Beiträge von Gifti

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    Es gab tatsächlich Essen – Schnitzel mit Gemüse, wie er es angekündigt hatte. Paulas Bedenken, es könnte vergiftet sein, wich einem überwältigenden Hungergefühl und als sie zu Ian sah, der auf der Liege saß und gierig das Fleisch in sich hineinstopfte, waren ihre letzten Zweifel ausgeräumt.
    Es gab Essen.



    Paula nahm den Teller, der auf dem Boden stand und setzte sich zu dem jungen Mann auf die Pritsche. Im Moment machte sie sich keine Gedanken darüber, wie Kor das Essen in den Raum ohne Tür bekommen hatte – Ian war ja auch irgendwie rein gekommen, es gab also einen Weg – im Moment zählte nur das klein geschnittene Fleisch und die Blumenkohl- und Brokkoliröschen auf ihrem Teller.
    Obwohl Paula von dem Geschmack nicht viel mitbekam, weil sie zu gierig aß, bemerkte sie doch, dass es nicht übermäßig schlecht schmeckte. Wer war Kor, dass er sich so viel Mühe mit dem Essen gab, dass er extra etwas kochte? Paula konnte sich beim besten Willen keinen Reim auf sein Verhalten machen.



    Einen Moment lang war sie froh. Froh, dass Ian wieder da war und froh, dass sie hatte, was man zum überleben brauchte. So absurd es ihr auch vorkam, in ihrer Situation noch so etwas wie Freude empfinden zu können – für einen Moment dachte sie nicht an ihren Kummer, ihre Angst, ihre Fragen.
    Paula schmeckte das gut gewürzte Schweinefleisch auf ihrer Zunge und war zum ersten Mal seit langer Zeit – zum ersten Mal seit aller Zeit, an die sie sich erinnern konnte, glücklich.
    Ja, sie empfand Glück.



    Kor hatte gesagt, Montag sei Wunschtag, und es wäre ihr erster. Sie waren also noch nicht ewig lange hier, höchstens seit einer Woche. Wenn sie erst seit kurzer Zeit da waren, könnte es ja doch sein, dass ihr Aufenthalt nur für kurze Dauer geplant war.
    Sie teilte diesen Gedanken mit Ian, der sein Schnitzel schon aufgegessen und den Teller auf die Erde gestellt hatte.
    Ian schien realistischer denn je.
    „Paula, wenn Montags Wunschtag ist… wird es viele Montage geben, nicht nur einen oder zwei.“
    Das Mädchen merkte, wie ihre Hoffnung mit einem Satz zerschlagen wurde. Trotzdem klammerte sie sich an einen gedanklichen Grashalm.



    „Aber vielleicht geht das ganze ja nur eine Woche… Vielleicht passiert jeden Tag etwas anderes und Sonntag werden wir freigelassen.“
    Sie merkte selbst, wie hilflos diese Idee klang.
    „Für eine Woche hätte er sich nicht diese Mühe gemacht. Wieso sollte er? Und er wüsste, dass wir ihn danach sofort verraten würden und identifizieren könnten. So ein Risiko geht er nicht ein. Nicht, wenn er uns nur eine Woche hier behalten will um uns ein bisschen zu ärgern.“
    Ian sah dem Mädchen in die Augen.



    „Paula, ich weiß nicht, weswegen wir hier sind, aber ich weiß, dass er uns am Ende töten wird.“
    Paula stand auf, um dem jungen Mann nicht länger ins Gesicht sehen zu müssen. Sie wollte diese Worte nicht hören. Sie würde ihr Leben nicht so einfach abschreiben.
    Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals.
    „Er wird uns nicht töten“, sagte sie und hoffte, dass die Worte Ian mehr überzeugen konnten, als sie selbst.



    „Warum sollte er dann damit warten?“
    Ian schwieg. Er wusste keine Antwort.
    „Vielleicht sollten wir uns nicht mehr trennen“, sagte er dann. „Dann kann er keinen von uns einzeln hier rausholen.“
    Paula dachte, dass Kor bestimmt die Mittel besaß, sie beide bewusstlos zu machen, wenn er es für nötig hielt und somit tun konnte, was immer er wollte, aber sie entgegnete nichts. Es war nicht sinnvoll, negativ zu denken.
    „Lass uns jetzt die Tür suchen“, sagte sie. „Es muss ja eine geben.“
    Ian zuckte unmotiviert die Schultern.



    „Und wenn? Was bringt es uns, wenn wir sie gefunden haben?“
    Für einen Moment kam dem Mädchen wieder der Gedanke, der junge Mann könnte Kors Komplize sein. Wieso lag ihm nicht am Finden des Ausganges? Aber hatte er nicht andererseits auch Recht? Die Tür würde verschlossen sein. Es würde ihnen rein gar nichts bringen. Bis auf die Gewissheit, dass es einen Ausgang gab – einen Ausgang aus der Hölle. Und diese Vorstellung reichte Paula.
    Sie begann, die gefliesten Wände abzutasten.

    Danke euch!



    Shoshona: Danke für deine regelmäßiges Kommentare! Ja, da wünscht Paula sich Klamotten - ob das einen Rückschluss auf ihren Charakter zulässt? Aber vllt kann sie damit ja tatsächlich was anfangen, mal abwarten ;) Und dass sie ian nicht traut... wer würde das schon, vielleicht steht er ja doch auf der falschen Seite, und dann? Klar denken können sie beide nicht dadrin, deswegen handeln sie manchmal so unüberlegt... aber: Kommt Zeit, kommt vielleicht auch rat :)


    Solid Snake: Vielen Dank! Ja... wo war er. Das wird noch aufgelöst werden natürlich, abe rnoch nicht, wär ja sonst langweilig :) Ian ist ein bisschen wechselrisch in seiner Laune, das stimmt wohl. Ob das einen Grund hat?
    Und klar wer es ein bescheueter Wunsch von Paula, aber Ians war ja auch nicht besser :D Die beiden sind einfach noch viel zu durcheinander, um lar zu denken oder zun planen... viel Spaß weiterhin!


    Victoria: Wow, danke für deinen langen Kommentar! Bin echt überwältigt dass die FS dir so gut gefällt, das freu tmich total! Vielen vielen Dank für dein Lob und schön, dass du imer weiterlesen wilst :)
    Ob Ian lügt, oder einfach nur das erzählt, was ihm widerfahren ist, bzw das, was er denkt?
    Viel Spaß noch!


    FräuleinWunder: Stimmt, sie hat einfach nur gesagt, was ihr als erstes eingefallen ist. (Weiber...) Nächstes Mal wünscht sie sich dann Schminke :D Ne Quatsch.... aber irgendwo hat sie ja Recht, wochen- oder monatelang immer die gleichen Klamotten zu tragen geht ja auch einfach nicht... und besser als der liebe Ian, der sich einfach gar nichts wünscht... Viel Spaß weiterhin!


    Bienchen: Ja, abwarten was Paula aus den Klamotten alles so macht. Síe hat über diesen Wunsche wirklich nicht viel nachgedacht und es sit das erste, was ihr ind en Sinn kam (vllt sind dadurch Rückschlüsse auf ihren Charakter möglich?) Aber so blöd, dass er sie einfach abhauen lässt, ist Kor nicht, versprochen :D Viel Spaß weiterhin!


    Das Leben ist nur ein Moment, der Tod ist auch nur einer.
    Friedrich von Schiller

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    Sie hatten Glück gehabt. Großes Glück.
    Paul Louis war tot.
    Es hätte so was von schief gehen können. Nur die kleinste Ungereimtheit, und alles wäre für die Katz gewesen. Louis wäre nach Hause gefahren zu seiner Frau, ganz so als wäre nichts geschehen. Es wäre nichts geschehen. Und er hätte nie erfahren, dass er in dieser Nacht hatte sterben sollen.
    Aber sie hatten Glück gehabt.
    Es war der ideale Tag gewesen, der ideale Augenblick. Jährlich starben x Menschen bei Autounfällen. Er war eben einer von ihnen.
    Es würde überhaupt niemand bemerken.



    Dass es regnen und glatt sein würde an jenem Novemberabend, hatten sie vorausgesehen. Aber dass auch die Sicht so schlecht war durch den tief hängenden Nebel, war pures Glück gewesen.
    Albert und er hatten genau den richtigen Tag ausgesucht.
    Hunderte Menschen starben bei diesen Sicht- und Straßenverhältnissen auf den deutschen Bundesstraßen. Paul Louis war einer von ihnen. Nichts weiter als eine Zahl. Ein Unfallopfer.
    Hätte es irgendeinen Hinweis gegeben, irgendeine undichte Stelle, wäre die Polizei vielleicht aufmerksam geworden, hätte den Unfallhergang vielleicht genauer rekonstruiert.
    Aber es gab keine Hinweise. Es war der perfekte Plan.



    Es wie Selbstmord aussehen zu lassen, wäre viel zu auffällig gewesen. Wieso sollte ein junger Mann, der alles hatte, dessen Leben perfekt war, sich das Leben nehmen? Nein, bei Selbstmord wurde viel zu viel hinterfragt. Ein Autounfall war ideal. Das konnte eben jeden treffen.
    Natürlich war es riskant gewesen. Er hätte selbst dabei draufgehen können, wenn Louis nicht ausgewichen wäre. Hätte selbst sterben können, wenn er das Lenkrad nicht genau im richtigen Moment wieder rum gerissen hätte. Hätte gesehen werden können, von irgendwem.
    Oder wenn er die falsche Stelle getroffen hätte. Wenn Louis nicht gegen die große Eiche gefahren wäre, sondern nur in den Graben. Oder wenn er langsamer gefahren wäre, vorsichtiger, und nur leicht verletzt wäre.



    Es gab so viele Eventualitäten.
    Aber es hatte alles gepasst.
    Er hatte nur das Bersten des Metalls gehört und das Krachen des Holzes und war schnell zurück in die Stadt gefahren, wo er sein Auto abgestellt hatte, als wäre nichts gewesen. Abends hatte er mit seiner Frau zu Abend gegessen und erst am nächsten Morgen hatte er den Anruf von Albert gekriegt, der es in der Firma von den aufgelösten Mitarbeitern erfahren hatte.
    Paul Louis war tot.
    Es hätte nicht besser laufen können.
    Und niemand würde je merken, dass es Mord war.

    Hallo ihr Lieben :) Gleich gibt es endlich ein neues Kapitel - es war für später geplant, habe es aber vorgezogen um hoffentlich einen Weiterles-Anreiz zu geben und etwas Schwung in die FS zu bringen. Es ist sehr sehr kurz - aber wichtig.



    Shoshona
    Ja du hast Recht, Samantha tut sich selbst viel zu Leid. Das Verhältnis zu ihrer Familie ist nicht das beste, weil es im ihrem Leben - und auch im dem ihrer immer nur ausschließlich um Karriere ging. Alles andere ist da auf der Strecke geblieben. Heutzutage setzen leider sehr viele Menschen die Karriere vor die Familie - und daran zerbricht dann viel.
    Samantha ist es nicht gewohnt, schwach zu sein. Immer war sie stark, bewundernswert. Nun ist sie in einem tiefen Loch - und nat. alleine, denn ihre Karriere, was das Einzige in ihrem Leben war - hilft ihr da jetzt auch nicht weiter.
    Arme reiche Frau. Und so hilflos.


    Bienchen: Danke dir! Ja, Alec macht sich rar - aber er tüftelt natürlich neue Ideen aus um der armen Frau ihr Haus abzuschwatzen
    ... Samanthas Schwester wirst du bald kennen lernen - mal gucken wie diese auf Alec reagiert :D Vllt kann sie ihn ja in die Flucht schlagen.


    sabeunski:
    Dankeschön, total nett von dir! Schön dass ir die FS und das Drumherum gefällt :) Viel Spaß weiterhin!



    ‚Es ist kein schlechter Job’, sagte Vera immer wieder.
    ‚Er ist kaum anstrengend und wir verdienen in kurzer Arbeitszeit genug Geld.’
    Manchmal fragte ich mich heimlich, ob sie es so oft sagte, um vor allem sich selbst davon zu überzeugen, aber diese Gedanken verbannte ich ganz schnell wieder. Ich wusste ja, wie es ohne diesen Job war. Ich hatte kein Geld gehabt, keine Freunde, keine Wohnung und kein Auto. Nun konnte ich mir manchmal sogar ein wenig Luxus leisten, hatte viele Bekannte, ein nettes Zimmer und eigentlich nichts zu meckern.





    Mara rollte das letzte Stück Pizza zusammen, das mittlerweile nur noch mit Käse belegt war und machte sich noch ein Stückchen breiter auf dem Sofa. Dann angelte sie nach der Fernbedienung.





    „Um diese Zeit kommt doch eh nichts Sinnvolles mehr”, protestierte ich. Viel lieber wollte ich mich noch länger mit Mara unterhalten.
    „Was Sinnvolles kommt eh nie”, gab Mara zurück, schaltete die Glotze ein und zappte sinnlos hin und her.
    „Ich geh ins Bett”, sagte ich etwas enttäuscht und stand auf. Ich war zwar noch hungrig, aber von meiner Pizza war sowieso nichts mehr übrig.





    Als ich durch die Küche in mein Zimmer ging, sah ich mein Handy neben dem Kühlschrank liegen. Es blinkte, also hatte ich eine Kurznachricht bekommen.



    ‚Sicher Werbung’, dachte ich, unmotiviert die SMS überhaupt zu lesen. Es war eine mir unbekannte Nummer. Dann las ich die Nachricht aber doch und bereute es sofort. Wieso hatte ich sie nur nicht gleich gelöscht?


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    Die Haustür ging auf und Mara kam herein. Sie ließ ihre Handtasche auf den Boden fallen, dann sah sie mich auf dem Sofa sitzen und ein Lächeln durchzog ihr Gesicht.
    „Cool, dass noch einer wach ist!”, frohlockte sie und ließ sich auf das Sofa neben mir fallen.






    Maras Schminke war ein wenig verwischt und ihr Outfit zeigte viel Haut. Das wies darauf hin, dass sie grade ihre Arbeit hinter sich gebracht hatte. Ich bot ihr ein Stück Pizza an und sie stimmte begeistert zu.



    Mara war ein tolles Mädchen und ich mochte sie sehr. Sie war die jüngste von uns und bekam durch ihr süßes kindliches Aussehen sehr viele Kunden. So war sie grade abends meistens mehr beschäftigt und verdiente auch mehr Geld als wir anderen, worauf grade ihre Schwester Kira sehr neidisch war. Nicht nur deswegen kam es fast täglich zu Streitereien zwischen ihnen.
    „Dieser Job macht mir keinen Spaß”, meinte Mara plötzlich, während sie die Pizza in sich hineinstopfte.





    „Ich habe echt keine Lust darauf”, fuhr sie mit noch vollem Mund fort, während die sich ein nächstes Stück Pizza nahm. „Das macht mich echt nicht so an, weißt du. Ich hätte gerne mal was Herausforderndes.”



    Mara war von Anfang an unzufrieden und sehr kritisch dem Job gegenüber gewesen, und ich verstand echt nicht, warum sie ihn machte. Sie verfügte über eine unglaublich hohe Intelligenz und wenn wir irgendwelche Fragen hatten, konnten wir uns immer an sie wenden, immer wusste sie Antworten und Rat. Das Mädchen war eine sehr gute mitfühlende Zuhörerin, von ihren eigenen Problemen redete sie hingegen kaum, und so hörte ich aufmerksam zu und wollte herausfinden, ob was Besonderes geschehen war.





    „Ist irgendwas passiert?”, fragte ich, während Mara auf einmal begann, die Oliven von der Pizza zu pulen und einzeln zu essen.
    „Hm? Nö… Wie immer halt. Täglicher Trott. Aber ich habe keine Lust mehr. Ich würde gerne ans Meer fahren und am Strand liegen, weißt du? So mit Palmen und so. Vielleicht könnte ich Delfine sehen, das wäre cool. Eigentlich hätte ich auch gerne nen Freund.” Sie stutzte kurz.



    „Ach weißt du, es ist alles so ätzend, so ziellos. Und man bewegt sich irgendwie nicht vom Fleck. Weißt du was ich meine?” Sie pickte eine neue Olive von der Pizza und schob sie sich in den Mund.



    Ich nickte kurz, aber eher um die gute Zuhörerin darzustellen, als aus Zustimmung. Bestimmt hatte sie Recht, aber so war es nun einmal und wir mussten uns eben damit abfinden. Es gab genug Leute, denen es schlechter ging als uns und man musste ja nicht immer nach den Sternen greifen. Zufrieden war ich auch nicht, aber es ließ sich aushalten. Andere Leute machten auch Jobs, die ihnen nicht gefielen, warum jammerten wir also so viel?

    So, es geht weiter mit einem neuen Teil, der auch neu für diejenigen ist, die hier damals schon mitgelesne haben...
    ist einr el langes Kapitel und ich wünsche euch allen viel Spaß und freue mich über Comments (:


    Kapitel 2 - Teil 4



    Auf der Fahrt zurück in die WG dachte ich noch immer über Black nach. Er ließ mich einfach nicht los. Wie wohl sein richtiger Name war? Es war nicht ungewöhnlich, dass Kunden nicht ihren richtigen Namen nannten, um ihre Anonymität zu wahren und dass Blacks Spitzname passte, wie die Faust aufs Auge war auch klar, aber irgendwie interessierte es mich trotzdem.
    Ich fasste mir an den Kopf.
    ‚Nimm die Gedanken an die Kunden nicht mit nach Hause’, hatte Vera immer wieder gesagt. ‚Das ist nur dein Job, die Kunden gehen dich außerhalb der bezahlten Zeit nichts an.’
    Sie hatte ja Recht. Normalerweise konnte ich diesen Ratschlag auch gut befolgen und dachte in meiner freien Zeit nicht an die Kunden, doch Blacks Blick ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich wollte mehr über ihn erfahren. Unbedingt musste ich Vera über ihn ausfragen…



    Ziemlich spät abends kam ich zu Hause an. Mit der Absicht, mich gleich aufs Sofa zu legen und den Rest des Abends weniger anspruchsvollen Tätigkeiten wie Fernsehen oder Smalltalk mit den Mädchen nachzugehen, schob ich mir eine Pizza in den Backofen und kickte anschließend meine Pumps in die Ecke.



    In diesem Moment betrat auch schon Vera den Raum.
    Sie sah anmutig und überlegen aus wie immer und schmiss ihre langen roten Haare mit einer lässigen Kopfbewegung über die Schulter zurück. Normalerweise redeten wir nicht sehr viel. Ich bewunderte Vera für ihr starkes Auftreten und ihre unnahbare Art. Manchmal war ich gar eingeschüchtert von ihr, sie wirkte einfach immer überlegen.
    „Hey Lia”, begrüßte sie mich lässig und eher beiläufig. „Guten Tag gehabt?”





    Ich nahm mir vor, Vera heute nicht unterwürfig zu begegnen, sondern sie ganz klar nach Black auszufragen. Sie brauchte gar nicht erst versuchen, mir auszuweichen.
    „Dieser Typ, den du zu mir geschickt hast, war ein bisschen seltsam”, begann ich.
    „Hat er Probleme gemacht”, fragte Vera ohne großes Interesse, während sie die Kühlschranktür öffnete und nach was Essbaren suchte.





    „Na ja hm, ne, eigentlich nicht, aber er war unheimlich. Woher kennst du ihn?”
    „Von Hugo…”, antwortete die junge Frau kurz, immer noch den Inhalt des Kühlschrankes checkend.
    Hugo war einer von Veras zahlreichen Bekannten. Ich hatte ihn ein paar Mal gesehen, wusste nur dass er eine nicht ganz so weiße Weste hatte und auf mich abstoßend wirkte, Vera ihn aber sehr anziehend fand.
    „Weißt du, was er so macht?” Ich ließ nicht locker.
    „Hugo?”
    „Nein, der Typ, der heut bei mir war.”
    „Weiß ich doch nicht. Gar nichts wahrscheinlich, ein paar Drogengeschäfte hier und da, wie die alle vermute ich. Wieso interessiert dich das, hä?”
    Vera war scheinbar sehr genervt, nahm sich einen Joghurt aus dem Kühlschrank und schlenderte zum Tisch.





    „Hm, ich weiß nicht”, entgegnete ich, der Wahrheit entsprechend. Ich war ein bisschen enttäuscht und auch beleidigt, dass sie so wenig auf meine Fragen einging.
    „Hugo hat mir erzählt, dass er schwul sei.”
    „Schwul?!” Darauf war ich noch gar nicht gekommen! Auf einmal leuchtete mir ein, warum er nur reden wollte und keinerlei Interessen an meiner Weiblichkeit hatte.
    „Aber warum kommt er dann zu einem Mädchen wie mir?”



    „Wollte er Sex?”, fragte Vera, wieder eher nebenbei. Ich wusste, dass sie mit ihren Gedanken ganz woanders war.
    „Nein… er wollte mit mir über meinen Job reden…”
    „Na siehste. Vielleicht ist er ein männlicher Stricher? Geh ich mal von aus. Wollte vielleicht Tipps oder sich mal austauschen oder keine Ahnung, ehrlich gesagt ist es mir scheiß egal. Ich geh ins Bett, Nacht.”
    Mit diesen Worten stand Vera auf und verschwand mit ihrem Joghurt in ihr Zimmer. Verdutzt blieb ich in der Küche zurück.




    Eine männliche Hure also… ja, das konnte sein. Das war eine gute Erklärung. Irgendwie war ich auch beruhigt. Wenn er schwul war, würde er wohl keine weiteren Dienste von mir in Anspruch nehmen. Ich nahm die Pizza aus dem Ofen und begab mich auf das Sofa im Wohnzimmer. Es war schon nach Mitternacht, aber irgendwie war ich nicht sehr müde. Ich dachte an den morgigen Tag. Erst einmal stand Fitnessstudio auf dem Programm, wie fast jeden Tag. Vera bläute uns immer wieder ein, auf unsere Figur zu achten, denn unser Aussehen war unsere Werbung, unser Verkaufsanreiz, unser Kapital. Darauf hatte man zu achten.



    Morgen hatte ich zwei Kunden am späten Nachmittag, danach voraussichtlich den ganzen Abend frei. Darauf freute ich mich, gerne würde ich mal wieder einfach in eine Bar gehen und was trinken.

    dankeschön ihr zwei!


    chipsi:

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    Hm... dieser Mann ist wirklich komisch, was er wohl vor hat? Vielleicht will er ihr ja einen besseren Job anbieten!


    wir werden abwarten müssen... lia wird auch nicht so schnell darauf kommen :D


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    ich mag den Hund auch nicht, aber zu kleine gefallen mir auch nicht...


    also ich persönlich hab je ne Deutsche Dogge :D (größte Hunderasse der Welt) und liebe also große Hunde, aber kann die Bedenken anderer Leute auch echt verstehen...


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    Bin gespannt was Vera jetzt sagt...


    Gleich wirst dus erfahren :)


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    Tolle Bilder und toller Text wie immer! Freu mich auf die Fortsetzung!


    Vielen vielen Dank! Die Fortsetzung stele ich gleich rein!




    Shoshona:


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    Das ist ja ein eigenartiger Typ,aber mir hätte der Hund totale Angst gemacht,ich hab absolute Panik vor solchenRiesenkerlen,nicht für alles Geld der Welt würd ich mich mit so einem in ein Zimmer setzen.


    Meistens sind die großen Hunde die ruhigsten :) Mein Vater (Postbote :D ) wurde schon soo fot gebissen - und IMMEr nur von kleinen Pudeln & Dackeln... aber WENN große Hund edenn mal was tun ist es nat. umso schlimmer....


    Zitat

    Ob Vera wohl wusste,was das für ein seltsamer Kerl ist?


    Also das wird die Fortsetzung zeigen :)


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    Mit Sicherheit taucht er bald wieder auf,aber was will er,kann schon sein, dass er sie aus dem Milieu rausholen will,aber dann wüsste Vera bestimmt nichts von seinen Absichten,sonst hätte sie ihn nicht hingeschickt.


    Stimmt, Vera gibt Lia doch nicht freiwillig her :)

    „Hast du kein schlechtes Gewissen”, fragte er.
    „Wieso das denn?”
    „Du verkaufst den Kunden das Gegenteil von dem, was du versprichst.”
    „Bitte?!”
    Dieser Typ machte mich wahnsinnig, ich hatte grade einfach keine Lust zum Nachdenken, darauf war ich nicht eingestellt.
    „Sie denken, sie können Liebe kaufen, das ist, wofür sie bezahlen. Was sie wirklich kriegen, ist emotionslose Gleichgültigkeit. Das Gegenteil. Vielleicht ist es eine Art Betrug.”
    Black hob eine Augenbraue an.
    Ich stockte. Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. Aber es war ja auch egal, die Kunden waren zufrieden und das allein zählte.



    „Mir ist es egal”, fuhr Black fort, ohne eine Antwort abzuwarten. „Wenn es dich glücklich macht, ist es ja okay.”
    Ich wollte ihn gerne fragen, warum er gekommen war, jedoch wäre das total unhöflich gewesen. Natürlich war er nicht gekommen, um mit mir über mich zu reden. Wieso sollte ihn das auch interessieren, er kannte mich ja gar nicht. Aber wieso war er bloß hier? Ob er einfach zu schüchtern war, um nach Sex zu verlangen? Das kam manchmal vor, aber diesen Eindruck vermittelte er eigentlich nicht… vielleicht hatte er doch schlimmere Absichten und heimlich schaute ich mich nach einer potentiellen Waffe um, die ich gegen ihn verwenden könnte. Ein Stuhlbein vielleicht, oder einfach nur eine spitze Nagelfeile. In meinen Gedanken verfluchte ich Vera, die ja eigentlich an allem Schuld war. Was hatte sie mir hier nur eingebrockt?



    Black fragte mehr und mehr Fragen über mich und mein Leben, die mich komischerweise tief berührten. Normalerweise stellte ich meine Gefühle und gewissermaßen auch meinen Verstand während der Arbeit ab, aber dieses Mal war es einfach nicht möglich. Blacks dunkle Stimme wurde nach einer Weile aber irgendwie beruhigend und so fand ich mich mit meinem Schicksal ab, erzählte ihm was über mein Leben und hoffte einfach, ihn danach nie mehr wieder zu sehen. Und seinen Monsterhund auch nicht.


    „Danke für das Gespräch”, sagte Black nach scheinbar unendlich langer Zeit plötzlich. Er legte 30 Euro auf den Tisch und verschwand dann mit seinem Hund Richtung Tür. Plötzlich hatte ich doch ein schlechtes Gewissen.



    Natürlich war er nicht des Redens wegen gekommen, wie konnte ich das nur glauben. Er war garantiert einfach zu schüchtern gewesen, und ich hatte es nicht geschafft, ihm das zu nehmen. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich, wie eine Versagerin.
    „Man sieht sich”, meinte er mit einem letzten Blick in meine Augen und verschwand dann ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer.



    Langsam entspannte mein Köper sich, ich ließ mich rückwärts aufs Bett fallen. Puh, noch mal Glück gehabt, weg war er. Endlich. Ja, ich hatte nur dagesessen und geschwafelt, trotzdem war ich unglaublich froh, dass es vorbei war. Verdrehte Welt.
    ‚Meinen Körper können sie haben, die Seele sollen sie in Ruhe lassen’, schoss es mir durch den Kopf und ich wunderte mich über meine eigenen Gedanken.
    ‚Stell dich bloß nicht so an’, sagte ich mir. Vielleicht brauchte ich einfach eine Pause. Nach Hause fahren, ab vor die Glotze, das war eine gute Idee. Hoffentlich wurde ich diesem Mann nie wieder begegnen müssen.

    So, dann soll es auch weitergehen jetzt.
    Entschuldigt bitte die Bilder. Sie sind schon sehr alt und daher so mies. Hoffe es stört nicht allzusehr und ich gelobe Besserung.



    Kapitel 2 - Teil 3



    Nach der Schrecksekunde sah ich, dass er weder ein Messer noch eine Pistole in der Hand hielt, sondern einfach eine Lederleine, an der ein Hund, der mir erst jetzt auffiel, angebunden war. Wie ich den Hund übersehen konnte, war mir schleierhaft, denn er war riesig! Groß, kräftig und schwarz, und angsteinflößend, genau wie sein Herrchen. Gab es nicht so einen Spruch, dass Hundebesitzer oft ihren Tieren ähnelten? Hier stimmte es absolut.


    „Das ist Stan”, sagte der Mann mit einem Blick auf den riesigen Dobermann. „Mich kannst du Black nennen.”
    Wie er auf den Namen kam war absolut einleuchtend und ich musste fast schmunzeln. Dann fand ich jedoch schnell meine Fassung wieder.
    „Hunde sind hier nicht erlaubt”, sagte ich so selbstbewusst wie möglich und versuchte mich unbewusst etwas großer zu machen als ich war.
    „Mir haben sie nichts gesagt da unten”, erwiderte Black gleichgültig. „Und stehst du mit deinen Kunden immer ne Stunde in der Tür?”



    Ich schluckte, hatte ich doch fast ganz vergessen, dass er ein Kunde war. Kunden bedeuteten Geld, Kunden vergraulen bedeutete kein Geld und zu viele Kunden zu vergraulen bedeutete mächtig Ärger mit Vera.
    „Entschuldige”, gab ich kleinlaut von mir und trat zur Seite. Ich spürte, wie mein Selbstbewusstsein wieder dahin schied.



    Natürlich hatte Stupsi nichts gegen den Hund gesagt, sicher wollte sie nicht gleich ein Messer an der Kehle haben. Dieses Vergnügen überließ sie wohl lieber mir. Blöde Kuh. Manchmal war man echt verloren auf dieser Welt.
    Ich schloss die Tür, setzte meinen professionellen gefühlslosen Gesichtsausdruck auf und drehte mich zu Black und seinem Begleiter mit den scharfen Zähnen um. Hunde konnte ich echt nicht leiden, sobald sie großer waren als ein Chihuahua. Und dieser war nicht nur riesig, sondern hatte nicht mal kuscheliges Fell oder auch nur irgendetwas, was man sympathisch finden konnte.



    Der schwarze Mann hatte sich inzwischen auf dem Holzstuhl niedergelassen und guckte gleichzeitig interessiert, aber doch wenig beeindruckt und irgendwie auch trotzdem gleichgültig durch die Gegend. Es war an der Zeit, das Gespräch zu suchen und mit dem Geschäftlichen zu beginnen.
    „Wie du sicher weißt, gibt es verschiedene Preise, je nachdem was du haben willst. Die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt, aber kein SM. Das Standartpaket kostet 120, darin einbegriffen sind…”



    „Was ist mit Reden?”, unterbrach der Mann mich ruhig, aber bestimmt und sah fragend zu mir auf. Er wirkte völlig entspannt, wie er da so saß, während ich merkte, wie ich mich immer mehr verkrampfte.
    „Du meinst Dirty Talk? Mach dir darum keine Sorgen, das ist…”
    „Ich meine nicht Dirty Talk, ich meine Reden”, entgegnete Black, dessen Blick immer noch auf meinen Augen haftete, was mir unangenehm war und mich doch sehr irritierte.
    Manche Kunden, aber eigentlich ausschließlich ältere Männer, kamen zu Prostituierten, um sich mit ihnen zu unterhalten. Sie redeten dann von ihrem unerfüllten Sexleben, ihren Fantasien, ihren Frauen zu Hause und manchmal auch einfach über ganz banale Dinge, weil sie sonst niemanden zum quatschen hatten. Diese Kunden waren die einfachsten, man musste nichts tun außer rumzusitzen, seinen eigenen Gedanken nachzugehen und ab und zu mal ein mitleidiges Wort in den Raum zu werfen.


    Leider war diese Art Kundschaft aber sehr selten und eigentlich wusste ich, dass Black nicht zu ihnen gehörte. Er sah nicht so verzweifelt aus, als dass er mir seine Probleme erzählen würde, irgendwie war er sowieso ganz anders als die Anderen, die man doch eigentlich immer einem bestimmten Typen zuordnen konnte.
    „Reden ist okay, das kostet erstmal dreißig. Ich kann dir das ganze noch ein bisschen versüßen, dann…”
    „Reden reicht”, unterbrach er mich wieder bestimmt, aber ohne jegliche Betonung in der Stimme.



    Ich setzte mich auf die Bettkante, weil diese die einzige noch freie Sitzmöglichkeit war. Immer wieder wanderte mein Blick zu dem Hund, der neben seinem Herrchen auf dem Boden lag und trotz der geschlossenen Augen und der entspannten Haltung immer noch aussah wie ein Raubtier, das heute noch nicht gefrühstückt hatte.
    „Warum machst du diesen Job?”, riss Black mich aus meinen Fantasien, in denen das Ungeheuer grade auf mich zusprang, um mich zu zerfleischen.
    „Ähm nunja…”, begann ich.
    Diese Art der Fragen waren sehr selten, umging ich sie doch meistens, da sie eh nur aus Höflichkeit gestellt wurden. Das war echt nicht nötig, schließlich bezahlte der Mann ja dafür, über seine Probleme zu reden, und nicht über meine. Außerdem fielen mir auf diese Art Fragen echt keine Antworten ein, jedenfalls keine guten.
    „Er gefällt mir”, log ich.



    Black entgegnete nichts und sah mich nur mit seinem durchbohrenden Blick an. Ich fühlte mich ein wenig wie bei einer Polizeivernehmung. Was wollte der Kerl bloß?
    „Ich interessiere mich für dein Leben”, sagte Black, als hätte er meine Gedanken gelesen.
    Ich fühlte mich immer noch sehr unwohl und unsicher, am liebsten wäre ich aus dem Zimmer gestürmt, doch zwischen mir und der Tür befand sich Mr. Grusel und sein ponygroßer Begleiter, der natürlich nicht mal einen Maulkorb trug, wie es sich für diese Art Tier gehören würde. Wie ich Hunde hasste! Ich konnte echt nicht verstehen, wie man sich damit freiwillig umgeben konnte.
    „Sieh mich doch einfach als Geschäftsfrau”, fiel mir ein, um Blacks nerviges Gefrage abzuwimmeln. „Kunden haben Bedarf nach Dienstleistungen, sie bekommen sie, ich bekomme das Geld, und sie gehen wieder.” So konnte man es auch ausdrücken, ich war schon fast stolz auf mich.

    Danke ihr drei!


    Shoshona:


    Zitat

    Wie kannst du nur an einer so spannenden Stelle aufhören?


    :D Irgendwie muss ich euch ja zum Weiterlesen kriegen!



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    Ich glaub ja irgendwie,dass der Mann ihr nichts Böses will,vielleicht verlieben sie sich ja ineinander,er sieht auf alle Fälle sehr gut aus und ist bestimmt kein ganz normaler Kunde.


    Wenn er sie umbringen würde, wärs jetzt ja auch schon zu Ende, wär ja auch doof ;) Du hast Recht, er ist kein normaler Kunde. Er hat besondere 'Ansprüche'...


    Zitat

    Einen kleinen Fehler hab ich entdeckt,sie trägt keine hochhackigen Lackstiefel und hat sie soweit ich gesehen hab auch nicht in einer Tasche dabei gehabt.


    danke, habs geändert ;)


    Zitat

    Ansonsten schöne Bilder und ein interessanter Einblick in ihre Arbeit und ihre unbewussten Ängste ,die sie doch hat.


    Vielen Dank, freut mich, dass es dir gefällt :)




    chipsi:


    Zitat

    Gute Fortsetzung, kein EInwand, doch... an einer soo spannenden Stellen aufhören, macht aber nichts =)!


    Hihi, dafür gehts ja bald weiter ;)


    Zitat

    Wieder mal tolle Bilder und toller Text! Mach weiter so!


    Danke! Werde mich bemühen auch wenn ich schonmal sagen mussdass die Bilder des nächsten Kapitels nicht gut sind :( Aber es wird wieder besser!



    labellomizy:


    Zitat

    Hey wie immer total Super <3
    Hoffe du schafts es noch für eine Fortsetzung bald =)
    Lese sie trozdem nochmal und jedesmal spannender =)


    Vielen Dank, freut mich total! Die neue FS kommt... ähm... gleich :D Hoffe sie gefällt dir auch.



    Zitat

    Freue mich total das du soo eine FS reingestellt hast! *Freu freu*


    hoffe sie gefällt dir auch weiterhin, viel Spaß noch!


    Ich werde den Augenblick nie vergessen, als ich das erste Mal in seine Augen sah, die mich nicht, wie die anderen, von oben bis unten musterten und dann an meinem Dekolletee hängen blieben, sondern geradeaus direkt in meine Augen sahen, und noch viel weiter, fast durchbohrend schienen.



    „Hallo”, sagte der Mann mit sehr tiefer Stimme. Er war komplett schwarz gekleidet und wirkte schon ein wenig bedrohlich. Die schwarzen Haare und Augen, die kräftige Statur und das markante Gesicht taten sein übriges. Was wollte der bloß hier? Der Kerl lag deutlich unter dem Durchschnittsalter der typischen Kunden, sah eigentlich auch nicht so aus, als wäre er einer von denen, die versuchten, Liebe zu kaufen.
    Auf einmal durchfuhr mich ein kalter Schauer. Bisher hatte ich immer verdrängt, wie gefährlich mein Job sein konnte, weil man nämlich völlig hilf- und schutzlos viel stärkeren Männern ausgeliefert war. Natürlich hatte ich meine Tricks und auch mein Pfefferspray immer dabei, aber ein besseres Gefühl gab mir das jetzt auch nicht. Ebenso wie die anderen vier Mädchen hatte ich es bevorzugt, ohne Zuhälter zu arbeiten, damit man nicht die Hälfte seines Geldes gleich wieder abtreten musste und irgendwie auch selbstständig bleib, aber in Momenten wie diesen hoffte ich immer, doch einen gehabt zu haben.



    Ich zuckte zusammen, als der Mann seinen Blick von mir löste. Gemeinsam wanderten unsere Blicke auf seine Hand, und auf einmal wurde mir blitzartig klar, dass er was darin hielt.
    ‚Ein Messer’, schoss es mir durch den Kopf. ‚Er will dich umbringen. Und du stirbst doch als Hure in einem dreckigen Stundenhotel Hamburgs.’

    Kapitel 2 - Teil 1



    Das Stundenhotel ‘Beverly’ befand sich am Standrand in einem Viertel mit eigentlich eindeutigem Ruf. Immer wenn ich hier durchfuhr gruselte es mich, an jeder Ecke standen Dealer, Prostituierte und andere Menschen, über die Politiker nicht gerne reden. Zu dieser Zeit versuchte ich mir immer wieder einzureden, nicht zu ihnen zu gehören, denn mein Job war ja irgendwo schon was anderes, oder etwa nicht? Soweit, dass ich mich Jedem auf der Straße anbot war es tatsächlich noch nicht gekommen.



    Als die blondhaarige Rezeptionistin mich sah, versuchte sie den Augenkontakt sorgfältig zu vermeiden. Natürlich kannte sie mich schon. Natürlich wusste sie, was ich hier tat. Und natürlich würde sie sich mit Dreck wie mir nicht abgeben. Ich musterte sie trotzig von oben bis unten. Sie war was Besseres. Aber das war ja nichts Neues.
    Die anderen Mädchen und ich nannten sie ‘Stupsi’, auf Grund ihrer unverkennbaren kleinen Stupsnase, die leider überhaupt nicht in ihr Gesicht passte. Heute war sie wieder unmöglich gestylt, was ihr Outfit nun total ruinierte.
    „Das Oberteil mit der Kette gehtgar nicht”, stellte ich im Vorbeigehen trocken fest und dann verschwand ich auch schon in den Fahrstuhl, denn der Freier, immerhin ein gut zahlender Stammkunde, wartete bereits und hasste Unpünktlichkeit.



    Der Mann mit dem braunen Schnurbart hatte es sich bereits auf dem Bett bequem gemacht, als ich das Zimmer betrat. Fast gelangweilt sah er hoch. Auch für ihn war es schon zur Routine geworden und die anfängliche Gier in seinen Augen war schon lange verschwunden. Wahrscheinlich war es nur noch die Gewohnheit, die ihn alle zwei Wochen zu mir trieb. Die Gewohnheit, aus der ich ihn eigentlich befreien sollte.



    Ja, vielleicht hatte ich versagt, aber was machte es schon, solange er sich weiterhin mit mir traf und mich bezahlte. Es war mir vollkommen egal.
    Wie er es mochte zog ich mich langsam aus und legte mich dann zu ihm auf Bett. Von Anfang an war er nicht besonders anspruchsvoll gewesen, ein Durchschnittkunde mittleren Alters, verheiratet, zwei Kinder, Mittelstand. Wollte nicht viel, redete nicht viel, dachte wahrscheinlich auch nicht so viel.



    Nach etwa einer dreiviertel Stunde war der Kunde zufrieden und ich fertig mit meiner Arbeit. Er gab mir das Geld, bedankte sich wie nach einem Lebensmitteleinkauf und verschwand ohne viele Worte wieder zurück in sein offizielles Leben.
    Ich für meinen Teil setzte mich, das Geld zählend, wieder zurück auf das alte Bett. Wieder kein Trinkgeld, wie schon die drei letzen Male nicht. Keinen Cent zu viel.
    Eine Spinne an der Zimmerdecke beobachtend legte ich die Beine hoch und faltete die Hände auf dem Bauch, als würde ich auf etwas warten. 18.56 Uhr zeigten die roten Leuchtziffern des Funkweckers an, das hieß, es war doch noch nicht zu spät für den Film mit Johnny Depp.
    Ich freute mich, stand auf und als ich grade dabei war, das Geld in mein Portemonnaie einzusortieren, um anschließend schnell nach Hause zu düsen, vibrierte mein Handy.



    Ich befürchtete den Anruf eines Kunden, doch zum Glück war es nur Vera, die mit einer wie immer ziemlich gleichgültigen Stimme sprach.
    „Na… nix zu tun? Aber gut, dass du rangehst. Ich hab grad noch ‘nen Job für dich. Er ist auf dem Weg ins Beverly, also beweg dich nicht vom Fleck.”
    „Nicht heute Vera”, protestierte ich, doch diese hatte sich schon verabschiedet und ich hörte nur noch das monotone Piepen des Besetztzeichens.
    Auch das noch! Entmutigt ließ ich mich aufs Sofa fallen und verfluchte den Tag. Johnny Depp rückte in unerreichbare Ferne und stattdessen würde ich mich nun wieder mit einem notgeilen alten Typen abgeben müssen. Manchmal brachte auch alles Gutreden nichts und der Job war einfach nur Mist. Doch es war eben ein Job. Und er musste gemacht werden.
    Ich überredete mich, mich zusammen zu reißen, zog die hochhackigen Schuhe wieder an und ging ins Bad.



    Es war klein und ungemütlich, fast eklig und reichte grade mal zum nachschminken; aufs Klo gehen oder duschen würde ich hier niemals.
    Ich zog den Lidstrich und den Lippenstift sorgfältig nach und übertönte den Schweißgeruch mit viel Parfum. Es war eine Routinearbeit und eigentlich dachte ich gar nicht mehr darüber nach. Dann setzte ich mich auf den Holzstuhl ins Zimmer, kramte eine mitgebrachte Zeitschrift aus meiner Tasche und las die Klatschzeilen von glücklichen Hollywoodstars.
    Irgendwie war es gemein, dass diese so angesehen waren, obwohl sie ja auch nichts anderes taten, als sich und ihr Leben zu verkaufen.



    Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Tagträumen. Zu meiner Überraschung war es kein leichtes, zartes Türklopfen, wie ich es von den meisten Kunden, die eigentlich viel zu schüchtern waren, zu einer Prostituierten zu gehen, gewöhnt war. Dieses Klopfen war stark und durchdringlich und so war ich wirklich gespannt, wer hinter der Tür auf mich wartete. Er musste auf jeden Fall selbstbewusst sein.

    Sorry erstmal, dass so lange kein neues Kapitel kam. Ich hoffe sehr, dass ich das neue heute Abend fertig kriege und noch heute reinstellen kan. Das bin ich euch ja echt schuldig.
    Bitte seid nicht sauer!


    So, nun zu euren Kommentaren, über die ich mich sooooo sehr gefreut habe :)



    Ysabella:


    Ja, das mit em Dialekt ist echt so eine Sache über die ich noch nachdenken muss. Klar, es wirkt viel athentischer, aber ich will auch, dass alle Leser gleich wissen, wovon Sprache ist und nicht jemand nur noch Bahnhof versteht ;)


    Und okay, Hamburg wird nicht verworfen als Stadt, versprochen :D



    FräuleinWunder: Dankeschön! Freut mich, dass du auch hier mitliest und hoffe dass dir Lias Geschichte weiterhin so gut gefällt!


    Nicci: Oh wie schön! Na das ist ja echt super für dich und ich hoffe, dich nicht zu enttäuschen!
    Toll auch, dass dir das Cover gefält, es ist sehr umstritten :D
    Freue mich total, wenn du als Leserin und Kommischreibrin dabei bist. Ich liiiiebe Kommis! Viel Spaß weiterhin!


    Shoshona: Toll, dass du auch hier dabei bist! Ja, du hast Recht, viele Mädcen kommen nicht aus diesem Gewerbe raus.
    Was Veras Traum mit dem Afrikaner angeht: So weit denkt sie einfach nicht. Vera hat keine besonders gute Bildung und ist über afrikanische Kultur nicht im Bilde, genauso wenig wie sie sich präzies Gedanken darüber machen würde. Es ist einfach nur ein naiver Jugendtraum, weil sie schwarze Hautfarbe mag und vllt über Afrika mal was im Fernsehehn gesehen hat, was ihr gefiel. Durchdacht ist die ganze Sache nicht ;)
    Was Maras Haarfarbe angeht hast du auf jeden Fall Recht, da werde ich den Text ändern. Sorry!
    Danke für dein Lob und bald werde ich dir auch die Vierte im Bunde vorstelln können, auch wenn sie die ganze Zeit eher im Hintergrund bleibt. Aber man wird sie schon regelmäßig zu Gesicht kriegen ;)
    München heimliche Hauptstadt Dtls... Pah! Auf keinen Fall :D
    Und was das Nachmittagsprogramm angeht, habe ich da noch nicht großartiges was intellektuelles gefunden, verabscheue das Fernsehen aber eh größtenteils, bin also kein Maßstab ;)


    Chipsi: Danksehr! Hoffe die FS gefällt dir auch weiterhin und du bleibst dabei, würde mich sehr freuen!


    labellomizy: Danke! Ja, die FS wird hier auch ald weitergehen, hoffentlich noch heute! Schön dass sie dir gefällt!


    „Steck dir deinen zweiten Wunsch in den Arsch“, keifte Ian und machte eine wegwerfende Handbewegung. Dann wand er sich ab und ging in den anderen Raum, Kor nicht weiter beachtend.
    Diesen schien das nicht zu kümmern.
    „Paula, dein Wunsch? Da du jetzt die Regeln kennst, gibt es nur einen.“
    Was sollte das alles? Paula dachte mehr denn je, zu träumen.



    Wie surreal war diese ganze Wunschgeschichte eigentlich? Was bezweckte ihr Entführer damit? Gab es eine Chance, den richtigen Wunsch zu stellen? Einen Wunsch, der den Regeln entsprach und trotzdem zum Entkommen führte? Wie sah dieser Wunsch aus?
    Das Mädchen wusste, dass sie so schnell nicht darauf kommen würde. Sie hatte nur eine Chance und auch wenn sie nicht wusste, warum, war ihr diese wichtig. Sie beschloss, sich nicht so zu verhalten, wie Ian. Vielleicht konnte sie sich irgendwie mit Kor gutstellen, ihm sympathisch erscheinen, so dass er sie mochte.
    Aber was war ihr Wunsch?



    „Klamotten“, sagte sie kurz entschlossen, als sie an sich hinab sah. „Ich brauche Anziehsachen zum Wechseln.“
    Sie wusste nicht, wie sie auf den Gedanken kam und als sie ihn ausgesprochen hatte, kam er ihr unmöglich vor. Sie war eingesperrt, entführt, vielleicht stand ihr Folter oder schlimmeres bevor, vielleicht würde sie nicht einmal die nächsten Stunden überleben und sie wünschte sich… Klamotten? Was für eine Art Mensch war sie?
    Kor nickte.



    „Irgendwelche besonderen Wünsche?“
    „Die ganze Palette“, hörte das Mädchen sich verlangen. „Was du finden kannst.“
    „Ballkleider und Highheels?“ Kor schien amüsiert und Paula hasste ihn dafür. Hasste auch sich für diesen unmöglichen Wunsch. Sie hatte eine Chance gehabt. Eine richtige Chance. Und sie wusste, dass sie keine zweite kriegen würde.
    Sie sah dem Tod ins Auge und hatte sich Klamotten gewünscht.



    Ian rannte auf Kor zu und schlug gegen die Scheibe, sodass Paula für einen Moment dachte, sie würde zerbrechen.
    „Was bist du für ein Scheißkerl, dass du uns hier einsperrst?!“ Ians Kopf war hochrot geworden und seine Stimme bebte.
    „Ian, das sind ja ganz neue Ausdrücke.“ Kor tat entsetzt, war aber unbeeindruckt. „Ich schlage vor, du machst es wie Paula, und regst dich wieder ab und setzt dich hin. Ich habe euch was zu erzählen.“



    Ian schlug so heftig gegen das Glas, dass Paula vermutete, seine Hand würde brechen. Sie war sich sicher, noch nie so einen wut- und hasserfüllten Menschen gesehen zu haben. Er hätte Kor umgebracht, wenn es eine Chance gegeben hätte. Was war los mit dem eingeschüchterten, apathischen Mann von einigen Stunden zuvor?
    Ian ging einige Schritte zurück und ballte die Hände zu Fäusten.
    Paula wusste, dass er ebenso gespannt auf Kors Ansage war, wie sie. So lange hatten sie gewartet, dass der Mann hinter der Scheibe wieder was von sich hören ließ. Nun, als es die Möglichkeit dafür gab, würde Ian sich zusammenreißen und ihn zu Wort kommen lassen, auch wenn es ihm gegen den Strich ging.



    „Ihr habt doppeltes Glück“, frohlockte Kor, als Ian einigermaßen zur Ruhe gekommen war.
    „Heute ist Montag. Das bedeutet nicht nur, dass es Essen gibt – Schnitzel mit Gemüse, man könnte glatt neidisch werden – es bedeutet auch, dass Wunschtag ist.“
    Sofort schossen wieder tausende Gedanken durch Paulas Gehirn. Was war ein ‚Wunschtag’? Essen. Es würde Essen geben. Sie würden nicht verhungern. Vorerst. Was sollte heißen, montags gibt es Essen. An anderen Tagen nicht? Wie lange nicht? Wie würde er ihnen die Nahrung zukommen lassen, welchen Geheimgang gab es in den Raum? Würde er sie rausholen? Was war, wenn das Schnitzel vergiftet war?
    Kors harte Stimme unterbrach die Gedanken des Mädchens.



    „Ein bisschen mehr Freude bitte“, sagte er, gespielt gekränkt. „Man könnte ja meinen, es interessiert euch gar nicht. Ian, was ist dein Wunsch?“
    Ian, der seine Hände noch immer zu Fäusten verkrampft hatte, starrte Kor nun in die Augen. Als er schwieg, wiederholte Kor seine Frage.
    „Was ist heute dein sehnlichster Wunsch, Ian?“



    „Ich will hier raus!!“ Ian schrie und es war nicht zu übersehen, dass er sich zusammenreißen musste, nicht wieder auf Kor loszugehen.
    Kor stand noch immer kerzengrade hinter der Scheibe, die Arme verschränkt, frei von jeglicher Emotion.
    „Klar. Sowas gibt es nicht. Ian, es ist dein erster Wunschtag, deswegen bin ich gnädig. Du hast noch eine Chance. Ich lese dir die Wunsch-Regeln vor.“
    Kor kramte ein Blatt Papier aus seiner hinteren Hosentasche, faltete es auf und begann, zu lesen.



    Kor faltete das Papier sorgfältig zusammen und steckte es weg.
    „Was soll dieser Scheiß?“, brüllte Ian, unfähig sich zusammenzureißen. „Was spielst du für ein scheiß Spiel?“
    „Ich finde es grade relativ spaßig“, gab Kor zu. „Ian, ich bin ja kein Unmensch. Du hast die Chance für einen zweiten Wunsch. Ausnahmsweise, weil ich so…“

    Sorry, dass es so lange gedauert hat. Hoffe Kapitel 5 gefällt euch wenigstens, bin da doch sehr hin- und her gerissen.


    5



    Ian machte Anstalten, das Mädchen in seine Arme zu schließen und da Paula einfach nur wie versteinert da stand, ließ sie es mit sich geschehen.
    Sie erwartete, dass der junge Mann etwas sagen würde, irgendeine Erklärung abgeben, aber als er einfach nur schwieg und sie festhielt, schlang auch Paula ihre dünnen Arme um ihn.
    Es tat gut, Ian zu berühren, auch wenn sie den Gedanken an sich befremdlich fand. Sie kannte ihn doch gar nicht.



    Es hatte so etwas lebendiges, ja fast befreiendes an sich, einen anderen Menschen zu fühlen. Ihre Finger krallten sich in seinen weichen Pullover und als sie seinen Geruch einatmete, wusste sie, dass er kein Traum, keine Illusion war. Er roch, wie ein Mensch riechen musste, so normal, so angenehm, so frei.
    „Ian“, schluchzte sie, halb vorwurfsvoll, halb erleichtert, als er sie losließ. „Wo warst du?“



    „Ich war… hier“, gab er zurück, zögernd, irgendwie fragend.
    „Nein, warst du nicht.“ Paula weinte schon wieder. „Sag mir sofort, wo du warst!“
    Ian stockte.
    „Ich… weiß es nicht. Ich kann mich an nichts erinnern.“
    „Was soll das heißen, du kannst dich an nichts erinnern?!“ Paula war merkte, wie Wut in ihr aufstieg.
    Ian schien zu überlegen.
    „Ich habe mich an die Wand gelehnt, als du in den Waschraum gegangen bist. Mehr weiß ich nicht. Ich muss geschlafen haben, aber als ich aufwachte, lag ich auf der Pritsche.



    „Du lagst nicht auf der Pritsche“, fuhr Paula ihn an und klang ruppiger als gewollt. „Ich war bis eben in dem Raum, und du warst weg. Weg. Wie vom Erdboden verschluckt, einfach nicht mehr da, verschwunden aus einem Raum ohne Tür."
    Ian schwieg eine Zeit und zusammen gingen sie in den mittleren Raum und ließen sich auf den kahlen Boden fallen.



    „Er muss mich rausgeholt haben“, sagte er dann und schaute Paula in die Augen. „Er hat gewartet, bis du den Raum verlässt, hat mich bewusstlos gemacht und mich irgendwie rausgeholt.“
    „Also gibt es eine Tür.“ Paula schnaubte verächtlich. „Und wieso sollte er dich rausholen, nur um dich später wieder hier einzusperren wie ein Stück Vieh, ohne dass du dich an was erinnerst?“
    Sie meinte hören zu können, wie die Gedanken im Kopf des Mannes ratterten, doch ihm fiel keine plausible Erklärung ein.
    „Vielleicht hat er mich meinen Angehörigen gezeigt, um zu demonstrieren, dass ich noch lebe“, meinte er, aber Paula merkte, dass es nur ein jämmerlicher Versuch der Erklärung war und Ian keinesfalls davon überzeugt war, dass es wirklich so sein konnte.
    „Ich weiß es nicht, Paula. Aber je mehr Zeit vergeht, desto sicherer weiß ich, dass wir hier raus müssen. So schnell wie möglich.“



    Paula schnaubte und auch wenn Ian ihr Leid tat, konnte sie ihren Zynismus nicht zurückhalten.
    „Ach was. Super, dass du dahinter gekommen bist. Das sind ja vollkommen neue Erkenntnisse.“
    „Paula. Ich weiß nicht, was er mit uns macht, aber es gefällt mir nicht.“
    „Es gefällt dir nicht? Was bist du für ein…“
    In dieser Sekunde ging das Licht hinter dem Einwegspiegel an und Paula hielt inne.
    Obwohl sie wusste, dass er erscheinen würde, erschrak sie, als sie in Kors Gesicht blickte.



    „Wie ich sehe, freundet ihr euch an“, stellte dieser ungerührt fest. „Gute Idee, vielleicht die beste, die ihr heute hattet.“
    „Was willst du?“ Ian schrie und sprang auf. „Lass uns hier raus, du hast kein Recht…“
    Paula war mehr als überrascht von Ians Ausbruch. Was war mit ihm geschehen, dass seine resignierte Stimmung so umgeschlagen war?
    Kor lächelte ruhig.
    „Los Ian, lass es raus – wenn es dir hilft…“

    Danke euch!
    Sorry dass es mit den Antworten so lange gedauert hat, hab total viel zu tun momentan und reichlich Stress.


    Shoshona: Danke dir! Ja, ich gib mir immer reichlich Mühe, mich in die Personen hineinzuverstzen und denke, was ich tun würde bzw wie sie möglichst realistisch handeln, denken und fühlen können. Toll, wenn mir das gelingt (;
    Deine Theorien liebe ich! Aber du lässt ja echt kein gutes Haar an Kor :D - Aber verständlich.


    Victoria: Danke!
    Armer Ian, wieso denkst du so schlecht über ihn? :D Mal gucken, ob er auf der guten oder der bösen Seite steht.. abwarten...


    Entchen: Dankeschön! Ja, die Auflösung... mir gefällt sie gut (: Dauert aber natürlich noch etwas, bis es dazu kommt, solange könnt ihr nur rätseln...


    Sem: Wow, so ein langer Kommi, danke. Finds immer super, wenn so viel geschrieben wird :D Ob Kor wirklich so krank ist... wird sich herausstellen, genauso wie alles andere. Solange wünsche ich dir noch weiterhin viel Spaß und Spannung!


    Bienchen: Dankeschön! Ne, Horrorfilme schaue ich überhaupt nicht, hab da viel zu viel Schiss :D Ich stehe eher auf Thriller, und das soll GEFANGEN ja auch werden :)
    LIEBLINGS-FS?? Wow! Einfach nur wow.


    Solid Snake: Vielen Dank! Deine Fragen werden noc beantwortet werden, versprechen! Hoffe die FS gefällt dir auch weiterhin und viel Spaß!


    sabeunski: Vielen Dank! Eure Theorien finde ich super :) Freu mich total darüber. Die Sache mit den Erinnerungen wird natürlich noch aufgedeckt - irgendwann ;)


    janina: Wow, vielen Dank ;) Schön dass die FS dir gefällt und viel Spaß weiterhin!


    „Paul würde es auch nicht gefallen, wenn du jetzt in Depressionen verfällst.“
    „Paul ist tot, Mama. Verstehst du, was das heißt?“
    Sie verstand es.
    Verstand es leider nur allzu gut.
    „Und du lebst weiter, Sam. Lebe weiter! Was hältst du davon, wenn Cathi dich für ein paar Tage besucht? Das wäre doch eine gute Idee, oder? Dann wärest du nicht alleine…“
    „Cathi?“



    Samantha hatte ihre jüngere Schwester schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Wenn sie ehrlich war, dachte sie nicht mehr oft an sie. Cathi lebte in England und machte Karriere als Mediendesignerin. Ob sie glücklich war? Samantha wusste es nicht.
    „Ich habe sie noch nicht gefragt“, gab Lisa ehrlich zu. „Aber vielleicht hat sie ja bald Urlaub.“



    Sie hatte Urlaub. Als Lisa ihre jüngste Tochter an diesem Abend anrief, war diese zwar überrascht, aber dennoch nicht abgeneigt von der Idee, ihre Schwester Samantha zu besuchen und das Leben zurück in ihr Haus zu bringen. Das Leben, von dem sich Samantha abwandte, das sie so hasste.
    Tatsächlich gefielen diese Aussichten Catherine sogar überraschend gut. Wieso war sie nicht selbst darauf gekommen, ihre Familie in Deutschland zu besuchen? Nur noch selten dachte sie an ihr Heimatland, aber wenn, dann vermisste sie es. Vermisste die Landschaft an der Ostsee, vermisste die Sprache, ja – vermisste sogar das Essen. Am meisten vermisste sie den Halt ihrer Familie, den ihr hier in England nie jemand geben könnte, egal wie lange sie hier wohnte und wie gut sie sich auch einlebte.



    Familie.
    Ja, sie würde Samantha beistehen.
    Ging ja nicht an, dass diese in Trauer versank, während Catherina fröhlich Werbeplakate für Zahnpasta entwarf.
    Sie würde den nächsten Flug nehmen. Und dann würde Samantha bald wieder lächeln.


    Kinder sind Hoffnungen, die man verliert, und Ängste, die man nie loswird.
    (Karlheinz Deschner)


    -



    Endlich kam sie mal dazu, sie anzurufen. Schon seit fast zwei Wochen hatte Lisa Farrel sich nicht mehr bei ihrer Tochter gemeldet.
    Sie wusste, dass es falsch war, denn Samantha steckte in einer wahrlich schwierigen Situation. Und auch wenn sie es sich niemals würde anmerken lassen, brauchte sie ihre Mutter jetzt, konnte jetzt nicht alleine sein. Durfte nicht alleine sein.
    Mit der Krankheit ihres Mannes hatte Lisa viel zu tun, kam kaum dazu, sich um sich selbst zu kümmern. Die Wohnung sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen und an den Garten mochte sie gar nicht denken.
    Wenn sie doch nur die Zeit hätte, Samantha zu besuchen. Ein paar Tage bei ihr zu bleiben. Sicherlich war es furchtbar einsam in diesem großen Haus so weit draußen. Ohne Kinder. Ohne Mann.



    Oder wenn sie Catherine erreichen könnte. Über einen Besuch ihrer Schwester würde sich Samantha sicherlich freuen. Mit ihrer jugendlichen Energie könnte sie Samantha bestimmt auf andere Gedanken bringen.
    Doch Catherine lebte schon seit drei Jahren im Ausland und ließ so gut wie gar nichts mehr von sich hören.
    Ob es ihre Schuld war? Ob sie sich mehr hätte kümmern müssen, um ihre jüngste Tochter?
    Bei Gelegenheit würde sie sie noch mal anrufen.
    Aber die nächste halbe Stunde von Lisas Freizeit war Samantha vorbehalten. Endlich mal eine halbe Stunde Zeit für ihre Tochter.



    Die grauhaarige Frau hatte das Telefon auf Freisprechen gestellt, wie sie es immer tat und lehnte sich in den ausgesessenen Lehnstuhl zurück. Ihr Rücken wurde ihr immer mehr zur Last. Wenn sie doch nur Zeit für eine Kur hätte. Oder zumindest für einen Arztbesuch. Was würde sie für ein paar erholende Tage geben.
    Sie freute sich, dass sie Samanthas Nummer nun endlich auswendig konnte. Vor Pauls Tod hatte sie ihre Tochter höchstens noch zwei Mal im Jahr angerufen. Zum Geburtstag. Und zu Weihnachten. Man hatte sich einfach nichts zu sagen.
    Aber die Not brachte sie wieder zusammen.



    Nach dem vierten oder fünften Klingeln vernahm sie eine schwache Stimme am anderen Ende der Leitung. Man konnte hören, dass sie wieder geweint hatte. Dass es ihr nicht besser ging. Wahrscheinlich aß und schlief sie noch immer unregelmäßig.
    „Hallo Sam, hier ist deine Mutter“, begrüßte Lisa sie so ruhig wie möglich. Es folgte ein kurzes Schweigen.
    „Ach Mama. Nenn mich nicht Sam. Du weißt doch, er…“
    „Ja, ich weiß. Er hat es immer getan.“
    Aber ich auch, früher, als du noch jung warst, dachte sie.
    „Was gibt’s denn?“
    „Wie geht es dir, mein Kind?“
    Samantha antwortete nicht, und Lisa wusste, was das bedeutete. Sie musste sie wirklich dringend irgendwie ablenken.
    „Ist bei euch auch so schönes Wetter?“, fragte sie, um ein Gespräch zu entwickeln.



    „Ist wohl ganz nett.“ Abweisend. Resigniert.
    Es hatte keinen Sinn.
    Hatte keinen Sinn, sie zu fragen, was sie machte, oder ob sie Pläne hatte. Ob sie vorhatte, mal zu verreisen oder wieder zur Arbeit zu gehen.
    Die Antworten kannte sie längst.
    „Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dich psychologisch behandeln zu lassen? Ich kenne da einen guten Psy…“
    „Der mir dann was genau erzählt, Mama? Dass das Leben weitergeht und ich Spaß haben soll, weil ich noch so jung bin? Ich kann das nicht gebrauchen.“