• Huhu Raya,


    erstmal schön, dass du dich "geoutet" hast. Und ja, ich bin mir durchaus bewusst gewesen, dass es gewagt ist aus der Sicht des Todes zu schreiben. Aber für mich war es gerade der Reiz daran, die Story so aufzubauen, dass man seine Sichtweise der Dinge sieht. Mich hatte anfangs der Gedanke, was passiert wenn der Tod sich in eine Sterbliche verliebt, einfach nicht losgelassen und da erschien es mir einfach logisch, dass aus seiner Sicht zu schreiben. Vor allem, weil es dann halt auch nicht einfach nur eine Standard-Liebesgeschichte wird, die man schon in x-Varianten gelesen hat. :)


    Ohja, er war wirklich leichtfertig mit der Sache und wie er ja auch schon gemerkt hat, viel zu unüberlegt. Er hat einfach nicht genug nachgedacht und alles bedacht im Vorfeld. Er war sich gar nicht bewusst, was es alles für Konsequenzen haben kann. Er sieht den Tod auch nicht als so tragisch an, da ihm ja die menschlichen Bindungen ans Leben bisher gefehlt haben. Bisher war ihm gar nicht klar, warum die Menschen leben wollen und er sah das Ende des Lebens halt als etwas an, was einfach früher oder später passieren muss.


    Und egal war ihm nicht, dass er einsam ist. Es war ihm einfach nicht bewusst. ;)


    Tja, warum Annabelle die Geistergeschichte einfach so aufgenommen und geglaubt hat, bleibt noch abzuwarten. Ich an ihrer Stelle wäre ja nicht so leicht zu überzeugen gewesen. :rofl


    Was Hugh, meinen Lieblingsassassinen, angeht, bleibt noch abzuwarten, wie er sich noch weiter einfügt. Auf jeden Fall hat er noch eine nicht ganz unwesentliche Rolle zu spielen. :fiu



    ---
    Huhu Innad,


    ja, fürs Erste ist der Plan aufgegangen. :D


    Wie ich oben schon zu Raya geschrieben habe, bleibt noch abzuwarten, warum Annabelle die Geschichte so einfach glaubt. Ich hätte das nicht. ;)



    Stimmt, das Problem bleibt immer noch Robert, auch wenn sie jetzt den Tod/Lucien kennt. Und nein, der Tod kann ihn nicht auf Robert hetzen, weil er dann ja in die natürliche Ordnung der Dinge eingreifen würde und das hätte ja zur Folge, dass er selbst nicht mehr existiert und damit wäre Annabelle auch nur so weit geholfen, dass sie eine Weile den unliebsamen Mann los wäre und höchstwahrscheinlich wieder verheiratet werden würde. ;)



    Und es bleibt noch abzuwarten, in wie weit der Assassine über den Tod Bescheid weiß und was für eine Rolle er noch spielen wird. Auf jeden Fall war es nicht sein letzter Auftritt hier. :)


    ---
    So, und weil ich es schon lange nicht mehr gemacht habe und schon so viele habe, gibt es jetzt noch die Outtakes:





    Sie machen es ständig. So langsam kann ich es nicht mehr sehen. :rolleyes





    Super, da schmeißt man den Tod in die richtige Pose und was passiert: eins von den Viechern auf dem Grundstück meint die Gebüsche zerstören zu wollen. ^^





    Ich wusste es schon von Anfang an. Robert hat auch eine sensible Seite, er traut sich nur sich das zu zeigen.





    Nachdem Robert und Annabelle zum ersten Mal miteinander geflirtet haben und ich vergessen hatte, die Eifersucht auf dem Grundstück aus zu stellen:


    "Wie konntest du mir das nur antun? Du bist so gemein!" *heul*




    "Das verzeih ich dir nie." *schnief*


    Heulsuse!





    Nur um gleich danach sich auf den Konkurrenten zu stürzen und ihn zum Duell fordern.





    "HAH, dem habe ich es aber gezeigt!!"




    Auch Meuchelmörder kommen und gehen mit einem Taxi. Collateral lässt grüßen. ^^





    Hundekämpfe in der geheiligten Zuflucht. Der Verfall der Sitten schreitet voran. :misstrau





    Ein Fall von "Mir doch egal, dass wir verheiratet sind, du rührst mich nicht an."
    Richtig so Annabelle.




    Ich sage doch, sie machen es ständig. Ohne Rücksicht auf andere Besucher oder auch wenn es dem Angebeteten gerade egal ist.





    Hygienenotfälle erfordern auch mal nicht Mittelaltergerechte Utensilien.





    Darf ich vorstellen, der eigentliche Turmbewohner. Auch wenn er von seiner neuen Behausung nicht gerade begeistert ist. :D





    Also wirklich, so wird das nie was mit dem Meucheln. Oder sind das Gewissensbisse?





    Maaan, ist der langweilig, wann fangen wir endlich mit dem Dreh an?





    Wann immer die Zwei sich sehen, grinsen sie sich an. Ich habe ein Monster erschaffen, so verliebt kann man doch gar nicht sein. :rolleyes





    "Und dann rührte ich solange rum, bis ich dich wieder hatte."
    "Ach, echt! Wow! Das ist ja toll."


    :wink

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



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  • Darling so it goes
    Some things are meant to be
    Take my hand, take my whole life too
    For I can't help falling in love with you
    (Elvis Presley - Can't help falling in Love)





    Ich kehrte zum Turm zurück, nachdem ich den Assassinen fragend zurückgelassen hatte. Ich wollte dort auf Annabelle warten. Schließlich konnte ich nicht mehr einfach so auf ihrem Hof erscheinen. Sie konnte mich jetzt sehen. Es kam mir immer noch unwirklich vor, dass sie mich jetzt wahrnahm. Es war wie ein Wunder und ich konnte noch immer die Wärme ihrer Hand spüren. Dieses Gefühl erfüllte mich mit Glück, einem Glück, was ich nie für möglich gehalten oder für mich in Betracht gezogen hatte. Es erschien mir wie ein komplett neues Dasein für mich. Ich hatte ein Ziel und ganz viele neue Erfahrungen lagen nun vor mir. Ich konnte nicht anders als Lächeln.





    Ich beschloss erstmal nicht in meine Zuflucht zurückzukehren und im Turm zu bleiben. Ich musste meiner erfundenen Geschichte ja folgen und mich in dem alten Gebäude einleben, als hätte ich schon immer dort gewohnt. Ich musste den Ort kennenlernen, damit ich ja keine Fehler machte, sollte Annabelle mich ausfragen über den Turm.
    Mir war bewusst, dass es nicht richtig war, sie über meine wahre Gestalt an zu lügen, aber ich hatte keine andere Wahl. Das sie mir die Geistergeschichte abgekauft hatte, war schon erstaunlich genug. Ich konnte nicht riskieren sie jetzt schon wieder zu verlieren in dem ich sie erschreckte. Ich wusste, dass ich früher oder später mit der Wahrheit herausrücken musste, aber noch war es zu früh dafür. Sie musste mich erst einmal kennenlernen.
    Und so betrat ich das verfallende Gebäude, um es zu Meinen zu machen.





    Das erste was mir auffiel war der muffige Geruch. Es war als wenn die Tür schon seit Jahrzehnten nicht mehr geöffnet worden ist. Was wahrscheinlich auch der Fall war, denn schließlich war das Gebäude schon seit Jahrzehnten verlassen. Eine Ratte huschte vor mir weg, als ich über das auf dem Boden verteilte Laub schritt. Ein kurzer Blick genügte mir um zu erkennen, das dieses kleine Nagetier wohl nicht das einzige war, was hier lebte. Nun gut, damit konnte ich leben.
    Ich setzte mich auf den einzigen Hocker in dem Raum und schaute mich um. Es gab nichts mehr hier, was nicht alt und halb zerfallen war. Es war der perfekte Ort für meine erfundene Geschichte. Ich versuchte mir so viele Einzelheiten wie möglich einzuprägen, immer darauf bedacht auch auf Kleinigkeiten zu achten.





    Nach einer Weile stand ich wieder auf, klopfte mir den Staub von meinem Hintern und ging rüber zu dem Regal an der Wand. Auch dort klebte eine dicke Schicht Staub auf dem alten Holz. Ich wischte ein wenig drüber, hinterließ eine Spur und wischte mir anschließend die Hand an meinem Ärmel ab.
    Der ganze aufgewirbelte Staub brachte mich zum Niesen und ich konnte kaum damit aufhören. Niesend verließ ich den Turm wieder, atmete draußen angekommen tief durch und setzte mich wieder auf die Treppe. Auf den Platz an dem sie vorher gesessen hatte. Mir war als könnte ich immer noch ihre Wärme spüren. Das brachte mich wieder zum Lächeln.





    Und so wartete ich voller Ungeduld an dem alten Gebäude auf sie. Es fiel mir nicht leicht, geduldig zu sein. Es wäre so viel einfacher, wenn ich zu ihr gehen könnte und sie einfach nur beobachten würde. Dann würde ich wissen, wann sie sich von dem Ekel losreißen könnte und zu mir kommen würde. Aber die Zeiten waren jetzt erst einmal vorbei. Ich wollte sie nicht erschrecken in dem ich plötzlich neben ihr stand. Auch wenn mich der Gedanke reizte und immer verlockender erschien je länger ich wartete.
    Ich weiß nicht mehr, wie viele Tage vergingen, ehe es endlich soweit war. Zeit hatte für mich nur wenig Bedeutung, aber in diesen Tagen war sie für mich ein Folterinstrument erster Klasse. Am ersten Tag wartete ich noch lächelnd auf sie, aber nachdem dieser verstrichen war, verschwand auch meine gute Laune.





    Und als ich schon so gut wie soweit war, doch zu ihr zu gehen, kam sie den Weg zum Turm entlang. Sofort begab ich mich vom Turmdach in das Erdgeschoss und wartete ungeduldig hinter der Tür.
    Ich konnte sie sehen, wie sie zögernd vor derselben stand und immer wieder die Hand hob, so als wollte sie anklopfen, aber sie traute sich nicht. Ich konnte den Zweifel auf ihrem Gesicht sehen. Sie schien sich zu fragen, warum sie hier war und ob sie sich nur eingebildet hatte, dass ich existierte. Ich musste grinsen, als ich ihren zweifelnden Gesichtsausdruck sah. Und so ließ ich sie noch ein wenig zappeln ehe ich die Tür öffnete und sie so aus ihrer Ungewissheit erlöste.





    "Schön, dass Ihr wiedergekommen seid", begrüßte ich sie und einen Moment konnte ich den Schock auf ihrem Gesicht sehen, als sie realisierte, dass sie sich mich nicht eingebildet hatte.
    "Hallo", murmelte sie verzagt, nur um gleich darauf mit mehr Elan fortzufahren. "Es ist auch schön, Euch wieder zu sehen. Ich gebe zu, ich war mir nicht sicher, ob ich Euch wirklich wieder hier vorfinden würde." Sie lachte unsicher und kleine Schauer des Entzückens fuhren durch mich durch bei dem Klang ihrer Stimme.
    "Schließlich war ich ja auf den Kopf gefallen und die Wahrscheinlichkeit war groß, dass Ihr nur eine Einbildung meinerseits wart. Aber ich muss zugeben, das meine Neugier gesiegt hat und nun bin ich hier." Sie plapperte und ich war so entzückt davon, dass ich kaum merkte, dass sie geendet hatte.
    "Ich bin froh darüber, dass Ihr so neugierig seid", rettete ich mich gerade noch so, ehe eine peinliche Pause entstehen konnte. "Was haltet Ihr davon, wenn wir uns da auf die Wiese setzen? Ich würde Euch ja auch hereinbitten, aber drinnen ist es so muffig und die Sonne scheint."





    Ich merkte, dass auch ich anfing zu plappern und stoppte mich. Einen winzigen Moment hing meine Frage zwischen uns, ehe sie eine Entscheidung traf.
    "Sehr gerne."
    Wir gingen schweigend rüber zu der Stelle auf die ich vorher gezeigt hatte. Ich konnte mir aber nicht verkneifen, sie verstohlen zu mustern. Sie sah erholter aus als noch vor ein paar Tagen. Sie wirkte dadurch viel jünger und erschien mir noch schöner als sowieso schon. Es fiel mir schwer meine Augen von ihr zu nehmen. Es war berauschend so nah neben ihr zu sein. Ich nahm ihren Geruch nach Lavendel so intensiv wahr, dass mir fast die Luft weg blieb und ich kostete jeden einzelnen Schritt aus.
    Natürlich achtete ich durch ihre Ablenkung nicht darauf, wohin ich meine Füße setzte und so stolperte ich über das fast schon zerfallende Rad des alten Wagens, der am Wegrand stand. Ich konnte gerade noch verhindern, dass ich hinfiel, aber der kleine Ausrutscher genügte, um sie zum Lachen zu bringen.





    "Entschuldigt bitte. Ich hätte nicht lachen sollen, aber wann sieht man schon mal einen Geist stolpern." Sie strahlte mich regelrecht an und ich konnte nicht anders als auch zu lachen, auch wenn mir mein Missgeschick schon etwas peinlich war.
    "Schon gut. Ich bin mir sicher es sah komisch aus."
    Wir ließen uns ins weiche Gras fallen und sahen uns einen Moment schweigend einfach nur an. So recht wusste keiner von uns Beiden ein Gespräch anzufangen.
    "Habt Ihr Euch denn von deinem Sturz erholt?" fragte ich sie nach einer Weile, während sie versonnen ein paar Grashalme pflückte.
    "Ja, es ist als wenn nichts gewesen wäre", während sie das sagte, zerstörte sie einen Halm gänzlich, wie um ihren Worten Lügen zu strafen.
    "Das freut mich. Es hätte mir nicht gefallen, wenn dem nicht der Fall gewesen wäre." Die Worte waren raus, ehe ich sie aufhalten konnte. Diesmal war ich derjenige, der ein wenig Rot wurde.
    Sie sah mich ein wenig seltsam an und ich beeilte mich fortzufahren: "Ihr seid ja auf meinem Grund und Boden umgekippt und ich fühle mich verantwortlich dafür, dass Ihr gestürzt seid."





    Ein Teil Wahrheit und ein großer Teil Lüge. Ich biss mir auf die Zunge, konnte aber nicht verhindern, dass ich sie immer wieder anlügen musste, wenn ich nicht wollte, dass sie die Wahrheit erfuhr. Das schlechte Gewissen meldete sich. Ich konnte mir kaum verzeihen in dem Moment als ich in ihre Augen blickte, dass ich sie so in Gefahr gebracht hatte. Bis zu dem Augenblick war mir nicht bewusst gewesen, was ich da getan hatte. Ich schauderte.
    "Nein, keine Sorge. Es geht mir gut. Wollen wir die Förmlichkeit nicht sein lassen? Es besteht doch kein Grund dafür, oder?" Sie sah mich fragend an und ich hörte eine leichte Verzweiflung in ihrer Stimme.
    "Nein, dafür besteht wirklich kein Grund." Ich lächelte sie an, wahrhaftig erfreut über ihre Bitte.
    Sie wirkte erleichtert, so als hätte sie Angst gehabt, ich hätte etwas anderes sagen können. In dem Moment begriff ich, dass sie genauso einsam war wie ich und das ihr dieser Umstand schon viel länger bewusst war als mir.
    "Gut, dann wäre das ja geklärt. Vielleicht können wir jetzt ja Freunde werden. Ich sollte das nicht sagen, aber ich glaube ich brauche einen Freund." Jetzt hörte ich deutlich die Verzweiflung in ihrer Stimme.
    "Dann will ich dein Freund sein."





    Dieses einfache Geständnis meinerseits vertrieb die düstere Stimmung in ihrem Gesicht und ich begriff, dass auch wenn sie erholter aussah als bei ihrem letzten Besuch hier, sie es nicht war.
    "Und was hast du in den letzten Tagen gemacht?" fragte sie nach einer kleinen Pause.
    Ich wusste im ersten Moment nicht, was ich sagen sollte. Ich konnte ihr ja schlecht sagen, dass ich nur auf sie gewartet hatte. Fieberhaft dachte ich über eine mögliche Antwort nach, die mich nicht in Verlegenheit bringen würde oder eine Lüge wäre.
    "Oder hast du nur auf mich gewartet?" scherzte sie mit einem Zwinkern in ihren schönen Augen nachdem ich nicht schnell genug mit dem Ausdenken war.
    "Natürlich habe ich das, was hätte ich auch sonst tun sollen", sprang ich auf ihre zweite Frage an und lachte.
    "Als Geist hat man ja bestimmt auch nicht mehr viel zu tun. Obwohl es ja heißt, dass Gespenster nur noch auf Erden sind, weil sie noch etwas zu erledigen haben. Stimmt das? Oder kann man nach seinem Tod nach Belieben auf der Welt umher wandern?"
    Ich dachte kurz nach, ehe ich meine Antwort formulierte.





    "Ich kann es nicht erklären, warum ich hier bin, weil es eben nicht so ist, dass man nach dem Tod noch auf der Welt bleibt. Wenn man stirbt, geht die Seele, die Essenz eines Menschen auf die andere Seite. Daran kann man nichts ändern. Das ist eines der ehernen Gesetze des Universums. Mir ist kein Fall bekannt, dass jemand nach seinem Tod noch auf Erden wandelte." Alles die Wahrheit. Ich war stolz auf mich.
    "Hm", machte sie. "Dann ist bei dir vielleicht etwas schief gelaufen, wenn du immer noch hier bist."
    "Schon möglich", zögerlich bestätigte ich ihre Aussage. "Ich wüsste nur nicht was."
    "Kann ich dich fragen, wie es war? Zu Sterben meine ich." Ihr Stimme klang ein wenig sehnsüchtig und Panik machte sich in mir breit. Sie durfte sich diese Reise noch nicht wünschen. Ich musste es ihr ausreden. Das hätte ja einfach sein können, schließlich kannte ich den Vorgang des Sterbens in allen Varianten, aber ich wollte ihr es nicht grausamer erscheinen lassen als es war. Ich wollte ihr keine Angst machen.





    "Es war friedlich, soweit ich mich erinnere. Ich hatte keine Schmerzen mehr und ich fühlte mich geborgen, getragen von jemanden der mich nicht fallen lassen würde, egal was passieren würde. Doch ich war nicht bereit zu gehen. Es war noch nicht meine Zeit, das fühlte ich. Du musst wissen, es gibt für jeden Menschen seine eigene Zeit und meine war noch nicht um. Vielleicht bin ich deshalb als Geist hier gelandet, weil mein Tod ein Fehler war. Es ist die einzige Erklärung, die ich dafür hätte."
    "Hm", machte sie wieder. "Das hört sich gar nicht so schrecklich an."
    "Nein, war es auch nicht. Es ist nichts wovor man Angst haben muss, auf jeden Fall nicht, wenn seine Zeit noch nicht abgelaufen ist."
    "Und woher soll man wissen, wann sie das ist?"
    "Das kann man als Sterblicher nicht. Das weiß nur das Universum und die Mächtigen, die es führen."
    "Du meinst die Götter? Gibt es sie wirklich?" Annabelle sah mich zweifelnd an.
    "Keine Ahnung ob es Götter sind, aber etwas sehr Mächtiges führt das Universum. Daran gibt es keinen Zweifel."





    Sie schloss die Augen. "Und warum sind diese Mächtigen dann so grausam?" fragte sie leise.
    "Sie haben einfach einen Plan. Ich weiß nicht, ob es dir hilft, aber verliere nicht den Glauben daran, dass alles aus einem bestimmten Grund passiert. Nur kennen wir diesen einfach nur noch nicht." Ich beugte mich ein wenig vor und berührte sacht ihre Hand. Sie öffnete daraufhin die Augen und sah mich so intensiv an, dass ich vor Schreck meine Hand zurückzog.
    "Ich würde gerne an deine Theorie glauben. Vielleicht haben diese Mächtigen uns ja auch zusammengeführt."
    Ich schluckte. "Das wäre ein schöner Gedanke."
    Ich konnte ihr kaum in die Augen schauen, weil mein Herz sich zusammen zog bei dem Gedanken daran, dass ich das Universum und seine Herrscher ausgetrickst hatte, in dem ich mich für sie sichtbar gemacht hatte.
    "Ich bin mir fast sicher, dass es so sein muss. Vielleicht haben sie mir dich ja auch geschickt, weil ich so dringend jemanden zum Reden brauchte."
    Ich freute mich, dass sie es so sehen konnte und hoffte, dass ich sie im Laufe der Zeit davon überzeugen konnte, dass der Tod für sie keine Lösung war.





    Wir plauderten noch eine ganze Weile über belanglosere Dinge, während im Westen die Sonne langsam anfing unter zu gehen.
    "Ich fürchte, ich muss dich jetzt wieder verlassen. Man wird sich Sorgen machen, wenn ich so spät erst nach Hause komme." Sie stand auf und ich machte es ihr nach. Annabelle schüttelte ihr Kleid aus, um es von dem abgerupften Grashalmen zu befreien.
    Gemeinsam gingen wir zum Weg zurück. Ich genoss die letzten Minuten mit ihr. Versuchte jede Einzelheit von ihr in meinem Kopf zu speichern für die Zeit, in der ich wieder auf sie warten musste. Ihr Gesicht, ihr Geruch und ihre ganze Persönlichkeit. Ihr Haar wie es von der restlichen Sonne glänzte. Die zauberhaft geröteten Wangen von der Hitze des Tages. Einfach alles.





    Kurz bevor wir weider an der Turmtreppe angekommen waren, blieben wir stehen.
    "Vielen Dank für den schönen Nachmittag", begann sie. "Es hat mir wirklich gefallen mit dir zu reden."
    "Ja, mir auch. Und du brauchst mir doch nicht zu danken, wenn dann muss ich das." Ich ergriff ihre Hand, ohne zu wissen, was ich damit vorhatte. Einfach nur, weil ich unbedingt nochmal ihre Wärme spüren wollte.
    Annabelle lächelte mich an. "Dann wünsch ich dir noch einen schönen Abend und bis bald."
    Dann zog sie ihre Hand zurück und ging langsam den Weg zurück. Ich schaute ihr hinterher, traurig darüber, dass unsere gemeinsame Zeit schon wieder vorüber war. Sie drehte sich an der Wegkreuzung noch einmal kurz zu mir um und winkte zum Abschied. Auch ich hob meine Hand und seufzte, als sie aus meinem Blickfeld verschwand.



    *Fortsetzung folgt*


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  • Singing to an ocean, I can hear the ocean's roar.
    Play for free, play for me and play a whole lot more.
    Singing about the good things and the sun that lights the day.
    I used to sing on the mountains, has the ocean lost its way.
    (Led Zeppelin – The Ocean)





    Die Zeit, die ich mit Annabelle verbrachte kam mir viel zu kurz vor. Dieser kleine Besuch war für mich nicht mehr als nur ein kurzes Zwischenspiel. Denn auch, wenn Zeit für mich etwas anderes bedeutete, wie für die Menschen, war ein Nachmittag mit ihr nicht länger als nur ein paar Minuten. Diese ersten Treffen mit ihr gehören zu meinen liebsten Erinnerungen an sie. Es war alles so neu, nicht nur für uns sondern ganz speziell für mich. Ich bin nicht menschlich, also waren die Empfindungen, die ich in ihrer Gegenwart hatte komplett neu für mich. Ich genoss daher die wenige Zeit, kostete sie komplett aus und speicherte jeden Augenblick in meinem Gedächtnis ab. Die restliche Zeit verbrachte ich, wie nur ich sie verbringen konnte. Ich teilte sie mir ein, wie ich sie brauchte. Es war ein leichtes für mich gleichzeitig beim Turm auf sie zu warten und doch meine Arbeit nicht zu vernachlässigen.





    Das, was für die Menschheit unmöglich zu beeinflussen ist, ist für mich eine Leichtigkeit. Für die Menschen ist Zeit eine endlose Gerade, die sie immer gleich beschreiten müssen. Sie verläuft immer im gleichen Tempo und nie können sie die Geschwindigkeit verändern. Doch für mich ist es ein Leichtes selbiges zu tun. Tag, Nacht, das spielt für mich keine große Rolle. Ich kann da sein, wo ich gerade will. Ich kann die Zeit für mich langsamer oder schneller laufen lassen und auch geringfügig in die Vergangenheit oder in die Zukunft gehen, wenn ich es brauche. Anders wäre meine Arbeit gar nicht zu erledigen. Die Menschen sterben immer und manche auch gleichzeitig, da kann ich mich nicht entscheiden, wen ich zuerst in die Ewigkeit begleite. Ich muss jeden mitnehmen; es bei jedem zumindest versuchen.





    Ich kann nicht in die Zukunft sehen, aber ich kann dort erscheinen, wenn ich muss. Allerdings ist das immer schwierig. Die Vergangenheit ist einfacher. Am Rad der Zeit zu drehen, birgt aber auch für mich ein paar Gefahren und deshalb gibt es bestimmte Einschränkungen. Ich kann die Ereignisse nicht verändern. Was geschehen muss, muss geschehen. Darauf habe ich keinerlei Einfluss. Darum konnte ich die Hochzeit auch nicht ändern oder alles andere was mit ihr zusammenhing.
    Eine weitere Einschränkung gibt es noch auf die Zeit, wo ich erschienen bin. Ich kann nicht dorthin zurückgehen, wo ich selbst zugegen war. Daher musste ich alles was ich mit Annabelle erlebt habe, genauso wie die Menschen als Erinnerung speichern, denn ich konnte die Momente mit ihr nicht noch einmal durchleben.





    Und so machte ich, trotz das ich am Turm auf sie wartete, weiter meine Arbeit. Ich begleitete einen Koch in die Ewigkeit, der an einer akuten Fischvergiftung starb. Es war ein einfacher Gang für mich. Die Routine machte es mir leicht gleichzeitig dort und am Turm zu sein. Ich nahm im richtigen Moment seine Essenz in mir auf und verschwand gleich wieder nach Hause. Dort war so gut wie keine Zeit vergangen, nur ein winzig kleiner Augenblick. Denn ganz anhalten konnte ich die Zeit nicht. Ich konnte nur in ihr springen, so dass es für einen müßigen Beobachter so erscheinen könnte, als wäre ich nie weg gewesen.





    Es war nicht immer so leicht, denn manche Todesfälle waren auch für mich bizarr und nicht alltäglich. So ertrank eine junge Frau in ihrer Badewanne, weil sie es selbst so wollte. Sie konnte nicht mehr mit ihrem Leben umgehen und wählte diese Todesart für sich aus. Ich konnte nicht umhin mich zu fragen, was jemanden trieb seinem eigenen Leben ein Ende zu setzen, wo die Welt doch soviel Schönes in sich barg. Früher hatte ich mir nie Gedanken über die Selbstmörder gemacht, aber die Zeiten waren für mich vorbei. Dank Annabelle stellte ich mir plötzlich Fragen über das Verhalten von Menschen. Ich konnte nicht begreifen, dass jemand wenn es doch so viel Liebe in der Welt gab, freiwillig aufgeben wollte.





    Ja, ich fragte mich das ernsthaft und konnte im gleichen Moment nicht anders als über mich schmunzeln. Wie sehr sie mich verändert hatte. Ich konnte nicht mehr so leicht über den Tod von Menschen hinweg sehen, wie vorher. Ich nahm mehr Anteil an dem was ich tat und fragte mich, was aus ihren Angehörigen wurde, jetzt wo die arme tote Frau aus der Badewanne nicht mehr da war. Ich stellte mir vor, dass sie traurig wären und die Frau vermissen würden. Je mehr ich das verinnerlichte umso unverständlicher wurde der Schritt für mich. Ich konnte mir nicht vorstellen, was einem Menschen angetan werden musste, dass er keinen anderen Ausweg mehr sah. Es war eines der Rätsel des menschlichen Verhaltens was mir total fremd war. Ich konnte verstehen, wenn sich jemand, der schwer krank oder sehr alt war den Tod wünschte, aber ein gesunder junger Mensch sollte nicht so früh im Leben schon aufgeben.





    Doch als Annabelle an einem der nächsten Tage zu meinem Turm kam, bekam ich langsam eine Vorstellung davon, was jemanden dazu bringen konnte. Ich konnte den Schmerz auf ihrem Gesicht sehen. Eines ihrer wunderschönen Augen war wieder einmal blau, aber nicht mehr geschwollen. Die Arme hatte sie vor sich verschränkt und sie ging langsamer als sonst. Ich kannte das ja schon, aber trotzdem schockte es mich wieder.Ich konnte noch nicht mal im Turm ausharren, während sie langsam den Weg zu meiner Tür folgte. Kurz bevor ich die Tür aufmachte, erinnerte ich mich daran, dass ich vor ihr ja nicht zugeben konnte, dass ich wusste was ihr Ehemann ihr antat. Ich zügelte mühsam meine Wut und trat erst dann nach draußen ins helle Sonnenlicht.





    „Was ist passiert?“ Fragte ich besorgt, als ich vor ihr stand.
    Einen Moment lang konnte ich sehen, dass sie zögerte mit einer Antwort. Dann straffte sie die Schultern: „Hallo erstmal.“ Sie zwinkerte mir mit ihrem guten Auge zu. „Mein Mann war der Meinung, ich hätte nicht schnell genug das Frühstück auf den Tisch gebracht.“
    Im ersten Moment wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte. Erstens wusste ich ja eigentlich noch nichts davon, dass sie verheiratet war, da es das erste Mal war, dass sie ihn erwähnt hatte und zweitens war ich überrascht davon, dass sie gleich mit der Wahrheit herausgerückt war.
    „Das tut mir Leid“, sagte ich zögernd, nicht wissend was die richtige Reaktion war und Mitleid erschien mir am sinnigsten.
    „Das braucht es nicht. Das ist mein Problem und nicht deines. Ich werde schon damit fertig, schließlich war es nicht das erste und bestimmt nicht das letzte Mal, dass er so reagiert. Ich muss halt einfach mehr aufpassen.“
    Ich war geschockt. So weit hatte er sie also schon. Ich musste was dagegen tun, aber ich wusste nicht was.





    „Aber du kannst dir das doch nicht gefallen lassen“, meinte ich dann vorsichtig, aber sie schüttelte den Kopf.
    „Doch, ich muss.“ Bevor ich etwas erwidern konnte, fuhr sie auch schon fort: „Wollen wir heute ein wenig an den See gehen? Ich mein, wenn du das kannst und nicht an den Turm hier gebunden bist?“
    Darüber musste ich doch glatt lächeln. „Von mir aus können wir gerne dort hin. Ich kann überall hingehen, wenn ich möchte.“
    „Dann lass uns los.“ Sie drehte sich um und ich folgte ihr. Wir gingen schweigend, ich hatte meine Arme verschränkt, damit ich mich davon abhalten konnte nach ihr zu greifen. Sie ging immer noch verkrampft, aber schon nicht mehr so verkniffen wie auf dem Weg hierher. Ich wertete das als gutes Zeichen dafür, dass sie sich in meiner Gegenwart entspannen konnte.





    Und ich sollte Recht haben mit dem Gedanken. Je weiter wir spazierten, desto lockerer wurde ihre Haltung.
    Der Weg zum See war nicht sehr weit und führte uns durch eine malerische Sommerlandschaft. Das Gras duftete herrlich und überall summten Bienen herum, die dafür sorgten das im nächsten Sommer noch mehr Blumen blühen würden. In den alten Ruinen raschelten kleine Tiere auf der Suche nach Nahrung und die Vögel sangen in den Bäumen ihre Lieder.
    Die meiste Zeit schwiegen wir, aber es war ein angenehmes Schweigen. Es fühlte sich gut an mit ihr zusammen zu sein und das ganz ohne Spannungen.





    Am See angekommen ließen wir uns ins weiche Gras fallen. Überall quakten Frösche und einige Wasservögel mit ihren Küken schwammen auf dem See. Es war die reine Idylle. Noch war es zu früh das die lästigen Mücken uns plagten, die an jeden Gewässer immer zu finden waren.
    „Es ist so schön hier“, meinte Annabelle nach einer Weile. „So friedlich.“ Sie seufzte behaglich.
    „Ich mochte Gewässer schon immer. Es gibt kaum etwas schöneres als am Wasser zu sein“, stimmte ich ihr zu. Selbst meine Zuflucht war an einem ein Teich, aber das konnte ich ihr ja schlecht sagen.
    „Ich würde gerne mal das Meer sehen. So weit man sehen kann nur Wasser.“ Sie klang richtig sehnsüchtig. „Oder in der Brandung stehen und das kühle Nass auf der Haut spüren. Warst du schon mal am Meer?“
    „Ja, viele Male“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    „Als Lebender oder erst als Geist?“
    „In meiner jetzigen Gestalt. Ich kann mich nicht erinnern schon vorher mal am Meer gewesen zu sein.“





    „Und wie war es?“ Sie war nun wirklich neugierig.
    „Nass“, antwortete ich grinsend. Das konnte ich mir nicht verkneifen. „Nein, es war... wunderschön. Man kann es nicht in Worte fassen, wenn man es nicht selbst gesehen hat. Die Luft ist salzig und man kann das Meer schon von weiten riechen. Das Geräusch der Wellen wirkt ungemein beruhigend und ein Sonnenaufgang über dem Ozean ist einfach unbeschreiblich schön.“
    „Das hört sich wirklich wunderschön an. Ich wünschte, ich könnte das auch mal sehen, aber das wird wohl immer ein Traum bleiben.“ Sie seufzte.
    „Aber warum denn? Du hast doch noch alle Zeit der Welt, um dorthin zu reisen?“
    Sie lachte bitter auf. „Nicht mehr in diesem Leben. Mein Mann würde mich niemals gehen lassen und er selbst hat für solche Träume nichts übrig.“
    „Vielleicht lässt sich da ja doch was machen“, versuchte ich sie aufzumuntern, aber sie sah mich nur zweifelnd an.
    „Ich wüsste nicht was“, meinte Annabelle leise und bedrückt.
    „Lass den Kopf nicht hängen. Ich werde mir was einfallen lassen. Darin war ich schon immer gut“, versprach ich ihr und meinte jedes Wort. Ich würde alles tun, damit sie einmal das Meer sehen konnte.





    „Das wäre toll“, meinte sie nach einer Weile „aber ich denke nicht, dass es einen Weg gibt.“ Sie schloss die Augen und lies sich rückwärts ins Gras fallen.
    Ein Weile herrschte wieder Schweigen zwischen uns. Ich beschloss das Thema erstmal fallen zu lassen, da ich sie sowieso nicht davon überzeugen konnte, dass es immer einen Weg gibt, wenn man nur will.
    „Am liebsten würde ich hier bleiben und nicht mehr nach Hause gehen müssen. Aber ich fürchte, dass ich schon bald los muss.“ Annabelle setze sich wieder auf, immer noch mit geschlossenen Augen.
    „Schade. Ich wünschte du hättest mehr Zeit.“
    „Ich auch, aber ich hatte schon genug von Roberts Freundlichkeit, um zu riskieren hier zu lange zu bleiben.“
    „Nein, das solltest du wirklich nicht riskieren“, sagte ich mit einem Seitenblick auf ihr blaues Auge. Dann stand ich auf und hielt ihr automatisch meine Hand hin.





    Sie ergriff sie ohne zu zögern und zog sich daran hoch. Ich war etwas überrascht, aber freute mich ungemein über die Berührung. Es kam mir immer noch wie ein kleines Wunder vor, dass sie mich nicht nur sehen sondern auch spüren konnte und das ganz ohne die vorherige Kälte zu empfinden. Auch ein Phänomen was ich noch ergründen musste.
    Auch als sie schon stand, lies sie diesmal meine Hand nicht sofort wieder los.
    „Erstaunlich, dass ich das hier spüre. Solltest du nicht körperlos sein?“ Sie sprach aus, was auch mir durch den Kopf ging.
    „Wenn ich mich konzentriere kann ich auch Dinge berühren, sonst würde ich ja auch durch die Luft oder den Boden schweben.“ Ich versuchte es zu erklären, aber merkte, dass ich auch keine richtige Erklärung dafür hatte. Ich wusste ja selbst nicht, wie das möglich war.
    „Dann solltest du dich jetzt einmal richtig konzentrieren“, warnte sie mich schmunzelnd vor.





    Und mit diesen Worten zog sie mich in eine feste Umarmung. Ich war einen Moment so geschockt, dass ich völlig versteifte. Aber dann hüllte mich ihr Geruch ein und ich spürte ihre menschliche Wärme am ganzen Körper. Sofort begann ich mich zu entspannen, denn ich wollte nicht, das sie dachte es wäre mir unangenehm. Denn das war es nicht. Auch wenn mir noch nie zuvor jemand so nahe gewesen war, konnte ich nicht anders, als es einfach nur zu genießen. Es war das schönste Gefühl der Welt für mich.


    *Fortsetzung folgt*


    Aber ein Bonusbild habe ich noch für euch. Ich fand das so schön, dass ich es euch nicht vorenthalten will. :seelove





    :wink

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  • Hm... ich weiss einfach nicht, ob ich den Tod mögen soll oder nicht. Irgendwie gefällt es mir nicht, dass er sich alles so zurecht biegt, wie er es gerne hätte. Andererseits ist er sowas wie verliebt, da macht man halt schonmal Dinge, die nicht so vernünftig sind. Und Annabelle tut es ja offensichtlich gut, jemanden zu haben, mit dem sie reden kann.


    Das mit dem Körper habe ich mich bei den zwei letzten Folgen dauernd gefragt, wollte mir irgendwie nicht logisch erscheinen, dass er wie ein "normaler" Mensch durch die Gegend wandert. Ist er immer eine feste Gestalt oder tatsächlich nur dann, wenn er sich konzentriert?


    Die Sache mit der Zeit finde ich sehr schön beschrieben, wie er sie leicht "manipulieren" kann. Ausserdem hat es meine zweite Frage beantwortet, ob sich der Tod jetzt Urlaub genommen hat oder nicht. :D

  • Huhu Raya,


    ach, du musst den Tod nicht mögen. Ich gebe auch zu, dass ich seine Lügereien auch nicht gut heiße, aber er benimmt sich halt wie ein typischer Mann (*hust* :D). Nein, er kann es einfach nicht erklären was er ist, wie auch. Selbst der Leichtgläubigste würde nicht glauben, dass er der wirkliche Tod ist. Ein Geist ist schon einfacher zu erklären und auch zu glauben. Hat nicht fast jeder schon mal gedacht "Hier spukts."?
    Und zu seiner Verteidigung muss ich ja auch noch sagen, ihm gefällt es ja auch nicht, dass er Annabelle anlügt. :augzu


    Tja, das mit dem festen Körper ist schon noch ein kleines Rätsel. Noch muss ich noch sagen "weil der Schreiber das so will." :D
    Aber irgendwann bekommen er und alle Leser eine Erklärung dafür. Das dauert aber noch etwas. :)


    Die Erklärung mit der Zeit war wohl auch überfällig. Es wurde ja schon öfter gemunkelt, ob er sich fürs "stalken" frei nimmt. Also dachte ich, ich lass es ihn mal erklären, wie er das so macht. :cool:

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    FS: Sunrise Update: 04.06.19


  • I beg your pardon,
    I never promised you a rose garden.
    Along with the sunshine,
    There's gotta be a little rain sometimes
    (Lynn Anderson - Rose Garden)





    Das nächste Treffen mit ihr konnte ich dementsprechend nicht erwarten. Also beschloss ich, sie bei sich zu Hause zu besuchen. Sie wusste jetzt ja, dass ich den Turm verlassen konnte. Natürlich rechnete ich damit, dass ich sie erschrecken würde, wenn ich einfach so bei ihr auftauchen würde. Und daher wollte ich es unbedingt. Ich wollte den überraschten Gesichtsausdruck bei ihr sehen, hören wie ihr Herz schneller schlug.
    Darum begab ich mich ein paar Tage nach dem wir an dem See waren im strömenden Regen zu ihr. Sie war gerade am Brunnen und lächelte. Es schien trotz des miesen Wetters ein guter Tag für sie zu sein.





    Da ich nicht riskieren wollte, dass Robert irgendeine Ahnung hatte, dass es jemanden gab mit dem seine Frau glücklicher war als mit ihm, wartete ich im Stall auf Annabelle. Ich lehnte mich gegen die Wand, genau neben die Tür, voller Vorfreude.
    Ich musste nicht lange auf sie warten. Sie hatte es eilig, aus dem Regen heraus zu kommen. Sie trat in den Raum, den vollen Wassereimer in der Hand und ihr Haar glänzte vor Feuchtigkeit. Dadurch war der Duft nach Lavendel noch intensiver. Ich musste lächeln. Sie war so perfekt. Und in dem Moment machte ich mich bemerkbar.





    "Hallo Annabelle."
    Sie schrie kurz auf, ließ den Eimer fallen und griff sich ans Herz. Ich konnte mir kaum das Lachen verkneifen. Ich weiß, es war nicht nett von mir, aber ihre Reaktion war einfach zu komisch.
    "Entschuldigung", gluckste ich. "Ich wollte dich nicht erschrecken." Oh, doch.
    Sie atmete tief durch und drehte sich dann zu mir um. "Was machst du hier?"
    "Ich wollte dich sehen."
    Annabelle sah mich an und ich war mir nicht sicher, wie ich den Ausdruck in ihren Augen deuten sollte. "Aber doch nicht hier." Sie klang ein wenig verschreckt, aber nicht so als würde sie sich nicht freuen mich zu sehen. Sie machte sich wohl nur Sorgen, dass Robert etwas mitkriegen würde.





    "Aber warum nicht? Mich kann doch niemand sehen und solange wir nicht zu auffällig sind, wird es auch niemand mitbekommen, dass ich hier bin." Ich versuchte sie zu überzeugen, weil ich nicht gehen wollte.
    Sie überlegte kurz. "Ich weiß nicht. Ich möchte keinen Ärger."
    "Glaube mir, das ist auch das Letzte was ich will. Wir müssen halt nur vorsichtig sein. Ich verspreche dir, dass ich sofort verschwinde, wenn jemand in der Nähe ist."
    "Hm, ich würde ja schon gern." Sie grinste mich verschmitzt an. "Ach, was solls, dann bleibe halt hier."
    "Das ist die richtige Einstellung."
    Annabelle hob den Eimer auf. "Aber bleibe jetzt eben noch mal hier. Ich geh nur eben neues Wasser holen."
    "Ganz wie du willst." Ich machte eine kurze Verbeugung und sie lachte.
    "Mach das nicht, wenn wir nicht auffallen wollen."





    Als sie wieder kam, war der Holzeimer wieder voll. Sie stellte ihn vor den Pferdeboxen ab und drehte sich dann zu mir um.
    "Wenn du schon hier bist, dann könntest du mir ja auch helfen."
    "Ich?"
    "Natürlich, du musst dich ja nur konzentrieren um den Eimer anzuheben." Sie grinste und ich wusste, dass sie nicht locker lassen würde. Also seufzte ich theatralisch und griff nach dem Eimer.
    "Und wenn jemand kommt, dann schweben hier halt die Gegenstände." Ich versuchte noch aus der Nummer heraus zu kommen, aber sie ließ mich nicht.
    "Wie du schon gesagt hast, du musst halt nur vorsichtig sein." Und damit öffnete sie eine der Boxen und fing an den Stall auszumisten.





    Wir hatten wirklich Spaß während wir uns um die Tiere kümmerten. Ich war schnell damit fertig die Pferde zu tränken und zu füttern. Sie brauchte etwas länger um die Ställe auszumisten, also beschloss ich ihr zu helfen. Natürlich war ich keine große Hilfe, weil ich sie einfach nur lachen sehen wollte. Ich kitzelte sie, während sie eins der Pferde striegelte.
    "Hör auf damit", meinte sie lachend. "Wenn du so weitermachst, dann hört mich noch jemand."
    "Vielleicht hast du recht, aber ich höre gerade niemanden." Ich griff nochmal nach ihr und sie schlug mir die Hand leicht weg.
    "Ernsthaft", gluckste sie "hör auf damit."
    "Na gut. Ganz wie du willst." Es fiel mir schwer, aber ich hörte auf und ließ sie in Ruhe ihre Arbeit machen.
    Sie brauchte den Mist raus, als die Pferde versorgt waren. In der Zwischenzeit hatte es aufgehört zu regnen und die Wolken verschwanden langsam vom Himmel.





    Draußen glitzerten die Regentropfen auf den Blättern. Annabelle schob die schwere Karre zu dem großen Misthaufen und entleerte sie da.
    Sie sah sich kurz um. "Ich muss mich jetzt noch um den Garten kümmern. Hier wäre es nicht so gut, wenn du mir hilfst oder wir viel miteinander reden." Sie sprach leise, damit niemand sie hörte.
    "Du hast Recht." Ich nickte ihr zu und verschloss dann meinen Mund symbolisch.
    Sie erwiderte mein Nicken und machte sich dann daran, den Gemüsegarten wieder auf Vordermann zu bringen. Währenddessen saß ich auf dem noch nassen Boden und schaute ihr versonnen zu.
    "Das bringt dir Spaß oder?" fragte sie leise, während sie das Unkraut zupfte.
    Ich nickte eifrig und verkniff mir das breite Grinsen. Sie schnaubte leicht angewidert und griff nach dem nächsten Büschel Unkraut.





    Nach einer Weile war sie fertig mit dem Garten. Sie wusch sich die Hände in dem Regenfass, was an der Hauswand stand. Ich stand auf und stellte mich neben sie.
    "Danke für deine Hilfe", raunte sie mir leise zu.
    "Gern geschehen", meinte ich genauso leise, wohl wissend, dass sie damit nicht meine nicht vorhandene Hilfe beim Garten meinte.
    "Ich muss jetzt im Haus weitermachen, aber du kannst mich gerne begleiten."
    Ich nickte und sie hakte sich bei mir unter.
    "Aber nur bis zur Ecke, sonst könnte es jemand sehen."
    "In Ordnung." Es war wie immer berauschend ihr so nahe zu sein. Ihre Hand auf meinem Arm und in ihrem Gesicht ein Lächeln, ließen auch mich strahlen. Wie hüllte mich ihr Duft nach Lavendel ein und mein Herz fing an zu rasen. Jede Einzelheit ihres Daseins prägte ich mir ein, um mich immer daran zu erinnern.





    Und doch wähnte dieses Glück nicht lange, denn kaum waren wir um die Ecke, nahm sie ihren Arm von meinen und das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. Sie ging immer noch neben mir, aber ohne eine Berührung war es nicht mehr das Gleiche und das schien auch sie zu fühlen.
    Es sollte noch schlimmer kommen, denn kaum waren wir am Brunnen angekommen, kam auch Robert um die Ecke. Falsch lächelnd kam er auf uns zu und ich merkte, dass Annabelle sich versteifte, kaum das sie seiner ansichtig wurde.
    "Da bist du ja, meine Liebe", sülzte er. "Ich habe dich schon gesucht."
    "Ich war im Stall und im Garten, da wo ich immer bin um diese Zeit."
    Ärger flog über Roberts Gesicht, aber nur kurz. "Kein Grund frech zu werden, meine Liebe. Ich wollte dir auch nur mitteilen, dass ich jetzt den Hof verlasse. Ich erwarte, dass du dich um den Hausputz kümmerst und das Abendessen pünktlich auf dem Tisch steht, wenn ich wiederkomme."
    "Aber sicher, mein Gemahl." Annabelle klang neutral, nichts deutete darauf hin, wie sie fühlte. Ich dagegen freute mich, dass der Mistkerl den Hof verließ, auch wenn es mich ärgerte wie er mit Annabelle umsprang.





    "Und wehe dir, wenn du das Haus verlässt. Glaube mir, ich erfahre das." Er tätschelte ihr über die Wange, als wäre sie ein kleines Kind. "Bis heute Abend." Robert funkelte sie an und wandte sich dann zum Gehen. Er drehte sich noch einmal um und starrte sie an, ehe er den Weg zum Dorf antrat.
    Kaum war er außer Sicht, verzog sich Annabelles Gesicht voller Abscheu. "Was bin ich immer froh, wenn er den Hof verlässt. Und doch frage ich mich, was er dann macht. Es kann nichts Gutes sein, denn in diesem Mann steckt absolut nichts Gutes."
    Aus einem Impuls heraus sagte ich: "Wenn du willst, kann ich ihm folgen. Er kann mich nicht sehen und ich könnte es für dich in Erfahrung bringen. Vielleicht hast du dann was, was du gegen ihn verwenden kannst."
    Annabelle sah mich erstaunt an. "Das würdest du tun?"
    "Ja, für dich würde ich es tun." Auch wenn ich viel lieber bei ihr bleiben wollte, sah ich doch die Chance wirklich etwas über Robert herauszufinden.
    Sie blickte mir tief in die Augen. "Dann mach es bitte."





    Und so machte ich mich auf den selben Weg wie Robert. Es fiel mir schwer zu gehen, aber ich sah wirklich die Möglichkeit etwas Licht ins sehr Dunkle zu bringen.
    Es war nicht schwierig ihm zu folgen, da er stur dem Weg folgte. Nicht einmal drehte er sich um, oder zeigte irgendwie das es ihm bewusst war, das er verfolgt wurde. Ich fragte mich, was er mit dem Satz, dass er wisse wenn Annabelle den Hof verließ gemeint hatte. Die einzigen beiden Erklärungen waren, dass er ihr entweder nur Angst machen wollte oder das ihre Mutter für ihn spionierte. Wahrscheinlicher war die erste Möglichkeit, aber ich beschloss herauszufinden, ob Annabelles Mutter immer noch auf seiner Seite stand. Aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht hatten beide Frauen inzwischen soviel Angst vor ihm, dass sie ihm willenlos gehorchten. Ein erschreckender Gedanke.
    Robert erreichte alsbald die Brücke zum Dorfplatz und ich folgte ihm, ohne das mich jemand sah. Es war sowieso nicht viel los auf dem Platz. Nur ein Stand war offen und dort wurde nur eine junge Mutter mit ihrem Sohn bedient.





    Robert steuerte gleich auf den Stand zu.
    "Hallo meine Damen", säuselte er. "Ich hätte gerne ein Krug Bier."
    Die Marktfrau händigte ihm schnell eines aus. Anscheinend waren er und sein Temperament bei ihr bekannt, denn auch wenn sie freundlich zu ihm war, konnte ich fühlen, dass sie ihn nicht leiden konnte.
    Die blonde Frau mit dem Kind auf dem Arm ignorierte ihn ebenfalls, obwohl er ihr mehrfach zu zwinkerte.
    Das Kind erkannte mich, wie Kinder es häufig tun und zeigte mit dem Finger auf mich.
    "Ta", krähte es und wollte runter vom Arm. Ich schüttelte den Kopf und legte einen Finger auf seinen Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen. Es wirkte. Durch die plötzliche Kälte fing er an zu brüllen. "Entschuldigt mich, aber ich bringe ihn lieber nach Hause." Die Worte der Mutter waren eher an die Marktfrau gerichtet als an Robert, aber natürlich fasste er es anders auf.
    "Natürlich. Ich habe mich gefreut, dich wieder zu sehen." Er nickte der Blonden zu, die ihr schreiendes Kind so schnell wie möglich vom Stand weg brachte.
    Das war interessant, er kannte sie also. Flüchtig dachte ich, dass er eventuell eine Affäre im Dorf haben könnte, aber schnell verwarf ich den Gedanken wieder. Dafür verhielten sich die wenigen Dorfbewohner zu ängstlich. Es musste etwas anderes sein, was ihn hergebracht hatte.





    Robert trank seinen Krug aus, stellte ihn zurück auf den Tresen und ging dann ohne zu zahlen von dem Stand weg. Die Marktfrau seufzte nur. "Wie immer gern geschehen, der feine Herr." Sie murmelte nur, damit er es nicht mitbekam, aber ich hörte sie laut und deutlich.
    Robert überquerte den verwaisten Marktplatz und bog in eine dunklere Gasse ab. Ich folgte ihm und war überrascht, wer dort auf ihn wartete: der Assassine.
    "Wird auch langsam Zeit", brummte dieser verdrossen, nur um dann vergnügter zu verkünden: "Auftrag ausgeführt. Was ist jetzt mit meiner Bezahlung?"
    "Ganz langsam Hugh", so schnell ließ sich Robert anscheinend nicht abspeisen. "Ich habe noch mehr für dich zu tun. Aber erst möchte ich, wie abgesprochen, einen Beweis, dass du den Auftrag wirklich ausgeführt hast. Behaupten kann man ja viel, wenn der Tag lang ist."
    Hugh funkelte ihn mit seinem einen Auge an. "Hier." Er warf Robert einen Beutel zu, der sich an seinem Gürtel befunden hatte. "Da habt Ihr Euren Beweis. Ich erfülle immer meine Aufträge und das ist Euch auch bewusst, sonst wärt Ihr nicht zu mir gekommen."
    Robert öffnete den Beutel und lächelte zufrieden. "Ja, ja."





    "Und? Wo bleibt mein Gold?" Hugh gehörte nicht zu den geduldigen Leuten und auch Robert schien das zu merken. Es war wohl das erste Mal, dass die Beiden Geschäfte miteinander machten, zumindest vermutete ich das aus dem bisherigen Gespräch.
    "Immer langsam. Ich sagte doch, dass ich noch mehr für dich zu tun habe."
    "Nichts desto trotz verlange ich meine Bezahlung. Ihr glaubt doch nicht, dass ich so eine Aktion riskiere, nur um mich mit schönen Worten und Versprechen abspeisen zu lassen. Ich bin keine Eurer Frauen." Hugh machte deutlich, dass es ihm missfiel, was Robert versuchte und ich war vollkommen auf seiner Seite.
    "Aber, aber mein Lieber. Ich kann dir versichern, dass du dein Gold bekommst, aber erst wenn du noch einen Auftrag für mich erfüllst. Du kriegst dann auch das doppelte des Üblichen."
    Der Assassine funkelte ihn wütend an. "Das bedeutet doch nur, dass Ihr das Gold nicht habt, um mich zu bezahlen. Ich kenne die Spielchen von euch reichen Drecksäcken." Er drehte sich um, um zu gehen.
    "Wartet", rief Robert.





    Ich konnte sehen, wie der Mörder grinste. Er hatte seinen Fisch am Haken und ich begriff, dass er sein Spiel wirklich meisterhaft beherrschte. Er spielte mit Robert, wie eine Katze mit einer Maus.
    "Das Angebot ist besser gut, ansonsten könnte es sein, dass ich einen Auftrag annehme, der Euch betrifft."
    Robert zuckte nicht zusammen bei der unverhohlenen Drohung. "Du musst noch eine Sache für mich erledigen, dann bekommst du das doppelte an Gold."
    "Ja, ja, das habt Ihr schon gesagt. Was soll ich tun? Und denkt nicht, dass ist jetzt schon eine Zusage. Die gebe ich Euch erst, wenn ich weiß was für ein dreckiges Geschäft Ihr diesmal von mir wollt."
    "Keine Sorge, ich weiß schon wie ein Deal funktioniert." Robert klang eisig. "Ich möchte, dass du für mich folgendes erledigst..."


    *Fortsetzung folgt*

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  • Take these broken wings...
    Baby, I think tonight
    we can take what was wrong
    and make it right
    (Mr. Mister - Broken Wings)





    Ich konnte nicht fassen, was ich gerade gehört hatte. Nicht, dass Robert bereit war einen Auftragskiller anzuheuern. Nicht, dass es überraschend war, dass dieser Mann Dreck am Stecken hatte. Nein, es war die Perfidität mit der er seinen Gegner zur Strecke bringen wollte, die mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
    Ich schaute Hugh hinterher, als er sich anschickte seinen Auftrag auszuführen. Nein, er sollte niemanden töten, noch nicht. Dies war erst der Auftakt und er wusste es. Mit all seiner jahrelangen Erfahrung, erkannte er das Spiel was Robert spielte. Er wusste, dass es früher oder später dazu kommen würde, dass er den Auftrag bekam den Mann zu töten. Und bis dahin würde Hugh alles getan haben, um ihn so weit gedemütigt zu haben, dass er sich den Tod sogar wünschte.





    Ich sah dem Assassinen noch einen Moment nach, wie er aus der dunklen Gasse auf den Platz hinaustrat und dann schnell verschwand. Als ich mich wieder zu Robert umdrehte, sah ich einen Ausdruck auf seinem Gesicht, den ich zuletzt auf der unglückseligen Hochzeit gesehen hatte: Freude.
    Er ergötzte sich daran seinem Konkurrenten Schaden zu zu fügen, auch wenn er selbst sich nicht die Finger dabei schmutzig machte, sondern es anderen überließ die Drecksarbeit zu machen. Ich dachte nicht, dass ich ihn noch mehr hassen könnte, aber er schaffte es. Ich war in meinem Dasein schon vielen skrupellosen Menschen begegnet, aber noch nie hatte ich mich so auf den Moment gefreut, wenn mein Auftrag endlich 'Robert' hieß.





    Doch leider war dieser Tag anscheinend noch lange entfernt. Ich musste mich damit zufrieden geben ihn einfach nur zu hassen, was ich mit aller Leidenschaft auch tat.
    Eigentlich konnte ich es kaum erwarten wieder zu Annabelle zurückzukehren, aber ich hatte das Gefühl, dass ich Robert noch weiter folgen sollte. Also harrte ich neben ihm aus, bis er sich sicher sein konnte, dass niemand auf dem verwaisten Marktplatz ihn mit dem Mörder in Verbindung bringen würde. Und so fing die Sonne schon langsam an unterzugehen, als er endlich den Platz betrat. Nur ein paar verstreute Tiere liefen noch umher und die Frau im roten Überkleid, nur ohne ihr schreiendes Kind, stand wieder bei der Marktfrau. Doch diesmal machte Robert keinen Halt mehr um noch etwas zu trinken. Er ging schnell, ganz so als hätte er es jetzt besonders eilig.





    Anstatt zurück in Richtung Annabelles Hof zu gehen, wandte er sich in die andere Richtung ab. Beschwingt folgte er dem ausgetretenen Pfad und erreichte bald den Wald. Immer weiter ging er, während das Sonnenlicht immer schwächer wurde. Ich folgte ihm ungesehen und ungehört. So langsam fing ich an mich zu fragen wohin er unterwegs war, denn soweit ich wusste, gab es hier draußen nichts mehr außer ein paar verlassene Hütten.
    Robert stoppte vor einer diesen Hütten, die nicht ganz so unbewohnt sein konnte, denn aus ihren Fenstern leuchtete schwach Kerzenlicht. Vor der Tür zog er sich noch ein mal die Kleider glatt und strich sich durchs Haar. Dann klopfte er an die Tür. Dreimal kurz, dreimal lang.





    Ich war nicht sonderlich überrascht als eine Frau die Tür öffnete. Sie war blond, zierlich und mit einem viel teureren Kleid bekleidet als es die ärmliche Hütte vermuten ließ. Daher nahm ich an, dass auch sie sich hier hin geschlichen hatte und dies nicht ihr Zuhause war.
    Robert nahm sogleich ihre Hand und küsste sie zur Begrüßung. Mir stieg der Ekel hoch, aber ich musste bleiben, musste sehen wie weit dieser Zirkus ging.
    "Hallo meine Teure", säuselte Robert und die junge Frau kicherte wie ein kleines Kind. "Schön, dass du es zu unserer Verabredung geschafft hast."
    "Natürlich mein Liebster. Für dich nehme ich mir immer die Zeit. Und jetzt komm endlich rein, bevor dich doch noch jemand sieht."
    "Unwahrscheinlich", murmelte er und folgte der jungen Dame ins Haus, ohne sich noch einmal umzudrehen.





    Ich hingegen zögerte noch. Wollte ich wirklich wissen was die Beiden da machten? Eigentlich nicht, aber ich hatte das Gefühl es Annabelle schuldig zu sein, damit ich ihr die Wahrheit sagen konnte und nicht nur Vermutungen.
    Also atmete ich noch einmal tief durch und ging dann durch die geschlossene Tür. Dort sah ich nur noch, wie die beiden Turteltauben sich wild küssend in den Nachbarraum begaben. Das hätte mir Beweis genug sein müssen, aber ich konnte nicht gehen. Nicht ehe ich nicht genau wusste, was vor sich ging. Aber ich wollte auch nicht zuviel sehen. Also blieb ich noch vor der Tür stehen, bis die verdächtigen Geräusche verklungen waren und Stille im Nebenraum eingekehrt war. Dann betrat ich den Raum. Dort lagen Robert und seine Geliebte entspannt im Bett, beide glücklich und zufrieden.





    Ich floh vor dem Bild. Kehrte zurück zum Turm. Ich wollte alles gesehene noch einmal durchdenken, bevor ich zu Annabelle zurückkehren wollte. Es schien mir notwendig, darüber nachzudenken wie die Konsequenzen daraus aussehen konnten. Ich verlangsamte die Zeit für den Moment, nicht das Robert noch vor mir bei ihr ankam.
    Es gab mehrere Möglichkeiten wie Annabelle reagieren würde. Sie würde geschockt sein, über die Enthüllung, dass Robert einen Meuchelmörder angestellt hatte. Dessen war ich mir sicher. Sie wusste, dass ihr Ehegatte nicht ganz sauber war, aber wie weit er wirklich geht, das war ihr sicher nicht bewusst. Ich überlegte, wie ich ihr das möglichst schonend beibringen konnte. Schließlich wollte ich sie nicht unnötig verletzen.





    Hingegen hatte ich keinerlei Skrupel ihr von der Affäre zu erzählen. Ich wusste, das sie das nicht sonderlich stören würde. Sie würde eher froh sein, denn so war seine Aufmerksamkeit nicht mehr nur auf sie konzentriert, sondern auf diese andere Frau. Auf jeden Fall nahm ich das an. Ich konnte ja nicht wissen, dass ich damit falsch liegen würde.
    Doch in dieser beginnenden Nacht bedeutete die fremde Frau auch für mich Erleichterung. Ich hatte die Hoffnung, dass Robert vielleicht von Annabelle lassen würde, weil er noch eine andere Frau hatte mit der die Dinge tun konnte, die Annabelle nicht mit ihm machen wollte. Es war ein Hoffnungsschimmer, der sich am Horizont für uns auftat. Und ich konnte nicht anders als mich an diesen zu klammern und zu hoffen, dass sie es auch tat.





    Ich beschloss, wieder zu Annabelle zurück zu gehen und ihr zu berichten. Gerade als ich einige Schritte vom Turmeingang auf den Weg getan hatte, scheuchte ich eines der wilden Tiere auf. Ich war es nicht gewöhnt, überhaupt welche zu sehen. Mieden sie mich doch wie der Teufel das Weihwasser, daher war ich mehr als überrascht diesen schwarzen Wolf zu sehen, wie er in aller Seelenruhe vor mir über den Weg lief und im Unterholz verschwand. Perfekt getarnt mit seinem schwarzen Fell war er schon nach wenigen Schritten nicht mehr zu erkennen in der Dunkelheit.
    Ich starrte ihm noch einen Augenblick hinterher, ehe ich mich zu Annabelle begab. Vor ihrem Haus angekommen, regelte ich die Zeit wieder auf die normale Geschwindigkeit zurück, bevor ich die Küche betrat in der Annabelle gerade den Abwasch machte.





    Ich klopfte an den Schrank, ehe ich etwas sagte. Diesmal erschreckte sich Annabelle nicht bei meinem Erscheinen. Sie wusste dieses Mal ja auch, dass ich wiederkommen würde.
    "Hallo", sagte sie leise. "Und was hast du herausgefunden?"
    "Eine Menge und ich weiß nicht, wie viel Zeit wir haben ehe dein Gatte nach Hause kommt."
    Sie sah mich erwartungsvoll an und ich fing an ihr zu berichten.
    "Also als erstes hat er sich auf dem Markt etwas zu trinken gegönnt, ehe er sich in einer Gasse mit einem finsteren Typen getroffen hat." Sie sah mich zweifelnd an und ich musste einen kurzen Moment überlegen, was ich nun sagte, damit die Wahrheit sie nicht so traf. "Er hat diesen Mann angeheuert einen anderen Mann zu schaden. Soweit ich das verstanden habe, ist dieser Mensch ein Konkurrent von Robert oder so. Auf jeden Fall ging es um irgendwelche dreckigen Geschäfte, mit dem Ziel seinen Gegner zu vernichten."





    "Zu vernichten?" Fragte sie und sah mich zweifelnd an. "Meinst du ihn zu töten?"
    "Nicht direkt, nein. Aber ich gehe davon aus, dass es am Ende darauf hinausläuft."
    "Oh", entschlüpfte es ihr und ich ließ ihr einen Moment Zeit die Nachricht zu verdauen.
    "Ich wusste ja, dass er nicht gerade zimperlich ist, aber das er so weit gehen würde. Das hätte ich nicht gedacht." Ihr hübsches Gesicht verzog sich voller Abscheu. "Du weißt nicht, wer der andere Mann ist oder?"
    "Er hat einen Namen gesagt, aber ich weiß nicht mehr welchen. Tut mir Leid, ich konnte mir noch nie gut Namen merken." Das stimmte. Namen waren mir immer egal gewesen, bis ich Annabelle getroffen hatte.
    "Ist nicht so schlimm. Ich denke eh nicht, dass ich etwas tun könnte, um dem anderen Mann zu helfen. Ich kann ja noch nicht mal mir selbst helfen." Sie lächelte mich ein wenig an und ich schluckte. "Da ist aber noch mehr oder?"
    "Ja, das Treffen war ziemlich schnell vorbei und Robert ist noch woanders hin gegangen..."





    Wieder eine Pause, wieder ein Zögern meinerseits.
    "Wohin?" Annabelle versuchte mich zu animieren weiter zu sprechen und ich tat ihr den Gefallen.
    "Er hat sich mit einer blonden jungen Frau getroffen. In einer der verlassenen Hütten im Wald. Annabelle, er hat dich betrogen."
    "Das ist ja wunderbar", jauchzte sie. "Dann brauche ich mich jetzt nicht mehr so schuldig zu fühlen, weil ich ihm nicht das biete, was eine gute Ehefrau ihrem Mann bieten sollte."
    Ich war erleichtert. "Dann stört es dich nicht im Geringsten?"
    "Nein", lachte sie. "Überhaupt nicht. Warum sollte es auch? Ich liebe ihn nicht und werde es auch nie tun. Da kann er sich mit so vielen Frauen vergnügen wie er will."





    "Das ist eine sehr vernünftige Einstellung", lachte ich.
    "Ich danke dir", meinte sie dann ernster. "Ohne deine Hilfe würde ich mich immer noch fragen, wohin er alle paar Tage verschwindet."
    Sie zog mich in ihre Arme und ich erwiderte die Umarmung ein wenig überrascht, aber nichts desto trotz glücklich. Wie immer berauschte mich ihre unmittelbare Nähe und ich kostete jeden Augenblick aus.
    "Und ich muss mich jetzt auch nicht mehr schuldig fühlen hierfür", flüsterte sie, gerade so laut, dass ich sie hören konnte. Mir stockte der Atem und alle meine Sinne richteten sich auf die junge Frau in meinen Armen. Sie schmiegte sich an mich und um nichts in der Welt hätte ich sie loslassen wollen, aber ich hörte die Haustür klicken.





    Widerstrebend löste ich mich von Annabelle.
    "Dein Mann kommt." Ich seufzte und sie sah mich traurig an.
    "Dann solltest du vielleicht am Besten gehen." Sie klang zaghaft und ich konnte ihr ansehen, dass sie nicht wollte, dass ich gehe.
    "Noch nicht, aber ich werde still sein. Und denk dran, dass du nichts darüber weißt, was er so treibt."
    Sie nickte und in dem Moment öffnete sich auch schon die Küchentür. Annabelle drehte sich zu Robert um und ich ergriff spontan ihre Hand. Dankbar drückte sie leicht zurück.
    "Guten Abend meine Liebe", flötete Robert selbstherrlich.
    "Guten Abend mein Gemahl", antwortete sie mit deutlicher Reserviertheit in der Stimme.





    "Aber, aber. Wer wird dann so kühl sein zu seinem geliebten Ehegatten." Robert lächelte süffisant und Annabelle versteifte sich unwillkürlich. "Komm her."
    Sie gehorchte sofort und ging auf ihren Mann zu. Ich konnte nichts tun, durfte mal wieder nichts tun.
    Robert tat gleich das eine, das bei mir immer zu dem Wunsch führte ihn sofort ins Jenseits zu begleiten. Ehe sich Annabelle versah, riss er sie an sich und küsste sie wild. Ich sah, wie sie sich noch mehr versteifte und ballte die Hände zu Fäusten. Ich durfte nichts tun und es kostete mich alle meine Willenskraft nicht doch einzuschreiten. Ich hatte nur die Hoffnung, dass das Wissen um meine Anwesenheit ihr Kraft gab.


    *Fortsetzung folgt*

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  • Thunder only happens when it's raining
    Players only love you when they're playing
    They say, women, they will come and they will go
    When the rain washes you clean, you'll know
    (Fleetwood Mac - Dreams)





    Manche Dinge müssen ungesehen und ungesagt bleiben. Ich wünschte mir, dass ich sie auch vergessen machen könnte. Sowohl für mich als auch in erster Hinsicht für sie. Was ich an dem Abend gesehen habe war schrecklich, auch und gerade deshalb, weil sie mich weggeschickt hatte, als Robert sie in Richtung Schlafzimmer gedrängt hatte.
    Ich gebe zu, ein Teil von mir war erleichtert, dass ich nicht alles gesehen habe, denn ich wüsste nicht, ob ich mich dann noch hätte zusammenreißen können. Andererseits quälte mich der Gedanke daran, was dieser Mann Annabelle ihr antat und meine Fantasie spielte verrückt. Ich habe in den Äonen meiner Existenz schon viele grausame Dinge gesehen, die Männer Frauen antaten und in dieser Nacht trugen alle Männer Roberts Gesicht.





    In den ersten Tagen nach dieser Nacht, war es nicht einfach, weder für sie noch für mich. Ihr blieb keine Zeit für mich, denn Robert überwachte sie auf jeden Schritt den sie tat. Da sie nicht zum Turm kommen konnte, begab ich mich ein paar Mal auf ihren Hof, zeigte mich kurz, aber sie schickte mich immer weg. Trotzdem hatte ich nie das Gefühl, dass sie mich nicht sehen wollte. Es war eine harte Probe für meine und auch ihre Geduld. Es bestand nur die vage Hoffnung, dass Robert bald wieder von ihr ablassen würde.
    Doch ehe es soweit war, besann ich mich der Ablenkung wegen auf meine eigentliche Arbeit. Es war nahe der Abenddämmerung und ein Sturm braute sich zusammen, als ich an der Kirche ankam. Die Luft war stickig und schwer und über allem hing ein feuchter Film, der das Atmen noch schwerer machte.





    Der alte Mann für den ich hier war, wusste noch nichts vom herannahenden Tod. Er ging noch seiner Arbeit nach, immer wieder Blicke zum Himmel werfend. Wind zog auf, leichte Windstöße brachten die dicke Luft in Bewegung. Wolken zogen sich zusammen und es knisterte vor Elektrizität. Der alte Mann seufzte schicksalsergeben, wohl wissend, dass er seine Gartenarbeit heute wohl nicht zu Ende führen konnte. Dass er sie niemals zu Ende führen konnte, war ihm immer noch nicht bewusst. Er erhob sich ächzend und seine arthritischen Knie knackten. Er klopfte sich ein paar Grashalme von seiner Robe und hielt dann inne, als ein scharfer Schmerz ihn durchzuckte. Im gleichen Moment schlug der erste Blitz ein.
    Ich hielt mich bereit, es musste jeden Moment soweit sein.





    Die ersten Regentropfen fielen und schlagartig wurde die Luft kühler, wehte auch der Wind stärker. Der alte Mann krümmte sich, fasste sich an die Brust, als könnte er so sein Herz wieder dazu bringen zu schlagen. Seine Seele war schon auf halben Weg zu mir, es gab nichts was er tun konnte um den Tod zu entkommen.
    "Vater Peter", gellte ein Schrei über den Hof. Ein Priester, trotz seines weißen Haares noch jung, rannte auf den sterbenden Mann zu. Ich war einen Moment abgelenkt, aber schaffte es dennoch die Seele des Mannes einzufangen. Während der leblose Körper zu Boden fiel, erreichte der junge Mann uns. Schmiss sich neben den alten Mann und versuchte noch Leben in ihn hinein zu pumpen. Vergebens, hätte ich ihm sagen können. Tränen rannten über sein Gesicht, als er langsam begriff, dass er nichts mehr tun konnte.
    "Vater, bitte nicht", murmelte der junge Priester. "Lasst uns nicht allein."
    "Es tut mir Leid", erwiderte ich auf sein Flehen, wohl wissend, dass auch ich nichts mehr tun konnte. Für den alten Mann war die Zeit einfach gekommen.





    Der Regen wurde schlimmer und auch der Sturm nahm zu. Blitze zuckten über den Himmel und Donner grollte. Ich ließ den jungen Mann alleine, konnte ich ihm doch nicht helfen, und kehrte in den Turm zurück. Dort setze ich mich und hörte eine Weile zu, wie der Wind wütend gegen die Fensterläden peitschte. Überall zog es in dem baufälligen Gebäude und doch war ich selbst gefeit gegen die Unbilden des Wetters.
    Mir selbst machte das Unwetter nichts aus, drückte es nur aus, wie auch ich mich fühlte. Die Wut auf Robert und seine Machenschaften war stark in mir und ich war ständig in Versuchung, etwas gegen ihn zu tun. Ich durfte nicht daran denken, aber das fiel mir schwer. Es gab noch so viele offene Fragen, was ihn betraf und mein Verstand kehrte immer wieder zu diesen zurück. Es gab nur eins, was ich tun konnte: ich musste mehr über ihn herausfinden.





    Und so begab ich mich zu dem einzigen Mann, außer Robert selbst, der mir vielleicht Antworten liefern konnte: Hugh.
    Ich hoffte, dass ich ihn bei seinem Auftrag finden würde, aber ich fand ihn in seiner Hütte, wo er grübelnd an seinem Tisch saß. Er strahlte schlechte Stimmung aus, so dass es in dem Raum kaum weniger ungemütlich war als draußen. Auch hier peitschte der Regen gegen die Fenster und der Wind heulte ums Haus.
    Und auch wenn es nicht so schien, als könnte ich hier heute Informationen über Robert sammeln, blieb ich. Ich hatte eher das Gefühl, dass Hugh auf etwas wartete und ich war gespannt auf was. Immer wieder ging sein Blick zur Tür und nach jedem dieser Blicke wurde sein Gesicht finsterer.





    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er jemanden in seine Hütte geladen hatte, dazu war er nicht der Mensch. Und ich konnte nicht glauben, dass er mit seinem Beruf das Risiko eingehen würde, dass jemand verraten könnte, wo und wie er lebt. Und doch, nach einer gefühlten Ewigkeit, öffnete sich die Tür und eine junge Frau in Rüstung flüchtete sich nach drinnen.
    "Du bist spät dran", fluchte Hugh zur Begrüßung.
    "Das Wetter hat mich aufgehalten", antwortete die Frau, während sie sich den Regen aus den Haaren und den Kleidern schüttelte.
    "Du wolltest gestern schon hier sein."
    "Ich weiß, aber was soll das finstere Gesicht. Du wartest jetzt schon ein Jahr auf mich, da spielt doch ein Tag mehr oder weniger keine Rolle." Sie lachte leise und Hugh starrte sie noch eine Spur finsterer an. "Schau mich nicht so an, ich weiß, dass du dich freust mich zu sehen."





    "Verflucht Weib, du bringst mich noch mal um. Setz dich und iss erstmal was, ehe du mir noch vorhältst, ich wäre ein schlechter Gastgeber."
    Sie lachte und grinste ihn an. "Du bist vielleicht vieles, aber ein schlechter Gastgeber warst du noch nie." Schwungvoll ließ sie sich ihm gegenüber nieder und griff nach dem Brot. "Und woher kommt deine so wunderbare Stimmung? Du kannst mir nicht ernsthaft erzählen, dass meine Verspätung schuld daran ist."
    "Frag besser nicht." Hugh zog immer noch ein finsteres Gesicht.
    "Ich frage aber. Erzähl, während ich esse."
    "Also schön, du gibst ja eh keine Ruhe ehe ich dir nicht alles erzählt habe. Ich fürchte, ich habe einen Fehler begangen und du weißt, wie sehr ich sowas hasse." Er schnaubte und zog die Stirn in Falten. "Ich habe einen Auftrag angenommen, wo ich mir sicher bin, dass er böse enden wird."





    "Das passt überhaupt nicht zu dir." Die Frau klang überrascht.
    "Stimmt, darum ärger ich mich ja auch maßlos über mich selbst. Es ist auch nicht so, dass ich Skrupel hätte. Du kennst mich ja, aber dieser Auftrag ist eine ganz üble Sache."
    "Wer ist dein Auftraggeber?"
    Er starrte sie an und ich war mir sicher, dass er nicht antworten würde. Aber er überraschte mich. "Sir Robert von Weidenfell."
    "Der Lord? Ich dachte, der wäre erledigt?" Sie war mehr als erstaunt. Genauso wie ich. Ich hatte keine Ahnung, dass das Ekel Robert in Wirklichkeit ein Lord war.
    "Ist er auch, total pleite und seine Burg ist in Hand von Sir Georg. Der feine Robert musste ein armes Landmädchen heiraten und wohnt jetzt auf ihrem Hof, damit er das Land nicht verlassen muss. Allerdings ist das hier alles kaum noch mehr als ein Gerücht. Fast niemand weiß davon, dafür hat Sir Robert das alles zu gut vertuscht."
    Sie pfiff leise. "Nicht schlecht, nicht schlecht. Und lass mich raten, dein Auftrag hat mit Sir Georg zu tun." Es war keine direkte Frage und Hugh nickte nur bestätigend.





    "Üble Sache. Aber ich bin mir sicher, da steckt noch mehr hinter."
    Wieder nickte Hugh. "Ja, das ist noch nicht alles. Bist du satt?" Sie nickte. "Dann lass uns später weiter reden. Jetzt könnte ich ein wenig Aufmunterung gebrauchen."
    Er stand auf und zog sie ebenfalls hoch. "Dann wollen wir doch mal sehen, ob meine Erinnerung mich nicht täuscht und sich immer noch weibliche Kurven unter deiner Rüstung verstecken." Mit diesen Worte zog er sie in seine Arme und küsste sie leidenschaftlich.
    Ich wollte nicht bleiben, wollte die Beiden nicht stören, aber ich wollte auch mehr wissen. Was wusste der Assassine noch über Robert? Was hatte er noch über seinen Auftrag zu sagen? Ich wollte die Antworten. Also blieb ich und versuchte überall anders hinzusehen und hören, als zu den Beiden.





    "Und worin besteht jetzt dein Auftrag mit Sir Georg?"
    Hugh seufzte. "Erstmal aus nichts anderen, als dass ich mich in seine Gesellschaft schleichen und ihn ausspionieren muss. Wie ich solche Spielchen hasse. Man gebe mir einen Dolch und einen Namen und ich sorge dafür, dass derjenige nie wieder ein Problem ist. Aber mich verstellen und spionieren ist nichts für mich."
    "Stimmt, es gefällt dir nicht, aber du bist trotzdem gut darin."
    "Aber ich hasse es", fluchte er mit Inbrunst.
    "Warum hast du den Auftrag dann angenommen, wenn er dir so zuwider ist?" Sie klang ehrlich überrascht. "Du kannst es dir doch leisten, solche Sachen abzulehnen."
    "Diesmal nicht. Ich gebe es nicht gerne zu, aber in letzter Zeit liefen die Geschäfte schlecht. Die Leute zahlen immer weniger für ehrliche Arbeit. Sie heuern lieber Stümper an. So ist das halt, wenn man den Ruf hat, der Beste zu sein. Man verliert die einfachen Leute."





    "Armer Hugh, zu gut für die einfachen Leute." Sie klang schelmisch und stubste ihn neckend in die Seite.
    "Götter, Frau. Du weißt, wie ich das meine. Man muss halt sehen, wo man bleibt."
    "Bei Aufträgen, die nicht gut für dich sind und irgendwann dein Verderben sein werden." Jeder Spott war aus ihrer Stimme verschwunden.
    "Höre ich da etwa Sorge um mich aus deinem Mund?"
    "Natürlich du Idiot. Was meinst du, warum ich sonst einmal im Jahr her komme. Ich mache mir Sorgen um dich."
    "Ich dachte du kommst her, weil ich so ein überragender Liebhaber bin?" Er grinste sie an.
    "Das ist nur der Bonus." Sie küsste ihn leicht auf die Wange.
    Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den Beiden.




    "Und wie geht es jetzt weiter mit dir und den feinen Herren?"
    "Erstmal werde ich das Spiel mitspielen und sehen wie weit es geht. Das Interessante ist ja, dass beide Dreck am Stecken haben. Die geben sich nichts in der Wahl ihrer Waffen. Ich bin mir sicher, dass auch Georg früher oder später auf mich zu kommt, mit dem gleichen Anliegen wie Robert."
    "Und ich bin mir sicher, dass du die Beiden gegeneinander ausspielst und dir von Beiden die Belohnung holst."
    "Das ist der Plan. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass es Böse endet. Ich bin mir nur nicht sicher, für wen."
    "Wenn es zu heikel wird, dann steig aus. Tu mir den Gefallen. Ich will nicht nächstes Jahr wiederkommen und hier eine leere Hütte vorfinden."
    "Schon wieder diese Sorge um mich. Man könnte ja fast denken, du liebst mich." Er lachte.
    "Du bist so ein Idiot."





    Die beiden plauderten noch die ganze weitere Nacht, während der Sturm draußen langsam abflaute. Im Morgengrauen erhoben sie sich von ihrer Lagerstätte. Sie legte ihre Rüstung wieder an, während Hugh sich nur eine Hose überzog. Er umarmte sie nochmal zum Abschied.
    "Pass auf dich auf da draußen. Nicht, dass du mir unter die Räder kommst und ich hier nächstes Jahr vergeblich warte."
    "Höre ich da etwa Sorge?" Sie lachte. "Gib gut auf dich Acht, Hugh und steig aus, wenn die Dinge zu brenzlig werden."
    "Zu Befehl, Frau Kommandantin." Er tippte sich salutierend an die Stirn.
    "Bis nächstes Jahr, mein Freund." Sie küsste ihn noch einmal kurz auf die Wange und verließ dann die Hütte. Hugh starrte ihr noch hinterher, dann wandte er sich von der Tür ab und löschte die Kerzen. "Irgendwann bringt dieses Weib mich noch um meinen Verstand", murmelte er, ehe er sich in sein Bett packte und leise anfing zu schnarchen.




    Ich ging ebenfalls. Ich hatte viel zum Nachdenken bekommen und einige Antworten auf Fragen bezüglich Robert. Ob Annabelle wusste, dass ihr Ehemann vollkommen pleite war? Ich war mir nicht sicher, ob sie davon Ahnung hatte, aber ich war mir sicher, dass sie es ahnte. Schließlich war es mehr als ungewöhnlich, dass ein Lord in ihre ärmliche Hütte zog und ganz auf seinen gewöhnten Luxus verzichtete. Er hatte ja noch nicht mal Bedienstete mitgebracht, die sein Leben dort angenehmer gestalten konnten. Dafür hatte er ja Annabelle.
    Ich musste ihr diese Frage stellen. So schnell ich konnte begab ich mich zum Turm, um dort auf sie zu warten.



    *Fortsetzung folgt*

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

    Einmal editiert, zuletzt von Llynya ()

  • Soso, Robert ist eigentlich ein abgebrannter Lord. Und vermutlich möchte er nun diesen Sir Georg irgendwie aus dem Wege schaffen. Soweit, so gut, ich kann mir gerade nur nicht im geringsten vorstellen, was das mit Annabelle und dem Tod zu tun haben könnte - außer dass sie natürlich Roberts Frau ist und es auf sie auch Auswirkungen hätte. Vielleicht würde Robert, wenn er wieder Geld und Ansehen hätte, sich dieses "unangebrachten" Mündels dann gerne entledigen...? Vielleicht läuft das ganze darauf hinaus? Wer weiß...
    Schön für beide(Annabelle und den Tod) finde ich, dass sie einander nun haben. Man merkt richtig, wie zärtlich ihre Gefühle füreinander sind. INteressant auch immer noch, dass sie seine Gegenwart und ihn als "Geist" so gut akzeptiert.
    Mh...
    Was interessant werden könnte wäre, wenn der Assassine Hugh irgendwann bemerkt, WER Roberts Frau ist. Denn er ist ja der Meinung, dass er sie eigenhändig abgestochen hat.
    Und es ist auch schön zu sehen, dass selbst hinter einem Auftragsmörder ein Mensch steckt... ich frag mich nur, wieso seine Geliebte ihn nur einmal im Jahr sehen kann?
    Fragen über Fragen... :)
    Die Bilder waren mal wieder toll. Du kannst so tolle Kulissen bauen. Ich mag die einfach, sie laden richtig ein, mal ins Bild hinein zu gehen und sich eine Weile an die Stellen zu setzen an denen die Sims sitzen - zumindest bei den Außenaufnahmen :)

  • Huhu Innad,


    ja, Robert ist pleite und am Boden, darum musste er Annabelle heiraten, damit er die Chance behält seinen Gegner doch noch wieder zu zerschlagen. Er brauchte halt einen Wohnsitz und da kam Annabelle und ihr Hof gerade recht. :(
    Wie es weitergehen könnte, sollte Robert sein Reich wiederbekommen, verrate ich natürlich nicht. :augzu


    Ich mag dieses zarte Anbändeln doch auch ganz gerne, auch wenn ich denke, dass Annabelle zu schnell auf ihn einsteigt. Aber er ist im Moment ja auch der Einzige, der zu ihr hält und sie stützt. Halt der einzige Freund, den sie hat. Das es viel gibt, was sie nicht über ihn weiß, macht es natürlich auch einfacher ihn zu mögen.


    Was Hugh angeht, vielleicht erinnert er sich auch gar nicht mehr an den Vorfall am Turm. Er war ja schon doch sehr neben der Spur... :augzu


    Seine Geliebte (wie habe ich das im gelben Forum genannt Friends-with-benefits) könnte ihn schon öfter sehen, die haben nur die Abmachung einmal im Jahr reicht. Oder auch: ich wollte halt nicht noch mehr Auftritte von meinem Selfsim. :cool:


    Freut mich, dass dir die Kulissen gefallen, aber ich habe ja nicht alles selbst gebaut. Annabelles Hof ist ja nicht von mir und auch so einige andere Häuser. Einzig die Kirche, den Turm und sämtliche Waldgrundstücke habe ich gebaut. :fiu


    ---
    @ All
    Nachdem ich jetzt auf Grund der Tatsache, dass Photobucket sagt "Wir zeigen deine Bilder jetzt für ein paar Tage nicht mehr, wenn du nicht X-Betrag in $ bezahlst" wechsel ich jetzt den Bilderhoster. Im Moment sind die Kapitelbilder von 17 bis 10 ausgetauscht und die anderen Kapitel und die Outs kommen noch. :)


    Apropos Outtakes, da habe ich auch noch ein paar von:






    „Nein, also wirklich. So geht das ja gar nicht.“ *mit dem Fuß aufstampf*





    „Joar, sterb mal fröhlich vor dich hin. Ich gönn mir dann erstmal ein kühles Guiness.“
    Wie halt immer, wenn er auf dem Grundstück ist. :D





    „It's the eye of the Tiger. It's the thrill of the fight.“ *vor mich hin sing*
    Oder auch: Ich starre dich in Grund und Boden!





    „Macht ihr nur eure Faxen. Mich kümmert das alles gar nicht.“
    Er ist halt wirklich Mr. Cool. :seelove





    Einer der Nebendarsteller wünscht mehr Aufmerksamkeit vom Hauptdarsteller. Tja, das kann ich arrangieren, aber denk mal nicht, dass du gewinnen wirst. :hehe





    Ein Monster. Ich kann gar nicht anders als die Beiden zusammenbringen.





    „Soll ich jetzt echt mit der da rummachen? Ist nicht dein Ernst.“
    Ich nehm das mal nicht persönlich, aber nur ausnahmsweise mal. -.-





    „Götter, die schickt mich hier auch immer in Situationen. Das ist doch zum Heulen.“





    *hust* *hust* *hust*
    Ist ja nicht so, dass ich nicht auch meinen Hauptdarsteller scharf finden würde. :D

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    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Ich mag den Tod einfach immer noch nicht. (Das werde ich wohl noch öfters erwähnen.^^) Irgendwie wünsche ich mir, dass er sterblich wird, vielleicht wird er dann für mich sympatischer. (Fände ich durchaus realistisch, irgendwann muss es auch mal einen neuen Tod geben, der jetzige entwickelt schliesslich Gefühle... Passt nicht zum Tod.)


    Interessant, was wir da über Robert herausgefunden haben, das erklärt auch, warum er Annabelle geheiratet hat. Ich hoffe doch, dass Hughs Wissen sich nicht irgendwann gegen ihn stellen wird, aus irgend einem Grund ist er mir irgendwie sympatisch (natürlich nur so sympatisch, wie ein Kerl wie er sein kann ;)).
    Apropos Hugh. Das Verhältnis, das Hugh mit der Dame hat, finde ich sehr speziell, wirst du uns die Hintergrundgeschichte auch noch mal dazu liefern? (Ich meine, einmal im Jahr?! Das muss irgendwie aus einem blöden Witz entstanden sein. ;) ) Ich weiss, du willst deinen Selfsim nicht mehr Auftritte geben, aber daraus würde sich sicher auch eine gute (Kurz-)Geschichte schreiben lassen. :D


    Ich freue mich auf jeden Fall auf die Fortsetzung.

  • Huhu Raya,


    das du den Tod nicht magst, finde ich total okay. Wenn ich ganz ehrlich bin, mag ich es auch nicht, wie er sich in Bezug auf Annabelle verhält. An ihrer Stelle möchte ich auch nicht sein, wenn seine ganzen Lügen auffliegen. :(
    Der Tod sterblich? Das wäre natürlich auch mal was. Und ja, es passt nicht zum Tod, dass er Gefühle hat. Aber ich verrate jetzt natürlich nichts mehr weiter. :augzu


    Hugh ist wohl bewusst, in welch einer Situation er sich befindet und er rechnet ja auch schon damit, dass es böse enden kann. Auf jeden Fall wird er noch viel mit Robert zu tun haben und ob das immer so gut für ihn ist? :hua


    Was Hugh und Llyn (:D) angeht... Als ich die Szenen mit den Beiden erst geknipst und dann vertextet habe, hat mich die Chemie zwischen den beiden Charakteren so inspiriert, dass ich beschlossen habe, die Hintergrundgeschichte der Beiden zu schreiben. Aber ich denke nicht, dass ich sie veröffentliche. Einerseits weil ich es dann wohl im Ü-18 Bereich machen müsste und andererseits würde es schwierg werden mit den Bildern. Einmal weil halt mein Selfsim und da ich am Samstag über 2 Stunden nach den passenden Downloads für nur das eine Outfit von ihr gesucht habe, denke ich nicht, dass ich da weit mit komme. Ich kann sie ja schließlich nicht ständig nackt zeigen. :roftl
    Aber vielleicht änder ich meine Meinung ja doch noch. Mal schauen. :)

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    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Was Hugh und Llyn (:D) angeht... Als ich die Szenen mit den Beiden erst geknipst und dann vertextet habe, hat mich die Chemie zwischen den beiden Charakteren so inspiriert, dass ich beschlossen habe, die Hintergrundgeschichte der Beiden zu schreiben. Aber ich denke nicht, dass ich sie veröffentliche. Einerseits weil ich es dann wohl im Ü-18 Bereich machen müsste und andererseits würde es schwierg werden mit den Bildern. Einmal weil halt mein Selfsim und da ich am Samstag über 2 Stunden nach den passenden Downloads für nur das eine Outfit von ihr gesucht habe, denke ich nicht, dass ich da weit mit komme. Ich kann sie ja schließlich nicht ständig nackt zeigen. :roftl
    Aber vielleicht änder ich meine Meinung ja doch noch. Mal schauen. :)


    Naja, ich lese die Story auch ohne Bilder. :D



  • Whoa, here it comes that funny feeling again
    Winding me up inside every time we touch
    Hey, I don't know, oh, tell me where to begin
    'Cause I never ever felt so much
    (Van Halen - Why can't this be love)





    Doch ich wartete dort vergebens. Annabelle kam nicht. Die Minuten zogen sich zu Stunden hin, die Tage schienen Wochen zu sein. Ich kann nicht mehr sagen, wie lange ich auf sie wartete, aber es waren einige Tage. Ich wusste, sie hatte einen Grund warum sie nicht kam, aber es quälte mich, mit meinen Fragen allein zu sein. Ich wollte noch so viel wissen, über sie und über Robert.
    Als ich es nicht mehr aushielt geduldig zu warten, machte ich mich auf den Weg zu Annabelles Hof. Ich wollte sie dort eigentlich nicht mehr so besuchen, um sie nicht in Gefahr zu bringen, aber ich musste wissen, ob es ihr gut ging. Ich machte mir so langsam Sorgen um sie. Doch als ich auf dem Hof ankam, war sie gerade im Badezimmer und wusch sich die Hände. Sie sah gesund aus und nichts zeugte davon, dass sie misshandelt worden war in letzter Zeit. Ich winkte ihr lächelnd zu doch sie schüttelte den Kopf. Ich sah wie sich ihre Lippen bewegten. "Hinter das Haus."





    Ihr Wunsch war mein Befehl. Ich verschwand hinter das Haus und wartete ein paar Minuten geduldig in der Nähe der Tür. Endlich öffnete sie sich und Annabelle trat hinaus in den Schatten.
    "Es tut mir Leid", sagte sie leise. "Ich konnte einfach nicht weg. Robert hat auf mich aufgepasst wie ein Adler. Ich weiß nicht, warum er im Moment so versessen darauf ist, in meiner Nähe zu sein." Sie seufzte.
    "Na ja, er ist dein Ehemann."
    "Das ist es nicht. Ich glaube, er ahnt das ich in letzter Zeit zu oft den Hof verlassen habe, um woanders zu sein. Aber ich glaube, er weiß nicht warum." Sie machte eine kleine Pause. "Auf jeden Fall hoffe ich das."
    "Ich auch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er begeistert von der Idee wäre, dass du dich mit zweifelhaften Geistern herumtreibst."
    Sie lachte leise. "Nein, vermutlich nicht."
    "Aber trotzdem muss ich mit dir reden und das nicht hier in aller Eile. Ich gebe zu, ich habe Robert noch ein wenig nachspioniert..."





    "Das solltest du nicht tun. Es könnte gefährlich sein."
    "Nicht ihm direkt, sondern den Leuten, die er kennt. Aber mehr davon nicht hier. Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen."
    Sie blickte rasch zur Tür. "Also gut. Robert will nachher wieder ins Dorf. Ich werde versuchen meiner Mutter zu entwischen und komme nachher zum Turm. Dort können wir dann reden. Aber jetzt muss ich wirklich wieder rein. Bis später."
    "Ich werde warten."
    Sie lächelte mich noch mal kurz an und verschwand dann wieder im Haus. Ich machte mir Sorgen, denn sie klang schon sehr ängstlich. Ich hoffte nur, dass Robert sie nicht erwischen würde.
    Kurz darauf war ich schon wieder am Turm und wartete auf sie. Die ganze Zeit gefangen zwischen Hoffen und Bangen. Dementsprechend zogen sich die Minuten und Stunden endlos hin.





    Als Annabelle endlich den Pfad zum Turm entlang kam, konnte ich nicht anders als vor Erleichterung seufzen. Ich stand auf und ging ihr ein paar Schritte entgegen.
    "Ich freue mich, dass du es geschafft hast her zu kommen." Begrüßte ich sie recht verhalten.
    "Ich habe meiner Mutter gesagt, ich gehe Wäsche waschen. Die steht jetzt gewaschen am Fluss und wartet darauf, dass ich sie nachher wieder mitnehme." Sie lächelte mich unsicher an, verwirrt durch meinen Ton.
    "Eine gute Ausrede." Ich hielt mich immer noch zurück, selbst verwirrt über mein Verhalten.
    "Das erschien mir das Einfachste und es gibt mir genug Zeit um mit dir zu reden. Meine Mutter weiß, dass ich immer lange brauche um Wäsche zu waschen. Schließlich nutze ich diese Ausrede schon lange, um ein paar Stunden für mich zu haben."





    Ich rang mir ein Lächeln ab. "Dann will ich nur hoffen, dass du damit nicht nur deine Mutter sondern auch Robert täuschen kannst."
    Sie blinzelte mich an. "Du bist heute so anders. Macht es dir so viel zu schaffen, dass er soviel Macht über mich hat?"
    Wie immer traf ihre Frage ins Schwarze. Ich nickte. "Ja, macht es. Gerade, weil er soviel Macht über dich hat, solltest du vorsichtig sein."
    "Dabei warst du es doch, der um dieses Treffen gebeten hat." Sie klang verärgert.
    "Stimmt, ich habe dich darum gebeten, aber mir war nicht klar, dass es so schwer für dich sein würde."
    Sie seufzte. "Was ist schon einfach heutzutage. Aber mach dir bitte keine so großen Sorgen. Ich weiß diesmal schon, was ich tue. Robert ist für mehrere Stunden weg. Ich bin mir sicher, dass er wieder mit einer anderen Frau zusammen ist. So langsam kenne ich seine Vorbereitungen, wenn er mal wieder loszieht."





    Ich sah sie einen Moment stumm an und erkannte den entschlossen Zug um ihren Mund. Sie würde sich nicht auf weiter Diskussionen darüber einlassen. Also gab ich nach. Sie hatte ja auch Recht. Ich wollte dieses Treffen und so beschloss ich, die Zeit mit ihr zu genießen.
    "Setzen wir uns doch da rüber." Ich deutete auf die langsam verfallende Mauer. "Drinnen wird es nur heiß und stickig sein."
    Annabelle nickte. "Gerne, aber irgendwann musst du mir mal zeigen, wie du so lebst."
    "Komm mich einfach besuchen, wenn es kalt ist." Ich grinste sie an, während wir durch das hohe Gras zur Mauer gingen.
    "Ich will eigentlich gar nicht davon anfangen, aber ich muss mit dir über Robert reden."
    "Ich würde es zwar vorziehen, wenn wir über etwas anderes sprechen würden, aber schieß los. Es wird dir sonst ja doch keine Ruhe lassen." Sie sah mich durchdringend an und wieder war da der entschlossene Zug um ihren Mund. Ich konnte mir vorstellen, dass es schwierig für sie war mit mir über ihn zu sprechen.





    Um es schnell hinter mich zu bringen, erzählte ich ihr von dem Gespräch zwischen dem Meuchelmörder und seiner Gespielin. Sie unterbrach mich nicht einmal und nachdem ich geendet hatte, herrschte erst einmal Schweigen zwischen uns.
    "Ich wusste es. Er war in der Hinsicht ganz offen zu meiner Mutter und mir. Ich wusste auch, dass er versuchen würde wieder an seinen Besitz und auch an seinen Titel wieder heranzukommen. Er hat meiner Mutter versprochen, dass er sich in dem Fall immer um uns kümmern würde."
    "Aber du weißt, dass das eine Lüge ist?" Eigentlich war es keine Frage. Ich konnte die Wahrheit in ihren Augen sehen.
    "Ja, ich weiß es, aber meine Mutter glaubt daran. Ich habe nicht das Herz, ihr zu sagen, dass er lügt. Nachdem wir Vater verloren haben, will ich ihr nicht auch das letzte bisschen Hoffnung nehmen, was sie noch hat. Ich weiß, dass sie höchstwahrscheinlich auch nicht mehr lange zu leben hat und ich will nicht, dass sie sich auf ihre letzten Monate noch grämt."





    "Das ist wirklich selbstlos von dir." Ich sah sie bewundernd an.
    "Ich weiß nicht, ob ich es so nennen würde. Ich liebe meine Mutter und ich will nicht, dass sie sich meinetwegen Sorgen macht."
    "Dir ist aber schon klar, dass sie es trotzdem macht. Schließlich sieht sie ja, wie Robert dich behandelt."
    Sie lachte gezwungen. "Natürlich weiß ich das und genau deshalb versuche ich die vielen kleinen Grausamkeiten von ihm vor ihr zu verbergen. Sie sieht nur die wirklich auffälligen Dinge, die er mir antut."
    "Was glaubst du passiert mit dir und deiner Mutter, wenn Robert sein Ziel erreicht hat?" Ich wollte nicht fragen, aber ich tat es trotzdem.
    "Er wird uns fallen lassen wie eine heiße Kartoffel." Sie klang emotionslos, aber ich spürte, dass sie sich wirklich sorgte.
    "Aber ihr seid verheiratet. Das kann er nicht einfach so ignorieren."
    Sie lachte bitter auf. "Das ist doch nur eine Kleinigkeit für ihn. Er wird einen Weg finden, wie er das rückgängig machen kann."





    Mir lief es kalt den Rücken runter, trotz der Hitze des warmen Sommertages. "Wie meinst du das?"
    "Nun ja, er könnte behaupten, dass ich ihm nie eine richtige Ehefrau gewesen bin. Wir haben keine Kinder zusammen und niemand kann beweisen, dass die Ehe vollzogen wurde. Das wäre eine Möglichkeit. Dann könnte er noch sagen, dass ich ihm untreu war und so eine Entbindung des Eheversprechens erwirken. Oder noch ganz abwegig, könnte er zum Beispiel auch noch erklären, dass der Priester gar keiner war und die Ehe deshalb ungültig wäre. Wenn man Macht hat, findet man viele Möglichkeiten um eine ungeliebte Frau loszuwerden."
    "Er könnte dir auch etwas antun." Ich sprach leise, doch sie hörte mich.
    "Ja, das ist auch eine Möglichkeit. Den Mörder dafür hat er ja anscheinend schon."
    "Sag so etwas nicht, glaube daran, dass er einen anderen Weg wählt."
    "Warum? Ich nehme lieber das Schlimmste an, dann ist die Enttäuschung am Ende nicht so groß."





    "Dann ist das aber auch das Ende." Flüsterte ich, verzweifelt versucht die richtigen Worte zu finden.
    "Und? Das Leben hat mir bisher nichts mehr als Enttäuschung und Schmerz gebracht, warum sollte der Tod da anders sein." Wieder war da der harte Klang in ihrer Stimme.
    "Weil das Leben nicht nur daraus besteht. Du hast es nur im Moment nicht einfach. Vertrau mir, es kann auch besser sein. Nur dafür musst du aufhören dir das Ende zu wünschen."
    Sie sah mich an und ich wusste, dass ich sie diesmal nicht erreicht hatte. Und es war meine Schuld, dass sie jetzt wieder darüber nachdachte. Nur weil ich über Robert reden wollte. Ich war ein Idiot.
    Aber dann lehnte sie sich zurück und lächelte plötzlich völlig ungezwungen. "Du hast Recht. Ich sollte das Leben wirklich einmal versuchen zu genießen."





    Und mit diesen Worten ließ sie sich rückwärts ins Gras fallen und schloss die Augen.
    Verwundert sah ich zu ihr rüber. Manchmal war sie mir ein Rätsel, aber solange sie so zufrieden und entspannt hier neben mir lag, war auch ich zufrieden. Ich wollte ja nicht, dass sie sich noch mehr sorgte und düstere Gedanken hegte.
    "Ich liebe es im Gras zu liegen und wenn mir dabei die Sonne ins Gesicht scheint. Das waren schon immer meine liebsten Stunden." Meinte sie nach einer ganzen Weile des Schweigens. "Als Kind habe ich mich immer im Sommer weggeschlichen und mich auf sämtlichen Wiesen im Umkreis versteckt. Das Gras war immer so hoch, dass ich für jeden fast unsichtbar war. Meine Eltern haben mich dann immer stundenlang gesucht und wenn ich später zurück zum Hof kam, gab es immer Ärger. Aber den war es auch immer Wert."
    "Das hört sich wunderbar an, außer das mit dem Ärger natürlich."
    "Ach, so schlimm war der nie. Nur ein paar Worte der Ermahnung, die ungefähr bis zum nächsten Tag gehalten haben." Sie lachte. "Was ist mir dir? Hast du als Kind immer brav gehorcht oder hat dich auch das Abenteuer gepackt?"





    "Wenn ich ehrlich bin, kann ich mich nicht wirklich an meine Kindheit erinnern. Das ist wohl schon zu lange her." Ich wollte ihr keine erfundene Geschichten mehr erzählen.
    "Schade. Ich hätte gerne gewusst, wie du als Kind so warst. Ich kann mir vorstellen, dass du deinen Eltern oft widersprochen hast."
    "Hm, kann schon sein, aber wie gesagt. Ich erinnere mich nicht."
    Sie setzte sich ein wenig auf. "Dann kannst du dich wahrscheinlich auch nicht an so etwas erinnern." Und mit diesen Worten warf sie ein Büschel Gras auf mich. Sie war eine gute Schützin auf die Distanz und ihre ganze Ladung landete in meinem Gesicht. Sie lachte und sprang leichtfüßig auf.
    "Du musst dich auch wehren." Rief sie mir zu und warf das nächste Büschel auf mich.
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und sprang ebenfalls auf. Ihr Wurf verfehlte mich und ich stellte mich triumphierend hin.
    "Daneben."





    Sie zielte noch einmal und traf mich wieder. Und das packte meinen Ehrgeiz. Ich bückte mich und rupfte einige Grasbüschel aus und warf sie in ihre Richtung. Ich verfehlte sie um mindestens einen Meter.
    "Daneben", lachte sie und ich bekam die nächste Ladung Gras ab.
    "Na warte. Ich kriege dich schon noch."
    Unser Graskampf dauerte noch eine ganze Weile an und ihr Gelächter über meine Würfe hallte über das Grundstück, hallte in meinen Ohren nach und floss durch mich durch wie pures Glück.
    Wir alberten rum, ganz so wie Kinder. Annabelle siegte im Graskampf haushoch, einfach weil sie wirklich eine gute Werferin war und ich zu viel Spaß daran hatte sie gewinnen zu sehen. Es tat mir gut, sie so lachen zu sehen nachdem unser gemeinsamer Nachmittag so ernst angefangen hatte.





    "Genug", lachte sie nach einer besonders fiesen Attacke auf mich. "Mir tut schon alles weh vor Lachen."
    "Du gibst also endlich auf."
    "Natürlich nicht. Ich habe ganz klar gewonnen. Sieh doch nur, wie viel Gras an dir klebt."
    "Zählst du jetzt jeden einzelnen Halm oder wie?"
    "Nein, aber ich habe eindeutig gewonnen."
    "Pah", schnaufte ich. "Du gibst doch auf und willst jetzt noch um jeden Preis deine Ehre retten."
    "Also gut, noch ein letztes Duell. Dann sehen wir ja wer besser ist." Sie lachte siegessicher.
    "Na, schön. Du hast es ja nicht anders gewollt." Ich bewaffnete mich mit Gras und sie tat das Gleiche.
    "Auf drei werfen wir los. Eins. Zwei. Drei." Sie zählte und wir beide ließen im selben Moment die Waffen fliegen. Ich traf. Sie verfehlte.





    "Du Schuft. Das war von vornherein geplant. Die ganze Zeit hast du so getan als wärst du ein mieser Werfer, nur um jetzt im entscheidenden Moment zu treffen." Sie klang fast beleidigt, wenn da nicht die lachenden Augen gewesen wären.
    "Natürlich", bestätigte ich überheblich.
    "Na, warte. Das zahl ich dir heim." Sie grummelte noch kurz vor sich hin und warf sich dann auf mich. Ich war total überrascht und konnte ihrem wilden Ansturm nichts entgegensetzen. Zusammen flogen wir ins weiche Gras. Sie landete unter mir und ich hielt sie an den Armen fest. Ihre Augen funkelten mich an, ihr Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln. Mein Herz raste und ich konnte nicht anders als sie anzusehen, während sich in meinem Kopf die Gedanken überschlugen.


    *Fortsetzung folgt*

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19




  • With arms wide open
    under the sunlight
    welcome to this place
    i'll show you everything
    (Creed – With arms wide open)





    Die Zeit schien still zu stehen, während wir uns in die Augen sahen. Ihre sahen mich fragend an, aber ohne Angst. Ich konnte ihren Körper unter meinem spüren, entspannt und doch voller Energie. Ich spürte ihren Atem an meinem Gesicht, nur ein leichter Hauch. Ihr leicht fragender Blick reichte, um mich reagieren zu lassen. Ich beugte mich näher zu ihr, brachte meine Lippen näher zu ihren. Doch bevor sie einander erreichten, flackerte Zweifel in ihren Augen auf und sie drehte den Kopf weg.
    Zögernd verharrte ich noch einen Moment so über ihr, doch da sie den Blick weiter auf das Gras richtete, ließ ich sie los und erhob mich. Annabelle blieb noch einen Moment regungslos liegen, ehe auch sie aufstand.





    „Es tut mir Leid“, fing ich an mich zu entschuldigen, auch wenn mir nicht die Tat selber leid tat, sondern das ich sie in Verlegenheit gebracht hatte.
    „Mir auch“, antwortete sie und ich war mir nicht sicher, wie sie das meinte.
    „Dir braucht nichts Leid zu tun. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.“ Ich sprach aus, was ich dachte, in der Hoffnung das sie verstand.
    Sie sah mich einen Moment zögernd an. „Und ich wollte dich nicht in eine Situation bringen wie diese. Es ist nicht richtig.“
    „Nein, ist es nicht“, stimmte ich ihr zu. „Aber egal ob richtig oder falsch, es ändert nichts daran, dass wir zusammen Spaß hatten und ich mich eben falsch verhalten habe.“
    „Aber das hast du doch eigentlich nicht.“ Sie seufzte. „Ich habe dir etwas Falsches vermittelt.“





    Ich sah sie verwirrt an. „Aber nicht doch. Es ist nicht falsch gewesen. Es ist vielleicht nur der falsche Zeitpunkt.“
    Sie sah mich traurig an. „Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt hierfür. Sieh uns doch nur an. Ich bin verheiratet und du bist tot. Wo soll es hier bitte einen richtigen Zeitpunkt geben? Selbst wenn wir uns vor meiner Hochzeit kennengelernt hätten, wärst du immer noch tot. Es kann daher nur falsch sein.“
    Sie hatte Recht, aber ich wollte es nicht akzeptieren. „Aber was spielen die Umstände für eine Rolle, wann wir uns kennengelernt haben? Einzig und allein, dass wir zueinandergefunden haben, sollte doch zählen. Wenn wir zusammen sind, fühle ich mich wieder zugehörig zu der Welt und ich kann doch sehen, dass es dir auch gut geht, wenn du bei mir bist. Was spielt es dann für eine Rolle, dass du einem anderen gehörst und ich... nun tot bin?“





    Ihr entschlüpfte ein Lachen. „Du lässt das alles so einfach erscheinen, aber das ist es nicht. Es sind große und bedeutende Tatsachen, die uns im Weg stehen. Obwohl du Recht hast, ich bin gerne mit dir zusammen, weil du es schaffst, dass ich mich besser fühle. Sogar mehr als besser. Aber es ändert nichts an den Dingen selbst. Was wir hier machen, ist falsch, einfach weil der Rest der Welt es so sehen würde.“
    „Dann soll der Teufel den Rest der Welt holen. Ich weigere mich anzuerkennen, dass das Beste was mir je passiert ist, nicht richtig soll weil irgendwer sich daran stören könnte. Und du solltest das auch tun.“
    „Sollte ich das? Im Gegensatz zu dir, lebe ich in der richtigen Welt. Ich kann mich nicht verstecken, wenn die Dinge zu schwierig werden. Ich kann mich nicht zurückziehen, wenn das alles hier ans Licht kommt. Ich kann mich nicht...“





    „Du kannst immer her kommen und dich mit mir verstecken“, unterbrach ich ihren Redeschwall mit einem Zwinkern.
    „Da, du machst es dir schon wieder so einfach“, fuhr sie mich an.
    „Ja, weil es in diesem Fall einfach ist. Es wird niemand etwas erfahren, weil niemand jemals hier her kommt. Und solange wir hier sind, sind wir sicher. Solange du bei mir bist, werde ich alles tun, um dich zu beschützen.“ Ich hob meine Hand, um ihr Gesicht zu berühren, aber sie stoppte mich. Berührte meine Handfläche leicht mit ihren Fingern.
    „Und immer noch: zu einfach“, aber sie sagte es mit einem Lächeln. „Aber ich vergebe dir, weil du dich so sehr bemühst, es so aussehen zu lassen, auch wenn dir klar ist, dass ich recht habe.“
    „Ich gebe mir ja auch die größte Mühe.“ Ich lachte und sie drückte meine Hand fester.





    „Und dafür danke ich dir“, sagte sie, während unsere Finger sich miteinander verwoben. Wir ließen die Arme sinken und sahen uns die Augen.
    „Du bist so wunderschön“, entschlüpfte es mir und ihre Augen weiteten sich ein Stück. In dem sicheren Glauben, schon wieder zu weit gegangen zu sein, wollte ich mich ihrer Berührung entziehen, doch sie hielt meine Hand noch fester und zog mich noch näher zu sich heran.
    „Du bist so ein Schmeichler.“ Mit diesen Worten löste sie ihre Hand aus meiner und legte sie mir auf die Schulter, während sie sich immer näher an mich herandrückte. Von ihr derart ermuntert legte ich meine Arme um sie, hielt sie an mich gedrückt, wie meine Worte von eben zu bestätigen. Sie schmiegte sich an mich und ich fühlte mich glücklicher als je zuvor.





    Ihr Kopf ruhte an meiner Schulter, doch da blieb er nicht lange. Sie hob mir ihr wunderschönes Gesicht entgegen und sah mir vertrauensvoll in die Augen. Langsam neigte ich den Kopf, ohne auch nur den Blick von ihr zu nehmen. Doch bevor sich unsere Lippen berührten, stockte ich unsicher. Ich wollte nicht nochmal den Moment falsch interpretieren und sie noch mehr bedrängen, als ich es heute eh schon getan hatte.
    „Worauf wartest du?“ fragte sie leise. Ihr Mund war so nah, dass ich die Bewegung ihrer Lippen fast schon spüren konnte und das gab den Ausschlag für mich.
    „Auf nichts mehr“, antwortete ich genauso leise und küsste sie.





    Ich spürte die Weichheit ihrer Lippen auf meinen und die Zeit schien still zu stehen. Nie zuvor kannte ich so ein Gefühl. Es war berauschend. Ich hatte das Gefühl mich in dem Moment zu verlieren, mich in ihr zu verlieren. Zeit hatte keine Bedeutung mehr, es zählte nur noch sie.
    Doch irgendwann endete der Kuss und Annabelle löste sich von mir. Bedauernd, dass der Augenblick vorbei war ließ ich sie los. Sie sah nach unten, verlegen aber mit einem Lächeln.
    „Das war... schön.“ Sie schien um Worte zu ringen und auch ich wusste nicht was ich sagen sollte, darum nickte ich nur. „Aber ich fürchte ich muss jetzt gehen. Die Sonne steht schon ziemlich tief.“
    „Ich hoffe aber, du kommst bald wieder?“
    Sie nickte. „So bald ich kann. Ich danke dir für den schönen Nachmittag.“
    „Du brauchst mir nicht zu danken. Wenn dann habe ich zu danken.“





    Sie lächelte mich an, drückte noch einmal meine Hand und machte sich dann auf den Weg.
    „Bis dann“, rief sie mir noch hinterher, ehe sie zwischen den Bäumen aus meinem Sichtfeld verschwand. Ich starrte noch lange auf den Punkt an dem sie verschwunden war, konnte noch gar nicht fassen, was gerade passiert war.
    Mich packte ein nie gekanntes Hochgefühl. Wir hatten uns geküsst! Nichts hatte mich auf dieses Gefühl vorbereitet, vorbereiten können. Es war als wäre die Welt plötzlich aus den Fugen geraten. Die Sonne strahlte viel heller, die Blätter der Bäume und das Gras leuchteten grüner, die Vögel sangen lauter und fröhlicher als je zuvor. Und das alles wegen eines Kusses.





    Ich lehnte mich zurück und sog genüsslich die Luft ein. Selbst diese roch plötzlich viel besser als vorher und ich konnte fast noch Annabelles Geruch in ihr ausmachen. Ich schloss die Augen und ließ alles auf mich wirken. Das langsam verschwindende Sonnenlicht wärmte mein Gesicht, während die Zeit langsam wieder anfing zu vergehen.
    Die Singvögel stimmten langsam in ihre Abendmelodien ein und die Grillen fingen an ihr Lied zu schmettern. Aber all das bemerkte ich kaum, zu sehr versuchte mein Verstand die letzten Stunden zu begreifen. Es kam mir alles so unwirklich vor, jetzt wo sie weg war, aber der Geschmack ihrer Lippen war immer noch gegenwärtig, also konnte es nur wahr sein. Und ich konnte wirklich so glücklich sein, wie ich es gerade war.





    Doch der Zustand des Glücks hielt nicht lange an. Es fiel mir schwer, mich wieder an meine eigentliche Arbeit zu gewöhnen, doch ich musst es tun. Tote zu begleiten in dem Wissen, dass sie geliebt haben, war nicht mehr so einfach wie früher. Jedes Mal stellte ich mir vor, dass diese Menschen vor noch gar nicht so langer Zeit das Selbe gefühlt hatten, wie ich jetzt. Es war hart, viel härter als es hätte sein sollen. Und doch blieb mir nichts anderes übrig als meine Aufgabe zu erfüllen.
    Und wie immer verbrachte ich viel Zeit am Turm, um auf sie zu warten. Ich saß auf der Treppe und starrte auf den immer mehr zu wuchernden Weg. Der Sommer war endgültig entschlossen jede Spur von menschlichen Leben hier zu verwischen und so wuchs der Weg jeden Tag mehr zu.





    Die Tage fingen langsam an kürzer zu werden, kaum merklich für das menschliche Empfinden. Doch ich merkte, dass die Tage immer kürzer wurden. Nur wurden sie es nicht für mich. Für mich zogen sie sich hin wie zäher Teig, denn Annabelle kam nicht wie versprochen. Ich machte mir Sorgen, fing an nervös auf und ab zu gehen. Und doch traute ich mich noch nicht, bei ihr vorbei zu schauen. Nicht nach dem letzten Mal, wo sie mich gewarnt hatte, dass Robert Verdacht schöpfte. Ich wollte ihm keine Bestätigung dafür geben.
    Und so harrte ich aus. Immer einen Blick auf den Pfad gerichtet und mehr oder minder geduldig.





    Je mehr Zeit verstrich umso weiter wurden meine Wanderungen. Doch es nützte nichts, Annabelle war nirgends zu sehen. Sorgenvoll schaute ich auf den Pfad, aber bis auf ein paar Rehe benutzte niemand den Weg.
    Ich versuchte mich durch Arbeit abzulenken, aber da ich überall Parallelen zwischen den Menschen und meiner Situation sah, war mir auch hier keine Ruhe vor meinen düsteren Gedanken vergönnt. In den Gesichtern der Frauen sah ich überall ihr Gesicht und das machte es mir nicht einfacher mich zu konzentrieren. Ich bekam regelrecht Angst, dass ich bald zu ihr kommen musste und das nicht als Lucien der Geist, sondern als der der ich wirklich war: der Tod.





    Bald fingen die ersten Regenstürme an, erste Vorboten der herannahenden Herbstes und immer noch kein Zeichen von Annabelle. Ich stand häufig im Regen und versuchte mich an die Erinnerung unseres Kusses zu klammern. Doch mit jeden Tag der verging fiel es mir schwerer. Die düsteren Vorahnungen wollten nicht verschwinden und in mir machte sich nur noch der Wunsch breit, sie wiederzusehen koste es was es wolle.
    Ich war mir der Gefahr in die ich sie bringen konnte bewusst, aber die Sorge um sie spülte all meine Bedenken davon. Daher machte ich mich an einem regnerischen Spätsommertag auf den Weg zu ihrem Hof, in der Hoffnung sie alleine zu erwischen. Die Chancen dafür standen im Pferdestall die Besten und so wartete ich dort auf sie.





    Ich musste mich nicht lange gedulden. Sie betrat nur kurze Zeit später den Stall. In den Händen zwei schwere Wassereimer. Sie sah mich und für einen Moment sah es so aus als würde sie die Eimer fallen lassen. Doch sie fing sich schnell wieder und stellte ihre schwere Last ab.
    „Hallo“, begann ich, aber sie fiel mir gleich ins Wort.
    „Was machst du hier? Du darfst nicht herkommen.“
    Ich war verwirrt von der Schärfe in ihrer Stimme, die total im Gegensatz zu ihrem traurigen Gesicht stand. „Ich habe mir Sorgen gemacht. Du bist nicht wiedergekommen“, sagte ich zögernd, halb fragend.
    „Ich weiß. Ich werde dich auch nicht mehr besuchen. Geh jetzt und komme nie wieder hier her. Ich will dich nicht mehr sehen.“


    *Fortsetzung folgt*

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    FS: Sunrise Update: 04.06.19




  • Somebody bring me some water
    Can't you see it's out of control?
    Baby's got my heart and my baby's got my mind
    But tonight the sweet Devil, the sweet Devil's got my soul
    (Melissa Etheridge – Bring me some Water)





    Ich sah sie fassungslos an. Was war in sie gefahren? Es war mir ein Rätsel und es konnte wohl nur Robert daran schuld sein, dass sie sich so verhielt.
    „Ich verstehe dich nicht. Was ist denn passiert?“
    „Nichts ist passiert, rein gar nichts. Ich bin nur zur Vernunft gekommen.“ Nicht mehr länger traurig, schaute mich jetzt eine wütende Annabelle an und ihr Zorn richtete sich augenscheinlich gegen mich.
    „Bitte erkläre es mir. Ich verstehe dich gerade wirklich nicht.“ Ich war hilflos. So hatte ich sie mir gegenüber noch nie erlebt.
    „Genau, du verstehst mich nicht. Deswegen bin ich ja zur Vernunft gekommen. Das ganze hier mit dir und mir, war nichts weiter als ein weiterer großer Fehler von mir. Ich hätte von Anfang an von dir fern bleiben sollen. Aber nein, ich musste ja auf deine schönen Worte hereinfallen.“





    Sie fauchte mich regelrecht an und ich bekam kein Wort zu meiner Verteidigung heraus.
    „Nichts als schöne Worte, mehr war es doch nicht. Du kannst mir nicht helfen, mich nicht beschützen und schon gar nicht für mich da sein. Du bist tot. Ein Geist und hast hier in der richtigen Welt keinerlei Macht die Dinge zu ändern. Und ich habe mich beim letzten Mal nur von dir blenden lassen. Aber halt, du bist ja nicht wirklich, also habe ich mich von meiner eigenen Einbildung irre führen lassen.“ Sie holte kaum Luft zwischen den Sätzen und steigerte sich immer mehr rein, während ich ihr nichts entgegen zu setzen hatte und mich jedes ihrer Worte wie ein Schlag traf.
    „Ja, die dumme Annabelle bildet sich einen Geist ein, weil sonst ja niemand auf ihrer Seite steht. Wie konnte ich nur so dumm sein?“





    „Ich bin real und du bist nicht dumm, nur verwirrt“, versuchte ich sie zu beruhigen.
    „Ich bin nicht verwirrt“, herrschte sie mich an, in keinster Weise ruhiger werdend. „Ich bin noch nie so klar gewesen wie heute. Und mir ist endlich klar geworden, dass ich meine Zeit nicht mit Toten verschwenden sollte. Ich gehöre zu den Lebenden, egal wie ekelhaft sie auch sein mögen. Das ist mir jetzt endlich bewusst geworden.“
    „Aber...“ fing ich an, doch sie war noch nicht fertig.
    „Kein Aber! Es gibt hier nichts mehr zu erklären oder zu sagen. Ich bin fertig mit dir und deinen leeren Worten. Geh jetzt endlich.“
    „Nein, das werde ich nicht. Nicht bevor du dich beruhigt hast und wir vernünftig miteinander reden können.“
    „Ich will nicht mehr mit dir reden. Ich habe alles gesagt und jetzt verschwinde endlich und lass mich in Ruhe.“





    Ich wich einen Schritt vor ihrer geballten Wut zurück, aber trotzdem war ich nicht bereit einfach so klein bei zu geben. Nicht nach allem, was ich getan hatte, um mit ihr zusammen zu sein.
    „Bitte Annabelle, lass uns reden. Vielleicht nicht hier, wo Robert oder sonst wer jeden Moment hereinkommen könnte. Ich bin mir sicher, das hier ist nur ein großes Missverständnis und wenn es etwas gibt, was ich falsch gemacht habe, dann sag es mir und ich werde alles tun, um es wieder in Ordnung zu bringen. Bitte.“
    Sie lachte bitter auf. „Das hier ist kein Missverständnis und wenn du Angst vor Robert hast, dann geh endlich. Ich werde hier bleiben und meine Arbeit machen, genauso wie jeden Tag.“
    „Annabelle, bitte lass uns reden. Komm zum Turm und wir klären das.“ Ich flehte sie schon fast an, aber sie blieb hart.
    „Nein, du verstehst nicht. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Du bist nicht gut für mich.“





    Ihre Worte trafen mich. Sie wollte mich wirklich nicht mehr sehen und das nach allem was zwischen uns war. Ich konnte es kaum glauben, hatte sie nicht auch gespürt, dass wir zusammen gehörten?
    „Überdenke deine Entscheidung noch mal. Mir zuliebe. Ich verspreche dir...“
    „Da gibt es nichts mehr zu bedenken und deine Versprechungen kannst du dir schenken. Meine Entscheidung ist endgültig. Ich tue was für mich das Beste ist und das ist sicher nicht, weiter Hirngespinsten hinterher zu rennen.“
    „Du machst einen Fehler. Du brauchst mich.“
    „Ganz sicher nicht.“ Sie klang eisenhart, härter als ich sie je gehört hatte. All die Wärme war aus ihrer Stimme verschwunden und alles was blieb war Eis. Nicht mal Robert gegenüber war sie je so kalt gewesen. Wie ein komplett neuer Mensch, fegte sie über alle meine Versuche, sie zur Vernunft zu bringen, hinweg.





    In abwehrender Haltung starrte mich eine Eisgestalt an und mein Herz gefror ebenfalls zu Eis. Ich hatte verloren, auf jeden Fall für den Augenblick.
    „Ist es wirklich dein Wunsch, dass ich gehe und nicht wiederkomme?“ Ich stellte die Frage, die ich nicht stellen wollte, wohl wissend, dass die Antwort mich in Stücke reißen würde.
    Sie zögerte einen winzigen Moment und ich schöpfte einen winzigen Hauch Hoffnung. Doch dann verhärtete sich ihr Gesicht noch mehr und sie zertrampelte meine Gefühle.
    „Wie oft denn noch? Ja, ich will das du gehst und nicht wieder kommst.“
    „Dann werde ich gehen, wenn das dein Wunsch ist.“ Ich sprach leise und versuchte sie spüren zu lassen, wie sehr sie mich verletzt hatte.
    „Zum letzten Mal, es ist mein Wunsch. Hau endlich ab.“





    Ich sah ihr nochmal in die Augen, flehte sie stumm an doch mit diesem Unsinn aufzuhören, aber sie funkelte mich nur wütend an.
    „Dann werde ich gehen. Aber ich gebe dich nicht auf. Ich könnte dich nie aufgeben, selbst wenn du es von mir verlangst oder die Welt in Stücke bricht.Wenn du mich suchst, ich bin am Turm und warte auf dich.“
    Sie reagierte nicht, sondern durchbohrte mich mit ihren Eisblick. Also ging ich schweren Herzens, doch ich ließ mir damit Zeit. Halb darauf hoffend, dass sie mich zurückrief, ließ ich meine Gestalt verblassen. Doch sie starrte nur durch mich durch, fast so als würde sie mich nicht mehr wahrnehmen. Aber kurz bevor ich endgültig verschwunden war, hörte ich sie noch leise seufzen.





    Ich kehrte nicht sofort zum Turm zurück, auch wenn ich es gesagt hatte. Es war für mich kein gebrochenes Versprechen, denn mit Annabelle konnte ich dort sowieso noch nicht rechnen und ich wollte eine Weile Ruhe vor der Welt haben. Versuchen zu verstehen, was gerade passiert war. Versuchen Ordnung in das Chaos meiner Gedanken zu bringen. Und so materialisierte ich mich in meiner Zuflucht. Dort war es finster, ganz so wie meine momentane Stimmung. Obwohl finster noch zu gut war, ich war am Boden zerstört. Die Welt hatte ihre Farbe für mich erst einmal verloren und dankbar nahm ich die von mir erschaffene Finsternis um mich herum an. Umarmte sie wie einen alten Freund, hüllte mich mit ihr ein, wie in einen dicken Mantel.





    Sie umschlang mich und ich ging zu Boden. Es war fast zu viel für mich und der Schmerz über die Ablehnung drohte mich zu ersticken. Die Zeit verging im Schneckentempo während ich dort am Boden lag und mich nicht mehr rühren konnte. Annabelles wütendes Gesicht verfolgte mich, ließ mir keine Ruhe und die Pein in meinem Innern nahm mir in jeder verstreichenden Sekunde mehr Kraft. Ich lag dort solange, bis sich die Qualen auf ein erträglicheres Maß verringert hatten und ich die Bilder von Annabelle verdrängen konnte.
    Schließlich erhob ich mich wieder und das Licht kehrte in grauen Tönen wieder zurück. Zwar konnte ich es immer noch nicht begreifen, aber ich musste weitermachen. Ich war der Tod und es gab für mich keine Ruhe vor der Pflicht, selbst dann nicht, wenn ich es mir noch so sehr wünschte.





    Nach einigen Malen, fiel es mir auch wieder leichter mich meiner Arbeit zu widmen. Auch wenn meine Gedanken noch um Annabelle kreisten, schaffte es mein Verstand, den Schmerz auszublenden, während ich die Seelen der Verstorbenen hinüber begleitete.
    Es waren auch ausschließlich leichte Fälle, die Meisten von ihnen bereit den großen Schritt zu tun.
    So auch der Priester, der in der Kirche auf einer der harten Bänke saß und Zwiesprache mit seinem Gott führte. Die Kirche war hell erleuchtet, wenn auch nur in dem Teil, in dem der Diener Gottes saß. Die Kerzen auf der anderen Seite des Kirchenschiffs waren nicht entzündet, wohl um ein wenig zu sparen. Selbst mir war zu Ohren gekommen, dass es um die Kirche nicht mehr so gut stand und die Menschen immer weniger bereit waren Spenden zu leisten. Vielleicht mussten sie auch nur zu viel an die Obrigkeiten an Pacht und Steuern zahlen, so dass nichts mehr für die Geistlichkeit übrig blieb.





    Ich schalt mich selbst einen Narren, dass ich mir schon wieder so viele Gedanken um die Sterblichen machte. Es sollte für mich keine Rolle spielen, warum sie so handelten wie sie handelten. Ich musste mich wieder darauf konzentrieren, was mein Zweck in dieser Welt war und nur noch auf das. Wie wenig ich das noch konnte, war aber selbst mir klar. Ich konnte sie nicht aufgeben, wollte es nicht und daher blieb mir nichts anderes übrig als mir auch den Kopf über die restlichen Menschen zu zerbrechen. Auf jeden Fall lenkten mich diese beiläufigen Gedanken von ihr ab und das war im Moment das Wichtigste für mich.
    Langsam schritt ich auf den wartenden Mann zu. Er hatte die Augen inzwischen wieder geöffnet, aber er sah mich nicht. Er betrachtete den leeren Raum, hielt den Blick auf den im Dunkeln liegenden Altar gerichtet, als würde er dort die Antworten auf die Fragen des Lebens finden. Vielleicht fand er sie dort auch, wer mochte schon sagen, was in dem Kopf von Menschen vorging, die ihr Leben Gott gewidmet hatten. Vielleicht hatten sie ja doch mehr Antworten als die meisten Anderen.





    Ich ließ mich neben ihn auf die kalte Steinbank sinken, auf den Moment wartend an dem ich seine Seele an mich nehmen konnte. Doch noch gewährte man ihm ein wenig Zeit. Ich war etwas zu früh dran.
    „Ich habe meinen Frieden gemacht, Gott.“ Er sprach leise und doch hallte seine Stimme durch die leere Kirche, erzeugte ein Echo. „Ich bin bereit für meine große Reise in dein Königreich.“
    „Es gibt kein Königreich Gottes“, wagte ich zu sagen, doch er konnte mich nicht hören. Meine Stimme hallte nicht wieder wie die seine. „Niemand weiß wohin die Seelen gehen, nachdem ich sie hinüber gebracht habe.“
    „Dein Himmelreich wird meine Ruhestätte sein und an deinem Tisch werde ich mich laben.“
    „Macht es dir das Sterben leichter, an diese Dinge zu glauben?“
    „Meine Schmerzen werden vergangen sein und ich werde die Glückseligkeit der Engel in mir tragen.“





    Der Mann neben mir fuhr mit seiner Art Gebet fort, ohne auch nur im geringsten Anzeichen erkennen zu lassen, dass es bald vorbei sein würde.
    „Ich gebe mich in deine Hände, Gott, so wie ich es schon vor vielen Jahren getan habe, als ich die Priesterweihe vollzogen habe. Und ich werde Frieden finden in deiner Ewigkeit.“
    Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte man an etwas glauben, was nie auch nur ein Sterblicher gesehen hatte? Es gab keinerlei Beweise für diese Theorien der Kirche, dass man nach dem Tod den Frieden finden würde. Ich war mir sicher, dass die höheren Mächte, die auch meine Existenz bestimmten, sich nicht um den Seelenfrieden der Sterblichen sorgten. Und gewiss gab es auch niemanden, der darüber bestimmte, wer nun Frieden fand und wer nicht. Im Tod waren alle gleich und alle, die jemand wie ich hinüberbegleitete, fanden ihre Ruhe im Jenseits.
    „Bitte Gott, nimm mich endlich zu dir. Lass mich diesen alten, schwachen Körper zurücklassen und meine Seele zu dir aufsteigen.“
    „Ich bin nicht dein Gott“, sagte ich, denn ich fühlte den Moment gekommen. „Aber ich werde deine Seele nehmen.“





    Der Priester wandte den Kopf zu mir, nicht weil er meine Worte vernommen hatte, sondern weil sich sein Körper zusammenzog als sein Herz versagte. Sein Körper sackte zur Seite und ich nahm seine Seele.
    „Danke, Gott.“ Er flüsterte nur noch, die letzten Worte eines sterbenden Mannes.
    Die Dunkelheit umfing ihn und auch mich, da die Kerzen plötzlich ausgingen und die Kirche in Dunkelheit hüllten. Ein Rauchfaden hing noch kurz in der Luft, als das letzte Kerzenlicht auch noch verstarb.
    Für einen Moment saß ich noch so da, den Körper des Mannes auf meinem Schoß und seine Seele sicher in mir verwahrt. Ich fragte mich, ob er jetzt enttäuscht war oder ob seine Vorstellung von Frieden mit dem übereinstimmten, was nun folgen würde.





    Nach einer Weile erhob ich mich, ohne die jetzt leere Hülle des Manns zu berühren. In der Kirche roch es jetzt nach verbrannten Kerzenwachs und Rauch. Nichts regte sich mehr und doch lag ein eigentümlicher Frieden in der Luft, so als hätte der alte Mann seine Belohnung bekommen.
    Ich fröstelte, kam mir der Ort nun unheimlich vor. Ich verstand nicht, warum der Priester bis zum Schluss so an seinen Gott glauben konnte und darauf vertrauen konnte, dass alles gut werden würde, wenn am Ende nur der Tod stand. Ich verstand nicht, warum sich dieser Ort sich auf einmal so friedvoll anfühlen konnte, wie er es tat. Ich verstand nichts mehr.



    *Fortsetzung folgt*

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Das ist der mit Abstand niedlichste Tod seit Langem :seelove
    Ich mag es wie ein Wesen, dass keine Gefühle kennen sollte, diese entdeckt. Und wie er um seine Angebetete kämpft.
    Irgendwie war ich am Anfang ja ein wenig skeptisch, aber ich finde Deine Geschichte entwickelt sich immer besser und inzwischen fiebere ich mit dem armen Lucien. Und ich hoffe inständig das er Robert bald holen darf! Der darf sich gerne mit meinem Friedbert zsuammen tun - halt, anderes Zeitalter. Schade eigentlich :D

  • Huhu Lenya,


    jaa, mein Tod ist schon ein Schnuckel. Ich bin auch immer hin und weg von ihm. :seelove


    Mich hatte auch die Vorstellung gereizt, einem eigentlich gefühlosen Wesen Gefühle zu verpassen, auch wenn mir klar war, dass es nicht unbedingt die einfachste Story wird. Gerade der Tod ist so ein schwieriges Thema für Viele. Weil halt auch jeder andere Vorstellungen darüber hat oder auch anders darüber empfindet. Für manche ein Tabuthema und für andere einfach nur schmerzhaft. Und ich muss auch sagen, dass ich persönlich auch andere Vorstellungen dazu habe als mein Protagonist. :augzu
    Ich fürchte Robert hat noch ein langes Leben vor sich... :snif


    Und pff, für den Tod sind verschiedene Zeitalter doch kein Problem. :D

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19


  • Four winds at the four winds bar
    Two doors locked and windows barred
    One door to let to take you in
    The other one just mirrors it
    (Blue Öyster Cult – Astronomy)





    Natürlich hielt ich mein Versprechen Annabelle gegenüber und wartete so oft es ging am Turm auf sie. Ich konnte nicht anders als die Hoffnung bewahren, dass sie doch wieder zu mir kommen würde. Die Zuversicht schwand jeden verstreichenden Tag mehr und mehr, aber sie verschwand nie ganz. Genauso wenig, wie der Gedanke an die letzten gemeinsam verbrachten Stunden.
    Der Herbst hielt immer mehr Einzug und die Sonne stand schon nicht mehr so hoch am Himmel, trotzdem war es immer noch ziemlich warm und nur wenige Bäume zeigten Anzeichen eines Jahreszeitenwechsels. Selbst der immer mehr aufkommende Wind war noch mild und keineswegs herbstlich. Mir sollte es nur recht sein, so brauchte ich nicht drinnen zu warten, sondern konnte den Weg von der Treppe aus beobachten. Nicht, dass mir die Elemente etwas ausgemacht hätten, aber selbst ich hatte es lieber trocken als nass.





    Aber über allen Kummer, den ich hatte, vergaß ich meine Pflichten nicht. Es waren nicht immer nur einfache Abholungen, aber ich hatte keinerlei Schwierigkeiten mehr mit der Konzentration. Auch wenn die Leute nicht bereit waren zu gehen, entglitt mir keine der Seelen. Doch es fiel mir nicht mehr so leicht, mit den verschiedenen Schicksalen der Menschen umzugehen. Die Frau, deren Seele ich mitnehmen musste, wurde von ihrem Mann vergiftet, damit er an ihr Geld kam. Der Tod kam für sie so plötzlich und unerwartet, dass sie nicht mal mehr Zeit hatte, sich zu wundern, was mit ihr geschah. Und die ganze Zeit über stand ihr Mann neben ihr und beobachtete ihre Sterbesekunden mit einem hämischen Grinsen. Ich hoffte für ihn, dass die Frau ihn nicht in ihrem Testament bedacht hatte und er doch leer ausging.





    Ein weiterer Auftrag hatte mich in das kleine Dorf geführt in dem ich Robert und den Assassinen belauscht hatte. Es war ein trauriger Fall, noch trauriger als die vergiftete Frau, denn ich musst eine Kinderseele mitnehmen. Diese Art von Arbeit war mir noch nie leicht gefallen, aber ich fügte mich dem Willen des Schicksals. Nach erfolgreichen Abschluss wollte ich gerade gehen, als ich eine gewohnte Gestalt in der Taverne vor mir spürte. Ich versuchte mir einzureden, dass ich mich da raus halten sollte, aber die Neugier siegte. Ich musste wissen, was da vor sich ging, obwohl es vielleicht besser wäre es nicht zu wissen. Aber es war ein Weg wieder teilzuhaben in Annabelles Leben und sei es nur zu wissen, was Robert vorhatte. Natürlich bestand die Möglichkeit, dass diese zufällige Begegnung nichts mit Annabelles Ehegatten zu tun hatte, aber ich schätzte sie sehr gering ein.





    Ich betrat die Taverne ohne die Tür zu öffnen. Sofort nahm ich den Geruch von schalem Bier, Rauch und den Ausdünstungen der Männer wahr. Ein schneller Blick und mir war klar, dass es schon viel später sein musste als angenommen, denn es waren außer der Schankmaid nur noch zwei weitere Männer anwesend: Hugh, der Assassine und ein mir unbekannter Mann.
    Hugh saß an einem Tisch, vor sich ein leerer Krug und leeres Geschirr. Der Unbekannte saß am Tresen und unterhielt sich mit der Barfrau, die langsam aber sicher auch noch ihre letzten beiden Gäste loswerden wollte. Es machte aber nicht den Anschein, als wenn einer der Beiden gehen wollte. Es herrschte eine seltsame Spannung in dem Raum, aber es hatte nichts mit Tod zu tun, denn meine Dienste waren hier nicht gefragt.





    Ich stellte mich gegen die Wand, damit ich beide Männer im Blick behalten konnte und wartete ab.
    „Warum verschwindet Ihr nicht endlich?“ Fragte der Mann nach einer endlosen Weile des Schweigens. „Ich werde Euch nicht helfen und damit Basta!“
    „Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht.“ Hugh sprach leise und wäre die Taverne voller gewesen, hätte der andere Mann ihn wohl kaum verstanden.
    „Das wisst Ihr wohl. Aber meine Antwort ist Nein. Ich werde Euch keine Informationen liefern.“
    „Wie gesagt, ich weiß nicht wovon Ihr sprecht. Ich will nichts von Euch.“ Immer noch leise, aber schon eine Spur lauter, genervter, gefährlicher.
    „Ich weiß, wer Ihr seid. Und Ihr wisst wer ich bin. Also lassen wir die Spielchen.“ Der Unbekannte drehte sich ein Stück zu Hugh um, konnte ihn aber immer noch nicht richtig sehen. Vielleicht wollte er das auch gar nicht.
    „Ich spiele nicht. Das habe ich schon vor Jahren aufgegeben. Ist schlecht für den Geldbeutel.“





    Wütend schnappte sich der Mann am Tresen seinen Krug und trank ihn mit einem Zug leer. Dann wischte er sich über den Mund. „Ihr seid schon ein witziger Bursche, aber damit kommt Ihr nicht weit. Ich lasse mich von Euch nicht benutzen.“
    Hugh sah auf. „Ich weiß nicht, was Ihr denkt über mich zu wissen, aber ich versichere Euch, dass ich weder Informationen von Euch will, noch will ich Euch auf irgendeine Art benutzen. Ganz ehrlich, Ihr seid nicht mein Typ.“
    „Hört auf damit. Ich lasse mich von Euch nicht täuschen. Ihr seid der neue Lieblingslakai von Sir Georg.“ Der Mann schnaubte verächtlich.
    „Und deshalb darf ich hier nicht in Ruhe mein Bier zu mir nehmen?“ Hugh klang so ehrlich erstaunt, dass selbst ich dachte er wird zu Unrecht von dem Mann verdächtigt.
    „Bitte, die Herren. Es ist schon spät und vielleicht solltet ihr austrinken und gehen.“ Die Schankmaid klang genervt, trotz der relativ freundlichen Worte.





    Der Unbekannte ließ sich aber nicht beirren, weder von der Maid noch von Hugh. „Ich gehe nicht. Noch einen Krug.“
    „Vielleicht solltet Ihr auf die gute Frau hören. Mir scheint als hättet Ihr schon genug gehabt.“ Der Assassine klang schnippisch, aber ich fühlte die Berechnung dahinter.
    „Ich bestimme, wann ich genug habe. So wie ich auch darüber bestimme, mit wem ich rede und mit wem nicht.“
    „Ach so, darum redet Ihr also mit mir. Weil Ihr mit mir reden wollt. Sehr interessant.“ Hugh lachte leise und der Mann am Tresen sah ziemlich verwirrt aus, ob dieser Erklärung.
    „Was soll das denn heißen? Meint Ihr, Ihr könnt mich verwirren. Da liegt Ihr falsch.“
    „Aber Ihr habt doch gerade behauptet, dass Ihr mit mir reden wollt. Und auch, wenn ich nichts von Euch will, höre ich Euch doch zu, wenn Ihr Euch aussprechen wollt.“
    Ich lachte leise. Der Meuchelmörder war wirklich gut in diesem Spiel.





    „Glaubt Ihr eigentlich wirklich, dass Ihr damit weit kommt? Ich werde Euch bestimmt nichts über Sir Edmund erzählen.“
    „Und ich will eigentlich auch gar nichts über ihn wissen, aber wenn es Euer Gewissen erleichtert über ihn zu sprechen, dann nur heraus damit.“
    „Es ist nicht mein Gewissen, was erleichtert werden muss. Viel mehr solltet Ihr mal Eures erforschen.“ Der Mann klang wütend.
    Hugh seufzte halb resignierend, halb theatralisch. „Aber, aber. Ich habe kein Gewissen. Das solltet Ihr doch wissen, wenn Ihr mich wirklich kennt.“
    Der Unbekannte schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht, darum arbeitet Ihr ja auch für den schlimmsten Verbrecher seit Sir Robert. Kein anständiger Adeliger würde jemanden wie Euch freiwillig in seinen Dienst nehmen.“
    Hugh schmunzelte, wusste er es doch besser. „Dreckige Arbeit, braucht halt skrupellose Kerle wie mich. Das heißt aber noch lange nicht, dass man nur für einen Herrn arbeiten kann.“





    „Genau, darum werde ich Euch niemals etwas anvertrauen. Es spielt keine Rolle, wie sehr Ihr hier versucht mir weis zu machen, dass Ihr nur hier seid um zu trinken.“
    Hugh stand auf. „Aber das war ich, nur habt Ihr versucht mehr zu sehen als da ist. Ich wünsche Euch noch eine angenehme Nacht und solltet Ihr doch das Bedürfnis haben, mit mir zu reden, dann findet Ihr mich hier.“
    „Danke, aber auf das Angebot verzichte ich. Lieber trinke ich mein Bier aus einem Trog vor dem Schweinestall als mich noch einmal mit Euch abzugeben.“
    Ich konnte sehen, wie Hugh ein Grinsen unterdrückte. Dabei fragte ich mich, was das Ganze hier sollte. Ich konnte nicht sehen, dass der Mörder einen Schritt weitergekommen war, ganz gleich was sein Auftrag hier lautete. Die ganze Unterhaltung war in meinen Augen nur leeres Geschwätz. Dabei hatte ich anfangs wirklich gedacht, dass der Assassine Erfolg haben würde, dem Mann Informationen zu entlocken.





    Hugh verließ die Taverne ohne sich noch einmal zu dem Mann umzudrehen und ich folgte ihm. Was blieb mir auch anderes übrig, wenn ich wissen wollte, was das Ganze hier zu bedeuten hatte. Ich konnte mir nur vorstellen, dass es etwas mit Robert und seinem Auftrag zu tun hatte. Und wer wusste schon, ob es nicht noch mehr herauszufinden galt.
    Der Assassine bemerkte meine Anwesenheit diesmal anscheinend nicht, oder es störte ihn nicht. Vielleicht hatte er sich inzwischen ja auch so seine eigenen Gedanken zu meiner Präsenz gemacht. Schließlich war ich für ihn nur weniger als ein Schatten. Trotzdem war ich auf der Hut nicht zu auffällig in meiner Anwesenheit zu sein. Sicher war sicher, nicht das er seine nächtlichen Aktivitäten noch meinetwegen abbrechen würde. Denn je länger ich ihm folgte, umso mehr war ich davon überzeugt, dass das hier wichtig sein könnte. Nicht für mich oder ihn, aber für Annabelle.





    Ich sollte Recht behalten, denn Hugh kehrte nicht in seine Hütte zurück, sondern suchte eine andere auf. Nur noch ein paar Stunden vor Sonnenaufgang öffnete er die Tür zu Roberts Liebesnest. Ich erkannte die ärmliche Behausung sofort wieder, noch bevor Hugh durch den Eingang schritt und den Blick auf den dort wartenden Robert frei machte. Hier hatte sich Annabelles Ehegatte mit seiner Geliebten getroffen und anscheinend nutze er die Hütte auch noch für weitere geheime Treffen.
    Die Tür schloss sich hinter Hugh, aber das war für mich kein Problem. Wie auch schon in der Taverne, brauchte diese für mich nicht geöffnet sein. Manchmal hat so ein Dasein wie meins doch seine Vorteile.





    Hugh setzte sich zu Robert an den Tisch. Der Raum war nur durch das hinter Robert prasselnde Feuer und eine winzige Kerze in der entgegengesetzten Ecke erleuchtet und verlieh dem ganzen Treffen einen noch vertraulicheren Rahmen.
    „Und was habt Ihr für mich?“ Robert hielt sich nicht damit auf den Assassinen zu begrüßen.
    „Nicht viel. Sir Georg ist immer noch ziemlich misstrauisch mir gegenüber, auch wenn ich mich inzwischen in seinen engeren Kreis hochgearbeitet habe.“
    „Das muss schneller gehen. Ich habe nicht ewig Zeit.“ Robert war ungehalten, die Aussage schien ihm wirklich nicht zu gefallen.
    „Entweder auf meine Art oder ich breche das Ganze hier ab.“ Hugh war ruhig, aber bestimmt. „Außerdem wozu die Eile. Ihr seid doch warm und trocken aufgehoben und so wie ich gehört habe, ist eure Frau ganz reizend.“
    „Pah, so reizend wie ein Hund mit Flöhen“, knurrte Robert und mich packte die Wut.





    „Manche Leute mögen auch Hunde mit Flöhen“, meinte Hugh ganz trocken.
    „Sollen doch andere so ein Bauernweib wie meins mögen, für mich ist sie nichts mehr als Mittel zum Zweck. Und es reicht mir jetzt auch bald mit ihr und ihrem stinkenden Hof voller Dreck. Darum will ich keine Ausflüchte mehr, sondern endlich Ergebnisse. Ich zahle ganz sicher nicht für halbgare Informationen.“
    „Bisher zahlt Ihr gar nicht und daher sollten Eure Erwartungen auch nicht so hoch sein.“ Sein Gesicht hatte sich verhärtet und seine Stimme war eisig.
    „Ihr bekommt Euer Geld schon, sobald ich endlich wieder da bin wo ich hingehöre.“ Robert zahlte mit gleicher Münze heim.
    „Auf den Misthaufen? Da kann ich euch ganz schnell hin befördern, wenn ich nicht bald Gold sehe.“





    „Wagt es nicht mir zu drohen. Ich könnte Euch schneller an den Strang bringen als Ihr 'Bauerntölpel' sagen könnt“, fauchte Robert den Meuchelmörder an, doch der lachte nur kurz auf.
    „Wenn ich wollte, wärt Ihr schneller tot als Ihr Luft holen könnt. Aber genug der lustigen Drohungen. Kommen wir auf den Punkt, wenn es Eurer Lordschaft recht ist.“ Hugh deutete eine spöttische Verbeugung an.
    „Ihr bewegt Euch auf dünnen Eis.“
    „Genauso wie Ihr. Ich habe vielleicht heute etwas geschafft, von dem Ihr wissen solltet.“ Ganz der Geschäftsmann war Hugh nun ernst geworden und der drohende Ton in seiner Stimme einer klaren Nüchternheit gewichen.
    „Und was wäre das?“ Bei Robert schien das nicht zu klappen. Er klang immer noch bissig und unzufrieden.
    „Ich habe mich heute mit einem von Sir Edmunds Leuten unterhalten. Natürlich war er gänzlich davon überzeugt, dass ich Informationen von ihm will, aber er konnte ja nicht ahnen, dass ich nur die Gewissheit brauchte, dass sein Herr in der Nähe verweilt.“





    Robert nickte beifällig. „Gut, diese Information sollte besser in die Hände von Sir Georg gelangen. Nichts bringt den alten Bastard so auf die Palme wie Sir Edmund und seine Rechtschaffenheit.“
    „Genau das werde ich auch tun. In genau 2 Stunden, wenn mein Dienst wieder anfängt. Daher werde ich jetzt auch gehen, aber vorher sollten wir noch einmal über meine Bezahlung reden. Ich denke, ich habe mir einen kleinen Vorschuss verdient.“ Wieder war da der geschäftsmäßige Ton in seiner Stimme. „Ich lasse mich nicht mehr einfach so von Euch abspeisen. Schließlich tue ich das hier nicht für mich, sondern um euren Hintern aus dem Dreck zu ziehen.“
    „Ich habe nichts, was ich Euch geben kann und das wisst Ihr. Erst wenn ich wieder an meinem angestammten Platz bin, werde ich über genügend Mittel verfügen, um Euch für Eure Dienste zu entlohnen.“
    „Ist das Euer letztes Wort?“ Robert nickte. „Gut, dann werde ich jetzt mit Sir Georg reden.“
    Robert wurde blass, hatte er doch die Drohung verstanden. „Also gut, hier nehmt das und verschwindet.“ Er zog einen winzigen Beutel aus der Tasche und warf ihn Hugh zu. Der nickte beifällig und verließ dann die Hütte.


    *Fortsetzung folgt*

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Ui, mein Schnuckel ist zurück. Und hadert mit den neu erworbenen Gefühlen. Aber was wäre er für ein Tod, wenn er nicht trotzdem seinen Job machen würde, auch wenn Ermordete und Kinderseelen sicher kein leichter Job sind.


    Robert ist einfach nur... grr. Ich möchte ihn packen und am liebsten Lucien zuführen. Der Typ schaudert mich mehr als Hugh.