Kommt ja wahnsinnig gut an hier, die Story 
Naja, ich versuchs trotzdem nochmal^^
Kapitel 2, Fortsetzung
Es war spät an diesem Abend und Louis beobachtete die Sonne, die als riesiger Feuerball hinter dem Ozean verschwand und die die romantische Abendstimmung, die durch das gedämpfte Licht und den gefärbten Himmel entstanden war, in wenigen Minuten mit in die Tiefe reißen würde. Er dachte an die Länder und all die Menschen im Westen, bei denen es jetzt erst morgens wurde und fragte sich, ob es Zufall war, dass die Sonne in der Früh im Osten, mittags im Süden, abends im Westen, nie aber im Norden zu sehen war. Im Norden, dort, wo seine Heimat war, wo er alles hatte zurücklassen müssen. Wieso schien die Sonne niemals für den Norden?

Louis hatte grade beschlossen, sich noch Wein nachzuschenken, als Oscar das Zimmer betrat. Er war ein stattlicher Mann mit ergrautem Haar und vollem Bart, der stets eine Rauchfahne hinter sich herzog, und er war derjenige, dem Louis sein Leben verdankte. Hätte Oscar nicht das seine riskiert, indem er durch seine Kontakte dafür gesorgt hatte, Louis mit einem Schiff aus Europa zu bringen, hätte er ihn nicht bei sich aufgenommen, hier in seiner Wahlheimat und allen, die davon wussten mehr Schweigegeld bezahlt, als angebracht war für ein Leben wie das seine, das keinen Cent mehr wert war, hätte Louis keine Chance gehabt aus dem Netz aus Intrigen, Korruptionen und Folter zu entfliehen, welches sich immer enger um ihn gespannt hatte und dem er sich schon fast ergeben hätte.
„Es wird Zeit für dich, mein Freund“, nuschelte Oscar, als er sich auf der Sessellehne niederließ. „Ich kann dich nicht länger hier behalten.“

Louis erwartete, dass Oscar seinem Blick ausweichen würde, aber er hielt ihm stand. Trotz seiner unverkennbaren Traurigkeit, war noch immer der alte Stolz in den Augen seines Freundes zu sehen, noch immer waren es Mut und Ehrbarkeit, die Oscar auszeichneten, und um die Louis ihn stets beneidet hatten.
„Ich habe einen Bekannten, bei dem du wohnen kannst. Glaub’ nicht, dass der das aus Freundlichkeit tut, aber er schuldet mir noch einen Gefallen. Sein Sohn studiert in der Stadt und so ist das Häuschen, was sie für ihn gebaut hatten, noch etwa zwei Jahre frei. Es ist nicht groß, es wird dir nicht gefallen und du wirst dich auch nur schwer daran gewöhnen. Aber es ist das Beste, was ich dir besorgen kann, und es ist hundert Prozent sicher. Die Leute da reden nicht, mit Weißen schon gar nicht, und sie haben genug Anstand, einen Soldaten, der mit hundert Dollar winkt, achselzuckend wegzuschicken. Die Leute da sind vom alten Schlag. Sie sind ehrenhaft, Louis. Nicht wie ihr in Europa, die ihr jede Freundschaft und allen Anstand vergesst, wenn es um Geld geht, und seien es nur ein paar Kröten, die sie euch geben, dafür, dass ihr ihnen eure Seele verkauft und keine Freunde mehr kennt. Sie werden schweigen, Louis. Sie schützen dich.“

Louis atmete tief durch und ging im Zimmer auf und ab. Obwohl es warm war, eine immerwährende Hitze, an die er sich nur schwer gewöhnen konnte, fröstelte er jetzt und es schien ihm, als sei die Temperatur im Raum mit dem Verschwinden der Sonne um ein paar Grad gefallen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde“, gab er zähneknirschend zu und vermied dabei, seinen alten Freund anzusehen. „Ich hatte gedacht, ich könnte noch ein paar Tage…“
„Louis, ich setze nicht nur mein Leben aufs Spiel, sondern auch das meiner Familie. Das Risiko, dass sie dich doch noch suchen, ist höher als gedacht, wenn mein Informant die Wahrheit sagt. Die Leute auf dem Schiff und auch die an den Grenzen sind arm, nehmen gerne das Geld an, das sie ihnen zustecken, und denkst du, es interessiert sie, um was es hier geht? Das Wichtigste ist deine Sicherheit, und die ist hier nicht gegeben; nicht so, wie ich es mir für dich wünsche. Kojo holt dich morgen früh ab und fährt mit dir zu Amadis Farm. Ich habe gesagt, dass du ein Farmarbeiter bist, also verhalte dich auch so und reiß dich zusammen.

Sie werden dir nicht wohlgesonnen sein, die Leute im Süden sind noch traditionell und wie ich schon sagte, mögen sie keine Weißen, aber wenn du gut arbeitest, werden sie niemals fragen, wo du herkommst und wer du bist. Die interessiert nicht, was du getan hast, die interessiert nur, was du jetzt tust, und wenn du ihnen die Kühe melkst und die Kartoffeln erntest, werden sie sich um dich kümmern.“
„Oscar, ich…du… wie kannst du…“
„Ein Farmarbeiter? Na denkst du, die nehmen dich auf, wenn ich erzähle, dass du ein Kriegsverbrecher aus Europa bist, ein Terrorist, der völlig zu Recht von Regierung und Militär gesucht wird und der noch nie in seinem Leben ein Schaf gesehen hat?" Oscar holte aus und schlug sich mit den Händen hart auf die Oberschenkel, um seinen Ärger zum Ausdruck zu bringen, der in seiner Simme kaum zu vernehmen war.

„Ich weiß, dass du reich und wohlbehütet aufgewachsen bist, aber das bringt dir jetzt einfach mal so gar nichts mehr. Ja, du wirst nichts auf die Reihe kriegen, aber du wirst dich verdammt noch mal reinhängen!“
Louis starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit, die jetzt alles verschluckte. Oscars Worte trafen ihn mitten ins Herz, denn er sprach das aus, was er sich nie eingestehen wollte. Ja, ein Mörder. Ein Terrorist.
„Morgen früh, sagst du?“
„Kojo wird um acht hier sein, kurz nach dem Frühstück. Ich werde dir ein paar Hemden und Hosen rauslegen und Florence wird dir einen Koffer packen mit Sachen, die du gut gebrauchen kannst. Und, Louis? Es wäre gut, wenn du dich niemals wieder hier meldest.“

Mit diesen Worten stand Oscar schwerfällig auf und dehnte seine Schultermuskulatur.
„Das hier ist kein Land für Leute, die auf der Couch sitzen wollen“, sagte er, als er zur Tür ging.
„Oscar?“
Oscar schien zu überlegen, ob er die Tür einfach hinter sich schließen sollte, hielt dann aber doch inne und drehte sich noch einmal um.
„Du hast ihnen nicht gesagt, dass ich weiß bin, oder?“
Er schwieg, dann zwinkerte er Louis zu.
„Du lernst es langsam. Ich dachte, sie müssen sich ja nicht von vornherein ablehnen. Eine Chance können sie dir ja geben!“