THE GREEN GRASS OF HOME
Ireen Mc Allistair konnte einen Seufzer aus tiefstem Herzen nicht unterdrücken, als das Haus – oder sollte sie es besser die „Hütte“ nennen?, in dem sie die nächsten Jahre ihres Lebens verbringen sollte, in ihr Blickfeld geriet.
Na ja, es war recht hübsch anzusehen mit seiner hellen Holzverkleidung und der sonnigen kleinen Veranda, die zur Straßenseite blickte – es schien auch recht gepflegt und gut in Schuss gehalten zu sein, doch für ein 16-jähriges Mädchen, das sein bisheriges Leben in einer Villa in Bel-Air verbracht hatte, war der erste Anblick ihres neuen Zuhauses doch ein recht betrüblicher.
Als sie näher kam, erblickte sie bei den winzigen Rosenbeeten einen alten Mann, der gebückt da stand und mit den Blumen zu sprechen schien, jedenfalls vermeinte Ireen, ein leises Murmeln aus seiner Richtung zu hören.
Er trug Latzhosen und ein kariertes Hemd und hatte das lange, graue Haar zu einem Zopf im Nacken gebunden. Im ersten Augenblick hielt Ireen ihn für einen Gärtner, bis ihr einfiel, dass sie ja jetzt in der hintersten irischen Provinz und nicht mehr in Bel Air war.
Hier gab es, außer in den prächtigen Herrenhäusern, die sie auf der Fahrt von Dublin her bewundert hatte, gewiss keine zahlreichen Angestellten in jedem Haushalt.
Der Mann schien ihre herannahenden Schritte gehört zu haben. Er stieg die 3 Stufen hoch auf die hölzerne Veranda und blickte ihr neugierig, aber nicht abweisend entgegen.
Ireen blieb in gebührendem Abstand stehen und blickte dem Mann entgegen.
Als sie sein Gesicht sah und vor allem seine wachen, grünen Augen, die trotz seines Alters vor Leben sprühten, wusste sie, dass es nicht der Gärtner oder sonst irgend jemand war, sondern wirklich und wahrhaftig ihr Großvater.
Sie konnte ihren Blick kaum abwenden von dem alten Mann, der trotz aller Einfachheit seiner Kleidung eine stolze Würde ausstrahlte, die allen Angehörigen der Familie Mc Allistair eigen war.
Ireen fühlte sich etwas eingeschüchtert, versuchte jedoch, gelassen und selbstsicher zu wirken, als sie auf ihren Großvater zuging, um ihn zu begrüßen.
Unwillkürlich lächelte sie, denn in seinem Aussehen und seiner ganzen Art erinnerte er sie an den Menschen, den sie am meisten auf dieser Welt geliebt hatte: Ihre Mutter! Seine Tochter.
„Guten Tag, Großvater! Ich bin Ireen.“
Er nickte.
„Du bist das vollkommene Ebenbild deiner Mutter.“
Weiter sagte er nichts. Nicht „Willkommen in meinem Haus“, nicht „schön, dass du endlich da bist“ – nichts!
Sie standen sich nur gegenüber – zwei grüne Augenpaare trafen einander. Ireen war nie schüchtern gewesen, doch in diesem Moment wusste sie absolut nicht, was sie zu diesem seltsamen, schweigsamen Mann sagen sollte.
Sie sah ihn heute zum ersten Mal, sie wusste auch kaum etwas von ihm. Wann immer die Sprache auf ihre Familie im fernen Irland gekommen war, hatte ihre Mutter abgeblockt. Sie hatte nie von ihren Eltern gesprochen.
Alles was Ireen bisher vom Mc Allistair-Clan gewusst hatte, war, dass sie in einem kleinen Dorf in der Grafschaft Meath wohnten – und hier war sie nun.
Hier sollte sie ab jetzt leben – allein mit einem fremden, alten Mann, der ihr Großvater und damit ihr einziger noch lebender Verwandter war…