Auf vielfachen Wunsch hin *lol* hier die Fortsetzung.
Leider mit sehr viel Text am Anfang; ist mir nicht anders gelungen, sry.
Semesterferien und andere Katastrophen - IX.
Das Chaos geht weiter
Ich rief Lucille nicht an, am nächsten Tag nicht, und auch nicht in den Tagen darauf.
Sie war mir in den Rücken gefallen, sie musste gewusst haben, dass Sid auf der Party sein würde, und der war, wie sie auch wusste, der letzte Mensch, mit dem ich im Moment zusammentreffen wollte.
So verging fast eine ganze Woche, ohne dass ich etwas von ihr gehört hätte.
Glücklicherweise hörte ich aber auch nichts von Sid, der mich in der letzten Woche zweifelsohne angerufen hatte, um mir zu sagen, dass er auf der Party sein würde.
Ich hatte das Gefühl, dass Daniel mir aus dem Weg ging, was noch dadurch bestätigt wurde, dass er kaum zu Hause war; und das kannte ich nicht von ihm.
Normalerweise war er meistens auf seinem Zimmer, oder zumindest irgendwo im Haus, aber seit ich hier war, erreichte man ihn kaum noch, nicht einmal auf seinem Handy.
Ich hatte meine Dummheit gegenüber Lucille längst eingesehen, und trotzdem konnte ich mich nicht überwinden, mich bei ihr zu melden – mein Stolz war zu groß.
Was mich aber am allermeisten wurmte war die Tatsache, dass Travis auf der Party gewesen war, und dass ich kaum Notiz von ihm genommen habe.
Ich hatte ihn nur flüchtig begrüßt, und mich dann wieder völlig mir gewidmet – nach der Show die ich bei ihm zu Hause abgezogen hatte, musste er spätestens durch die Aktion auf Lestat’s Geburtstag meiner völlig überdrüssig geworden sein.
Natürlich, ich hätte ihn einfach anrufen und ihm die Situation erklären können, wir waren erwachsene Menschen, aber was hätte ich ihm sagen sollen?
„Hey, mein Ex war auf der Party und an dem hänge ich noch, deswegen habe ich nicht mit dir geredet.“?
Egal, wie ich es drehte, es kam immer nur Mist dabei heraus, und so vergrub ich mich die Woche über zu Hause.
Es war am Freitag, als meine Mutter meinte, dass es wohl mal wieder an der Zeit wäre, dass ich ein wenig unter Leute käme.
„Baby, ich hab keine Ahnung was passiert ist, aber egal was es ist, dich hier zu Hause zu vergraben bringt auch nichts.“
„Ach Mom…ich habe keine Lust auszugehen.“
„Hat es was mit Sid zu tun, hm?“
Ich verdrehte die Augen.
„Konnte Daniel seine Klappe wieder nicht halten?“
„Doch, konnte er.
Aber ihr wart fast vier Jahre lang zusammen, und ich bilde mir ein, meine Tochter zu kennen.
Ich weiß welche Laus dir über die Leber gelaufen ist.
Und das hat mir nicht Daniel erzählt, sondern der neue Nachbar.“
„Travis?!“; ich dachte, ich hätte mich verhört.
Sie nickte.
„Ich habe ihn gestern in der Stadt getroffen, er hat gefragt, wie es dir ginge, wo du dich doch mit jemandem so in der Wolle gehabt hättest, auf der Party am Samstag.“
Innerlich atmete ich auf – er wusste also nicht, wer Sidney war; wobei es auch eigentlich peinlich genug war, dass er mitbekommen hatte, wie wir uns unterhalten haben.
Elaine strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Du magst sie beide, oder?“, fragte sie vorsichtig.
Ich gab nichts zur Antwort, konnte ihr aber auch nicht direkt ins Gesicht sehen, und das genügte.
Sie sah mich kurz nachdenklich an.
„Lass dir Zeit bei deiner Entscheidung Hannah; eine falsche Entscheidung kann dein ganzes Leben in einer Weise beeinflussen, die nicht immer die beste ist.“
Sie hatte leise gesprochen, fast bedauernd, und ich sah ihr an, dass sie meinen Dad meinte.
Wahrscheinlich hatten die beiden sich sogar irgendwann mal geliebt, sonst wären wohl weder Daniel noch ich auf der Welt, aber die Liebe war irgendwann gestorben.
Sie sah mich an: „Lass dir Zeit, aber entscheide dich irgendwann – keiner der beiden wird ewig auf dich warten.“
„War es bei dir so, Mom?“
Die Frage war mir einfach herausgerutscht, ohne dass ich noch etwas dagegen hätte tun können.
Im selben Moment biss ich mir auf die Zunge – erst denken Hannah, dann reden.
Sie schaute mich nur bedrückt an, war aber offensichtlich wegen meiner Frage nicht böse.
„Irgendwann werden wir uns noch darüber unterhalten Hannah…aber nicht jetzt.“
Meine Mutter stand auf und verließ das Zimmer.
Die Frage war unbedacht gewesen, und dumm; jetzt hatte ich es mir mit meiner besten Freundin verscherzt, mein Bruder ließ sich kaum noch blicken, und anstatt mich wenigstens ihr gegenüber zusammenzureißen, hatte ich meine Mom noch an Dinge erinnert, an die sie offensichtlich nicht gerne zurückdachte.
Aber ändern konnte ich daran sowieso nichts mehr, vielmehr besann ich mich darauf, dass meine Mutter, wie so oft, Recht hatte, und ich mich nicht hier zu Hause vergraben konnte.
Ich entschied mich für einen Tag im Nordbad, irgend jemanden würde ich hier mit Sicherheit treffen – als wir noch Teenager waren, verging im Frühling und Sommer quasi kein Tag, an dem wir nicht hier gewesen wären, und ich kannte kaum jemanden, der auf der Liegewiese nicht seinen ersten Kuss bekommen hätte.
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Also machte ich mich auf den Weg, und war kaum angekommen, als ich schon die erste Bekannte traf; Daniela, aus meiner alten Schulklasse.
Wir hatten uns seit mindestens zwei Jahren nicht gesehen, obwohl wir uns immer recht gut verstanden hatten; und so verbrachten wir den Nachmittag miteinander.
Bei einem Fruchtshake unterhielten wir uns über die letzten zwei Jahre, wobei ich erfuhr, dass Lucille nicht die einzige war, die mittlerweile verheiratet war, nur hatte Daniela lange nicht so reicht geheiratet, und war inzwischen Mutter von Zwillingen.
Heute Nachmittag hatte sie „frei“, wie sie mir erzählte, trotzdem verabschiedete sie sich recht zeitig, „um zu sehen, ob die Kurzen nicht doch meinem Mann auf der Nase herumtanzten“, wie sie sagte.
Wir verabschiedeten uns mit dem Versprechen, in Zukunft wieder einen regeren Kontakt aufrechtzuerhalten, und so überließ Daniela mich wieder mir selbst.
Zuerst drehte ich noch eine Runde durch das Freibad, und schwamm dann einige Bahnen; das machte den Kopf frei und so hatte ich wenigstens einen Nachmittag totgeschlagen.
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Ich ging zur Umkleide und wollte mich grade meiner nassen Sachen entledigen, als mein Blick auf einen mir nur zu vertrauten Haarschopf fiel.
Daniel hatte nicht gesagt, wohin er gehen würde, deshalb war ich überrascht, ihn ausgerechnet hier zu treffen; er war nicht der Typ, der gerne schwimmen ging.
Trotzdem freute ich mich, und bog um die Ecke, von wo aus ich ihn gesehen hatte.
Ich grinste, wollte ihm die Hände vor die Augen halten, nach dem Motto: „Na, wer bin ich?“; als ich zurückprallte.
Zwar war es Daniel, der dort stand, aber gleich hinter ihm konnte ich einen zweiten ausmachen, welcher mir in den letzten paar Tagen vertraut geworden war – Travis.
Beide in inniger Umarmung verschlungen.
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Ich schloss die Augen: „Ist schon gut Hannah, wenn du sie wieder aufmachst, ist alles in Ordnung.
Da steht nicht dein Bruder, der grade mit seiner Zunge die Mandeln deiner Liebelei erforscht…ist alles okay, mach die Augen auf…“
Ich holte einmal tief Luft, und öffnete die Augen wieder; und natürlich standen die beiden da immer noch.
Mein Magen schnürte sich zu einem Klumpen zusammen, ich spürte, wie mein Mund mit einem Schlag trocken wurde, wie die Wüste Gobi.
Noch hatten die beiden mich nicht bemerkt, und das Einzige, was ich noch tun konnte war, dass auch tunlichst zu vermeiden.
Ich ging die paar Schritte zu den Umkleiden zurück, und meine nassen Sachen fühlten sich plötzlich so schwer und kalt an, wie Blei.
Ich kann nicht genau sagen, welchen Weg ich nach Hause genommen habe, ich weiß nur noch, dass ich irgendwann unten an der Bar stand; und dann hielt mich nichts mehr.
Zum Glück hatte mein Dad immer einen guten Vorrat an Alkohol zu Hause, „nur für alle Fälle“, und jetzt machte ich regen Gebrauch davon.
Ich schüttete einen Tequila-Sunrise nach dem nächsten in mich hinein.
Es war nicht meine Art, mich einfach so zu betrinken, eigentlich trinke ich so gut wie nie, aber die letzten Tage und Wochen war einfach zu viel gewesen.
Erst erwische ich Sid mit einer anderen, dann verkrache ich mich wegen dem auch noch mit meiner besten Freundin, lerne einen Typen kennen, in den ich mich auf der Stelle verlieben könnte, und finde den dann knutschend mit meinem Bruder.
Die Tatsache, dass ich selten trinke, schlug sich dann auch darin nieder, dass der Tequila schneller als erwartet seine volle Wirkung zeigte.
Nun, zumindest kann ich mich noch daran erinnern, wie ich irgendwann aufgestanden bin und auf mein Zimmer gehen wollte, weil mein Bett mittlerweile doch in aller Deutlichkeit nach mir rief.
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Was allerdings danach geschah, dass wussten die Götter…
To be continued...