Beiträge von Nikita


    Oh Gott, dachte Chris. Wie lange gärte diese Idee schon in ihm?
    „Es muss auch nicht unbedingt die Barbie-Puppe sein, wenn dir das unangenehm ist. Wir könnten jemand anderen finden.“



    „Wirklich, Tony. Ich will niemanden anderen. Du bist alles, was ich brauche.“
    „Wirklich?“
    Sie nickte eifrig. „Lass es mich dir beweisen. Bitte, Tony, lass es mich dir beweisen.“
    „Zieh dich um.“



    Chris rannte ins Bad und schloss die Tür hinter sich. Tränen kullerten über ihre Wangen, während sie hektisch an den obersten Knöpfen ihres Kittels fingerte. „Bitte, Gott, hilf mir.“ Was sollte sie machen? Sie kannte Tony gut genug, um zu wissen, dass ihm diese neueste Idee nicht gerade erst gekommen war, sondern dass er bereits eine Weile darauf herumgedacht und den richtigen Augenblick abgepasst haben musste, sie ihr zu eröffnen. Und sie würde auch nicht wieder verschwinden. Dass er den Gedanken für den Augenblick beiseite geschoben hatte, bedeutete längst nicht, dass er ihn vergessen würde.



    Nein, dachte Chris, zog ihren Kittel über den Kopf, stieg in das durchsichtige lavendelfarbene Höschen mit dem albernen Kunstfellbesatz und zog es linkisch über ihre Hüfte. Tony würde erst von seiner neuesten, obszönen Phantasie lassen, wenn er bekommen hatte, was er wollte. „Ich kann das nicht“, flüsterte sie und hakte den schlecht sitzenden BH zu. „Ich werde es nicht tun.“



    Nur dass er sie dazu zwingen würde. Das wusste sie. Er würde sie beschimpfen und schlagen, bis sie nicht nur nachgab, sondern freiwillig darum bettelte. Hatte sie ihn nicht eben angefleht? „Du bist alles, was ich brauche“, hatte sie mehr als einmal wiederholt. „Bitte, Tony, lass es mich dir beweisen.“



    „Du widerst mich an.“ Sie spuckte ihr Spiegelbild an und beobachtete, wie ihre Spucke an dem Glas hinunterlief. „Supergirl“, höhnte sie. Was würden ihre drei Kinder am Ende des Flures wohl sagen, wenn sie ihre Mutter wie eine obszöne Comicfigur verkleidet sehen würden.



    Was soll’s, dachte sie, als sie die Badezimmertür öffnete und ins Schlafzimmer hüpfte, als würde sie von einer steilen Klippe springen. „Ich bin’s, Supermom!“, verkündete sie – sie musste von Sinnen sein. Tony würde ihre spontane Showeinlage bestimmt nicht komisch finden. Sie flirtete mit der Katastrophe, besiegelte ihr Schicksal, unterschrieb ihr eigenes Todesurteil. Hatte sie das etwa mit Absicht getan?
    Sie wappnete sich gegen Tonys Wut und seine Fäuste. Lass es uns einfach hinter uns bringen, dachte sie. Erledige mich. Du kannst es. Ein satter Tritt gegen den Kopf, und alles wäre gnädig vorüber. Die lavendelfarbene Lady beißt ins Gras!



    Doch er holte weder mit Armen noch Beinen aus, sondern starrte sie ganz ruhig mit zusammengepressten Lippen aus hohlen schwarzen Augen an. Chris blickte ihn an und begriff, dass sie sich ihrem schlimmsten Albtraum gegenübersah, dass alles, was vor diesem Augenblick geschehen war, nichts gewesen war verglichen mit dem, was nun folgen würde. „Du hältst das Ganze also für einen Witz?“, fragte er leise, gefasst und beherrscht.
    „Ich wollte bloß…“
    „Ich bin für dich bloß ein großer Witz. Ist es das?“
    „Nein. Natürlich bist du das nicht.“
    „Ruf die Barbie-Puppe an.“
    „Was?“


    es geht sofort weiter..


    „Jedenfalls lange genug, jede Wette. Was wirklich schade ist. Sie sieht nämlich verdammt gut aus, das kann ich dir sagen.“
    Chris knüllte die spärliche Reizwäsche zu einem kleinen Ball zusammen. „Und du hättest nichts dagegen, wenn ich sie anrufe?“



    „Warum sollte ich was dagegen haben? Ruf die Barbie-Puppe halt an, verdammt noch mal. Lad sie ein.“
    „Ich soll sie einladen? Wann?“
    „Wann? Was denkst du wohl? Heute Abend. Sofort.“
    „Sofort?“ Was wollte er? „Es ist schon spät, Tony. Jetzt kommt sie bestimmt nicht mehr.“
    „Aber sicher doch. Beim ersten Ton deiner Stimme ist sie schon halb auf dem Weg. Sie wird hier sein, bevor du den Hörer wieder aufgelegt hast.“



    Und was dann?, fragte Chris sich. „Und was dann?“
    „Und dann lassen wir der Natur ihren Lauf.“ Tony machte eine Pause und leckte sich anzüglich die Lippen. „Wir drei.“
    Chris schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein Ernst sein.



    Wollte er wirklich einen Dreier mit ihr und ihrer besten Freundin vorschlagen? Und dachte er ernsthaft, dass auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass Barbara einwilligen könnte?
    „Wo liegt das Problem, Chrissy? Möchtest du deine kleine Freundin ganz für dich allein behalten?“



    „Das kann nicht dein Ernst sein“, flüsterte Chris, obwohl sie nichts lieber getan hätte, als nach dem Telefon zu greifen und ihre Freundin anzurufen, und sei es nur, um ihre Stimme zu hören.
    „Hat deine Mutter dir nicht beigebracht, dass man mit anderen teilen soll? Hat sie dir nicht erklärt, dass es unhöflich ist, dein Spielzeug ganz allein für dich zu behalten?“
    „Das ist doch verrückt, Tony.“



    „Wie bitte? Was hast du gesagt?“ Er legte den Kopf zur Seite. „Was ist hier los, Chrissy? Muss ich dir eine Lektion erteilen? Willst du mich dazu zwingen?“
    Chris blickte panisch von einer Wand zur anderen, auf ihrer Stirn und Oberlippe standen Schweißtröpfchen. „Pass auf, ich ziehe dieses hübsche Outfit an, das du mir gekauft hast.“ Sie entknüllte die Wäsche und hielt sie an ihre Hüften. „Wir brauchen doch niemand anderen, um unseren Spaß zu haben.“



    „Ich sehe doch, wie du anderen Frauen nachblickst. Ich weiß, dass du das auch gern mal ausprobieren würdest. Ich versuche bloß, nett zu dir zu sein.“
    „Du bist der Einzige, den ich will, Tony.“
    „Wirklich?“
    „Das weißt du doch.“



    „Manchmal habe ich nämlich das Gefühl, dass ich nicht angemessen gewürdigt werde“, sagte er, als würde er mit sich selbst sprechen. „Manchmal mache ich mir all die Mühe und nehme mir all die Zeit, nur um dir etwas Nettes zu kaufen“ – er wies auf die zerknitterte Reizwäsche in Chris’ Hand -, „Und du wirkst gar nicht so richtig glücklich. Deswegen bin ich ja auf den Gedanken gekommen, dass du vielleicht glücklicher wärst, wenn wir noch eine dritte Person in unser Liebesspiel einbeziehen würden.“


    FS folgt sofort...


    Chris zwang sich, die Augen wieder zu öffnen, obwohl sie auch so gewusst hätte, was es war. Ihre Schubladen quollen über von billigen schwarzen Bodys, mit rüschenbesetzten Strumpfhaltern und Strümpfen und unbequemen roten Bustiers. Tony kaufte regelmäßig Reizwäsche für sie und bestand darauf, dass sie darin wie ein Penthouse-Model für ihn posierte, was immer das Vorspiel für zunehmend abartigen Sex war.



    Was um alles in der Welt hatte er heute Abend für sie in petto? Chris starrte auf den durchsichtigen, lavendelfarbenen Push-up-BH mit Slip, beide mit Kunstfell besetzt. Das kann nicht sein Ernst sein, dachte Chris und hätte vielleicht tatsächlich gelacht, wenn sie nicht so entsetzt gewesen wäre. „Das kann ich nicht tragen“, sagte sie, bevor sie die Worte zurückhalten konnte.



    Tony war sofort aufgesprungen und kam auf sie zu. „Warum nicht? Gefällt es dir nicht?“
    Chris trat vorsichtig den Rückzug an. „Es ist zu klein, Tony. Das sehe ich auf den ersten Blick.“
    „Zu klein ist ja der halbe Spaß.“ Er drückte sich an sie und fuhr mit den Händen zwischen ihre Beine. „Komm schon, Chris. Zieh es an.“



    Chris wartete, bis er seine Hand weggezogen hatte, und schlurfte unsicher ins Bad. Was war los mit ihr? Warum machte sie ihm das Leben so schwer? Sie zog das Unvermeidliche bloß in die Länge. Hatte sie denn immer noch nichts gelernt?
    Als sie auf der Schwelle zum Bad stand, ließ Tonys Stimme sie innehalten. „Ich habe über deine Freundin Barbara nachgedacht.“



    Chris drehte sich langsam um, zu verschreckt, um zu antworten. Wo kam das jetzt wieder her?
    „Ich bin ihr vor ein paar Wochen zufällig begegnet. Habe ich dir das nicht erzählt?“
    „Du hast Barbara gesehen?“
    „Habe ich vergessen, das zu erwähnen?“
    Chris nickte, obwohl sie wusste, dass Tony nie etwas vergaß. „Wie geht es ihr?“
    „Sie sieht toll aus.“



    Chris lächelte, stellte sich ihre Freundin vor und fragte sich, wie die Jahre sie verändert hatten. „Was hat sie gesagt? Hat sie nach mir gefragt?“
    „Was hat sie gesagt? Hat sie nach mir gefragt?“, äffte Tony sie höhnisch nach. „Hör dir doch mal selber zu. Man könnte glauben, ihr hättet was miteinander, so wie du redest.“
    „Ich wollte bloß…“
    „Warum rufst du die Barbie-Puppe nicht mal an?“, schlug Tony unvermittelt vor.



    „Was?“ Sie musste ihn falsch verstanden haben.
    „Ruf sie doch mal an, wenn es dich so brennend interessiert, wie es ihr geht.“
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Sie muss doch ziemlich einsam sein, allein in dem hässlichen alten Haus und nur einen Teenager zum Reden. Wahrscheinlich sehnt sie sich mittlerweile verzweifelt nach männlicher Gesellschaft. Was meinst du, wie lange es her ist, dass es ihr jemand besorgt hat?“



    Chris sagte gar nichts, während ihre Gedanken vorauseilten, um zu ergründen, worauf dieses Gespräch hinauslaufen sollte.
    „Wie lange?“, wiederholte Tony.
    „Ich weiß nicht.“


    Geht sofort weiter..

    Huhu,
    ein großes Danke an all meine Leser, besonders an meine Kommentierer ina, timo, JJsMama, DawnAngel, Sunnivah, Smeagol, Simplayer_w, Ballack_Girl, Wildkatze, Avia (Sunnysim *g*) und GinnieW Ihr seid einfach klasse!



    Kurz nach den Elf-Uhr-Nachrichten verkündete Tony, dass es Zeit wäre, schlafen zu gehen. Montana stöhnte, leistete jedoch ansonsten keinerlei Widerstand. Die Jungen waren schon in ihren Zimmern, obwohl Chris bezweifelte, dass Wyatt schlief. Sie stellte sich lächelnd vor, wie er unter der Bettdecke im Dunkeln manisch auf den Knöpfen seines Gameboys herumdrückte.



    Hast du unter deiner Decke noch Platz für mich, fragte sie stumm und wünschte sich, ebenso einfach zu verschwinden. Doch für sie gab es nirgendwo einen Platz. Das wusste sie. Dafür hatte Tony gesorgt. Vor allem im Leben ihrer Kinder nicht. Für sie war sie kaum mehr als eine hochgejubelte Haushälterin, jemand, den sie entweder herumkommandierten oder gar nicht beachteten.



    Bei den Jungen überraschte Chris das nicht – sie hatte mehr oder weniger erwartet, dass sie sich am Vorbild ihres Vaters orientieren würden. Wyatt war mittlerweile sieben, und auch wenn er nach wie vor zu ihr kam, wenn irgendetwas schief lief, wusste sie, dass das bald aufhören würde. Sie spürte schon jetzt, dass sie ihn verlor. Noch sechs Monate, vielleicht ein Jahr – und er würde weg sein. Rowdy war nie ihr Kind gewesen, wie sie traurig begriff. Seit dem Tag, an dem er sich grob aus ihrem Leib gedrängt hatte, war er der Sohn seines Vaters gewesen.



    Montana war die größte Überraschung für Chris. Sie hatte sich immer an die Vorstellung geklammert, dass Montana die Manipulationen ihres Vaters, seine wenig subtilen Drohungen und offenen Misshandlungen durchschauen würde. Vielleicht nicht in Rowdys oder sogar Wyatts Alter. Doch mittlerweile musste Montana doch groß genug sein, um zu begreifen, was wirklich los war.



    Trotzdem schluckte sie unbekümmert jede traurige Geschichte über Chris’ angebliche Ungeschicklichkeit, akzeptierte fraglos, dass ihre Mutter eben einfach zu Unfällen neigte, wobei sie die Beweise vor ihren eigenen Augen ebenso ignorierte wie die Furcht in Chris’. Sie hatte wenig Geduld und noch weniger Mitleid mit der Not ihrer Mutter. Wenn Montana überhaupt mit irgendwem sympathisierte, dann mit ihrem Vater. Wie konnte das sein?



    Chris erinnerte sich an einen Zeitungsartikel darüber, dass weibliche Geschworene häufig weniger Mitleid mit Vergewaltigungsopfern hatten als ihre männlichen Kollegen. Damit würden sich die Frauen von dem Opfer distanzieren, behauptete der Artikel. Wenn weibliche Geschworene eine Möglichkeit fanden, das Opfer zumindest teilweise für die Tat verantwortlich zu machen, gab ihnen das ein Gefühl größerer Sicherheit und bestätigte sie in der vermeintlichen Gewissheit, dass ein derart schreckliches Schicksal sie niemals treffen konnte.



    Sympathisiere mit dem Opfer und du fühlst dich verwundbar. Identifiziere dich mit dem Täter und du fühlst dich stark. Fühle dich hilflos oder mächtig – das war die Wahl, die sie ihrer Tochter ließ.
    Kein Wunder, dass Montana sich auf die Seite ihres Vaters schlug. Was sollte sie auch sonst tun?



    „Nun, worauf warten wir noch?“, fragte Tony später im Schlafzimmer und beobachtete, wie Chris das kleine Päckchen in ihrer Hand hin und her wendete. „Mach es auf.“
    Chris riss das grell violette Seidenpapier mit dem leuchtenden rosafarbenen Schriftzug Hot Times auf und schloss die Augen. Bitte, lass es bloß einen Schal sein, betete sie und hätte beinahe laut gelacht. Wer hatte gesagt, sie hätte keinen Humor?
    „Gefällt es dir?“


    Der nächste Teil kommt sofort...

    Hihi, na Lola scheint es ziemlich Spaß zu machen, Ermittlungen über Tobias einzuziehen. Ein französisches Weingut hätte ich auch gerne in der Toskana *lach* Wär mal was anderes.
    Rosa... *lach* Hoffentlich fällt sie nicht auf die Schn... mit ihrem Mykonos.
    Ich freu mich ganz arg auf den nächsten Teil
    LG
    Nikita


    Doch nach einer Weile hatte es ihn gelangweilt, er hatte sie sich selbst überlassen, und Chris hatte festgestellt, dass sie das Ritual, Tonys Hemden von Hand zu waschen, inzwischen regelrecht genoss. Das warme Wasser an ihrer Haut, die gleichmäßige Bewegung ihrer Finger, die sich mühten, die Schweißflecken aus den Kragen zu schrubben, der feine Rhythmus der nassen Baumwolle, die gegen den Beckenrand klatschte. Der Frieden und die Ruhe, das Glück des Alleinseins. Der Waschraum war zum einzigen Ort geworden, an dem sie sich sicher fühlte, zum einzigen Raum, den sie ihren eigenen nennen konnte.



    Ein Zimmer für sich allein, dachte sie und erinnerte sich an den Roman von Virginia Woolf. Susan hatte ihn ihr geliehen, und sie hatte ihn gierig verschlungen. Wie viele Jahre war das jetzt her? Ein ganzes Leben lang. In einem anderen Leben, in dem sie weder dumm noch nutzlos gewesen war. Ein Leben, in dem es Bücher, Filme und Spaß gegeben hatte. Ein Leben, in dem sie Humor gehabt hatte, Leute zum Lachen bringen konnte und auch selbst gelacht hatte. Ich hatte einmal so ein Leben, erinnerte sie sich, während sie die Seife aus Tonys Hemden wrang. Ich hatte Spaß. Ich hatte Liebe. Ich hatte Freundinnen.



    Die Grandes Dames, dachte Chris lächelnd und stellte sich die vier jungen Frauen vor, die unsicher auf dem Rand des Sandkastens in dem kleinen Park am Ende der Grand Avenue hockten. Was ist nur aus uns geworden?



    Sie hielt sich weiter auf dem Laufenden über sie. Wichtige Einzelheiten ihres Lebens drangen aus der Ferne zu ihr durch, sporadisch und bruchstückhaft wie in einem Traum. Gelegentlich las sei in der Zeitung von Vickis Heldentaten, hörte in den Abendnachrichten von Jeremys neuestem Coup. Im Wartezimmer der Notaufnahme hatte sie einmal Susans Namen im Impressum einer alten Ausgabe von Victoria entdeckt. Tony hatte voller Schadenfreude von Barbaras Scheidung berichtet. Chris hatte geweint, weil sie sich vorstellen konnte, was Barbara durchmachen musste, und sich gewünscht, ihrer Freundin helfen zu können, obwohl sie wusste, dass sie das nicht konnte. Wie auch, wenn sie nicht einmal sich selbst helfen konnte?



    Chris legte Tonys feuchte Hemden auf die Waschmaschine, ließ das Seifenwasser aus dem Becken ablaufen und beobachtete, wie die letzten Seifenblasen um den Abfluss tanzten, bevor sie ins Nichts gesogen wurden. Genauso mühelos war ihr ihr eigenes Leben entglitten, dachte sie. Es war vor ihren eigenen Augen verschwunden.



    „Was machst du da drinnen, Chris?“, hörte sie Tony rufen. „Wie lange brauchst du denn, um ein paar Hemden zu waschen?“
    „Ich bin fast fertig.“ Chris ließ eilig das kalte Wasser laufen, um die Hemden auszuwaschen.
    „Ich habe ein bisschen Hunger. Meinst du, du könntest deinem Mann ein Sandwich machen?“
    „Sofort.“
    „Und achte darauf, dass du die Kragen nicht so verknitterst wie beim letzten Mal.“



    Hektisch bemühte sich Chris, die Falten aus den Kragen von Tonys Hemden zu pressen, doch es waren alte Hemden, die leicht knitterten. Egal, wie sorgfältig sie sie wusch und bügelte, die Kragen knitterten trotzdem. „Diese verdammten Hemden“, flüsterte sie und spürte aufkommende Panik, während ihre Finger vergeblich den widerspenstigen Stoff durchkneteten. „Diese verdammten blöden Hemden.“



    Tony klopfte an die Tür. „Chris, was machst du denn da drinnen, Schatz?“ Die Tür ging auf, und er ging hinein. Er lächelte. Chris hielt den Atem an. „Ich habe dir ein kleines Geschenk besorgt“, sagte er, und sein Lächeln wurde verschlagen.
    „Ein Geschenk?“
    „Für später.“
    Chris spürte, wie ihr Mund trocken wurde und ihr Herz schneller zu schlagen begann.
    „Ich lege es aufs Bett.“
    Chris nickte.
    „Beeil dich mit den Hemden“, sagte er.


    Das war's wieder.
    Bin mal gespannt, was ihr zu Chris' Leben sagt.
    Bis bald
    Eure Nikita


    „Halt’s Maul, Schwachkopf“, befahl Wyatt, und einen Moment glaubte Chris, er würde sie vielleicht verteidigen. Sie drehte sich mit dankbarem Blick um, doch Wyatt hielt seinem kleinen Bruder nur wütend seinen Gameboy vor die Nase. „Wegen dir habe ich mich vertan! Du vermasselst immer alles!“



    „Mami!“, protestierte Rowdy, rannte auf sie zu und prallte gegen ihre Knie, sodass ihr Tonys Hemden aus der Hand glitten und zu Boden fielen.



    Sofort stand Tony vor ihr und zerrte den sich an sie klammernden Jungen gewaltsam weg. „Bist du etwa ein Muttersöhnchen – rennst zu Mami, statt dich zu wehren? Los, geh wieder hin und gib deinem Bruder eins auf die Nase.“
    „Tony!“



    „Ich dachte, du hättest Wäsche, um die du dich kümmern musst“, sagte Tony, während Rowdy zurück rannte, um seinen Bruder herauszufordern. Während sie sich bückte, um die Hemden wieder aufzuheben, beobachtete Chris ängstlich, wie sich zwischen den beiden Jungen eine Balgerei entwickelte.



    Tony lächelte und gab ihr im Weggehen einen verspielten Klaps auf den Hintern. Wahrscheinlich hat er für später etwas Besonderes im Sinn, dachte sie, betrat die Waschküche und zog die Tür hinter sich zu, um den Streit der beiden Jungen nicht mit anhören zu müssen. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis Montana ihre Bücher auf den Tisch knallte, frustriert aus dem Zimmer rannte, und ihre Mutter anschrie: „Was ist los mit dir? Kannst du denn gar nichts richtig?“ Und was sollte sie antworten? Nichts. Sie war so nutzlos, wie alle behaupteten.



    Chris ließ das warme Wasser laufen und senkte die Hemden ihres Mannes in das Becken neben der Waschmaschine. Schon vor geraumer Zeit hatte Tony entschieden, dass die Wäscherei eine unnötige Ausgabe war und er seine Hemden lieber von Hand gewaschen und gebügelt hätte. Chris hatte jede Menge Freizeit, es gab also keinen Grund, warum sie die Wäsche seiner Hemden nicht in die tägliche Hausarbeit einbeziehen konnte.



    Er hatte auf Handwäsche bestanden, obwohl sie ihm die Waschanleitung gezeigt hatte, die besagte, dass man die Hemden auch problemlos in der Maschine waschen und trocknen konnte. Die Diskussion endete mit einer schallenden Ohrfeige, die ihre Augen in ihren Höhlen wackeln ließ und einen dicken Striemen auf ihrer Wange hinterlassen hatte, der erst nach drei Tagen wieder verschwunden war.



    Anfangs hatte Tony ihr beim Waschen zugesehen und jede ihrer Handbewegungen kritisiert. Das Wasser war entweder zu heiß oder zu kalt, sie benutzte entweder zu viel oder nicht genug Waschmittel, sie bearbeitete die Flecken entweder zu behutsam oder zu heftig. Und was überhaupt los sei mit ihr, kriegte sie denn gar nichts auf die Reihe?


    Es kommt sofort noch ein Teil :-)


    Auf dem untersten Treppenabsatz angekommen schob Chris ihre nackten Füße tiefer in die fusseligen Pantoffeln und lächelte ihre Kinder an, die in dem Wohnzimmer um ihren Vater hockten. Montana machte ihre Hausaufgaben; Wyatt spielte mit einem Gameboy; Rowdy saß auf dem Boden und guckte Roseanne.



    „Wohin gehst du?“, fragte Wyatt mit der Stimme seines Vaters und sah Chris vorwurfsvoll an.
    „Wäsche.“ Chris hielt beinahe wie zum Beweis die drei Hemden in ihrem Arm hoch.
    „Das kannst du auch später noch machen, Schatz“, sagte Tony und streckte einen Arm aus. „Warum setzt du dich nicht zu uns und entspannst dich einen Moment.“ Er klopfte neben sich auf das Sofa. „Komm schon, Chrissy. Die Wäsche läuft dir nicht weg.“



    Er klingt so rücksichtsvoll, vernünftig und liebevoll, dachte Chris. Wenn sie nur lernen könnte, ihn nicht zu provozieren, wäre alles in Ordnung. Sie könnten wieder glücklich sein wie zu Beginn ihrer Ehe. Chris schloss die Augen und versuchte, sich zu erinnern, wann sie zuletzt etwas Ähnliches wie Glück empfunden hatte.



    „Was ist los, Chrissy? Willst du deinem Mann keine Gesellschaft leisten?“
    Chris hörte die unterschwellige Drohung in der leisen Stimme ihres Mannes. Aber da war keine Drohung. Sie hörte Gespenster, genau wie Tony immer sagte. Sie legte ihm Worte in den Mund, zog voreilig falsche Schlüsse und machte sich selbst das Leben schwer.



    Unfähig, sich zu rühren, stand Chris da. Sie verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen, ihr ganzer Körper schwankte unsicher hin und her, während sie ihre im Wohnzimmer versammelte Familie betrachtete. Wo pass ich da hinein?, fragte sie sich. Gibt es denn nirgendwo einen Platz für mich?
    „Wie du willst“, zog Tony seine Einladung zurück und wandte sich wieder dem Fernseher zu.



    Chris blieb weiter wie angewurzelt stehen und versuchte zu entscheiden, welcher Schritt später die geringsten Auswirkungen nach sich ziehen würde.
    „Worauf wartest du?“, wollte Tony tonlos wissen, ohne den Blick vom Fernseher zu wenden. „Auf Weihnachten?“
    Rowdy bekam einen kindlichen Lachanfall. „Weihnachten!“, wiederholte er fröhlich. „Worauf wartest du? Weihnachten?“



    Weihnachten, wiederholte Chris stumm. Bisher hatte sie kaum einen Gedanken daran verschwendet, dabei waren es nur noch drei Wochen, das Fest stand praktisch vor der Tür. Vielleicht konnte sie Tony überreden, ihr ein bisschen zusätzliches Geld zu geben, damit sie ihren Freundinnen eine Karte schicken konnte. Sie hatte sie so lange nicht gesehen. Sie hatten keine Ahnung, wo sie war, dass sie noch immer im Großraum Cincinnati wohnte. Dass sie noch lebte.



    „Wenn du die Hemden wäschst“, sagte Tony, als sie sich schließlich abwandte, um zu gehen, „kannst du gleich den Kittel mitwaschen, den du trägst. Du siehst echt scheiße aus.“
    „Scheiße!“, wiederholte Rowdy laut. „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“


    Sofort geht's weiter..

    Hey ihr,
    vielen lieben Dank für eure Kommentare!! Freu mich wirklich immer riesig darüber!
    *timo* - Ich tu mein bestes ;-)
    jazzlyn - Ich weiß nicht, ob du noch jubelst, wenn du erfährst wie es Chris geht..
    Sunnivah - Autsch, du sollst dich doch nicht auf sowas setzen. Tut doch weh *schnell nen Eimer kaltes Wasser hol*
    GinnieW - Hui, so ein schönes Lob hab ich schon lange nicht mehr bekommen *freu*
    sinni - Stimmt, Chris lässt sich wirklich unterbuttern
    @Ballack_Girl - *lach* War aber keine Absicht ;-)
    DawnAngel - Oh ja, wegen den Bildern werd ich nochmal graue Haare bekommen *lach* Ist manchmal echt ganz schön anstrengend, aber schön, dass sie dir gefallen *freu* Da lohnt sich das wenigstens
    @Federwolke - Dein Lebenszeichen ist angekommen ;-)
    Simplayer_w - Da bist du nicht die Einzige, die Tony hasst ;-)
    ina - *gg* Die Menschen dort sind halt schon abgehärtet *lach*
    @JJsMama - Oh, das will ich aber nicht, dass du nicht schlafen kannst *schnell weitermach*
    @Smeagol - *lach* Ich seh schon, deine kriminelle Fantasie geht wieder mit dir durch ;-)
    Wildkatze - Ohje, du Arme. Drei Wochen ohne Internet? Da kann ich mir echt was Besseres vorstellen.. *tröstknuddel*



    Chris ging vorsichtig die Treppe hinunter. Sie nahm sich Zeit und machte nach jedem Schritt eine kleine Pause. Dabei atmete sie flach, weil ihr das am wenigsten Schmerzen bereitete, und blickte, Tonys Hemden an ihre geprellten Rippen gedrückt, weder nach links noch nach rechts, sondern nur auf die Pantoffeln an ihren Füßen.



    Sie wollte auf keinen Fall ausrutschen, einen weiteren Sturz durfte sie nicht riskieren. Hatte sie das nicht den Ärzten bei ihrem letzten Besuch in der Notaufnahme erzählt – sie sei auf dem vereisten Boden ausgerutscht und die Treppe vor dem Haus hinuntergestürzt?



    „Sind Sie sicher?“, hatte der junge Assistenzarzt sie leise gefragt, der Erste, der ihre mittlerweile gut eingeübte Geschichte angezweifelt hatte. „Sind Sie ganz sicher, dass Ihnen das nicht irgendwer angetan hat?“ Er hatte durch die Gardine in den Flur geblickt, wo Tony ungeduldig auf und ab lief, sodass seine dumpfen Schritte im Korridor widerhallten. Sie wusste, dass Tony zuhörte. Er lauschte und wartete. Darauf, dass sie einen Fehler machte und etwas Falsches sagte.



    Das tat sie jedes Mal.
    Das Einzige, worin sie ihn nie enttäuschte.
    „Ich bin auf dem vereisten Boden ausgerutscht“, beharrte sie, als der junge Arzt wissend die Stirn runzelte. „Niemand hat mir das angetan.“



    „Was sollte denn das alles?“, hatte Tony auf der Heimfahrt wissen wollen. „Du warst fast eine halbe Stunde bei dem Typ drin. Was zum Teufel war da los?“
    Chris hatte aus dem Seitenfenster gestarrt und nichts gesagt.



    „Was? Jetzt redest du nicht mehr mit mir? Ich chauffier deinen tölpelhaften Ar*** ins Krankenhaus, und du redest nicht mehr mit mir? Was ist los, Chris? Leer gequatscht? Hat dich dein neuer Freund so ermüdet, dass du nicht mehr mit deinem Mann reden kannst? Was ist das überhaupt mit dir? Musst du jedem Typ nachlaufen, den du triffst? Musst du mich so beschämen? Was zum Teufel ist los mit dir?“



    „Es tut mir Leid.“ Und dann hatte sie in Gedanken bereits versucht, sich gegen die garantiert folgende Brutalität zu wappnen. Der Gedanke an sie mit einem anderen Mann schien ihn zu erregen. Er benutzte seine unbegründeten Vorwürfe als Stimulans. Solche Tiraden waren nur das Vorspiel. Der folgende Geschlechtsverkehr war meist gewalttätig und gemein, seine Faust auf ihrem Mund, um ihre Schreie zu ersticken. Es spielte sowieso keine Rolle. Es hörte sie ohnehin nie jemand.



    Seit sie Mariemont verlassen hatten, waren sie häufig umgezogen, hatten zunächst ein Haus in Batavia, dann ein anderes in Anderson Township, eins in Amelia und nun dieses Haus in Richmond gemietet. Je weiter sie von ihren Freundinnen wegzogen, desto schlimmer wurden seine Misshandlungen, als ob Tony, nachdem er sich nun unbeobachtet fühlte, frei war, seine ganze Brutalität herauszulassen. Und warum auch nicht? Es war niemand da, der ihn daran hätte hindern können.


    Sofort kommt der nächste Teil..

    Uiuiui, Rosa ist ja eine ganz Schlimme *lach* Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut ;) Mein Mitleid mit Sydney hält sich aber ziemlich in Grenzen *g*
    Ich weiß jetzt gar nicht, was ich noch schreiben könnte. Dass deine Story toll ist, das weißt du ja schon ;)
    LG
    Nikita

    Hey, wieder eine klasse Fortsetzung!!
    Ich finde es ehrlich gesagt, nicht mal so schlecht, dass sich diese Betty an Jason ranmacht. Wenn er dann noch darauf anspringt, wäre es perfekt. Dann würde Nana endlich mal sehen, dass dieser Typ nichts für sie ist, ihn in den Wind schießen und sich voll und ganz auf Ryan konzentrieren :D Also enttäusch mich nicht, denn das liegt ja in deiner Hand ;)
    LG
    Nikita

    Ich kann mich nur den anderen anschließen. Jason hat Nana doch überhaupt nicht verdient, verdient hat sie nur einer *g* Ich denke, jeder weiß wen ich damit meine. Dieser Typ führt sich einfach unmöglich auf. Er kann doch nicht erwarten, dass sich Nana für seine unterbelichteten Freunde sowas von aufbrezelt, nur damit die was zu gaffen haben. Tzzz, ich sag nur: Nana, schieß den Typen in den Wind. Zum Glück ist jetzt Lucas dahinter. Der schafft das bestimmt *hoff*
    Connors Reaktion auf Kiki war richtig süß *g* Die beiden haben sich gesucht und gefunden. Ich freu mich für die beiden, sollten sie tatsächlich heiraten.
    Superklasse Fortsetzung!
    LG
    Nikita

    Na, Irina Derevko hat ja ganz schön was auf dem Kasten ;) Der Style ist auch nicht zu verachten *grins* Und aufs Abendessen mit Tobias freu ich mich auch schon. Wird bestimmt wieder superlustig ;)
    Die Bilder sind einfach toll geworden! Die ganze Story ist toll!
    LG
    Nikita


    „War kaum zu übersehen, Schätzchen.“ Tony lachte. „Ein paar Mal dachte ich schon, ich hätte dich verloren, aber das muss ich dir lassen, du bist immer drangeblieben. Das mag ich bei Frauen.“
    „Wo ist Chris?“, fragte Barbara, ohne seinen höhnischen Ton und seinen lüsternen Blick zu beachten.



    „Chris ist zu Hause, wo sie hingehört, passt auf ihre Kinder auf und kocht ihrem Mann das Abendessen. Bist du mir deswegen gefolgt? Hattest du gehofft, einen Blick auf meine Braut zu erhaschen? Und ich dachte schon, es wäre meine animalische Anziehungskraft, die dich so heiß erregt hat.“



    Sein Grinsen wurde breiter, und er beugte sich näher zu ihr. „Ich hätte nichts dagegen, dich mal ganz heiß und erregt zu sehen.“
    „Fahr zur Hölle.“



    Tony erstarrte. „Fahr nach Hause. Kümmer dich um deinen eigenen Kram. Wenn man seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten steckt, kann einem alles Mögliche zustoßen.“
    „Willst du mir drohen?“, fragte Barbara ungläubig.



    Doch Tony war schon auf dem Weg zu seinem Wagen, drehte sich allerdings noch einmal um und rief ihr etwas zu. Eine halbe Sekunde später erreichte die Botschaft ihre Ohren: „Fahr vorsichtig.“


    Das nächste Mal geht's dann mit Chris weiter.
    Freu mich auf eure Kommentare :)
    Liebe Grüße
    Eure Nikita


    Und dann war er wieder da, fädelte sich in einem alten blauen Auto in den Verkehr ein und bog rechts ab. Barbara schnitt einen schwarzen VW, dessen Fahrer ihr wütend den Stinkefinger zeigte, und überholte einen weiteren Wagen auf der rechten Spur. Tony bog erneut rechts ab. Ehe Barbara sich versah, hatten sie den Fountain Square-District verlassen und waren auf der Gilbert Avenue. Sie fuhren an dem Bus-Terminal vorbei, ließen Mount Adams links liegen und hielten direkt auf das 75 Hektar große, malerische, historische Viertel von Eden Park zu.



    Was machte Tony hier draußen?, fragte Barbara sich, als sie den Wasserspeicher umrundeten und den Murray-Seasongood-Pavillon passierten, der 1959 zu Ehren eines ehemaligen Bürgermeisters errichtet worden war. Weiter ging die Fahrt vorbei am Cincinnati Art Museum, dem Wasserturm in Eden Park, einer Sehenswürdigkeit des Ohio Valley, die seit 1908 nicht mehr in Betrieb war, dem Konservatorium und den steinernen Adlern, die die alte Arch Bridge zierten, bis sie schließlich den Eingang des Eden Park unweit von Twin Lakes erreichten.
    Twin Lakes war früher ein Steinbruch gewesen, und diverse Klippen boten eine phantastische Aussicht auf den Ohio River, vor allem im Frühling und Sommer. Doch um diese Jahreszeit waren die Bäume kahl und die Bürgersteige dreckig. Keine Kinder spielten am Ufer, und nur hin und wieder kam ein Jogger vorbei. Was wollte Tony hier?



    Sie fuhren auf dem Victoria Parkway am Edgecliff College vorbei, weiter über die Madison Road mit ihren prachtvollen alten Kirchen, der Summit Country Day School und dem Cincinnati Country Club, bis sie zuletzt das Viadukt an der Grandin Road in Mt. Lookout erreichten. Wollte Tony hier halten und die Aussicht genießen? Und was würde sie dann machen?



    Doch das wollte er nicht. Tony fuhr weiter die Grandin Road hinunter in eine wunderschöne Wohngegend mit geräumigen Häusern, kleinen Wäldern und einem herrlichem Blick auf den Fluss. War es möglich, dass er und Chris hier wohnten? Barbara hielt den Atem an. War es möglich, dass er sie zu Chris führte?



    Doch sie fuhren vorbei an den schönen Häusern und parkartigen Gärten zu einem Picknickplatz auf einer Hügelkuppe im Alms Park, wo sie wendeten. Ein paar Ecken vor der Auffahrt auf den Columbia Parkway hielt Tony am Straßenrand und schaltete den Motor ab, bevor er ausstieg und auf sie zukam.
    Barbara erstarrte. Einen wahnsinnigen Augenblick lang überlegte sie, ihn zu überfahren, dann erwog sie die Flucht zu Fuß, tat jedoch keines von beiden, sondern schaltete stattdessen die Automatik auf Parken, kurbelte das Fenster herunter und betrachtete das feiste Grinsen in Tonys Gesicht. Nicht auszudenken, dass sie ihn je auch nur ein bisschen attraktiv gefunden hatte. Ein Rohdiamant, waren sich die Frauen einmal einig gewesen.



    „Hallo, Barbie.“ Die Worte schienen auf weißen Atemwölkchen auf sie zuzufliegen. „Hat dir die Rundfahrt gefallen? Normalerweise nehme ich Geld dafür.“
    „Du hast gewusst, dass ich dir folge?“, sagte Barbara ebenso sehr zu sich selbst wie zu Tony.


    Noch ein kleiner Teil...


    Was war mit ihr los? Warum konnte sie nicht wie Susan sein, die schwierige Situationen spielend meisterte, oder Vicki, die frontal darauf zuging und sich irgendwie durchboxte? Oder Chris, die jede Entbehrung und Demütigung, die ihr zugemutet wurde, einfach hinzunehmen schien. Oh Gott, die arme Chris. Die arme, süße, wunderbare Chris.



    Warum dachte sie in letzter Zeit so häufig an sie? Lag es daran, dass in einem Monat Weihnachten war und Chris sich immer so auf die Feiertage gefreut hatte? Der Verlust von Chris war wie eine Amputation gewesen. Das Bein war vor Jahren abgetrennt worden, doch der Phantomschmerz quälte sie bis heute.



    Das würde auch erklären, warum sie anfing, Gespenster zu sehen. Als sie Saks mit Weihnachtsmusik in den Ohren verlassen hatte und auf der anderen Straßenseite einen Fremden sah, spielte ihr Verstand ihr einen Streich. Die Gedanken an Chris wirbelten noch durch ihren Kopf wie die Schneeflocken, die ihr der Wind in die Augen wehte, und plötzlich malte die grelle Sonne Tonys Züge auf das Gesicht dieses Fremden, der kurz darauf in der Menge verschwand. Die Erscheinung verblasste ebenso schnell wieder, wie sie aufgetaucht war.
    Natürlich war es nicht Tony.



    Doch dann war er plötzlich wieder da, als sie mit dem Wagen von dem Parkplatz kam. Und diesmal war er es unverkennbar – ein gemeiner, bösartiger, kleiner Mann. „Mein Gott“, hauchte Barbara mit klopfendem Herzen, und ihr Atem beschlug die Windschutzscheibe. „Was soll ich jetzt machen?“, flüsterte sie, bremste ab, fuhr ihm Schritttempo weiter und senkte den Kopf, falls Tony herübersah und sie bemerkte.



    Mit langen, selbstsicheren Schritten bog er in die 6th Street. Barbara folgte ihm in einigen Abstand und hielt am Straßenrand, als er kurz stehen blieb, um sich einen offenen Schuh zuzubinden. Er trug natürlich keine Stiefel, dachte Barbara verächtlich. Dafür war er ein zu verdammter Macho.



    Wo wollte er hin? Und wie lange wollte sie ihm folgen?
    Tony bog links ab. Sie waren nun mitten im Hoteldistrikt. War es denkbar, dass er in einem dieser Hotels wohnte? Ich sollte wahrscheinlich besser aussteigen und ihn zu Fuß weiterverfolgen, dachte Barbara, entschied jedoch, dass das eine dumme Idee war. Sie würde nie mit ihm Schritt halten, schon gar nicht auf diesen hohen Absätzen, und was wollte sie machen, wenn er plötzlich in seinen Wagen stieg und wegfuhr?



    Barbara erkannte, dass sie wieder vor Saks gelandet waren. Warum? Wohin wollte er? Spazierte er im Kreis? Hatte er bemerkt, dass sie ihm folgte? Barbara duckte sich und trat auf die Bremse. Der Mann in dem Wagen hinter ihr tat sein Missfallen durch lautes Hupen kund. Barbara atmete gepresst aus, ihre Brust schmerzte. Sie hatte Angst, sich aufzurichten und den Blick zu heben. Was, wenn Tony neben dem Wagen stand? Was, wenn er in diesem Moment dort stand und mit diesem schrecklichen selbstzufriedenen Grinsen auf sie herabblickte?



    Hinter ihr hupten weitere ungeduldige Fahrer. Wie eine Schildkröte, die unter ihrem Panzer hervorlugt, hob Barbara langsam den Kopf. Tony war weg. „Scheiße“, rief sie, schlug mit der Hand auf das Lenkrad und lauschte entsetzt dem eigenen lauten Hupen, das die Luft zerriss.


    Geht sofort weiter...

    Huhu,
    nachdem ich am Wochenende von London heim gekommen bin, geht's jetzt weiter. Zuerst noch ein dickes Dankeschön an Timoha, JJsMama, DawnAngel, Smeagol, Smeagol, Ballack_Girl, ina, jazzlyn, Sunnivah und Simplayer_w



    Sie kam gerade aus Saks, als sie ihn sah.
    Nein, sagte Barbara sich sofort, wischte sich die Spätnachmittagssonne aus ihren Augen und spürte feuchte Tränen in ihren Augenwinkeln. Die Verkäuferin hatte sie bestimmt nicht aufregen wollen. Sie war doch noch fast ein Kind. Was wusste sie schon von Diplomatie, Takt und dem Leben?



    „Lalique hat gerade eine wundervolle neue Produktlinie für reife Haut aufgelegt“, hatte sie gesagt, als Barbara sich nach einer neuen Gesichtscreme erkundigt hatte. Und plötzlich waren ihr die Tränen gekommen, mitten in der Parfümerieabteilung von Saks, direkt vor der entsetzten Verkäuferin und neugierigen Passanten.



    Sie hatte das Gefühl, dass sie in letzter Zeit ständig weinte, man brauchte sie nur falsch anzusehen, etwas Falsches zu sagen oder auch nur zu denken, und sie heulte Rotz und Wasser, was, wie Dr. Steeves ihr garantiert sagen würde, das Schlimmste war, was sie tun konnte.



    Sie war so müde. Ihrer Tage und noch mehr ihrer Nächte. Des ständigen Kampfes, der Schmerzen und sogar des Einkaufens. Sie hatte keine Lust mehr, so zu tun, als ob alles gut werden, Ron zur Vernunft und nach Hause zurückkommen würde. Er würde nie mehr nach Hause kommen. Das wusste sie. Er hatte Pammy, Brandon und demnächst ein weiteres Baby. Ein komplett neues Leben. Und was hatte sie? Die Narben aus dem alten.



    Manchmal dachte sie, dass es nett wäre, einfach einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen. Vielleicht macht der Anästhesist einen Fehler, erinnerte sie sich bei ihrer letzten Schönheitsoperation gedacht zu haben, und ich komme nie wieder zu mir. So etwas kommt vor. Sie hatte oft genug davon gelesen. Vicki konnte ihn auf Schadenersatz verklagen und Tracey zu einer wohlhabenden jungen Frau machen. Ihre Freundinnen würden sich um sie kümmern, und Barbara würde sich nicht mehr damit abstrampeln müssen, jung zu bleiben und so zu tun, als würde sie ihr Leben in den Griff bekommen. Welches Leben?



    Barbara dachte an die Schmerztabletten im Medizinschrank zu Hause. Wenn sie sie alle auf einmal schluckte, würde es garantiert reichen. Sie würde praktisch keine Schmerzen spüren. Ihr lächerliches Placebo von einem Leben wäre vorbei und erledigt, sie würde nicht mehr warten müssen, bis ihr Körper ihre Seele eingeholt hatte.



    Nur dass Tracey sie finden und sich bestimmt schuldig fühlen würde, weil sie glauben würde, dass sie ihre Mutter enttäuscht hatte, und das konnte sie ihrer Tochter nicht antun, dieses Grauen konnte sie einen Menschen, der ihr mehr bedeutete als alles andere auf der Welt, nicht aufbürden. Barbara erinnerte sich an ihre eigene Verzweiflung beim Tod ihrer Mutter, daran, wie einsam sie sich gefühlt hatte, wie schwarz die Welt ausgesehen hatte, wie sinnlos ihr ihre Existenz erschienen war.



    Tracey hatte sie damals gerettet. Barbara hatte sich den Luxus eines Zusammenbruchs nicht geleistet, weil sie eine kleine Tochter gehabt hatte, um die sie sich kümmern musste. Und daran hatte sich nichts geändert. Tracey mochte mittlerweile ein Teenager sein, aber sei war immer noch ein kleines Mädchen, das ihre Mutter brauchte. Jetzt genauso wie eh und je. Vielleicht sogar noch mehr. Sie würden das gemeinsam durchstehen. Gemeinsam würden sie alles durchstehen.


    Sofort gibts den nächsten Teil...

    Uiui, Lola bekommt eine neue Identität *g* Da freu ich mich ja direkt schon drauf ;)
    Wieder mal toll gemacht!! Ich freu mich auf die nächste Fortsetzung.
    LG
    Nikita

    Hey, endlich wieder was Neues von Lola *grins*
    Mal sehen was sie aus diesem neuen Fall macht. Bestimmt gerät sie wieder in verzwickte Situationen *lach* *mich schon drauf freu* ;)
    Naja, ich warte einfach mal ab, was anderes bleibt mir ja auch nicht übrig ;)
    Liebe Grüße
    Nikita

    Also ich denke, dass der Grund für Zacks Selbstmord schon haarsträubende Gründe haben muss, wenn Ryan nicht mal seinen engsten Freunden den Grund verrät :schoko Vielleicht will er sie auch vor irgendetwas schützen, aber vor was? *grübel*


    Kikis Kleid ist wirklich traumhaft schön. Aber ich hätte mich an ihrer Stelle auch ziemlich gewundert, wenn Nana auf einmal fast in Tränen ausbricht *grins* Ich freu mich schon auf die Hochzeit ;)


    Achja, herzlichen Glückwunsch zu deinen Zulassungen. Geh du nur ruhig feiern, aber sauf nicht zu viel ;)


    Liebe Grüße
    Nikita