"Wer Liebe verspricht..."

Eine kleine Karfreitag-Fs für euch, bevor ich Forellen essen gehe
Will euch ja nicht schon wieder so lange warten lassen...sonst habt ihr am Ende alle das Buch gelesen...*zwinker*

"Es ist wahr."
"Hat er das...freiwillig unterschrieben?"
"Wohl kaum."
Ihr Herz wurde von einer eiskalten Faust umklammert. "Es muss ein Irrtum sein, ein schreckliches Missverständnis..."
"Ich versichere dir, bei mir gibt es keine Fehler und keine Missverständnisse." erklärte er trocken.
"Aber warum Das?"
(<Einschub von mir: Das ist der Komplize von Onkel Josh, falls ihr den Namen vergessen haben solltet>)

"Er ließ sich am leichtesten kaufen."
Ihr gefror das Blut in den Adern. "Was ist aus ihm.."
"Ja."
Ensetzt presste sie die Hand vor den Mund. "Ist er...ist er tot?!"
"Ja."
Es tat weh, wie er das mühelos eingestand. "Aber warum? Warum wenn du bereits dieses hier in den Händen hattest?"
Er sah sie kalt an. "Tote können weder Geschichten erzählen, noch unterschriebene und beschworene Aussagen leugnen. Das war Abschaum, er hat nur bekommen was er verdient."
Erschrocken sprang Olivia auf. "Sie werden dich nicht in Ruhe lassen, Jai. Sie werden dich jagen, bis sie dich haben - so oder so."
"Ich bin daran gewöhnt, gejagt zu werden. Sie werden seine Leiche nicht finden....oder erst, wenn es nicht mehr wichtig ist.

Olivia kämpfte gegen die ensetzliche Angst an, die sie erfasst hatte.
"Wenn Das...vermisst wird, dann werden sie behaupten, die Aussage sei eine Fälschung."
Er zuckte mit den Achseln. "Vielleicht. Es kommt nicht darauf an."
"Was wirst du mit seiner Aussage machen?"
Er sah sie fragend an. "Was glaubst du?"
Olivia schluckte heftig. "Wirst du sie veröffentlichen?"
"Findest du nicht auch, dass man es tuen sollte? Glaubst du nicht, man sollte die beiden blosstellen?" Zum ersten Mal wirkte er zornig. "Ich sage beide, obwohl du ebenso wie ich weisst, dass nur einer von ihnen durchtrieben genug ist, solch einen teuflischen Plan zu ersinnen. Ransome ist nur ein Handlanger, kein Bösewicht."

"Wenn du das veröffentlichst, wird dann mein Onkel angeklagt werden?" Diese Möglichkeit erfüllte sie mit Entsetzen. "Es ist alles so unglaublich scheußlich!"
Raventhorne lachte, ging zu ihr und hielt ihr Kinn so dass sie ihn ansehen musste. "Du musst noch viel Lernen, meine naive Amerikanerin! Du musst zum Beispiel lernen, wie die Rechtsprechung in Indien funktioniert. Bei Verbrechen sprechen nur englische Richter das Urteil - und kein Richter wird zulassen, dass die Ungeheuerlichkeit eines Gerichtsverfahrens einem Mitglied seines Clubs zugemutet wird. Slocum wird mit der gesamten europäischen Gemeinschaft im Rücken, alles tun, um die Sache so diskret wie möglich zu behandeln und einen öffentlichen Skandal zu vermeiden."

"Das Geständnis von Das wird man als Fälschung abtuen und zu den Akten legen. Alle werden sich einig sein, dass er sowieso nur ein dreckiger, einheimischer Lügner war, und im Grunde auch erleichtert sein, dass er verschwunden ist. Sie werden mich keineswegs verfolgen sondern mich womöglich diskret loben. -Endlich hat der infernalische Kala Kanta einmal etwas getan - werden sie hinter vorgehaltener Hand bei Zigarren und Brandy sagen - um seine widerwärtige Existenz zu rechtfertigen. Trinken wir auf den Bastard, auch wenn er für seine Kragenweite etwas zu groß geworden ist." Erschöpft liess er seine Hand sinken. "Um deinen Onkel musst du dir keine Sorgen machen. Ich werde das Geständnis auch nicht veröffentlichen.

Zum ersten Mal hatte er so lange und offen über etwas mit ihr gesprochen. Olivia wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war hin und her gerissen zwischen der Loyalität zu ihren Leuten und ihren Verwandten und zu diesem Mann, an die sie sich mit Leib und Seele gebunden hatte.
"Für mich zählt nur Arvid Singh. Er kennt natürlich die Wahrheit." erklärte Jai schließlich gepresst. "Und die anderen - Slocum hat bereits eine Kopie der Aussage, ebenso wie Ransome und dein Onkel. Wie auch immer sie in der Öffentlichkeit auftreten, insgeheim werden sie schwitzen, denn nur Arvid weiss das Das tot ist und seiner Aussage so oder so nichts mehr hinzufügen kann."
"Und die beglaubigten Zeugenaussagen?" fragte Olivia leise. "Was wird aus ihnen?"

Er lächelte belustigt. "Sie sind vermutlich nicht mehr beglaubigt worden. Die Zeugen sind bequemerweise mit Geld vom Templewood Konto bezahlt worden und wie es seinem Beruf entsprach hat sich Das von den Zeugen den Betrag quittieren lassen." Er zeigte verächtlich auf eines der Blätter auf dem Schreibtisch. "Nicht einmal Barnabas Slocum kann diesen himmelschreienden Gestank in den Duft von Rosen verwandeln."
Olivia wollte zu ihm gehen, aber sie wusste, er wollte jetzt nicht von ihr berührt werden.
"Die Tat meines Onkels warfalsch, entsetzlich falsch. Ich weiß es," sagte sie verzweifelt, " aber das eine weisst du nicht, Jai. Er ist in vieler Hinsicht so blind und besessen wie du. Auch in seiner Seele sitzt ein Geschwür. Es zwingt ihn zu handeln, trübt seine Sinne und führt zu einem unfasslichen Wahnsinn."

Sie eilte zu ihm und fasste sein Gesicht.
"Für seine Taten wird er eines Tages Gott Rechenschaft ablegen müssen."
Er lachte und schüttelte ihre Hand ab. "Gott hat dazu eine Ewigkeit und ich habe weniger Geduld. Meine Rache ist weniger subtil, sondern irdischer Natur." Er lachte wieder, aber Olivia sah, dass seine Augen fremd und kalt wirkten. Von erneuter Angst erfasst griff sie nach seiner Hand und ließ sie nicht los.
"Nicht noch mehr Tote Jai, bitte..."
Er schüttelte den Kopf. "Nein, nicht noch mehr Tote. Aber wie sagte es Sir Josh doch so treffend: Es gibt schließlich nicht nur eine Möglichkeit, um einen Affen zu fangen." Er küsste ihre Hand und löste sich dann von ihr.
"Ein Beiboot wird dich ans andere Ufer und Bahadur dich sicher nach Hause bringen."

Er hatte sich wieder einmal von ihr gelöst. Mit der Macht der Gewohnheit wollte sie ihm wieder die ewige Frage stellen, aber mit einem Lächeln unterließ sie es. Olivia wusste, sie würde ihn wiedersehen. Sie war damit zufrieden zu warten, und sollte es bis ans Ende ihres Lebens dauern.
Dann zog er sie auf einmal in seine Arme.
"Pass auf dich auf. Das Wechselfieber kann sehr hartnäckig sein und wird dich schwächen." Sie freute sich über seine Sorge. "Ich liebe dich, Jai."
"Ja, ich weiß." Mehr sagte er nicht.
Trotz aller guten Vorsätze fragte sie dann doch..."Wann?"
Er legte ihr einen kalten Finger auf den Mund und im kupfernen Morgenlicht dass durch das Bullauge hereinschien, war sein Gesicht leichenblass.

"Ich habe dich weder klug noch vernüftig geliebt, aber ich habe dich geliebt. Wirst du dass nicht vergessen?"
"Wie könnte ich dass vergessen?"
"Wirst du mir dann vertrauen, Olivia? Wirst du mir vertrauen?"
"Ja!"
"Versprich es!"
"Ich verspreche es. Ich verspreche es." Sie sah nervös in sein angespanntes Gesicht, um den Grund für dieses Versprechen zu erkennen, aber sie verstand ihn nicht. "Natürlich vertraue ich dir, Jai."
Er sah sie seltsam wehmütig an und flüsterte: "Dann wirst du vielleicht soviel Menschlichkeit aufbringen, mir zu verzeihen." Seine Lippen streiften flüchtig ihr Gesicht, dann liess er sie los.

"Ich muss dir nichts verzeihen." Sie wollte ihm noch soviel sagen. Sie wollte bei ihm bleiben. Sie wollte ihn lächeln sehen.
"Beeil dich, du musst gehen. Bald ist es hell und man darf dich nicht sehen." Er küsste sie nicht, sondern ging aus seiner Kajüte und hinaus auf den Gang um Olivia an Bahadur zu übergeben, der sie an Deck bringen sollte. Olivia war gerührt über seine Sorge um ihren Ruf. Bald würden es sowieso alle wissen. Bevor sie an Deck trat, drehte sie sich nocheinmal lächelnd um, um ihm zum Abschied zu winken. Ein erster Sonnestrahl fiel plötzlich auf ihn. Ihre Hand erstarrte und ihr Lächeln erstarb.
In Jai Raventhornes Augen standen Tränen.

So, dass wars für heute. Nun nähern wir uns wirklich mit raschen Schritten dem ersten großen Höhepunkt der Gesichte. Ich bitte nochmal alle, die das Buch gelesen haben, nichts zu verraten!! Aber dass macht ihr ja eh nicht...hoffe ich doch :augdrück
Wünsche euch noch einen schönen Tag.
Lg,
Santine :wink

@keira: Deine Sorgen sind nicht ganz unberechtigt....*zwinker*
@Thiara: Also bevor du platzt mach ich dann doch lieber ganz schnell weiter...
@Nikita: Ja, das hat einen Grund...einen ganz gewaltigen sogar... *grins*
@wildkatze: Ja, bin auch gespannt und wie... :augdrück
@Sango: Ja, Das ist mal wirklich ein blöder Name...zumindest in der deutschen Übersetzung.

Heute kommt wieder eine lange Fs..mit die längste überhaupt, glaube ich :kopfkratz Denn ich war mir nicht sicher, ob ich Morgen oder Übermorgen Zeit habe...!
Und da ich so ein lieber Mensch bin (*lach* ) kommen wir bereits in der heutigen Fs zu dem ersten Höhepunkt der Gesichte...auch wenn ihr mich danach vielleicht hassen werdet! Bin schon sehr gespannt auf euer Commis dazu...!

Los gehts:

"Cousine Maude schreibt, sie haben einen schönen Sommer in Norfolk. Überall finden Pickniks statt." Lady Bridget seufzte wehmütig. "Maude schreibt, sie sei zur Hochzeit einer Freundin nach Kev gefahren, wo die Parks nur so mit Sommerblumen übersät seien." Olivia sah sie an, sagte aber nichts.
Lady Bridget lies den Brief den sie las, sinken. "Du hättest das Mittagessen nicht verschlafen dürfen, mein Kind. Bist du wirklich gesund genug, um schon wieder auszureiten?"
"Ja, natürlich." Offenbar hatte doch jemand bemerkt, dass sie mit Jasmine unterwegs gewesen war. Sie lächelte. "Ich bin nur müde."

"Obwohl du so lange geschlafen hast? Das liegt sicher am Wechselfieber. Man ist danach noch lange schwach." Sie las den Brief weiter.
Es war bereits vier Uhr nachmittags. Nach der verstohlenen Rückkehr von der Ganga hatte Olivia neun Stunden geschlafen, aber sie war noch nicht munter. Bei der Erinnerung an die vergangene Nacht wurde sie rot. Sie sah in die Ferne ohne etwas zu sehen.
Aber ja, ich liebe dich...
Olivia richtete sich auf. Das so lange verborgene Geheimnis musste nicht länger ein Geheimnis bleiben. "Tante Bridget, ich glaube ich muss dir etwas sagen.."