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Als sie sich gegenübersitzen, sieht er, dass ihre rechte Wange gerötet ist, und er schämt sich. "Blöd, dass man immer was anderes tut, als man eigentlich vorhat", sagt er.
Sie lächelt ihm, die Augen noch voller Tränen, zu. "Ärgerst du dich, dass du wieder zu mir gekommen bist?"
Gregor:"Nein. Ich ... Minky, du weißt genau, wie ich zu dir stehe."
Miriams Gesicht verdüstert sich:"Nein, das weiß ich nicht. Du hast mich sitzenlassen wegen dieser - dieser Yvonne!"
Gregor:"Quatsch. Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Ich hatte dir nur gesagt, es wäre besser, wir würden uns nicht mehr treffen, wenn deine Eltern nichts davon wissen dürfen."
Miriam:"Auf einmal? Ist es jetzt anders?"
Gregor:"Nein. Du weißt genau, weshalb ich gekommen bin."
Miriam:"Wegen dem Kriminalbeamten? Da brauchst du doch keine Angst zu haben, du hast doch nichts getan."
Gregor:"Begreifst du denn immer noch nicht, Minky? Ich mache mir Sorgen um dich."
Miriam:"Die kannst du dir sparen. Ich werde schon ganz alleine fertig."
Er sieht sie an und seufzt tief. "Menschenskind, wie kann man bloß so verbohrt sein. Du hast dich in die Tinte gesetzt - na schön, das kann jedem passieren. Aber statt dass du nun..."
Miriam:"Bitte, gib mir keine weisen Lehren. Mein Bedarf ist gedeckt."
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Gregor:"Hast du dir schon überlegt, was du deinen Eltern sagen willst?"
Miriam:"Nichts."
Gregor:"Das heißt - du willst alles ableugnen?"
Sie hebt den Kopf und sieht ihn an:"Wie sprichst du denn mit mir? Bildest du dir etwa ein, ich hätte das Geld geklaut?"
Gregor:"Nein. Aber du weißt, wer es getan hat."
Miriam:"Vielleicht..."
Gregor:"Warum deckst du den Kerl?"
Miriam:"Das geht dich nichts an."
"Danke." Er sieht sie schweigend an und findet, dass sie sich in den letzten Wochen sehr verändert hat. "Ich wollte dich nur warnen, Minky", sagt er nach einer Pause. "Wenn es dumm zugeht, weiß die Kripo schon jetzt Bescheid."
Miriam lacht:"Du willst mir Angst machen."
Gregor:"Bildest du dir ein, dass Yvonne dir zuliebe den Mund halten wird?"
Miriam:"Yvonne?! Was hat denn Yvonne damit zu tun?"
Gregor:"Sie ist mein Alibi, Miriam."
Sie starrt ihn an. "Du bist - du warst - mit Yvonne zusammen?"
Gregor:"Warum wundert dich das so? Du hast uns doch im Theater zusammen gesehen - auch wenn du so getan hast, als wenn wir nicht vorhanden wären."
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Miriam:"Warum hast du dem Beamten davon erzählt?"
Gregor:"Ich musste ja, Minky. Sie hätten mich sonst auf der Stelle festgenommen..."
"Na klar. Das konntest du nicht riskieren.", sagt sie spöttisch.
Gregor:"Nein, das konnte ich nicht. Ich habe versucht, Yvonne herauszuhalten, solange es ging. Glaub mir doch Minky - ich konnte einfach nicht anders. Deshalb bin ich ja zu dir gekommen."
Miriam:"Wie lange kennst du diese Yvonne?"
Gregor:"Das hat doch überhaupt nichts..."
Miriam:"Ich will wissen, wie lange du sie kennst!"
Gregor:"Seit jenem Abend. Du weißt schon. Sie hat sich nachher um mich gekümmert."
"Wie menschenfreundlich!" Miriam verzieht den Mund.
Gregor:"Du hast nicht das geringste Recht, dich über Yvonne lustig zu machen. Wenn du damals nicht..."
Miriam:"Natürlich. Jetzt bin ich an allem schuld. Das hätte ich mir ja denken können."
Gregor:"Minky, bitte. Es hat doch keinen Sinn, dass wir uns jetzt streiten. Wir müssen überlegen, was zu tun ist. Oder hast du immer noch nicht begriffen, wie brenzlig deine Situation ist?"
Miriam:"Ich weiß überhaupt nicht, was du von mir willst. Schließlich - was kann Yvonne schon erzählen. Sie weiß ja nichts."
Gregor:"Sie war an jenem Abend dabei, sie hat dich mit diesem Kerl das Lokal verlassen sehen."
Miriam verschluckt sich. Gregor muss ihr kräftig auf den Rücken klopfen, damit sie wieder Luft bekommt. "Du meinst - sie wird mich verraten?", fragt sie entsetzt.
Gregor:"Natürlich."
"Ach du lieber Himmel!" Miriam ist plötzlich blass geworden. "Du hast gewusst, dass sie es sagen würde? Und trotzdem hast du sie mit hineingezogen?"
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Gregor:"Bitte, Minky, erzähl mir jetzt mal die ganze Geschichte. Wer war dieser Kerl? Glaubst du, dass er das Geld geklaut hat? Wie ist alles gekommen? Bitte, rede - sonst kann ich dir ja nicht helfen."
Miriam:"Wenn du mich nicht hineingerissen hättest, würde ich deine Hilfe gar nicht brauchen."
Gregor:"Minky!"
Miriam sagt heftig:"Ja, ja, ja, und nochmals ja! Du bist schuld an allem. Und dich habe ich mal geliebt. Dir habe ich mal vertraut. Oh, Greg, wie konntest du nur."
Gregor:"Minky, jetzt halt aber mal die Luft an! Du tust mir unrecht!"
Miriam:"Ich - dir?"
Gregor:"Ja. Wie oft soll ich dir noch erkläten, dass Yvonne mein Alibi ist! Ich musste sie nennen, sonst..."
Miriam:"Hättest du nicht einfach sagen können, dass du im Theater warst?"
Gregor:"Es handelt sich um die Zeit nachher."
Miriam:"Dann hättest du sie trotzdem nicht zu nennen brauchen, es werden dich doch noch andere Leute gesehen haben."
Gregor:"Nein."
Miriam:"Soll das heißen, du warst - warst du etwa bei ihr?"
Gregor:"Minky! Das hat doch mit der Sache gar nichts zu tun!"
Miriam:"Oh doch. Du hast mich betrogen - ausgerechnet mit dieser Yvonne hast du mich betrogen. Du hast..."
Gregor:"Wie konnte ich dich denn betrügen, wenn wir auseinander waren, Minky! Das ist ja alles Unsinn, was du erzählst!"
Miriam:"Das ist kein Unsinn! Wenn dir nur ein bisschen an mir gelegen wäre, würdest du niemals..."
Gregor rauft sich verzweifelt sein Haar. "Mein Gott! Warum bin ich bloß hierhergekommen?"
"Hast du mit dieser Yvonne...?" Sie traut sich nicht, das Wort auszusprechen.
Gregor:"Und wenn! Das hat doch mit dir gar nichts zu tun."
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Miriam:"Liebst du sie?"
Gregor:"Nein."
Miriam:"Dann war es noch schäbiger von dir!"
Gregor:"Ich möchte nur wissen, woher du das Recht nimmst, mir Vorwürfe zu machen. Was weiß ich, was du mit diesem Kerl getrieben hast."
Miriam:"Gar nichts."
Gregor:"Das kannst du leicht sagen."
Miriam:"Wenn es aber doch wahr ist. Ich mache mir überhaupt nichts aus ihm. Er - er ist ja bloß mein Onkel."
Er sieht sie misstrauisch an:"Wirklich?"
Miriam:"Ja. Er ist der Bruder meiner Mutter."
Gregor:"Dann verstehe ich überhaupt nichts mehr. Wer hat denn nun das Geld genommen?"
Miriam:"Ich weiß es ja selbst nicht, Greg."
Gregor:"Aber eben hast du noch gesagt..."
Miriam:"Nichts hab ich gesagt. Ich nehme nur an ... Ach Greg, warum ist nur alles so kompliziert?"
Gregor:"Du machst es kompliziert, Minky. Erzähl mir mal die ganze Geschichte!"
Miriam:"Ausgerechnet dir?"
Gregor:"Na schön. Ich habe es satt zu betteln. Wenn du glaubst, dass du allein mit dir fertig werden kannst, na, bitte, von mir aus."
"Greg!", sagt sie "Bitte...Ich habe wirklich nichts getan."
Gregor:"Habe ich auch nie behauptet."
Miriam:"Ich konnte doch nicht ahnen, dass Till ... Hättest du denn so etwas angenommen?"
Gregor:"Vielleicht ist er es ja gar nicht gewesen. Wie kommst du überhaupt darauf, dass er seine Finger drin hat?"
Miriam:"Ich habe ihn damals mit nach Hause genommen. Meine Eltern waren verreist und Frau Beermann war nicht da. Wir haben ein bisschen zusammen getanzt und Kognak getrunken...Mir ist übrigens am nächsten Morgen scheußlich schlecht davon gewesen. Das war alles." Sie zögert einen Augenblick, dann setzt sie hinzu:"Und nachher war mein Schlüssel weg."
Gregor:"Er hat ihn also mitgenommen?"
Miriam:"Vielleicht?"
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Gregor:"Bestimmt. Er hat eine günstige Gelegenheit abgewartet und ist dann heimlich, still und leise bei Nacht in euer Haus gekommen...Sag mal, woher wusste er überhaupt, dass Geld im Schreibtisch lag?"
Miriam:"Das habe ich ihm erzählt. Ich meine, dass Papi manchmal etwas dort liegen hat."
Gregor:"Na, dann ist der Fall ja sonnenklar."
Miriam:"Wenn er es aber doch nicht war, Greg? Ich kann ihn doch in diese Sache nicht hineinziehen, wenn ich nicht sicher bin, dass er..."
Gregor:"Wenn er es nicht war, wird er sich schon verteidigen. Im übrigen - warum rufst du ihn nicht einfach an und fragst?"
Miriam:"Ich weiß nicht, wo er wohnt."
Gregor:"Auch das noch. Das scheint ein feiner Vogel zu sein, dein Herr Onkel. Hör mal zu, Minky, du musst deinen Eltern sofort alles erzählen. Natürlich werden sie sich ein bisschen aufregen, aber das wirst du auch noch überstehen. Was hast du denn überhaupt verbrochen? Du hast deinen Onkel mit nach Hause genommen, das ist ja schließlich keine Todsünde, nicht wahr?"
Miriam:"Papi wird entsetzlich wütend werden."
Gregor:"Lass ihn. Er regt sich auch wieder ab. Du musst es ihnen sofort sagen, Minky. Es ist viel schlimmer, wenn sie es erst durch die Kripo erfahren. Dieser Beamte bringt es ganz bestimmt heraus."
Miriam:"Meinst du?"
Gregor:"Da kannst du Gift drauf nehmen. Wo sind deine Eltern jetzt?"
Miriam sieht auf die Armbanduhr:"In der Firma."
Gregor:"Fahr sofort hinaus!"
Miriam:"Aber Frau Beermann..."
Gregor:"Die kannst du anrufen. Hör auf meinen Rat, Minky, setz dich in den nächsten Bus und fahr hinaus. Du musst dem Kriminalbeamten zuvorkommen, das ist deine letzte Chance."
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Dann steht er auf.
"Kann ich dich nachher noch erreichen?", fragt Miriam, "ich meine, wenn etwas schiefgegangen ist...?"
Gregor:"Ich bin bis fünf Uhr in der Bank, nein, stimmt ja gar nicht, heute ist Freitag, also, ich werde zu Hause auf deinen Anruf warten. Ruf mich auf alle Fälle an, dass ich Bescheid weiß, ja?"
Miriam:"Wie konntest du bloß mit Yvonne...?"
Er antwortet nicht, nimmt sie in den Arm und küsst sie auf die Nase.