So ihr Lieben, am We komm ich leider nicht zum Schreiben, bin über Pfingsten in Dortmund.
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Kapitel 14
Reflexionen
[B]Nick hat also endlich die Liebe entdeckt, denke ich. Na, da bin ich aber froh, wenigstens einer. Aber ich werde jetzt ganz bestimmt nicht über Liebe, oder ihre schlimme Zwillingsschwester, Sex, nachdenken, sonst trinke ich die Wodka-Flasche leer.[/B]
Nein, lieber dringlicheren Themen zuwenden. Nick war "erschüttert", als er mich sah. Durch gutes Essen und klares Wasser gestärkt, ist nun der rechte Zeitpunkt gekommen, um den Grund dafür zu ermitteln. Ein Spiegel - ich brauche einen Spiegel. Ich stelle Nachforschungen an und entdecke dabei eine luxuriöse Garderobe neben der luxuriösen Küche.
Die betrete ich und wappne mich gegen den Anblick meiner selbst. Wann habe ich zuletzt bewußt in einen Spiegel geschaut? Das muß eindeutig eine Weile her sein, denn nun blickt mir ein Wildfremder entgegen. Das gespenstische Wesen ist unrasiert. Es hat stumpfe Augen, wirre Haare und ist käsebleich. Der Bursche ist klapperdürr.
Das weiße Hemd ist schmuddelig, die Fingernägel dreckig. Am allerschlimmsten, am schockierendsten aber ist die Tatsache, dass die geisterhafte Erscheinung einen goldenen Ohrring trägt. Wo, zum Teufel, kommt der her? Sah ich nicht irgendwann mal einigermaßen gut aus? Nicht so klasse wie Nick, aber doch ganz passabel. Ich starre mich an und denke: Großer Gott, ich entwickle mich zurück. Ich bin wieder zum Zigeuner geworden. So wie ich aussehe, gehöre ich in einen Wohnwagen, meine Roma-Gene kommen wieder zum Vorschein.
Ich trete umgehend in Aktion. Ich kämme die Zigeunerhaare, schrubbe die Fingernägel, wasche das Gesicht mit heißem Wasser und Seife, woraufhin die Haut etwas Farbe bekommt. Und ich durchsuche meine Taschen, diesmal mache ich keine halben Sachen, diesmal ziehe ich es durch. Bringe die letzten Koks- und Speed-Reste zum Vorschein; ein paar zerbröselte weiße Stückchen, die Aspirin sein könnten, aber auch was anderes. Nehme Abschied von zwei blauen, ein paar roten und -was ist denn das?- einer Amylnitratkapsel.
Das Mädchen, von dem ich die bekommen habe - was für ein Mädchen? Irgendein Mädchen in einem Club, bei einer Party vor etwa hundert Jahren -, hat mir verhießen, dass dieses Ding, wenn man es im kritischen Moment knackt und daran riecht, einen Orgasmus unglaublich verstärken und verlängern kann. Im Grunde ein Jammer, sich das entgehen zu lassen. Vielleicht könnte ich ... vielleicht sollte ich ... man weiß schließlich nie, wann man sowas mal gebrauchen kann ... Nein, diesmal mache ich tabula rasa. Der ganze Haufen, jede einzelne Pille, landet im Klo.
Ich spüle, und - ob man´s glaubt oder nicht - der Pharmahaufen will sich nicht auflösen. Ich spüle noch mal. Nützt nichts. Die Bösartigkeit unbelebter Objekte ist doch wirklich legendär. Ich bedecke die ganze Chose mit ein paar Metern weißem Klopapier, spüle noch mal und flüchte vor dem grauenhaften Anblick.