Dornen des Glücks - oder: Rosen der Liebe 2


  • Schließlich brachte ich die kleine Lara zum Jugendamt. Die Frau stellte mir jede Menge unangenehme Fragen, die ich nur ungern beantwortete. Ich musste mich dafür rechtfertigen, warum ich das Kind weggab. Wie hätte ich es ihr denn erklären sollen? Außerdem waren alle Anträge bereits unterschrieben, also wozu wollte sie mir noch ein schlechtes Gewissen machen? Sie nervte mich.



    Ich wusste, dass ich mit dieser Adoption auf alle meine Rechte als Mutter verzichtete, und das wollte ich auch so.




    Die kleine Lara lag in ihrem MaxiCosi und brabbelte vor sich hin. Sie hatte noch keine Ahnung, was auf sie zukam. Doch sie würde es schön haben bei meiner Schwester, davon war ich überzeugt.




    Dann übergab ich Lara der Frau vom Jugendamt. Ich trauerte keineswegs, doch trotzdem war es ein komisches Gefühl.



    Als ich das Gebäude verließ, warf ich keinen Blick mehr zurück. Nur nach vorne sehen. Und da wartete auch schon das nächste Problem: FERNANDO




    ***So, eeeeendlich Seite 4!!! Das war´s für heute, würde mich sehr über Kommis und Thanks freuen! Danke an alle Leser!***


  • Nachdem ich das Baby meiner Schwester geben hatte, war die Sache mit Fernando eigentlich so gut wie gelaufen. Zwar machte er mir keiner weiteren Vorwürfe, doch er ignorierte mich stärker als je zuvor. Er hatte Stress in der Arbeit. Am Telefon erklärte er seiner Mutter, dass man ihn auf der Baustelle ständig zum Bier trinken zwang und ihn behandelte wie einen kleinen Schuljungen. Beinahe hätte ich mich in das Gespräch mit eingemischt und ihm gesagt, dass er, wenn er ein bisschen mehr "Mann" gewesen wäre, es auch mit mir leichter gehabt hätte. Doch dann riss ich mich zusammen und hielt den Mund.



    Als ich eines Tages den Flur des Mietshauses, indem wir wohnten, kehrte, bemerkte ich im Stockwerk unter uns einen heftigen Radau. Im Gang standen einige Kartone, Umzugskisten. Zog jemand aus? Oder gar ein? Meine Neugier zwang mich, nach unten zu gehen. Ich tat natürlich so, als wäre ich mit kehren beschäftigt, und da sah ich ihn: Den Mann meiner Träume. Er war älter als ich, und im Vergleich zu Fernando ein richtiger Mann. Er hatte Muskeln, etwas längeres Haar und ein wettergegerbtes Gesicht, das von harter Arbeit erzählte.



    "Hallo!", rief er erfreut. "Sie sind wohl die Nachbarin, die ich nie kennen gelernt habe." Er zog also aus. Schade, dachte ich. "Ja, das bin ich. Miranda Fröhlich." Ich reichte ihm die Hand. "Richard Rutherford." Er grinste. "So ein Pech, dass wir uns jetzt erst kennen gelernt haben." Er schien wirklich traurig darüber zu sein. "Ja, das finde ich auch. Wo ziehen Sie denn hin?" Ich hoffte, dass ihn meine Neugierde nicht störte.



    "Nun, mein Gepäck zieht heute nach England, und ich komme in einer Woche nach." Ich erschrak richtig. "England? Aber... das ist ja sehr weit weg." Wieder grinste er. "Ja, da haben Sie wohl recht. Aber was tut man nicht alles für Menschen, die man liebt." Oh nein, er hat bereits eine Frau, dachte ich, und schämte mich, an so etwas zu denken. Anscheinend konnte er Gedanken lesen. "Also, es ist nicht wegen einer Frau. Sondern wegen meinen Kindern. Wir kamen vor zwei Jahren nach Deutschland, weil ich hier an der Börse spekuliert habe und mich intensiv mit meinen Geschäftspartnern auseinander setzen wollte. Doch vor einem halben Jahr wollten meine Kinder zurück nach Hause, und jetzt gehe auch ich zurück. Zuhause haben sie nur unsere Haushälterin und den Butler. Doch sie brauchen ihren Vater." Er war also gar kein schwer arbeitender Mann, sondern an der Börse tätig. Das überraschte mich. Trotzdem war er interessant. "Sagen Sie, haben Sie nicht Lust, später mit mir ein bisschen nach draußen zu gehen? Mein Hund muss dann sowieso raus." Natürlich wollte ich das.




    Und so trafen wir uns ein paar Stunden später auf dem Spielplatz hinter dem Haus. Ich hatte Samira dabei, die er sofort ins Herz schloss. "Und wo ist der Vater von dem süßen Ding?" Nun war ich gezwungen, ihn anzulügen. "Wir sind nicht mehr zusammen. Es hat einfach nicht mehr gepasst. Und was ist mit der Mutter von Ihren Kindern?" Nun hatte ich auch eine Gelegenheit, nach dieser Frau zu fragen. "Sie starb... Vor einer langen Zeit." Ich war versucht, ihm mein Beileid auszusprechen, doch dann ließ ich es doch sein. "Ich würde auch gern mal nach England reisen.", sagte ich, um ein anderes Thema aufzugreifen. "Na, dann kommen Sie doch mit." Ich dachte, er würde scherzen, doch er blieb ernst. "Meinen Sie das ernst?" Wieder dieses Grinsen. "Aber natürlich meine ich das ernst. Kommen Sie doch einfach mit. Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange, aber wir haben ja noch eine ganze Woche Zeit, das zu ändern." Nun musste auch ich lachen. "Und was mache ich mit meinem kleinen Anhängsel?"




    Ich sah zu Samira. "Sie hat doch einen Vater. Der kann sich ja um die Kleine kümmern. Und außerdem bleiben Sie ja nicht für immer weg. Um die Kosten brauchen Sie sich keine Sorgen machen. Das übernehme ich." Nun zog ich diese Reise doch wirklich ernsthaft in Erwägung. War ich denn verrückt geworden? Ich kannte diesen Mann kaum, doch andererseits: Es war ein neues Abenteuer, eines, das ich mir schon so lange gewünscht hatte. "Na schön, ich komme mit. Ich muss nur noch das mit Samira regeln." Er freute sich riesig.




    Eine Woche später war es so weit: Wir standen am Flughafen. Doch nun waren wir keine Freunde mehr, sondern ein Liebespaar. Innerhalb einer Woche hatte sich mein ganzes Leben verändert. Wir liebten uns, und das wussten wir seit dem ersten Moment, an dem wir uns begegnet waren.




    Nun stiegen wir in den Flieger. Ich drehte mich noch einmal um. Auf wiedersehen, Deutschland, ich komme bald zurück, sagte ich leise, und wünschte mir, dass dem nicht so war. Ich wollte für immer weggehen. Nur meine Samira würde ich schrecklich vermissen. Ich hatte kurz vor meinem Abflug noch die Scheidung von Fernando eingereicht. Er wurde einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Keine Minute zweifelte ich daran, dass das, was ich tat, falsch sein könnte. Ich hatte die Schuld beglichen, die ich bei meiner Schwester hatte, und Samira bei Fernando gelassen. Er konnte sich nun auch Santino zurück holen. Aber an all das wollte ich nie mehr denken. Ein neues Leben? Schön, her damit. Und dann flogen wir davon...


  • Als wir in England landeten, fuhren wir erst einmal ein Stück mit dem Taxi. "Kelmscott Manor liegt am Stadtrand von Carlisle. Es wird Dir gefallen, da Du ja gesagt hast, dass Du alte Häuser liebst. Das Haus wurde 1840 erbaut und seither ist viel geschehen. Aber das alles werde ich Dir mal bei einem Gläschen Wein vor dem Kamin erzählen." Und schon bald standen wir vor einem riesigen Gebäude, welches mich sofort beeindruckte. Als Richard stehen blieb, sah ich ihn ungläubig an.





    "Du machst Witze, oder? Ist das Kelmscott Manor?" Er grinste, wie immer, und das liebte ich so an ihm. "Ist es Dir alt und groß genug?" Vor Freude sprang ich in seine starken Arme, wo ich mich ganz und gar geborgen fühlte.






    Nun kamen mir zum ersten Mal Zweifel. "Aber... ich bin gar nicht richtig angezogen für so einen Anlass. Und was werden Deine Kinder denken? Was sagst Du ihnen eigentlich, wer ich bin?" Sein Grinsen verschwand nicht. "Ach, Miranda, ich habe ihnen längst von Dir erzählt. Cindy, meine Tochter, wird Dich wahrscheinlich hassen, allein aus dem Grund, weil Du meine neue große Liebe bist, aber bei Robin mach ich mir keine Gedanken. Er freut sich schon, Dich kennen zu lernen. Und meine Haushälterin hat sowieso nichts dagegen, das wär ja noch schöner. Wobei sie mittlerweile ja schon fast ein Mitglied der Familie ist. Und Bruno - der Hund - der liebt Dich ja sowieso. Außerdem: Dein Kleid sieht wunderschön aus, und Du natürlich ebenfalls. Also, mach Dir keine Gedanken, und komm mit. Ich werde Dich allen vorstellen."






    Nun war mir schon etwas wohler, und wir schritten auf Kelmscott Manor zu. Seine Anziehungskraft nahm von mir Besitz und ich verliebte mich sofort in diese alten Mauern. Dann traten wir ein. Es waren jede Menge Menschen im Haus. Da war ein junges Mädchen, blond und ziemlich hübsch, ein Junge, der mich an Richard erinnerte, und eine ältere Dame in einem hellblauen Kleid. Dann war da noch der Butler, von dem Richard mir lustige Sachen erzählt hatte, und ich musste fast lachen, als ich ihn sah. Dabei dachte ich daran, wo er im Hühnerstall Staub gewischt hatte, und an andere Kuriositäten. Und dann war da noch eine unheimliche Frau. Ich nahm an, dass sie die Haushälterin war, was sich auch schnell bewahrheitete. Richard stellte sie mir als erstes vor.



    "Das hier ist Rosemarie, unser Hausgeist." Er grinste. "Seit Jahren sorgt sie sich um unsere Familie, sie hat mir schon die Windeln gewechselt, danach meinen Kindern und in ein paar Jahren vermutlich auch ihren Kindern. Man merkt ihre Anwesenheit kaum, sie gehört einfach schon zur Familie. Und das ist unser Butler, Gerard, von dem ich Dir ja schon erzählt habe." Ja, dachte ich, das hast Du. Ich schenkte dem alten Kauz ein Lächeln und war wirklich verwundert, wie jemand nur so hässlich sein konnte.






    Er tat mir fast schon wieder leid. Doch bei Rosemaries Anblick lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Warum hatte Richard mich denn nicht gewarnt? Sie war blass, hatte schwarzes, streng hochgestecktes Haar und irgendwie fühlte ich mich von ihr sofort durchschaut, obwohl sie freundlich lächelte.





    Cindy wollte mich erst gar nicht kennen lernen, dafür aber Robin. Er freute sich, dass ich hier war, sagte er mir in gutem Deutsch.



    Und dann waren da noch der Pianist und die alte Dame, Freunde der Familie, wie Richard mir erklärte.
    Der Pianist hieß Edward und die alte Dame war Melissa.



    Sie versorgte das Haus mit frischen Blumen und kümmerte sich darum, dass die Klatschgeschichten der Stadt auf dem schnellsten Weg nach Kelmscott Manor kamen. Diese Information gab Robin mir flüsternd und mit einem Augenzwinkern. Robin war ein lieber Junge. Doch diese Cindy? Ich wusste nicht, was ich von ihr halten sollte. Wieso war sie nur so schrecklich abweisend? Ich vermutete, dass Eifersucht dahinter steckte.

  • Willkommen auf Kelmscott Manor


    Richard führte mich nun in den wundervollen Garten. Hier wuchsen tausende verschiedener Blumen, die alle ihren Duft versprühten und mich in eine andere Welt versetzten. Er zog mich zu sich und küsste mich. "Hast Du Lust, Dir die Geschichte von Kelmscott Manor anzuhören?" Ich nickte aufgeregt.





    "Natürlich, ich will alles über dieses Haus wissen." Er lächelte. "Nun, meine Schöne, das Haus, in dem Du leben wirst, wurde 1840 erbaut von Richard Rutherford dem Ersten. Kelmscott Manor besteht aus Kalkstein, welchen man extra zum Bau dieses Hauses von Oxford hier her geholt hat. Die Bauzeit betrug drei Jahre, und mein Ururgroßvater legte sehr viel Wert darauf, dass alles genau so gemacht wurde, wie er das wollte. Er liebte die Natur hier, und sagte stets, das Haus solle so aussehen, als wäre es "aus dem Boden gewachsen". Und ich finde, er hat es geschafft. Ich könnte mir diesen Platz ohne das Haus nicht mehr vorstellen." Auch ich war entzückt von dem Haus. "Es ist wunderschön hier." Er sah mir tief in die Augen. "Könntest Du Dir vorstellen, für immer hier zu bleiben?" Ich war sehr überrascht über diese Frage. Doch trotzdem gelang es mir, schnell zu antworten.




    "Ja, das könnte ich mir durchaus vorstellen." Er grinste bis über beide Ohren und kniff mich in die Wange. "Ich liebe Dich, mein Schatz. Komm, setzen wir uns an meinen Lieblingsplatz." Er führte mich zur Gartenlaube. "Setz Dich schon mal, ich geh nur noch schnell für kleine Königstiger." Ich nahm auf einem der Gartenstühle Platz. Ganz verträumt saß ich da und beobachtete einen Schmetterling, als plötzlich hinter mir jemand kreischte: "Ach, hiiiier sind Siiiie!"



    Ich erschrak. Es war Rosemarie. "Darf ich mich zu Ihnen setzen?", säuselte sie. Ich nickte. "Ich hoffe, ich habe Sie nicht erschreckt, meine Liebe." Ich lächelte verwirrt. "Schon gut, ich habe nur nicht damit gerechnet, dass jemand hinter mir steht." Sie setzte sich. "Na, hat Richard Sie schon herumgeführt?" Ich nickte. "Ja, es ist wirklich schön hier. Ein Paradies. Vor allem der Garten. Haben Sie den grünen Daumen?" Sie lächelte geschmeichelt. "Ja, das liegt bei uns in der Familie. Ich kümmere mich hier um alles. Aber der Garten liegt mir wahrlich sehr am Herzen." Dann kam Richard wieder. "Oh, ihr habt euch schon angefreundet." Er schien sehr erfreut. Rosemarie lächelte, so, wie sie es immer tat. "Wir werden uns bestens verstehen." Ich war mir da aber nicht so sicher.



    Obwohl sie sehr freundlich zu mir war, hatte ich irgendwie ein komisches Gefühl in ihrer Gegenwart. "Ich habe Miranda gerade einiges über Kelmscott Manor erzählt. Sie ist sehr interessiert an der Geschichte des Hauses. Vielleicht können Sie ihr noch etwas darüber erzählen, Rosemarie, schließlich kennen Sie das Haus wahrscheinlich besser als jeder andere." Rosemarie musterte mich kurz, wahrscheinlich um zu sehen, ob ich wirklich Interesse daran hatte, und sagte dann: "Aber natürlich. Sehr gerne"