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Catherine machte sich ihre eigenen Gedanken, als ihr Sohn ohne ein erklärendes Wort regelrecht aus dem Haus stürmte, kaum dass er den Telefonhörer wieder aufgelegt hatte. Nachdem sie kopfschüttelnd die Frühstücksteller in die Maschine gestellt hatte, ging sie nach oben und betrat Bellas Zimmer, wo sie das Mädchen am Computer sitzend vorfand.
„Was machst du denn da?“ erkundigte sie sich neugierig, denn von Computern verstand sie so gut wie gar nichts. Sie waren ihr irgendwie suspekt.
„Ich seh nach, ob ich Mails bekommen habe.“ antwortete Bella, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden. “Nick hat mir gestern noch das Internet angeschlossen.“
„Ah ja.“ Das interesierte sie nun nicht wirklich. „Ich wollte dich noch etwas fragen, betreffs der Party. Du sollst da ja nicht ganz alleine rumsitzen. Warum laden wir nicht jemanden in deinem Alter ein? Die Suttons haben doch einen netten Sohn. Was hältst du davon?“
Bella schluckte. Ihre Vorstellung von nett unterschied sich doch arg von der ihrer Mutter.
„Lieb gemeint, Mum. Aber mach dir mal um mich keine Sorgen. Ich wollte sowieso lieber mit den andern ins Kino.“
„Während unserer Party?“ Für einen klitzekleinen Moment schien Catherine die Fassung zu verlieren, fing sich aber schnell wieder. „Mein liebes Kind! Das kommt gar nicht in Frage. Wie sähe das denn aus, wenn die Hälfte der Familie fehlt!“
„Aber Mum, solche Parties sind langweilig!“ maulte Arabella, stieß aber auf kein Verständnis bei ihrer Mutter.
„Tut mir leid. Jeder von uns hat seine Verpflichtungen, auch du. Je eher du das begreifst, desto besser.“ Sie drehte sich um, ging zur Tür und fügte, bevor sie hinausging, noch hinzu. „Und bitte sag nicht Mum zu mir. Du weißt, ich mag das nicht.“
Dieses Kind! Catherine ging leicht verärgert die Treppe hinunter. Wieso musste sie, kaum dass man ihr den kleinen Finger reichte, gleich nach der ganzen Hand greifen?! Sie gab sich doch nun schon Mühe. Mehr konnte niemand von ihr verlangen. Aber dieses Mädchen war einfach mit nichts zufrieden und hatte keinerlei Pflichtgefühl. Tja, sie würde es lernen müssen! Das war sie sich und dem altehrwürdigen Namen ihrer Familie schuldig!
Und natürlich lade ich den Sutton-Jungen ein. Wer sollte denn sonst mit Arabella tanzen? Nicolas bestimmt nicht. Der musste sich schließlich um Caroline kümmern.
Apropos Caroline. Sie griff nach dem Telefon und wählte eine Nummer.
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[/B]Es dauerte nicht lange, bis eine lange Limousine vor dem Haus vorfuhr, der eine junge Frau entstieg. Sie lächelte etwas geziert, während sie darauf wartete, dass ihr Chauffeur ihr das Tor zum Grundstück öffnete.
„Catherine!“ rief sie betont herzlich, als Nicks Mutter ihr entgegen kam.
Extravagant wie immer dachte Catherine bei ihrem Anblick. Der Rock könnte ruhig etwas länger sein, aber so war wohl die Mode derzeit. Und modebewusst war Caroline Vandermere mit Sicherheit, zumal ihr das nötige Geld zur Verfügung stand, sich den jeweiligen Veränderungen anzupassen. Manchmal allerdings... „Wie schön, dass du gekommen bist, Caroline.“ Sie lächelte sie freundlich an, breitete ihre Arme aus und schloß die junge Frau darin ein.
„Aber das ist doch selbstverständlich. Ich freue mich über deine Einladung.“
„Komm, Caroline, wir machen es uns auf der Terrasse gemütlich. Immerhin haben wir viel zu besprechen.“ [B]
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[/B][/B]Catherine nutzte den Weg zur hinteren Terrasse, um ihrem Gast die untere Etage des Hauses zu zeigen, in dem diese, wie sie ihr mit leisem Bedauern erzählt hatte, noch nie gewesen war. Sie hatte verständnisvoll genickt und Caroline erklärt, ihr Sohne tue sich im Allgemeinen etwas schwer mit Einladungen.
„Deshalb habe ich unsere Party ja auch hierher verlegt. Es wird Zeit, dass Nicolas auch einmal den Gastgeber für unsere Freunde spielt.“ Catherine bat ihren Gast, Platz zu nehmen. „Er vergräbt sich zu sehr in seine Arbeit und vergißt dabei, dass es auch noch etwas anderes gibt, als das Leben in der Klinik.“ Hoch erfreut, als Caroline ihr lebhaft zustimmte, fragte Catherine sie anschließend, wie ihr denn das Haus gefiele.
„Nun ja“, begann Caroline zögernd, sichtlich bemüht, das Richtige zu antworten. Immerhin wusste sie von Nicolas, dass Catherine das Haus früher selbst bewohnt und auch eingerichtet hatte. [B][B]
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[/B][/B][/B]Allerdings wunderte sie sich etwas über den legeren Stil, den Catherine hier hatte walten lassen, angesichts der kostbaren antiken Möbel, die im alten Blandfort Manor die Zimmer schmückten. Natürlich würde sie ihr das nicht sagen. Sie war auf Catherine angewiesen, wollte sie Nicolas jemals zu einer Erklärung bewegen. Und nichts wünschte sie sich mehr. Ihr Vater, der als erfolgreicher Geschäftsmann immer alles ganz genau wissen wollte, hatte diskret Erkundigungen eingezogen über die Blandforts und deren Hintergrund und dabei Erstaunliches zutage gefördert. Nicht nur, dass sie in weiblicher Linie von einer englischen Aristokratenfamilie abstammten, nein, es bestand sogar die Möglichkeit, dass Nicolas den Titel seiner Vorfahren wieder übernehmen würde. Ein Ahnenforscher hatte herausgefunden, dass der englische, inzwischen zur Grafenwürde aufgestiegene Zweig der Familie schon so gut wie ausgestorben war. Der jetzige Earl, ein über siebzig Jahre alter Greis hatte keine Geschwister und sein einziger, immer noch kinderloser Sohn starb bei einem Autounfall vor gerade einem halben Jahr. Verfolgte man nun dessen Linie zurück, traf man unweigerlich auf Catherines ausgewanderten Vorfahren Henry Blandfort. ‚Countess of Carver, das wäre doch ein Ziel, wofür es sich zu kämpfen lohnte!’ hatte ihr Vater gesagt und sie stimmte ihm zu.
Caroline wagte einen vorsichtigen Blick zu Catherine hinüber. Ob die Anwälte schon mit ihr Kontakt aufgenommen hatten? Nicolas wusste jedenfalls nichts von seinem Glück, daran gab es keinen Zweifel. [B][B][B]
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[/B][/B][/B][/B]„Nun?“ fragte seine Mutter gerade irritiert. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“
„Oh nein,“ versicherte ihr Caroline schnell. „Ich bin nur so begeistert von dem Haus, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Es ist so schön hell und freundlich. Elegant und trotzdem gemütlich.“
„Danke!“ Catherine freute sich ehrlich über das Kompliment. „Weißt du Caroline, vor vielen Jahren haben mein verstorbener Mann und ich dieses Haus eingerichtet. Nicolas und Bella haben einen Teil ihrer Kindheit hier verbracht. Und es wäre doch schön, wenn auch Eure Kinder bald durch diesen Garten tollen.“
„Ja, das wäre sicher schön.“ stimmte Caroline ihr zu, beschloß aber im Stillen, dass dieses Haus mit Sicherheit nicht ihr Zuhause werden würde. Jedenfalls nicht so! Für eine Gräfin ziemte sich ein solches Heim nicht, nicht einmal in Amerika. „Leider scheint Nicolas sein Interesse an mir verloren zu haben, ruft nicht einmal mehr an.“ seufzte sie und brachte es fertig, ehrlich bedrückt auszusehen, was gar nicht so schwer war, da sie sich wirklich sorgte, er könne ihr entgleiten. [B][B][B][B]
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[/B][/B][/B][/B][/B]„Oh beunruhige dich nicht unnötig, meine Liebe!“ Catherine beugte sich kurz hinüber und tätschelte ihr die Hand. „Er hatte in der letzten Zeit sehr viel zu tun, eine Menge Operationen und Ärger in der Klinik. Du siehst ja, nicht einmal am Sonntag gönnen sie ihm seine Ruhe. Außerdem hat er seit jeher Schwierigkeiten damit, seine Gefühle zu zeigen, ein eher hinderliches Erbe seines Vaters. Aber wir werden ihn schon in die richtige Richtung lenken, du und ich. Sprechen wir doch gleich mal über die Party nächsten Samstag. Ich hatte mir gedacht, es wäre doch eine schöne Idee, wenn du neben mir quasi schon mal mit als Gastgeberin auftreten würdest. Ich könnte durchaus Hilfe gebrauchen und auf Nicolas will ich mich lieber nicht verlassen. Was meinst du?“
Caroline stockte der Atem. Catherine würde sie damit der Gesellschaft praktisch als die zukünftige Ehefrau ihres Sohnes präsentieren. Das brächte sie einen ungeheuren Schritt voran. Nicolas konnte sie danach unmöglich weiter ignorieren. Die Idee war einfach zu verlockend, und so nickte sie zustimmend.[B][B][B][B][B]
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