Ich warf entnervt die Kinderzimmertür hinter mir zu. Friederike schrie in ihrem Bett, ich konnte froh sein,
das sie noch keine Schimpfwörter kannte! Meine Nerven lagen blank. Ich hielt das nicht aus.
Und ich konnte mit niemandem darüber reden, mit niemandem!
Und nun klingelte es auch noch an der Tür! Verdammt, ich konnte jetzt keinen Besuch gebrauchen!
Rasend vor Zorn lief ich zur Tür und riss sie auf. "Wer zur Hölle…"
Mitten im Satz verschlug es mir die Sprache. „Rick! Oh du meine Güte! Rick!“
Ich fiel ihm um den Hals. Es war mein Bruder, mein lieber, kleiner, jüngerer Bruder Rick!
Wir drückten uns so fest, dass uns die Luft weg blieb. „Hallo Terry! Ist das schön dich zu sehen!“ „Was machst du hier?“ fragte ich.
„Woher weißt du wo ich wohne? Und du siehst gut aus! Die gleichen Piercings wie ich?“ Rick grinste mich entschuldigend an.
„Der Typ im Tattoo Studio meinte die hätte er schon mal einem anderen Lockenkopf verpasst und das hätte cool ausgesehen."
Ich lachte und ließ Rick herein. Ich bot ihm einen Platz auf unserer Couch an. „Ich habe bei euch unten im Tal geklingelt
und als ein fremder Mann öffnete, war mir fast klar, was los ist. Warum habt ihr euch getrennt? Ist Lara mit dem Typen da durchgebrannt?
Schnuckeliges Kerlchen, die Latinos haben was für sich!“ Entsetzt sah ich meinen Bruder an.
„Nein, sie ist nicht mit ihm durchgebrannt“ antwortete ich endlich. „Ich… ich hab sie betrogen und sie hat mich dann rausgeworfen.
Lutz hat sie nach unserer Scheidung geheiratet.“
Rick zog die Augenbrauen hoch. „DU bist fremdgegangen? Das muss ja ne heiße Mieze gewesen sein,
wenn du so eine Frau wie Lara betrügst!“ „Keine Mieze“ erklärte ich kleinlaut. „Ein Kater.“ Oder ein Tiger, wie man es sehen wollte…
Rick schlug sich lachend auf die Schenkel. „Nee, oder? Ich hätte ja alles von dir erwartet, nur das gerade nicht!
Und du hast mich immer dafür schief angesehen…“ „Aber nie verurteilt, das weißt du.“ „Ja, weiß ich“ gab Rick zu.
„Du nicht. Du hast mich immer akzeptiert, wie ich war. Und dafür liebe ich dich über alles, Bruderherz.“
Ich lächelte Rick dankbar an. Er kam mir im Moment wie ein Gottesgeschenk vor, genau in dem Moment,
in dem ich jemanden gebraucht habe, steht er vor der Tür. Das Leben spielt schon komisch, manchmal…
„Wie geht’s denn deinen Jungs? Wie alt sind die eigentlich inzwischen?“ „Dreiundzwanzig und Zweiundzwanzig,
Niels ist auf dem College und Lars ist verheiratet, er liegt gerade im Krankenhaus und hat seine Zwillinge bekommen.“
„Er liegt im Krankenhaus? Du meinst wohl, seine Frau liegt im Krankenhaus.“ Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, er. Er hat die Kinder ausgetragen. Er war schwanger, von seinem Ehemann.“
Rick blieb der Mund offen stehen und er schaute mich an, als wenn er nicht sicher wäre ob ich ihn veräppeln wollte,
oder nicht. Ich seufzte und erzählte ihm alles. Angefangen von meinem Betrug, über die Trennung, meine Hochzeit mit Friedbert
und meiner Schwangerschaft, bis zur beinahe tödlichen Geburt der Zwillinge. Rick hörte mir staunend zu, runzelte ab und an die Stirn,
schüttelte immer wieder den Kopf. Er war zwar auch eher der Wissens-Typ, doch er war Maler und was ich ihm alles erzählte,
schien ihm nicht zu gefallen. „Ich weiß nicht, Terry, was hier alles im Namen der Wissenschaft passiert, klingt für mich höchst kriminell.
Du solltest dir überlegen, was du tust.“
„Ich weiß“ sagte ich seufzend und erhob mich, um nach den Kindern zu schauen. Rick folgte mir und bestaunte die beiden Kleinen,
auch er hatte zuvor noch nie einen Alien gesehen, war aber sofort fasziniert von dem Kleinen und er half mir die Kinder zu versorgen.
Um Friederike kümmerte ich mich, die seit ihrer Super-Flasche unaufhörlich plapperte und Fragen stellte,
dass sich mir angesichts ihres Alters die Haare sträubten. Ich hatte Rick auch von der merkwürdigen Milch erzählt
und er beäugte Friederike mit gemischten Gefühlen. Ich wusste was er dachte, doch ich konnte an der Situation nichts ändern.
Geht noch weiter...