Guten Abend zusammen
Ich hab jetzt hin und her überlegt, ob es nicht ein bisschen frech ist, einfach einen Thread zu erstellen, ohne einen einzigen Kommentar zu den anderen tollen Fotostorys abgegeben zu haben, aber da ich jetzt schon ziemlich müde bin, käme da ohnehin nichts Produktives mehr bei rum. Also nehme ich mir für morgen ein paar Kommentare vor und möchte euch jetzt schonmal meine eigene Fotostory vorstellen. Ich hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen!
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Kapitel I – Unheilvolle Anrufe
I bet it makes you laugh
Watching me work so hard to reach you
You never gave a damn
About all of those things I did to please you
Liz Phair, "Everything to me"
Die Sonne knallte heiß und unbarmherzig vom Himmel, als ich mir schnaufend einen Weg zu dem wartenden Taxi bahnte. Die Träger von zwei dem Platzen nahen Einkaufstüten schnitten mir schmerzhaft in die Handflächen und ich biss die Zähne zusammen, als ich zum wiederholten Male angerempelt und in meinem Schwung gebremst wurde.
"'Tschuldigung", murmelte ich ohne aufzublicken und seufzte erleichtert, als ich das Taxi erreichte.
Ich riss die Tür auf und ließ mich auf den heißen Ledersitz plumpsen. Sorgsam verstaute ich die Tüten hinter dem Rücksitz des Fahrers und kramte dann mein Handy aus der Tasche. Ich pustete mir eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht und schnallte mich an.
"Ganz schön voll heute, was?", meinte der Taxifahrer freundlich und musterte mich amüsiert über den Rückspiegel. "Wo soll's denn hingehen?"
"Hm?" Verwirrt sah ich von meinem Handy auf und beeilte mich dann, meine Adresse mitzuteilen: "Ach so, Finkenstraße dreizehn, bitte."
Der Fahrer pfiff durch die Zähne. "Ganz schön feine Gegend. Besuch'ste da jemand?"
"Ich wohne da", antwortete ich abwesend und hielt mir das Telefon ans Ohr. Verstohlen wischte ich mir die freie Hand an der Hose ab und wartete, dass jemand am anderen Ende der Leitung abhob.
Eine Weile lauschte ich dem monotonen Tuten, bis mir meine eigene gelangweilte Stimme entgegenschlug: "Sie haben den Anschluss der Familie Weber gewählt. Leider sind wir momentan nicht zuhause…"
Ich legte entnervt auf.
"Warum geht ihr nicht ran, verdammt?", murmelte ich und starrte wütend auf das Display, als würde dort wie von Zauberhand die Antwort auf meine Frage erscheinen.
Mit einem Schulterzucken verstaute ich das Handy in der Tasche und beugte mich leicht nach vorne, um meinen verschwitzten Oberkörper vom Leder der Rückbank zu lösen.
Der Taxifahrer machte belanglosen Smalltalk und ich war froh, dass er sich mit einem gelegentlichen Brummen meinerseits zufrieden gab. Mir stand nicht der Sinn nach einer Unterhaltung und stattdessen ging ich in Gedanken noch einmal den Einkaufszettel durch. Ich hatte an alles gedacht, oder nicht? Ich hatte das Gemüse, die Gewürze, den Hummer und – ganz wichtig – Cognac, Weißwein, Wermut, Sherry und Portwein besorgt. Die Spirituosen waren auch der Hauptgrund dafür, dass die Tüten so furchtbar schwer waren. Ein wenig angewidert spähte ich in die Tüte, aus welcher der Hummer mit toten Augen zurückstarrte. Trotz der Hitze lief ein Schauder durch meinen Körper. Ich hasse Hummer.
Ich kannte die Strecke zu meinem Elternhaus genau und stellte zufrieden fest, dass der Taxifahrer den kürzesten Weg wählte. Er gehörte also nicht zu der Sorte, die versuchte, noch ein paar Cent mehr herauszuschlagen. Aber so sah er eigentlich auch nicht aus. Es war nicht so, dass ich eine besonders gute Menschenkenntnis besessen hätte, aber er wirkte einfach – nett. Er musste ungefähr so alt wie mein Vater sein. Feine Lachfältchen zogen sich um seinen Mund und seine Augen, die lustig zwinkerten. Ich ertappte mich dabei, wie ich ihn unwillkürlich angrinste.
"Ach, du kennst sie also?", fragte er plötzlich eifrig und warf mir einen Blick im Rückspiegel zu. Verwirrt erwiderte ich seinen Blick.
"Entschuldigung, ich hab nicht ganz zugehört", gab ich zerknirscht zu, "Wen genau meinen Sie?"
Der Mann schmunzelte nur. "Ich rede natürlich von MacBeth! Meine kleine Tochter ist ganz verrückt nach denen und jetzt will sie unbedingt auf ein Konzert gehen. Kannste dir das vorstellen? Sie ist doch grad mal dreizehn…"
Er schüttelte den Kopf und schien ernsthaft über dieses Problem zu grübeln.
"Tut mir leid, ich kenne die Gruppe nicht", antwortete ich betont höflich. "Haben Sie denn niemanden, der mit Ihrer Tochter gehen könnte?"
"Ja!", sein Gesicht hellte sich auf. "Meiner älteren Tochter würde das bestimmt auch gefallen. Das ist eine gute Idee. Bist 'ne ganz Pfiffige, was?"
Ich konnte nicht anders und musste kichern. Seine leicht gluckenhafte Art war so niedlich, dass meine distanzierte Haltung dahin schmolz.
"Erzählen Sie mir ein bisschen von Ihren Kindern?", bat ich mit blitzenden Augen, und auch wenn er einen Moment stutzte, fing er bald mit stolzgeschwellter Brust zu berichten an.
Die Zeit verging wie im Flug, während ich ihm andächtig lauschte.
"Und dann hat Tascha diesen unmöglichen Typen angeschleppt. Nee wirklich, wenn du den gesehen hättest… Ich weiß nicht, ob der wusste, was 'ne Zahnbürste ist. Aber er war ja FUßBALLER", sagte er gerade gedehnt, als die ersten Häuser der Finkenstraße in sicht kamen.
"Oh, da sind wir ja schon." Der Taxifahrer schien genauso verblüfft zu sein wie ich, dass die Fahrt bereits ihr Ende gefunden hatte.
Er hielt und drehte sich ächzend in seinem Sitz zu mir um. "Hör mal Mädchen", begann er in verschwörerischem Tonfall und zwinkerte mir zu. "Beim nächsten Mal fragste einfach direkt nach'm Manni, gell? So einen netten Fahrgast wie dich hat man selten."
"Manni?" Etwas schwer von Begriff blinzelte ich ihn an.
"Ja, der Manfred. Das bin ich." Strahlend wies er auf einen Schlüsselanhänger in Form eines Nummerschilds, der vom Zündschloss baumelte und auf dem sein Namenszug prangte.
~~~~~geht gleich weiter~~~~~