Es geht weiter 
Kapitel 5
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Celine gähnte. Was war denn los? Sie schaltete das Licht an und warf einen Blick auf ihre Uhr. Drei Uhr. Mitten in der Nacht. Kopfschüttelnd schaltete sie das Licht wieder aus. Sie kannte das. Celine hörte sie immer, jede Nacht. Doch das sie so laut die Musik anschaltete war neu. Sie wusste nicht, dass Celine sie hörte. Sie wusste nicht, dass Celine sich Sorgen um sie machte. Doch Celine wollte ihr das auch nicht sagen. Sie wohnten zusammen im selben Haus und doch kannten sie sich kaum. Wussten fast gar nichts über den anderen. Es ging nur darum, ein Dach über dem Kopf zu haben, um nichts weiter.
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Sicher war auch John wach geworden. John würde sich wundern, würde aufstehen, nach ihr schauen. Zumindest hoffte Celine das. Sie wollte nicht aufstehen, war zu müde und musste bald schon zur Arbeit. Trotzdem wollte sie ihr helfen, wusste nur nicht wie. Mit John konnte sie auch nicht darüber reden, schließlich kannte sie ihn auch nicht. Es gab niemanden mit dem sie über sie reden konnte. Scheinbar konnte sie auch mit niemandem reden. Sonst würde sie nicht nachts wach sein, draußen oder in der Küche sitzen. Mitten in der Nacht laute Musik einschalten. Celine machte sich wirklich Sorgen.
[Sichtenwechsel]
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Die Vögel zwitscherten als ich aufwachte. Sonne schien durch mein Fenster. Warum schien die Sonne noch? Es war Herbst. Im Herbst musste es regnen, windig sein. Nicht die Sonne scheinen. Ich zog mir die Decke über die Augen. Bei Herbst dachte ich an den Herbst früher. Es hatte fast jeden Tag geregnet. Ich hing meinen Gedanken nach, bis mir plötzlich einfiel, dass ich heute ja fahren musste. Ich musste wieder nach Hause und vorher noch Alex anrufen.
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Schnell stand ich auf, ging ins Bad und machte mich fertig. Dann packte ich meine paar Sachen zusammen, ging zum Telefon und rief Alex an. „Pope?“, meldete er sich, genervt wie immer. „Ich bin’s, Viola. Hättest du nicht mal Lust wieder nach Hause zu kommen? In unsere Hütte? Irgendwann?“ Ich wusste, dass er ablehnen würde, zumindest ahnte ich es. „Viola“, er machte eine kurze Pause und seufzte, „du weißt, dass das nicht mehr mein Zuhause ist. Ich wohne hier. Mit meiner Frau. Vielleicht werde ich bald sogar Kinder haben, wer weiß. Ich kann nicht wieder zurück, das würde alles schlimmer machen.“ Ich hatte es gewusst. Dabei habe ich für einige Sekunden geglaubt, die Idee könnte ihm gefallen. Nun seufzte ich, „gefällt dir die Idee denn nicht?“ Stille am anderen Ende der Leitung. „Alex, bitte“, flüsterte ich leise. „Ich kann nicht Viola. Ich ruf dich an, irgendwann, okay?“ Vielleicht waren ja gerade Leute in sein Büro gekommen, vielleicht konnte er gerade nicht. „Gut, ich bin heute Abend irgendwann zu Hause. Bis dann“, ich legte auf.
[Sichtenwechsel]
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Es klopfte an meiner Tür. „Herein“, ich versuchte höflich zu klingen. „Chef?“, hörte ich die Stimme meines Angestellten, „unten steht ein Kunde, der wissen möchte, ob Sie Interesse an einer Homepage…“ Ich verdrehte die Augen und unterbrach ihn, „nein, habe ich nicht. Und selbst wenn ich hätte, das kann ich selbst.“ Er sah mich erstaunt an, „in Ordnung. Ich ähm werde es ausrichten“, und schon verschwand er wieder. Meine Gedanken waren nicht bei meiner Arbeit. Sie waren bei Viola, bei unserer Hütte, bei ihrer Idee. Ich konnte sie nicht besuchen, wirklich nicht. So sehr ich es wollte. Aber, warum eigentlich nicht? Ich sah das Telefon an. Sie war noch nicht zu Hause. Ich würde sie später anrufen und ihr sagen, dass ich kommen würde. Irgendwann.
[Sichtenwechsel]
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„Schatz? Ist es, also wäre es in Ordnung wenn ich für ein paar Tage weg wäre?“ Alex biss sich auf die Lippe. Irritiert sah ich ihn an, „wo willst du denn hin?“ Er zuckte mit den Schultern, „nun, eine alte Freundin von mir hat mich eingeladen. In meine Heimat. Sie heißt Viola. Ich würde sie dir ja gerne vorstellen, aber sie musste leider schon wieder abreisen.“ Erstaunt sah ich ihn an, Viola war also eine alte Freundin von ihm? Und er wollte sie wirklich besuchen? „Du willst sie also besuchen. Meinst du dass es gut ist für dich? Solltest du nicht hier bleiben, dich um deine Arbeit kümmern und deine alte Stadt vergessen? Alles vergessen was früher war?“ Ich kannte seine Vergangenheit, zumindest einen Teil davon. Traurig sah ich ihn an. „Ich kann Viola jetzt nicht alleine lassen, Schatz. Sie braucht meine Hilfe. Sie will die anderen finden, du weißt schon, Cindy und so. Ich möchte ihr wirklich gerne dabei helfen. Lass mich doch gehen, es sind nur ein paar Tage. Ganz sicher werde ich wieder kommen.“ Ich nickte vorsichtig, „in Ordnung. Wann wirst du fahren?“