Prolog 1.1 Ein süßes Leben
„Stella, mach dich fertig. Wir wollen gleich losgehen!“, ertönte die Stimme meiner Frau von oben.
Auch ein Zeichen für mich, dass ich von meiner Malerei ablassen sollte. Nachdem unsere Tochter
uns schon seit Wochen in den Ohren lag, haben wir uns doch endlich dazu entschlossen, zu dem
neu eröffneten McDonalds zu gehen. Ich mochte diesen Laden nicht. Viel zu viele Leute, dieses
ständige Gepiepse und Tische, die einen Putzlappen wohlmöglich nie zu Gesicht bekommen hatten.
Aber merkwürdigerweise standen die Kinder darauf. Ein vielleicht nicht ganz schwer zu erahnender
Grund war vielleicht, dass sie bei jedem Happy Meal ein kleines Spielzeug dazu bekamen. Aber auch
Teenager und Erwachsene, die ein schnelles Essen haben wollten, gingen zu diesem „Restaurant“.
Es schien einigen verdrehten Geschmacksnerven doch angenehm zu sein.
„Schatz? Bist du auch langsam so weit?“, fragte Vanessa mich in einem gespielt ungeduldigen
Ton. Vanessa war eine sehr geduldige Person und selbst wenn Stella ihren Schlechten Tag hatte,
so blieb meine Frau immer besonnen und schaffte es, sie zu beruhigen. Die Beiden hatten
schon immer ein besonderes Verhältnis zueinander und manchmal war es schwierig für mich,
gegen beide anzureden. Na gut eigentlich war es immer schwierig.
„Ich? Ich bin doch schon lange fertig.“ So war ich nun einmal. Mein Name ist Stefan. Ich war
damals 29 Jahre alt, Künstler, was ich auch heute noch bin, und einer der glücklichsten
Menschen der Welt. Vanessa war meine Jugendliebe und nichts konnte uns Trennen. Als
dann auch noch Stella geboren wurde, war unser Glück perfekt. Ich verdiente gut als Künstler,
doch langsam kam die Zeit, wo auch Vanessa endlich wieder einen Job haben wollte. Stella
ging nun zur Schule, ich war als Freiberufler eh meist zu Hause und ich konnte mich auch gut
ein paar Stunden alleine um Stella kümmern. Mein einziges Problem würde sein, den Pinsel aus
der Hand zu legen.
„Gut. Dann können wir ja jetzt los.“, sagte sie sanft, nahm mich in den Arm und küsste mich.
Wir hatten uns erst vor kurzem ein neues Haus geleistet. Es war einfach nicht genug Platz da,
seitdem Stella da war. Doch immer war unsere Kasse zu knapp. Nachdem ich einen großen
Job an Land gezogen hatte, war mehr als genug für ein neues Haus und wunderbare neue
Möbel da. Natürlich habe ich mich um den dekorativen Aspekt gekümmert. Nur der Garten
brauchte noch ein kleines Händchen. Darum wollte sich aber Vanessa kümmern.
„Ist das etwa das Bild?“ Dieser Tonfall gefiel mir nicht. Er bedeutete, dass sie das Bild scheußlich
fand. „Ahh… Na ja es ist ja auch noch nicht fertig ist werde da noch ein paar Änderungen
vornehmen und es fehlt eh noch eine Menge also-“, stammelte ich vor mich hin. Normalerweise
konnte ich Kritik ab, doch wenn diese Kritik von einer meiner Liebsten kam, wurde ich furchtbar
nervös. Vanessa lachte. „Ruhig. Es ist wirklich wunderbar! Ich freue mich schon darauf, wenn
es erst mal fertig ist!“. Nun strahlte sie über das ganze Gesicht, und ein ganzer Mount Everest
knallte von meinem Herzen. Es sollte ihr Geburtstagsgeschenk sein. Aber da ich kein eigenes
Atelier besaß, musste sie dabei zusehen. Sie wusste eh, dass ich es ihr schenken würde.
Schließlich war sie das Model.
„Mami! Papi! Können wir jetzt endlich gehen?“, quengelte Stella herum. Sie war so aufgeregt
endlich zu McDonalds gehen zu können, da wollte sie schnell fertig sein und auch schnell dahindüsen.
Stella war vor kurzem erst sechs Jahre alt geworden, und wurde vor kurzem erst eingeschult.
Sie tat sich ein wenig schwer damit, neue Freunde zu finden. Doch ich war mir sicher, dass
sich das Problem bald von selber lösen würde.
„Natürlich gehen wir jetzt. Ich musste deinem Papa nur sagen, dass er endlich mit dem Malen
aufhören sollte.“ Vanessa zwinkerte mir zu. Natürlich schob sie die Schuld wieder auf mich,
aber es war ja nur Spaß. Ich nahm es ihr nicht übel.