„Ich habe noch nie direkt an der Straße parken können”, jubelte Mara förmlich, als sie versuchte, ihren Beatle in die viel zu kleine Parklücke zu quetschen.
„Vor Parkhäusern hab’ ich irgendwie Angst.”
Nach einigem hin und her stand das kleine Auto wirklich auf der winzigen freien Betonfläche und wir stiegen aus und gingen die letzten Meter zur Fußgängerzone. Mara verfiel in einen kindischen Hüpferlauf und schleuderte ihre Handtasche vor und zurück, dann hielt sie abrupt vor einem Schuhgeschäft an.
„Die!”, schrie sie und klopfte mit dem Zeigefinger gegen das Schaufenster, wie ein kleines Kind. „Lia beeil dich, hier sind voll die Traumschuhe!”
Ich verdrehte die Augen und stapfte der übermotivierten Mara hinterher zum Schaufenster.
„Welche?”, fragte ich eher gleichgültig, auf die gut ein Dutzend Paar Frauenschuhe hinter dem Glas blickend.
„Na die”, Mara deutete auf ein Paar roter sehr hoher Pumps mit Pfennigabsatz.
„Bisschen nuttig, findest du nicht?” Ich sah sie an und wir beide mussten lachen.
„Lass uns mal reingehen”, entschied Mara und dann standen wir auch schon mitten im Laden.
„Hach, paradiesisch!”
Mara schwärmte und man sah fast die kleinen Herzchen in ihren Augen. Sofort kramte sie ein sündhaft teures Paar Highheels aus einem Regal, probierte es an und stolzierte durch den Laden. „Ein bisschen bist du ja doch wie deine Schwester”, stichelte ich.
„Bitte?! Überhaupt nicht, die hätte jetzt schon fünf Paar gekauft, ich gucke ja nur!”
„Mhm, klar.”
Angenervt ließ ich mich auf einem Anprobierhocker nieder, der zu allem Überfluss in der Form eines Damenschuhs designed war.
Als ich mich lustlos umsah, erblickt ich plötzlich ein tolles paar Schuhe, so welche, wie ich schon immer gesucht hatte und nun natürlich unbedingt haben musste.
Ich fühlte mich ein bisschen ertappt, aber jetzt war auch meine Shoppinglust geweckt. Sofort suchte ich mir die Traumschuhe in meiner Größe aus dem Regal und zog meine alten Stiefel aus. Meine schlechte Laune auf einmal wie weggeblasen.
Frustshoppen half scheinbar tatsächlich.
Wir gingen noch in viele weitere Geschäfte und waren beide total im Kaufrausch. Der Juwelier ‘Go for gold’ machte mit uns wahrscheinlich das Geschäft seines Lebens, denn mir kam es so vor, als kauften wir den ganzen Laden leer. Entsprechend gab es auch Rabatt, was uns natürlich sehr erfreute und zu weiteren spontanen Käufen anregte. Nach ein paar Stunden waren unsere Geldbörsen leer und unsere Hände voll mit Einkaufstaschen mit den tollsten neuen Errungenschaften und wir gingen müde aber sehr glücklich zurück zum Auto.
Wir packten den armen Beatle mit den Taschen voll und ich entschied dann, zu Fuß zum Beverly und zum nächsten Kunden zu gehen, da ich noch etwas Zeit hatte und auch gerne noch etwas an der frischen Luft war.
Und so schlenderte ich gemütlich durch die Straßen Hamburgs an diesem Mittwoch Mittag. Der Weg führte mich durch einen kleinen Park, in dem Kinder spielten, Leute mit ihren Hunden spazieren gingen und einige Jogger unermüdlich ihre Runden liefen. Erfrischender Wind wehte mir durch die Haare und das Zwitschern der Vögel empfand ich heute als willkommenes Hintergrundgeräusch und nicht als Störung. Als ich an einem See vorbeilief, blieb ich kurz stehen und beobachtete die Enten.
Alles machte so einen friedlichen Eindruck, der See glitzerte im Sonnenlicht und die Bäume wogen sich sanft im Wind. Ab und zu lief ein Hund auf der Jagd nach einem geworfenem Stöckchen durch das Bild oder ich sah ein Eichhörnchen durch die Bäume springen, aber allgemein war es ein Augenblick der Stille, der mich an diesem See verweilen lies, fernab von allem Alltagsstress.
Ich mochte es, wenn die Leute mich nicht besonders ansahen oder aber sich demonstrativ von mir wegdrehten, denn heute trug ich ganz normale mädchenhafte Klamotten und niemand sah mir meinen Job an. Ich war einer von ihnen, eine ganz normale junge Frau, die durch den Park ging. Ein Mensch.