Kapitel 233
Die ganze Fahrt über hatte ich das grinsen meines Vaters vor meinem inneren Auge, als er
mitbekommen hatte, dass ich doch wieder etwas vergessen hatte. Als wäre das nicht peinlich
genug musste John mich die ständig damit aufziehen. Besonders Witze, die irgendetwas mit
Vergesslichkeit zu tun hatten, fielen ihm immer wieder ein. Zu allem überfluss hatte ich mich
auf einer Raststätte dann auch noch mit Kaffee bekleckert, sodass ich mich einmal komplett
umziehen musste. Ich war froh, als wir endlich am Ziel angekommen waren. Von aussen hatte
sich das Hotel kaum verändert. Es war frisch gestrichen worden und neue Kübelpflanzen
standen im Hof. Doch ansonsten hatte es den gleichen Charme wie damals. An der Rezeption
wurden wir von einer jungen brünetten Dame begrüßt, die uns auch sofort zu unserem Zimmer
brachte.
"Ich freue mich, dass wir ihnen das gleiche Zimmer von damals geben konnten" erzählte sie
munter. "Wir mussten vor ungefähr einem Jahr alles neu renovieren, da es einen
Wasserrohrbruch gegeben hatte und viel kaputt ging. Aber jetzt ist es umso schöner, finden
sie nicht?" In der Tat, sah das Zimmer umwerfend aus. Holzboden, Himmelbett, Pflanzen ein
großer Schrank. Alles neu. "Übrigens kann es sein, dass sie sich an mich erinnern. Ich bin
Lara, die Tochter der Direktion. Ich war damals gerade 8 Jahre alt." Sie lächelte uns
erwartungsvoll an und tatsächlich konnte ich mich an das kleine, quirlige Mädchen mit den
braunen Locken gut erinnern.
"Dann lasse ich Sie jetzt alleine und wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt. Falls Sie etwas
brauchen rufen Sie einfach an der Rezeption an." Wir bedankten uns und nachdem Lara die
Zimmertür geschlossen hatte sah ich mich nochmals im Raum um. Zwischen dem Schlaf und
dem Fernsehbereich hatte man nun sogar eine gläserne Trennwand gebaut. "Und? gefällt es
Dir?" fragte John und nahm mich bei der Hand. "Es ist traumhaft" antwortete ich und strahlte
wie ein Honigkuchenpferd. "Oder hattest Du vergessen, wie es hier früher ausgesehen hatte?"
Er kicherte. "John, Du bist so fies!" Ich boxte ihm in die Seite. "Aua!" "Ja, das kommt davon
mein Lieber."
Meine Blase meldete sich und daher beschloss ich das Bad aufzusuchen. Zudem musste ich
die Kaffeeflecken aus der versauten Kleidung auswaschen, bevor es nie mehr raus gehen
würde. Vielleicht würde mir das Hotel aber auch aushelfen können und die Sachen reinigen.
Ich öffnete die Badtür und erstarrte. "Ich dachte ja, das man das Zimmer schon nicht toppen
könnte" rief ich John zu. "Aber das ist ja gigantisch!" Der Boden bestand aus edlem Marmor.
Gegenüber der Tür war eine Badewanne, die auf goldenen Füßen stand. Daneben war die
Toilette und an der schmalen Wandseite das moderne Waschbecken mit Spiegel darüber.
Daneben standen noch Pflanzen. Auf einer Holzbank waren Handtücher zurechtgelegt. Die
Wand war in einem dunklen Altrosa gehalten und über der Badewanne hing ein schwarz-weiß
Bild einer Stadt. Klassisch und doch modern.
Nachdem wir uns frisch gemacht und in Ruhe etwas ausgepackt hatten, fanden wir es an der
Zeit uns nach einem netten Restaurant umzusehen. Zuvor hatte ich noch zuhause angerufen
und mich bei meinem Vater gemeldet damit der wusste, dass wir gut angekommen waren. Eine
ganze Weile lang hatte ich nicht mehr an Xio gedacht. Doch nach dem Telefonat mit zuhause
ging mir das wieder nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwie verspürte ich nicht mehr solchen
Hunger wie zuvor. Doch Lara hatte uns ein Restaurant empfohlen, welches erst recht neu war
und sehr gut ankam. Tatsächlich sah es sehr schön aus. Recht mediteran gehalten. Eine blonde
Bedienung brachte uns an einen Tisch im hinteren Bereich.
An einem kleinen Tisch nahmen wir Platz und die Bedienung fragte höflich, ob wir bereits etwas
zu trinken bestellen wollten. John bestellte sich ein Bier, wärend ich erst zum Essen mein Getränk
wählen wollte. Das Lokal war noch recht leer, da erst geöffnet geworden war. Ein Mann saß am
anderen Ende und trank ein Bier und nahm eine Kleinigkeit zu essen zu sich. Nur einige Minuten
später bekam auch John sein Bier, wärend wir noch die Speisekarte studierten. John entschied
sich dann für ein Steak und ich für ein paar Jacobsmuscheln zu dem ich einen Weißwein bestellte.
Bis das Essen kam sah ich mich in dem Lokal um. Die Wandfarbe war in Terracotta gehalten,
was mir sehr gut gefiel. Dazu das dunkle Holz der Möbel, der Deckenventilator und einige Pflanzen
sowieso die leise spanische Musik im Hintergrund ließen einen fast glauben man wäre in Spanien.
Wir unterhielten uns über andere Länder und deren Bräuche und genossen das Essen, welches
hervorragend war. Nach und nach kamen immer mehr Gäste. Zuletzt gönnte John sich noch ein
Bier und ich einen kleinen Schnaps.
Nach dem Essen gingen wir etwas spazieren. Es wurde bereits dunkel und man spürte schon
deutlich, dass die Tage kürzer geworden waren. Im Hotel angekommen hatte ich nur noch das
Bedürfnis zu Baden und anschließend ins Bett zu gehen. Der lange Tag und die kurze Nacht davor
hatten mich ziemlich geschlaucht. John zog es vor noch einmal die Nachrichten zu sehen, solange
ich in der Wanne war. Ein Fehler meinerseits, denn kaum lag ich im warmen Wasser, schon musste
ich wieder an Xio denken. Ich wusste nicht recht, ob ich John davon erzählen sollte. Wahrscheinlich
würde er es nur als halb so wild ansehen. Reden? Nicht reden? Ich wusste es nicht.
Fortsetzung folgt.........