bei popstars hinter den Kulissen ab geht!
<blockquote><font size="1" face="Verdana, Helvetica, sans-serif">Zitat:</font><hr>Noah Sows Statement
Dies ist der offizielle Newsletter von Noahs Homepage:
liebe Freunde, Opfer und Kolleginnen,
pünktlich wie die Maurer kommt hier endlich mal mein newsletter für diese
Dekade. Gemaule über zu seltene Post von mir deute ich als Kompliment.
Sicher habt Ihr Verständnis dafür, daß ich in letzter Zeit ein bißchen extrem ausgelastet war,
u.a. durch die bezaubernde Produktion "Popstars", in der ich als Jurymitglied
fungieren durfte.
Besonders Aufmerksamen unter Euch ist nun aufgefallen, daß ich mitten in der
Ausstrahlung der Staffel plötzlich nicht mehr auftauche. Deswegen habt Ihr mir
zahlreiche mails geschrieben. Gleichzeitig habe ich die Erfahrung gemacht, daß
viele, die mich durch meine Radioshows/Musik/TV-Auftritte bereits kannten,
Unverständnis darüber geäußert haben, daß ich bei RTL2-Popstars "mitspiele".
Ich glaube, Ihr newsletterabonnenten habt es verdient, daß Ihr als erste
erfahrt, was wirklich passiert ist, und aus erster (meiner) Hand eine Ansage zu
bekommen bevor die Boulevardpresse -wie bereits angedroht- ihre eigene
zwangsläufig nicht ganz so blendend informierte Version der Noah Sow Popstars
Soap in 3 Akten verbreitet. Ich fang ganz vorne an:
1. Akt: WARUM.
Die Produktionsfirma (für nicht-Branchenangehörige: das ist NICHT der Sender
sondern eine freie Firma, die das Zeug "produziert" und dann an den Sender
verkloppt; das ist so ähnlich wie der Unterschied zwischen Produzent und
Plattenfirma) fragte mich, ob ich als Produzentin, Sängerin und Medieninsiderin
Lust hätte, die Jury mitzumachen. Da ich persönlich leider immer wieder im Laufe
meines Lebens mit nervigen Vorurteilen konfrontiert werde und darüber beleidigt,
traurig und sauer bin, habe ich mal die ganzen Primärgedanken, die mir bei so
einem Angebot spontan kamen (a la abgekartet, abzocke, plastik, billig,
peinlich, uncool...) beiseite gelassen und mich dazu gezwungen, nun nicht gleich
bei mir dumme Vorurteile über andere und ihre Arbeit zuzulassen. Obwohl es
eigentlich überflüssig war, habe ich halt darauf hingewiesen, daß es mit mir
keinen Fake gibt, und nach langem hin und her (man fragte mich im Vorfeld
interessante Dinge; u.a., ob ich -wohlgemerkt wegen meines Stachelhalsbandes-
zufällig "eine Autonome" sei) hat man sich wohl dazu
durchgerungen, daß die Credibility, die mit mir erreichbar sein mag, das Risiko
wert sei.
Die Castings (also 3 Tage in jeder Stadt, erst Massenauflauf mit ca.
10-Sekunden-Vorsingen pro Nase, dann "Recall" mit eingehender Streßprüfung der
Besten) waren noch okay. Es war zwar für alle Beteiligten hart aber ich bin es
durch meinen Beruf schon gewöhnt, über 20 Stunden zu arbeiten. Die "Kandidaten",
die sowas nicht möchten, können ja jederzeit gehen.
Bis auf einige wenige äußerst seltsame Vorkommnisse fand ich die meiste Zeit
noch spannend; sowas ist ein großes Experiment, bei dem wohl jeder von Euch mal
mitgemacht hätte, schon allein um mal hinter die Kulissen zu kucken.
Die gröbsten Bevormundungen der Jury waren hier noch relativ glimpflich
abzuschmettern. Ich schrieb wann immer ich konnte "Popstars Tagebuch" und mußte
mich selbst wundern, wie der Putz langsam abbröckelte.
2. Akt: WIE.
Ab dem "Flughafen" bekam ich ein Problem. Kurze Erklärung vorab:
Die übrigbleibenden jeweils ca. 10 besten "Kandidaten" aus jeder Stadt wurden an den
Düsseldorfer Flughafen gebeten um dort nochmal einen Tag lang beim Tanzen und
Singen zu zeigen was sie draufhaben. Cirka die Hälfte von ihnen darf direkt im
Anschluß mit in den Workshop nach Ibiza fliegen, die anderen bleiben hier.
Mit gepackten Koffern antanzen und sich von ihren mitgebrachten Angehörigen
verabschieden dürfen vorher alle.
Bei dieser Sendung hatte ich zwar nicht ganz zum erstenmal aber doch zum
erstenmal mehr als nur vage das Gefühl, daß die Emotionen der "Kandidaten" nicht
nur so wie sie auftauchen gefilmt werden sondern extra "gezüchtet" wurden.
Daß man also nicht nur beispielsweise die Kamera drauf hält wenn jemand heult,
sondern daß mit Absicht eine Situation geschaffen wird, in der man erwartet daß
jemand heult. Und genau das ist für mich der entscheidende "no-no-Unterschied":
ersteres ist für mich okay; da muß man durch wenn man Fernsehen machen will;
letzteres ist völlig daneben, überflüssig und charakterlos.
Im Workshop selbst wurde es noch bunter: keine Produktion kann mir erzählen, daß
es einen guten Grund dafür gibt, die Jury zu ignorieren, zu verspotten, zu
Marionetten machen zu wollen und die "Kandidaten" nicht einem harten Training zu
unterziehen und ihre Aktionen/Reaktionen zu filmen sondern mit Absicht
Situationen zu schaffen, die begünstigen, daß sie sich schlecht fühlen oder
sogar körperlich darunter leiden.
Wenn es hieß "wir wollen Emotionen" steckte dahinter meiner Auffassung nach
immer die Übersetzung "scheiße, die heulen irgendwie nicht", und nach meinem
Gefühl passte den Machern nur nicht, daß die Kandidaten dieses Jahr keine
nervenzerrüttete Flennsusen-Ansammlung waren sondern erwachsene Profis, die
einfach keinen Grund hatten, wegen jedem Scheiß zu heulen.
Genau das bringt aber bekanntlich Quote. Daß die Produktionsfirma dabei so weit
gehen würde, hat mich schockiert. Ich persönlich hatte absolute Hochachtung vor
den Workshop-Kandidaten und kann nur sagen, daß bis auf minimalste Ausnahmen
alle irre begabt, professionell, talentiert und sympathisch waren, und es tat
mir sehr leid, mit ansehen zu müssen, wie sie wie Blödmannsgehilfen behandelt
werden. Wenn es an die Lebensträume von Leuten geht, die diese sogar
schon in greifbare Nähe gerückt bekommen, würde sich wohl jeder tagsüber ein
paar Stunden von einem seltsamen Typen anschreien lassen und aus Angst vor öffentlichem "Versagen" noch einige andere danebene Quälereien über sich ergehen lassen.
Den Druck unter dem man sich in einer derartigen Situation immer mit unmittelbar vorgehaltenem Köder befindet, können wir alle uns kaum vorstellen. Ich hatte nach sehr kurzer Zeit das Gefühl, daß die Produktion völlig ignorierte, daß es hier um
MENSCHEN geht, die erstens versuchen ihren Traum zu erreichen, zweitens darauf
auch ein Recht haben, drittens deswegen noch lange nicht wie der letzte Assi
behandelt werden dürfen (dem Assi am Set gings zehnmal besser als den Leuten,
die sich täglich bis zu über 20 Stunden gratis für TV Aufnahmen zur Verfügung
stellten; ersterer bekam nämlich genug zu trinken, regelmäßig Abendessen und wurde nicht vor laufender Kamera geweckt) und viertens nicht nach Farbe und Größe zu sortieren sind.
Zugegeben, ich habs sogar versucht, mitzuspielen und mir einzureden, ich würde
das alles zu eng sehen und das wäre schon okay so und ich sei unprofessionell wenn ich nicht dabei mitwirke, Leute unter extremen Druck zu setzen blablabla...
und so kam es auch zustande, daß ich schon nur noch frustriert und zynisch dabei zusehen
konnte, als die einzigen beiden Kandidaten, die nachweislich keine Silbe singen konnten, durchgeschleift wurden, weil man bei ihnen ordentlich was zu kucken hat, dafür aber begabte VokalistInnen (die im übrigen nicht minder sexy waren sondern vielleicht bloß ein bißchen weniger kindergartenkompatibel) ausscheiden mußten.
Tag für Tag habe ich mich einfach mehr geschämt, zu diesem Team mit dem
unmöglichen Menschenbild und entgleisten Umgangston zu gehören.
Meine Einwände, das Arbeitspensum sei nicht hart sondern überzogen, der Umgangston sei künftig bitte zumindest politisch korrekt zu halten und das künstliche noch-mehr-Unter-Druck-Setzen bei "Verkündungen" sei in dieser ohnehin schon endlos stressigen Situation der KandidatInnen nicht mehr nötig sondern eher daneben, wurden abwechselnd ignoriert oder mit hysterischen Ansagen wie "wir haben jetzt keine Zeit uns über sowas zu unterhalten" quittiert.
3. Akt: AUSBRUCH aus FORT KOTZ
Nach einigen Details, die ich von dem Vertreter der Plattenfirma des zukünftigen
"Acts" erfahren durfte, weil ihm nicht mal zu peinlich ist, laut auszusprechen
was andernorts als unmoralisch oder sittenwirdig gilt, und den Vorkommnissen der
vorhergegangenen Tage, war meine Bereitschaft, weiter die Schnauze zu halten
schon auf Null. Gleichzeitig erreichte die Sinnlosigkeit meines Jurydaseins
ihren Höhepunkt als ich mich weigern wollte, unter lauter talentierten Leuten
diejenigen auszusuchen, die der Geschäftsführer persönlich am anziehendsten
fand. Meine Meinung wurde bestenfalls noch gehört aber keinesfalls mehr
berücksichtigt. In den letzten Tagen hatte man das Konzept der "Einzelgespräche"
(zur on-camera-Verkündung, wer weitermachen darf, und wer rausfliegt um danach
zwar kein Popstar zu werden, sich aber trotzdem im Bikini auf Ibiza weiter
filmen zu lassen) mehrmals geändert um "die größtmöglichen Emotionen"
hinzukriegen, und nachdem -bis auf die Zusammenbrüche tagsüber unter
Wassermangel beim Tanztraining- immer noch niemand so richtig heulen wollte, und
es mit der Auswahl der "Kandidaten" gleichzeitig eng wurde, standen die Macher
so unter Druck, daß noch mal ganz neue und extrafiese Saiten aufgezogen wurden.
Ich saß am Jurytisch und mir wurde ein Zettel hingelegt, auf dem stand, wen ich
als Jurymitglied nicht mehr gut finde und wen die Jury dabei haben möchte.
Verfasst hat den Zettel nicht die Jury. Dazu gabs noch einen zynischen Spruch zur Erklärung.
Mir wurde schlecht. ich schämte mich. Ich war außerstande, noch was zu sagen
weil ich wußte: wenn ich jetzt anfange, habe ich 5 Beleidigungsklagen am Hals
und tue den Typen den großen Gefallen, vor laufender Kamera quotenträchtig
durchzudrehen/zu beschimpfen/zu heulen. Ich saß da, versuchte, zu checken, was
hier eigentlich abgeht, daß tatsächlich von mir verlangt wurde, freudig dafür einzustehen und zu verkünden, was ich nicht im geringsten mitentschieden hatte, und habe (was mir -leider- generell sehr selten passiert) geschockt die Sprache verloren.
Währenddessen wurden schon die ersten Opfer zum "Verhör" reingeführt, also zur
möglichst zähflüssigen und wischiwaschi-gehaltenen Verkündung ob sie heute Abend
rausfliegen oder nicht, damit sie schön erst am Schluß der Ansage heulen.
Während die paralysierten Kandidaten auf dem "Entscheidungsstuhl" mir in die Augen kuckten kam ich mir richtig beschissen vor, denn ich sollte ihnen sagen, was im Drehbuch vorgesehen war, womit ich aber nichts zu tun haben wollte.
Die Leute taten mir leid und ich wollte sagen "hau bloß ab, du kannst sowieso nicht
beeinflussen ob du genommen wirst oder nicht, es tut mir leid, das hat kein
Mensch nötig" etc. aber es kam überhaupt kein Ton mehr raus.
Die Produktion fragte förmlich an, ob ich dann bescheid sagen würde, wenn ich wieder so weit sei, weiterzumachen. Ich stand auf und sagte ich brauche ne Pause. Ging in den Keller der Disco, in der der Dreh war, dekorierte ein bißchen um, räumte wieder auf und nahm mein Mikro ab.
Gleichzeitig haute ein Stockwerk höher ein begabter Vocalist einen Aschenbecher an seinem Kopf kaputt nachdem ein Jurymitglied ihm sagte, er "könne nicht rappen". Wenig später erfuhr ich von einer Kandidatin, daß auf ihre Anfrage hin, wo ich denn bei der Verkündung geblieben sei, "der Typ, der die Fäden zieht und Zigarre geraucht hat", gesagt habe, "Noah ist jetzt nicht mehr in der Jury dabei".
EPILOG:
Danach ging es mir besser. Ich sammelte die Gratulationen derjenigen
Produktionsmitarbeiter, die meinen Ausstieg gerechtfertigt und cool fanden, telefonierte, machte einen Tag frei, an dem sich keiner der an der Produktion Verantwortlichen bei mir meldete, nahm danach den nächsten Flieger zurück in die Zivilisation und konnte mir endlich wieder selbst ins Gesicht sehen.
Für meine abgehobenen ich-bin-die-Jury-und-damit-Bar bara-Salesch-Sprüche, für vorschnelle
Verurteilungen von einzelnen Kandidaten und fürs zu lange Mitspielen bei einem
unnötig gemeinen Spiel, das für die Hauptpersonen keines ist, sondern bitterer Ernst,
schäme ich mich noch heute.
Deswegen habe ich den Kandidatinnen und Kandidaten auch einen Brief mit
Entschuldigungen und Musikbusiness-Tipps geschrieben; ich hoffe, die nehmen
meine Entschuldigungen an. Auch die Produktion bekam -nur damit keine
Mißverständnisse aufkommen- einen ausführlichen Erklärungsbrief von mir.
Heute könnte ich kaum mehr sagen, welche der "Kandidaten" ich weiterkommen lassen möchte,
denn wen ich gut finde, dem möchte ich langjährige Zusammenarbeit mit solchen
Auftraggebern -selbst im Traumberuf- ehrlich gesagt gar nicht wünschen.
Manchmal frage ich mich jetzt, ob ich naiv bin/war und mir von vorneherein hätte denken sollen,
daß das genau so abläuft (ich glaube ja) oder ob es nicht vielleicht gut ist,
daß ich es ausprobieren wollte (ich glaube: auch ja), weil ich es zwar geahnt
habe, jetzt aber wenigstens genau WEISS wie es da zugeht - und das schließlich
der entscheidende Unterschied ist, den ich auch immer von anderen zu machen
verlange, bevor sie über mich herziehen.
Ihr wißt jetzt jedenfalls genauestens bescheid; im nächsten newsletter erläutere
ich vielleicht (aufgrund der erhöhten Nachfrage in letzter Zeit), wie man als
Künstler versuchen kann, sich aus einem sittenwidrigen Knebelvertrag zu befreien
und wie die Telefonnummer meines Musikanwalts lautet. Nur für den Fall daß Ihr
sowas mal braucht...
Daß ich jetzt dem TV ab nächstem Jahr komplett den Rücken kehre, ist nach der
ganzen unerträglichen Geschichte nur konsequent, mir außerdem ein Bedürfnis, und
ab Januar nehme ich auf der voraussichtlich schönen Insel Martinique meinen
Lebensurlaub. Zu meiner beruflichen Situation/Medienausstieg und meiner vorerst
letzten Moderation, der "Einslive Krone", ebenfalls im nächsten newsletter mehr.
Wenn Ihr mir schreibt, was Ihr von all dem haltet, freue ich mich über Eure
Reaktion egal wie sie ausfällt und sammle Eure Stimmen als historische
Zeitdokumente
puh & ciao,
take care!
Eure Noah<hr></blockquote>
quelle <a href="http://www.ioff.de/board/showthread.php?s=&threadid=23871" target="_blank">http://www.ioff.de/board/showthread.php?s=&threadid=23871</a>
das ist doch der hammer oder was meint ihr dazu? also ich finde das schon recht mies was dort abgeht!!!! :mad: :mad: :mad: