Victoria: Danke dir! Ja, die beiden stecken wirklich tief in der Sche... . Sie haben nicht mal einen Anhaltspunkt und es kommen immer mehr Fragen auf...
Deswegen will ich mal gleich ein neues Kapitel liefern
3
Paula spürte, wie ihre Beine nachgaben und sie wieder auf den harten Boden fiel.
Es gab keine Tür. Wie konnte es sein, dass es keine Tür gab? Wie konnte es einen Raum geben, ohne Tür nach draußen? Wie waren sie reingekommen? Es musste eine Tür geben. Eine Luke, einen versteckten Eingang, irgendwas, irgendwo.
Das Mädchen merkte, wie sie losging, ohne dass sie begriff, ihren Beinen den Befehl dazu gegeben zu haben und rannte so schnell sie konnte auf die verspiegelte Wand zu. Mit ihrer ganzen Kraft schmiss sie sich dagegen, hoffte, dass die Scheibe wenigstens ansatzweise nachgeben würde, sich wenigstens ein kleiner Riss bildete.
Nichts.
Die Scheibe ruhte in der Wand, als wäre Paula nie aufgestanden, hätte nie versucht, sie zu durchbrechen. Unbeeindruckt.
„Ian“, rief Paula, als sie sich erneut mit ihrer Schulter zuerst gegen die Scheibe warf. „Hilf mir doch.“
Ian machte keine Anstalten aufzustehen.
„Da können wir es lieber mit Telekinese versuchen“, spottete er. „Die Scheibe wird nicht brechen.“
„Was bist du, irgendso ein Psycho oder so? Wir können hier doch nicht drin verrecken.“
„Paula, das ist mindestens Panzerglas. Der ist doch nicht so blöd und steckt uns hinter eine Scheibe, die wir zerbrechen könnten.“
„Und was ist, wenn doch?“
Paula spürte, wie ihr wieder heiße Tränen die Wangen runterliefen. Ian hatte wahrscheinlich Recht, es war vollkommen aussichtslos.
„Du holst dir da höchstens Prellungen“, meinte er und im Inneren wusste das Mädchen, dass es stimmte. Sie würde hier nicht rauskommen, nicht so.
Ihr Arm schmerzte und sie trat noch einmal mit voller Wucht gegen das Glas, dann ließ sie sich wieder auf den Boden sinken.
„Wie macht er das? Mit diesem Fenster. Was ist das für ein beschissener Trick?“
„Das ist ein halbdurchlässiger Spiegel“, antwortete Ian. „Bei Polizeiverhören benutzen sie so etwas… man kann immer nur von einer Seite durchsehen, je nachdem, welche heller beleuchtet ist.“
Bei Polizeiverhören. Paula erschauderte. Was war, wenn Kor doch ein Polizist war, ein ehrenhafter Bürger, und sie eine Schwerverbrecherin, vor der man die Welt schützen musste? Aber wer war dann Ian? Wie passte er in dieses Puzzle, wieso ließen sie sie mit ihm in eine Zelle, die noch dazu aus mehreren Räumen bestand? Das war doch vollkommen absurd. Und wieso verdammt konnte sie sich an nichts erinnern?
„Erleuchtet er deswegen den Raum so hell, damit er uns sehen kann?“ Paula wusste, wie irrelevant diese Frage war, aber eine bessere fiel ihr nicht ein und das Neonlicht brannte ihr in den Augen.
„Wahrscheinlich…“
„Er kann uns also die ganze Zeit beobachten, ja?“
„Wahrscheinlich.“
„Boah, Ian!“ Paula merkte, wie sie wütend wurde, fast schon einen Hass auf den glatzköpfigen Mann entwickelte. Wieso saß er nur da und tat nichts? Wieso redete er nicht? Wieso hatte er sich so schnell mit diesem unmenschlichen Schicksal abgefunden? War er vielleicht doch nicht der, für den sie ihn hielt? War er vielleicht eine Art Undercoverpolizist, den sie zu ihr in die Zelle geschickt hatten? Gab es deswegen nur eine Liege, weil Ian nach acht Stunden Feierabend hatte und nach Hause zu seiner Familie spazierte und gebratenes Hühnchen mit Nudeln aß und einen Film mit Halle Berry ansah? Was war er für ein mieser Verräter, dass er sie so leiden ließ, dass er ihr nichts von alledem erzählte.
Sie beschloss, dass es so sein musste. So ergab es wenigstens Sinn. Ian war kein Gefangener, kein Opfer. Er war ein Drahtzieher in diesem beschissenen Spiel, der ihr Vertrauen erschleichen sollte.
Aber das konnten sie vergessen. Paula war stolz auf sich, dass sie das Vorhaben derjenigen, die sie hier gefangen hielten, so schnell durchschaut hatte und sah hasserfüllt, aber auf eine gewisse Weise auch triumphierend zu Ian hinüber.
Dann sah sie, dass er weinte. Sah in seine gebrochene Seele. Und wusste, dass sie falsch lag.