Seit längerem läuft da ein Lied immer und immer wieder im Radio, ich glaube die Band heißt "Wir sind Helden" und dabei geht es um ein Denkmal...
Nicht hauen, das ist eigendlich nicht meine Musikrichtung... aber so langsam nervt es mich ein bißchen.
Und was mich am meisten ärgert: ich kann mir einfach nicht vorstellen um was es in diesem Lied gehen soll...
Welches Denkmal? Wofür? Und für wen?
IST DA ÜBERHAUPT EIN TIEFERER SINN DRIN??? Oder auch "nur" `ne Metapher???
OK, angeblich hat die Herkunft der Band damit was zu tun... aber das erschien mir etwas mager...
Bitte, falls da eine/r von euch mehr Ahnung hat, bitte antworten.
Danke im Voraus,
cassio
Worum geht´s in dem Lied überhaupt?
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Ach naja, da wir ja jetzt ein Mass-Media-Forum haben, muss das eigentlich nicht zwangsweise in den Musikthread.
Ich hab mal etwas gegoogelt und scheinbar haben sich damit schon 'n paar (wenige) Leute beschäftigt.ZitatSchön muss es aussehen, das Denkmal: Ein „Abbild in Stein“, mit „goldener Schrift“ gar. Staatenlenker bekommen solche Statuen, Schlachtensieger, gelegentlich Dichter – Helden eben, die postum gewürdigt werden. Deutlich mehr Berühmtheit setzt solch ein Denkmal voraus als die „15 Minuten“, die Andy Warhol einem jedem von uns prophezeit hatte. Man muss auch mehr geleistet haben als diese „Heroes for just one day“, die David Bowie besang.
Und nun das: „Komm mal ans Fenster“, fordert hier jemand und zeigt sich entrüstet. „Hinterm Wellblechzaun“ sieht er sein Denkmal. Zweifelsohne ist „da drüben auf dem Platz vor Aldi“ nicht eben ein klassischer Gedenkort, kein Ehrenhain, aber bitte: Muss man denn gleich radikal werden? Muss man nicht, denkt offenbar der Ansprechpartner im Lied. Sage und schreibe sechs Mal muss er aufgefordert werden, sich an die Seite des Entrüsteten zu stellen: Komm mal ans Fenster komm her zu mir“, lauten die Imperative in der ersten Strophe, „Komm auf die Straße komm her zu mir“ die Mahnungen der zweiten, beinahe schon genervt die letzte Aufforderung: „Komm auf die Beine komm her zu mir ... wir haben nicht ewig Zeit“ – ob das Du dem dauernden Drängen letztendlich nachgibt? Man weiß es nicht. Vielleicht findet er die Sache mit dem Denkmal ja durchaus in Ordnung.
Die Entrüstung aber scheint erst einmal wohlbegründet. Auch wenn man nicht
genau erfährt, aus welchem Anlass das Abbild errichtet wurde, „jeder Vollidiot
weiß, dass das die Liebe versaut“!
– welche Liebe? Die zwischen
singendem Ich und trägem Du? Mal
ehrlich, sollte es da etwas geben, ist
es offenbar eh schon nicht mehr so
ganz im Lot. Oder die zwischen
Denkmalbauern und den gewürdigten
Helden? Vielleicht, schließlich löst der
Text der goldenen Inschrift an
exponierter Stelle kurz vor dem
Liedende die letzte große Wutwelle
aus: „wir sollen in Ewigkeit ruhen“.Und wer aber ist „wir“ nun schon wieder? Die Band, die sich ironisch Heldentum attestiert und sich dabei in prophylaktischer Selbstmarginalisierung übt? Der „musikalische underground“? Dann stünde das Denkmal als eine Art Symbol verbildlichter Vereinnahmung: Die jugendliche Subkultur wird in Ausstellungen, Filmen und Anthologien gewürdigt, der Mainstream übernimmt die Lebensformen des underground – was unweigerlich eine Entschärfung des Potenzials subkultureller Minderheiten zur Folge hat, ihnen ihre gesellschaftsverändernde Kraft raubt. Und so wird ein Denkmal auch schnell mal zum Abgesang auf vergangene Zeiten: „Ruhe in Ewigkeit“. Da ist wütende Verzweiflung über die Kanonisierung zu Lebzeiten, das spießige Feiern mit „Blumen und Girlanden“, das Einfrieren im Gegenwärtigen und wohl auch über das vorzeitige in-den-Ruhestand-Geschobenwerden durchaus berechtigt. Quicklebendig fühlt sich das Ich in diesem Lied wohl noch. Aber stimmt das denn tatsächlich?
Zweifel sind angebracht. Auf jeden Fall traut es sich die Zerstörung des Denkmals – der sechsmalige Imperativ belegt es – nicht allein zu. „Hol den Vorschlaghammer“, jaja, und dann? Erfahren wir von einer Zertrümmerungsorgie? Nichts dergleichen. Nur ein Vorausblick: Irgendwann später sollen Sprayer engagiert werden, die „nachts noch die Trümmer mit Parolen beschmieren“ sollen. Wenn es – die Attribuierung der gewünschten Sprayer weist darauf hin – nicht um die Schönheit der Graffitis geht, warum besorgt das erboste Ich das Beschmieren nicht selbst?
„Es wird sich doch irgendein Terrorist finden, der das Olympiastadion mit einer Bombe in die Luft jagt“, äußerte in den späten 90er Jahren Franz Beckenbauer, als er als Präsident von Bayern München eine neue Spielstätte für sein Ensemble wünschte, die Bürger der bayerischen Landeshauptstadt aber gar zu sehr am Austragungsort Olympias hingen. Das angekündigte Engagement schlechter Sprayer im Lied – klingt es weniger nach den wirren Ideen eines Arrivierten, eines Helden vergangener Tage?
Statt heroischer Unbekümmertheit, jugendlicher Radikalität finden wir in „Denkmal“ ein verbales Aufbäumen ohne tatsächlichen Mut. Empörung über vermeintlich vorzeitige Würdigung, natürlich – aber doch noch größere Angst vor dem Erwischtwerden! Und so kommt man zum Entschluss: Vermutlich ist das Ich nicht mehr so vital, wie es einst wohl war. Die Zeit der Heldentaten ist vorbei, das Denkmal auch zu Lebzeiten durchaus berechtigt.
Das Olympiastadion steht noch immer. Ähnliches lässt sich angesichts der im Liedtext angezeigten Feigheit vor dem Stein wohl auch über das fiktive Abbild mit goldener Inschrift sagen.
Quelle: http://www.tu-chemnitz.de/phil…kult/tzschucke_helden.php