Beiträge von Gifti

    Shoshona: Du hast Recht, echt verzwickte Situation. Einige deiner Fragen werden bald beantwortet werden, andere noch lange nicht.
    Es muss natürlich eine Tür/einen Ausweg geben, denn Kor kan sie ja nicht reingezaubert haben (oder?) und ja, essen brauchen sie eigentlich auch, wenn er sie nicht (gleich) sterben lassen will.
    Kor wird natürlich versuchen, ihnen nichtmal im Ansatz eine Fluchtgelegenheit zu bieten.. Er handelt da sehr überlegt... aber Paula und Ian sollte er auch nicht unterschätzen... ihr dürft gespannt sein ;)


    Entchen: Vielen Dank, freut mich total dass du die Story und meinen Schreibstil so magst. Die Bilder sind natürlich echt schwer zu gestalten und ich schäme mich auchfür die ganzen Posen-Hacks, die ich verwenden muss. Aber ohne die würde es GAR nicht gehen... Toll, dass du die Bilder trotzdem magst :)


    Bienchen: Wow, dankeschön :) Ja, man weiß nicht, wie lange Paula dort schon sitzt, es gibt aber einen Hinweis für den geneigten Leser, versteckt im Text. :D Dieser gibt Aufschluss darüber. Paula wird es aber auch bald selbst herausfinden - jedenfalls glaubt sie das :D Was kann sie schon sicher wissen dadrin? Toll, dass die Story spannend ist, juhu :D


    FräuleinWunder: Ja, wie sind sie bloß daren gekommen... wenn Kor weder zaubern noch beamen kann, ist das wirklich eine gute Frage. Sie werden es rausfinden... bald.
    Dass Kor zu den beiden reingeht, würde er sich natürlich in Gefahr begeben, deswegen hält er sich mal schön hinter der Scheibe verschanzt... noch. Mal gucken,w as noch kommt, und was er eigentlich von ihnen will.
    Zu deiner Fage per PN: Ich bin durch einen Traum darauf gekommen ;)



    --


    Denke, es wird wohl morgen mit einer Fortsetzung weitergehen :)


    „Lass uns gehen“, sagte Ian und die Kraft in seiner Stimme ließ Paula zusammenzucken. „Wir haben nichts getan.“
    „Achja? Nun, ihr werdet zurecht kommen.“
    Wusste der Mann, dass sie sich an nicht erinnern konnte? Hatte er ihr Gedächtnis ausgelöscht? Waren sie vielleicht doch Strafgefangene?
    „Wo sind wir hier?“, hörte Paula sich fragen, doch Kor schien zu keiner Antwort bereit.
    „Was haben Sie mit uns vor?“
    Sie wusste, dass es irrig war, eine Antwort zu erwarten. Der Mann antwortete nicht auf Fragen, er sagte nur das, was er sie wissen lassen wollte.
    „Geht es um Geld?“, fragte Ian und der Mann lachte.



    „Meinst du, es geht immer nur ums Geld?“
    Ian seufzte.
    „Haben Sie uns entführt, weil…“
    „Ian, spar dir deine Kraft. Und vertragt euch lieber.“
    Mit diesen Worten verschwand der Mann und die Scheibe ließ wieder die Illusion eines Spiegels aufkommen.



    „Was weißt du über ihn“, fragte Paula, als sie ihre Gedanken einigermaßen geordnet hatte. Sie hatte so viele Fragen an Ian, wusste nicht, wo sie anfangen sollte.
    Sie würde genug Zeit haben, sie alle zu stellen, schoss es ihr durch den Kopf und unwillkürlich bildete sich ein dicker Klos in ihrem Hals. Ob ihre Familie sie suchte? Hatte sie überhaupt Familie?
    „Nichts“, riss Ian sie aus ihren Gedanken. Er schien zu erwarten, dass sie weitere Fragen stellen würde, doch als sie das nicht tat, begann er zu reden.



    „Ich bin vor einiger Zeit aufgewacht“, erklärte er. „Nebenan in dem Raum, auf einer Liege. Ich weiß nicht, wie lange es schon her ist. Vielleicht einige Stunden, vielleicht nur Minuten.“
    Seine Stimme stockte.
    „Dann bin ich hier rüber gerannt und in den Waschraum und als ich zurück in den ersten Raum wollte, war er verschlossen.
    „Er war verschlossen? Eben, als ich…“
    „Ich glaube, er kann die Türen fernsteuern“, fiel Ian ihr ins Wort.
    „Irgendwann wurde Licht hinter dem Spiegel an der Wand angeschaltet und man konnte hindurchgucken. Dann ist Kor dort aufgetaucht. Ich bin zu Tode erschrocken.“



    Paula rannten Tränen über die Wangen. Was war das hier für ein Spiel?
    „Er hat mich Ian genannt und gesagt, dass ich bald Gesellschaft bekommen würde. Ich dachte, dass er reinkommt und mich umbringt, aber er verschwand einfach wieder. Bis eben.“
    „Ich kann mich an nichts erinnern“, ergriff das Mädchen das Wort. „Aus meiner Vergangenheit, meine ich.“
    Ian nickte stumm. Er schien geistig vollkommen gebrochen.
    „Glaubst du, es kommen noch mehr?“, fragte Paula, obwohl sie wusste, dass Ian ihr keine Antwort geben konnte.



    „Noch mehr Gefangene? Ich hoffe nicht… aber weiß man, was das für ein gestörter Irrer ist?“
    „Wie lange er uns wohl hier behalten will?“ Plötzlich fiel Paula ein, dass sie ja gar nicht wusste, wie lange sie schon hier war. Sie war davon ausgegangen, erst vor wenigen Stunden hergebracht worden zu sein, aber was war, wenn er sie schon Tage hier fest hielt? Wochen? Oder noch viel länger. Dass sie sich nicht erinnerte, hieß nicht, dass sie bis gestern ein freier Mensch gewesen war. Paula erschauderte.



    „Ian, wir müssen hier raus.“ Entschlossen stand sie auf.
    Ian sah sie mit seinen grauen Augen ohne jegliche Hoffnung an.
    „Paula… es gibt noch nicht einmal eine Tür.“

    Kapitel 2


    „Paula! Paaaula!”
    Das Mädchen erschrak. Wer war es, der dort rief? Ians schwache Stimme war es nicht. Verwirrt aber viel zu neugierig, um liegen zu bleiben, rappelte sie sich auf und schlich durch die schwere Tür ins den Raum, in dem sie Ian begegnet war.
    Der junge Mann hockte noch immer zusammengekauert neben der Tür, starrte jetzt aber wie paralysiert auf die gegenüberliegende Wand. Die Wand mit der Milchglasscheibe.



    Ihr stockte der Atem, als sie den Mann hinter der Wand sah. Es war kein Spiegel. Es war tatsächlich eine Art Fenster. Ein Fenster in einen anderen Raum. In eine andere Welt.
    „Hallo Paula“, rief der Mann, scheinbar erfreut über ihren Anblick.
    Das rothaarige Mädchen erschauderte. Meinte er sie? War Paula ihr Name? Wer war dieser Mann?



    „Setz dich doch“, meinte er, und deutete auf die Wand, an der auch Ian saß, als stehe dort ein weicher, einladender Plüschsessel.
    Sie schluckte. Was hatte der Mann vor?
    Gehorsam setzte sie sich neben Ian, bedacht darauf, genug Abstand zu halten. Sie wollte den Mann auf gar keinen Fall reizen. Wenn er der Schlüssel hier raus war, musste sie tun, was er sagte.
    „Hallo Paula“, sagte der Mann hinter der Scheibe noch einmal, als das Mädchen sich gesetzt hatte.
    „Das ist Ian. Wie ich sehe, habt ihr euch schon kennen gelernt. Und ich… nennt mich Kor.“ Der Mann grinste.



    Paula wusste nicht genau, wie sie sich einen Entführer vorgestellt hatte, aber Kor entsprach diesem Bild überhaupt nicht. Er sah aus wie ein ganz normaler Durchschnittsmensch, vielleicht schon zu durchschnittlich, ohne irgendwelche Besonderheiten. Einzig und allein die große Narbe, von der Wange über die Nase reichend, war auffallend. Ob er sie von einem Kampf hatte? Nahm er öfter Leute gefangen?



    „Kann er uns hören?“, flüsterte das Mädchen zu Ian und bevor dieser reagieren konnte, schnaubte Kor verächtlich.
    „Jedes Wort“, sagte er. Also kommt nicht auf die Idee, irgendwelche Pläne zu schmieden, ich kriege das mit, bevor es euch bewusst ist.“
    Das war’s. Die letzten Zweifel waren ausgeräumt. Sie waren Gefangene.

    Hallo liebe Leser. Ich wünsche euch viel Spaß beim Rest von Kapitel 1 und bei Kapitel zwei - in dem eine neue, zentrale Person eingeweiht wird, ihr dürft also gespannt sein. (Ja, es GIBT noch eine Person :D )
    Vielleicht klären sich einige Fragen... vielleicht tauchen neue auf... aber hoffentlich gefällt es euch.



    Kapitel 1 - Teil 2



    Das Mädchen taumelte zurück in den zweiten Raum. Der Mann saß noch immer an der Wand, sein Gesicht auf die weißen Fliesen starrend, seine Hände auf den Beinen abgestützt.
    „Er ist auch ein Gefangener“, schoss es ihr durch den Kopf und sie begriff, dass es so sein musste.
    Als die Tür hinter ihr zuschlug, stolperte das Mädchen über ihre eigenen Füße und schlug längs auf dem Boden auf. Sie machte sich nicht die Mühe, sich wieder aufzurappeln und blieb auf den kalten Fliesen sitzen. Ihr Körper schmerzte.



    „Wer sind Sie?“, fragte sie den Mann und sah im jetzt direkt ins Gesicht. Er hatte graue Augen und eine kleine Verletzung mit getrocknetem Blut an der Wange.
    „Er nennt mich Ian“, nuschelte der Fremde.
    „Wer? Wer nennt sie Ian?“



    „Er“, wiederholte der Mann, ohne eine Erklärung abzugeben.
    „Und wer sind Sie?“ Sie war nicht zufrieden mit seiner Antwort.
    „Ich weiß es nicht.“
    Ian vergrub sein Gesicht wieder in seinen Händen. Seine Fingerspitzen krallten sich in seinen kahlen Kopf.
    „Wie heißt du?“, fragte er kaum hörbar.



    Das Mädchen holte Luft, die ihr dann aber im Halse stecken blieb.
    „Ich… es fällt mir nicht ein“, stammelte sie, als sie es begriff.
    Ihr Name war verschwunden. Ausgelöscht, wie jede Erinnerung an den letzten Tag. Wie jede Erinnerung… an ihr ganzes Leben.
    Panik überkam sie.
    Wer war sie? Wieso wusste sie nicht, wer sie war? Was war passiert? Das rothaarige Mädchen sprang auf und lief zurück in den Waschraum zum Spiegel, der viel zu hoch angebracht war.



    Ein unbekanntes Gesicht mit mascaraverschmierten Augen starrte sie aus der glatten, sauberen Spiegelscheibe an. Wer war sie?
    Das Mädchen schrie. Schrie, bis ihre Stimme versagte und sie nur noch weinen konnte, weinen und schluchzen, und auf dem ausgekühlten Boden zusammenbrach.


    Bienchen: Wow, vielen Dank. Der Mann wird in der nächsten Fortsetzung ein bisschen was über sich erzählen... aber dafür tauchen natürlich auch neue Fragen auf :D
    Schön, wenn es Thrillermäßig ist, ich mag Thriller :D Danke für dein Lob und hoffentlich gefällt dir das nächste Kapitel ebenso.


    Shoshona: Schade eigentlich ;) Hätte gern was von dir gelesen. Aber man kann nicht alles haben ;)


    FräuleinWunder: Ich danke dir sehr. Dein Lob ehrt mich total und ich freue mich, wenn du witer dabei bleibst :)


    Nachdem sie noch einige Minuten am Tisch sitzen geblieben war, schlurfte Samantha in die Küche und setzte Wasser für einen Tee auf. Vielleicht hatte Elena Recht. Vielleicht sollte sie wirklich mal wieder was unternehmen, rausgehen, irgendetwas machen. Aber was? Was gab es noch zu machen auf dieser Welt? Alles erschien ihr so sinnlos.



    Sie wollte nicht rausgehen. Wollte nicht die Vögel hören oder die Autos, wollte nicht die Sonne auf ihrer Haut spüren. Es war einfach nicht gerecht.
    Das Wasser kochte und sie goss es in eine Tasse, bevor sie sich an den Küchentisch setzte. Paul. Ob er sie wohl sehen konnte? Was er wohl dachte?



    Sie war nie religiös gewesen, dachte viel zu rational um den Versprechungen der Kirche glauben zu schenken. Und doch... was war, wenn es doch irgend so etwas gab? Natürlich keinen Stuhl neben Gott und Engeln auf einer Wolke, aber irgendeinen Platz, wo man hinkam? Wenn man den Vorgang sich überhaupt mit menschlichen Denken vorstellen konnte. Vielleicht hatten die Kirchen und Religionen ja doch irgendwo Recht. Natürlich nicht wirklich, das wusste sie, aber was war, wenn Paul sie doch sehen konnte? Was würde er denken?



    'Was wohl? Dass du eine unselbstständige blöde alte Ziege bist, die nichts auf die Reihe kriegt. Die ihr Leben nicht zu schätzen weiß und langsam vergammelt.' Stolz wäre er nicht, das wusste sie. Aber sie konnte nicht anders. Es ging einfach nicht.
    Samantha nippte an ihrem heißen Getränk und fluchte.
    Sie hatte den Teebeutel vergessen.


    Die Zeit heilt keine Wunden, sie gewöhnt dich nur an den Schmerz.
    (Unbekannt)


    -



    Den Postboten hatte sie erwartet und dann stand dieser arrogante Anzugträger vor der Tür. Sie hätte einfach so tun sollen, als würde sie schlafen. Aber nun war es eben zu spät. Was bildete der sich eigentlich ein, so in ihr Haus zu platzen. Seit Monaten hatte sie mit keinem Menschen außer Elena und Erol, dem Gärtner mehr gesprochen und dann gleich so einer. Gut sah er ja aus, verdammt gut, er erinnerte sie an irgendeinen Schauspieler, den sie damals sehr attraktiv gefunden hatte, aber das war’s dann auch schon mit den positiven Eigenschaften.
    Das Haus kaufen.
    Pah. Wenn das Paul wüsste.
    1,2 Millionen. So eine Frechheit.
    Sie war sauer. So sauer, dass sie für einen Moment ihre Trauer vergaß. Sie hoffte inständig, ihn nicht wieder zu sehen.



    Samantha setzte sich an den großen eckigen Eichentisch, den Elena sonst immer mit einer weißen Tischdecke mit Stickereien von Pauls Mutter gedeckt hatte. Sie stützte den Kopf in ihre Hände und schloss die Augen.
    „Ist alles in Ordnung?“, hörte sie ihre Haushälterin fragen, die unhörbar leise in den Raum gekommen war.



    Samantha sah hoch und Elena hatte das Gefühl, sie würde das erste Mal seit sechs Monaten nicht an Paul denken. Jedenfalls nicht ausschließlich.
    „Ja... ja, alles klar. War nur so ein aufgeblasener neureicher Schnösel.“
    Elena wunderte sich, dass Samantha mehr sprach, als nur zwei Wörter hintereinander – und das sogar in einer verständlichen Lautstärke. Der Mann musste sie wirklich durcheinander gebracht haben.



    „Kennen Sie ihn?“
    „Kennen? Sie machen wohl Scherze. Der bildet sich doch tatsächlich ein, dieses Haus kaufen zu wollen.“
    „Das Haus kaufen?!“
    „Interessante Ideen haben manche Leute. Und eine ungehobelte Art hat er, grausig.“
    Samantha schwieg eine Weile und sah durch den Raum.



    Sie erinnerte sich daran, wie es hier einst voller Leben war, wie sie mit Paul das Kaminfeuer beobachtet hatte oder wie sie zu klassischer Musik getanzt hatten. Wie sich einmal ein Schmetterling in den Raum verirrt hatte, den sie mit viel Geduld und List gefangen und wieder freigelassen hatten, wie sie gelacht hatten und sich geliebt.
    Das war nun schon lange her. Seit Pauls Tod hatte sie nie wieder klassische Musik gehört. Und sie würde es auch nicht mehr tun.


    „Nehmen Sie sich heute frei“, sprach Samantha in die Stille hinein und Elena zuckte kurz zusammen. Sie war es wahrlich nicht gewohnt, dass ihre Arbeitgeberin mehr als eineinhalb Sätze hintereinander sprach.
    „Freinehmen? Aber nein, Sie...“




    Samantha sah ihr in die Augen und erst jetzt wurde ihr richtig klar, wie überarbeitet die junge Frau war.
    „Sie arbeiten viel zu viel. Gehen Sie aus, treffen Sie sich mit Freunden, machen Sie, wonach Ihnen der Sinn steht. Ich komme für heute alleine klar.“
    „Aber... sind Sie ganz sicher?“
    „Absolut.“
    Elena zögerte, aber als sie Samanthas entschlossenen Blick sah, bedankte sie sich freundlich und ließ Samantha allein im Zimmer zurück. Was immer sie dazu gebracht hatte, für einen Moment aus ihrem Selbstmitleid aufzublicken, sie dankte Gott für dieses Geschehnis.

    Wow, danke für die ganzen Antworten, habe damit ehrlich gesagt gar nicht gerechnet.



    Zuerst möchte ich allgemein auf die Ähnlichkeit zu diversen Filmen eingehen, de hier ja öfter angesprochen wurde.




    Also erstmal ehrt es mich, dass meine SIMS-FS mit erfolgreichen Hollywoodfilmen verglichen wird.


    Nun, die Idee habe ich nicht von einem Film, sondern von mir selbst, deren schlimmster Albtraum in ihrer Kindheit war, genau sowas zu erleben: Aufzuwachen in einem solchen Raum - ohne Tür und Ausweg. Vllt eine zu lebhafte Fanatsie, vllt ein bisschen irre - aber so war ich wohl eben


    Diese Vorstellung von früher ist mir wieder eingefallen, als ich ein Buch (wahrscheinlich das von Julika erwähnte) gelesen habe, in dem das Thema im Ansatz so vorkam (wirklich nur "im Ansatz". Meine Geschichte wird vollkommen anders verlaufen und das Buch stellt die Geschehnisse doch auch sehr anders da, als in meiner Fantasie, aber die Idee kam mir dann eben wieder)


    SAW 1 habe ich vor einigen Jahren mal gesehen (die anderen Teile nie), kann mich auch nur noch schwammig daran erinnern. Ich denke aber schon, dass es nicht verwunderlich ist, wenn Leser denken 'oh, wie bei SAW'. Das Thema ist natürlich nicht neu und wurde schon mehrfach ähnlich behandelt. Meines Wissens (und HOFFENTLICH) noch nicht in der Ausführung, wie ich es plane, aber der gleiche Ansatz ist auf jeden Fall schon öfter da, wohl bei mehreren Filmen und Büchern.


    Ich kann euch sagen, dass ich keinen davon zum Vorbild genommen habe, mich an keinem orientiere, wenn Ähnlichkeiten auftreten ist das wohl hauptsächlich Zufall.


    Die anderen hier erwähnten Filme (Cube?) kenne ich gar nicht, auch nicht vom Hören. (Hört sich aber spannend an, vllt sollte ich den mal ansehen ;) )


    Die Geschichte soll nicht ins Horror-Genre abrutschen und Abgeschlachte, besonders blutige Szenen etc wird es auch nicht geben.


    Ich versuche mich an einem Psycho-Thriller - und wir wollen mal schauen, was draus wird :hua



    Ich wünsche euch auf jeden Fall viel 'Spaß' beim Lesen - oder zumindest Unterhaltung und ein paar Gedanken.



    CoriSim: Vielen Dank! Toll dass dir die Geschichte gefällt und du mitlesen willst, freut mich total. Zur Ähnlichkeit mit SAW habe ich ja oben schon was geschrieben.
    Danke für dein liebes Lob und dass du einen Hang zu außergewöhnlichen Storys hast, ist natürlich sehr von Vorteil :D
    Wer der Mann ist (zu sein scheint?) klärt sich im nächsten Kapitel - zumindest grob.


    Sem: Wow, dankeschön! Freut mich echt, dass die Geschichte so gut ankommt, hab ich wirklich nicht gedacht. Danke für dein Lob!
    Ja, welcher Spinner hat sie dort eingesperrt... das ist natürlich eine de zentralen Fragen. Er wird sich bald mal sehen lassen, aber mehr verrate ich noch nicht :D
    Cool, wenn du weiterhin mitliest.


    Raphiarts: 'Die weiße Hölle'... das ist wirklich gut, vllt sollte ich das als Kapitelüberschrift fürs 1. Kapitel nehmen :D
    Danke für deinen Kommentar und noch toller dass dir die Geschichte gefällt und du sie nicht zu 'speziell' findest und weiterlesen willst. Juhu


    Julika: Du meinst "Nur der Tod kann dich retten", oder? Lustig, dass wir die gleichen Bücher lesen
    Danke für deinen Kommentar und cool, dass dir die Story soweit gefällt und du sie spannend findest.
    Dass der Mann dich an Posti erinnert finde ich hingegen... weniger gut, denn wetten ich muss jetzt IMMER an ihn denken, wenn ich über den Mann schreibe? AH!


    Manja: Ah, danke. CUBE kenne ich wie gesagt gar nicht.. hört sich aber gut an..
    Ich finde deine Theorien übrigens gut, ich LIEBE Theorien :D Auch wenn ich natürlich nicht sagen kann/will, ob eine davon stimmt, aber deine Art zu denken gefällt mir sehr.
    Toll, dass du 'infiziert' bist und weiterlesen willst, dann ist mein Ziel ja erreicht. Mal gucken, ob sich deine Theorien bewahrheiten oder noch neue aufkommen :D


    Shoshona: Danke dir sehr. Hatte ein bisschen Bedanken bei den Bildern, weil ich ja einfach überhaupt keine Deko oder gute Hintergründe einbringen kann und mich völlig aus die Posen/Gesichtsausdrücke beschränken muss. Befürchtete, dass das schnell als 'langweilig' abgetan wird. Umso besser, wenn es trotz (oder grade wegen) des monotonen Hintergrundes gut ankommt.
    Auch deine Theorien finde ich mehr als spitze. Wirklich wow. Schreibst du zufällig auch? WO sind deine Storys? :D
    Hoffe, dich weiterhin begeistern zu können und freue mich übr so viele Leser


    Sie erinnerte sich nicht mehr, jemals so über den Anblick eines anderen Menschens entsetzt gewesen zu sein und als ihr klar wurde, dass der Mann, der durch die Tür kam, derjenige sein musste, der sie hier hereingebracht hatte, stockte ihr Herz.
    Sie wich zurück.
    Der Mann erschrak ebenfalls bei ihrem Anblick. Er wurde so weiß, als hätte er einen Geist gesehen und schien Mühe zu haben, aufrecht stehen zu bleiben. Seine Finger bohrten sich in die eiserne Türklinge, als hielt er sich an dieser fest.



    „Was geht hier vor?“, rief er in dem Versuch, möglichst selbstbewusst zu klingen, aber seine Stimme zitterte.
    „Wer sind Sie?“, fragte das Mädchen, einige Schritte zurück tretend und durch die kahlen Wände hallte ihre Stimme angsteinflößend zurück. „Was haben Sie mit mir gemacht?“
    Der Mann antwortete nicht.
    „Antworten Sie mir“, keifte das Mädchen und sie klang mutiger, als sie war.
    Der Mann starrte sie an, dann schloss er die Tür und sank, an die weiße Wand gelehnt, auf den Fußboden.



    „Was befindet sich hinter der Tür?“, hörte das Mädchen sich sagen und erschrak selbst über ihren Mut, nicht sofort zurück in den anderen Raum zu rennen. Aber was hätte es auch gebracht?
    Der Mann wirkte gebrochen. Er war glatzköpfig, was ihn alt aussehen ließ, aber sein Gesicht verriet, dass er noch keine dreißig war. Er sagte nichts und starrte sie nur mit leerem Blick an.
    „Wer sind sie, ein Psychopath oder so? Was wollen Sie von mir?“
    Das Mädchen merkte, wie ihre Stimme versagte.



    Hatte sie sich so einen Psychopathen vorgestellt? Einen Entführer? Einen Mörder? Was hatte er mit ihr vor, warum saß er nur da, ohne etwas zu sagen?
    „Was befindet sich hinter dieser Tür“, fragte sie noch einmal, den Blick starr auf der Tür haftend, um ihm nicht ins Gesicht zu müssen.
    „Ich will hier raus“, schrie sie den Mann an, als er wieder nicht antwortete. „Was haben Sie mit mir gemacht?“



    Seine grauen Augen starrten ins Leere. Resigniert. Apathisch. Wie ein Psychopath.
    „Nur ein Waschraum“, flüsterte er dann, kaum hörbar.
    „Was?“
    „Es ist dort nur ein weiterer Raum.“
    „Lassen Sie mich sofort frei“, kreischte das Mädchen, jetzt mit Tränen in den Augen. „Ich hab Ihnen überhaupt nichts getan!“
    Hatte sie nicht? Sie konnte sich nicht erinnern. Kannte sie diesen Mann? Hatte sie ihn je zuvor gesehen?
    „Geh gucken, es ist nur ein Waschraum“, wiederholte er. Leise. Gebrochen.
    Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf.



    Was hatte er mit ihr vor? War es ein perverses Spiel? Sollte sie es tatsächlich wagen, an ihm vorbei zur Tür zu gehen? Was würde er tun? Sich auf sie stürzen? Wieso hatte er es nicht schon längst getan? Das Mädchen zitterte.
    Bevor sie realisierte, sich entschieden zu haben, rannte das Mädchen auf die Eisentür zu. Sie dachte nicht darüber nach, dass es sich um eine Falle handeln könnte, verdrängte den Gedanken, dass der Mann nach ihr greifen und sonst was mit ihr machen könnte.



    Sie schmetterte ihren dünnen Körper gegen die Tür, nicht wissend, was sie erwartete, hinter dieser zu sehen. Die Freiheit? Gott, der ihr sagte, dass sie tot war und es so im Himmel aussah? Ihre Freunde, die sie mit offenen Armen empfingen, kichernd über diesen derben Aprilscherz?
    Die Tür gab nach und das Mädchen stolperte über die glatten Fliesen durch sie hindurch.
    Es war ein Waschraum.



    Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Flüchtige Blicke flogen durch den Raum.
    Es gab Toilettenkabinen, ein großes, längliches Waschbecken mit einem Spiegel und Duschen. Gemeinschaftsduschen, wie es sie in Schwimmbädern gab – oder in Gefängnissen. Weißblaues Licht flimmerte aus den surrenden Neonröhren. Und als es ihr bewusst wurde, drohte ihr Kreislauf zu versagen. Es gab keine weitere Tür.

    1





    Das rothaarige Mädchen wachte auf. Sie blinzelte durch die mascaraverklebten Augen, die sich erst an das helle Kunstlicht gewöhnen mussten, dann richtete sie sich verschlafen auf.
    Wo war sie?
    Noch immer müde sah sie sich um. Sie musste noch träumen, denn sie kannte diesen sterilen Ort nicht, war noch nie hier gewesen. Erschöpft schüttelte sie ihren Kopf mit dem langen Haar, schloss die Augen noch einmal.
    Ja, es musste ein Traum sein. Ein ganz verrückter.



    Wo war sie gestern Abend gewesen? Sie erinnerte sich nicht. Ob sie getrunken hatte? Sie war noch jung, aber trotzdem ging sie schon auf Partys, trank manchmal mehr, als ihr gut tat. Oder? Es war, als fehle ihr ein Stück Erinnerung.
    Sie legte sich wieder zurück auf die schmale grüne Pritsche, die eigentlich viel zu hart zum Schlafen war und atmete tief durch.



    Während sie erfolglos versuchte, wieder einzuschlafen – oder endgültig aufzuwachen, was ihr lieber war – fing ihr junges Herz an, schneller zu schlagen. Es dämmerte ihr. Es wurde ihr bewusst. Und als sie es realisierte, sprang sie von der Pritsche auf den kalten gefliesten Fußboden und schrie, wirbelte herum, wie, um aus sich aus einer Art Trance zu befreien, aber die Umgebung veränderte sich nicht. Es war kein Traum. Sie befand sich tatsächlich an diesem Ort.



    Plötzlich war das Mädchen hellwach. Ihr wurde schlagartig heiß und kalt und als ihre Beine drohten, nachzugeben, ließ sie sich schnell wieder auf die grüne Liege fallen.
    Ihr ganzer Körper zitterte. Wo verdammt noch mal war sie? Ihre Blicke flogen durch den quadratischen Raum.



    Er war weiß gefliest – der Boden, und auch die Wände. Es gab keine Möbel – bis auf die Pritsche, wenn man diese als Möbelstück bezeichnen konnte, und nur ein kleines Fenster, so weit oben, dass sie es wahrscheinlich nicht einmal erreichen konnte, wenn sie es fertig brachte, die Pritsche an die Wand zu schieben und sich darauf zu stellen.
    An der Decke hingen lange Neonröhren, die den Raum in furchtbares Licht tauchten.
    Ob sie im Gefängnis war? Das Mädchen überkam Panik, ihr Herz raste. Was zur Hölle war bloß geschehen?



    Sie blickte auf die große, graue Eisentür, die ihre einzige Hoffnung war. Sie würde natürlich verschlossen sein, ganz sicher, aber die Versuchung war viel größer als die Vernunft und so sprang sie auf und hastete die wenigen Schritte bis zur Tür. Ohne nachzudenken drückte sie die schwere Klinge herunter und schmiss sich mit ihrer ganzen Kraft gegen die Tür.
    Sie gab nach.


    Ihr Herz machte einen Sprung und grade, als sie begann, ihr Glück zu realisieren, erstarrte sie wieder. Die Tür hatte nicht nach draußen geführt, sondern nur in einen weiteren Raum, der ähnlich gestaltet war, wie jener, aus dem sie grade entflohen war.
    Die Wände und der Boden waren weiß und an der rechten Seite befand sich eine weitere Eisentür.
    Noch eine Tür.



    Dieser Raum hatte keine Fenster, dafür war die ganze linke Wand seltsam blind verschleiert, als wäre es ein riesiger Spiegel – oder ein blindes Fenster. Ob sich dahinter noch etwas befand? Das Mädchen konnte es beim besten Willen nicht feststellen.
    Sie ging durch den leeren Raum – im Gegensatz zu dem ihren befand sich hier nicht einmal eine Liegegelegenheit - und kurz bevor sie die zweite Tür erreichte, öffnete sich diese.
    Das Mädchen erstarrte.





    Stell dir vor... du wachst auf.
    Alles um dich herum ist weiß,
    du befindest dich in einem leeren Raum.
    Du weißt nicht, wo du bist,
    wie du hier her gekommen bist,
    weißt nicht, wer du bist.
    Deine Gedanken rasen.
    Und dann realisierst du, dass es keine Tür nach draußen gibt...





    "Gefangen" ist mein neustes, noch sehr junges Werk und ich konnte einfach nicht anders, als es euch zu präsentieren.
    Auch wenn es hier wahrscheinlich nicht viele Leser finden wird, weil es einfach zu speziell ist, muss ich es einfach veröffentlichen.
    Feedback ist mir grade hier grade am Anfang sehr wichtig. Ich freue mich über jeden Leser, über jeden Kommentar, über jeden Gedanken zu meiner neuen FS.


    Alec wurde in ein bordeauxfarben gestrichenes Zimmer mit Klavier und großem Esstisch geführt, wo er sich setzen sollte. Er bemerkte wieder, was er an so großen Häusern nicht mochte. Sie waren einfach immer so leer, so leblos.
    Er ließ seine Blicke über die dunkelbraunen Bücherregale an der Wand schweifen, als eine dünne Frau in farblosen Schlabberklamotten den Raum betrat.
    Sofort erhob er sich.



    „Guten Tag“, sagte sie leise, „Louis mein Name, Samantha Louis. Sie wollten mich sprechen?“
    Alec stellte sich vor und als sie sich wortlos auf eines der Sofas setzte, tat er es ihr gleich. Er konnte kaum fassen, dass diese Frau die Hausherrin sein sollte, sah sie doch noch mehr wie eine Angestellte aus, als die gerade eben von der Haustür. Nein, halt, irgendwas war anders. Irgendwas an ihr verriet, dass sie mehr war, viel mehr, als ihr Äußeres erwarten lassen würde.
    Trotzdem war er ein bisschen verunsichert, da er erwartet hatte, mit einem selbstbewussten älteren Mann zu reden und nicht mit diesem Häufchen Elend. Er musste seine Taktik ein wenig verändern, und das möglichst schnell. Doch erstmal musste er die Lage genau einkalkulieren; wissen, woran er war.



    „Ihr Mann ist nicht zu Hause?“
    Die graue Frau schluckte fast unmerklich und schien nach Worten zu suchen, wirkte dann aber wieder unnahbar.
    „Ich wohne alleine hier. Nur die Haushälterin und ich.“
    Nur die Haushälterin und sie? Niemals. Nicht in einem Haus mit gefühlten achthunderttausend Quadratmetern Wohnfläche.
    „Was wollen Sie, Herr Liffrey?“



    „Ich bin interessiert an diesem Haus“, brachte er schneller heraus, als er es geplant hatte. „Ich frage mich, ob es zum Verkauf steht?“
    "Nein."
    Natürlich nicht. Er hatte nichts anderes erwartet, war nicht überrascht über diese Antwort. Wäre es so gewesen, hätte Tim Hitcher selbst herkommen können.



    „Hören Sie, Frau Louis, ich habe einen Interessenten, der Ihnen ein sehr gutes Angebot macht. Sie könnten es…“
    „Sie verschwenden Ihre Zeit. Dieses Haus wird nicht verkauft. Wenn das alles war, wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag.“
    Sie stand auf.



    „Frau Louis“, redete Alec geduldig weiter und lehnte sich zurück, „Hören Sie sich das Angebot doch erst einmal an. Sie…“
    „Ich weiß, dass es Menschen wie Sie gewohnt sind, alles zu kriegen, alle rumzukriegen, dass sie ein nein nicht akzeptieren und ein ja eigentlich auch nicht, dass sie manipulieren und argumentieren - aber bei mir verschwenden Sie ihre Zeit. Es ist mein Haus – ich verkaufe nicht. Auf Wiedersehen, Herr Liffrey.“



    Unbeeindruckt stand Alec auf und legte seine Visitenkarte auf den Tisch.
    „1,2 Millionen, Sie können es sich ja überlegen“, entgegnete er und hörte in seiner Stimme einen Hauch überlegener Arroganz. Dann gab er ihr die Hand und ging zurück in Richtung Haustür.
    Ja, er hatte erwartet, dass es so laufen würde, auch wenn die Frau schwierig einzuschätzen war. Aber so lief es meistens und nun lag es an ihm, möglichst unbeeindruckt zu wirken und zu gehen und sie nachdenken zu lassen. 1,2 Millionen waren eine Masse Geld, ganz besonders für eine alleinstehende Frau und wahrscheinlich war sie nicht halb so abgeneigt wie sie tat. Es würde schon klappen. Einzig und allein dieses ‚Ich weiß, dass Menschen wie Sie gewohnt sind…’ störte ihn.
    Menschen wie Sie.
    Was bildete die sich eigentlich ein.

    Und jetzt auch schon das sechste Kapitel. Die Bilder finde ich zum Teil mehr als schlecht, bitte verzeiht mir das. Waren viel zu dunkel und dann durchs Aufhellen erscheint die Belichtung so daneben.... Die Posen sind gelinde gesagt auch nicht der Hammer. Aber naja, nächstes Mal dann wieder besser :D
    Viel Spaß!




    If you can dream it, you can do it.
    (Walt Disney)


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    Es war schwerer zu finden, als er gedacht hatte, so abgelegen und ganz alleine am Flussufer. Was brachte bloß die Leute dazu, hier zu wohnen? Ja, man hatte seine Ruhe, aber man brauchte locker eine Dreiviertelstunde bis in die Stadt, lebte abgeschieden von jeglicher Infrastruktur und zeitgemäß war das Ganze ja nun auch nicht mehr so wirklich.



    Unwillkürlich musste Alec über seine Gedanken schmunzeln. Er konnte echt nichts an solchen Gebäuden finden, und so jemand wie er hatte erfolgreicher Immobilienmakler werden wollen. War ja klar, dass das nicht klappen konnte. In der Werbebranche war er wirklich um Einiges besser aufgehoben.
    Er stellte seinen blauen Audi am Straßenrand ab und ging am gusseisernen Zaun entlang zur Auffahrt. Zum Glück war das Hoftor nicht verschlossen und es gab es keine bellenden Hunde.



    Leichter Wind umwehte ihn, als er dem Weg folgte und auf den Mittelteil des U-förmigen Gebäudes zuging. Mit einigen Blicken verschaffte er sich einen schnellen Überblick über Grundstück und Haus, um wenigstens ein wenig genauer zu wissen, weswegen er hier war.
    Der Garten war ziemlich groß und sah oberflächlich gepflegt aus, auch wenn irgendwas fehlte, was ihm besonderen Charme verleihen würde. Der linke Flügel des Hauses lag direkt an einem kleinen Fluss, von hier schien man eine besonders schöne Aussicht zu haben. Allgemein wirkte die linke Seite des Grundstückes ein bisschen verwilderter als die rechte, jedoch konnte Alec nicht erkennen, woran es genau lag, denn eigentlich war alles ziemlich symmetrisch ausgerichtet.



    Er ging an einem Beet mit gelben und orangen Stiefmütterchen vorbei und kam schließlich zur Eingangstür. Er war sich sicher, dass der Garten hinter dem Haus noch so einiges zu bieten hatte, wahrscheinlich sogar einen Grillplatz oder gar einen kleinen See, aber er beschloss, dass es sich nicht lohnen würde, das ganze Grundstück zu durchkämmen wie irgendein Neugieriger. Er würde jetzt einfach ganz offiziell an der Haustür klingeln, um diesen Leuten zu sagen, dass sie ihm ihr Haus verkaufen sollten. Und zwar noch vor Montag bitte.



    Eine zierliche Gestalt öffnete ihm die Tür und er wusste sofort, dass diese nur eine Angestellte sein konnte, oder eben die Tochter des Hauses, wenn diese sich nichts aus ihrem Aussehen machte und zu wenig schlief.
    „Guten Tag“, begrüßte er sie und klang noch professioneller, als er sich vorgenommen hatte.
    „Mein Name ist Alec Liffrey, ich würde gerne den Besitzer dieses Hauses sprechen.“
    Die Frau sah ihn erstaunt von oben bis unten an und schien verwundert über das, was sie sah. Für den Bruchteil einer Sekunde schien sie sprachlos zu sein, fing sich dann aber sofort.
    „Guten Tag… Herr Liffrey. Darf ich fragen, worum es geht?“



    Die kleine Frau machte keine Anstalten, ihn eintreten zu lassen.
    „Das würde ich gerne direkt mit dem Hausbesitzer besprechen.“
    Sie schien unentschlossen, bat ihn dann jedoch zu warten und rief einen Namen, den er nicht verstand. Ein paar Sekunden später öffnete sie wieder die Tür und bat ihn, einzutreten. Scheinbar hatte man ihr die Erlaubnis gegeben.
    Er hatte doch gewusst, dass sie nur eine Angestellte war.

    Zunächst soll es heute mit Elena und einem Einblick in ihr Leben weitergehen.
    Da dieses Kapitel aber sehr kurz ist und ich finde, dass so langsam auch mal etwas Handlung statfinden sollte, stelle ich nachher noch das nächste Kapitel - aus Alecs Sicht - online.
    Trotzdem freue ich mich auch über Kommentare zu Kapitel 5.







    Alles ist wie immer. Nur schlimmer.
    (Bernd das Brot)

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    In Gedanken versunken räumte sie das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine. Zum Glück hatte Samantha wieder angefangen, etwas mehr zu essen. Es wäre nicht auszumalen gewesen, was mit ihrem Körper geschehen wäre, wenn sie die Nahrung noch länger verweigert hätte.
    Sie tat ihr Leid.
    Seit Pauls Tod war sie ein anderer Mensch geworden, auch wenn Elena wusste, dass sie tief in ihr noch die alte Samantha von früher war. Doch im Moment konnte sie diese Samantha einfach nicht rauslassen, sperrte sie weg.




    Paul Louis war ein guter Mann gewesen, Elena hatte ihn sehr gemocht. Sein Charakter, seine Art, sein ganzes Auftreten war so bestimmt, aber doch so ruhig und freundlich gewesen. Er hatte eine ganz besondere Art zu reden gehabt, zu arbeiten, zu leben, und sicher auch zu lieben. Elena verstand gut, was Samantha an ihm gefunden hatte.
    Auch für sie war es schlimm, jetzt in der Vergangenheit von ihm zu reden. Auch sie vermisste ihn. Jedoch war er trotz allem nur ihr Arbeitgeber gewesen und das Leben ging einfach weiter. Langsam fühlte sie sich ausgebrannt. Seit seinem Tod hatte sie kaum einen freien Tag gehabt, konnte und wollte Samantha nicht zumuten, für sich selbst zu sorgen, alleine zu sein.



    Sie hatte sich um sie gekümmert wie um ein kleines Kind, sie umsorgt wo sie nur konnte und tat es auch heute noch, aber langsam fragte sie sich, wie lange das noch so weitergehen sollte. Lange hielt sie das nicht mehr aus, auch sie musste wieder ihr eigenes Leben führen. Im Moment war das einfach nicht möglich.
    Elena war eine kleine, zierliche Frau Ende zwanzig. Seit sechs Jahren lebte sie nun schon hier, hatte in ihrer Heimat Polen alles aufgegeben, es aber nie bereut. Nie hatte sie hohe Ansprüche an sich oder ihr Leben gestellt, war fleißig und gründlich und zuvorkommend. Sie wusste, dass ihre Art es Anderen leicht machte, sie auszunutzen, aber sie dachte nicht viel darüber nach. Sie mochte ihr Leben, auch wenn es nichts Besonderes war, lebte gerne mit den Louis’ in diesem Haus, gab ihr Geld für Klamotten und Theaterabende aus und schickte den Rest ihren Eltern. Sie war eine glückliche, bescheidene junge Frau, die nicht viel redete. Wenn es nur bald wieder anders werden würde.
    Seit sechs Monaten war sie nicht mehr im Theater gewesen.



    Unter Elenas Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Zu lange lag sie abends wach und dachte nach, was sie tun könnte, um Samantha unter Leute zu bringen, zu früh stand sie morgens auf, um für eben jene da zu sein, die meist nur ein paar Stunden schlief.



    Ihr hellbraunes Haar war trüb und strähnig geworden in dieser Zeit, sie wirkte in den sechs Monaten um einige Jahre gealtert.
    Es machte ihr nichts, wenn es denn besser werden würde. Wenn es bald vorbei sein würde, ein Ende in Sicht wäre.
    Sie wischte die Küchentheken mit einem feuchten Lappen ab, achtete darauf, dass diese peinlich sauber waren. Bemerken würde es niemand, das wusste sie.
    Es wurde nicht besser.


    Ein Klingeln an der Haustür riss sie aus ihren Gedanken.



    Elena legte den Lappen beiseite, überprüfte schnell und grob ihr Aussehen im Spiegel und ging durch den Eingangsbereich zur großen Holztür.
    Obwohl sie kaum noch Besuch bekamen, fragte sie sich nicht, wer es sein könnte, so was war einfach nicht ihre Art. Der Postbote wohl, oder Samanthas Eltern oder irgend so ein Vertreter. Sie blieb vor der Tür kurz stehen, räusperte sich und drehte dann den Messingknopf herum.
    Sie wunderte sich.
    Der Postbote war es nicht.


    Danke für die Kommentare, ich freue mich immer total darüber :)


    Vercula: Du hast Recht, Alec ist sehr geld- und vor allem erfolgfixiert. Das ist für ihn alles, was zählt.
    Deine Vermutung ist gut (ich liiiiebe Spekulationen :D ), aber ganz so einfach will ich es auch nicht werden lassen, soll ja spannend und nicht vorhersehbar sein sein :D
    Aber dass Samantha ihm gleich das Haus verkauft oder Alec gleich aufgibt, weil sie es nicht will - nein, so wird es natürlich nicht laufen :D Leider werden während der Verhandlungen noch ziemlich dunkle Seiten von Alec ans Licht kommen :-/


    Chipsi: Danke! Du hattest mir auch eine PN oder sowas geschrieben oder? Ich finde sie leider nicht mehr, dabei wollte ich dir so gerne antworten, weil ich das so nett fand und mich so gefreut hab :)
    Also entschldige bitte meine Unhöflichkeit nicht zu antworten, aber ich bin wohl einfach zu dumm für die Komplexität dieses Forums, ich finde sie nicht wieder :D
    Du wirst noch heute erfahren, ob Samantha sich ihr Haus einfach abnehmen lässt ;)


    Manja: Dankesehr! Ich mag Alec auch, auch wenn er später noch deutlich unsympathischer wird, befürchte ich... Aber für ihn zählt einfach nur Erfolg, Erfolg, Erfolg. Und er ist sehr entschlossen, zu kriegen, was er sich vorgenommen hat.
    Aber ob er (heimlich) Interesse an Samantha haben wird? Oder sie an ihm? Abwarten :D



    „Meine Frau will nicht irgendein Haus, sie will ein bestimmtes. Es steht am Ostrand etwas außerhalb. Ein Riesenteil. Das Problem ist, dass es nicht zum Verkauf steht.“
    „Und wie soll ich euch da helfen?“
    „Na ja, den Besitzer überzeugen, das Teil zu verkaufen.“
    Alec stocherte lustlos in seinem Omelette herum. Hatte er jahrelang so hart gearbeitet, um sich mit solchen Lappalien herumzuschlagen?
    „Hör mal Tim, geh doch dahin, laber’ die ein bisschen zu. Entweder willigen die ein oder eben nicht und wenn nicht, dann hast du eben Pech.“




    „Darum geht es ja. Es gibt kein ‚wenn nicht’. Sie will dieses Haus, egal zu welchem Preis. Seit Wochen hängt die mir schon damit in den Ohren. Man Alec, du hast’s doch drauf. Du kannst doch Leute bequatschen. Du hast doch Ahnung von Geschäften. Du bist der Beste. Ist doch mal 'ne Abwechslung, oder nicht?“
    „Hmhm… sicher.“
    „Dreihunderttausend.“
    Alec sah auf.



    „Dreihunderttausend was?“
    „Dreihunderttausend Euro für dich, wenn das klappt.“
    Alec traute seinen Ohren nicht, aber er wusste, dass dieses ein unpassender Zeitpunkt war, um überrascht zu klingen, und so schob er sich unbeeindruckt ein Stück Omelette in den Mund und zerkaute es langsam.
    „Gut. Dreihunderttausend. Man, hoffentlich krieg ich das übers Wochenende fertig, ich hab ja auch noch einen Job nebenbei, falls dir das entfallen sein sollte.“
    „Ich vertrau dir da vollkommen. Und wenn sich was ergibt – meine Handynummer und die vom Büro hast du ja. Ruf an – jederzeit.“
    „Nächste Woche hast du dein Haus. Die Adresse?“
    Tim grinste in sich hinein, kramte einen zerknitterten Zettel aus seiner Jackentasche und schob ihn zu Alec hinüber.
    Dieser warf einen kurzen Blick darauf und stand auf.
    „Hey, wo willst du hin?“
    „Zu deinem Haus. Bezahl du die Rechnung. Betrachte es einfach als Anzahlung.“


    Alle sagten: Das geht nicht.
    Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es gemacht.

    (Hilbert Meyer)


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    Die Kundenpräsentation war phänomenal verlaufen. Sein Chef hatte ihm auf die Schulter geklopft und das war mehr, als jeder andere Mitarbeiter von Robert Parker & Son Advertising je an Lob eingesteckt hatte. Alec grinste in sich hinein. Das Arbeiten bis spät in die Nacht hatte sich gelohnt – mehr als das. Es war ein lächerlicher Aufwand gewesen, wenn man beachtete, was dabei herausgekommen war. Er hatte es wieder einmal geschafft, alle Erwartungen waren übertroffen



    Und nicht nur das – er hatte frei. Es war Freitag, aber Robert Parker Junior hatte weiß Gott keine Arbeit mehr für ihn. Er hatte genug gehabt, aber es war ja schon alles erledigt, weit vor der Zeit. Eine kleine Sache noch, die ein Alec Liffrey in einer Stunde würde locker beenden können, dann war Wochenende für ihn.
    Er schaffte es in vierzig Minuten.


    Es war 11.30 Uhr und Alec schlenderte zufrieden aus dem Gebäude. Er beschloss, zu Fuß zu Cate’s Diner zu gehen, wo er sich in einer Stunde mit Tim Hitcher treffen würde, denn er hatte massig Zeit. Außerdem war er schon länger nicht mehr zu Fuß in der Stadt gewesen. ‚Schon länger’ war die Untertreibung des Jahrzehnts. Es muss mindestens ein Jahr her gewesen sein, seit Alec mal so viel freie Zeit gehabt hatte.




    Und so bummelte er durch die Stadt; ein gutaussehender Geschäftsmann Anfang 30, blickte in die Schaufenster der kleinen Geschäfte, genoss die Frühlingssonne und freute sich, als er ein von ihm gestaltetes Werbeplakat für Autoreifen an der Außenwand eines Kaufhauses erblickte. Autoreifen. Das waren noch Zeiten gewesen.



    Tim Hitcher wartete schon, als Alec Cate’s Diner betrat. Wie immer war er viel zu früh da, Alec hätte es sich denken sollen.
    Tim saß an einem Tisch am Fenster und las in einer Finanzzeitschrift. Als er Alec sah, funkelten seine grünen Augen und er legte die Zeitung umständlich beiseite. Er würde ihm helfen können, dem war er sich sicher.


    Obwohl er liebend gern sofort damit herausgeplatzt wäre, behielt Tim seine guten Manieren und wartete mit seinem Anliegen solange, wie es gemeinhin für angebracht gehalten wurde.



    Erst ein bisschen Blabla auf alte Zeiten, dann die Essensbestellung, dann noch ein bisschen Blabla, damit es nicht so auffiel. Er wollte Alec nicht überrumpeln. Doch dieser hatte den Braten sowieso von Anfang an gerochen.
    „Nun Tim, ich weiß, dass es einen Grund gab, weswegen du mich treffen wolltest“, begann er, nachdem die Kellnerin sein fad aussehendes Omelette vor ihm auf den Tisch gestellt hatte. „Worum geht’s?“
    „Ach, weißt du, meine Frau….“
    Alec verdrehte die Augen. Frauen. Damit hatte er nun wirklich gar nichts am Hut.



    „Du weißt ja, wenn die sich mal was in den Kopf gesetzt hat… na ja. Ich hab mich schon mal so ein bisschen umgehört… aber wie das eben so ist, woher weiß man, wer’s drauf hat? Die meisten wollen doch nur an dein Geld.“
    Tim schnitt ein kleines Stückchen seines Spiegeleis ab und schob es auf dem Teller hin und her.
    „Du warst doch mal in der Immobilienbranche, oder?“
    Alec sah ihn an und hob eine Augenbraue.
    „Immobilien… das ist Jahre her. Hab damit gleich wieder aufgehört.“
    „Ja ich weiß, aber ich brauche jetzt deine Hilfe. Wir wollen ein Haus kaufen.“
    „Ein Haus kaufen? Wieso kommst du damit zu mir?“
    Alec war entgeistert.



    „Weil du der Beste bist. Weil man sich auf dich verlassen kann. Weil du alles schaffst, was du dir vornimmst.“
    „Ausnahmslos, ja. Aber ich bin jetzt in der Werbung. Ich kenne von damals noch ein paar gute Makle…“
    „Ich brauche keinen Makler“, unterbrach Tim ihn, der in Wahnsinnschnelle sein halbes Essen verspeist hatte. „Ich brauche dich.“
    „Hm. Worum geht’s denn genau?“
    Man brauchte kein Genie sein, um zu wissen, dass Alec nicht sonderlich begeistert von Tims ‚Auftrag’ war, doch Tim wusste bereits, dass er ihn schon da hatte, wo er wollte. Er würde es machen.

    Danke ihr Lieben!


    Manja: Danke für dein Lob, darüber freue mich mich sehr.
    Du hast natürlich Recht, Alec und Samantha werden sich bald begegnen. Und sogar mit deiner Vermutung bzgl des Hauses liegst du richtig.Alec wird zwar nicht be ihr einziehen, aber... ach, mehr dazu im gleich folgenden Kapitel :)


    Vercula: Hoffen wir doch, dass sie sich nicht umbringt, wobei das bei schlimmen Depressionen ja nicht selten ist.
    Deine Idee mit Alec ist schön, aber ob es ihr wirklich so leicht gemacht werden wird und ob sie Paul tasächlich 'eintauschen' könnte? Wir werden sehn.
    Danke für dein Lob! :)


    Chipsi: Dankeschön! Über Lob freue ich mich immer! Die Fortstzung kommt gleich!


    FräuleinWunder: Du hast Recht, Samantha muss dringend mal wieder raus. Nur - wie soll man sie dazu bringen?


    Sabeunsski: Danke für deinen langen Kommentar :)
    Die Bilder von früher sollten nur indirekt Erinnerungen sein - viel mehr sollen sie Bilder darstellen die Samantha sich im Fotoalbum anguckt ;) Daher sind sie nicht sepia oder so, nur an den Ecken ein wenig bearbeitet, eben so 'Einschublaschen-fürs-Fotoalbum-mäßig". Sorry wenn das nicht so gut rüber kommt.
    Alec spricht man Englisch aus, also "Elleck", ja :) (Boah sieht das scheiße aus, wenn man das so schreibt :D )
    Was den Gärtner angeht: Den hatten Samantha und Paul natürlich schon früher und wieso sollte sie ihn entlassen? Sie wird ja nicht selbst rasenmähen etc und sie kann auch das Haus nicht zuwuchern lassen. Außerdem wäre sie viel zu demotiviert, ihn zu entlassen :D
    Danke für deinen Kommi!


    Gleich gehts weiter :)


    Liebe ist die stärkste Macht der Welt, und doch ist sie die demütigendste, die man sich vorstellen kann.
    (Mahatma Ghandi)


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    Samantha Louis stand mit verweinten Augen am Fenster und starrte in die Leere. Ihre dunkelblonden Haare hatte sie lieblos und unordentlich aus dem Gesicht gebunden. Sie wusste nicht, wie lange sie hier schon so stand, aber es war ihr auch egal. Sowieso war alles egal.
    Die Kirschen blühten wieder.
    Es war im Frühling 1999 gewesen, als Paul ihr in eben diesem Garten einen Heiratsantrag gemacht hatte. Damals hatte das Anwesen noch seinen Eltern gehört.


    Samantha schloss die Augen und eine heiße Träne rollte ihr über die Wange. Sie dachte an jenen warmen Frühlingsabend vor jetzt fast genau acht Jahren, an dem sie in kurzen Kleidern im Garten saßen und aßen und redeten und lachten. Nie hatte sie damit gerechnet, aber nachdem die Anderen schon weg waren, hatte er ihr einfach in die Augen gesehen und sie gefragt. Hier zwischen den elf großen Kirschenbäumen, hier im Garten des Anwesens, hier in ihrem Zuhause.



    Die Kirschen blühten so wundervoll weiß und rosa in jenen Tagen, dass sie es nie vergessen würde und jedes Jahr, wenn die Tage wieder länger wurden und die Kirschblüte anfing, dachte sie zurück an jene Zeit. Die Kirschblüte. Es war ihre Lieblingszeit gewesen, voller Gefühle, voller Liebe.
    Bis jetzt.
    Sie hasste die Bäume.
    Hasste sie dafür, dass sie einfach wieder blühten, ungeachtet Pauls Tod, ganz so, als wäre nichts gewesen. Die Romantik war dahin. Die Erinnerung auch und das Gefühl der Freude. Nichts war ihr mehr geblieben, seit Paul mit seinem BMW gegen einen Baum an der Landstraße gekracht war.




    Man wusste nicht, was passiert war. Ob er einem Tier ausgewichen war – oder einem anderen Auto. Ob er eingeschlafen war oder vor Schreck das Lenkrad verrissen hatte. Was er in seinen letzten Minuten gefühlt hatte, wo er mit seinen Gedanken gewesen war. Niemals würde sie es erfahren. Die Untersuchungen waren abgeschlossen.
    Samantha seufzte und schlurfte lust- und ziellos durch das Haus.



    Pauls Eltern waren vor einigen Jahren kurz hintereinander gestorben und seitdem hatten sie das Haus für sich gehabt. Sie hatten die alten Gemäuer und die idyllische Lage geliebt, hatten sich nicht vorstellen können, irgendwo anders zu leben. Wenn man schon so selten zu Hause war, wollte man die wenigen Stunden doch wenigstens an einem ganz besonders tollen Ort verbringen und nicht in irgendeiner ersetzbaren Stadtwohnung.
    Von Anfang an was das Gebäude viel zu groß für sie beide gewesen, aber Mieter wollten sie sich nicht antun und Kinder ebenso wenig. So ließen sie knapp die Hälfte der Räume nur leer stehen, bis sich was anderes ergab, obwohl sie beide natürlich genau wussten, dass es soweit nie kommen würde.
    Elena lebte in drei Zimmern im Erdgeschoss. Samantha hatte ihr nach Pauls Tod mehr angeboten, aber sie war genügsam und zufrieden und lehnte ab. Auch dem Gärtner hatte sie den Vorschlag des Einziehens unterbreitet, doch er zog es vor, seine alte Wohnung in der Stadt zu behalten, ohnehin war er nicht jeden Tag hier.
    Und so hatte sie jetzt alles für sich, 30 Zimmer, vier Bäder, eine Sauna und einen Pool.
    Sie hasste es.
    Was sollte sie alleine in der Sauna? Wofür hatten sie so viele Tische mit so vielen Stühlen, wenn sie alleine aß? Wie sollte sie in sechs Schlafzimmern schlafen?
    Es war viel zu viel. Viel zu groß. Aber sie dachte nicht im Traum daran, es zu verkaufen. Er war in diesen Gemäuern. Es war ein Stück von ihm, ein Stück seines Lebens. Niemals würde sie hier weg gehen.



    „Ich habe Ihnen Spiegelei mit Speck zum Frühstück gebraten“, trat Elena an Samantha heran, deren Blicke über ein schwarz weißes Bild in silbernen Rauhmen schweiften.
    „Kommen Sie, Sie sollten etwas essen.“
    Samantha sah kurz auf und Elena konnte ihre rot geweinten Augen sehen.
    Frühstück? Schon? Erst? Wie spät war es? Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Schlief dann, wenn sie konnte, wenn sie nicht konnte eben nicht und wenn sie nicht wollte eben tagelang nicht.
    „Sie haben ja schon wieder geweint.“ Mitleidig strich Elena ihrer Arbeitgeberin über den Arm.
    „Hmm… Die Kirschen blühen.“




    „Aber ja, schon seit Tagen. Gehen Sie doch mal hinaus, Sie sollten nicht immer hier drin sitzen. Es wird Ihnen sicher gut tun.“
    Sie ging nicht hinaus. Elena wusste das. Seit November ging sie nicht mehr hinaus. Nicht ein Mal. Sie würde es auch jetzt nicht tun.
    Wortlos löste Samantha ihre Blicke von dem Bild auf dem Eichentisch. Es zeigte Paul und Samantha auf ihrer Hochzeit, Elena musste es nicht anschauen, um es zu wissen.
    „Kommen Sie, das Ei wird kalt.“
    Sie verspürte keinen Hunger. Schon seit Wochen verspürte sie keinen Hunger. Würde sie nicht aus Höflichkeit Elena gegenüber ab und zu mal was essen, wäre sie schon komplett abgemagert.




    Auch so war ihr Körper ausgemergelt. Sie war nie besonders füllig gewesen, hatte immer nur Ansätze von Kurven gehabt, aber jetzt hingen ihre ehemals gut passenden Kleidungsstücke nur noch trostlos an ihren mit Haut überzogenen Knochen hinunter. Sie bemerkte es nicht, aber selbst wenn, wäre es ihr egal gewesen.