und nein, mein Herz wird sich wohl nie für die Fürstin erwärmen, die ist bei mir unten durch. Ob der Mann nun fremd geht oder nicht, aber diese Dame steht noch immer ganz oben auf meiner Abschussliste, dicht gefolgt von Fräulein "Arrogant" genannt Morgenröte, die ihren Namen ganz und gar nicht verdient.

    *






    Von ihrem ersten Erfolg konnte sie sich nur wenig später überzeugen, als sie nach dem
    Frühstück erneut das Herrenschlafzimmer betrat. Der Duke saß aufrecht im Bett und
    verspeiste mit offensichtlichem Appetit französisches Gebäck sehr zur Freude seiner Mutter,
    die ebenfalls umgezogen und vor Glück strahlend neben ihm saß.
    „Sieh ihn dir an, Elizabeth, er isst, als wäre er nie krank gewesen. Und doch war er eben noch
    dem Tode nah.“
    Die alte Dame nickte, lächelte sie kurz an und ging zu ihrem Neffen. In der Tat wirkte er
    wieder völlig gesund, als wäre ihm nie etwas zugestoßen.






    Obwohl noch immer im Bett ergriff er die Hand der alten Dame und führte sie mit einem
    glücklichen Leuchten in den Augen an den Mund.
    „Tante Liz, ich bin so froh, dass du wieder da bist. Mutter hat schon erzählt, wie du ihr
    beigestanden hast. Ich danke dir, dass du sie nicht allein gelassen hast. Ich habe ihr einen ganz
    schönen Schrecken eingejagt.“
    „Nicht nur ihr, uns allen. Du bist immer noch genauso ein Lausbub wie früher.“ lachte sie.
    „Wie es scheint, bin ich dem Tod wohl im letzten Augenblick noch von der Schippe
    gesprungen.“ meinte er weiter. Doch da wurde sie plötzlich so ernst, dass auch sein Lächeln
    verschwand.
    „Was hast du Tante Liz?“ fragte er besorgt. Sie zog sich einen Sessel heran und setzte sich
    neben ihn.






    „Du weißt gar nicht, wie recht du hast. Es war wirklich der letzte Augenblick, der allerletzte.
    Doch es ist noch nicht vorbei. Wenn wir nichts unternehmen, bleiben dir noch genau zehn
    Tage.“
    Er lachte wieder, doch es klang gezwungen. Es waren nicht die Worte, es war dieser seltsam
    ernste Ton der Tante, der ihn mehr beunruhigte, als er vor sich selbst zugeben wollte. So
    versuchte er, seine Besorgnis zu überspielen.
    „Bist du ein Hellseher, Tante Liz, dass du so genau über mein Schicksal Bescheid weißt?“
    Doch sie ging nicht auf seinen scherzhaften Ton ein.
    „Ich wünschte, das wäre das einzige Problem, das wir haben, mein Junge. Du solltest die
    Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen, oder es ist zu spät, für uns alle.“






    Forschend sah er sie an und senkte dann den Blick. Er hatte sie schon einmal so erlebt, im
    Frühjahr, als er den Titel erbte. Sie hatte ihn beschworen, ja förmlich angefleht, das Erbe nicht
    anzunehmen. Wenn er das täte, würde er eine Katastrophe heraufbeschwören. Er hatte sie
    nicht ernst genommen, niemand hatte das. Doch waren es diese Prophezeiungen, die den
    Bruch mit seiner Mutter herbeigeführt hatten. Daran erinnerte er sich, als er leise bat:
    „Bitte Tante Liz. Fang nicht wieder damit an! Ich möchte nicht, dass es wieder Streit gibt. Ich
    bin doch so froh, dass alles wieder in Ordnung ist.“






    „Aber es ist nicht alles Ordnung!“ rief die alte Dame energisch. „Frag deine Mutter, frag sie,
    was heute nacht hier passiert ist. Alice, du hast doch gehört, was die Stimme gesagt hat?“
    Lady Alice zuckte verwirrt die Schultern.
    „Ich weiß nicht, ich glaube, dass ich etwas gehört habe, aber ich kann nicht sagen, was es
    war.“
    „Na siehst du Tante Liz. Wer weiß, was du gehört hast. Vielleicht gibt es hier ja Gespenster,
    eine weiße Frau oder so was ähnliches. Tante Liz! Was hast du? Du bist ja plötzlich so blass
    geworden? Du liebe Zeit, die ganze Aufregung ist bestimmt zuviel für dich!“
    „Ganz sicher, ein Sherry wird dir gut tun.“ Lady Alice wollte schon aufstehen, als Elizabeth
    sich vorbeugte, ihr die Hand auf den Arm legte und sie so veranlasste, sitzenzubleiben.






    „Das ist es nicht“ sagte sie leise. „Ich möchte, dass Ihr mir jetzt beide sehr genau zuhört.
    Vielleicht werdet Ihr mich gleich für eine senile alte Frau halten, aber ich bitte Euch, mich
    dennoch bis zum Schluss anzuhören. Dein Leben, Patrick, hängt davon ab.
    Was ich Euch jetzt sage, habe ich noch nie jemandem erzählt, es war mein Geheimnis, mein
    ganzes Leben lang. Normalerweise wäre es das immer noch, denn ich habe damals
    geschworen, es niemals zu offenbaren, doch die Umstände zwingen mich dazu, diesen
    Schwur zu brechen. Ohne es zu wissen, hast du vorhin den Nagel auf den Kopf getroffen,
    Patrick. Es gibt hier tatsächlich Gespenster, genauer gesagt eins. Ich weiß,“ sie lächelte
    besänftigend, als sie sah, dass er ihr ins Wort fallen wollte. „Ich weiß, was du sagen willst.
    Das ist alles Unsinn. Aber leider ist es das nicht. Und obwohl es in dieser Familie einen
    Unglücksfall nach dem anderen gegeben hat, machte sich nie jemand die Mühe,
    herauszufinden, weshalb und auch ich bin nur durch Zufall darauf gestoßen.“ Und dann
    begann sie zu erzählen.





    +++++++++++++++++++++++++++
    Und das nächste Mal, das ist fest versprochen, wird der erste Teil dieses Geheimnisses gelüftet werden. Eine schöne Woche für euch alle, genießt den Herbst, der hoffentlich nicht zu verregnet sein wird. Und für alle, die wie wir nun Ferien haben, happy holidays!
    LG
    Nery

    *






    Nur wenig später stand sie erfrischt und umgezogen vor dem Spiegel.
    „Na, bist du bereit für eine neue Runde?“ fragte sie sich selbst und warf der wartenden Zofe
    einen Blick zu. „Haben Sie das Manuskript aus dem Salon geholt, Meadows?“
    „Natürlich, Mylady, es ist wieder an seinem Platz.“ Elizabeth nickte zufrieden.
    „Wir müssen gut darauf achtgeben, wir brauchen es womöglich noch.“ Immerhin bin ich
    keine 20 mehr und mein Gedächtnis lässt mich hin und wieder doch im Stich. Doch wenn sie
    diese Lösung finden wollten, bevor es zu spät war, dann brauchten sie jeden noch so kleinen
    Hinweis, selbst wenn sie ihn vielleicht schon hundertmal überlesen hatte. Zudem gab es auch
    in diesem Werk so einige Lücken, die man auf andere Weise schließen musste. Es blieb ihnen
    nicht viel Zeit, die Chance zu nutzen, die sie erhalten hatten. Denn das nächste Mal würde es
    keine Gnade geben, dessen war sie sich bewusst.






    Und so betrat Lady Elizabeth kurz darauf voller Tatendrang die Bibliothek im anderen Flügel
    des Schlosses. Ein wenig erstaunt sah sie sich um. Das war nicht mehr der Raum, wie sie ihn
    kannte. Sie erinnerte sich an schwere, bis unter die Decke reichende Regale aus dunklem,
    leicht abgestumpften Holz, die vollgestopft mit Büchern aller Art gewesen waren. Eine

    Galerie gab es damals genauso wenig wie die Möbel und Pretiosen, die man überall arrangiert
    hatte. Sie konnte sich denken, wessen Hand hier vor allem gewirkt hatte.
    Nun, die Umgestaltung war nötig gewesen, allerdings stand sie jetzt vor dem Problem, dass
    sie keine Vorstellung besaß, wo sie das von ihr gesuchte Buch finden sollte. Obwohl sie es
    nur ein oder zweimal in der Hand gehabt hatte, so meinte sie doch noch immer genau zu
    wissen, wo es gestanden hatte. Vielleicht hätte sie es doch damals mitnehmen sollen, wie sie
    es vorgehabt hatte.






    „Wünschen Mylady, dass ich das Frühstück hier servieren lasse?“ fragte Edwards hinter ihr
    leise. Elizabeth fuhr herum und starrte ihn einen Moment lang an an.
    „Guter Gott, Edwards, es macht den Eindruck, Ihr Gang wäre noch leiser geworden als
    früher.“
    Der Mann erlaubte sich ein Lächeln. „Ich bitte um Vergebung, es lag nicht in meiner Absicht,
    Euer Ladyschaft zu erschrecken.“ Sie winkte ab.
    „Das macht nur die durchwachte Nacht. Und meine Gedanken sind zu sehr mit anderem
    beschäftigt.“
    „Ich verstehe, Mylady. Dann wird Ihnen eine Tasse Kaffee sicher gut tun. Lady Alice wurde
    das Frühstück bereits zu Seiner Gnaden gebracht.“
    „Ist er denn schon wach?“
    „Nein, Mylady, soweit ich informiert bin, noch nicht.“






    Er wollte sich gerade ebenso leise zurückziehen, wie er gekommen war, um, wie er sagte, für
    ihr Frühstück zu sorgen, als sie ihn aufhielt.
    „Wann ist die Bibliothek denn verändert worden?“
    „Seine Gnaden ließ einen Teil der Regale gleich nach der Titelübernahme im Frühjahr
    herausnehmen. Der Raum erschien ihm zu düster.“
    „Ja, das war er wirklich. Nur schade, dass man jetzt nichts mehr findet.“
    „Oh, das ist kein Problem, Mylady. Seine Gnaden ließ ein vollständiges Verzeichnis
    anfertigen mit dem genauen Standort der Bücher. Es wurde extra ein Mann aus London mit
    der Arbeit beauftragt. Er benötigte fast den gesamten Sommer dafür. Euer Ladyschaft finden
    es in der linken oberen Schublade des Schreibtisches.“
    „Ah, ich danke Ihnen, Edwards.“ Der Mann verneigte sich mit einem leichten Lächeln und
    verschwand.






    Lady Elizabeth ging zum Schreibtisch und holte das Verzeichnis aus der Lade. Es war in der
    Tat sehr gut geordnet, stellte sie beim Aufschlagen fest, aber es dauerte dennoch einige Zeit,
    bis sie die Eintragung fand, die sie suchte. Glücklicherweise befand sich das Buch in einem
    der unteren Schränke, sodass sie nicht gezwungen war, die kleine Wendeltreppe zur Galerie
    hinaufzuklettern. In ihrem Alter wurden solche Aktionen doch zunehmend beschwerlich.
    Gleich am Fenster, neben anderen Werken, die Familie betreffend, stand es, jenes Buch über
    die ersten Dukes of Ravensdale, dessen Geschichten sie damals als Kind zu den Epitaphen in
    der Schlosskapelle geführt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war ihr nicht bewusst gewesen, dass
    man bei den kleinen Histörchen, die dort zusammengetragen worden waren, bewusst ein
    ganzes Kapitel ausgelassen, ja zwei Menschen damit fast völlig ausradiert hatte.






    Und das machte es um so schwerer, dieses Puzzle so zusammenzusetzen, dass es den
    tatsächlichen Ereignissen entsprach.
    Wenn es nicht so entsetzlich wäre, müsste man den Mann dafür bewundern, wie es ihm
    gelungen war, die Geschehnisse, die doch so einen ungeheuren Einfluss auf das Schicksal
    aller Morgans hatte, so überaus gründlich aus der Familiengeschichte zu löschen.
    So gründlich, dass sie kaum Beweise für ihre Behauptungen vorweisen konnte, um den zu
    überzeugen, dessen Leben davon abhing, dass er ihr glaubte.
    „Dein Sohn ist genauso stur wie du!“ sagte sie mit einem Blick auf das Familienporträt über
    dem Kamin. Diese Menschen waren ihre Familie, und sie würde sie retten, was es auch
    kostete.







    +++++++++++++++++++
    geht noch weiter

    *






    Elizabeth erhob sich, streckte ihre müden Knochen und ging ein paar Schritte im Zimmer
    umher, bis ein Ausruf sie innehalten und herumfahren ließ.
    Patrick hatte sich bewegt, seit vielen Stunden das erstemal. Alice rief aufgeregt nach dem
    Arzt, der sich über den Duke beugte und dann nicht wusste, wie er der Mutter in die
    hoffnungsvoll leuchtenden Augen sehen sollte.
    „Das ist doch ein gutes Zeichen, nicht wahr,.... Doktor?“ fragte sie, als er sich zunächst
    nur räusperte.
    „Mylady, ich.... ich fürchte....“ Er musste nicht weiter sprechen, denn Patrick bäumte sich
    plötzlich auf, sank dann in die Kissen zurück und warf den Kopf, zitternd am ganzen Körper
    hin und her. Sie wusste, was es es bdeutete und rutschte mit einem Aufschrei von ihrem Stuhl.






    Das war zuviel für Elizabeth. Obwohl unsicher, wohin sie sich wenden sollte, rief sie laut
    nach der Einzigen, die jetzt noch helfen konnte.
    „Catalina, um Himmels willen, ich flehe dich an. Tu es nicht, lass ihn nicht sterben, bitte.
    Catalina, hörst du mich?“
    Sie schien weder die erstaunten Blicke des Arztes zu bemerken, noch dass Lady Alice
    aufgehört hatte zu weinen, um sie ebenso fassungslos anzustarren. Sie ging im Zimmer umher
    und sprach laut und beschwörend auf jemanden ein, den keiner sehen konnte. Doch nichts
    geschah und so blieb ihr schließlich nichts weiter, als neben Lady Alice auf die Knie zu
    sinken.






    Verzweifelt riss sie die Hände wie in einem Gebet nach oben und ihre Stimme wurde leiser.
    „Du bist hier, ich weiß es, du bist hier in diesem Zimmer. Ich bitte dich, sieh ihn dir an. Sei
    gnädig, nur ein einziges Mal noch, ich bitte dich. Verschiebe es, lass es nicht heute
    geschehen. Catalina, ich weiß, du hast ein Recht dazu, aber warte mit dem letzten Opfer. Du
    hast so lange gewartet, was macht da ein kleiner Aufschub, hörst du mich? Ich weiß, du
    kannst es, du hast es doch schon einmal getan! Catalina, ich bitte dich, ich flehe dich an!“
    Doch sie erhielt keine Antwort. Elizabeth verfluchte sich selbst, soviel Zeit sinnlos
    verschwendet zu haben.






    Immer wieder sah sie in sein Gesicht, während sie leise, doch mit Zorn im Herzen die Worte
    des Vaterunsers sprach. All die Jahre, in denen sie versucht hatte, einen in Vergessenheit
    geratenen Teil der Familiengeschichte wieder ans Licht zu bringen, und nun konnte sie dieses
    Wissen nicht einmal mehr nutzen. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu der Frau zurück,
    die vermutlich auf der anderen Seite des Bettes stand, um das Ende ihres letzten Opfers
    mitanzusehen. Rührte das Leid, das sie hier zu Gesicht bekam, ihr kaltes Herz denn kein
    bisschen?
    Elizabeth hätte am liebsten laut aufgeschrien, doch es wurde nicht mehr als ein tiefer Seufzer.
    In all der Erregung zitterte sie so stark, dass sie den sanften Hauch, der auf einmal über sie
    hinweg strich, die Kerzen verlöschen ließ und den gesamten Raum in
    Dunkelheit hüllte, kaum wahrnahm. Und dann sagte eine Stimme direkt neben ihr:
    „Es sei. Ich gewähre ihm eine Frist.“






    Die Countess riss den Kopf nach oben und lauschte. Hatte sie sich das nur
    eingebildet, oder...?
    „Hör mir gut zu, Elizabeth,“ fuhr die Stimme auch schon fort, „ich werde es nur einmal sagen.
    Erinnere dich an meine Worte, erinnere dich daran, was ich dir erzählt habe. Der Fluch muss
    sich erfüllen, auf die eine oder andere Weise. Wie, das liegt von nun an bei Patrick. Ich gebe
    ihm die Gelegenheit, die ich noch niemandem gegeben habe. Gelingt es ihm, den Fluch zu
    brechen, wird er am Leben bleiben, wenn nicht, wird er sterben, wenn die Zeit gekommen ist,
    von heute an am zehnten Tag Schlag Mitternacht.“
    „Ich danke dir, oh ich danke dir von ganzem Herzen! Aber wie, wie, wie kann er den Fluch
    brechen? Kannst du mir nicht wenigstens einen Hinweis darauf geben?“rief sie der
    davonschwebenden Stimme zu.
    „Die Lösung muss er selbst finden, nur dann kann er Erfolg haben und wir alle sind frei, ...
    frei!“ flüsterte die Stimme immer wieder, bis sie ganz verstummte.






    Mit ihr verschwand die Düsternis aus dem Zimmer, das Licht der Morgensonne flutete herein
    und verscheuchte jeden Schatten der Nacht.
    „Was um alles in der Welt war das?“ fragte Lady Alice vollkommen verwirrt. Elizabeth
    lächelte und erhob sich mit einiger Mühe.
    „Das werde ich dir alles erklären, sobald Patrick erwacht ist.“
    „Sobald Patrick erwacht ist? Aber er...“
    „Er ist außer Gefahr, Alice. Jedenfalls für den Augenblick. Nicht wahr Doktor?“ Sie wandte
    sich an den Arzt, der sich nach einer kurzen Untersuchung kopfschüttelnd aufrichtete. Seine
    Ratlosigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    „Also ich verstehe das nicht. Das Fieber ist gesunken und zwar noch schneller, als es
    gestiegen ist. Ich begreife nicht, wie das geschehen konnte, aber es ist gerade so als hätte
    Seine Gnaden niemals Fieber gehabt. Es stimmt Mylady. Sollte seine Temperatur nicht wider
    Erwarten erneut steigen, besteht keine Gefahr mehr für das Leben des Duke.“






    „Na also, ich werde mich jetzt frisch machen, etwas anderes anziehen und dann frühstücken.“
    verkündete Lady Elizabeth mit fester Stimme. „Du solltest das Gleiche tun, Alice. Patrick
    wird bald wieder wach sein, und dann gibt es viel zu tun. Auch du wirst deine Kräfte noch
    brauchen. Denn wir haben nicht viel Zeit. Und dies ist die einzige Chance, die wir haben.“
    Sie ließ der erstaunten Alice keine Möglichkeit mehr zu antworten, sondern rauschte aus dem
    Zimmer, teilte dem draußen wartenden Butler im Vorbeigehen mit, dass sie alle ein leichtes
    Frühstück benötigten und auch der Herzog wohl in Kürze einer Stärkung bedürfe. Sie
    bemerkte gerade noch das freudige Zucken des Butlers, bevor sie im Gang, der zu ihrem
    eigenen Schlafzimmer führte, verschwand.






    +++++++++++++++++++++++
    geht noch weiter

    Stress, Stress, Stress... irgendwie kommt man zur Zeit gar nicht mehr da raus. Nun hab ich es mal wieder geschafft, und die nächste FS fertig.


    Ganz lieben Dank an alle, für die Geduld, für die lieben Kommis und die Karmaspenden.



    Julsfels: unternehmungslustig, ja das war Elizabeth als Kind schon, keine Schwester, nur Brüder, da musste man sich schon allein beschäftigen.
    Catalinas Erscheinung hat schon einen Grund, es kommt von dem Bild, und ja, es ist ihre Entscheidung, wie sie erscheint, in dem Fall sorgte es für Abstand zu Elizabeth, immerhin war doch klar, warum die alte Dame da unten auftauchte.
    Dass in Catalina noch so etwas wie Mitgefühl schlummert, das weiß Elizabeth durchaus von ihrer ersten Begegnung mit ihr, aber dazu komme ich noch.
    Soso, du hast also keine Angst um ihn. Ich muss mir wirklich mehr Mühe geben. :)
    Danke für das Lob und auch für heute reich ich es gleich mal an dich weiter, ich gerate regelrecht ins Schwärmen, wenn ich mir meinen Lieblingsraum so betrachte. *nachuntenzeig*



    @gotti: nein, das Versteck hatte Catalina vorher nie betreten. Und der gute William hat nie etwas davon erfahren. Dieses Versteck hat für Catalina eine ganz andere Bedeutung, eine eher unangenehme.
    Auch die Vermutung bezüglich des Versprechens ist nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch. Da es nun ohnehin bald erklärt wird (wenn auch noch nicht heute) geh ich darauf mal nicht näher ein.
    Am interessantesten fand ich die Idee, ihn einfach vom Schloss zu entfernen. Das wäre bestimmt eine fantastische Idee gewesen, aber leider hat es nun keinen Zweck mehr. Aber auch das wird nun bald erklärt werden, wie weit Catalinas Macht wirklich reicht. :rollauge



    Innad: ein bisschen Geduld musst du schon noch haben, um zu erfahren, wodurch genau der Fluch nun ausgelöst wurde, ich bin ein absoluter Häppchenfan. Und Kulissenliebhaber. Und es ist schön, wenn man dann solche Komplimente bekommt. Vielen Dank.
    Und ja, es wird bald wieder einen Zeitsprung geben, ich wollte nur den derzeitigen Handlungsstrang nicht unterbrechen. :)



    Lenya: aber, aber, ich will doch nicht, dass du dich elend fühlst. Aber ich freu mich trotzdem ein bissel, wenn du mit dem armen Patrick mitleidest. Gönn es mir. Nicht von der Brücke springen, das wäre unfair. Aber ob der stirbt oder nicht, das musst du einfach nachlesen. *siehe unten* ;)



    Rheasylvia: wow, ich glaub, das ist der längste Kommi, den du bisher geschrieben hast, und er ist toll. Auf was für Ideen du mich damit gebracht hast.... *bösehändereib* Elizabeth schätzt du ganz richtig ein, sie würde sich ganz sicher für ihren Neffen opfern, wenn es denn etwas bringen würde, aber in einem hatte Catalina recht, sie ist nicht davon betroffen, ihr Tod würde absolut nichts ändern. Aber sie gibt nicht auf, und wenn es eine Hoffnung für den armen Mann gibt, dann ist es seine Tante.
    Bewahre dein Herz gut vor Schaden, es wird noch gebraucht. Selbstschutz ist eine gute Sache, solange man auf die Weise sich nicht selbst von allem Schönen und Guten auf der Welt abschirmt. Was der eine uns an Verletzungen zufügt, kann ein anderer möglicherweise wiederheilen, mit ein wenig wohl verdienter Liebe. :)




    Llynya: über die Anzahl der Geister, die da in Ravensdale Hall herumschwirren werden wir uns wohl später unterhalten müssen, wenn du es tatsächlich herausgefunden hast. :D
    Und ja, Elizabeth und Catalina kennen sich, sie haben zwar nicht allzu viel Zeit miteinander verbracht, aber diese Begegnung hat beider Leben (oder Existenz) verändert, und damit auch das Leben von Patrick. Ich fürchte, ich werde dich auch heute noch zappeln lassen, was die Hintergründe betrifft, damit werde ich in der nächsten FS beginnen. Sorry. :)
    Rachsüchtig ist Catalina aber durchaus, oh ja, nur, nach so langer Zeit kühlt vielleicht auch der Zorn eines Geistes langsam ab und wer weiß, vielleicht hat das, was Elizabeth ihr gesagt hat, ja doch irgendwie den Weg zu ihr gefunden.
    Auf jeden Fall kannst du dich jetzt gern überzeugen, ob Patrick nun als Geist auf dem Anwesen spuken muss, oder nicht. (Was für eine herrliche Idee!)




    So, und nun werde ich mich mal ans Posten machen. Ich wünsche wie immer viel Vergnügen beim Lesen.

    Kann ich mich, auch wenn es lange her ist, wieder hier reinschleichen?
    Wird ja auch Zeit, dass ich meinem Herzen mal wieder Luft mache.
    Fangen wir gleich mit dem schon angedrohten Fürstenmord an? :)


    Ich kann mir nicht helfen, aber so schön wie sie auch ist, die Dame war bei mir schon durchgefallen, als ich ihre Einstellung gegenüber sogenannten Hexen kennenlernen durfte, die sich so wunderbar mit Elias' Bedürfnissen deckte. Es mag ja sein, dass sie durch gewisse Ereignisse entstanden ist, aber sie entwickelt in der Verfolgung dieser Menschen einen Eifer und in deren Bestrafung eine solche Unerbittlichkeit, dass sich einem eigentlich der Magen umdrehen müsste.
    Auf einen jungen Mann wie Elias, der meines Erachtens zumindest beim Verlassen des Klosters viel zu wenig von der Welt wusste und damit in beiden Richtungen beeinflussbar gewesen wäre, wirkt das absolut verheerend.
    Man erschrickt ja regelrecht, wenn man sieht mit welch Kälte und Gleichgültigkeit er den Tod der alten Frau anordnet. Worte wie Mitgefühl und Barmherzigkeit scheinen völlig aus seinem Wortschatz verschwunden zu sein. Das ist mit Sicherheit nicht, was der Abt sich vorgestellt hat, als er ihn mit seinem Mentor an den Hof geschickt hatte.


    Es würde nicht passen in das Bild dieses ehrwürdigen Mannes, wie du ihn gezeichnet hast, doch ehrwürdig, so kann man ihn bezeichnen. Er besitzt Weisheit und weiß seinen Verstand ebenso zu benutzen wie sein Herz, das war nach dem Überfall dieser Herren glücklosen Räuber sehr deutlich zu sehen. Auch dass er sich so intensiv mit Lina beschäftigt hat, Geduld und Einfühlungsvermögen zeigt, macht ihn doch sehr sympathisch. Es wäre schon eine Riesenüberraschung, sollte er sich als faules Ei herausstellen.


    Bei ihrer Durchlaucht der Frau Fürstin seh ich das nicht so. Dass ihr Mann eigene Wege geht, nun das dürfte für eine Frau ihrer Herkunft wohl kaum neu sein. Ich schätze, auch bei ihren Eltern hat sich das ähnlich abgespielt. Und da ich ja grundsätzlich für Gleichberechtigung bin, nun, warum sollte die Gute sich nicht ebenfalls anderweitig holen, was ihr von ihrem Mann offensichtlich nicht oder nur ungenügend gegeben wird?
    Aber man muss schon eine gewisse Schamlosigkeit besitzen, wenn man sich, gerade in ihrem Stand, an einen Mönch heranmacht. Ob die "gute" Morgenröte da vielleicht ein bissel Ohrflüsterer gespielt hat, weiß ich nicht, aber zuzutrauen wäre es ihr. Die beiden passen zueinander, hübsches Gesicht und schwarze Seele.
    Sich ausgerechnet Elias auszusuchen als möglicherweise (ich bin mal vorsichtig) "Fürsten der Nacht", nee, meine gute Dame, damit fällst du ganz tief in meiner Achtung. Der Junge ist ja noch nicht grün hinter den Ohren, kennt die weiblichen Tricks überhaupt nicht und von Sex sollte er überhaupt keine Ahnung haben.
    Ich weiß nicht, ob ihr werter Gatte die Augen bewusst verschließt, ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass er es nicht mitbekommt, ob es ihm einfach nur recht ist, weil er dann selbst nicht mehr in die Pflicht genommen ist, aber in dem Fall....?
    Hallelujah, ich merke schon, das endet doch noch mit Doppelmord, oder machen wir gleich drei draus? *grins*


    Dass du nun in der letzten FS auch noch dem Engel das Gesicht dieser ach was, nennen wir sie ruhig Hexe (und ich hoffe, Lina ist nicht beleidigt) gegeben hast, das.... lässt schlimmes ahnen. Elias scheint der Dame ja bereits vollkommen verfallen zu sein, wenn sie ihn schon bis in die Träume hinein verfolgt hat. Es könnte natürlich auch eine ganz andere Bedeutung haben, was, wenn dieser Engel gar nicht das ist, was wir uns für gewöhnlich unter einem Engel vorstellen, also ein Wesen voller Güte? Immerhin hat seine Begegnung mit diesem Engel, Elias zumindest in meiner Meinung nicht unbedingt auf den richtigen Weg geführt. Da bleibt einem doch das Wort im Halse stecken.


    Jedenfalls bin ich gespannt darauf, welchen Verlauf diese Geschichte nimmt, wenn Lina dort ankommt. Ihr Rachedurst ist ja noch nicht gestillt, und ihre immerwiederkehrenden Visionen machen mir wirklich Angst, egal, ob sie nun aus der Vergangenheit, oder, was natürlich schlimmer wäre, aus der Zukunft stammen.


    Es ist auf jeden Fall wie immer ein Genuss, zu sehen, wie gekonnt du die einzelnen Handlungsstränge ineinander verschachtelst, ohne dass sie sich verwirren. Eine Geschichte aus zwei Blickwinkeln zu erzählen, vor allem so unterschiedlichen ist nicht ganz einfach, aber dir wirklich gelungen. Schön spannend und unterhaltsam zugleich, kombiniert mit klasse gestalteten Bildern, genauso wie ich sie mag, absolut detailverliebt.
    Meine Topfavoriten sind immer noch das Kloster und der Wald. *beneid*


    Also wenn diese Geschichte mal fertig ist (hoffentlich nicht so bald), landet sie mit Sicherheit auf meinem Rechner (bei deiner anderen Story :) ) Sowas muss man erhalten.

    *






    „Denkst du,“ würgte sie nach einer Weile hervor, „....dieses Wissen macht es leichter für
    mich, das Ende meiner Familie nun ohnmächtig mit ansehen zu müssen, nur weil der Bruder
    seines Vorfahren ein Verbrechen beging?“
    „Im Grunde hast du recht,“ stimmte die Frau zu, „aber es lässt sich nicht ändern. Für mein
    Leben forderte ich das seiner ganzen Familie und morgen früh wird sich der Kreis schließen
    und das Verbrechen ist gesühnt.“ Sie strich der Verzweifelten sanft über das Haar. „Weine
    nicht. Wenn sein Fieber auch ständig steigt, er spürt kaum etwas davon und hat keine
    Schmerzen. Und er wird einen leichten Tod haben, ohne zu leiden, genau wie sein Vorgänger
    George. Auch er war ein guter Mensch und wäre an seinen furchtbaren Verletzungen ohnehin
    bald gestorben, deshalb nahm ich ihm die Schmerzen und beendete seine Qual. Dafür solltest
    du mir dankbar sein.“






    „Ja, ich weiß, du hättest es auch anders tun können, ich kenne die Umstände des Todes der
    anderen Mitglieder der Familie. Dennoch ...“ Kraftlos erhob sie sich. „Es mag herzlos
    klingen, aber wünschte, du hättest es nicht....“ Sie brach ab, als sie merkte, was sie da gerade
    zu sagen bereit war.
    „Ich wusste nichts von dem, was mit James passiert ist, Liz“ sagte die Frau leise, und ohne
    eine Spur von Vorwurf. „Ohne diesen Vorfall hätte dein Neffe ihn erst mit Ablauf der Frist
    beerbt, so... wie es vorgesehen war.“
    Elizabeth winkte ab. Sie hatte verloren, sie wusste genau, nichts, was sie jetzt noch sagte,
    würde diesen Rachegeist umstimmen. „Ich hoffe, du findest deine Ruhe, jetzt, wo du die
    ganze Familie endlich ausgerottet hast“, meinte sie bitter. „Am besten du nimmst mich und
    Alice gleich mit.“






    Einen Augenblick sah es so aus, als hätte Elizabeth die Frau mit ihrer Bemerkung getroffen,
    doch dann verschwand sie vor ihren Augen, als wäre sie nie dagewesen, ohne ihr noch eine
    Antwort zu geben. Mit ihr verlöschten auch die Kerzen, nur Elizabeth selbst schien noch in
    etwas Licht gehüllt zu sein, das ihr den Weg zur Tür wies, die sich leise knarrend öffnete.
    Noch eindeutiger hätte man ihr gar nicht sagen können, dass sie hier nunmehr unerwünscht
    wäre. Nach einem letzten Blick auf das Porträt zog sie den Schleier in einem Ruck zurück,
    verließ den Raum und ging zur Kapelle zurück.






    Als sie erneut das Haus betrat, eilte ihr der Butler bereits entgegen.
    „Lady Avanlea!“ rief er in höchster Sorge. „Wo waren Sie denn? Wir haben sie bereits überall
    gesucht. Ihre Ladyschaft ist aufs äußerste beunruhigt.“
    „Ich war in der Hauskapelle, um zu beten, es geht mir gut, Edwards“, beruhigte sie ihn. „Wie
    steht es um Seine Gnaden?“
    Der Butler schüttelte traurig den Kopf. „Es sieht nicht gut aus, Mylady, gar nicht gut. Aber
    Ihre Ladyschaft hofft immer noch, dass er das Bewusstsein bald wieder erlangt.“
    „Das wird er nicht“ flüsterte sie vor sich hin, so dass Edwards sie nicht hören konnte und
    schritt langsam die Treppe hinauf. Beinahe zu jedem Schritt zwingen musste sich die vom
    Gram so plötzlich gebeugte Frau, denn sie fürchtete das Leid der Mutter und auch ihr eigenes,
    sobald das offensichtlich Unvermeidbare geschehen war.






    Sie betrat den Raum und sah Lady Alice am Bett sitzen, die Hände ineinander verschlungen,
    den Blick fest auf ihren scheinbar schlafenden Sohn gerichtet, nur ihre Lippen bewegten sich
    wie in einem stummen Gebet.
    Kaum dass Elizabeth die Tür geschlossen hatte, kam der Arzt fast lautlos durch das Zimmer
    auf sie zu.
    „Nun?“ fragte sie ihn und erhielt ein Achselzucken zur Antwort.
    „Das Fieber steigt, aber er ist völlig reglos. Er wird wohl einfach ruhig hinübergehen. Ich
    fürchte, es gibt nichts, was ich noch tun könnte. Selbst für einen Spezialisten wäre es wohl
    nun zu spät.“
    „Ich verstehe.
    „Er wird einen leichten Tod haben, ohne Schmerzen...“ hörte sie die Stimme der jungen Frau
    sagen „ohne zu leiden.....“
    Sie erwiderte den resignierenden Blick des Doktors mit einem leichten Nicken, ging zu Lady
    Alice und ließ sich an ihrer Seite nieder.






    Sie legte ihr kurz die Finger auf die eiskalte Hand und veranlasste Alice auf diese Weise, sie
    anzusehen. Mit Mühe brachte sie ein aufmunterndes Lächeln zustande, obwohl ihr nicht
    danach zumute war. Doch es war alles, was sie nun noch tun konnte.
    Zwar hatte sie zunächst vorgehabt, Alice über den Fluch aufzuklären, aber wie hätte sie in
    dieser Stunde der verzweifelten Mutter sagen können, dass ihr Sohn den nächsten Morgen
    nicht erleben würde, weil vor Hunderten von Jahren ein Mann sein Wort brach und durch
    seine Grausamkeit ein furchtbares Unheil heraufbeschwor.
    Wie lange sie so leise betend an der Seite von Alice gesessen hatte, wusste sie nicht.
    Irgendwann sah sie auf und bemerkte, dass der Morgen angebrochen war. Der Morgen, an
    dem Patrick sterben würde, um den Fluch zu beenden.




    ++++++++++++++++++++++++++++++++
    Ende der heutigen Fortsetzung. Nein, heute wollte ich noch nichts über Patricks "Ende" verraten. Aber ich verspreche, es kommt in der nächsten.
    Wünsche allen eine tolle restliche Woche und bis dann.
    LG
    Nery

    *





    „Das will ich in der Tat nicht, wenn auch nicht in vollem Umfang“ antwortete die Stimme.
    „Doch um auf das Versprechen zu kommen. Ich sagte, der nichtherzogliche Zweig der
    Familie Morgan habe nichts zu befürchten. Patrick Morgan ist doch Herzog oder nicht?“
    „Ja, natürlich ist er Duke!“ rief Elizabeth. „Doch wie du sehr wohl weißt, stammt er nicht von
    Stanley Morgan ab. Die Nachkommen seiner Brüder sollten von deinem Fluch auch nicht
    betroffen sein!“
    „Du irrst. Das galt nur, sofern nicht einer von ihnen den Titel des Duke of Ravensdale trägt
    und in diesem Hause wohnt. Und das wusstest du doch, darum hast du deinen Neffen ja so
    eindringlich davor gewarnt, hier einzuziehen. Mit der Übernahme des Titels hat Patrick
    Morgan auch den Fluch seiner Vorväter übernommen.“





    „Und da ist dir nichts besseres eingefallen, als ihn gleich darauf ohne Erben auf die gleiche
    Weise umkommen zu lassen, wie seinen Vorgänger?“ rief Elizabeth empört und erntete ein
    verhaltenes Lachen.
    „Nicht ganz, meine liebe Liz. Ich habe beide Unfälle nicht verursacht, weder bei George noch
    bei Patrick. Ich habe beide Male nur dafür gesorgt, dass sich ihr Zustand nicht mehr bessert.“
    sagte die Stimme nach einer kurzen Pause. „Denn meine Frist ist um und Patrick als
    derzeitiger Titelträger wäre ohnehin in wenigen Tagen das letzte Opfer des Fluches geworden.
    Ich habe nur die Gelegenheit, die sich mir bot, genützt und es ein wenig beschleunigt. Morgen
    früh, wenn die Sonne aufgeht, wird das Böse in diesem Haus endgültig besiegt werden und
    [FONT=&quot]ich kann endlich Ruhe finden.“[/FONT]






    Elizabeth hielt es nicht mehr vor dem Wandschirm. Sie schob ihn beiseite, um ihrer
    Gesprächspartnerin ins Gesicht zu sehen. Da saß auf dem Rand des Bettes eben jene junge
    Frau in derselben altertümlichen Kleidung wie auf dem Bild. Auch sie schien völlig
    unverändert zu sein. Kein Wunder, die Zeit konnte diesem Geschöpf der Dunkelheit nichts
    mehr anhaben. Sanft beruhigte sie die Aufgebrachte.
    „Ich weiß, ich hätte nicht herkommen dürfen, aber ich habe mir schon lange gewünscht, dich
    wieder zusehen. Und natürlich... mach ich mir Sorgen um meinen Neffen. Ich kann einfach
    nicht verstehen, dass du einen Unschuldigen für das Unrecht büßen lassen willst, dass andere
    vor Hunderten von Jahren begangen haben und wenn es noch so schrecklich ist.“





    Für einen flüchtigen Moment lächelte die Frau sie an, bevor die Melancholie in ihr bleiches
    Gesicht zurückkehrte. Diese Melancholie war es, die Elizabeth in all den Jahren nicht
    vergessen hatte. Diese Augen, die sie so gütig angesehen hatten und doch so voller Wehmut
    waren. Sie erzählten ihr mehr von dem Leid, das sie gesehen hatten, als sie ihr je berichten
    konnten. Und so hatte die Countess gar nicht erst den Versuch gemacht, sich vorzustellen,
    was der leibhaftig gewordene Fluch der Familie Morgan in der Zeit vor und während ihrer
    [FONT=&quot]300jährigen Wanderschaft alles in diesem Haus erlebt haben mochte.[/FONT]






    Die Frau stand auf, ging an ihr vorbei auf ihr Porträt zu und sah nachdenklich zu ihm auf.
    „Wenn es danach ginge, hätte niemand außer Stanley Morgan sterben dürfen. Doch den
    anderen hast du nicht das gleiche Recht zu überleben zugesprochen, wie du es jetzt bei
    deinem Großneffen tust.“
    „Damals war ich elf Jahre alt. Ich konnte deine Existenz kaum verstehen, wie hätte ich die
    ganze Tragweite deines Fluches begreifen sollen. Ja selbst als ich später begann zu verstehen,
    war es ein Fluch, der unsere Familie nicht betraf. Außer dem Namen hatten wir doch nichts
    mehr mit ihnen gemein. Und nachdem du dafür gesorgt hast, dass sie keinen Erben mehr
    haben, musste Patrick zwangsläufig den Titel erben.“
    Die Frau schüttelte den Kopf. „Patrick war nicht der eigentliche Erbe, das war James, nur ließ
    [FONT=&quot]der sich vorher im Duell umbringen. Und damit hatte ich nichts zu tun!“[/FONT]






    „Aber nachdem du nun die gesamte Linie ausgelöscht hast, warum kannst du nicht einfach
    aufhören und den Fluch beenden?“ Voller hilfloser Erregung starrte Elizabeth
    der Frau ins Gesicht. „Bitte, du hast ihn ausgesprochen, du musst es aufheben können! Ich
    bitte dich, er ist so ein wunderbarer junger Mann, voller Tatendrang und so wichtig für die
    Menschen hier, du darfst ihn nicht einfach sterben lassen!“
    Da war es wieder, das traurige Lächeln, das ihr den Wunsch abschlug und gleichzeitig um
    Verständnis bat.
    „So einfach wie du glaubst, ist das nicht, Elizabeth. Die Dauer des Fluches ist festgelegt.
    Wäre dein Neffe nicht der letzte Morgan, der den Titel erben könnte, würde ich ... vielleicht...
    um deinetwillen.... seinen Tod hinauszögern, gerade weil er nicht aus Stanleys Linie stammt.
    Doch nun, da euer Geschlecht verblüht ist, warum sollte ich noch warten? Wenn er morgen
    [FONT=&quot]stirbt, wird der Fluch sich endlich erfüllen und meine Wanderschaft zu Ende sein.“ [/FONT]






    Elizabeth schlug die Hände vor dem Kopf zusammen und schluchzte auf. „Warum nur hast du
    mir damals geholfen? Ich wünschte, du hättest es nicht getan.“
    „Glaubst du, das hätte etwas geändert?!“ Kopfschüttelnd sah die Frau sie an. „Ihr hättet nur in
    überaus schlechten Verhältnissen gelebt und du vielleicht keine so gute Partie gemacht.
    Vielleicht wäre Patrick ein anderer Mensch geworden und dieses Haus sähe ohne ihn etwas
    anders aus, aber so oder so, der letzte Erbe des Titels wäre auch ohne unsere Begegnung
    gestorben, nur hättest du nicht gewusst, warum dein Großneffe sterben muss.“
    Elizabeth glaubte, den Boden unter ihren Füßen zu verlieren. Sie sah nicht, wie die Frau ihren
    Arm ausstreckte und einer der Faltsessel zu ihr herüber glitt. Ohne ein Wort ließ sie sich auf
    [FONT=&quot]den Stuhl hinunter drücken und sah blicklos auf die kalten Steine des Bodens.[/FONT]







    ++++++++++++++++++++++
    geht noch weiter

    *






    Elizabeth starrte ins Dunkel. Sie erinnerte sich noch genau an diesen Gang, an ihr
    Herzklopfen, als sie ihn zum ersten Mal betreten hatte, damals als kleines von Neugier
    getriebenes Mädchen. Nichts hatte sie davon abhalten können, dieses Geheimnis zu erkunden,
    auch nicht die vielen Spinnweben, durch die sie sich ihren Weg hatte bahnen müssen.
    Und die Spinnen waren wieder fleißig gewesen in den vergangenen Jahren, denn sie hatten
    jede Spur ihres einstigen Eindringens hier längst getilgt.
    Langsam ging sie den dunklen Gang hinunter, der nur durch die Öffnung in der Kirchenwand
    spärlich beleuchtet wurde. Elizabeth fluchte leise, dass sie vergessen hatte,
    einen der Altarleuchter mitzunehmen, wie sie das als Kind getan hatte, doch die Zeit drängte,
    [FONT=&quot]sie musste sich sputen. [/FONT]






    Und da sie nun schon am Ende des Ganges vor der kleinen Tür angekommen war, griff sie
    beherzt nach der Klinke und öffnete. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als es in den
    Angeln ächzte und quietschte als würde ein Mensch sich stöhnend über die unwillkommene
    Störung beklagen. Ein Luftzug fegte aus dem Raum, bewegte das feine Gespinst der Spinnen
    hin und her, Elizabeth schüttelte sich, schob die Tür weiter auf und ging hinein.





    Hinter der Tür herrschte fast völlige Dunkelheit. Das Licht der Kapelle reichte nicht mehr bis
    hierher und so musste sich Elizabeth langsam zu der schweren Kommode vortasten, von der
    sie wusste, dass sich darauf ein Kerzenleuchter befand. Wie gut, dass sie im Hinausgehen die
    Hölzer vm Kaminsims des Salons mitgenommen hatte. Nun konnte sie die Kerze entzünden,
    um sich um zu sehen und hätte sich fast vor ihrem eigenen Spiegelbild erschrocken, das sie
    [FONT=&quot]aus dem Dunkel anstarrte, als wäre sie selbst ein Geist. [/FONT]






    Sie schloss die Tür und wandte sich um. Nichts hatte sich verändert. Hier in diesem Raum, wo
    sich die ältesten Möbel des ganzen Schlosses befanden, schien die Zeit stillzustehen. Seit
    vielen Jahrhunderten hatte ihn kein lebendes Wesen mehr betreten, weil niemand von dessen
    Existenz wusste, niemand außer einem kleinen Mädchen auf der Suche nach einem
    Abenteuer. Auf der anderen Seite der Tür befand sich, flankiert von zwei kleinen Faltsesseln,
    ein schmaler quadratischer Tisch, auf dessen Fläche gerade mal ein vollbestückter eiserner
    Kerzenleuchter Platz hatte. Darüber hingen an der Wand zwei kostbare Dolche mit ihren
    edelsteingeschmückten Scheiden. Direkt gegenüber stand neben einer eher schmalen Truhe
    ein hoher reich geschnitzter Lehnstuhl. Ein großer Wandschirm verbarg den Rest des Raumes
    vor ungewollten Blicken. Nur der Himmel des Bettes mit den gedrechselten Pfosten ragte
    [FONT=&quot]darüber hinaus. [/FONT]






    Über der Truhe hing ein großformatiges Bild. Es war mit einem dunklen Schleier verhangen,
    doch Elizabeth erinnerte sich nur zu genau an das Porträt einer jungen Frau, die ihr, eingehüllt
    in schweren dunklen Samt und kostbare Spitze entgegengeblickt hatte.
    Zu eben diesem Bild ging sie nun, zog den Schleier ein Stück beiseite und betrachtete die
    Frau mit einer Mischung aus seltsamer Wehmut und ohnmächtigem Zorn. Schließlich begann
    sie zu sprechen.





    „Ich nehme an, dass du trotz der vielen Jahre, die inzwischen vergangen sind, noch weißt, wer
    ich bin. Ich hatte nicht damit gerechnet, diesen Ort noch einmal wiederzusehen, und ich bin
    heute auch nur hergekommen, weil du dein Wort gebrochen hast, im Gegensatz zu mir. Ich
    habe dein Geheimnis all' die Jahre bewahrt, warum hast du dich nicht an unsere Abmachung
    gehalten? Hast du geglaubt, ich sei inzwischen tot und dein Versprechen damit hinfällig?“
    Sie wartete, doch als sie von dem Bild keine Antwort erhielt, wurde sie ungeduldig.
    „Antworte mir, ich weiß, dass du hier bist. Du bist mir eine Antwort schuldig, oder findest du
    nicht?!“





    Sie fühlte einen kalten Hauch an sich vorüberwehen, als hätte eine eisige Hand sie gestreift,
    die Kerze erlosch, doch Elizabeth machte sich nicht die Mühe, sie aufs neue zu entzünden. Es
    wurde ohnehin gleich darauf taghell, da die überall verteilten Kerzen plötzlich von selbst zu
    brennen begannen.
    „Ich glaube nicht, dass ich dir noch irgendetwas schuldig bin.“ tönte eine Stimme hinter dem
    Wandschirm hervor. „Ich hatte dir verboten, jemals wieder hierher zukommen, egal aus
    welchem Grund auch immer. War es nicht so?“
    „Ja, es war so. Aber du hattest mir versprochen, dass dein Groll niemals meinen Zweig der
    Familie treffen würde. Und du willst doch nicht leugnen, dass du für den Zustand von Patrick
    verantwortlich bist.“ antwortete Elizabeth, ohne im geringsten überrascht zu sein und drehte
    [FONT=&quot]sich zu dem Wandschirm um.[/FONT]







    ++++++++++++++++++
    geht noch weiter


    Ein dickes Entschuldigung für die kleine Verspätung, diesmal hat es leider länger gedauert, bis ich die Bilder so halbwegs hatte, wie ich sie haben wollte.
    Aber nun sind sie alle oben und ich kann loslegen.


    Zunächst wieder ein liebes Dankeschön an die Karmaspender, PN Schreiber, und auch diejenigen, die heimlich still und leise hier weiter mitlesen.


    Und ein besonders großes natürlich an die Schreiberlinge hier im Thread.



    Lenya: natürlich hör ich hier auf. Wo denn sonst? :applaus
    Wo sie hingeht, siehst du ja nun gleich, und was ihr Abenteuer betrifft, auch darüber gibts noch einiges zu sagen.



    Rheasylvia: Wenn es spannend ist, lohnt es sich ja. Hoffe, das bleibt noch eine Weile so. Ich geb mir jedenfalls Mühe. Danke für das Kompliment.



    @gotti: Auch dir vielen Dank für das Lob, ich es mal gleich weiter, besonders an Juls, da ja vieles aus der Kirche von ihr stammt. Ich bin sicher, sie freut sich.
    Im Augenblick würde Alice nach so gut wie jedem Strohhalm greifen, davon kannst du ausgehen. Wenn es Patrick nur hilft.
    Was das Buch betrifft, hast du nicht unrecht, das meiste davon stammt tatsächlich aus dem 16. Jahrhundert.
    Was der Geheimgang zu Patricks eventueller Rettung beitragen soll, wirst du gleich sehen, wenn Elizabeth begleitest.



    Llynya: Deine Spekulationen haben viel Spaß gemacht und mit einigem liegst du sogar richtig, die Fragen, die du stellst und auch manche der Antworten darauf, aber wie du schon sagtest, ich kann dir nicht verraten, was davon stimmt, aber vieles wirst du ohnehin gleich selbst herausfinden. Also verzeih mir mein Schweigen. Behalte deine Fragen im Kopf, du bekommst auf jede eine Antwort, Stück für Stück.
    Nur soviel zum Thema Ball, der war angesagt, ein paar Tage nach den jetzigen Ereignissen sollte er stattfinden. Noch hat niemand ihn abgesagt, denn Alice hat es untypischerweise schlichtweg vergessen. Sollte Patrick sterben, wird wohl ein Begräbnis daraus werden.
    Und vielen Dank fürs Kompliment, auch deins leite ich weiter!


    Und nun werde ich, da die FS nicht kurz ist, lieber gleich mit dem Posten anfangen, ohne große Vorrede. Viel Vergnügen.

    *






    Lady Elizabeth wurde einer Antwort enthoben, da in diesem Augenblick der Butler eintrat.
    „Ich bitte um Vergebung, Euer Ladyschaft, aber Dr. Hastings bittet Sie beide, nach oben zu
    kommen. Das Fieber seiner Gnaden scheint wieder gestiegen zu sein. Er befürchtet das
    Schlimmste.“
    „Oh nein!“ Lady Alice warf einen hilfesuchenden Blick nach oben und stürzte verzweifelt die
    Hände ringend zur Tür hinaus, gefolgt von Edwards.
    Auch Elizabeth verließ den Salon, doch ohne Lady Alice nach zu gehen. Es musste etwas
    geschehen und zwar gleich, sonst war Patrick womöglich nicht mehr zu retten. Sie lief durch
    das totenstille Haus, nur den einen Gedanken im Kopf, sie musste versuchen, dieses Unheil
    abzuwenden, irgendwie.






    Ohne einer anderen Menschenseele als dem in der Halle diensttuenden Lakaien zu begegnen,
    erreichte sie die Hauskapelle. Als sie den Raum betrat, spürte sie für einen kurzen Moment
    wieder jenen Frieden, der sie immer erfasste, wenn sie ein Gotteshaus betrat. Hier gab es
    keine Bosheit, keinen Schrecken ... so könnte man meinen. So viele Generationen von
    Morgans hatten hier mehr oder weniger aufmerksam den Predigten der Pfarrer gelauscht und
    keine Ahnung davon gehabt, dass sich hinter den dicken Mauern der geweihten Stätte das
    furchtbarste Geheimnis dieser Familie verbarg!






    Ohne recht zu wissen warum ging sie geradewegs auf die kleine Apsis zu. Man hatte der
    Kirche, obwohl sie längst nicht mehr katholisch war, ihre alte mittelalterliche Ausstattung
    belassen, und so stand auch der kostbare Flügelaltar mit den Szenen aus dem Leben der
    Heiligen Katharina noch immer an seinem angestammten Platz. Mit einem leisen Seufzer sah
    Elizabeth zu ihr hinauf. Nein, die Schutzheilige der Familie Morgan hatte ihnen kein Glück
    gebracht. Kopfschüttelnd wandte sie sich wieder ab und betrat die kleine Seitenkapelle.






    Hier befanden sich die ältesten Grabdenkmäler der Familie, die der ersten Herzöge, ihrer
    Gemahlinnen und auch einiger ihrer Söhne. Sie erinnerte sich noch, wie sie das das erste Mal
    hierher gekommen war, gerade 11 Jahre alt und voller Neugier. Damals hatte sie, aus
    Langeweile in der Familienchronik der Herzöge gelesen und beschlossen, sich deren Gruft
    anzusehen. Eine eigenartige Beschäftigung für ein Kind ihres Alters, aber angesichts dessen,
    was sich gerade in den Stockwerken über ihr abgespielt hatte, vielleicht doch zu verstehen.
    Doch statt durch die kleine Tür in die Gruft hinabzusteigen, hatte eine ihr unerklärliche Macht
    sie zum Epitaph des ersten Duke of Ravensdale geführt. Furchteinflößend wirkte die
    gedrungene Gestalt des Mannes auf der Grabtafel noch heute auf sie.






    Sie erinnerte sich, er war als ein Mann geschildert worden, der zwar stets ehrenhaft seine
    Pflicht erfüllte und dafür von Königin Mary Tudor den Titel des Duke verliehen bekam, der
    aber auch seine Familie mit eiserner Hand regiert hatte und äußerst rücksichtslos sein konnte,
    wenn es galt, seine Interessen zu verfolgen. Der Bildhauer hatte es verstanden, genau diesen
    Zug auch in der Plastik einzufangen. Wie spielerisch waren ihre Finger damals über die
    einzelnen Wappen am rechten Rand geglitten. Die Platte schien aus einem Guss zu sein,
    doch... das war ein Irrtum, denn auf einmal passierte genau das, womit sie nie, nicht einmal in
    ihrer Fantasie gerechnet hätte.






    Doch das alles war schon so lange her, sie konnte sich nicht mehr entsinnen, welches der
    Wappen sie drücken musste, um den Mechanismus auszulösen.
    „Nimm dich zusammen!“ rief sie sich selbst zur Ordnung. Sie atmete tief durch, suchte sich
    zurück zu versetzen in die alte Zeit und begann die kleinen Wappen abzutasten. Aber nichts
    tat sich, wieder und wieder versuchte sie es, bis sie schon fast verzweifelt mit dem Fuß
    aufstampfte und Kirche hin oder her zu fluchen begann. „Ich weiß, dass ich es kann, ich weiß
    es. Verdammt noch mal, jetzt geh endlich auf!“
    Ihr Daumen presste sich auf den Helm eines Wappens, so kräftig, als wolle sie ihn
    eindrücken. Sie erschrak regelrecht, als er nachgab und ein eigenartig knirschendes Geräusch
    durch den Kirchenraum hallte.






    Sie riss die Augen auf und sah, wie der Epitaph nach hinten rückte und den verborgenen
    Eingang freigab. Trockene, sehr stickige Luft schlug ihr entgegen und raubte ihr einen
    Moment den Atem. Genauso war es auch damals gewesen, als dieser Gang sich vor der
    staunenden Elfjährigen geöffnet hatte.
    Damals wie heute hatte sie in die Finsternis gestarrt, bis sie schließlich mit zitternden Knien
    doch voller Abenteuerlust hineingegangen war. Irgendwohin musste dieser Gang doch führen
    und nach den Spinnweben zu urteilen, war schon lange niemand mehr hier gewesen. Und als
    am Ende dieses engen langen Ganges eine weitere Tür aufgetaucht war, da hatte sie nichts
    mehr halten können. Sie wusste nur nicht, dass sie in diesem Moment vor dem größten
    Abenteuer ihres Lebens stehen würde, ein Abenteuer, das sie nun wieder einholte.






    +++++++++++++++++++++++++++++++
    Und das war es wieder für heute. Wo der Gang denn nun hin führt, und was Elizabeth dort zu finden hofft, das gibt's dann am nächsten Wochenende.
    Danke noch einmal an alle für das Lob für die Bilder und ich hoffe, ich konnte dem auch heute wieder gerecht werden.
    Bis zum nächsten Mal
    LG
    Nery

    *





    Eine ganze Weile war Elizabeth in Gedanken versunken durch den Salon gewandert, sich
    immer neue Worte zurechtlegend, mit denen sie Alice zu überzeugen gedachte. Aber nichts
    schien ihr wirklich dafür geeignet zu sein. Wie erklärte man einer Mutter, dass ihr Sohn
    sterben würde, obwohl ihm nichts fehlte?
    Jemand räusperte sich hinter ihr und sie fuhr herum. Edwards schob soeben einen kleinen
    Servierwagen in den Salon. Er zögerte einen Moment, als er sie dort stehen sah.
    „Darf ich den Tee jetzt servieren?“ Sie nickte und setzte sich wieder an den Kamin. Noch
    immer fröstelte sie, doch nicht vor Kälte.





    „Ihre Ladyschaft wird sogleich herunter kommen. Sie bittet Mylady noch um ein klein wenig
    Geduld.“ erklärte der Butler, während er alles auf dem kleinen ovalen Tisch vor ihr
    arrangierte und dann mit eleganter Bewegung eine der Tassen füllte.
    „Ist gut Edwards.“ Er reichte ihr die Tasse und wandte sich zum Gehen. „Ach Edwards,“
    hielt sie ihn zurück. „Ist mein Gepäck schon ausgeladen worden?“
    „Selbstverständlich Mylady.“
    „Dann richten Sie meiner Zofe bitte aus, sie möchte mir das Buch bringen, dass sich in der
    Ledertasche befindet. Sie weiß, welches gemeint ist.“
    „Sehr wohl!“





    Wenig später reichte ihr der Butler mit einer würdevollen Verneigung ein eher unscheinbar
    aussehendes Buch. „Haben Mylady sonst noch einen Wunsch?“
    „Nein danke.“
    Nachdem der Butler verschwunden war und Elizabeth die belebende Tasse heißen Tees
    ausgetrunken und sich selbst noch einmal nachgegossen hatte, griff sie nach dem Buch und
    begann darin herumzublättern. Es war kein gewöhnliches Buch, keines, das man bei einem
    Buchhändler erwerben konnte. Im Grunde war es nur eine Sammlung handgeschriebener
    Blätter, Briefe und Tagebucheinträge, die man in einen festen Einband gebunden hatte.
    Die Geschichte, die man darin lesen konnte, kannte sie fast auswendig, obwohl es lange
    [FONT=&quot]gedauert hatte, bis sie die altertümliche Sprache verstand. [/FONT]






    Gerade als sie die Stelle, nach der sie suchte, gefunden hatte, öffnete sich die Tür und Lady
    Alice kam herein.
    „Du wolltest mich sprechen.“ Als sie näher kam, konnte Elizabeth sehen, in welch
    mitleiderregendem Zustand sie sich befand. Dunkle Ringe unter den vom Weinen glänzenden
    Augen, blasse Wangen und das kraftlose Herabsinken der Schultern zeugten von dem
    anstrengenden Tag. Nur einmal hatte sie Alice so erlebt, als deren Mann Henry vor vier
    Jahren einen Schlaganfall erlitt und wenig später trotz ihrer aufopfernden Pflege starb.
    „Komm, setz' dich zu mir und trink eine Tasse Tee.“ bat die Countess in mütterlichem Ton
    und wies auf den Platz ihr gegenüber, während sie das Buch achtlos neben sich legte und
    scheinbar unabsichtlich unter ihren Röcken verschwinden ließ. „Das wird dir gut tun und neue
    [FONT=&quot]Kraft schenken. Du wirst sie brauchen!“ [/FONT]






    Dankbar nahm Lady Alice den Tee an und setzte sich. Elizabeth nutzte die Zeit, während sie
    das heiße Getränk genossen, um ihre Gedanken zu sammeln und noch einmal abzuwägen, wie
    viel sie der anderen würde erzählen müssen, damit sie ihr Glauben schenkte. Schließlich
    stellte sie ihre Tasse zurück, beugte sich leicht nach vorn und begann.
    „Ich weiß, was ich dir jetzt zu sagen habe, wird dir nicht gefallen. Du wirst mir
    wahrscheinlich nicht glauben, so wie schon im Frühjahr, als ich euch beide warnte.“ Sie
    wehrte den Einspruch von Lady Alice ab. „Ja, ich weiß, eigentlich sollten wir nicht mehr
    davon reden, aber nun, da eingetroffen ist, was ich befürchtet habe, müssen wir.“
    [FONT=&quot]Lady Alice sah sie erstaunt an. [/FONT]






    „Soll das heißen, du wusstest, dass er vom Pferd stürzen würde?“
    „Nicht dass er einen Reitunfall haben würde, aber dass er in Gefahr war, und ihm etwas
    geschehen würde, das wusste ich, ja.“
    „Aber woher? Wie konntest du das wissen?“
    Ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll. Ich konnte es nie jemandem erklären. Alle haben
    mich für verrückt gehalten, wenn ich es auch nur versucht habe. Du auch.“ Sie starrte einen
    Augenblick lang in die Flammen, die gierig über das Holz im Kamin tanzten und merkte
    [FONT=&quot]nicht, wie sie einen tiefen Seufzer ausstieß. [/FONT]






    „Ich wollte dir gewiss nicht weh tun“ unterbrach Alice in bekümmertem Ton die drückende
    Stille, „aber du musst zugeben, was du damals erzählt hast, ergab einfach keinen Sinn. Du
    sprachst von einer unheimlichen Bedrohung, von einem Fluch, der auf dem Geschlecht der
    Dukes of Ravensdale lastet und jeden trifft, der den Titel trägt. Das war alles. Wie hätte ich
    dir glauben können? Ich begreife es ja selbst heute noch nicht.“
    [FONT=&quot]Elizabeth nickte und sah sie mit einem gütigen Blick an. [/FONT]






    „Ich weiß, ich muss mich angehört haben, wie eine alte Kräuterhexe. Ich hoffte damals, ich
    würde mich irren, Patrick wäre aufgrund seiner Herkunft aus unserem Zweig der Familie
    nicht mehr betroffen. Ich gab mich der Hoffnung hin, der Fluch wäre nun, da der Titel auf die
    jüngere Linie übergegangen ist, endlich gebrochen. Deshalb wollte ich nicht zuviel sagen.
    Doch ich habe mich geirrt. Es wäre wohl besser gewesen, ich hätte Patrick gleich alles
    erzählt, dann wäre uns das heute sicher erspart geblieben. Aber mich band ein Versprechen,
    damals wie heute.“
    Sie blickte auf und bemerkte, dass Lady Alice sie völlig verwirrt ansah.
    „Was um alles in der Welt meinst du? Ich bitte dich, Elizabeth, hör endlich auf, in Rätseln zu
    sprechen. Was hättest du Patrick sagen sollen und was hat das mit dem andern Zweig der
    [FONT=&quot]Familie zu tun?“ [/FONT]






    ++++++++++++++++++++
    geht noch weiter

    Guten Abend, es ist mal wieder Sonntag und Zeit für das nächste Update.
    Ich hoffe, ihr hattet alle eine schöne, ruhige Woche.



    Auch heute wieder ein liebes Dankeschön an alle, die fleißig kommentiert haben oder Karma gespendet und anderweitig ihr Feedback abgegeben haben.
    Es hat wie immer Spaß gemacht, Eure Gedanken zu lesen.



    Lenya: ok, ich geb mich geschlagen, natürlich ist das wichtig.
    Mittel der Wahl, so könnte man das durchaus nennen. Und da er ja nun schon mal da liegt, ist es doch ganz leicht, ihn umzubringen. :applaus
    Es hat Elizabeth einiges gekostet, ihren Stolz herunter zu schlucken und wieder zu kommen. Aber es stimmt, was sie weiß, ist viel zu wichtig, als dass man schmollend in einer Ecke sitzen könnte.



    Julsfels: oh du darfst das gern so oft lesen, wie du willst. Und vielen Dank für das Lob, die Hälfte davon geb ich gern an den tollen Bastler zurück. Danke für deine wundervollen Bilder, sonst wären die Wände doch reichlich kahl. :rosen
    So, du willst also wissen, was genau Elizabeth weiß. Hmm, das verrate ich dir aber erst nächste Woche, heute noch nicht.
    Und wie wir ja inzwischen festgestellt haben, hast du nicht nur eine vage Vorstellung davon, was in dem Kästchen ist, sondern eine ziemlich genaue. Ich freu mich schon sehr darauf.


    Llynya: na jetzt bin ich aber erleichtert, dass du mir meine Geheimnisse noch ein bissel gönnen willst.
    Was da auf Patrick zukommen würde, kann man mit einem Wort sagen: der Tod. Aber natürlich geht die Geschichte noch ein ganzes Stück weiter, wie, das... nein, das sag ich nicht, meine Lippen sind versiegelt. :megafroi
    Und ich denke mal, Alice wird wohl nun mehr oder weniger gezwungen sein, der Tante zuzuhören, ob sie ihr nun glaubt oder nicht. Es stimmt, es geht um ihren Sohn und in der Not greift man nach allem und jedem.



    @gotti: Das Fieber ist bedrohlich, oh ja, lebensbedrohlich. Und wer ist die richtige Frage. Und deine Antwort: psst, sags niemandem... :rollauge
    Elizabeths Ankunft ist sehr wichtig, ohne sie geht es nicht, sie wäre Patricks einzige Chance, sollte er wirklich noch eine haben.
    Und sie wird etwas unternehmen, das wirst du gleich sehen. Ob es dann zum Erfolg führen wird, das wird sich zeigen müssen.



    So, nun aber genug der kryptischen Worte. Ich werde jetzt einfach beginnen.
    Die Fortsetzung selbst ist nicht ganz so lang, aber da die nachfolgende ein in sich abgeschlossenes Kapitel ist, musste ich das abtrennen, damit es beim nächsten Mal nicht zuuuuu lang wird.
    Viel Vergnügen.



    Und: ein besonders großes Dankeschön für diese Folge an Julsfels, mit deren Hilfe ich eine wunderbare Kirche einrichten konnte, wie ich sie mir vorgestellt haben. :anbet


    *






    Als sie das Zimmer betraten, lief Elizabeth ein leichter Schauer über den Rücken. Viel hatte
    sich seit ihrem letzten Besuch hier nicht verändert. Wie lange war das jetzt her, sechzig Jahre?
    Noch immer waren die Wände durch die alte Holzvertäfelung mit der Damasteinlage
    verkleidet. Sie strahlte, als hätte man sie erst gestern aufpoliert und neu befestigt. Vermutlich
    hatte man sie ebenso erneuert, wie die meisten anderen Wandverkleidungen im Schloss.
    George hatte dafür jedenfalls kein Geld übrig gehabt, das wusste sie.
    Nur die schweren Samtvorhänge hatte man gegen leichtere aus Seide ausgetauscht. Obwohl
    sie ebenfalls rot waren, und auch die Sitzgruppe lediglich eine neue Polsterbespannung
    bekommen hatte, verlor der Raum auf diese Weise viel von seiner Düsternis, an die sich
    Elizabeth trotz der vielen Jahre noch gut erinnern konnte.






    Der Arzt kam ihnen entgegen, doch auf die stumme Frage der Mutter schüttelte er nur den
    Kopf. Lady Alice eilte zurück an das Bett ihres Sohnes, während Lady Elizabeth den alten
    Mann, der schon seit langer Zeit der Hausarzt der hier ansässigen herzoglichen Familie war,
    auf die Seite zog.
    „Sagen Sie mir bitte genau, was passiert ist, Doktor Hastings!“ forderte sie. „Wie schlimm
    ist es?“ Der Arzt zuckte hilflos mit den Schultern
    „Viel vermag ich nicht zu sagen, Mylady. Seine Gnaden hat keine Verletzungen erlitten, nur
    eine starke Prellung an seinem Knöchel und eine leicht geschwollene Abschürfung an seinem
    Kopf. Er war bereits ohnmächtig, als man ihn fand und nach Hause brachte und ist seither nur
    ein einziges Mal ganz kurz zu Bewusstsein gekommen. Ich glaube nicht, dass er irgendwelche
    inneren Verletzungen erlitten hat, dennoch hat er hohes Fieber, das ihn förmlich zu
    verbrennen scheint. Das ist alles sehr seltsam, vor allem eines...“ der Arzt stockte, doch sie
    drängte ihn fortzufahren.






    „Nun als man ihn herbrachte, war er lediglich bewusstlos, aber innerhalb kürzester Zeit stieg
    seine Temperatur in so dramatischer Weise, wie es eigentlich undenkbar ist. Allerdings...“
    wieder zögerte er, dass Elizabeth fast die Geduld verlor. „Ich habe einen solchen Fall schon
    einmal erlebt in dieser Familie, vor gar nicht langer Zeit, und zwar als der letzte Duke
    verstarb. Auch er stürzte ja vom Pferd, wie Euer Ladyschaft sicher wissen. Im Gegensatz zu
    Seiner Gnaden zog er sich dabei sehr schlimme Verletzungen zu, was zumindest das Fieber an
    sich erklärte, nicht aber dessen plötzlichen ungeheuren Anstieg, man könnte sagen fast von
    einer Minute zur anderen.“
    „Ich danke Ihnen.“ Lady Elizabeth war bei den letzten Worten des Mannes blass geworden.






    Sie warf einen kurzen Blick auf ihren Neffen, der bleich, schweißnass und dabei völlig reglos
    in den Kissen lag und verließ das Zimmer. Langsam und schleppend stieg sie die Treppe
    hinunter. Dem wartenden Butler schien es, als sei sie in den wenigen Minuten um Jahre
    gealtert, als hätte eine viel zu schwere Last ihre Schultern gebeugt und ihren Gang
    verlangsamt, als müsse sie sich zu jedem Schritt förmlich zwingen. Sie schien den Diener gar
    nicht wahr zu nehmen, der vor ihr her schritt und ehrerbietig die Tür zum Salon öffnete. Ohne
    einen Blick für ihn trat sie ein und ging geradewegs auf den Kamin zu.






    Trotz der spätsommerlich warmen Temperaturen draußen brannte dort ein kleines Feuer.
    Lady Alice fand es so gemütlicher und außerdem fröstelte sie in den Abendstunden leicht.
    Und obwohl sie den letzten Tag fast ausschließlich im Schlafzimmer ihres Sohnes zugebracht
    hatte, kam doch niemand auf die Idee, ihre einmal getroffenen Anordnungen außer acht zu
    lassen.
    Und Elizabeth war dankbar dafür, denn im Augenblick steckte ihr die Angstkälte in den
    Knochen. Zitternd streckte sie ihre immer noch schlanken, aber von Altersflecken übersäten
    Hände dem Feuer entgegen und fragte sich, wie sie das Verderben aufhalten könne.
    „Wie meinen Mylady?“ hörte sie da eine Stimme hinter sich, erschrak und fuhr herum.






    „Ach Sie sind's Edwards, ich habe nur mit mir selbst gesprochen. Ich mache mir große Sorgen
    um Seine Gnaden.“ Der weißhaarige Mann nickte würdevoll.
    „Das kann ich verstehen, Mylady. Sie waren Seiner Gnaden ja immer sehr zugetan. Kann ich
    etwas für Euer Ladyschaft tun? Wünschen Mylady vielleicht eine Tasse Tee oder ein Glas
    Sherry?“
    „Eine Tasse Tee wäre in der Tat sehr gut. Und dann sagen Sie Lady Alice bitte, sie möchte
    doch zu mir in den Salon kommen. Ich habe etwas Wichtiges mit ihr zu besprechen.“
    „Sehr wohl Mylady“. Ohne einen weiteren Laut zog der alte Butler sich zurück und Lady
    Elizabeth blieb allein zurück.






    Sie starrte in die Flammen und dachte nach. Wie konnte sie Alice von ihrem Verdacht
    erzählen, ohne dass diese sie für verrückt erklärte? Das hatte sie schließlich schon im Frühjahr
    getan und damals hatte sie nur Andeutungen machen können, machen dürfen. Wenn sie
    Patricks Mutter jetzt mit der ganzen Geschichte konfrontierte, würde die kaum anders
    reagieren, oder? Zudem, wenn sie es recht bedachte, würde sie sich nicht anders verhalten,
    denn schließlich beweisen konnte sie die Geschichte nicht. Aber sie musste, denn für den Fall,
    dass sie recht hatte, war der Junge verloren, dann konnte kein Arzt der Welt ihm mehr helfen.
    Nein sie musste etwas unternehmen, selbst auf die Gefahr hin, erneut von seiner Mutter aus
    dem Haus gewiesen zu werden und diesmal wohl für immer. Sie hatte nicht umsonst ihren
    Stolz hinunter geschluckt und war nach Ravensdale gekommen. Nun konnte sie nur hoffen, es
    war noch nicht zu spät.





    ++++++++++++++++++++
    Und das war es für heute. Ich weiß, eigentlich ist ja nicht allzu viel passiert, aber auch das muss sein. An der nächsten FS ist schon gearbeitet, kommt wieder am Wochenende. Ich wünsch euch allen eine schöne Woche und wenn ihr Zeit habt, schreibt mir eure Gedanken.
    LG
    Nery

    *






    Zur selben Tag flog im Erdgeschoss mit einem unwilligen Knarren die schwere Eingangstür
    auf, noch bevor der Butler sie öffnen konnte. Ein Diener in fremder Livree sprang beflissen
    zur Seite, um Lady Elizabeth Fairchild herein zu lassen. Sie rauschte an dem leicht
    konsterniert blickenden Edwards vorbei, nickte ihm gerade mal zu, sodass dem Butler nichts
    weiter übrig blieb, als ihr zu folgen.
    „Wann ist das passiert? Und was genau ist denn nun eigentlich passiert? Wie schwer ist er
    verletzt? Wieso erzählt hier jeder immer nur die Hälfte?“ prasselten die Fragen auf den Mann
    herunter, ohne dass er eine Chance bekam zu antworten.






    „Wo ist der Duke?“ verlangte die Countess schließlich zu wissen, als sie endlich einmal Luft
    holen musste, doch nur um sich die Frage gleich darauf selbst zu beantworten. „In seinem
    Schlafzimmer, vermute ich. Danke, ich ... kenne den Weg!“ Zielstrebig und in einem beinahe
    jugendlichem Tempo durchquerte sie die Halle, ohne weiter auf den Butler zu achten.
    Und ob sie den Weg kannte. Obwohl sie nun schon eine lange Zeit nicht mehr hier gewesen
    war, die Ereignisse in diesem Haus hatten sich so fest in ihre Erinnerung eingegraben, dass
    sie, sofern Johns Nachfolger keine wesentlichen Änderungen vorgenommen hatten, sich hier
    niemals verlaufen könnte, trotz der Größe des Schlosses und dessen verwinkelten Gängen. Ja,
    sie konnte sogar mit Fug und Recht von sich behaupten, dass sie Ravensdale Hall besser
    kannte, als jeder andere, die Besitzer eingeschlossen.






    Sie hatte den Fuß der Treppe fast erreicht, als die Mutter des Dukes auf der Galerie erschien
    und erstaunt zu ihr hinunter sah. Eine Kutsche sei die Auffahrt hinauf gekommen, hatte ihr die
    Zofe gemeldet, doch nicht, wer da im Schloss erschien. Und so war sie eigentlich nur in die
    Halle gegangen, um den unangemeldeten Besuch so schnell es ging wieder hinaus zu
    komplimentieren. Nun traute sie ihren Augen kaum.
    „Elizabeth?“ fragte sie zögernd, bevor in ihren Augen plötzlich neben der Überraschung auch
    Freude aufflackerte. „Was machst du denn hier?“ fragte sie, während sie zusah, wie die alte
    Countess die Treppe hinaufhastete und sie ohne zu zögern liebevoll in die Arme nahm.
    Voller Freude folgte Alice ihrem Beispiel und drückte sie an sich.






    „Dass du gekommen bist, und das gerade jetzt!“ seufzte sie leise. „Als hätte der Himmel dich
    geschickt! Woher wusstest du das nur?“
    „Ich hab es gar nicht gewusst“entgegnete Lady Elizabeth. „Dass Patrick einen Unfall hatte,
    erfuhr ich erst, als ich hier aus der Kutsche stieg. Deine Stallknechte laufen mit einer Miene
    herum, die einfach nichts Gutes verhieß. Ich musste einfach fragen.“
    „Aber wo kommst du denn so plötzlich her?“ Alice verkniff sich die Bemerkung, dass
    Elizabeth nach allem, was geschehen war, die Letzte war, mit der sie hier gerechnet hätte.






    „Ich war bei Jason“, antwortete die Countess und löste die Umarmung. „Du erinnerst dich
    sicher an den Bruder Patricks Großmutter? Wir haben..“ sie zögerte kurz, „...ein wenig
    geplaudert, über die alten Zeiten. Und da ich ohnehin auf dem Weg nach Hause diese Strecke
    nehmen musste, dachte ich, es wäre vielleicht nicht so schlecht, wenn du und ich...“
    Lady Alice legte ihr die Hand auf den Arm und sah sie leicht verlegen an.
    „Was damals geschehen ist, auf dem Ball, ich... das war wirklich unverzeihlich. Ich habe dir
    sehr weh getan, und ich möchte mich entschuldigen. Ich hätte dich nicht wegen einer solchen
    Kleinigkeit aus dem Hause werfen dürfen. Es tut mir leid, bitte glaub mir!“






    „Weißt du, ich hätte schon längst wieder herkommen sollen, statt die Gekränkte zu spielen
    und mich in meinem Haus zu verkriechen,“ begütigte sie die Countess „Ich hätte an deiner
    Stelle vielleicht sogar ebenso gehandelt. Wir sollten diese dumme Sache einfach vergessen
    und uns statt dessen um Patrick kümmern. Bringst du mich zu ihm?“
    Lady Alice nickte mit deutlich sichtbarer Erleichterung und ging schweigend voran, in
    Gedanken schon wieder bei ihrem Sohn. So bemerkte sie die nachdenklichen Blicke nicht, die
    Elizabeth ihr immer wieder auf dem Weg durch den langen Korridor zuwarf. Arme Alice,
    wenn sie recht hatte, und das befürchtete sie, angesichts des Zeitpunkts von Patricks Unfall,
    dann stand ihr der Schock ihres Lebens bevor.




    ++++++++++++++++++
    geht noch weiter

    *






    Sie hatten ihn gefunden!
    Kaum hatte Edwards ihr das mit einem erleichterten Lächeln mitgeteilt, hielt Lady Alice
    nichts mehr und sie stürzte gänzlich undamenhaft nach draußen, wo die Knechte ihren Sohn
    gerade die Auffahrt hinauftrugen.
    Das Herz zog sich ihr zusammen bei dem Anblick, hatte sie doch gehofft, er hätte sich
    lediglich blaue Flecken zugezogen und würde ihr nun, gestützt von einem Stallknecht mit
    seinem üblichen schiefen Lächeln zu winken. Stattdessen lag er bleich und stumm auf der in
    aller Eile zusammengezimmerten Trage, die Augen fest geschlossen, einen feinen Film kalten
    Schweißes auf der Stirn.
    „So haben wir ihn auf der Lichtung gefunden, Mylady. Er hat sich seitdem nicht bewegt“
    erklärte man ihr und sie nickte nur stumm und wies die Männer an, Patrick in das
    Herrenschlafzimmer zu bringen.






    Mit zitternden Fingern beobachtete Lady Alice dort gemeinsam mit dem inzwischen
    eingetroffenen Arzt, wie der Kammerdiener seinen Herrn trotz der ungewohnten Situation mit
    gekonnten Griffen aus den Kleidern schälte. Patrick selbst schien davon nichts zu bemerken,
    denn noch immer rührte er sich nicht und gab auch keinen Laut von sich.
    Trotzdem mahnte der Arzt zur Vorsicht, obwohl es nach der ersten kurzen Untersuchung
    nicht danach aussah, als hätte sich der Duke bei seinem Sturz ernsthafte Verletzungen wie
    etwa Knochenbrüche zugezogen. Allerdings, so meinte er, konnte man mögliche innere
    Verletzungen nicht ausschließen. Dafür müsse er ihn schon einer genaueren Examination
    unterziehen. Lady Alice verstand den Wink und zog sich in den hinteren Teil des Raumes
    zurück.






    Unruhig und scheinbar eine Ewigkeit, so schien es ihr zumindest, stand sie dort am Fenster
    und starrte blicklos auf den in strahlendem Sonnenschein liegenden Garten, die Kehle wie
    zugeschnürt, ohne recht zu wissen, warum sie gerade jetzt vor Angst verging.
    Er war doch als kleiner Junge so oft von seinem Pferd gestürzt und jedesmal sofort wieder im
    Sattel gewesen. Nichts konnte ihn von diesen Tieren fernhalten, nichts bereitete ihm mehr
    Freude, als in wildem Tempo über die Wiesen zu jagen, um selbst den Wind einzuholen. Und
    obwohl sie auch damals manchmal ein mulmiges Gefühl im Magen bekommen hatte, wenn
    sie ihn davon preschen sah, so schlimm wie heute war es nie gewesen.
    „Nur ein Sturz, ein kleiner harmloser Sturz, wie er öfters vorkommt!“ sagte sie sich immer
    wieder, in der vergeblichen Hoffnung, sich selbst davon zu überzeugen, dass es keinen Grund
    für ihre Besorgnis gab.






    Leider konnte Dr. Hastings, als er schließlich wieder zu ihr kam, sie diesbezüglich nicht beruhigen.
    „Seine Gnaden muss sich entweder direkt vor oder während des Sturzes den Kopf
    angeschlagen haben, Mylady. Ich habe eine Abschürfung gefunden, die leicht geschwollen ist.
    Sonst gibt es keinen Hinweis auf andere Verletzungen.“
    „Das ist doch nun aber eine gute Nachricht, nicht wahr, Doktor?“ meinte sie unsicher, denn
    der Unterton in seiner Stimme gefiel ihr nicht.
    Der Mann zuckte mit den Schultern. „Normalerweise wäre es das, Mylady. Aber die
    anhaltende Bewusstlosigkeit des Herzogs macht mir Sorgen. Er müsste schon recht hart
    aufgeschlagen sein, um so lange ohnmächtig zu bleiben, und danach sieht mir die kleine
    Verletzung am Kopf eigentlich nicht aus.“






    Ein leises Stöhnen ließ die beiden zusammenfahren und in Richtung des Bettes schauen.
    „Er hat sich bewegt!“ rief Lady Alice, eilte zu ihrem Sohn und beugte sich mit einem
    glücklichen Lächeln über ihn. „Patrick!“ rief sie ihn leise. „Patrick kannst du mich hören?“
    Und tatsächlich drehte er mit einem neuerlichen Stöhnen seinen Kopf in ihre Richtung und
    schlug die Augen auf. Erleichtert lächelte sie ihn. „Du machst mir vielleicht Geschichten. Uns
    solche Angst einzujagen!“ Doch dann gefor ihr das Lächeln. Er schien sie gar nicht
    wahrzunehmen, unstet irrte sein Blick durch den Raum, bevor er heiser hervor stieß:
    „Wo ist sie?“
    Alice schüttelte verständnislos den Kopf. „Wer Patrick? Von wem sprichst du? Patrick?“
    Sie beugte sich tiefer, weil sie meinte, er würde etwas flüstern, doch da sank sein Kopf auch
    schon zurück aufs Kissen und die Augen schlossen sich wieder. „Patrick!“






    Verzweifelt sah sie den Arzt an, der ihren Sohn erneut untersuchte, seine Pupillen prüfte und
    ihm mit einem überraschten Laut die Hand von der Stirn zog.
    „Was ist mit ihm, Dr. Hastings?“ fragte Lady Alice ängstlich, als er sich wieder aufrichtete.
    „Er scheint wieder ohnmächtig geworden zu sein und wenn ich mich nicht täusche, hat er
    Fieber bekommen.“
    „Fieber? Aber Sie sagten doch eben noch, er hätte keinerlei Verletzungen! Wieso bekommt er
    dann Fieber? Das verstehe ich nicht.“
    „Da bin ich im Augenblick selbst etwas überfragt. Er könnte natürlich eine Verletzung im
    Inneren des Schädels selbst haben, aber das glaube ich eigentlich nicht. Es deutet ja sonst
    nichts darauf hin. Ich...“ er räusperte sich.






    „Ja Doktor?“ Seine offenkundige Ratlosigkeit ließ ihre Stimme zittern.
    „Ich... ich würde Mylady empfehlen, einen Spezialisten aus London kommen zu lassen. Und
    das am besten gleich.“
    „So schlimm? Ich meine, er war doch gerade eben noch wach? Vielleicht ist er ja nur
    erschöpft?“ Der Mann schüttelte den Kopf.
    „Seine Gnaden schien vor ein paar Minuten auch noch kein Fieber zu haben und doch...“ er
    beugte sich noch einmal zu Patrick. „Und doch fühlt er sich immer wärmer an. Das muss eine
    Ursache haben, die ich aber leider nicht finden kann.“ Und wohl auch nicht finde werde, fügte
    er in Gedanken hinzu und sah zu, wie die Viscountess an der Seite ihres Sohnes auf einen
    Stuhl sank und nach dessen Hand griff. Sollte er ihr davon erzählen, was ihm gerade eben
    durch den Kopf geschossen war?






    Aber dann schüttelte er den Kopf. Womöglich machte er sich nur lächerlich mit seinen
    Vermutungen, die niemandem helfen würden. Wenn er sich irrte, saß der Duke schon morgen
    wieder an seinem Schreibtisch. Und wenn nicht, dann.... nahm er dessen Mutter nur die
    Hoffnung, die sie aufrecht hielt und ihr Kraft gab, eine Kraft, die sie jetzt brauchte.
    Obwohl man sie in den folgenden Stunden desöfteren bat, doch wenigstens etwas zu essen,
    weigerte sie sich, von Patricks Seite zu weichen. Sie blieb an seinem Bett, dirigierte die
    Diener, die den Bewusstlosen in feuchte Tücher einschlugen, um das ständig steigende Fieber
    zu senken. Doch was sie auch unternahmen, nichts schien zu wirken. Irgendwann am späten
    Nachmittag ließ sie sich wieder auf den Stuhl fallen. Was, wenn das die ganze Nacht so
    weiterging? Wenn sein Fieber weiter derart stieg? Seine Haut war blass und glühte, doch sein
    Atem ging ruhig. Das alles passte irgendwie nicht zusammen, aber wenn er nicht bald wieder
    wach wurde, dann...





    +++++++++++++++++++
    geht noch weiter

    Guten Abend.
    Noch ist Sonntag, also kann ich noch schnell vor dem Schlafengehen die nächste FS posten.
    Vielen Dank an alle Karmaspender, PN Schreiber und natürlich auch an die Kommentatoren. Ich bin ja richtig erleichtert, dass ihr noch mitlest und mitschreibt. :)



    Lenya: du weißt doch, wie das mit den Warnungen ist, in den seltensten Fällen beachtet sie jemand. Die meisten werden erst durch Schaden klug. Ob also dein "Schnuckel" gesund und munter wieder aufsteht, das kann ich dir leider nicht versprechen. :rollauge
    Auch die gute Lady Jersey hat keine Ahnung, was da vor sich geht, sie würde es gern wissen, aber sie hält sich zurück.




    Llynya: ich gebe dir recht, selbst wenn die Pausen manchmal erzwungen sind. Und ich gebe dir auch recht was Elizabeth betrifft, sie liebt ihren Neffen doch viel zu sehr.
    Die Meinung der andern interessiert Patrick wenig, wenn es um die Wahl seiner zukünftigen Gattin geht, und wenn es denn die Isobel sein soll... dann haben die andern das Nachsehen.
    Ob er den Hausgeist kennt? Da wirst du wohl noch ein Weilchen warten müssen, bis ich dir das verrate. :D



    @gotti: eine gute frage, warum er da so plötzlich abgereist ist. aber leider kann ich dir darauf noch keine antwort geben. nur dass Patrick tatsächlich einen Grund dafür hatte.
    Wer nun die Dame ist, die nun bei ihm sitzt, und ob sie seinen Absturz verursacht hat, das wird in den nächsten FS geklärt werden. Das "Du" hat allerdings schon etwas zu bedeuten. ;)



    Rheasylvia: jaja, erfahren wirst du das, aber jetzt noch nicht. Die Spannung muss noch ein bissel halten.
    Gesehen hat Patrick die Dame noch nicht so wirklich, nur einen Schatten mit dem Umriss einer Frau und deren Stimme gehört und glaubt, er hätte sich das alles eingebildet. Wer glaubt schon an Geister, Flüche und ähnliches. Wenn er noch die Chance dazu bekommt, er bestimmt! :roftl



    Jane Eyre: *grins* Elizabeth als Reinkarnation? Das ist eine Möglichkeit, über die ich noch gar nicht nachgedacht habe. Es wäre allerdings schwierig, da sie, wie ja schon in einer Erinnerung gezeigt, dem Geist selbst schon einmal als Kind begegnet ist. Aber es stimmt, sie ist im Augenblick etwas beschäftigt und natürlich auch etwas gekränkt.
    Auch verwirrt? Fein. Das finde ich gut. Schließlich lebt eine Geistergeschichte von Rätseln und Geheimnissen.
    Und warten musst du ja nun nicht mehr. :)



    Noch einmal vielen lieben Dank an alle, auch für die kleinen Spekulationen. Es ist immer wieder schön zu sehen, in welche Richtung eure Gedanken beim Lesen gehen.
    Die heutige FS ist ein wenig länger, obwohl... na ihr werdet schon sehen.
    Viel Vergnügen!

    *






    „Was ist denn passiert, Edwards?“ erkundigte sie sich und erschrak, als sie das nervöse
    Flattern seiner Lider bemerkte. Was konnte den unerschütterlichen Butler aus seiner Ruhe
    bringen.
    „Mylady... man.. hat mir soeben mitgeteilt, dass...“ er stockte und fuhr dann leise fort. „der
    Hengst Seiner Gnaden ist vor dem Stall aufgetaucht.... ohne Seine Gnaden!“
    Eine kalte Hand schien sich um Lady Alice’ Herz zu legen. Ihre Gedanken wirbelten
    durcheinander. Wenn der Hengst allein zurückkam, konnte das nur heißen....
    „Er wurde abgeworfen?“ Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme leicht schrill wurde.
    Der Mann nickte. „Es sieht ganz danach aus, Mylady.“








    Für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen.
    „Mylady!“ Mrs Cramden streckte erschrocken die Arme aus, als sie schwankte und half ihr zu
    der Sitzgruppe vor dem Kamin hinüber.
    „Das muss gar nichts heißen, Mylady. Vermutlich ist er schon auf dem Weg nach Hause und
    lacht über das kleine Missgeschick.“
    „Ein paar der Stallknechte haben sich schon auf die Suche gemacht, Mylady“ fügte der Butler
    ebenfalls beruhigend hinzu. „Sie werden ihn bestimmt bald gefunden haben. Sie kennen den
    Weg, den Seine Gnaden immer nimmt.“
    „Ja... danke.“ Lady Alice nickte halbherzig und ließ sich auf das kleine Sofa fallen.
    Dem ersten Impuls, sich der Suche anzuschließen, widerstand sie. Bis sie sich
    umgezogen hatte und im Sattel war, würde viel zu viel Zeit vergehen. Da waren die Knechte
    weitaus schneller.







    Und hatten die beiden nicht recht? Reiter wurden immer wieder abgeworfen, ohne dass ihnen
    etwas passierte. Sie durfte sich nicht verrückt machen. Noch nicht. Du lieber Gott, was dachte
    sie da! Jetzt hörte sie sich schon an wie Elizabeth, als sie ihnen mit ihren dunklen
    Vorhersagen Angst gemacht hatte. Sollte sie am Ende doch recht haben? Hatte sie gewusst,
    dass so etwas passieren würde? Aber nein, das war Unsinn!
    „Ich hole Euch eine Tasse heißen Tee, Mylady, das wird Ihnen guttun, während wir auf
    Nachricht warten“ erklärte Mrs Cramden. Sie blieb noch einen Moment bei Edwards stehen,
    sah zu der Lady hinüber und sagte dann leise in sorgenvollem Ton zu ihm: „Die Dinge
    wiederholen sich!“ bevor sie sich abwandte.






    Von der Aufregung im Schloss war hier draußen nichts zu spüren. Leise strich der Wind
    durch die alten Bäume, deren Zweige sich tief auf die Lichtung senkten, als wollten sie sehen,
    wer da ihre Ruhe störte.
    Patrick fühlte sich benommen, jeder Knochen schien zu schmerzen nach dem harten Aufprall.
    Vor allem aber in seinem rechten Knöchel pochte es unerträglich. Was zur Hölle war passiert?
    Er hatte sein Pferd schon so oft durch die Bäume, den kleinen Abhang hinunter dirigiert und
    nie war es auch nur gestolpert. Und jetzt reichte ein Fehltritt, dass er aus dem Sattel flog? Er
    versuchte, sich aufzurichten, aber es ging nicht. Als würde ihn ein bleiernes Gewicht auf
    seiner Brust zu Boden drücken.






    Er merkte nicht, wie die Sonne sich verdunkelte, er hörte nur wie schlagartig das Rauschen
    der Blätter verstummte, als würde sich kein Lüftchen mehr regen.
    Etwas Kaltes berührte seine Hand und jagte einen eisigen Schauer durch seinen Körper.
    „Schsch...“ wisperte eine Stimme leise. „Es wird gleich besser sein, hab keine Angst. Es tut
    nicht weh.“
    Mühsam öffnete er seine Augen und sah eine Frauengestalt über sich gebeugt, ihre Hand lag
    in seiner. Irgendetwas schien von dort in seinen Körper zu fließen, ließ erst die Finger, dann
    den Arm völlig taub erscheinen. Er wollte protestieren, doch er brachte kaum mehr als ein
    heiseres Krächzen hervor. Schließlich hatte er selbst in seinen Zehen kaum noch ein Gefühl.






    „Sie sind schon auf dem Weg und werden bald hier sein“ sagte sie und setzte sich zu ihm ins
    Gras. „Ich werde bei dir bleiben, damit du nicht allein bist.“
    Sie setzte sich ins Gras, zog seinen Kopf in ihren Schoß und strich ihm sanft die Haare aus der
    Stirn. Erneut ließ ihn die Kälte ihrer Finger erzittern. Er drehte den Kopf, sodass er nach oben
    in ihr Gesicht sehen konnte. Es dauerte einen Moment, bis er es erkennen konnte und seine
    Augen weiteten sich.
    „DU?“ krächzte er.
    Ein trauriges Lächeln huschte über ihre Lippen. „Es tut mir leid. Sehr leid. Aber ihr wurdet
    gewarnt!“







    +++++++++++++++++++++++++++
    Und das soll es dann für heute gewesen sein. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr seid der Antwort, ob Elizabeth denn nun recht hatte oder nicht, ein kleines Stück näher gekommen. Bis nächste Woche.
    LG Nery

    *






    Sie suchte Lady Jersey auf. Wenn irgendjemand ihr helfen konnte, dann sie. Das dachte sie
    zumindest. Doch Lady Sarah schüttelte den Kopf.
    „Tut mir leid, meine Liebe. Ich kann Ihnen in dieser Angelegenheit nicht weiterhelfen. Soweit
    ich weiß, ist Elizabeth aufs Land gereist. Sie hat mir nicht gesagt, warum oder wann sie
    zurück kehren wird.“
    Lady Alice ließ den Kopf hängen. Es würde wohl wenig Sinn machen, ihr nachzufahren. Sie
    liefe nur Gefahr, auch dort abgewiesen zu werden. Wie hatten ihr die Dinge nur derart
    entgleiten können? Sie war sich der forschenden Blicke von Lady Sarah durchaus bewusst,
    die sich ihre eigenen Gedanken machte und zu dem Schluss kam, dass, was immer ihre
    Freundin in den letzten Wochen so beschäftigt hatte, mit Lady Langley zu tun haben musste.
    Nur mit Mühe widerstand sie der Versuchung, diese auszufragen, um der Sache auf den
    Grund zu gehen.






    „Ich weiß nicht, was zwischen Ihnen beiden vorgefallen ist...“ meinte sie stattdessen nach
    einer Weile des Schweigens und hob sofort abwährend die Hände, „... und ich will es auch gar
    nicht wissen. Aber... meine liebe Alice, wenn Sie einen Rat von mir annehmen wollen...“
    Lady Alice nickte.
    “Lassen Sie ihr einfach Zeit. Elizabeth ist im Grunde ein herzensguter Mensch, der
    niemandem lange böse sein kann. Sie werden sehen, etwas Abstand wird Ihnen guttun und
    nach einiger Zeit renkt sich alles von selbst wieder ein.“
    „Vielleicht haben Sie recht, Mylady, ich danke Ihnen“ erwiderte Alice, obwohl sie nicht
    davon überzeugt war und verabschiedete sich, nicht ohne sich dafür zu entschuldigen, dass
    nun auch sie die Stadt vorzeitig verließ. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit hatte Lady
    Sarah nur gutmütig gelächelt, ihr die Hand getätschelt und gemeint, dass sie und vor allem ihr
    Sohn nichts Klügeres hätten tun können.






    Bis heute hatte sie nicht wirklich begriffen, was die Dame gemeint hatte.
    Lady Alice schritt langsam die Stuhlreihen ab, musterte das Arrangement auf dem Tisch
    ebenso sorgfältig wie jedes einzelne Gedeck. Im Grunde war das unnötig, denn ihr Butler war
    in diesen Dingen sehr penibel, man hätte die Lage jeder Gabel nachmessen können. Aber sie
    hatte den Tisch nicht umsonst zur Probe eindecken lassen, zu wichtig schien ihr dieser Ball zu
    sein, mit dem sich Patrick nunmehr offiziell bei seinen neuen Nachbarn einführen würde. Fast
    unmittelbar nach dem Ende der Saison in London, als hätte er nur darauf gewartet, war er
    nach Hause gekommen, um sich wie ein Besessener in die Arbeit zu stürzen, war von früh bis
    spät unterwegs oder in schier endlosen Beratungen mit seinem Verwalter. Die Abwechslung
    musste einfach sein, hatte seine Mutter entschieden und ihm kurzerhand einen Stapel
    vorbereiteter Einladungen zur Unterschrift vorgelegt.









    „Tauschen Sie die Leuchter gegen die anderen, die für die schmaleren Kerzen aus!“ wies sie
    die Haushälterin an, während sie den Saal verließ. „Und richten Sie allen meinen Dank für die
    ausgezeichnete Arbeit aus, Mrs Cramden!“ Die Haushälterin strahlte.
    „Sind die letzten Kisten aus Langley schon angekommen?“
    „Ja, Mylady, heute morgen. Bis auf die für Seine Gnaden ist bereits alles ausgepackt und an
    seinen Platz geräumt worden.“
    Ah ja, diese Kiste. Lady Alice lächelte vor sich hin. Der lange schmale Kasten darin
    begleitete Patrick schon seit er noch ein Junge gewesen war. Er nannte ihn stets scherzhaft
    seine Schatzkiste und genauso behandelte er ihn auch. Niemand durfte ihn anrühren. Nicht
    einmal seine Mutter hatte eine Vorstellung davon, was er wohl darin hütete.






    „Nun gut!“ Lady Alice richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Haushälterin und strebte
    der Treppe zu. „Sehen wir uns noch an, wo wir die Gäste unterbringen, die über Nacht bleiben
    werden.“ Für die in unmittelbarer Nähe lebenden Nachbarn war das natürlich nicht
    notwendig, aber es waren auch einige von Patricks Freunden eingeladen, für die eine
    Heimreise am gleichen Tag natürlich nicht in Frage kam. Eine gute Gelegenheit zu zeigen,
    dass Ravensdale Hall nun wieder ein gastliches Haus geworden war.
    Ungefähr auf der Hälfte der Treppe wurde sie durch ungwohnten Lärm aufgeschreckt, eine
    laute, aufgeregte Stimme rief durch die hohe Halle und veranlasste sie, sich umzudrehen.
    Ein Mann stand am anderen Ende und redete wild gestikulierend auf den Butler ein.
    Beunruhigt ging Alice wieder hinunter und wartete auf den Butler, der auch schon eilig auf sie zustrebte.








    ++++++++++++++
    geht noch weiter