Appolonia: Danke für deinen ausführlichen Kommentar!
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Viele schaffen sich bei Stress - und darunter zählt wahrscheinlich auch die Gefahr, dass Lehrer und andere Schüler einfach so ins Zimmer platzen, eben einfach keine Privatssphäre zu haben, außerdem strenge Regeln - ja ein Ventil.
Ruth trinkt. Bei Anna sind es Aggressionen.
Sehr schön analysiert. Stimmt, es ist ja auch oft so, dass Menschen, die im Beruf Stress haben, das dann zu Hause an ihrer Familie auslassen oder misshandelte Kinder sich brutal gegenüber anderen, schwächeren Kindern verhalten. Eine Kindergartenpädagogin in meiner Praxisstätte hat dazu einmal gesagt "Ein Kind, das Probleme macht, hat Probleme".
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Und Anabell sucht Trost bei Ruth. Irgendwie kommt es mir so vor, als sei Ruth stolz darauf, als würde sie es genießen, dass Anabell sich ihr anvertraut, dass sie für das Mädchen sorgen kann. Vielleicht ist sie so etwas wie ihr Schützling. Vielleicht fühlt sie sich stark, wenn sie sie aufbauen kann (wow... eigentlich eine sehr edle Art, sich besser zu fühlen...)
Ja, das hast du richtig erkannt. Obwohl, so edel finde ich die Art auch nicht immer. Dazu fällt mir jetzt gerade die Geschichte von dem Mann ein, der seinen Hund verletzt, um ihn nachher pflegen zu können. Ich erinnere mich leider nicht mehr an den Titel der Geschichte und auch nur an den Vornamen vom Mann. Tobias hieß er.
ZitatIch weiß nicht...
Würde Ruth ein Mädchen als unfreiwillige Gehilfin einspannen? Durch ihre Fürsorge? Oder ist Anabell echt nur aus Zufall reingeschlittert? Oder hat Ruth tatsächlich ne Freundin gefunden und sie unabsichtlich mit hineingezogen?
Vielleicht, vielleicht. Vielleicht ist Anabell auch gar nicht soo unschuldig
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Aber trotzdem... Ereignisse aus Träumen können in der aktuellen Lebenssituation vergleichbar wieder auftreten, z.B. Verluste. Davon gibts bei vielen Menschen mehrere...
Stimmt. Übrigens komisch, dass dir das gerade jetzt einfällt, kannst du hellsehen? Das Thema Verluste passt nämlich irgendwie auch zur nächsten Fortsetzung...
SimsInLove: Uii, ich schäme mich furchtbar. Hatte in letzter Zeit recht viel zu tun. Aber heute gehts weiter.
Spielkind93: Klar mach ich weiter Es dauert nur eine Weile. Aber heute gibts ja die Fortsetzung. Übrigens danke für dein Lob.
„Stacy? Was zum-“ Mir fällt vor Schreck die Kinnlade herunter. Beinahe hätte ich die Frau, die nun vor mir stand, nicht erkannt, so fremd sieht sie aus. „Was hast du mit deinen Haaren gemacht?“, fragt ich schließlich, nachdem ich meinen kurzzeitigen Schock zustand überwunden habe. „Ach daaaaas…“, brummt Stacy und fährt sich mit der Hand durch die Haare, so wie sie es immer tut, wenn sie ihre Nervosität verbergen will. Sie bleibt kurz stehen, unschlüssig, was sie tun oder antworten soll. „Das hab ich doch nur wegen einem Auftrag gemacht. Die wollten eben ein dunkelhaariges Model. Ist doch keine große Sache“, versucht sie mit betont lässiger Stimme zu sagen, doch ich erkannte ihren nervösen Unterton. Dann setzt sie sich ebenso betont lässig auf die Couch neben mich.
Ich mustere sie und weiß sofort, dass etwas nicht in Ordnung ist. Stacy liebte ihre blonden Haare, sie hätte sie niemals wegen ein paar Fotos einfärben lassen – so etwas hatte sie gar nicht nötig, sie bekam doch genug lukrative Aufträge. Sie wirkt unsicher, ihr Stolz scheint geknickt. Es scheint, als wäre unsere Beziehung vergiftet, seit ich ihr von meinem Monster erzählt habe. Und zugegebenermaßen habe ich selbst nicht gerade dafür gesorgt, dass sich daran etwas ändert. Plötzlich durchzuckt es mich wie ein Blitz. Miranda! Was, wenn Stacy etwas ahnt? Immerhin ist sie doch generell sehr empfindsam, merkt sofort, was in mir vorgeht. Vielleicht wäre es besser, wenn ich die Wahrheit sage, wenn ich ihr alles beichte – oder würde das noch mehr
kaputt machen?
Stacy lächelt mich an, gespielt vergnügt. „Ach Jane, du machst dir mal wieder viel zu viele Gedanken. Sind doch nur Haare.“ Ich wage es nicht, sie anzusehen. Jedem anderen Menschen hätte ich diesen Satz abgekauft. Doch es sind nicht nur Haare. Es sind Stacy’s Haare. Ihr Heiligtum. Verstört schaue ich vor mich hin, wich ihrem Blick aus. „Tu es“, flüstert eine Stimme in meinem Inneren, „du musst es ihr sagen!“ Das Gefühl, das in mir hoch kriecht, wird immer unangenehmer, ich fühle mich gedrängt, gedrängt von mir selbst. „Sag es ihr, sie ahnt es eh schon“, zischt die Stimme wieder. „Aber was, wenn das alles nur noch schlimmer macht?“, frage ich zurück und fühle mich wie die Figuren in den Comics, bei denen Engelchen und Teufelchen auf den Schultern sitzen.
„Stacy, ich muss dir etwas erzählen“, platzt es schließlich aus mir heraus. Sie sieht mich fragend an, doch ich schaffe es noch immer nicht, ihr in die Augen zu schauen, nur aus den Augenwinkeln nehme ich ihren Gesichtsausdruck wahr. „Vielleicht will sie es gar nicht hören. Vielleicht ist es besser, wenn sie mit einer Lüge lebt, einer glücklichen Lüge“, meldet sich nun eine andere Stimme in meinem Kopf zu Wort. „Jeder Mensch lebt in seiner eigenen Welt. In ihrer Welt hast du sie nicht betrogen. Nicht, solange du es ihr nicht sagst“, flüstert sie weiter. „Aber das wäre doch gelogen“, erwidere ich, nun schon wieder etwas unschlüssiger. „Was ist denn los?“, platzt Stacy in meine Gedanken und erinnert mich daran, dass ich bereits angefangen habe zu beichten. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich schließe die Augen und hole tief Luft, bevor ich zu sprechen beginne.
„Ich habe etwas gemacht, was mir sehr leid tut“, flüstere ich und sehe Stacy’s Gesichtsausdruck bröckeln, als würde man ihr eine Maske abnehmen. Ihre Mundwinkel bewegen sich stark nach unten. Spätestens jetzt weiß sie also, dass das, was sie geahnt hat, wohl Wirklichkeit ist. Sie sagt nichts, erwidert kein Wort, sie fragt nicht einmal nach, was ich damit meine. Also spreche ich weiter. „Ich habe dich betrogen.“ Stacy zuckt bei diesen Worten leicht zusammen. Fast unmerklich, doch schon wenige Momente später kugeln Tränen aus ihren Augen und laufen über ihre Wange nach unten. Ich beobachte sie eine Weile, hilflos, weiß nicht, was ich sagen oder tun soll. Ich würde sie gerne in den Arm nehmen, doch vermutlich würde sie mich wegstoßen.
„Mit wem?“, fragt sie schließlich, leise, mit tränenerstickter Stimme. „Miranda“, antworte ich beinahe tonlos, doch Stacy hat es verstanden. Ein kurzes Wimmern ist zu hören, dann wieder Stille. „Stacy, ich…“ beginne ich, doch sie schüttelt nur den Kopf. „Lass es, Jane“, sagt sie, nun mit etwas festerer Stimme. Dann bricht sie vollends in einen Heulkrampf aus. „Wie konntest du mir das nur antun? Ich habe noch nie einem Menschen so vertraut wie dir. Warum hast du mich so verletzt?“ Ich spüre einen Stich im Herz, als würde sich ein Messer hinein bohren. Meine Augen werden feucht, beinahe kommen mir selbst die Tränen. „Es tut mir leid“, antworte ich nur, „ich wollte das alles nicht“. Sie schüttelt den Kopf. „Jane, ich glaube es ist besser, wenn wir uns eine Zeit lang nicht mehr sehen.“
Dann steht sie auf, wischt sich die verlaufene Mascara vom Gesicht und geht einfach bei der Türe hinaus. Ich will ihr nachschreien, will sie aufhalten, will fragen, wie zum Geier sie überhaupt weg will und wo sie hin will, ohne Auto, ohne Wohnung. Ich will ihr anbieten, sie zu fahren oder ihr zumindest ein Taxi zu rufen. Ich will mich vor ihr hinwerfen und sie anflehen, bei mir zu bleiben. Doch das alles kann ich nicht. Denn wie ich ihr so nachschaue und beobachte, wie sie den ersten Schritt zur Türe hinaus macht, spüre ich, dass etwas in mir zerbricht.