Beiträge von BaBy2oo4

    Zitat von miri

    Also ich finde deine Story auch echt gut. Die Fotos sind sehr schön und auch das Thema gefällt mir :applaus Das einzige was manchmal ein bisschen irritiert ist, dass du die Personen beschreibst, sie auf den Bildern aber ganz anders zeigst. Dan hat z.B. keinen Anzug an und man sieht auch nicht wirklich den Altersunterschied zwischen den drei Schwestern. Aber ansonsten echt gut, versteh auch nicht warum hier so wenige Kommentare kommen.



    Danke! Das mit den Alterunterschied hatte ich aber auch schon erklärt, da ich aus einem Buch schreibe, was ich selbst noch nicht gelesen habe, hat sich dieser Fehler leider eingeschlichen. Ich werde versuchen, das zu ändern für die nächsten kapitel, aber den 3ten müsst ihr leider noch so hinnehmen..

    Kapitel 3: Oceans Tochter legt die Karten:




    "Noch ein bisschen Pudding, Miss Julia? Sie essen ihn doch so gern", sagt Bella und häuft eine große Portion auf Julias Teller, bevor die ein Wort hervorbringt. Julia, von der allgemein bekannt ist, dass sie Pudding verabscheut, kann sich nur mit Mühe ein Schaudern verkneifen. Bella, die ziemlich gemein sein kann, wirdt ihr einen munteren Blick zu, und ihre kleinen schwarzen Augen funkeln vor Vergnügen.





    "Trinkt den Tee aus, Mädels", sagt sie. "Und, Maisie, du musst auch was davon trinken, ich fange mit den Teeblättern an."
    "Können wir nicht mit der Kristallkugel anfangen, Mrs. Nunn?", frage ich. Die Kristallkugel steht auf der Kommode, verhängt mit einem weißen Seidentaschentuch, und ich betrachte sie schon die ganze Zeit.




    "Nein. Erst später", erwidert Bella. "Alles muss in der richtigen Reihenfolge passieren. Zuerst die Teeblätter, dann die Kristallkugel, dann die Karten." Bella ist herrisch und dickköpfig obendrein, und man widerspricht ihr besser nicht. Außerdem ist sie jähzornig; wenn ich sie ärgere, wahrsagt sie uns vielleicht nicht - und wir sind alle ganz verrückt danach, sogar Julia, die behauptet, das sei alles Hokuspokus. Bella hat das zweite Gesicht; Dan und sie haben uns das so oft erzählt, dass wir es glauben. Das ist ein Erbteil ihrer Ahnen, der Roma. "Manche Leute erben ein Herzogtum oder die Hämophilie, wie diese russischen Zaren. Ich hab das zweite Gesicht geerbt. Wieviele Kinder hatte Ocean?"





    "Vierzehn", antworte ich. Ich bin gut vorbereitet.
    "Und wieviele davon haben das zweite Gesicht?"
    "Nur eines. Du."
    "Richtig!", sagt Bella mit leuchtenden Augen. "Also sieh dich vor, Maisie. Mich kannst du nicht hinters Licht führen. Ich kann durch Wände und Türen schauen."




    Jetzt gießt sie Tee in eine Tasse und reicht sie mir. Blätter schwimmen darin, und ich trinke den Tee in kleinen Schlucken, scharf beobachtet von Finn. Ich habe Stella und Großvater versprochen, dass ich ihnen das Hexenhaus genau schildern werde. Deshalb schaue ich mich um, während Julia noch damit beschäftigt ist, den Pudding hinunterzuwürgen.




    Ich finde diesen halbdunklen geheimnissvollen Raum wunderbar. Die Balken sind mit scharlachroten Rosen bemalt. In den Fensternischen hängen Spiegel in schimmernden Blechrahmen, die einen Teil der Welt draußen reflektieren. Überall stehen Nippes herum, die Kleiderhaken sind mit paillettenbesetzten Schleifen verziert, und an den schwarzen Eisenofen lehnen glänzende Messingtöpfe und leuchtend bunte Kissen mit Blumenmustern, mit Punkten und Streifen in knallrot, Gelb, sonnigem Orange, Blattgrün und Himbeerrosa; besonders gut gefällt mir eines, das mit glitzernden Sternchen bestickt ist. Doch am großartigsten finde ich die Ahnengalerie direkt neben mir.




    Sie sieht aus wie ein kleiner Altar; auf einem mit roten Stoff bezogenen Regal stehen Fotos, beleuchtet von einem ewigen Licht, das die Menschen auf den Bildern zum Leben zu erwecken scheint. In der Mitte steht ein Bild von Dans Urgroßmutter, Bellas Mutter, der berühmten Ocean Jones. Sie sitzt auf den Stufen eines Wohnwagens - ich habe so einen Wagen noch nie zu Gesicht bekommen, aber ich möchte gerne in einem leben. Er ist aus Brettern zusammengenagelt, hat ein gewölbtes Dach, aus dem ein Ofenrohr hervorragt, große Räder und eine buntbemalte Deichsel für das zottige gescheckte Pony, das nebendran grast. Ocean sieht fantastisch aus. Sie ist fett und runzlig. Ihre Augen sind kohlschwarz und blicken in die Ferne, und sie ist so hergerichtet, wie man sich eine Zigeunerin vorstellt: Über mehreren bestickten Röcken trägt sie eine Weste und eine bauschige Bluse. An ihrem Hals glitzern unzählige Ketten (von ihr hat Bella das abgeguckt), und um die Stirn trägt sie ein mit Münzen besticktes Tuch. Sie hat ihr weißes Haar niemals geschnitten - Bella behauptet, das bringt Unglück; auch sie schneidet sich nie die Haare - und hat es zu einem Zopf geflochten, der so dick ist wie ein Pferdeschweif und ihr bis zur Hüfte reicht. Ihre Füße stecken in Männerstiefeln, und sie hält eine Tabakpfeife in der Hand. Am Fuß der Treppe stehen Männer, doch neben Ocean wirken sie klein und unbedeutend. Es gab keinen Zweifel, wer in diesen Klan das sagen hatte, denke ich. Zum ersten Mal verstehe ich, was Finn meinte, als sie Ocean als >>Matriarchin<< bezeichnete.




    Ocean starb im Jahre 1949, als Dan vier Jahre alt war - Bella hat mir oft davon erzählt. Ocean hatte ihren eigenen Tod vorrausgesagt, und sich sorgfältig darauf vorbereitet. Damals kamen die Zigeuner noch ein Mal im Jahr nach Suffolk, meist zur Erntezeit, wenn man Hilfsarbeiter brauchte. Sie errichteten ihr Lager unter am Black Ditch, blieben manchmal über den Winter und zogen dann weiter durch ganz England. Manchmal hielten sie sich in Städten auf, aber Bella sagt, dass sie lieber auf den freien Feld, unter den Sternen kampieren. Sie zogen weit nach Norden, bis nach Yorkshire, wo die Leute engstirnig waren, und weit nach Süden, nach Dorset, wo die Leute offener und freier dachten. Sie kamen zu den Jahrmärkten im ganzen Land, verkauften Wäscheklammern, Flickendecken, Werkzeug, Kunsthandwerk. Sie ernteten Hopfen in Kent, gruben in Lincolnshire Kartoffeln aus, sammelten Altmetall und hatten jedes Jahr einen Verkaufstand im Londoner East End. Bella hätte beinahe einen >>Perlenkönig<< geheiratet, erzählt sie, einen Zigeunerbaron, der so charmant daherreden konnte, dass er sie um den kleinen Finger wickelte. Sie hat ihn beim Pferderennen in Epsom kennen gelernt. Er trug einen Anzug mit dreißigtausend aufgestickten Perlenknöpfen. Auf den Rücken des Anzugs prangte das Auge Gottes, am Kragen schimmernten Sonne und Mond. Bella warf einen Blick auf den Mann und war verloren. Aber Ocean mißfiel sein Wagen, und so nahm Bella zu guter Letzt Vernunft an und heiratete nicht ihn, sondern Dans Großvater. Dans Großvater war ein Sesshafter, wie auch Dans Vater - und das braucht eine Frau, meint Bella, einen Mann, der sesshaft und verlässlich ist.


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    sorry für den langen text

    Also, wow, wenn ich mein Kind sooo schnell zur Welt gebracht hätte, wäre ich sicher froh gewesen und fitter danach :misstrau
    Ich finde, wenn man schon was von Wehen und Geburt schreibt, sollte man sich erstmal ausreichend informieren. Denn Wehen kommen und es dauert meist sehr lange bis dann irgendwann mal der Kopf zu sehen ist.
    Der Muttermund muss sich erstmal öffnen um überhaupt pressen zu können.. *argg* ne also sorry!! Hab ich kein Verständnis für!


    Und die anderen Meinungen kann ich auch nur vertreten, alles viel zu schnell, wo ist denn das Showbusiness, wovon die Rede war?


    Nunja, warten wir mal ab, was sich noch so daraus entwickelt!


    Lg


    Sah mir das Gemälde vom jüngsten Gericht an, auf dem höhnisch grinsende Teufel eine Horde nackter Menschen mit Spießen in einen Abgrund stießen, in die rot lodernen Flammen des Höllenfeuers. Betrachtete den Kreuzritter aus der Familie der Mortland, eine Marmorstatue, die auf ihren Sarkophag ruhte, und eine Messingplatte, mit der man der Gattin eines Tudor gedenken wollte; sie war so oft poliert worden, dass der Kopf der Dame verschwunden war.




    Ich schaute zu dem Gedenkfenster für den Ururonkel aus diesem vergessenen Krieg auf. Dann blickte ich zu dem Fenster auf meiner Seite hoch, das Daddys Gedenkfenster geworden wäre, wenn wir mehr Geld gehabt hätten.




    Es bestand aus durchsichtigen Bleiglas mit Streben. Am Unterrand erblickte ich plötzlich einen wunderbaren Jungen. Er hatte wirres schwarzes Haar, schwarze Augen, eine schmale gerade Nase, einen breiten Mund und strahlend weiße Zähne. Er trug einen kleinen goldenen Ohrring, und sein Blick war wild und anklagend. Sein Körper fehlte. Kaum hatte ich ihn entdeckt, verschwand er auch schon wieder.
    Doch er tauchte noch dreimal auf.
    "Wenn ich diesen Burschen erwische, bring ich ihn um", knurrte Bella, als wir die Kirche verließen und auf den Friedhof gingen.




    Der Junge, der immer noch wild aussah, zu dem jetzt aber ein Körper gehörte, war gerade hinter einen Grabstein hervorgehuscht. "Ich werd ihm den Hintern versohlen", sagte Bella, als sie ihn auf den Weg entdeckte, wo er im Geäst einer Ulme hing.




    In der Abtei erschien er ein letztes Mal. Plötzlich tauchte sein Gesicht am Fenster der Bibliothek auf, und er starrte herein. Stella reichte Sandwiches herum. Großvater goss Sherry ein, Julia und Finn spielten auf dem Löwenfell, Bella machte Feuer im Kamin. Ich war die Einzige, die den Jungen bemerkte. Die Bibliothek liegt im ersten Stock; von dem Fenster aus musste man sich drei Meter weit fallen lassen und landete auf Steinplatten. Der Junge und ich starrten uns ein paar Minuten lang an. Etwas schien ihm Sorgen zu machen. Er rieb sich mit einer Hand das Auge. Ich blinzelte, und da war er verschwunden.




    Das war Dan. Ich weiß es jetzt, dass er an einer Regenrinne zu diesem Fenster hinaufgeklettert sein muss, obwohl er steif und fest behauptet, er sei geflogen. Und kürzlich habe ich herausgefunden, was ihm Sorgen bereitete - er behauptet allerdings, er hätte damals nicht geweint. Aber solche Kleinigkeiten sind unwichtig. Seit diesem Tag hatte ich jedenfalls ein festes Bild von Dan. Er ist der Junge am Fenster. Und obwohl er sich inzwischen sehr verändert hat, bleibt er für mich immer noch der wilde Junge, der mir auf den ersten Blick so gut gefiel - der Junge, der draußen ist und durch eine Fensterscheibe hereinblickt. Wenn ich ihm begegne, will ich immer sagen:
    Lasst Ihn herein! Macht das Fenster auf! Öffnet die Tür!



    Hallo Nerychan, danke für deine Kommentar, habe mich sehr gefreut, endlich mal was zu lesen.
    Die Schwarz-weiss bilder sind nur da, weil das vergangenheitserzählungen sind und die anders farbigen sind noch weiter in der vergangenheit..und die bunten, zu denen wir in Kapitel4 wieder kommen, sind die Gegenwart.
    Schliesslich erzählt die Maisie diesem Lucas was aus der Vergangenheit, während er sie malt!
    Aber zu dieser Bella kann ich auch nicht viel mehr sagen, aber die scheint echt sehr komisch zu sein, was in Kapitel3 noch mehr zum vorschein kommt. Aber ich will nicht allzu viel verraten!
    jedenfalls heute abend gibt es wieder eine oder zwei FS!
    ;)

    Finde deine FS sehr schön, der Schreibstil gefällt mir..
    aber der satz von dem kerl...wow...
    "Du bist so hässlich, jetzt hab ich keine Lust mehr"..echt krass, das sollte mal jemand zu mir sagen..:misstrau

    Ich finde es eigentlich sehr schade, das hier niemand was zu sagt, nicht mal per PN..Aber trotzdem dürft ihr heute weiterlesen.. *fg*




    Es gab ein großes Gerede darüber, wo sie platziert werden sollte und mit welcher Zeremonie. Erst hieß es, sie solle in einer Nische in der Kirche neben den vielen anderen legendären Mortlands stehen. Einer von Stellas Künstlerfreunden (fast alle von Stellas Freunden sind Künstler) sollte eine Gedenktafel gestalten.




    Dann: Nein, ein Gedenkfenster wäre viel würdiger, und es sollte zu dem Fenster gegenüber passen, das für einen Ururonkel geschaffen wurde, der in irgendeinen Krieg im Ausland eines tapferen Todes starb.




    Dann verfielen sie auf den Kirchhof und danach auf eine Stätte auf dem Acre Field, weil Daddy sich als Junge dort so gerne aufhielt.




    Später sollte es das Waldstück mit den Glockenblumen sein, weil Stella meinte, die Glockenblumen hätten genau denselben Blauton wie Daddys Augen - den wir alle geerbt haben. Schließlich machte Großvater einen Aufstand, weil sein Sohn nicht in einem Waldstück liegen sollte, wo man auch die toten Hunde verscharrte, und sie wandten sich wieder der Idee mit der Kirche zu, aber inzwischen war weniger Geld da. Deshalb geriet auch die Tafel kleiner, und der ausführliche blumige Text, den Stella sich vorgestellt hatte, schrumpfte auf: Guy Mortland, DSO, DFC. 1920-1955.




    An dem Tag, an dem die Urne ihren letzten Ruhetag finden sollte, pilgerten wir zur Kirche: Großvater und Stella vornweg, danach Julia und Finn, und am Ende kam ich mit Bella. Bella, die sich um das Haus gekümmert hatte, während wir im Ausland lebten, war befördert worden. Sie war jetzt Haushälterin, Putzfrau, Vertraute und Kindermädchen zugleich. Bella hatte meinen Vater sehr verehrt und wollte ihm nun die letzte Ehre erweisen; überdies sollte sie dafür sorgen, dass ich nicht die Zeremonie störte und die Familie blamierte, indem ich zappelte, schniefte oder sonst irgendwelchen Unsinn trieb.




    In der Kirche wurde Daddys Lieblingshymne gespielt: "Wir pflügen und wir streuen/Den Samen auf das Land". Dann sprach der Pfarrer ein paar Gebete, und Stella laß ein langes Gedicht vor, das sie selbst geschrieben hatte und das von irgendeinen bekannten Literaturmenschen - auch einem Freund von ihr - überarbeitet worden war. Der Literaturmensch hatte versprochen, an der Trauerfeier teilzunehmen, war aber durch wichtige Geschäfte in London verhindert. Die Dorfbewohner wollte man einladen, aber Großvater war so durcheinander, dass er auf die Trauerkarten ein falsches Datum geschrieben hatte; außerdem arbeiteten zur Erntezeit alle auf den Feldern, und deshalb kam niemand aus dem Dorf.





    Es war kalt in der leeren hallenden Kirche, und in den Bänken konnte man schlecht sitzen. Ich war klein und pummelig und kam mit den Füßen nicht an das Gebetskissen, geschweigedenn bis zum Fußboden. Bella roch nach Mottenkugeln und ließ meine Hand nicht los. Ich saß neben der zierlichen Frau und versuchte, mich an Daddy zu erinnern, was Großvater mir aufgetragen hatte. Aber die Erinnerungen verhedderten sich immer und verschwanden, und ich bekam nur kurze Momente zu fassen - ausgestreckte Arme, den Geruch seiner Haut, die Szene, als er Blut ins Taschentuch hustete und Stella weinte. Diese Szene bildete ich mir vielleicht auch ein, vielleicht auch die anderen. Ich war erst eineinhalb Jahre alt, als er starb.





    Nach einer Weile wurde mir langweilig. Ich starrte auf Bellas ulkige Schuhe - sie waren schwarz und klobig, mit scharlachroten Schnürsenkeln. Ich betrachtete ihren Mantel, der mit struppigen rotbraunen Fellstücken von einem toten Tier besetzt war. Ich beäugte ihren Schmuck - viele Ringe an den Fingern und mehrere Jetstein-Ketten. Ich bestaunte ihren sonderbaren Hut; im schwarzen Band steckte eine Pfaunenfeder.
    Dann spielte ich mit meinem Gebetbuch und zappelte herum, bis Bella die Geduld verlor und mich kräftig in die Hand zwickte. Daraufhin saß ich still und ließ meinen Blick durch die Kirche schweifen.

    Du könntest es natürlich ausprobieren und einfach mal einen Kuchen servieren und diesen dann auf den Tisch in der Bäckerei stellen, vielleicht greifen deine Kunden ja doch zu?! :)

    Hallo Phoebe95, das gehört aber hier nicht rein, sondern unter Downloads, was ja auch auf der Startseite schon zu finden ist und es heisst Downloads..
    Schade, das ich kein Mod bin, jetzt krieg ich sicher wieder nen Strafpunkt nur weil ich meine Klappe nicht halten kann! :p

    Ach, was solls, wieso denn warten?!






    Julia sorgt sich um ihr weißes Kleid, ich sehe es ihr an; ihr Gesicht ist ganz starr vor Schreck. Sie zögert, bevor sie sich hinsetzt - die Stühle sind klebrig -, und blickt bestürzt auf die Sachen, die uns auf dem Tisch erwarten. Da steht eine Platte mit dick geschnittenen, fettigen Schinkenstücken, auf denen sich Schmeißfliegen niederlassen; grüner Salat, schon mit Salatsoße übergossen; Rote Beete und ein Stück Pastete, das mir bekannt vorkommt - es stammt aus Stellas Speisekammer und ist eine Woche alt.




    Ferner Brotscheiben Margarine, ein trockener, unnatürlich gelber Kuchen und ein glitschiger Haufen hart gekochter Eier, dekoriert mit welken Petersilienstängeln. In der Mitte erhebt sich ein rosa Pudding in Form einer Burg, umgeben von einem Burggraben aus Dosenmandarinen.




    Es ist drei Uhr Nachmittags. "Oh, Mrs. Nunn, Sie haben sich soviel Mühe gemacht", sagt Julia mit matter Stimme. "Das hätten Sie doch nicht tun müssen. Wir haben gerade erst zu Mittag gegessen."
    "Unsinn, ich habe einen Bärenhunger. Das sieht großartig aus", sagt Finn scharf.




    Ich schaue zur Tür, wo Dan stehen geblieben ist. Er scheint vor Scham im Boden versinken zu wollen und tut mir furchtbar Leid. Dann wendet er sich ab und betrachtet den Hof draussen so eingehend, als sähe er ihn zum ersten Mal. Mir fällt jetzt erst auf, dass er seinen besten Anzug trägt, obwohl Ferien sind, den Anzug, angeschafft wurde, als er einen Platz in der Grundschule zugesprochen bekam. Er ist schon lange rausgewachsen aus dem Anzug. Die Manschetten des frisch gewaschenen, weißen Nylonhemds ragen aus den Ärmeln heraus. Seine Schnürschuhle sind auf Hochglanz poliert. Er hat einen neuen Haarschnitt. Als ich ihn zum letzten Mal gesehen habe, trug er eine Schmalztolle, aber die Schule hat offenbar dagegen Einwände erhoben. Jetzt hat er einen kurzen Haarschnitt wie ein Sträfling. Am Hals hat er rote Pickel. Finn hat gesagt, er rasiert sich, aber das scheint nicht gut zu funktionieren.




    "Großmutter hat den Kuchen für euch gebacken. Wollen sich die Damen nicht setzen?", sagt Dan. Er blickt in unsere Richtung, schaut uns aber nicht an, und ich merke, dass er überhaupt zum ersten Mal gesprochen hat, seit wir ihn getroffen haben. Seine Stimme hat sich so schrecklich verändert wie sein Äußeres: Er bemüht sich, korrekt zu sprechen, klingt aber unsicher dabei. Ich glaube, dass er diese Äußerung vorher eingeübt hat, und auch die unbeholfene Geste, die damit einhergeht. Er bemüht sich, seinen Suffvolk-Akzent verschwinden zu lassen; er hat sich diesen eigenartigen und charmanten Singsang der Roma abgewöhnt, den er von Ocean gelernt hat und der zum Vorschein kam, wenn er aufgeregt oder begeistert war. Übrig geblieben ist eine traurige Mischung aus den Cockney-Einflüssen seiner Großmutter und der überkorrekten Sprechweise, die er sich auf der Schule angeeignet hat. Ich überlege, ob er vielleicht versucht, seinen Freund aus dem Dorf zu imitieren, Nicholas Marlow (der inzwischen in Winchester lebt), oder womöglich Nicks Mutter, die im alten Pfarrhaus wohnt und das Woman´s Institute leitet, die noch Gott belehren würde, wie Julia meint.




    Bella Nunn stellt eine große braune Teekanne aus den Tisch und setzt sich. Wir tun es ihr gleich. Ich lasse mir eine Riesenportion hart gekochter Eier, Pastete, Schinken, Salat mit Fertigsoße und Rote Beete auf den Teller häufen. Ich verabscheue alle diese Sachen. Tiere zu essen ist mir ein Gräuel. Die Roten Beete bluten. Ich starre auf den blutbefleckten Teller, auf dem die Krönungszeremonie von Königin Elizabeth II. abgebildet ist - Bella ist überzeugte Monarchistin und verehrt die Königsfamilie. Der Teller ist vergoldet, mit Wappen und am Rand abgeschlagen.
    Ich denke: Oh Dan, was ist nur aus dir geworden?




    Ich habe Dan als erste von uns gesehen, aber keiner aus der Familie will mir das glauben. Sie sagen, ich sei viel zu klein gewesen, um mich daran zu erinnern. Sie behaupten, ich hätte mir wieder was zurechtfantasiert. Finn, die Ihr Verhältnis zu Dan eifersüchtig hütet, äußert sich besondert bösartig darüber. Julia, die ihn noch nie leiden konnte - sie tut jedenfalls so -, sagt: "Gott, Maisie, du bist wirklich eine kleine Spinnerin. Wen interessiert denn das, ob du ihn zuerst gesehen hast? Er ist der Lehrling der Zwergin. Er ist verwandt mit ihr. Er gehört zur Abtei, genau wie sie. Er war schon immer da!"




    Aber das stimmt nicht. Ich habe Daniel am Tag von Daddys Begräbnis gesehen - und sowas vergisst man nicht, oder? Ich bringe bestimmt nichts durcheinander.
    Es war natürlich kein normales Begräbnis, aber das habe ich damals nicht verstanden. Mein Vater war ein Kriegsheld. Er hatte die Luftschlacht um England überlebt, war dann aber später in New Mexico in den USA gestorben, wo wir alle auf Betreiben von Stella hingezogen waren, damit er dort seine Lunge kurieren konnte. Er kehrte mit uns auf dem Schiff nach England zurück, in einer kleinen Urne, die sich in einem stabilen Karton mit der Aufschrift >>Not wanted on Voyage<< befand. Als wir in der Abtei ankamen - auf dem >>Ahnenschrottplatz<<, wie Großvater abfällig sagt -, stand die Urne drei Monate lang auf der Kommode in Stellas Zimmer.

    Hi Ihr Lieben,
    Kapitel 3 ist auch fertig und schon hochgeladen :) :applaus
    Momentan gehts ziemlich schnell alles..das ist gut, also wird es jetzt wohl erstmal jeden Abend eine FS geben, vielleicht auch zwei, mal sehen wie ich Lust habe.
    Gefällt euch die FS eigentlich?
    Okay, 515 Hits sagt eigentlich alles, wa? :D
    Also heute Abend gibt es dann wieder eine FS, so gegen 20.30h!
    Bis dann..


    Ps: Vielleicht mach ich sie nachher auch schon rein, muss jetzt nur ein paar anderen Sachen machen und dann mal sehen!

    So es geht weiter. Endlich!


    Kapitel 2:
    Der Junge am Fenster





    Es gibt vier Zimmer in dem Cottage - das hat Finn mir erzählt. Das vordere Zimmer im Erdgeschoss ist picobello in Ordnung, weil dort Totenwachen abgehalten werden. Dan´s Mutter, Dorrie, wurde in diesem Zimmer aufbewahrt, in ihrem weißen Hochzeitskleid aus Satin, mit ihrem weißen Gebetbuch in Händen. Das Beileidtelegramm, das Daddy geschickt hat, ist immer noch da, sagt Finn. Dans Großmutter hat es gerahmt, und es hängt über einen offenen Kamin, der nie benutzt wird.




    Dieser schreckliche Todesfall - Dorrie war erst 19 - ereignete sich bei Kriegsende. Ein Zimmer 14 Jahre lang nicht zu benutzen, ist seltsam, vor allem, wenn man so wenig Platz hat, aber Finn meint, so sei es üblich, und überdies sei Dans Großmutter abergläubisch und schwarzseherisch und glaube, es könne jederzeit wieder jemand sterben, und dann müsse man vorbereitet sein. Ich hätte dieses Zimmer und Daddy´s Telegramm gerne gesehen, aber die Tür ist zu.




    Wir gehen in die Küche, wo die Familie kocht, wäscht, isst und sich meistens aufhält. Eine schmale Treppe führt zu den beiden Schlafzimmern im Obergeschoss - Dans Vater, seine Großmutter und Dan müssen sich die Räume teilen.




    Bevor wir herkamen, habe ich Finn gefragt, wo sie denn alle schliefen, und Finn sagte, Dan schliefe in einem Zimmer mit seinem Vater, wo sonst? Als ich weiterfragte, fing sie an, sich aufzuregen, und meinte, ich sei eine neugierige Göre und das ginge mich alles garnichts an; nicht jeder könne in einem Haus mit 20 Zimmern herumtoben. 20 Zimmer, von denen die meisten unmöbliert und unbenutzbar sind und von Mäusen bewohnt werden, hätte ich gerne erwidert, aber ich ließ es bleiben. Ich merkte, das meine Fragen Dan kränken könnten und das Finn ihn schützen wollte. Aber meine Neugier konnte ich trotzdem nicht bezähmen.





    Dan ist groß und sein Vater ist geradezu ein Riese, wenn auch ein freundlicher; Schlafen sie zusammen in einem Bett, frage ich mich - im Ehebett, wo früher die arme Dorrie lag? -, und wenn ja, liegen sie dann nebeneinander oder verkehrt herum?




    Was mich auch brennend interessiert, sind die Waschgelegenheiten - es gibt wohl nur das Spülbecken in der Küche -, und noch spannender finde ich die Frage der Toiletten. Finn meint, es gäbe ein Klo im Garten hinter dem Schweinekoben, und das funktioniere einwandfrei. Die Cottages im Dorf sind alle so angelegt, das weiß ich, aber ich habe noch nie zuvor eines betreten. Die Frauen aus dem Dorf mögen uns nicht; sie flüstern hinter vorgehaltener Hand, wenn wir vorbeigehen, und nennen uns >>die sonderbaren Schwestern<<, was ich frech finde. Deshalb durfte ich noch nie in einem dieser kleinen Steinhäuschen pinkeln. Ich wollte die Gelegenheit dieses Besuchs bei Dan nutzen und das Klo aufsuchen, aber Finn hat meine Absichten erraten und es mir verboten. Ich darf hier nicht pinkeln gehen. Ich darf auch nicht müssen oder auch nur daran denken. Der Lokus ist streng untersagt. Es wäre erniedrigend für Dan und gefährlich für mich, denn es zöge eine Strafe nach sich. Und ich kenne Fins Strafen; sie erfolgen prompt und sind gnadenlos und schmerzhaft. Dieser Gefahr werde ich mich nicht aussetzen.





    "Ich habe Tee gekocht", sagt Dans Großmutter, als wir gerade mal 10 Sekunden da sind. Ich spüre das Finn mich scharf beobachtet. "Maisie trinkt keinen Tee, nur ein kleines Glas Wasser", sagt sie hastig. "Ja ein bisschen Wasser bitte, Mrs. Nunn", sage ich wohlerzogen. Von Tee muss man pinkeln.




    Wir stehen alle um den Tisch herum und warten darauf, das Bella Nunn sich setzt. Meine Augen gewöhnen sich allmählich an die Dunkelheit, und ich kann Einzelheiten erkennen. Das Zimmer ist so wundersam, wie Finn mir verhießen hat, und außerdem bemerkenswert schmutzig. Aber Dans Großmutter ist ja unsere >>Zugehfrau<<, und da ich ihre Putzmethoden kenne, wundert mich das nicht. Auf dem gesprungenen Linoleum liegen Staubmäuse, im Spülbecken türmt sich schmutziges Geschirr, und der Tisch fühlt sich schmierig an.


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    So, das wars für heute erstmal, ich muss ins Bett.

    So´n Schitt.. Nach dem bearbeiten des zweiten Kapitel´s ist mir aufgefallen, das ich vielleicht hätte doch erstmal durchlesen sollen..
    Und weil ich nicht wirklich Lust habe noch mal alles zu überarbeiten, muss ich euch jetzt ein wenig aufklären!
    Also, im 2. Kapitel, ist Julia eigentlich schon älter, so um die 14 oder 16 Jahre, im ersten in den Erzählungen von Maisie eigentlich auch schon! Ich hoffe, das ist nicht weiter schlimm.
    Und Dan, den ihr noch kennenlernen werdet, ist eigentlich jünger, ich schätz auch so um die 16 jahre, habe ihn aber schon größer gemacht. Mein Fehler!
    Ich hoffe, das ist nicht weiter tragisch?
    ich werd natürlich versuchen, ab Kapitel 3 das zu ändern, nur habe ich das zweite schon fast fertig und das war anstrengend genug :eek:


    So, nun aber genug gesabbelt! FS kommt vielleicht heute Abend, mal sehen wie müde ich später bin, war nämlich die ganze Nacht unterwegs und kam noch nicht zum schlafen :hua


    Wir wandern durchs Dorf, indem es ganz still ist in der Nachmittagshitze. Am Wegrand picken 13 Hühner.
    Seit Jahrhunderten hat sich hier nichts verändert. Ich finde das schön, Julia dagegen behauptet, es sei schrecklich langweilig. Das schiefe alte Cottage, in dem Dan wohnt, ist das letzte Haus am Weg, linker Hand, genau 400 Schritte hinter dem Entenweiher. Niemand benutzt den Vordereingang, und wir gehen auch nach hinten. Dort ist es schattig und die Tür steht offen.




    Der Türsturz ist so niedrig, dass Dan, Finn und Julia sich bücken müssen, als sie ins Haus gehen. Ich folge ihnen, und nach der Helligkeit draußen ist es drinnen so dunkel, das ich nichts mehr sehen kann.


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    So Ihr Lieben, die nächste FS wird ein wenig auf sich warten lassen. Denn hier endet das erste Kapitel..


    Ich sehe uns drei, wie wir uns an diesem Nachmittag auf den Weg ins Dorf machen. Wir gehen durch den Wald, was wir ganz selten tun. Julia hat ein neues weißes Kleid mit einem Petticoat und weißen Stickereien am Kragen an. Quasi über Nacht ist sie zur Frau geworden, und sie ist so wunderschön, das es mir in den Augen wehtut.





    Meine Schwester Finn trägt ihre üblichen alten Sachen: eine abgetragene Hose, eine zerknitterte Bluse und Sandalen. Sie ist gertenschlank.





    Ich weiß, was Julia denkt - das ist leicht zu erraten, weil sie meist nur an sich denkt -, aber hinter Finn´s Gedanken zu kommen, das ist schwierig. Sie ist kompliziert wie ein Knoten, den man nicht lösen kann.




    Meine Schwestern gehen voraus und zanken sich, ich folge ihnen. Ich habe braune Leinenschorts, kastanienbraune Sandalen und ein weißes Aertex-Hemd an, das Finn schon lange zu klein ist. Ich habe heimlich die Fünf-Freunde-Bücher gelesen (die stehen ganz oben auf Stellas Liste verbotener Lektüre) und möchte jetzt ein Junge sein, wie die unsterbliche George von Kirrin Island.




    Ich pfeife dem Hund, den nur ich sehen kann - wir hatten diesen Sommer gerade keinen Hund, wie zurzeit auch. Ich stecke die Hände in die Taschen und schlurfe hinter den beiden her. Ich zähle Bäume und benenne sie. Ich glaube, ich bin fröhlich; Fröhlichkeit ist ansteckend. Nach einer Weile hören Finn und Julia auf, sich zu streiten, und Finn - die eine sehr schöne Stimme hat - fängt an zu singen: zuerst ein Madrigal, dann geht sie lachend und hüpfend zu Blue Suede Shoes über.




    Wir treten aus dem Wald in die Hitze hinaus. Das Tal zu unseren Füßen schimmert golden in der Sonne. Die Holundersträuche hängen voller Beeren, die Äpfel sind bald reif, die Ulmen am Weg und der Weizen auf den Feldern wiegen sich im Wind. Gott hat dafür gesorgt, dass auf dem Acre Field 41 Kühe grasen. Weit oben unter dem Himmel zwitschern Lerchen. Ich atme tief ein; die englische Luft tut gut und macht mich munter.




    Finn nimmt mich an die Hand; sogar Julia ist lebhaft und lustig. Wir hüpfen, rennen und springen den Abhang hinunter.




    Unten erwartet uns Dan, wie verabredet. Er ist groß geworden, seit ich ihn zum letzten mal gesehen habe - was über ein Jahr her ist, wie mir auffällt. Früher kam er täglich in die Abtei, aber jetzt scheint er ein Bogen darum zu machen - wenn es dafür einen Grund gibt, hat man ihn mir wie üblich verheimlicht. Finn und er sind aber weiterhin befreundet. Sie war schon oft bei Dan zu Hause, doch für Julia und mich ist es Neuland - Dan hat uns nie weiter als bis zum Gartentor vorgelassen.

    Ich wollte nur sagen, heute Abend gibt es den Rest von Kapitel1. Ein Teil von Kapitel 2 habe ich zwar schon fertig, aber ich setz es erst rein, wenn ich es ganz fertig habe, ok?!! Und der 2te ist auch nicht so lang wie der erste, komischerweise. So, ca 21h wieder, denk ich!


    Nala15: Abonniere doch das Thema hier, dann kriegste immer automatisch bescheid, wenn was geschrieben wurde.

    Danke Nala15.
    So ich war gerade mit mir am kämpfen, ich hau jetzt noch nen Teil rein..




    Daneben steht auf einer Staffelei zur Wand gedreht und mit Tüchern verhängt, das Bild, das Lucas malen soll - im Gegenzug dafür, dass er hier den ganzen Sommer umsonst wohnen kann. Es soll ein riesiges Porträt von Julia, Finn und mir werden. Dan behauptet, es sei Lucas´Opus magnum - aus diesem Jahr jedenfalls. Es soll Die Schwestern Mortland heißen; ein blöder und langweiliger Titel, finde ich. Lucas scheint nicht gerade oft daran zu arbeiten, außer vielleicht nachts.




    Ich schlafe nicht gut Nachts. Manchmal wecken mich die Nonnen, manchmal wache ich an meinen Träumen auf. Als ich wieder mal nicht mehr schlafen konnte, bin ich aufgestanden und in den Garten gegangen, und da habe ich im Atelier Licht gesehen. Lucas schließt die Läden von innen, aber sechs Lichtstreifen zeichneten sich auf den Boden ab wie goldene Gitterstäbe. Vielleicht macht er diese Skizzen von mir als Vorbereitung für das große Porträt, oder vielleicht auch nur, um sich die Zeit zu vertreiben. Ich würde Lucas gerne fragen, ob sie wichtig sind für ihn, und wenn ja, warum - aber ich weiß, das er nicht antworten würde, denn er ist verschwiegen. Da haben sich die Richtigen gefunden, würde Bella warscheinlich sagen; ich bin nämlich ein verschwiegenes Mädchen.




    Ich denke aber schon, dass sie wichtig sind, denn Lucas sagt, er will dieses Jahr vier Zeichnungen von mir machen. Also scheint ihn irgendetwas an mir zu interessieren. Die erste Zeichnung, Frühlings-Maisie, hat er in den Osterferien gemacht. An Sommer-Maisie arbeitet er jetzt gerade, und Herbst-Maisie und Winter-Maisie will er dann im Lauf des Jahres fertigstellen. Ich darf die Zeichnungen erst sehen, wenn alle vier fertig sind. Die Schwestern Mortland bleiben vorerst auch geheim - das gilt auch für Julia und Finn. Ich habe schon mehrmals versucht, einen Blick darauf zu erhaschen, aber es ist mir nicht gelungen. Wenn Lucas das Atelier verlässt, verriegelt er Fenster und Türen. Er hat eigens zu diesem Zweck ein neues Vorhängeschloss angeschafft.




    "Wie paranoid kann man denn noch sein?", sagt Julia dazu. Sie ist gerade von einem Jahr an der Uni in Berkeley in Kalifornien zurückgekommen, was man an ihren Kleidern und ihrer Ausdrucksweise merkt. "Paranoid" ist jetzt eines ihrer Lieblingswörter.




    "Na komm, Maisie, du träumst", sagt Lucas. "Sprich mit mir, sonst wird dein Gesicht zu starr. Du kannst nicht mürrisch schauen, sonst misslingt das Bild." "Ich bin nicht mürrisch", antworte ich. Aber der gereizte Tonfall ist wieder da, und ich konzentriere mich. Ich wünsche mir allmählich, dass ich ein anderes Ereignis zum Erzählen ausgesucht hätte, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr. Dieser kalte Kieselstein steckt mir immernoch in der Kehle.




    Ich runzle die Stirn, Lucas wartet, den Stift erhoben, und ich erfülle wie immer artig seinen Wunsch und begebe mich in die Vergangenheit.





    ----->> wäre es gemein hier aufzuhören?? hihi ich tu´s einfach!!


    Ganz entfernt höre ich Musik - Julia hört schon wieder ihre Jefferson-Airplane-Platte -, sie hat den Plattenspieler voll aufgedreht. Von diesem fremden Hämmern und Stöhnen abgesehen, sind alle anderen Geräusche, die man hier vernimmt, typisch englisch: das Summen der Bienen, das Rascheln der Ulmen, das Blöken der Lämmer. Die sind um diese Zeit des Jahres schon ziemlich fett geworden und werden bald zum Schlachthof geschafft.




    Durch die sechs hohen Bogenfenster des Refektoriums blickt man nicht auf Gebäude, sondern auf Felder, Obstgärten und das Tal. Stella zog sich früher gerne hierher zurück. Sie wollte zu sich selbst finden, sagte sie, und dieser schöne stille Raum war ein geeigneter Ort dafür. Ja, es ist kalt hier im Winter, aber sie ist in Kanada aufgewachsen, englische Winter machten Ihr keine Angst. Sie waren kurz, und es gab selten Schnee - wo war das Problem? Doch dann entdeckte Stella die englische Feuchtigkeit, die kalte Nässe von East Anglia, die in die Knochen kriecht und alles durchdringt. Und sie merkte, wie es sich anfühlt, wenn der Wind von Osten kommt, aus Sibirien, und über die Fens fegt.




    Hier im Refektorium stößt man noch überall auf die Überbleibsel von Stella´s vielen kurzlebigen Selbstfindungsversuchen: eingetrocknete Farben aus ihrer Aquarellzeit im Frühling, die Nähmaschine aus dem Sommer, indem sie sich als Modedesignerin versuchte, die Objective aus ihrer Fotophase, die klapprige Schreibmaschine, auf der sie Kurzgeschichten schrieb. Diese Phase war die letzte, und sie hielt am längsten an. Vielleicht hat Stella sich ja inzwischen gefunden (ich frage mich, wie das geht). Vielleicht hat sie es aber auch aufgegeben, sich zu suchen. Im Refektorium hält sie sich jedenfalls nicht mehr auf.




    Das hat Lucas jetzt in Beschlag genommen. Er und Dan sind gerade aus Cambridge eingetroffen, zum letzten Mal. Sie haben die Prüfungen geschafft und kamen dann am Tag nach der Abschlussfeier mit üblem Kater hier an. "Unser letzter langer Urlaub", erklärte Dan, "der soll auch richtig toll werden."




    Dan ist jetzt oft bei uns in der Abtei; er könnte auch bei seinen Vater und seiner Großmutter im Dorf wohnen, aber er ist lieber hier. Er hat sich in seinem üblichen Zimmer im Haupthaus einquartiert und bleibt bis zum Ferienende.





    Lucas war auch schon öfter hier, aber er bleibt nie lange - er bleibt nirgendwo lange. Deshalb ist es erstaunlich, das er diesmal offenbar anderes im Sinn hat. Ich wüsste auch nicht, wer ihn eingeladen haben sollte, außer vielleicht Finn. Er hat nicht angekündigt, wann er wieder abfahren will - wenn die Ferien vorbei sind, vielleicht früher, vielleicht auch später. Lucas macht nie Pläne - oder jedenfalls spricht er nicht darüber. Er kommt, wenn ihm danach zumute ist, und verschwindet, ohne sich zu verabschieden. Ich kann damit leben, weil ich mich gut verstehe mit Lucas; für Finn und Julia ist das viel schwerer.




    Lucas legt keinen Wert auf Bequemlichkeit. Er schläft auf einer durchgesessenden alten Couch in der Ecke unter einer Decke aus Armeebeständen. Kaffee macht er sich auf einen Gaskocher. Wenn er baden möchte, geht er im Fluss schwimmen. Wenn er Hunger hat, was nicht oft vorkommt, erscheint er in dr Küche, umgarnt Stella und plündert die Speisekammer.





    Stella kann hervorragend kochen und hält Lucas für ein Genie, wogegen er keinen Einspruch erhebt, wie mir aufgefallen ist. Auf dem Tisch im Refektorium sehe ich unter einer Fliegenglocke ihre letzten Gaben für den Künstler des Hauses: Ein Stück Madeira-Kuchen, von dem er ein-, zweimal abgebissen hat.

    @Narychan: Vielen Dank, ja mehr oder weniger Teenager, also die eine ist glaub ich 14 und die andere 16 Jahre..also ja Teeni´s. Aber warte mal das zweite Kapitel ab, da gehts von dieser Vergangenheitserzählung noch weiter in die Vergangenheit.. *grummel* Ich sag ja, das es schwer ist zu bearbeiten !




    "Sitz still, Maisie", sagt Lucas. "Hör auf herumzuzappeln". Er runzelt die Stirn.




    Die Mutter Oberin steht neben mir und lächelt. In ein paar Wochen wird Isabella 23; sie hat flaschengrüne Augen und hält einen kostbaren Rosenkranz aus Jade in der Hand. Sie hat viele Verpflichtungen, findet aber immer Zeit für mich. Sie berührt meinen Arm, legt einen Finger an die Lippen, blickt auf Lucas und verschwindet dann lautlos.




    Lucas, der Ungläubige, bemerkt natürlich nichts. Draußen scheint die Sonne. Seit Wochen ist kein Regentropfen gefallen. Dieser Sommer ist golden, der schönste Sommer, den ich je erlebt habe. Wenn er zuende geht, werde ich verwandelt sein, ich spüre es. Ich werde kein Mädchen mehr sein, sondern eine Frau. Ich werde aus der Puppe schlüpfen, mit feuchten Flügeln, doch strahlend schön, eine neue Maisie!




    Nach einer Weile sagt Lucas: "Gut - es ist also Hochsommer. Der Mond ist voll. Ihr geht ins Dorf, und Oceans Tochter legt euch die Karten. Und was hat die alte Hexe den drei Schwestern verhießen, frage ich mich? Einen Schatz? Ein Erbe? Eine Reise? Bestimmt einen Schatz. Einen großen dunkelhaarigen Fremden. So einen wie mich."




    "Nein, all sowas nicht."
    "Das ist aber ungewöhnlich für eine Wahrsagerin", erwidert er trocken. Er tut jetzt so geschäftsmäßig, aber ich weiß, dass er neugierig ist, und das gibt mir ein gutes Gefühl.





    Er hält den Skizzenblock schräg, damit ich nichts sehen kann, und sagt: "Hör zu, Maisie, du kannst reden, aber beweg deinen Kopf nicht mehr. Das Licht ist perfekt. Ein klein wenig nach links noch. Mach diesen obersten Knopf auf. Prima. Gutes Mädchen. Ich bin ganz Ohr. Erzähl weiter."




    Ich denke, ganz Ohr und auch ganz Auge. Lucas hat so viele Augen wir Argus, und wenn sich eines kurz schließt, bleiben die anderen 99 offen. Ihnen entgeht nichts. Wer mit Lucas zutun hat, sollte das nicht vergessen. Und ich vergesse es auch nicht.




    Ich versuche, trotz meiner Pose entspannt zu sitzen, mich zu konzentrieren und mir einen schlüssigen Bericht zurecht zulegen. Es ist kühl und still hier in Lucas behelfsmäßigem Atelier, einem großen Raum mit Steinboden und Kuppeldecke. Er entstand unter Isabella´s Anweisungen im 13. Jahrhundert und wurde im 15. Jahrhuntert erweitert, zur Hochzeit der Abtei. Er diente einst als Refektorium und war durch Korridore mit den Kreuzgängen und den Hauptgebäuden des Klosters verbunden, doch diese Verbindungen wurden zur Zeit der Reformation vernichtet. In diesem abgeschiedenen Teil der Abtei kann man sich gut zurückziehen.


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    gleich gehts noch weiter, ich will nur erstmal eine rauchen...hihi