Wer sich selbst überwindet, wird erreichen, dass sich auch andere überwinden
So wie es aussieht, war Penelopé diese Situation deutlich peinlich. „Ich…es tut mir leid…ich wollte nicht…ich bin normalerweise nicht so, echt nicht.“
Es schien, als würde dieser Satz Wunder bewirken, denn David sprach wieder mit sanfter Stimme zu ihr: „Ich weiß. Schon okay. Jeder von uns hat doch mal einen schlechten Tag.“ „Ja, ich bin heute irgendwie…ach ich weiß auch nicht, was los ist…“ Während sie das sagte, wurde Penelopé bewusst, dass nicht David es war, der diese Zusammenarbeit schei*e machte, sondern sie selbst. Sie war es, die ihm geistig unterlegen war. Sie hatte sich so darin hineingesteigert, nicht mit ihm arbeiten zu wollen, dass sie es ihm deutlicher gezeigt hatte, als es ihr selbst bewusst war. Und dafür schämte sich unsere kluge Penelopé natürlich.
„Aber hey, Hauptsache du kommst morgen mit zum Plingauer. Stell dir vor, ich würde allein hingehen. Dann würde er sich wieder aufblasen wie ein Kugelfisch und mich erstmal 10 Minuten lang anschreien.“, riss David sie aus den Gedanken und formte sein Gesicht auch gleich zu einer naturnahen Kugelfisch-Imitation.
Penelopé begann zu lachen und konnte gar nicht mehr aufhören. Es war ein fröhliches, echtes und vor allem erleichtertes Lachen, das die Spannung, die noch bis vor wenigen Minuten zwischen ihnen bestanden hatte einfach wegspülte.
„Oh mein Gott, das ist haargenau sein Gesichtsausdruck! Weißt du noch damals, als du während seiner Geschichtestunde eine Karikatur von ihm gezeichnet hast?“ „Ooh ja, das war die perfekte Nachbildung von ihm. Ich will mich ja nicht selbst loben, aber damit ist mir ein Meisterwerk gelungen. Ich war schon fast fertig, da bekam er mal wieder einen seiner Kugelfisch-Anfälle!“ „Jaaa das war atemberaubend! Ich hab mich schief gelacht!“
Penelopé blickte auf ihre Uhr und stellte erstaunt fest, dass sich die Zeiger schneller gedreht hatten, als es ihr vorgekommen war. „Ich muss jetzt nach Hause. Meine Mutter wartet sicher schon längst auf mich. Bis morgen.“ „Bis morgen“ antwortete David und umarmte sie zum Abschied. Penelopé spürte die Wärme seines Körpers und obwohl sie von dieser Umarmung überrascht wurde, war es ihr nicht unangenehm. Sie ertappte sich sogar dabei, wie sie ihre Lippen zu einem Lächeln formte.
„Na, wie war´s gestern?“
„Wunderbar. Das ist das beste Projekt, das diese Schule jemals hatte! Stell dir vor, er hat gesagt, dass ich intelligent bin!“ „Bist du ja auch.“ „Ja, aber…er hat gesagt ich bin intelligentER als er selbst. Und wie er das gesagt hat, das war…der WAHNSINN!“ „Wow, sieht aus als würde unser Plan tatsächlich klappen. Siehst du was ein Kleid bewirkt, das ein wenig kürzer ist?“ „Oh ja, das ist unglaublich. Ich werde gleich heute Nachmittag shoppen gehen um mir noch so eines zu kaufen!“ „Oh, Mist! Der Unterricht fängt gleich an!“ „Wir sehen uns doch später noch oder? Ich würde gern noch ein paar Sachen mit dir besprechen…“ „Hmm, eher nicht. Ich muss nach dem Unterricht gleich zum Plingauer wegen unserem Projekt. Und wahrscheinlich arbeiten David und ich danach gleich daran weiter.“ „Oh…okay, verstehe. Dann bis morgen.“
„Hey, David! Du kommst doch später noch mit ins „Breakthrough“ oder?“ „Heute? Ich weiß nicht…“ „Du weißt nicht? Haha seit wann gibt es denn das? Du hältst es doch sonst nicht ohne den abgefuc*ten Schuppen aus. Du wirst doch unsere Stammtischrunde nicht im Stich lassen?“ „Naja ich…ich komm vielleicht später nach. Penelopé und ich müssen noch an unserem Geografieprojekt arbeiten und…“ Oh jaaaaa, ein Geografieprojekt. Das klingt natürlich sehr viel spannender als ein Abend im „Breaktrough“. Ja das kann ich dann natürlich verstehen.“ „Nein, ich meins Ernst, wir müssen das machen. Außerdem hab ich vom „Breakthrough sowieso schon lange genug. In letzter Zeit laufen da viel zu viele Möchtegerns herum. Wir sollten uns mal was anderes suchen.“, sagte David und ging davon.
Wenige Minuten später saß er mit Penelopé im Büro seines Geschichtelehrers. Sein Puls schlug schneller und die hölzernen Schulstühle hatten sich noch nie härter angefühlt. Er hörte die schweren Schritte von Kunstlederschuhen und kurz darauf sah er auch schon den verhassten Lehrer um die Ecke biegen. Wenigstens war Penelopé dabei. Gute Schüler wirkten sich aus einem komischen Grund immer positiv auf die Laune von Lehrern aus.
Herr Plingauer setzte sich, räusperte sich kurz und begann dann mit seinem Monolog. Wie immer klang seine Stimme monoton und emotionslos, fast wie von einer Maschine „Lorenhillcity war nicht immer diese blühende Stadt, die sie jetzt ist. Früher waren es nur ein paar Hügel und Felder, vereinzelnd standen ein paar Bauernhäuser herum.“ Haha, Bauernhäuser. Hexenhäuser wäre wohl der treffendere Begriff gewesen… „Das einzige, damals halbwegs interessant war, war die Burg Lorenhill. Sie wurde ungefähr im Mittelalter gebaut und dann von wechselnden Herrschern immer wieder umgebaut. Mittlerweile ist sie eher ein Schatten ihrer selbst, der Großteil ist eingestürzt und der Rest im Privatbesitz. Ich denke, einige Bereiche werden an Touristen als Gästezimmer vermietet. Nehmt diese Bücher mit, sie können euch vielleicht helfen.“
(geht in 2 Minuten weiter)