Zeit der Finsternis

  • Hallo allesamt ;),



    mittlerweile bin ich gelben Forum schon drei Kapitel weiter. :(


    Als ich das 22. Kapitel auch hier posten wollte, musste ich feststellen, dass sich das Layout hier (schon wieder :D ) verändert hat und damit einhergehend einige Dinge passiert sind.


    Ich konnte alte Beiträge nicht mehr editieren (das hat sich mittlerweile erledigt), die Links im Eingangskapitel haben nicht mehr gestimmt (die hab ich mittlerweile editiert, das Ganze funktioniert aber leider manchmal nicht korrekt), und ein ganzer Haufen alter Postings ist jetzt im Layout völlig zerschossen, weil die Anzahl der Smileys und der Zitate pro Beitrag offenbar jetzt begrenzt ist.


    Darüber war ich insgesamt nicht so sonderlich begeistert, ich bin auch nur noch sehr selten hier, und das Feedback ist ja hier auch nicht so besonders groß, so dass ich einfach keinen Nerv hatte, mich hier groß zu kümmern.


    Jetzt habe ich aber etwas Luft, und deshalb poste ich jetzt einfach mal die drei neuen Kapitel auch hier, am Stück hintereinander.



    Innad und Llynya: vielen Dank für eure Kommis, aber ich gehe da jetzt mal nicht mehr näher drauf ein, sorry. ;) Ihr lest ja auch drüben mit und seid vermutlich auch schon gedanklich viel weiter. :D

  • Zu Bild vier gibt es zwei Lupenbilder, weil ich mich nicht entscheiden konnte. :)

    Überhaupt, die Lupenbilder - Bild acht ist eigentlich nur in der Lupenversion tauglich (!), die Lupenbilder des ersten Teils sind empfehlenswert für alle Detail-Freunde, die des Mittelteils sind toll anzusehen (wie ich finde :D ) und die des Endteils sind... schön. ;)


    Ich muss das Kapitel auch wieder auf zwei Postings aufteilen, zu viele Bilder. ;)


    Viel Spass!






    22kapitel.png





    Sooner or later you´re gonna wake up

    And find what you´re looking for

    Like a diamond washed upon the shore

    ...

    Sooner or later you´re gonna love again


    Duncan James, Sooner or later
    Christopher Braide/ Duncan James/Jez Ashurst





    Bereits drei Tage später wurde die Verlobung verkündet.

    Gleich am Morgen nach jener Nacht, in der ich ungewollt Zeuge seines Gesprächs mit Bran geworden war, hatte Artair zuerst ein langes Gespräch mit Mártainn geführt und dann mit Ariadna und Shainara gesprochen.


    01.jpg


    Im Anschluss daran hatte er freudestrahlend Boten bis in die entferntesten Winkel des südlichen Königreichs ausgesandt, um sein Volk wissen zu lassen, dass er am heutigen Tag zur frühen Abendstunde gute Neuigkeiten verkünden wolle.



    02.jpg

    lupe.png2


    Offenbar hatte sich daraufhin jeder, der Caer Mornas in der knappen Zeit erreichen konnte, auf den Weg gemacht; die Stadt hatte sich in den letzten beiden Tagen gefüllt, und mittlerweile gab es kein einziges freies Bett mehr.



    03.jpg


    Eine gespannte Erwartung und freudige Aufregung lagen in der Luft.

    Alle vermuteten bereits, dass ihr König sich endlich verheiraten wollte, und die Leute feierten schon vorab ausgelassen. Wohin man auch sah, gab es lachende Gesichter.



    04.jpg

    lupe.png4-1 lupe.png4-2


    Ich hatte nicht viel Zeit zum Grübeln gehabt, meine Tage waren angefüllt gewesen mit Verpflichtungen, denn Dian konnte neben seinen übrigen Aufgaben nicht auch noch die Vorbereitungen für die Verlobungsfeier bewältigen.



    05.jpg

    lupe.png5


    Brayan ging es nicht viel anders, und die wenige uns verbleibende freie Zeit hatten wir mit exzessivem Training zugebracht.


    Zum Glück brauchte ich mich nicht zu bemühen, Artair aus dem Weg zu gehen, ich bekam ihn erst gar nicht zu Gesicht – er zog sich entweder mit Mártainn, Shainara, Dian, Bran und Torgar in seine Beratungskammer zurück und war ernst und besorgt, oder er war mit Ariadna zusammen und von enervierend guter Laune.

    Und ich fühlte keinerlei Neigung, mich den beiden Turteltäubchen anzuschließen.


    Also trainierte ich Stunde um Stunde mit Brayan und schlug solange auf ihn ein, bis er schließlich um Gnade bettelte.


    06.jpg


    „Halt ein, Neiyra", keuchte er und ließ sich auf den Boden fallen. „Ich spüre meinen Körper nicht mehr, ich brauche eine Pause."



    07.jpg


    Ich warf mich neben ihm auf die Erde und legte meinen Kopf auf seinen Bauch. Er nahm meine Hand, und gemeinsam starrten wir schweigend in den strahlenden Himmel.


    Nur in meinen Nächten konnte ich für eine kurze Zeit vergessen, wie allein und verlassen ich mich am Tage trotz Brayans Gegenwart fühlte.

    Die nächtlichen Treffen mit Ihm waren wie eine sanfte, tröstliche Berührung, die die Einsamkeit linderte.




    08.jpg

    lupe.png8


    Und nun drängte sich eine riesige Menschenmenge auf dem Platz vor dem Palast, die Luft summte vor Erwartung.


    Wir hatten uns alle auf der Empore der Halle vor den großen, mehrflügeligen Türen versammelt, die auf den halbrunden Balkon an der Nordseite des Palasts hinausführten.

    Er war dem großen Platz zugewandt und wurde ausschließlich für repräsentative Zwecke genutzt.

    Dian bemühte sich, Ordnung in unsere Reihen zu bringen, während wir auf Artair warteten.


    Es herrschte eine ausgelassene, fröhliche Stimmung, und Brans dröhnendes Lachen hallte durch den Raum.


    09.jpg


    „Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Leute kommen würden", sagte er begeistert.


    Shainara lachte ihn an.

    „Die Menschen hier feiern gerne, und sie nehmen regen Anteil am Leben ihres Königs und seiner Familie. Solche Feierlichkeiten dauern oft viele Tage, und meist reichen nicht mal die Worte überschäumend und ausgelassen aus, um die vorherrschende Stimmung zu beschreiben", sagte sie zu Bran, und dann – ich traute meinen Augen kaum – stieß sie Mártainn den Ellbogen in die Seite.


    „Weißt Du noch?", sagte sie und grinste ihn schelmisch an.

    „Die Feier anlässlich Branaghs Geburt? Wir waren beide noch Kinder, am dritten Tag war die halbe Stadt betrunken, und Du hast Rhiannon und mich in einen Brunnen geschubst."


    10.jpg


    Mártainn hob eine Augenbraue, aber seine Erwiderung ging im allgemeinen Gelächter unter.


    Nur Ariadna, gehüllt in ein kostbar besticktes Gewand, dessen Gewicht sie kaum tragen zu können schien, sah bleich und verschreckt aus und versuchte, sich hinter Bran unsichtbar zu machen.



    11.jpg

    lupe.png11


    Die Tür öffnete sich und Artair kam herein; mit langen, raumgreifenden Schritten durchmaß er den Raum.


    „Entschuldigt die Verspätung", sagte er und strahlte dabei.



    12.jpg


    Er ergriff Ariadnas Hand, führte sie an die Lippen und küsste sie zärtlich.


    „Bist Du bereit, Liebes?", fragte er und lächelte sie an.

    Ariadna lächelte zaghaft zurück und nickte.


    Artair bedeutete den Wachen, dass sie die großen Flügeltüren öffnen konnten, und Dian trat auf den Balkon.

    Als Truchsess des Reiches oblag es ihm, die gute Nachricht zu verkünden.

    Er ging vor bis an die Brüstung, und die Menge winkte und jubelte ihm zu.


    13.jpg


    „Mit großer Freude", begann er, und eine gespannte Stille legte sich über den Platz.

    „Mit großer Freude verkünde ich euch heute das Verlöbnis unseres Königs mit Prinzessin Ariadna von Bréliande!" rief er und wandte sich zu Artair um.


    Artair trat auf den Balkon, Hand in Hand mit Ariadna, und tosender Jubel brandete auf.


    In der von Dian festgelegten Reihenfolge folgten wir ihnen, und die Menge lachte, klatschte und winkte uns zu.


    14.jpg

    lupe.png14


    Wir winkten zurück, und vereinzelte Rufe wurden laut, erst unverständlich, aber dann fielen immer mehr Stimmen mit ein, so dass wir verstehen konnten, was sie riefen.


    „Einen Kuss! Einen Kuss!", skandierte die Menge, und Artair lachte.

    Er wandte sich Ariadna zu, hob sanft ihr Kinn an und küsste sie unter den begeisterten Beifallsstürmen der Menge.


    15-01.jpg

    lupe.png15-1


    15-02.jpg

    lupe.png15-2



    Ich tastete nach Brayans Hand, und er schloss seine Finger um meine und drückte sie sanft.

    Ich sah ihn an, aber er hatte den Blick abgewandt.

    Unverwandt und mit gerunzelter Stirn beobachtete er Ariadna.

    Ariadnas Augen wirkten riesig in ihrem bleichen Gesicht, und verängstigt klammerte sie sich an Artairs Hand.


    16.jpg


    Überrascht sah ich von ihr zu der jubelnden Menschenmenge. Sie schienen sie völlig einzuschüchtern.

    Das konnte ja noch heiter werden.




    Stunden später fühlte ich mich völlig erschöpft und ausgelaugt.


    17.jpg

    lupe.png17


    Gleich, nachdem wir den Balkon verlassen hatten, waren die Türen der Großen Halle geöffnet worden, und die Menschen, die teilweise schon seit den frühen Morgenstunden vor den Toren gewartet hatten, strömten in den Palast.



    18.jpg

    lupe.png18


    Für die, die keinen Platz mehr in der zum Bersten gefüllten Halle gefunden hatten, wurden auf allen Plätzen der Stadt Feuer angezündet, über denen ganze Ochsen und Schweine gebraten wurden, große Fässer voll Most, Ale und Wein wurden angestochen und ganze Wagenladungen voll Kuchen, Süßigkeiten und kleiner Geschenke für die Kinder wurden herangekarrt.


    19.jpg

    lupe.png19


    Die Halle und alle Straßen und Plätze von Caer Mornas waren voll mit schmausenden, lachenden, singenden und tanzenden Menschen, die fest entschlossen waren, bis zum Morgengrauen zu feiern.


    20.jpg

    lupe.png20



    Brayan, Dian und ich hatten zuerst ein Auge darauf gehabt, dass alles reibungslos klappte, bevor wir uns zu den anderen an die Hohe Tafel setzten.


    21.jpg

    lupe.png21


    Ariadna, im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, hielt den Blick meist gesenkt und sprach nur sehr wenig.

    Ich konnte mir nicht helfen, aber sie tat mir leid. Nicht nur, dass sie mit der Situation völlig überfordert zu sein schien – wenn das vorhin auf dem Balkon ihr allererster Kuss gewesen sein sollte, dann konnte er mit Sicherheit nicht so gewesen sein, wie sie ihn sich gewünscht hätte.


    Weder Brayan noch ich aßen besonders viel, und nun forderten die Arbeit der vergangenen Tage und der Anblick von Artair und Ariadna Seite an Seite ihren Tribut.



    22.jpg

    lupe.png22


    Müde stahl ich mich von der Tafel davon, um auf mein Zimmer zu gehen; und als ich mich an der Tür nochmal umdrehte, sah ich, dass auch Brayan die Halle verlassen hatte.





    23.jpg

    lupe.png23


    Ich stand auf einer Klippe, und unter mir toste und tobte es. Der Wind fuhr mir unter die Röcke und spielte mit meinen Haaren.


    Er war noch nicht da gewesen, und ich hatte schon eine ganze Zeit allein gewartet, aber es hatte mir nichts ausgemacht.

    Der Anblick war atemberaubend.


    24.jpg


    „Ist das das Meer?", fragte ich, als er schließlich neben mich trat und sich auf den steinigen Boden setzte.

    „Ich habe es noch nie zuvor gesehen. Es ist wunderschön."


    „Ja", sagte er. „Ich liebe das Meer."


    Ich setzte mich neben ihn und wandte mich ihm zu.


    25.jpg


    „Wollen wir?", fragte ich, und als er nickte, gab ich alles genau wieder, was Mártainn mir am Vormittag für ihn mitgegeben hatte.


    In den letzten Tagen hatte ich mich zu einer Art Brieftaube zwischen Ihm und Mártainn entwickelt; sie tauschten komplizierte und verwickelte Gedankengänge, den ominösen Kraftstern betreffend, über mich aus.

    Das Dumme war, dass ich so gut wie kein Wort von dem verstand, was sie da redeten.

    Eigentlich war ich froh darüber, denn das Wenige, was ich verstand, klang in meinen Ohren ziemlich riskant und gefährlich; aber um zu verhindern, dass sich Fehler bei der Weitergabe einschlichen, ließen mich die beiden auswendig lernen, was sie sich mitzuteilen gedachten.

    Ich musste alles so lange wiederholen, bis ich es vermutlich auch dann noch hätte herunterbeten können, wenn mich jemand mitten in der Nacht aus dem Tiefschlaf gerissen hätte.

    Hochgradig ermüdend; aber ich war froh, etwas tun zu können, um das Ritual für Artair möglicherweise etwas ungefährlicher zu machen.


    Als ich ihm Mártainns Worte übermittelt hatte und er überzeugt war, dass ich seine Antwort richtig weitergeben würde, lehnte er sich schließlich entspannt zurück und ließ seinen Blick zum Horizont schweifen.


    26.jpg


    Eine Weile saßen wir in freundschaftlichem Schweigen nebeneinander und genossen die Stille, die nur vom Rauschen des Meeres und den Rufen der Möwen durchbrochen wurde.



    27.jpg


    „Heute war die Verlobungsfeier", sagte ich dann; meine Stimme klang rau.


    Rasch setzte er sich auf.

    „Artair hat also wirklich vor, diese Kleine zu heiraten", sagte er erstaunt, und ich konnte seinen Blick spüren.

    „Er ist ein Idiot."


    „Er ist kein Idiot", protestierte ich lahm.


    Er schnaubte verächtlich.


    28.jpg


    „Er wird von einer klugen, starken, schönen und guten Frau geliebt, und er merkt es nicht mal? Er ist ein Idiot. Und wenn er nicht sehen kann, was er an Euch hat, dann hat er Euch nicht verdient."


    Ich lachte kurz auf, aber das Lachen wurde von einem Schluchzen überlagert.


    Er ergriff meine Hand und führte sie rasch an seine Lippen. Dann ließ er unsere verschlungenen Finger sinken und legte seine andere Hand über meine.


    29.jpg


    Ich sah auf meine Hand hinab, die in seinen Händen ruhte wie ein verletzter Vogel in seinem Nest, und ich fühlte mich ein wenig getröstet.


    „Ich will Euch etwas erzählen, Neiyra", sagte er.

    „Habt Ihr schon mal die Krone der Königin gesehen?"


    „Die Krone von Artairs Mutter? Ja, sicher. Artair bewahrt sie einem Kasten in seiner Beratungskammer auf."


    Er nickte. „Vielleicht ist euch aufgefallen, dass in diese Krone einzelne Diamanten eingelassen sind", fuhr er fort.

    „Diese Diamanten kommen von hier."


    30.jpg


    Er ließ meine Hand los und deutete aufs Meer hinaus.


    31.jpg


    „Man nennt diese Küste die Kristallküste.

    Einst, so sagt die Legende, verbrachte Lira, die Göttin des Meeres, einige Zeit unerkannt unter den Menschen. Sie wollte sehen, was es mit dieser Sache auf sich hätte, die die Menschen Liebe nannten, denn sie lebte ganz allein in den finstersten, kältesten Tiefen des Meeres.

    Und nachdem sie gesehen hatte, welches Glück manche Menschen miteinander teilten, kam sie an diese Küste und weinte bittere, verzweifelte Tränen.

    Denn sie wusste, dass sie immer allein sein würde; dass es niemanden gab, der ihr ebenbürtig und für sie bestimmt war. Der für sie der einzig Richtige wäre, und mit dem zusammen sie zu einem Ganzen würde.

    Doch als einige ihrer Tränen das Wasser berührten, begann das Meer, sich zu kräuseln und zu schäumen. Hohe Wellen stiegen auf, und einer dieser Wellen entstieg ein Mann.

    Ihr Gefährte, der Eine, Einzige, der für sie bestimmt war."


    32.jpg

    lupe.png32


    „Moricos", flüsterte ich.


    „Moricos", bestätigte er.

    „Die beiden kehrten ins Meer zurück, und man sagt, dass die Tiefen des Ozeans seit dieser Zeit nicht mehr kalt und finster sind."


    Er schwieg einen Moment und deutete erneut auf den schmalen Streifen Sand.


    33.jpg


    „Seit damals findet man an dieser Küste immer wieder kleine Diamanten.

    Man nennt sie die Tränen der Götter, denn man sagt, diese kleinen Steine seien aus den Tränen Liras entstanden, die sie aus Trauer darüber, für immer allein bleiben zu müssen, vergossen hat.

    Nur die Kristallsucher dürfen sie sammeln; Männer und Frauen, die aus einigen wenigen, ausgesuchten Familien stammen, die dieses Amt schon seit Jahrhunderten inne haben.

    Die Tränen der Götter stehen einzig den Herrschern des nördlichen und des südlichen Königreichs zu, deshalb bringen die Kristallsucher sie an die Königshöfe und werden dafür reich entlohnt.

    Aber wenn ein Herrscher heiratet, dann wird ein weiterer Stein angespült. Ein besonders großer, klarer Diamant, der dem König oder der Königin zeigt, dass er sein Gegenstück, den für ihn bestimmten Gefährten gefunden hat.

    Im südlichen Königreich wird der Stein in die Krone der Königin eingelassen. Euer Vater trägt seinen in einem Ring an der rechten Hand."


    34.jpg



    Ich schwieg, völlig überrascht. Warum hatte ich diese Geschichte noch nie zuvor gehört?


    Und dann kam mir ein entsetzlicher Gedanke.


    35.jpg


    „Und wenn sie nicht die Richtige ist? Was geschieht, wenn der König eine Frau heiratet, die nicht die eine, für ihn bestimmte Gefährtin ist?"


    „Dann wird auch kein Stein gefunden", erwiderte er ruhig.


    Und einfach jeder in beiden Königreichen weiß, dass der König die falsche Frau geheiratet hat, dachte ich bestürzt.


    „Aber das ist schon sehr lange nicht mehr vorgekommen", sagte er. „Meistens weiß der oberste Druide, wer die richtige Frau für den König oder der richtige Mann für die Königin ist. Er kann es sehen; allerdings leider nicht immer. Manchmal bevorzugen es die Götter, die Beteiligten im Unklaren zu lassen."


    Sprachlos starrte ich ihn an.


    „In den letzten tausend Jahren haben sich die Regenten in den meisten Fällen sowieso immer in den richtigen Mann oder die richtige Frau verliebt.

    Die Götter sorgen auf jeden Fall dafür, dass sie sich begegnen. Ein paar Mal musste wohl etwas Überredungskunst angewandt werden, und einer von Artairs Vorfahren hat sich schlichtweg geweigert.

    Er hat seinem Volk verkündet, dass er die Falsche heiraten werde, weil er die Richtige nicht leiden könne.

    Seine Königin war sehr beliebt beim Volk, aber es wurde gemunkelt, dass er viele Jahre später die Richtige wohl doch noch zu seiner Geliebten und seiner Ratgeberin gemacht hat."


    36.jpg


    Er grinste, und ich musste mich daran erinnern, den Mund zu schließen.

    „Woher wisst Ihr das alles?", fragte ich verblüfft.


    „Die Geschichte der Königreiche gehört zur Ausbildung der Druiden", sagte er.

    „Wir sind es, die Dinge bewahren, damit sie nicht in Vergessenheit geraten."


    Er beugte sich zu mir. „Aber mal abgesehen vom Offensichtlichen", fuhr er ernst fort, „und abgesehen von den Fragen, die sich hieraus ergeben, habe ich Euch diese Geschichte aus einem bestimmten Grund erzählt."


    37.jpg


    Aufmerksam sah ich ihm ins Gesicht.


    „Obwohl es weder unter den Menschen noch unter den Göttern den richtigen Gefährten für Lira gab, war er plötzlich da.

    Diese Geschichte soll uns auch daran erinnern, dass Dinge geschehen können, selbst wenn sie noch so unwahrscheinlich sind und wir selbst eigentlich nicht mehr daran glauben."

    Unverwandt blickte er aufs Meer hinaus.

    „Eines Morgens werdet Ihr aufwachen und finden, was Ihr sucht. Früher oder später werdet Ihr wieder lieben."


    Ich schwieg, eine lange Zeit. „Und gilt das auch für Euch?", fragte ich dann leise.


    Er schüttelte den Kopf, und ich sah die Trauer auf seinem Gesicht.

    „Für mich gibt es diese Möglichkeit nicht. Ich bin nicht mehr... offen dafür."


    38.jpg


    Er senkte den Kopf.

    „Es gab nur eine einzige Frau, die mich so sehen konnte, wie ich wirklich bin, und die mich geliebt hat. Sie liebte mich wegen dem, was sie sah, und trotz dem, was sie sah."


    „Was ist aus ihr geworden?"


    „Sie ist tot. Sie starb durch meine Schuld."


    Betroffen hielt ich einen Moment inne.

    „Was ist geschehen?", fragte ich dann.


    „Ich habe eine Entscheidung getroffen, die zu ihrem Tod geführt hat. Ich hätte sie genauso gut von eigener Hand töten können."


    39.jpg


    Überrascht sah ich ihn an, aber er hob die Hand.

    „Ich weiß schon, was Ihr wissen wollt.

    Wusste ich vorher, dass die Möglichkeit bestand, dass es sie das Leben kosten würde, wenn ich mich so und nicht anders entschied?

    Die Antwort auf diese Frage ist: ja. Ja, ich wusste es.

    Dennoch kann ich nicht bereuen, mich so entschieden zu haben, und ich würde es wieder tun, denn es war das Richtige.

    Aber es vergeht kein Tag, kein einziger, an dem ich nicht bitterstes Bedauern darüber empfinde, dass ich vor diese Wahl gestellt wurde."


    Ich ergriff seine Hand und verschlang meine Finger mit seinen.

    Diesmal war ich diejenige, die Trost spendete.


    40.jpg





    Als ich am Morgen erwachte, wirbelten tausende Fragen in meinem Kopf herum, die sich auch während des gesamten Vormittags nicht vertreiben ließen.


    41.jpg


    Dass Artair mit Mártainn gesprochen hatte, noch bevor er zu Ariadna und Shainara gegangen war, wusste ich.

    Aber wusste Mártainn, wer die richtige Frau für Artair war? Und wenn ja, hatte er es Artair gesagt, und hatte dieser es wiederum Ariadna gesagt?

    Wenn Mártainn es wusste, und es nicht Ariadna war, hätte er die Verlobung verhindert, da war ich mir sicher. Genauso, wie ich sicher war, dass Artair Ariadna niemals eine solche öffentliche Demütigung zumuten würde wie die, die sie erwartete, wenn kein Stein gefunden würde.

    Außer, die beiden liebten sich so sehr, dass Ariadna trotzdem zugestimmt hätte, ungeachtet dessen, was ihr bevorstünde.

    Hätte sie so viel Mut gehabt? Und wenn ja, dachte sie dann jetzt noch genauso darüber, nach diesem ersten Vorgeschmack, was es bedeutete, an der Seite des Königs zu stehen?


    Hätte, könnte, würde. In meinem Kopf drehte sich alles.

    Als ich zum hundertsten Mal bei meinem Lieblingsgedanken angekommen war - wenn Ariadna tatsächlich die richtige Frau für Artair sein sollte, wie konnten die Götter nur beschließen, ihm so ein verzagtes Häschen an die Seite zu stellen? – geschah zum Glück etwas, das mich vollkommen ablenkte und die nächsten Stunden so sehr beschäftigen sollte, dass ich all diese Grübeleien vergaß.



    42.jpg


    Mártainn fing mich auf dem Platz vor dem Palast ab und erklärte mir, er und Shainara wollten mit mir und Artair sprechen.

    Über den Kraftstern.


    Und im gleichen Moment kam ein völlig erschöpftes Pferd mit einem nicht minder erschöpften Reiter auf den Platz gesprengt.

    Der Bote, den Artair zu Leodric geschickt hatte, war endlich zurück.



    So rannte ich nun durch die Gänge des Palastes und stürzte in die Räume des Königs, um Artair zu holen.


    43.jpg

    lupe.png43


    Er saß in einer Wanne vor dem Feuer, und zwei Mägde gossen ihm gerade Kannen voll Wasser über den Kopf.

    Abrupt blieb ich stehen.


    „Neiyra!", rief er, als er mich sah, und strahlte mich an. Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht.

    „Ich war auf dem Übungsplatz", informierte er mich.

    „Ich habe in letzter Zeit zu viel Zeit am Schreibtisch zugebracht, um ein Haar hätte mich Brayan aufs Kreuz gelegt."


    Er stöhnte kurz auf.

    „Mir tun alle Knochen weh. Aber ich schätze, ihm geht es auch nicht viel besser", sagte er vergnügt.


    Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen.

    „Schön, dass Du so viel Spaß hattest", sagte ich und rollte die Augen, „aber wenn wir schon bei Spaß sind – was, zum Henker, hast du dir bloß gedacht?"


    „Was meinst du?", fragte Artair überrascht. Er sah zu den beiden Mägden auf und nickte ihnen zu.


    44.jpg


    „Danke für das Wasser", sagte er. „Ihr könnt dann gehen, ich habe alles, was ich brauche."


    Als die Mägde das Zimmer verlassen hatten, beugte ich mich vor.


    45.jpg

    lupe.png45


    „Was ich meine? Die Verkündung der Verlobung. Auf diesem Balkon.

    Hast Du nicht gemerkt, dass Ariadna völlig eingeschüchtert war? Und als ob das noch nicht schlimm genug für sie war, bekommt sie ihren allerersten Kuss ausgerechnet vor den Augen von hunderten von Leuten.

    Das ist nicht unbedingt die Situation, die ein Mädchen sich für diesen besonderen Moment erträumt."



    46.jpg


    „Was denkst Du denn von mir, Neiyra?", erwiderte Artair und runzelte die Stirn.

    „Mir war doch völlig klar, dass sie einen Kuss fordern würden. Glaubst Du wirklich, ich hätte zugelassen, dass unser erster Kuss eine so öffentliche Sache wird?"


    Er grinste spitzbübisch. „Unser erster Kuss war genau so, wie er sein sollte. Romantisch, im Mondenschein, alle Vögel haben gesungen."


    „Die meisten Vögel singen nicht in der Nacht", erwiderte ich trocken, aber er lachte nur.


    47.jpg


    Ich atmete tief ein.

    Dieses Bild, von diesem ersten, romantischen Kuss, wollte ich nicht in meinen Kopf lassen. Es tat zu weh.


    „Ich wollte damit nur sagen…", lenkte ich rasch ab.


    „Dass sie behutsam an ihre neue Rolle herangeführt werden muss?", beendete Artair meinen Satz, und ich nickte.


    48.jpg


    „Ja, das ist mir schon klar."

    Er lächelte mich an. „Aber danke, dass du dich um sie sorgst."


    Nun ja. Sorgen war wohl nicht der richtige Ausdruck, aber ich würde es wohl lieber dabei belassen.


    „Weswegen ich eigentlich gekommen bin", fuhr ich fort, „der Bote, den du zu Leodric geschickt hast, ist zurück. Und Mártainn will dich auch sprechen; es geht um den Kraftstern."


    Rasch schickte sich Artair an, in der Wanne aufzustehen, und ich sprang hastig von meinem Stuhl.

    „Ich geh dir mal ein Hemd holen", sagte ich gedehnt, „oder einen Stiefel, oder ein Schwert."


    Ich rannte beinahe zu seiner Truhe und kramte ein sauberes Hemd hervor.

    Als ich mich umdrehte und zum Kamin zurück ging, stand er neben der Wanne, nur ein Handtuch um die Hüften, und rubbelte sich die Haare mit einem anderen Tuch ab.


    49.jpg


    Der Feuerschein spielte golden auf seiner Haut, Tropfen rannen an ihm herab.

    Ich blinzelte einen winzigen Moment - er sah wirklich prachtvoll aus.

    Es gab Momente, in denen ich mir wirklich von Herzen wünschte, ich wäre ein Stein, und dieser hier gehörte dazu.

    Die Unbefangenheit, mit der sich Artair in meiner Gegenwart bewegte, war manchmal schwer zu ertragen.


    Mittlerweile war er in seine Hosen gestiegen und in das Hemd, das ich ihm gereicht hatte, geschlüpft, und ich trat auf ihn zu.


    50.jpg

    lupe.png50


    Ich begann sein Hemd zuzuknöpfen, um den Anblick nackter Haut zu beenden; und gleichzeitig genoss ich es, einen Grund gefunden zu haben, ihn berühren zu dürfen.

    Bald würde das seine Frau tun. Ich beneidete sie heftig.


    „Vielleicht hätten wir Dir als Kind doch eine Puppe besorgen sollen", sagte Artair.


    „Hmmm?", fragte ich geistesabwesend, völlig gefangen von der Wärme, die seine Haut ausstrahlte.


    „Du scheinst eine gewisse Neigung zu haben, mich ständig an- und ausziehen zu wollen", grinste Artair.

    „Ich frage mich, wo das herkommt. Vermutlich ist es meine und Brayans Schuld. Als wir Kinder waren, wollten wir niemals irgendwas… Mütterliches spielen."


    51.jpg

    lupe.png51


    Ratlos runzelte er die Stirn.

    „Du weißt schon, was ich meine. Sowas wie Vater-Mutter-Kind. Wir waren immer wild, und Du warst immer vorneweg."


    Ich schnaubte leise. Wenn er wüsste, wie wenig mütterlich meine Neigungen im Moment waren.

    „Ich glaube nicht, dass ich auch nur einen Funken Mütterliches in mir habe", entgegnete ich.


    „So ein Humbug", erwiderte Artair leise. „Wenn du dich nur einmal sehen könntest, wie du mit den Kranken und Verwundeten umgehst, würdest du das niemals bezweifeln."


    Ich erwiderte nichts und fuhr fort, seine Knöpfe zu schließen.

    Er stand ganz still, vollkommen locker und entspannt. Und mit jedem Knopf, den ich schloss, vertiefte sich das Gefühl, dass etwas unwiderruflich vorbei war.

    Als ich fertig war, legte ich meine Hände auf seine Brust.


    52.jpg


    Ich spürte seine warme Haut durch den dünnen Stoff, fühlte, wie seine Brust sich hob und senkte und seinen langsamen, kräftigen Herzschlag.


    Er zog mich an sich, legte seine Arme um mich und sein Kinn auf meinen Scheitel.


    53.jpg


    So standen wir eine ganze Weile, und ich genoss jeden einzelnen Atemzug.


    „Ist mit Dir alles in Ordnung, mein Herz?", fragte er dann, ganz leise und sanft.


    Ich nickte stumm.


    „Sicher?" hakte er nach.

    „Du hast mir doch versprochen, dass Du mit mir redest, wenn Du soweit bist. Du solltest Deinen Kummer nicht für dich behalten."


    „Aber das tue ich ja nicht", erwiderte ich rasch. „Ich rede ja mit jemandem."


    Im gleichen Moment wurde mir klar, was ich da gesagt hatte, und was es bedeutete, und ich bereute es sofort; aber es war zu spät.


    Unter meinen Händen konnte ich spüren, dass er ganz leicht zusammenzuckte, und ich konnte deutlich wahrnehmen, was er fühlte. Er war vollkommen überrascht, und… verletzt.

    Rasch versuchte er, dieses Gefühl vor mir zu verbergen, aber als er merkte, dass es schon bei mir angekommen war, schob er mich ein wenig von sich, sah mir in die Augen und lächelte mich an, ein klein bisschen schief und voller Bedauern.


    54.jpg


    „Entschuldige", sagte er.

    „Ich war nur überrascht, weil du bislang all deine Sorgen mit mir geteilt hast. Ich habe selbstverständlich kein Recht…"


    Er unterbrach sich, ließ mich los und trat einen Schritt zurück.

    Er legte den Kopf schief, seine Augen verengten sich, und ich konnte die Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen, geradezu an seinem Gesicht ablesen.


    55.jpg


    Frag nicht, betete ich innerlich.

    Sprich nicht aus, was Du denkst.


    Das Schweigen zwischen uns zog sich hin, aber schließlich holte er tief Luft und sagte dann: „Ich werde dich nicht fragen, warum du nicht mit mir darüber reden willst. Aber nur, weil du nicht mit mir darüber reden willst.“


    Er legte seine Hand an meine Wange und fuhr zart mit dem Daumen über mein Kinn.


    56.jpg


    „Es tut mir leid", sagte er dann leise. „Wenn ich der Grund für deinen Kummer sein sollte, dann tut es mir leid, was auch immer ich gesagt oder getan haben mag. Und ich hoffe, dass Du es mir irgendwann erzählst, falls es so ist."


    Rasch wandte ich mich ab.

    „Wir sollten gehen", sagte ich. „Die anderen werden schon warten."




    Personenverzeichnis ~ Stammbaum ~ Karte




  • 23kapitel.png




    „So lange?"


    01.jpg


    Verwirrt strich sich Ceard über die Stirn.

    „Ich war so lange fort?"


    „Was ist geschehen?", fragte Artair ruhig.



    02.jpg


    Im Halbkreis standen wir in Artairs Beratungskammer um Ceard, den Boten, den Artair zu Leodric geschickt hatte, herum.

    Verstört sah er von einem Gesicht zum nächsten, in seinen Augen stand Verwirrung, Ratlosigkeit und Unsicherheit.


    „Ich… ich weiß es nicht", flüsterte er.


    Shainara trat auf ihn zu.

    „Ganz ruhig", sagte sie leise und schloss ihre schmalen Hände um sein Gesicht. „Schließ die Augen."


    03.jpg


    Ceard schloss die Augen, und ich konnte spüren, dass etwas geschah.

    Langsam beruhigte sich sein Atem und er entspannte sich. Schließlich trat Shainara zurück, und als Ceard die Augen öffnete, war sein Blick klar.


    „Und jetzt fang an zu erzählen, von Anfang an", sagte Shainara.

    „Was geschah, als Du Caer Mornas verlassen hast?"


    „Am Anfang war alles ganz normal", begann Ceard langsam zu berichten.

    „Ich bin gut vorangekommen, aber als ich mich Caer Umran näherte, bemerkte ich, dass etwas nicht stimmt."


    04.jpg


    Er runzelte die Stirn.

    „Die Dörfer waren… zu ruhig, zu leer. Ich sah kaum eine Menschenseele."

    Während er redete, hatte sich seine Stimme gefestigt; je länger er sprach, umso sicherer schien er sich seiner Erinnerungen zu werden.

    „Als ich Caer Umran erreichte, waren die Tore geschlossen, und Lord Leodric war nicht da."


    „Er war nicht da?", fragte Artair überrascht.



    05.jpg


    Ceard schüttelte den Kopf.

    „Nein, und man wollte mir nicht sagen, warum er fort war. Es dauerte zwei Tage, bis er zurückkam, und als er mich sah, war er sehr erleichtert, denn er wollte gerade selber einen Boten zu Euch schicken. Sein Land wird überzogen mit Angriffen."


    „Von wem?", fragte Artair stirnrunzelnd.


    „Das weiß niemand", antwortete Ceard. „Es sind keine Cul´Dawr", fügte er rasch mit einem Seitenblick auf Torgar hinzu, dessen Miene grimmig war.

    „Niemand kann wirklich sagen, wie sie aussehen oder woher sie kommen. Die Dorfbewohner, die einen Angriff überlebt haben, sind verwirrt und halb wahnsinnig, und niemand scheint sich genau erinnern zu können, was passiert ist. Lord Leodric ist mit seinen Männern beinahe Tag und Nacht unterwegs, aber er kann nicht überall sein. Er bittet dringend um Hilfe und Unterstützung, um mehr Männer und Pferde."


    Ceard senkte den Kopf. „Aber das ist noch nicht alles", sagte er leise.


    „Ist Runcal geflohen?", fragte Mártainn grimmig.


    Ceard schüttelte wieder den Kopf.

    „Nein, er ist noch da. Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen. Aber etwas ist seltsam, dort unten in den Kerkern, selbst ich konnte es spüren. Lord Leodric bittet deshalb außer um Verstärkung für seine Truppen auch inständig darum, dass ein Druide oder eine Priesterin nach Caer Umran kommt und die Bänne um Runcals Kerker prüft und einige… andere Dinge."

    Er schauderte.

    „Etwas… stimmt nicht, nicht nur in Caer Umran selbst, auch in den Gebieten rundum", fuhr er stockend fort.

    „Seltsame und beunruhigende Dinge passieren dort; unerklärliche Dinge."

    Er machte eine unbestimmte Geste mit den Händen.


    06.jpg

    lupe.png6


    Ceard sah auf, und ich sah Furcht in seinem Gesicht.

    „Menschen… verschwinden einfach", sagte er leise.

    „Besonders in den Dörfern und Siedlungen nahe der Wälder. Säuglinge sterben des Nachts in den Wiegen, scheinbar völlig grundlos. Die Tiere benehmen sich merkwürdig, sie fügen sich selber Schaden zu oder greifen plötzlich Menschen oder andere Tiere an, selbst die zahmsten Haustiere fallen wie aus heiterem Himmel über Kinder her. Pflanzen und Gräser sterben einfach ab, manchmal sogar Bäume, und aus den Wäldern hört man Schreie von seltsamen, namenlosen Kreaturen, die noch nie zuvor dort gesehen wurden. Und dann ist da noch… die Finsternis."


    „Die Finsternis?" Mártainns Stimme klang wachsam.


    07.jpg

    lupe.png7


    Ceard nickte.

    „Ja. Ich weiß nicht, wie ich es sonst nennen soll. Es ist wie ein… Nebel, aber doch anders; es verdunkelt den Tag, sogar die Nacht. Es kriecht aus den Wäldern und sickert aus dem Boden, und wenn es einmal da ist, verschwindet es nicht mehr. Es nähert sich unaufhaltsam Caer Umran, und wenn man einmal dort hineingerät, dann scheint man verloren."


    Er holte tief Atem.

    „Das ist es, was mir auf dem Rückweg zugestoßen ist. Ich ritt in der Dunkelheit am Saum eines Waldes entlang, um so schnell wie möglich Lord Leodrics Botschaft zu überbringen, und erst, als es schon zu spät war, bemerkte ich, dass das, was mich plötzlich umgab, noch dunkler war als die Dunkelheit. Mein Pferd scheute und geriet in Panik, und ich fühlte mich auf einmal benommen und orientierungslos und stürzte vom Pferd."


    Man konnte Ceard ansehen, dass ihm dieses Geständnis unangenehm war.

    „Mein Pferd rannte völlig kopflos davon, und ich… ich irrte umher und gelangte immer tiefer in den Wald."


    08.jpg

    lupe.png8


    Seine Augen flackerten unruhig.

    „Ich sah… ich sah Dinge, die ich gar nicht sehen konnte. Grauenhafte Dinge, die verschwanden und wieder auftauchten, wohin ich mich auch wandte. Ich verlor jede Orientierung, jede Erinnerung daran, wer ich war und wohin ich eigentlich wollte."

    Er schauderte.

    „Irgendjemand – irgendetwas – war dort im Wald. Es… es lockte mich immer tiefer hinein, führte mich zu einer Quelle, aber wenn ich davon trank, wurde mein Durst nur stärker. Je mehr ich schlief, umso müder wurde ich, jede Beere und Wurzel, die ich aß, vertiefte meinen Hunger."


    „Wie bist Du entkommen?", fragte Artair.


    „Ich bin nicht entkommen", antwortete Ceard leise.


    09.jpg

    lupe.png9


    „Ich wurde gerettet. Plötzlich tauchte diese kleine, uralte Frau auf, ich weiß nicht, woher sie kam. Der Nebel schien ihr überhaupt nichts auszumachen. Sie griff nach meinem Ärmel und zog mich einfach mit sich, und als wir uns dem Saum des Waldes näherten, klärten sich meine Gedanken immer mehr. Als wir den Wald verlassen hatten, zeigte sie mir noch, wo sie mein Pferd angebunden hatte, und dann verschwand sie einfach. Sie hat nicht ein einziges Wort mit mir gewechselt, aber ohne sie wäre ich jetzt wohl tot."


    Ceard senkte den Kopf, er wirkte völlig erschöpft. Artair legte die Hand auf seine Schulter.

    „Ich danke Dir", sagte er ernst. „Geh ins Haus der Wache, iss etwas und schlaf Dich aus; aber vorher geh ins Medela und lass Dich von den Heilern gründlich untersuchen."


    Ceard nickte. „Danke, mein König", sagte er, nickte Braghan zu und verließ die Beratungskammer.




    Einen Moment lag tiefes Schweigen im Raum.

    „Das ist… beunruhigend", sagte Bran dann. „Beunruhigend und seltsam."


    10.jpg


    „Es ist mehr als beunruhigend", erwiderte Mártainn grimmig.

    „Jeder Zweifel daran, dass tiefste schwarze Magie im Spiel ist, sollte hiermit ausgeräumt sein."

    Er sah Shainara an. „Einer von uns beiden muss nach Caer Umran und Runcals Kerker überprüfen. Ich will das niemand anderem überlassen."


    Shainara nickte.


    „Es stellt sich nur die Frage, was wir jetzt tun, denn schließlich haben wir noch ein anderes Problem, das dringend gelöst werden muss", fuhr Mártainn fort.

    Er sah Torgar an, der bleich geworden war.


    „Und das führt uns zu dem Kraftstern", sagte Artair. „Erzählt mir davon, dann entscheiden wir."



    11.jpg


    „Ein Kraftstern", begann Shainara, „ist eine Art magische Verstärkung. Wir alle haben gesehen, was während des Rituals mit Dir geschehen ist, und ich schätze, jedem dürfte klar sein, dass es unverantwortlich wäre, wenn wir dieses Ritual hunderte Male durchführen. Jedes Mal riskierst Du Dein Leben, von den Schmerzen mal ganz abgesehen; und von Mal zu Mal wird die Gefahr größer, dass Du Schaden nimmst. Ein Kraftstern würde uns die Möglichkeit geben, das Ritual bei allen Kindern gleichzeitig durchzuführen."


    12.jpg


    „Wie soll das gehen?", fragte Torgar überrascht.


    „Wir bilden einen Stern aus Druiden und Priesterinnen", erklärte Mártainn.

    „Es muss an einem Ort mit starken Kraftlinien geschehen, und wir bringen ein bestimmtes Symbol auf dem Boden auf. Artair steht in der Mitte des Sterns, im Kern des Zeichens, und von dort führen Strahlen nach außen, die sich immer mehr verästeln und verzweigen. An jedem dieser Teilungspunkte steht ein Druide oder eine Priesterin als Kraftknotenpunkt, und in den äußersten Ring werden wir die Kinder legen. Es gibt einen Zauber, der die Kraft und das Wesen aller im Stern befindlichen Druiden und Priesterinnen bündelt und zu einer einzigen zusammenführt, und auf diese Weise können wir als Leiter und Verstärker für Artairs Gabe dienen und sie nach außen zu den Kindern führen."


    13.jpg


    „Der Haken?", fragte Artair knapp.


    „Es ist gefährlich", antwortete Mártainn.


    „Natürlich", murmelte Brayan.


    Mártainn warf ihm einen Blick zu.

    „Es ist schwierig, alle im Einklang zu halten. Wenn die Verbindung bricht, können wir verloren gehen. Wenn die Anteile unserer Persönlichkeiten, die zu einem Ganzen zusammengeführt werden, den Weg zurück nicht mehr finden können, werden wir ähnlich seelenlos wie die Kinder. Deshalb können wir auch nur Druiden und Priesterinnen in den Kraftstern aufnehmen, die sich freiwillig dafür melden, unter Zwang ist das Risiko für alle ungleich größer."


    14.jpg


    „Und was ist mit den Schmerzen?", platzte ich heraus.

    „Habt ihr vergessen, welche Schmerzen Artair hatte, als er nur zwei Kinder zurückgeholt hat? Wie soll das werden, wenn es hunderte sind?"


    „Auch das ist eine Gefahr", sagte Shainara.

    „Es gibt dafür eine Lösung – wenn das Ritual auf seinem Höhepunkt angekommen ist und die Seelen der Kinder in die Körper zurückkehren, müssen wir uns aus der Verbindung zurückziehen und die Einheit beenden, und zwar möglichst gleichzeitig. Dann findet die zurückschlagende Kraftwelle, die den Schmerz trägt, keinen Weg zum Ausgangspunkt zurück und zerschellt. Das Zeitfenster dafür ist allerdings sehr klein. Sind wir nur einen Bruchteil zu früh, schlägt das Ritual fehl. Sind wir zu spät, schlägt die gesamte Kraft auf Artair zurück."


    „Und dann?", fragte Artair ruhig.


    15.jpg


    „Der Schmerz wird Dich sofort töten", sagte Mártainn, und Artair nickte.


    „Wann und wo soll das Ganze stattfinden?", fragte er.



    16.jpg


    Mártainn trat an den großen Tisch und zog eine Karte heran. Er tippte mit dem Finger auf einen See, der zwischen dem Gebiet der Cul´Dawr und Caer Mornas lag.

    „Wir halten diesen Platz hier für geeignet", sagte er.

    „Es muss ein Ort mit starken Kraftlinien sein, aber der Heilige Hain und der Heilige Platz in Caer Mornas sind zu klein, Caer Galadon ist zu weit entfernt. Dieser Ort ist sehr stark, nicht ganz so stark wie der Heilige Hain, aber ausreichend; und er liegt in Reichweite."


    Torgar war an den Tisch herangetreten und nickte bestätigend, als er sah, wohin Mártainn zeigte.


    „Ich kenne den Ort", sagte er.

    „Unsere Druiden führen dort einige Zeremonien durch, und wir könnten ihn gut erreichen."

    Er sah zweifelnd zu Mártainn, Shainara und Artair auf.


    17.jpg


    „Ich kann nicht verstehen, dass ihr dieses Risiko eingehen wollt", sagte er zögernd.

    „Unsere Kinder bedeuten Euch doch nichts."


    „Eure Kinder sind unschuldig", erwiderte Shainara entschieden.


    „Und hinzu kommt", ergänzte Mártainn, „wer auch immer diesen Sturm an schwarzer Magie entfesselt hat – wir können ihn oder sie damit nicht einfach durchkommen lassen. Eure Kinder sind nur der Anfang, wie Ceards Bericht aus Caer Umran gezeigt hat, und wenn wir tatenlos zusehen, werden wir das alle bald bitter bereuen."


    Er sah zu Artair. „Ich wollte so bald wie möglich aufbrechen", sagte er. „Zuerst in den Heiligen Hain, und von dort wollte ich Botschaften an alle Druiden schicken, die entfernter leben. Dann wollte ich mit den Freiwilligen aus dem Heiligen Hain zum Ritualplatz voraus reiten und mit den Vorbereitungen beginnen, damit wir möglichst bald anfangen können, wenn alle anderen eintreffen."


    „Ich halte das nach wie vor für das Beste", sagte Shainara.

    „Ich werde nach Caer Umran gehen, es liegt auf dem Weg nach Caer Galadon. Ich werde eine Priesterin aus Caer Mornas einweihen und nach Caer Galadon vorausschicken, so sparen wir Zeit."


    „Augenblick." Artair hob die Hand, und alle Blicke richteten sich auf ihn.


    18.jpg


    Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und dachte einen Moment nach, dann zog er die Karte zu sich heran.

    „Braghan", sagte er, und Braghan trat zu ihm.


    19.jpg


    „Du brichst sofort auf. Nimm dir drei Viertel der Wache, teil sie auf und schick sie zu den Truppen, hier, hier und hier" – er deutete auf einzelne Punkte auf der Karte – „und in die umliegenden Dörfer und Festungen. Zwei Drittel aller Männer sollen mit euch gehen, wir sammeln uns in einem Heerlager hier" – wieder deutete er auf einen Punkt auf der Karte – „und ziehen von dort gemeinsam nach Caer Umran."


    Er hob den Kopf und sah Torgar direkt ins Gesicht.


    20.jpg


    „Unsere Waffenruhe hat weiterhin Bestand, auch wenn ich meine Länder entblöße?", fragte er ruhig, und Torgar nickte bestätigend.


    Artair hob eine Augenbraue, dann wandte er sich wieder an Braghan. „Du weißt, was zu tun ist; mach dich so bald wie möglich auf den Weg. Ich stoße in einigen Tagen mit den Truppen aus Caer Mornas zu euch. Wir treffen uns im Heerlager."


    Braghan nickte knapp und eilte hinaus.


    „Ich werde zuerst mit Shainara nach Caer Umran reiten", sagte Artair. „Ich muss mir selbst ein Bild von der Lage machen, mit Leodric reden und ihm die Truppen übergeben."

    Er wandte sich an Mártainn. „Wie viel Zeit braucht ihr, um die Druiden zu informieren, zu sammeln und das Ritual vorzubereiten?"


    „Ungefähr zehn Tage", erwiderte Mártainn, und Shainara nickte.


    „Torgar", sagte Artair, „Ihr werdet sicher so bald wie möglich aufbrechen und Eure Stämme benachrichtigen wollen. Könnt ihr eure Kinder innerhalb von zehn Tagen zum Ritualplatz bringen?"


    Torgar überlegte einen Moment. „Das sollte zu schaffen sein", sagte er dann.


    „Dann werde ich so schnell wie möglich zum Ritualplatz nachkommen. Bran, was ist mit Euch? Wollt Ihr uns nach Caer Umran begleiten?"


    Bran schüttelte den Kopf.


    21.jpg


    „Ich werde euch nur ein stückweit begleiten. Der letzte Kurier, den ich nach Bréliande geschickt habe, ist mehr als überfällig, und angesichts der Nachrichten lässt mich das Böses befürchten.

    Ich werde mich kurz vor Caer Umran von euch trennen und auf direktem Weg nach Hause reiten, um dort nach dem Rechten zu sehen."

    Er zögerte einen Moment. „Es wäre mir lieb, wenn ich Ariadna hier in Caer Mornas lassen könnte", sagte er.


    Artair nickte zustimmend. „Das ist auch mein Wunsch. Ich würde sie nur ungern den Gefahren dieser Reise ausgesetzt sehen. Sie wird sowieso bald meine Frau, ihr Zuhause ist jetzt hier. Wenn alles gut geht, sehen wir uns bald zur Hochzeit wieder."


    22.jpg


    Noch einmal musterte Artair die Karte, dann hob er denn Kopf. Entschlossen schlug er mit der Hand auf den Tisch. „Wir brechen in zwei Tagen auf", sagte er.




    Personenverzeichnis ~ Stammbaum ~ Karte




  • Viel Spass beim Lesen!

    Kleine Anmerkung von mir: den Spott sieht man nur auf dem Lupenbild zu Bild 9. ;)



    24kapitel.png





    01.jpg

    lupe.png1


    Die nächsten beiden Tage waren angefüllt mit Vorbereitungen für unsere Abreise; Brayan, Neacall, Uisdean und ich hatten alle Hände voll zu tun.



    02.jpg

    lupe.png2


    Artair war von morgens bis abends auf den Beinen und teilte seine Zeit zwischen uns, Dian, Torgar, Mártainn und Shainara auf.

    Er gönnte sich kaum einen Moment der Ruhe, selbst für seinen mittlerweile üblichen Spaziergang mit Ariadna fand er keine Zeit.



    03.jpg


    Bereits lange vor Sonnenaufgang stand er auf, und ich sah bis spät in der Nacht Licht in seiner Beratungskammer, wo er über Schriftstücken brütete, Berichte studierte, Anweisungen aufsetzte und Vollmachten für Dian unterzeichnete.



    Am Abend vor unserem geplanten Aufbruch saßen wir ein letztes Mal alle zusammen in der Halle, diesmal nicht an der Hohen Tafel, sondern gemeinsam mit allen, die uns begleiten würden, an den einfachen Tischen.



    04.jpg


    Es herrschte diese seltsame Stimmung, die immer angesichts einer ungewissen Zukunft und jenem vagen Gefühl von Bedrohung und Gefahr spürbar wurde.

    Niemand wusste, was uns erwartete; niemand wusste, wer von uns vielleicht nicht zurückkehren würde.


    Ich dagegen fühlte mich merkwürdig gelassen und wie befreit. Ich sehnte den Aufbruch herbei; alles war besser, als hier in Caer Mornas zu bleiben und zuzusehen, wie die Dinge unausweichlich ihren Gang gingen.

    Ariadna würde zurück bleiben, und ich hegte die leise Hoffnung, dass vielleicht noch einmal alles so sein würde, wie es immer gewesen war.

    Ein letztes Mal.


    Als wir das Nachtmahl beendet hatten, sah Shainara auf.

    „Mártainn", sagte sie.

    „Ich hatte lange nicht mehr die Ehre und Freude, den obersten Barden der Königreiche singen zu hören. Wollt ihr etwas für uns spielen?"


    Mártainn machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand.

    „Das Alter hat meine Hände steif und unbeweglich werden lassen. Ich überlasse das Musizieren schon lange den Jüngeren. Brayan soll spielen, er ist auf der Harfe beinahe so gut wie ich."


    Brayan stand auf und grinste.



    05.jpg


    „Was für ein Lob", sagte er augenzwinkernd zu Mártainn.


    „Ich sagte, auf der Harfe wärest Du beinahe so gut wie ich", entgegnete der.

    „Dieser Satz ist voller Einschränkungen."


    Aber ich sah ein amüsiertes Funkeln in seinen Augen, und Brayan lachte laut.



    06.jpg


    Er zog die Große Harfe der Barden zu sich heran, und seine Finger fuhren zärtlich über die Saiten.

    Ich sah ihn erwartungsvoll an und freute mich auf das, was nun kommen würde.



    Ich hatte als Kind meine Freude an der Heilkunst entdeckt, bei Brayan war es die Liebe zur Musik gewesen.



    07.jpg


    An jedem Abend, an dem Mártainn in der Hohen Halle gespielt und gesungen hatte, hatte Brayan zu seinen Füßen gesessen und ihm gelauscht, und nichts hatte ihn abzulenken vermocht.


    Eines Abends hatte er sich ein Herz gefasst und Mártainn gefragt, ob er ihn unterrichten könne.



    08.jpg


    Mártainn hatte ihn streng angesehen und dann gesagt: „Ich unterrichte nicht jeden. Vor allem verschwende ich meine Zeit nicht mit Knaben, die sich heute dafür zu interessieren scheinen, aber morgen schon an dem nächsten Zeitvertreib Gefallen finden."


    Zwei Tage lang war Brayan still und bedrückt gewesen, und dann hatte er begonnen, den alten Lachlan auf Schritt und Tritt zu verfolgen.

    Lachlan nannte eine zerkratzte Harfe sein eigen, und er konnte ein wenig darauf spielen.



    09.jpg

    lupe.png9 Alternativbild


    Und ein paar Tage später hatte Brayan Lachlan soweit, dass er ihm Unterricht gab, obwohl die beiden Ziel mancherlei Spotts wurden.

    Lachlan war beileibe kein Meister auf der Harfe, aber es reichte, um Brayan die Grundbegriffe beizubringen, und Brayan übte in jeder freien Minute.

    Schon bald hatte er Lachlan übertroffen; und Dian, der alles sehr genau beobachtet hatte und mittlerweile überzeugt war, dass Brayans Herz daran hing, holte einen jungen Barden an den Hof, der Brayan unterrichten sollte.



    10.jpg

    lupe.png10


    Tyrell war ein großartiger Sänger und spielte die Harfe und die Laute, wenn auch nicht so vollendet wie Mártainn.



    11.jpg


    Und er brach die Herzen unzähliger junger Mädchen in Caer Mornas.

    Brayan lernte in jeder Beziehung eine Menge von ihm.


    Als die beiden eines Abends in der Hohen Halle gespielt hatten, war Mártainn an Brayan herangetreten.



    12.jpg


    „Deine Technik ist unvollkommen und fehlerhaft", sagte er.

    „Aber Du hast mich überzeugt, dass es Dir ernst mit Deinem Wunsch ist. Und Du hast großes Talent. Wir fangen morgen mit dem Unterricht an."


    Brayans Gesicht hatte zu strahlen begonnen.

    Und so war Mártainn doch noch Brayans Lehrer geworden. Fünf Jahre, nachdem Brayan ihn darum gebeten hatte.





    13.jpg


    Brayan ließ seine Hände über die Saiten der Harfe gleiten und begann, eine bekannte Weise zu spielen und zu singen.

    Er hatte eine wunderbare Stimme, mit einem satten, tiefen und warmen Timbre.



    14.jpg


    Er hob den Kopf und sah nachdenklich zu Ariadna, die stumm auf ihrem Stuhl saß und den Blick nicht von ihrem Teller hob, und dann unterbrach er sein Spiel.


    „Ariadna", sagte er leise, und Ariadna hob erschreckt den Kopf.

    „Wärt ihr so nett, zu mir herüber zu kommen?"


    Ariadna sah unsicher zu Bran.


    „Aber ja, geh nur, mein Kind!", sagte er.


    Sie stand auf, strich ihr Kleid glatt und setzte sich auf einen Stuhl neben Brayan.



    15.jpg


    Dessen Hände strichen wieder über die Saiten, aber er spielte nun ein anderes Stück. Er summte leise die Melodie und sah Ariadna dabei an.

    „Erinnert Ihr Euch?" fragte er sanft.

    „An unsere gemeinsame Zeit in Caer Galadon?"


    Ihr Gesicht begann zu leuchten, und sie beugte sich zu ihm.

    Und dann begann sie zu singen.

    Und alles wurde still.


    Brayan fiel ein, und der Klang der beiden Stimmen, vereint in vollendeter Harmonie, war unbeschreiblich. Überwältigend und atemberaubend.

    Ich spürte, wie eine Gänsehaut meinen ganzen Körper überzog.



    16.jpg


    Ihre Blicke verschränkten sich, sie hatten nur Augen für einander; und für sie und uns alle versank die Welt um uns herum.

    Es war eine alte Liebesweise, tragisch, voller Sehnsucht, unerfüllter Liebe und Schmerz.

    Ihre Stimmen verschmolzen und umschlangen sich, neckten und liebkosten sich, sie ergänzten sich zu etwas Einzigartigem, Vollkommenem.


    Ich hatte noch niemals etwas so Bezauberndes gehört. Verstohlen wischte ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel.


    Als die Beiden ihr Lied beendet hatten, konnte man die Stille in der Halle fast mit Händen greifen.


    Dann stand Artair auf, trat zu Ariadna und kniete sich vor sie. Zärtlich und bewundernd lächelte er sie an, nahm ihre Hand und küsste sie.



    17.jpg


    „Ihr habt Eure eigene Magie", sagte er, und Ariadna strahlte ihn an.


    Fluchtartig verließ ich die Halle.



    Eine Weile streifte ich durch den Garten, genoss die kühle Nachtluft und versuchte, meines inneren Aufruhrs Herr zu werden.

    Schließlich ging ich zum Palast zurück, sprang über die niedrige Brüstung, die den Kreuzgang vom Garten trennte, und wollte gerade wieder hineingehen, als sich die Tür öffnete und Bran und Shainara hinaustraten.



    18.jpg


    Ich hatte keine Lust, mit ihnen zu reden, und sowohl der Weg zurück als auch der Weg hinein waren mir versperrt, also trat ich in den Schatten der Säulen zurück und wartete darauf, dass sie vorbeigingen.

    Was sie jedoch nicht taten; sie blieben an der Brüstung stehen, und müde und entnervt lehnte ich den Kopf an die kalte Wand.


    „Ariadna ist wirklich bezaubernd", sagte Shainara, und Bran lachte.


    „Sie hat meine Nase, aber Eure Anmut."

    Nachdenklich fuhr er sich mit dem Finger über das Kinn.



    19.jpg


    „Ich weiß nicht recht, was ich von der Verlobung halten soll", sagte er langsam.

    „Ich freue mich wirklich sehr, dass Artair mein Eidam wird, aber…"

    Er schüttelte den Kopf.


    „Es ist überraschend und unerwartet", sagte Shainara zögernd.

    „Ich habe das nicht gesehen, und ich weiß noch nicht, was daraus erwächst."


    Beide schwiegen wieder, eine ganze Weile, doch schließlich begann Bran wieder zu reden.

    „Ich habe oft an Euch gedacht, nach jener Nacht", sagte er leise.


    Ich stöhnte innerlich auf. Musste eigentlich alle Welt nachts durch die Gärten irren und sich über Dinge unterhalten, die nicht für meine Ohren bestimmt waren?


    „Bran, nicht." Shainara machte eine hilflose, abwehrende Geste.



    20.jpg


    Bran schüttelte den Kopf. „Nein, lasst mich dies sagen."

    In seiner Stimme schwang ein verzweifelter, dringlicher Unterton mit.

    „In den ersten Jahren wünschte ich fast, dass es wieder eine Missernte geben würde. Meine Frau..."

    Er fuhr sich durch die Haare.

    „Sie ist mir eine gute Gefährtin, und wir teilen ein gutes Leben. Ich schätze und respektiere sie, und ich liebe sie, wirklich. Aber Ihr…"


    Er schwieg einen Moment und suchte nach Worten.

    „Ihr seid mir unter die Haut gegangen, Shainara. Ihr habt mich überwältigt, etwas in mir angerührt und aufgeweckt.

    Ich hatte das Gefühl, dass mir niemand je so nahe gekommen ist wie Ihr.

    Wir hatten nur diese eine Nacht, und ich war für Euch vermutlich nur einer von vielen."



    21.jpg


    „Nicht von so vielen, wie ihr denkt", sagte Shainara mit einem kleinen Lächeln.


    „Vielleicht war es nur Pflichterfüllung für Euch.

    Ich weiß, wir waren nicht Bran und Shainara in jener Nacht. Ihr wart die Priesterin und ich der König, und wir haben den Göttern gedankt und um ihren Segen gebeten mit dem, was wir taten.

    Wir haben einem höheren Ziel gedient. So muss es sein. So hätte es sein sollen."



    22.jpg


    Seine Stimme klang aufgewühlt.

    „Aber so war es nicht für mich; nicht nur. Ihr wart… besonders. Anders als alle…"


    Er unterbrach sich, schüttelte den Kopf und schwieg wieder.

    „Irgendwann ist es mir gelungen, nicht mehr an Euch zu denken", fuhr er nach einer Weile fort.



    23.jpg


    „Aber es fiel mir nicht leicht, denn immer, wenn ich Ariadna ansah, sah ich Euch.

    Und meine Gemahlin wusste das. Sie hat versucht, gut zu Ariadna zu sein, aber es war schwer für sie.

    Und es war auch schwer für Ariadna. Sie hat Euch vermisst."



    24.jpg


    „Sie kennt mich gar nicht", flüsterte Shainara leise, und ich hörte den Schmerz in ihrer Stimme.


    „Sie hat ihre Mutter vermisst", erwiderte Bran.


    „Ihr wisst, dass ich keine Wahl hatte", entgegnete Shainara ruhig.



    25.jpg


    „Ja, ich weiß. Es war kein Vorwurf, Shainara.

    Wir hatten beide keine Wahl; nach so vielen Missernten war ich gezwungen, Ariadna als sichtbares Zeichen für die Gunst der Götter an meinen Hof zu holen.

    Aber ich kann nicht umhin, zuzugeben, wie sehr ich es bedaure, dass dieser Schritt Euch, Ariadna und auch meiner Frau Schmerz zugefügt hat."


    „Ich habe kein Recht, etwas für mich zu fordern", gab Shainara zurück. „Mein Leben ist dem Dienst an den Göttern geweiht. Das ist der Preis für meine Gabe."


    „Das ist nicht gerecht. Es ist nicht recht, dass ihr so einsam sein müsst."


    „Daraus erwächst meine Kraft. Es gibt mir Klarheit", sagte Shainara, aber ihrer Stimme fehlte es an Überzeugungskraft.



    26.jpg

    lupe.png26


    Sie zögerte lange.

    Sie wirkte müde und zerbrechlich; ihre stets königliche, reservierte Haltung schien zu bröckeln und nachgiebiger zu werden.

    Es war eine fast unmerkliche Veränderung, aber dennoch konnte ich es deutlich sehen.


    „Ihr wart nicht nur Pflichterfüllung für mich, Bran", sagte sie dann leise.


    Bran zuckte zusammen. Er drehte den Kopf und sah sie an, dann überwand er das letzte bisschen Abstand zwischen ihnen und zog sie heftig an sich.



    27.jpg

    lupe.png27


    Sie ließ es geschehen und schmiegte sich in seine Arme. Ihr Kopf sank in den Nacken, und sie sah ihn unverwandt an.


    Er stöhnte auf.

    „Ich muss verrückt sein", murmelte er. „Warum tue ich das?"


    Sein Atem hatte sich beschleunigt, und seine Lippen näherten sich ganz langsam den ihren, verharrten nur eine Winzigkeit davor, bevor er sie berührte.



    28.jpg

    lupe.png28


    Und dann küsste er sie, zärtlich zuerst, aber als Shainara ihre Arme um seinen Nacken schlang und den Kuss erwiderte, stöhnte er erneut auf und vertiefte den Kuss voller Leidenschaft.

    Shainaras Hände fuhren durch sein Haar, und er presste sie an sich.


    Dann legte sie die Hände gegen seine Brust und schob ihn sanft, aber entschieden von sich. Sie lehnte die Stirn an sein Wams, ihr Atem ging heftig.



    29.jpg


    Schließlich richtete sie sich auf, legte ihre Hand an seine Wange und sah ihn ernst an.


    „Ich habe einen Moment Shainara nachgegeben und die Priesterin vergessen. Das war nicht richtig, aber ich bereue es nicht.

    Aber wenn Du etwas für mich tun willst, dann sorg dafür, dass das nie wieder geschieht. Tu es für mich."


    Bran nickte.

    „Ja", sagte er. „Alles ist gut so, wie es ist."


    Aber seine Stimme strafte ihn Lügen.




    Diese Begegnung trug nicht dazu bei, dass meine Gedanken sich klärten und der Aufruhr in meinem Innern sich legte. Ganz im Gegenteil.



    30.jpg


    Und ich stellte missmutig fest, dass ich es leid war, mir ständig neue Erkenntnisse vor Augen führen zu lassen, die mein fest gefügtes Bild von manchen Personen gründlich zertrümmerten.




    31.jpg


    Als ich endlich in den Palast zurück fand, hatte ich eigentlich nur das Bedürfnis, mich sofort in meinen Räumen zu verkriechen; aber der Lichtschein, der unter der Tür von Artairs Beratungskammer in den Gang floss, zog mich unaufhaltsam an.



    32.jpg


    Braigh lag auf einer Bank vor der Tür und schlief fest. Artair hatte seinen Umhang über ihn gebreitet; offenbar hatte sich Braigh geweigert, zu Bett zu gehen, solange die Möglichkeit bestand, dass Artair ihn brauchen könnte.



    33.jpg


    Ich kniete mich vor ihn und weckte ihn sanft. Verwirrt schlug er die Augen auf, und als er mich erkannte, setzte er sich hastig auf.


    „Es tut mir leid", sagte er.


    „Das ist in Ordnung, Braigh", erwiderte ich.

    „Wenn Artair dich das nächste Mal zu Bett schicken will, kannst Du ruhig auf ihn hören."


    Braigh nickte, und ich lächelte. Gowan war genauso gewesen.

    „Geh ruhig schlafen", sagte ich.

    „Ich kümmere mich um Artair. Ich werde ihn ins Bett jagen."


    Braigh lachte, stand aber dann auf und ging.



    Ich klopfte leise an, aber ich erhielt keine Antwort. Vorsichtig öffnete ich die Tür.



    34.jpg


    Bei meinem Eintreten hoben die Hunde, die schlafend am Kamin gelegen hatten, wachsam die Köpfe, aber als sie mich erkannten, ließen sie die Schnauzen beruhigt wieder auf ihre Pfoten sinken.



    35.jpg

    lupe.png35


    Artair saß vornüber gesunken hinter seinem Schreibtisch, er hatte beide Arme auf die Tischplatte gelegt, quer über all seine Pergamente und Schriftrollen, und den Kopf darauf gebettet.

    Der Schlaf hatte ihn übermannt.



    36.jpg


    Leise ging ich in Richtung des Schreibtisches, vorbei an endlosen Reihen von Regalen voller Bücher und Pergamente. Ich strich mit den Fingerspitzen über die ledernen Rücken und lächelte.



    Bei mir war es die Heilkunst gewesen, bei Brayan die Musik, und bei Artair die Liebe zu Büchern.

    Bereits als Kind hatte er jede freie Minute, die er sich von Mártainn erbetteln konnte, mit hochroten Wangen über Büchern und Schriftrollen zugebracht, und hinterher Stunde um Stunde das Gelesene mit ihm diskutiert.



    37.jpg

    lupe.png37


    Oft waren Brayan und ich zu Artair auf den Heuboden geklettert, tief eingegraben in das süß duftende Heu, und hatten gebannt seiner Stimme gelauscht, als er uns vorlas.


    Wenn Artair las, war er nicht mehr bei uns, und immer versuchte er, sich das, was er in sich aufgesogen hatte, in irgendeiner Form zu eigen zu machen.



    38.jpg

    lupe.png38


    Als Mártainn ihm seltsame Schriften irgendeines Verrückten aus einem weit entfernten Land mit den Worten „Lies das. So könnte die Zukunft aussehen" gezeigt hatte, brach sich Artair mehrere Male sämtliche Knochen, weil er versuchte, die abstrusen Konstruktionen nachzubauen und natürlich auch zu benutzen, bis Mártainn dem ein Ende setzte.



    39-01.jpg

    lupe.png39-01 Alternativbild


    39-02.jpg


    39-03.jpg

    lupe.png39-03



    Und er überredete Brayan und mich, mit ihm eine ganze, bitterkalte Nacht auf dem höchsten Turm des Palastes zu verbringen, weil er aus den Schriften eines seltsamen Propheten errechnet hatte, dass in dieser Nacht die Welt untergehen würde, und das wollte er dann doch möglichst genau sehen.



    40.jpg

    lupe.png40


    Natürlich ging die Welt nicht unter, obwohl das, was wir beobachten konnten, wirklich beängstigend war.

    Artair holte sich lediglich eine Lungenentzündung; und Mártainn tobte und redete dann ernsthaft mit ihm, weil er seine Wissbegierde unterstütze, aber Artair nicht das Recht habe, sein Leben mutwillig aufs Spiel zu setzen.

    Artair hatte vor nichts Furcht gezeigt, noch nie. Und er war erfüllt gewesen mit einem brennenden Wissensdurst und dem unbezwingbaren Drang, allem auf den Grund zu gehen und alles zu hinterfragen.

    Und daran hatte sich nichts geändert, wenn ihm auch heute die Zeit fehlte und er vorsichtiger war.


    Ich trat leise zu ihm.

    Im Schlaf hatte sich sein Gesicht entspannt, er sah gelöst aus, bar jeder Sorge. Meine Fingerspitzen brannten vor Sehnsucht, ihn zu berühren, und ich konnte nicht widerstehen.



    41.jpg

    lupe.png41


    Sanft strich ich ihm eine Strähne aus der Stirn, zeichnete die Kontur seiner Wangenknochen nach und berührte einen winzigen Moment seine Lippen.

    Mein Herz tat weh.


    Er lächelte im Schlaf, seine Augenlider flatterten.

    „Neiyra?" murmelte er fragend, und dann fuhr er ruckartig auf.

    Er hatte tief geschlafen und konnte nicht sofort zurück ins Hier und Jetzt finden, er sah mich verwirrt und orientierungslos an und nahm gedankenverloren meine Hand in die seine.



    42.jpg


    „Ich bin eingeschlafen", sagte er.


    „Offensichtlich", erwiderte ich.


    Wir sahen uns an, eine halbe Ewigkeit, so schien es mir.


    „Geh zu Bett", sagte ich dann und entzog ihm meine Hand.

    „Für heute ist es genug."



    Personenverzeichnis ~ Stammbaum ~ Karte

  • Kurze Anmerkung zu den Lupenbildern: es gibt diesmal keine, die sich von den eigentlichen Bildern unterscheiden, sie sind nur für die Stimmungs- und Detailfreunde unter uns gedacht. ;)


    Und jetzt wünsche ich euch viel Spass beim Lesen!





    25kapitel.png



    01.jpg


    Am nächsten Morgen verließen wir Caer Mornas mit den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne.
    Trotz der frühen Stunde waren viele Bewohner der Stadt auf den Beinen, um uns zu verabschieden und uns Glück und Erfolg zu wünschen.


    Als wir die großen Tore hinter uns gelassen hatten, zügelte Artair sein Pferd und nickte Mártainn zu.
    „Sobald es mir möglich ist, folge ich euch auf den Ritualplatz", sagte er zu ihm.



    02.jpg


    Mártainn hob stumm die Hand und gab seinem Pferd die Sporen.
    Die Druiden aus Caer Mornas und der näheren Umgebung, die sich entschlossen hatten, sich ihm anzuschließen, folgten ihm Richtung Süden, und den Abschluss bildeten ein gutes Dutzend Männer der Wache.


    Artair sah ihnen mit gerunzelter Stirn nach, dann schüttelte er den Kopf, als wolle er ein ungutes Gefühl vertreiben, und wandte sein Pferd gen Norden.



    03.jpg


    Wir kamen nur langsam voran, weil wir nicht den direkten Weg nach Caer Umran einschlugen, sondern alle umliegenden Siedlungen nacheinander aufsuchten, wo sich uns die von Braghan zwei Tage zuvor alarmierten Kämpfer anschlossen.


    Unsere Zahl nahm rapide zu, und die wenigsten der Männer und Frauen waren beritten, was unsere Geschwindigkeit weiter verringerte.
    Ich ritt meist mit Brayan, denn Artair war in sich gekehrt, verschlossen und wortkarg; und ich wusste aus Erfahrung, dass er in dieser Stimmung am liebsten allein war.



    04.jpg


    Dennoch konnte ich häufig seine Blicke spüren; ungewöhnlich oft sah er mit ausdrucksloser Miene zu uns herüber und beobachtete Brayan und mich.


    Unsere Reise verlief zunächst ruhig und ereignislos, es herrschte eine lockere, wenn auch gespannte und erwartungsvolle Stimmung. Lachen und munteres Geplauder lagen in der Luft.
    Aber je weiter wir nach Norden vordrangen, umso stiller wurden die Männer.



    05.jpg

    Der Himmel verfinsterte sich zusehends, es wurde kälter und ein seltsames Gefühl von Schwermut legte sich über uns.


    In der dritten Nacht verdoppelte Artair die Wachen, und als wir am Morgen des vierten Tages mit dem Sonnenaufgang aufbrechen wollten, mussten wir feststellen, dass wir in der Ferne die Berge am Horizont nicht mehr erkennen konnten.
    Sie lagen in einer schwarzen Finsternis, die wir nicht mit den Augen durchdringen konnten und die alles verschleierte.



    06.jpg


    „Wir werden heute schneller marschieren", sagte Artair, den Blick grimmig auf den unheimlichen Anblick geheftet.
    „Wenn wir rasch genug vorankommen, können wir gegen Abend das Heerlager erreichen."


    Jede Unterhaltung war verstummt, und wir hasteten voran.
    Nur kurz unterbrachen wir unseren Marsch, um ein rasches Mahl zur Mittagsstunde einzunehmen, dann eilten wir weiter.



    07.jpg


    Als mit der einsetzenden Dämmerung die Palisaden des Heerlagers vor unseren Augen auftauchten, atmeten alle erleichtert auf.


    Braghan empfing uns am Tor, und er schien froh zu sein, uns zu sehen.
    Rasch fuhr er Braigh durchs Haar und grinste ihn an, dann trat er zu uns.


    08.jpg

    lupe.png8


    Artair maß mit einem abschätzenden Blick die Anzahl der Männer und Frauen, die Braghan im Heerlager versammelt hatte, und nickte ihm anerkennend zu.
    „Gute Arbeit, Braghan", sagte er und saß ab.


    „Eure Zelte sind vorbereitet", sagte Braghan.
    „Meine Männer werden euch hinführen."


    Artair drückte Braigh die Zügel seines Hengstes in die Hand.
    „Kümmere dich bitte um Nachtwind", sagte er.
    „Pass auf, dass er gut versorgt ist, und bring mein Gepäck in mein Zelt. Ich muss mit deinem Vater reden."


    Überrascht sah Braghan auf, schloss sich dann aber Artair an, und die beiden verschwanden in dem großen Zelt, das für die Beratungen verwendet wurde.


    09.jpg

    lupe.png9


    Stirnrunzelnd sah ich den beiden nach.
    Brayan trat neben mich.
    „Es wäre wirklich hilfreich, wenn Artair mal die Zähne auseinanderkriegen würde", sagte er munter und grinste mich an.


    Ich rammte ihm den Ellbogen in die Rippen, und er lachte.


    „Ich kann Artairs Gepäck mitnehmen", sagte ich zu Braigh, der sich mit großen Augen umsah.


    „Dann kümmere ich mich um Silberstern", erwiderte Braigh schnell und nahm mir die Zügel aus der Hand.


    10.jpg

    lupe.png10


    Ich wuschelte durch sein Haar.
    „Danke", sagte ich, und strich noch einmal rasch über Silbersterns Nüstern.


    „Wo ist Feuersturm?", fragte Braigh eifrig, an Brayan gewandt.


    „Isabella nimmt ihn mit", sagte Brayan und zeigte auf die junge Frau, die außer ihrem eigenen Wallach auch noch Brayans Hengst am Zügel hielt.


    11.jpg

    lupe.png11


    „Drei Pferde reichen doch auch, oder?", sagte ich zu Braigh und zwinkerte ihm zu.
    „Findest du später das Knappenzelt?"


    Braigh sah mich empört an und nickte, und ich lachte.


    Voller Stolz marschierte er davon, in jeder Hand ein Paar Zügel, und sein alter, sanftmütiger Wallach trottete ergeben hinter ihm her.


    12.jpg

    lupe.png12


    Er schloss sich den anderen Kämpfern an, die ihre Tiere in Richtung der behelfsmäßigen Unterkünfte für die Pferde führten, und wir folgten den Männern, die uns zu unseren Zelten führen sollten.


    Ich suchte mit den Augen nach Gowan, und als ich ihn entdeckt hatte, winkte ich ihn herbei.


    13.jpg

    lupe.png13


    „Kommst Du zurecht?", fragte ich ihn, und Gowan rollte die Augen.


    „Natürlich!", erwiderte er.
    „Das ist doch nicht mein erstes Heerlager."


    „Ich bin deine Schutzherrin. Ich muss das fragen", sagte ich grinsend, und er knuffte mich in die Seite, bevor er sich seinen Freunden anschloss und in einem der Zelte verschwand.



    Als wir das Zelt erreicht hatten, das Artair, Brayan und ich uns teilten, ließ sich Brayan mit einem lauten Stöhnen auf eine der Pritschen fallen und streckte die Beine aus.


    14.jpg


    „Ich werde alt", jammerte er.


    Ich ergriff eines der Kissen auf meiner Pritsche und warf es ihm ins Gesicht.
    „Humbug", sagte ich trocken. „Du bist nur faul."


    Er zog sich das Kissen vom Gesicht und warf mir einen herzerweichenden Blick zu.


    „Vergiss es", ließ ich ihn wissen.
    „Wenn Du glaubst, dass ich deine Sachen auch auspacke, bist Du schief gewickelt."


    Brayan lachte, sprang von seinem Lager und küsste mich rasch auf die Nasenspitze.


    15.jpg


    „War einen Versuch wert, Prinzesschen", grinste er.


    Ich stieß ihn gegen die Schulter.
    „Nenn mich nicht so!", sagte ich streng, aber Brayan lachte nur.



    Plötzlich schallten laute Rufe durch das Lager, und Brayan und ich traten vor das Zelt.
    Überrascht sahen wir, dass sich ein Teil der Männer der Wache, die mit Braghan gekommen waren, offenbar zum Aufbruch bereit machten.


    16.jpg


    „Was soll denn das nun wieder bedeuten?", fragte Brayan und runzelte die Stirn.


    „Ich habe keine Ahnung", erwiderte ich ratlos.



    Eine knappe Stunde später verließen die Männer, geführt von Braghan, das Lager.
    Kaum dass sie das Tor hinter sich hatten, wurden sie auch schon von der undurchdringlichen Dunkelheit verschluckt.


    17.jpg


    Artair war noch nicht wieder aufgetaucht, und ich durchstreifte das Lager auf der Suche nach ihm.


    18.jpg


    Schließlich sah ich ihn auf einem der kleinen Wachtürme aus Holz stehen, die das Tor flankierten.
    Rasch kletterte ich hinauf und trat leise zu ihm.


    19.jpg


    Er starrte in die Dunkelheit; er schien Braghan und seine Männer in dieser wabernden Finsternis zu suchen, die noch dunkler war als die Nacht ringsum.


    „Warum hat Braghan das Lager verlassen?", fragte ich.
    „In der Dunkelheit?"


    20.jpg

    lupe.png20


    Artair rührte sich nicht und starrte weiterhin stumm in die Ferne. Er antwortete nicht, doch dann schüttelte er den Kopf.
    „Später", sagte er knapp.


    „Ist mit Dir alles in Ordnung?", fragte ich vorsichtig, und Artair nickte.

    „Und mit dir?", fragte er zurück, drehte den Kopf und sah mich zum ersten Mal an, seit ich den Turm betreten hatte.



    21.jpg


    „Mit mir?", erwiderte ich überrascht.
    „Natürlich ist mit mir alles in Ordnung."


    Eine Weile herrschte Schweigen, und ich sah ihn ratlos an.



    22.jpg


    „Kann ich Dich etwas fragen, Neiyra?", sagte Artair schließlich.


    Etwas am Klang seiner Stimme ließ mich aufhorchen.
    Ich zögerte einen Moment.
    „Natürlich", sagte ich dann und versuchte, meiner Stimme einen munteren Ton zu geben.

    Er schwieg erneut, doch dann fuhr er sich mit der Hand über die Stirn und seufzte.


    „Es ist nicht Brayan, dem du dich anvertraust, nicht wahr?", sagte er leise.


    23.jpg


    „Es ist dieser Druide, mit dem Du Dich nachts in Deinen Träumen triffst."

    Ich sah ihm in die Augen, dann nickte ich wortlos.


    Artair holte tief Atem.
    „Neiyra…", sagt er dann zögernd.
    „Es ist nicht so, dass ich -"


    Er unterbrach sich plötzlich, verschränkte die Arme, senkte den Kopf und starrte auf seine Stiefelspitzen.


    24.jpg


    „Nein, das ist nicht wahr", fuhr er dann stockend fort.
    „Ich bin vermutlich eifersüchtig. Oder irgendetwas in der Art.
    Und ich bin bestimmt nicht stolz darauf. Ich bemühe mich, es nicht zu sein.
    Aber bitte, glaube mir, dass das, was ich Dir jetzt sage, nichts damit zu tun hat."


    Ernst sah er mich an.
    „Du öffnest Dich doch sonst nicht so leicht einem Fremden. Und noch viel länger dauert es, bis Du jemandem vertraust.
    Du kennst diesen Mann überhaupt nicht, Du kennst nicht mal seinen Namen, und wir wissen nichts über seine Absichten."


    „Er hilft uns", entgegnete ich.
    „Er hilft Dir. Damit Du dieses Ritual unbeschadet überstehst."


    „Ja, das stimmt", sagte Artair ruhig.


    „Du hast nicht mit ihm gesprochen."


    „Nein, das habe ich nicht."


    25.jpg


    „Warum vertraust Du dann nicht meinem Urteil? Meiner Intuition? Du weißt, dass sie mich immer vor Gefahren gewarnt hat."


    Artair sah mich lange und forschend an.


    26.jpg


    „Ich wünsche mir nur, dass Du vorsichtig bist, mein Herz", sagte er dann leise.



    Personenverzeichnis ~ Stammbaum ~ Karte



  • HUiiiiiiiii :joker:joker:joker
    Ich würde mich ja gerne der Hoffnung hingeben, Artairs Eifersucht auf die heimliche Sehnsucht nach Neiyra einzuordnen, und der Tatsache, dass seine Gefühle ihren doch viel mehr ähneln als gedacht.
    Aber dazu kenne ich Dich zu gut, so langsam bin ich überzeugt, dass er wirklich Ariadna liebt und sonst niemanden... jedenfalls nicht auf diese Weise.


    Es zeigt aber wieder ganz toll, wie sehr Neiyra und er miteinander verwebt sind.
    Allerdings frage ich mich, ob Artair die selbst gegebene Antwort auf seine Frage, ob Neiyra mit Brayan rede, gut findet oder nicht. Im Sinne davon, ob er gehofft hatte, dass Neiyra mit Brayan rede... das wäre für ihn vielleicht in Ordnung gewesen.
    Eifersüchtig ist er wohl, weil er spürt, dass in Neiyra sehr viel vorgeht. Dass sie zum einen leidet, zum anderen aber auch eine Ebene betreten hat, die er nicht versteht. Sie entwickelt sich weiter; er bleibt dabei außen vor, er kennt nicht die Landschaften, die sie in ihren Träumen betritt und auch nicht die Art, in der sie und ihre Seele sich darin weiter entwickeln.
    Ich denke mal, dass das eine relativ fremde, seltsame Erfahrung für ihn ist. So sehr sie auch verschworen und verwebt waren, letztlich hat er sie eben doch auch immer beschützt. (aber psssst, das darf man ihr natürlich nicht erzählen :rollauge)


    Und jetzt ist er macht- und hilflos. es ist ein völlig unbekanntes Land, in dem sie sich aufhält. Er versteht ihre Gefühle und ihr verhalten nicht, nicht das, was er spürt an ihr. Es ist mit Neirya ein wenig so wie mit dem Nebel und dem Dunkel, in das die ganze Truppe geritten ist. Man weiß nicht, was es ist - es ist fremd und bedrohlich. Zumindest für Artair.


    Ich fand die Szene auf dem Wachtturm sehr stimmungsvoll beschrieben und die Bilder unterstützen das ganze enorm. Diese dunkle, gruselige Atmosphäre und dahinter kontrastreich das pulsierende Leben eines warmen Heerlagers... Vertrautheit hinter einem und vor einem das dunkle Unbekannte.


    Kommen wir damit zu eben jenem. Ich frage mich immer noch, woher dieser Nebel kommt. Und natürlich macht es auch mich stutzig, wieso Artair direkt wieder einige Männer hinein geschickt hat - und noch viel mehr, wieso er es Neirya nicht sagt.
    Es kann natürlich auch einfach nur Taktik sein; und an Neiyras Reaktion würde ich jetzt annehmen, dass dies nicht ungewöhnlich ist. Der Anführer trifft eben auch Entscheidungen, ohne sie wirklich zu begründen.
    Ich frage mich aber natürlich schon, ob es vielleicht auch so ist, dass Artair neben der persönlichen Ebene auf der er ein Problem mit Neiryas nächtlichen Traum-Selbsthilfetreffen :D hat auch einfach eine potentielle Gefahr darin sieht und als Herrscher und Anführer auf objektiver Ebene auch Neirya damit als eine Schwachstelle einstufen muss und einige Informationen vor ihr geheimhält, um für den Fall, dass Neiryas "Traummann" eben doch auf der "anderen Seite" steht, nicht alle Trümpfe dem Feind direkt in die Hand zu spielen...


    DAS würde natürlich auch eine ganz interessante Konstellation aufwerfen.
    Und wenn ich den Faden weiterspinnen würde - ich meine, was WENN der Mann aus ihren Träumen wirklich nicht der Gute ist, für den Neirya (und wir alle ;) ) ihn halten? Was, wenn das alles doch nur ein Trick ist?
    Letztlich tauchte er ja zusammen mit Meduria in ihren Träumen auf. Die hat sich dann zwar verzogen, aber... nun ja, es gibt ja ganz klar einen Zusammenhang, und der kann von jeder Seite bestimmt sein.


    Wenn also gerade Neiyra und ihr Vertrauen der Schlüssel sind und alle ins Verderben stürzen???


    Ich hoffe einfach, dass Du uns und ihr das nicht antun wirst... ;)

  • Ich freue mich immer wieder auf eine Fortsetzung deiner Story. Es ist schön zu sehen, dass sich, je weiter die Geschichte geht, auch mehr Rätsel/Fragen auftun. Das lässt viel Raum zum spekulieren, wie Innad das auch getan hat. :D


    Ich persönlich würde mich natürlich auch auf ein Zusammenkommen der Beiden freuen, wobei ich auch zufrieden wäre, wenn Neiyra glücklich wird. ;)


    Die Bilder passen mal wieder super zum Text und bringen die Stimmung sehr gut rüber. Du weisst es zwar sicher schon, aber: weiter so! :up

  • Huhu Julsfels,


    schon wieder mal ein Kapitel was mehr Fragen aufwirft als das es sie beantwortet. *grummel* :D
    Aber da ich ja schon drüben gelesen habe, dass im nächsten Teil ein paar Fragen beantwortet werden sollen, seh ich mal großmütig hinweg. Obwohl ich mich ja frage, wie du es bei deinen eigentlich geplanten Blut, Tod, Gewalt und nackter Haut-Szenen schaffen willst auch noch Fragen zu beantworten. :kopfkratz :D


    Ich finds gut, dass die Truppe (n) endlich aufgebrochen sind. Holt es sie doch alle raus aus ihren Gedankenspielen. Wenn man sitzt und wartet macht man sich ja automatisch mehr Sorgen und Gedanken, als wenn man aktiv etwas tut. So merkt man ja auch gleich bei Neiyra und Brayan, dass sie mehr scherzen und mehr ihr altes Selbst sind als in den Tagen/Wochen zuvor. Einfach weil es gut tut, wenn man etwas tut. (Boah, soviel tut... :rollauge)


    Schade nur, dass man das von Artair nicht sagen kann, aber gut. Der hat ja auch nicht nur eine Verlobte zu Hause sitzen, sondern auch noch die ganze Verantwortung und Entscheidungsvollmachten über alles. Klar, dass er damit nicht gerade einen einfachen Job hat so als Heerführer. Er ist ja für alles verantwortlich und muss dementsprechend auch viel mehr durchdenken. Und das man dann nicht immer alles bespricht, ist doch auch logisch. Auf jeden Fall für mich. Es ist ja sowas wie Krieg und in diesem kann es auch passieren, dass wichtige Leute gefangen werden. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass jemand Neiyra oder Brayan entführt und ausquetscht, aber ganz ausschließen kann man die Möglichkeit ja auch nicht. Daher sollte Artair alleine schon aus gesundem Menschenverstand aufpassen, wem er welche Entscheidungen/Informationen mitteilt.


    Aber die Szene auf dem Turm fand ich schon niedlich. Wie er so rumgedruckst hat und dann doch ausgespuckt hat, dass er eifersüchtig ist: süß. :D
    Naja, aber ich mache mir da nicht so viele Hoffnungen, dass es mit der großen Liebe zu tun hat. Man kann ja auf viele Arten eifersüchtig sein, ohne dass es gleich aus romantischen Gefühlen entstanden sein muss. Ich bin mir sicher, dass er sie liebt nur halt nicht auf die romantische Art. Daher will er einfach verhindern, dass sie verletzt wird, wenn sie ihr Vertrauen in den Falschen setzt. Und ich denke auch, dass die Sorge, dass es auch schädlich für das Reich sein kann, wenn Neiyra sich in dem Unbenannten irrt, auch mit rein spielt. :misstrau


    Ich neige wie immer den Hut vor deinen Bildern. Ich bin ja so neidisch auf deine Bearbeitungskünste und wie toll du so Massenszenen meisterst. :anbet


    Ganz liebe Grüße

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Tja, keine Ahnung, wie oft ich das nun schon gelesen habe, oder an den Bildern geklebt und - mir deinen Rechner gewünscht hab.:eek:
    Nein, Scherz beiseite.
    Deine Bilder als umwerfend, super, unglaublich zu bezeichnen, reicht nicht, es reicht einfach nicht. Ich bin ja selbst ein detailverliebter Mensch, aber das hier sprengt schon jeden Rahmen.
    Es passiert mir nicht nur einmal, dass ich mir vorkomme, wie an einem riesigen, gigantischen Filmset, wo eines dieser epochalen Meisterwerke gedreht wird, bei dem man einfach aus dem vollen schöpft, die Dollar nur so rollen und dennoch jeder weiß, das kein einziger davon verschwendet wird. Da gibt es nichts, das unwichtig ist, nicht mal die Stickerei am Hemdsärmel, die ein Kinobesucher im Grunde nicht bemerkt, aber sie ist da, einfach nur weil...weil es eben da sein muss, damit es komplett ist.
    Genau das Gefühl hab ich jedes Mal, wenn ich deine Bilder ansehe und penibel auf jede einzelne Lupe klicke. Und dann am Ende mein Browser aus einer ellenlange Reihe aus offenen Bildern besteht, denn natürlich muss man erstmal lesen, lesen, lesen.
    Sehen, was passiert da, man kann gar nicht aufhören, keine Zeit, die Bilder stundenlang anzustarren.
    Aber wenn es dann zuende ist (heh, und Cliffhanger sind schon deine Spezialität geworden, red dich nur nicht raus!), dann fängt man wieder von vorn an, liest, untersucht die Bilder, schüttet sich weg, übers Armdrücken, das man vorher glatt übersehen hat.


    Da gibt es vor allem drei Punkte, die mich immer wieder in Erstaunen versetzen.


    Nummer Eins: die unglaublichen "Drehorte". Was du da gebaut hast, sieht alles... echt aus. Von diesem herrlichen Palast bis hin zur kleinen Bauernhütte. So manches ist mir ja vertraut, die roten Ziegel, die Maßwerkfenster, der rote Läufer, die Bilder mit ihren wunderschönen Rahmen, aber ich glaube fest, dass sie noch nie so gut miteinander harmoniert haben, und so ein Gefühl von Authentizität verursacht haben. (*Komplexe behandeln geh*....ich glaub, ich schreib Celia noch mal, und lass dich die Bilder machen, die wärst der ideale Baumeister für die Elo-i)
    Das haucht einem mehr als Ehrfurcht ein, gerade weil man ja selbst weiß, wieviel Zeit es in Anspruch nimmt, einen einzelnen Raum auszugestalten. Ich stell mir nicht zum ersten Mal die Frage, auf wievielen Grundstücken du das verteilt hast. (Hast du nen eigenen Raum für deinen Großrechner, der mit diesen Anforderungen klar kommt? *grins*)


    Nummer zwei: die Personen, diese Unmengen an Personen, die du handhabst, ich verweise mal nur auf das eine Outtake-Photo, ich dachte ja, ich krieg ich nen Schlag. Das muss doch Stunden dauern, die alle zu positionieren, die Posen, die Reaktionen zu arrangieren, nur um dann endlich mal ein, zwei Photos zu machen. (mit Grausen an meinen Almacks-Ball zurückdenke). Gerade in Anbetracht der vielen Lupenbilder, die deutlich zeigen, dass da an dem Tisch eben nicht nur die zwei aus der Großansicht sitzen, sondern der ganze Haufen und die sitzen da auch nicht einfach nur rum und warten auf Regieanweisung, nöö, die machen alle ganz brav mit. *umfall*


    Nummer drei: die Beleuchtung.
    Die springt mir immer wieder ins Auge. Das war und ist immer mein größtes Problem, vielleicht fällt es mir deshalb immer so besonders auf, wie unglaublich stimmig das alles immer ist, die einzelnen dunklen Abschnitte mit genau der richtigen Menge Licht, dass man an wirkliche Kerzen denkt, dass die Düsternis genauso rüberkommt, wie die Wärme. Darüber muss man gar nicht viel sagen, außer, es passt. Es passt einfach!


    Nummer vier: (jaa, Nummer vier! ich merke gerade, es wird doch mehr als nur drei, aber macht nichts, ich hab ja immerhin was nachzuholen, *hust*) die ganzen Zeremonien.
    Ich LIEBE das. Sei es nun Gowan, der zur Wache gerufen wird, oder das Ritual, um die Kinder zurückzurufen, das alles ist mit soviel Liebe, soviel Details, und noch dazu logischen, nachvollziehbaren Details geschehen, das du mich voll im Kasten hattest. Ganz fest im Griff, unfähig, loszulassen. Manch einer mag denken, es würde die Geschichte verlangsamen, und immerhin, wenn man bedenkt, wie lange sie nun schon läuft (JAHRE!!! Du lieber Himmel!), wäre das nicht mal von der Hand zu weisen, aber genau da liegt der Haken, es ist einfach nicht so. Ich liebe diese Szenen, dieses ganze Flair eines Mix aus Mittelalter und Fantasy, da jubelt der Geschichtsfreak in mir und der Fantasyliebhaber gerät ins Schwärmen.
    Die Vorbilder aus dem Mittelalter sind ja unübersehbar, schon wie Goran sich da hingelegt hat, das erinnerte mich sofort an die Haltung, die Mönche und Nonnen früher eingenommen haben, wenn sie ihren Eid abgelegt haben, oder Priester bei der Weihe. *seufz, schon wieder schwärmt*


    Apropos Schwärmen, ich glaub, ich mach mich mal lieber an die eigentliche Story, sonst sitz ich hier morgen früh noch und schwelge.
    Sind ja nun schon ein paar Fortsetzungen und es ist da ja auch einiges passiert. Aber ich fang mit dem Wesentlichen an.


    Nein, ich mag Ariadna immer noch nicht. Und das liegt nicht mal unbedingt daran, dass ich ihr Atair nicht gönne, wegen Neiyra. Es ist nur so, dass ich sie nicht greifen kann. Ich versteh sie einfach nicht. Das ist vermutlich auch von dir beabsichtigt, aber es macht mich kirre. Zu Anfang hält sie man sie für ein verwöhntes weinerliches Mädchen und ich musste immer wieder, wenn Neiyra sich in Gedanken über ihre Tränen aufregt, einfach nur nicken und sagen: Richtig so, das macht einen ja wahnsinnig." Und: "Was bitte ist das denn für eine?"
    Dann kam die Frage hinzu: Mag sie Atair? Von Liebe will ich erstmal gar nicht reden. Zwischenzeitlich hattest du mich schon soweit, dass ich dachte, sie würde sich das zumindest einbilden, wäre von ihm fasziniert und angezogen (was vielleicht sogar auch so ist, aber Liebe würde ich das nun nicht unbedingt nennen).
    Aber dann, dann musstest du ja die Szene mit der Harfe einfügen und ich denke: hä? Ist da vielleicht doch was gegenseitiges im Spiel, also Brayan liebt Adriana und Adriana liebt Brayan, aber beide meinen, das geht aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer nicht. "Würdig eines Königs" hat Neiyra gedacht, aber das heißt ja nicht, dass es NUR ein König tut. So ne schlechte Partie ist jemand wie Brayan ja nun auch wieder nicht.
    Das ist wirklich ein Dilemma, denn ich kann mich partout nicht entscheiden, was ich denken soll.
    Als ihr Vater zu Atair meinte, sie wäre nicht die Richtige als gerade SEINE Frau, da gabs bei mir wieder nur ein Nicken und ein "Kluger Vater". Aber selbst die Illusion kannst du mir nicht lassen.
    Denn Atairs Worte, die haben das alles wieder in Frage gestellt. "Die andern brauchen den König, aber sie braucht MICH." Nicht den Anführer, den Heiler, sondern einfach ihn, den Mann. Und darum, eigentlich nur darum sollte es gehen, wenn man sich eine Frau nimmt. Sie sollte den Mann in ihm sehen und er in ihr nur die Frau, nicht die zukünftige Königin. Selbst wenn das so schlecht voneinander zu trennen ist, wenn man eine solche Bedeutung für das Wohl und Wehe von so vielen hat.


    Und das bringt mich wieder zu Neiyra und ihrem Verhältnis zu Atair. Ich bin mir nicht sicher, was er denkt, wie er die Beziehung zu ihr sieht oder sehen möchte. Gerade seine Reaktion darauf, dass sie sich ihm nicht anvertraut, macht es seltsamerweise um so schwerer, das einzuschätzen. Er ist es gewöhnt, sie um sich zu haben, gewöhnt, dass er es ist, zu dem sie mit ihren Problemen kommt. Und doch ist sie in keiner Weise so hilfsbedürftig oder hilflos, wie Adriana es ist. Betrachtet man es von diesem Standpunkt, dann "braucht" Adriana ihn mehr.
    Ich kann auch nicht entscheiden, ob oder ob er nicht zumindest ahnt, was sie in ihm sieht. Immer wenn ich mich der Meinung von Raghnall (bevor du mich keines andern belehrst, ist er das jetzt erstmal für mich, aber frag mich nicht, wo du das H in seinem Namen platziert hast) anschließen will und laut fluche: Atair, du selten dämlicher Idiot! Da kommst du wieder mit kleinen Andeutungen und Sätzchen, wie dem: wenn ich etwas getan oder gesagt habe. Und dann rotieren meine Gedanken wieder: hat er's gemerkt? Liebt er wirklich Adriana und fühlt deshalb jetzt irgendsowas in der Art von Mitleid?
    KEIN PLAN!
    Oh, das ist keine Beschwerde, nicht die geringste, auch wenn ich vor Frust die Wände hochgehen könnte. Aber wenn man das alles von vornherein begreifen könnte, dann würde es nur halb so viel Spaß machen.
    Denn das macht die Personen ja so lebendig, so real.
    Das sind keine platten Comicfiguren, sie sind vielschichtig, mit einem Charakter, den man Layer für Layer erst einmal erkunden muss.


    Und da hast du mir ja gleich jemand neuen zum Schwärmen gegeben. Ich weiß ja nicht, wie sich deine Geschichte entwickeln wird, aber in meiner Gunst gibts nun die Nummer drei (immer in Bezug auf Neiyra), sprich Mann Nummer drei, den ich mir für sie denken könnte. ER!
    Der Kerl fasziniert mich, wenn er ist, was die andern vermuten, ist seine Tragik eigentlich kaum noch zu überbieten (abgesehen von der Geschichte mit dem Druiden, der sich geopfert hat - ich gestehe, ich hatte es sofort vermutet, es war einfach so logisch, es passte einfach nur so). Für einen Moment, ganz am Anfang dachte ich sogar, es wäre Runcall selbst, und manchmal kommt mir der Gedanke immer noch. Frag mich nicht, wieso. Dass der sich hat lebendig gefangennehmen lassen, obwohl er doch wusste, was ihm droht....ernsthaft, der Tod wäre in einer solchen Lage die bessere Alternative.
    Aber nunja, ich liebe diesen Kerl in ihren Träumen. Erstens sieht er fantastisch aus (wie alle deine Sims - ich bin ja so neidisch. Wenn ich jemals eine neue Geschichte schreiben sollte, lass ich jede Figur von dir erstellen, die sehen einfach traumhaft aus). Und ich mag seine Art, wie er mit Neiyra umgeht, die Ernsthaftigkeit, die er an den Tag legt, wie er die Dinge einfach beim Namen nennt. Ihr jedenfalls scheint es so wie mir zu gehen, wir verfallen ihm beide. Wer weiß, wer weiß.
    Ich bin von Natur aus mistrauisch und trau dem lieben Frieden nicht, aber wenn ich mir was wünschen dürfte....


    Nicht, dass ich Brayan plötzlich aus der Rechnung rausgenommen hätte. Ich leide mit ihm, jedes Mal. Aber ich weiß nicht, was ich ihm wünschen soll. Ich hatte ja zwischenzeitlich auch den Verdacht, die Frau, in die er sich verguckt hat, wäre Neiyra, und er traut sich aus dem gleichen Grund wie sie bei Atair nicht, den Mund aufzumachen, vielleicht sogar weil er mehr weiß/ahnt, als er zugibt. Aber wie gesagt, da ist ja auch noch Adriana. Und schon tut mir mein Bauch wieder weh.


    Atair ist übrigens ein toller König. Ich muss jedesmal an Aragorn denken. Und das nicht nur, weil der als König auch die Gabe des Heilens hatte. Es ist einfach seine ganze Art, wie er mit den Menschen umgeht, sowohl seinen direkten Untergebenen als auch Menschen wie Torgar (ich hoffe, ich schaffe es noch, mir seinen Namen richtig zu merken, keine Ahnung, wieso der Kerl mir immer entschlüpft). Atair ist ein König, dem das Königsein im wahrsten Sinn des Wortes im Blut zu liegen scheint. Obwohl man ihm gerade bei den ganzen Erinnerungsgeschichten, die du immer anbringst (die Kinderstories gehören ja zu meinen ganz besonderen Lieblingen), einfach ne andere Karriere wünschen möchte. Ich muss mich da den Sprüchen anschließen, die da sagten: er war doch noch ein Kind, und eins, das einerseits so furchtbar verloren wirkte (siehe die Szene mit dem Schlafzimmer, da hätte ich ja heulen können und schmunzeln gleichzeitig) und andererseits aber auch entsetzlich erwachsen mit all der Verantwortung.


    Ich stelle gerade fest, ich hab schon wieder nen Roman geschrieben und hab doch kaum die Hälfte von dem gesagt, was mir so durch den Kopf geht.
    Da ist diese süße Geschichte von Adriadnas leiblichen Eltern, das hat mir gefallen, die Priesterin, die zwar immer ihre Pflicht tut, aber dennoch ihre Gefühle nicht vollkommen ausschalten kann und es....mal ehrlich... auch nicht sollte. Auch wenn man den Göttern dient, bleibt man ein Mensch und die Gefühle machen uns zu einem solchen. Auch dass Ariadnas Vater dazu steht, dass er, selbst wenn er seine Frau durchaus liebt, dennoch diese Nacht nicht vergessen kann und es eben auch nicht als reine Pflichterfüllung für sein Volk betrachtet. Ich sag ja, vielschichtig.


    Genauso wie der Konflikt mit Neiyras Eltern. *grummel* ich weiß immer noch nicht, wieso man sie damals weggeholt hat. Aber es muss schon ein verdammt wichtiger, ein absolut lebensnotwendiger Grund sein, wenn man es nicht mal dem Vater anvertraut. Dieses: "keiner, der sich nicht abschirmen kann, darf's wissen", das gefällt mir gar nicht. Denn irgendwie macht das Neiyra gefährlich.
    Genauso wie die Sache mit Atairs "Tod". Wenn ich das jetzt wieder nachlese, muss ich immer an eine andere Geschichte denken, die ich vor, weiß gar nicht, zwei Jahren mal gesehen habe. Jemand versuchte mit aller Gewalt etwas zu verhindern, von dem er wusste, dass es passieren würde. Und wurde, ohne es zu wollen, gerade durch seine Versuche zum eigentlichen Auslöser der Katastrophe, die er verhindern wollte. Und der Gedanke erschreckt mich geradezu. Sie mag es nicht wollen, sie mag den Gedanken als geradezu lächerlich von sich weisen und es mag sich auch tatsächlich vollkommen irre anhören, an diese Möglichkeit auch nur zu denken, aber genau das macht mir solche Angst. Dass sie es womöglich genau deshalb tun wird.
    All diese Andeutungen, die da von deiner bösen Gewitterziege (nein, ich mag sie nicht, deine böse Dame, sie ist kein Varik und sollte es auch nicht werden. *Protestschild hochheb*) kommen, die machen mir nur noch mehr Bauchschmerzen. Genauso wie diese ganze Geschichte mit den Kindern und der Notwendigkeit, dass Atair sie heilen MUSS. Beim ersten mal gehts immer gut. Aber ich frage mich doch ernsthaft, wieso sich keiner fragt, was die alte Gewitterziege mit der Aktion bezweckt? Nicht genau das, was Atair jetzt tut? Sie weiß doch ganz sicher, was die Kinder zurückbringen kann und weiß auch, dass Atair es auf jeden Fall tun würde udn was das für ihn bedeutet. Es würde mich doch arg wundern..... wenn das mal keine richtig oberfiese Falle ist.


    Oder ich denke einfach zuviel. Aber....oh ja, da gibts eine Menge Abers. Da sind einfach viel zu viele Gemeinsamkeiten, viel zu viele Dinge, die genau zur richtigen/falschen Zeit passieren, siehe erst der Tod von Atairs Eltern und jetzt die Sache mit Caitlin, ihrem Mann und ihrer Tochter. Da können ja nur sämtliche Alarmglocken schrillen.
    Nur auf eine Frage finde ich nun gar keine Antwort, egal, wie sehr ich mir auch den Kopf zerbreche: was zur Hölle hat die Ziege davon, Atair zu töten? Was will sie, was will Runcall, so er denn wirklich mit ihr im Bunde steht, was ja noch gar nicht unbedingt raus ist, gelle? Also was? Das Königreich? Rache? Wenn ja, wofür? Weltherrschaft, wie die gewöhnlichen Comicbösewichte? Ich wüsste zu gern, wer diese, es fällt mir doch wirklich schwer, sie als "Dame" zu bezeichnen, und wenn ich das zehnmal nicht schmeichelhaft meine, also ich wüsste zu gern, wer sie nun eigentlich ist.


    Mal sehen, wie lange es dauert, die Antwort darauf zu finden.


    Ok, angesichts der Tatsache, dass du diesen Erguss ja auch noch lesen musst, (Mitleid heuchel), hör ich dann erstmal auf und schreib mir den Rest dann bei der nächsten FS von der Seele.
    Alles Liebe
    Nery

  • Ich bin grad völlig verwirrt, weil hier Kapitel 26 fehlt. :confused: Dabei hatte ich es extra wegen des heiklen Inhalts vorab an Innad und Llynya geschickt, zur Genehmigung (im August!!!). Und dann hab ich wohl offenbar vergessen, es zu posten. *ImErdbodenVerkriech* :angry
    Das werde ich dann gleich mal nachholen, erst aber mal die lange überfällige Kommi-Beantwortung.
    Ich gelobe Besserung. :wut


    Innad:


    Ich würde mich ja gerne der Hoffnung hingeben, Artairs Eifersucht auf die heimliche Sehnsucht nach Neiyra einzuordnen, und der Tatsache, dass seine Gefühle ihren doch viel mehr ähneln als gedacht.
    Aber dazu kenne ich Dich zu gut, so langsam bin ich überzeugt, dass er wirklich Ariadna liebt und sonst niemanden... jedenfalls nicht auf diese Weise.


    Tja, wer weiss. :fiu:D



    Es zeigt aber wieder ganz toll, wie sehr Neiyra und er miteinander verwebt sind.


    Ja, das aber auf jeden Fall.



    Allerdings frage ich mich, ob Artair die selbst gegebene Antwort auf seine Frage, ob Neiyra mit Brayan rede, gut findet oder nicht. Im Sinne davon, ob er gehofft hatte, dass Neiyra mit Brayan rede... das wäre für ihn vielleicht in Ordnung gewesen.


    Ja, dieser Schluss liegt nahe. Schließlich sind sich Brayan und Artair auch sehr nah, und die drei waren immer ein Kleeblatt. Da könnte es gut sein, dass es ihm lieber ist, wenn sie sich Brayan anvertraut statt einem für ihn völlig Fremden, wenn sie schon in seiner Gegenwart die Zähne nicht auseinander kriegt. ;)



    Eifersüchtig ist er wohl, weil er spürt, dass in Neiyra sehr viel vorgeht. Dass sie zum einen leidet, zum anderen aber auch eine Ebene betreten hat, die er nicht versteht. Sie entwickelt sich weiter; er bleibt dabei außen vor, er kennt nicht die Landschaften, die sie in ihren Träumen betritt und auch nicht die Art, in der sie und ihre Seele sich darin weiter entwickeln.


    Das trifft es ziemlich gut, finde ich. Es muss ihm so vorkommen, als ob sie ihm entgleitet, sich von ihm entfernt, und er kann nichts dagegen tun.



    Ich denke mal, dass das eine relativ fremde, seltsame Erfahrung für ihn ist.


    Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass diese Erfahrung für ihn völliges Neuland ist. Und sie gefällt ihm ganz offensichtlich überhaupt nicht.



    Und jetzt ist er macht- und hilflos. es ist ein völlig unbekanntes Land, in dem sie sich aufhält. Er versteht ihre Gefühle und ihr verhalten nicht, nicht das, was er spürt an ihr. Es ist mit Neirya ein wenig so wie mit dem Nebel und dem Dunkel, in das die ganze Truppe geritten ist. Man weiß nicht, was es ist - es ist fremd und bedrohlich. Zumindest für Artair.


    Ja, genau.



    Ich fand die Szene auf dem Wachtturm sehr stimmungsvoll beschrieben und die Bilder unterstützen das ganze enorm. Diese dunkle, gruselige Atmosphäre und dahinter kontrastreich das pulsierende Leben eines warmen Heerlagers... Vertrautheit hinter einem und vor einem das dunkle Unbekannte.


    Ui, das freut mich, dass es tatsächlich so rüber gekommen ist. :freu



    Kommen wir damit zu eben jenem. Ich frage mich immer noch, woher dieser Nebel kommt. Und natürlich macht es auch mich stutzig, wieso Artair direkt wieder einige Männer hinein geschickt hat - und noch viel mehr, wieso er es Neirya nicht sagt.
    Es kann natürlich auch einfach nur Taktik sein; und an Neiyras Reaktion würde ich jetzt annehmen, dass dies nicht ungewöhnlich ist. Der Anführer trifft eben auch Entscheidungen, ohne sie wirklich zu begründen.
    Ich frage mich aber natürlich schon, ob es vielleicht auch so ist, dass Artair neben der persönlichen Ebene auf der er ein Problem mit Neiryas nächtlichen Traum-Selbsthilfetreffen :D hat auch einfach eine potentielle Gefahr darin sieht und als Herrscher und Anführer auf objektiver Ebene auch Neirya damit als eine Schwachstelle einstufen muss und einige Informationen vor ihr geheimhält, um für den Fall, dass Neiryas "Traummann" eben doch auf der "anderen Seite" steht, nicht alle Trümpfe dem Feind direkt in die Hand zu spielen...


    Ich liege Dir gerade zu Füßen. :D



    DAS würde natürlich auch eine ganz interessante Konstellation aufwerfen.
    Und wenn ich den Faden weiterspinnen würde - ich meine, was WENN der Mann aus ihren Träumen wirklich nicht der Gute ist, für den Neirya (und wir alle ;) ) ihn halten? Was, wenn das alles doch nur ein Trick ist?


    Tja, was dann? Das wäre wirklich bitter für Neiyra, oder? :(



    Letztlich tauchte er ja zusammen mit Meduria in ihren Träumen auf.


    Ah! Nein. ;) Zuerst war Meduria da, und er kam erst später dazu, nachdem er mit Neiyra sozusagen Kontakt aufnehmen konnte, als sie vom Tod ihrer Schwester erfahren hat. Erst ab da ist auch er in ihren Träumen erschienen, und er hat dann in der Tat Meduria verscheucht.



    Wenn also gerade Neiyra und ihr Vertrauen der Schlüssel sind und alle ins Verderben stürzen???


    Tja. Wie sagte Meduria?
    „Er wird langsam und qualvoll sterben, und Du wirst in dem Wissen dabei zusehen, dass sein Tod auf Dich zurückfällt. Dass Du es warst, die ihn verraten hat." :hmm


    Ich hoffe einfach, dass Du uns und ihr das nicht antun wirst... ;)


    Oh, ja, das hoffe ich auch. :D






    raya:

    Ich freue mich immer wieder auf eine Fortsetzung deiner Story.


    Und ich freue mich sehr, dass Du noch dabei bist. Obwohl es hier ja doch nur sehr.... schleppend vorangeht. :D


    Das lässt viel Raum zum spekulieren, wie Innad das auch getan hat. :D


    Ich finde es immer so toll, wenn jemand spekuliert. :applaus


    Ich persönlich würde mich natürlich auch auf ein Zusammenkommen der Beiden freuen, wobei ich auch zufrieden wäre, wenn Neiyra glücklich wird. ;)


    Ja, das geht mir ähnlich. ;)


    Die Bilder passen mal wieder super zum Text und bringen die Stimmung sehr gut rüber. Du weisst es zwar sicher schon, aber: weiter so! :up


    Danke Dir!






    Llynya:

    schon wieder mal ein Kapitel was mehr Fragen aufwirft als das es sie beantwortet. *grummel*


    Ja, Du hast ja recht. :hmm Aber irgendwie kann ich da gar nix gegen machen. ;)



    Aber da ich ja schon drüben gelesen habe, dass im nächsten Teil ein paar Fragen beantwortet werden sollen, seh ich mal großmütig hinweg. Obwohl ich mich ja frage, wie du es bei deinen eigentlich geplanten Blut, Tod, Gewalt und nackter Haut-Szenen schaffen willst auch noch Fragen zu beantworten. :kopfkratz :D


    Gute Frage. Ich hab keine Ahnung. :D


    Ich finds gut, dass die Truppe (n) endlich aufgebrochen sind. Holt es sie doch alle raus aus ihren Gedankenspielen. Wenn man sitzt und wartet macht man sich ja automatisch mehr Sorgen und Gedanken, als wenn man aktiv etwas tut. So merkt man ja auch gleich bei Neiyra und Brayan, dass sie mehr scherzen und mehr ihr altes Selbst sind als in den Tagen/Wochen zuvor. Einfach weil es gut tut, wenn man etwas tut. (Boah, soviel tut... :rollauge)


    Ja, absolut. Und Neiyra hat das ja auch herbeigesehnt, einfach nur, damit wenigstens für kurze Zeit nochmal alles so ist wie früher. Auch wenn das natürlich nicht stimmt.


    Schade nur, dass man das von Artair nicht sagen kann, aber gut. Der hat ja auch nicht nur eine Verlobte zu Hause sitzen, sondern auch noch die ganze Verantwortung und Entscheidungsvollmachten über alles. Klar, dass er damit nicht gerade einen einfachen Job hat so als Heerführer. Er ist ja für alles verantwortlich und muss dementsprechend auch viel mehr durchdenken. Und das man dann nicht immer alles bespricht, ist doch auch logisch. Auf jeden Fall für mich. Es ist ja sowas wie Krieg und in diesem kann es auch passieren, dass wichtige Leute gefangen werden. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass jemand Neiyra oder Brayan entführt und ausquetscht, aber ganz ausschließen kann man die Möglichkeit ja auch nicht. Daher sollte Artair alleine schon aus gesundem Menschenverstand aufpassen, wem er welche Entscheidungen/Informationen mitteilt.


    Sehr richtig. Und irgendwie empfiehlt es sich ja auch, dass wenigstens einer den Überblick hat und weiss, was er tut, wenn man zu sowas aufbricht. Mit Sicherheit hat Artair seine Gründe für sein Schweigen. Und über die wird er bald auch sprechen, vermutlich so in Kapitel 29.


    Aber die Szene auf dem Turm fand ich schon niedlich. Wie er so rumgedruckst hat und dann doch ausgespuckt hat, dass er eifersüchtig ist: süß. :D


    Ja, gell? :D



    Naja, aber ich mache mir da nicht so viele Hoffnungen, dass es mit der großen Liebe zu tun hat. Man kann ja auf viele Arten eifersüchtig sein, ohne dass es gleich aus romantischen Gefühlen entstanden sein muss.


    Sehr richtig. ;)



    Und ich denke auch, dass die Sorge, dass es auch schädlich für das Reich sein kann, wenn Neiyra sich in dem Unbenannten irrt, auch mit rein spielt. :misstrau


    Gut möglich. ;)



    Ich neige wie immer den Hut vor deinen Bildern. Ich bin ja so neidisch auf deine Bearbeitungskünste und wie toll du so Massenszenen meisterst.


    Danke!



    Ganz liebe Grüße


    Dir auch!






    Nerychan:
    Neeeeeeeeryyyyyyyyy!!!! :applaus:D Ich hab Dir ja schon per PN geschrieben, wie sehr ich mich gefreut habe, dass Du wieder da bist.
    Das lässt mich doch auch hoffen, dass wir ganz bald ganz viel von Catalina hören werden. ;)


    Tja, keine Ahnung, wie oft ich das nun schon gelesen habe, oder an den Bildern geklebt und - mir deinen Rechner gewünscht hab.:eek:


    Tja, aber da liegst Du falsch - mein Rechner ist mittlerweile ne echt alte Gurke. :D Ich hab auch nur 4GB RAM und eine alte GraKa drin, und die macht auch zunehmend Schwierigkeiten. Demnächst ist dann mal wirklich ein neuer fällig, fürchte ich.



    Es passiert mir nicht nur einmal, dass ich mir vorkomme, wie an einem riesigen, gigantischen Filmset, wo eines dieser epochalen Meisterwerke gedreht wird, bei dem man einfach aus dem vollen schöpft, die Dollar nur so rollen und dennoch jeder weiß, das kein einziger davon verschwendet wird. Da gibt es nichts, das unwichtig ist, nicht mal die Stickerei am Hemdsärmel, die ein Kinobesucher im Grunde nicht bemerkt, aber sie ist da, einfach nur weil...weil es eben da sein muss, damit es komplett ist.


    Irgendwie ist das auch so. Ich brauche das für mich, damit es sich echt und authentisch anfühlt. Um so mehr freut es mich dann aber natürlich auch, wenn den Lesern manchmal die Details auch auffallen. Da freue ich mich dann immer wie ein Schneekönig. :D



    Genau das Gefühl hab ich jedes Mal, wenn ich deine Bilder ansehe und penibel auf jede einzelne Lupe klicke. Und dann am Ende mein Browser aus einer ellenlange Reihe aus offenen Bildern besteht, denn natürlich muss man erstmal lesen, lesen, lesen.
    Sehen, was passiert da, man kann gar nicht aufhören, keine Zeit, die Bilder stundenlang anzustarren.
    Aber wenn es dann zuende ist (heh, und Cliffhanger sind schon deine Spezialität geworden, red dich nur nicht raus!), dann fängt man wieder von vorn an, liest, untersucht die Bilder, schüttet sich weg, übers Armdrücken, das man vorher glatt übersehen hat.


    Ach, wie schön. Danke Dir.


    Ich stell mir nicht zum ersten Mal die Frage, auf wievielen Grundstücken du das verteilt hast.


    Hm, ich weiss gar nicht so genau, aber es sind schon einige. Im Palast kann nichts mehr dazu, der ist am Limit. Der enthält die große Halle, Artairs Beratungskammer, Artairs Schlafzimmer und Neiyras Schlafzimmer, sowie den Übungsplatz und einen Teil des Gartens. Der Kreuzgang und die Küche sind jeweils auf einem eigenen Lot.
    Insgesamt sind es so zwischen zehn und zwanzig Grundstücke, würde ich schätzen, aber es werden noch ein paar Schauplätze dazu kommen. Besonders der ab Kapitel 28 bereitet mir jetzt schon erhebliche Kopfschmerzen. ;)


    Nummer zwei: die Personen, diese Unmengen an Personen, die du handhabst, ich verweise mal nur auf das eine Outtake-Photo, ich dachte ja, ich krieg ich nen Schlag. Das muss doch Stunden dauern, die alle zu positionieren, die Posen, die Reaktionen zu arrangieren, nur um dann endlich mal ein, zwei Photos zu machen.


    Ja, das dauert schon manchmal Stunden. Ich glaube, an den Balkonszenenbildern zur Verlobung habe ich um die acht Stunden gesessen, plus nochmal die gleiche Zeit für die Nachbearbeitung. Aber seit ich die FreezerClock benutze, stresst mich das zum Glück nicht mehr. Ohne das Ding wäre ich aufgeschmissen, und dann würde ich auch keine Massenszene machen. Na ja. Zumindest nicht solche massigen Massenszenen. :D
    Und mehr als vierzig Sims sind auch in der Regel nicht gleichzeitig auf einem Grundstück.


    Nummer drei: die Beleuchtung.
    Die springt mir immer wieder ins Auge. Das war und ist immer mein größtes Problem, vielleicht fällt es mir deshalb immer so besonders auf, wie unglaublich stimmig das alles immer ist, die einzelnen dunklen Abschnitte mit genau der richtigen Menge Licht, dass man an wirkliche Kerzen denkt, dass die Düsternis genauso rüberkommt, wie die Wärme.


    Die Beleuchtung ist komplett gefaked. Ich hab nicht mal nen Lichtmod drin, und Nachtaufnahmen werden am Tag gemacht. Die gesamte Beleuchtung mache ich hinterher in Photoshop, da habe ich eine bessere Kontrolle über die Lichtstimmung.


    die ganzen Zeremonien.
    Ich LIEBE das.


    Oh, das freut mich. Ich mag diese Hintergrundsachen auch immer. Ich gucke bei Geschichten gerne über den Tellerrand, ich möchte immer möglichst viel über das Drumrum erfahren.



    Die Vorbilder aus dem Mittelalter sind ja unübersehbar, schon wie Goran sich da hingelegt hat, das erinnerte mich sofort an die Haltung, die Mönche und Nonnen früher eingenommen haben, wenn sie ihren Eid abgelegt haben, oder Priester bei der Weihe.


    Ja, das hatte ich auch im Kopf.



    Nein, ich mag Ariadna immer noch nicht.


    Überrascht mich das jetzt? :D Obwohl, sie ruft durchaus unterschiedliche Reaktionen hervor.



    Ich versteh sie einfach nicht. Das ist vermutlich auch von dir beabsichtigt, aber es macht mich kirre.


    *Grins*



    Dann kam die Frage hinzu: Mag sie Atair?


    Tja, eine wirklich gute Frage. Das kann man tatsächlich nicht so recht greifen, schätze ich. ;)



    Aber dann, dann musstest du ja die Szene mit der Harfe einfügen


    Ja, das musste ich in der Tat. Aus gutem Grund. :D



    Ist da vielleicht doch was gegenseitiges im Spiel, also Brayan liebt Adriana und Adriana liebt Brayan, aber beide meinen, das geht aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer nicht. "Würdig eines Königs" hat Neiyra gedacht, aber das heißt ja nicht, dass es NUR ein König tut. So ne schlechte Partie ist jemand wie Brayan ja nun auch wieder nicht.


    Vielleicht glaubt ja auch Brayan, dass er nicht gut genug für sie ist.



    Als ihr Vater zu Atair meinte, sie wäre nicht die Richtige als gerade SEINE Frau, da gabs bei mir wieder nur ein Nicken und ein "Kluger Vater". Aber selbst die Illusion kannst du mir nicht lassen.
    Denn Atairs Worte, die haben das alles wieder in Frage gestellt. "Die andern brauchen den König, aber sie braucht MICH." Nicht den Anführer, den Heiler, sondern einfach ihn, den Mann.


    Ja, das ist wohl der Knackpunkt.


    Sie sollte den Mann in ihm sehen und er in ihr nur die Frau, nicht die zukünftige Königin. Selbst wenn das so schlecht voneinander zu trennen ist, wenn man eine solche Bedeutung für das Wohl und Wehe von so vielen hat.


    Eigentlich völlig untypisch für Artair, oder? Wo er doch das Pflichtbewusstsein in Person ist, bis hin zur Selbstverleugnung. Da sollte man doch eigentlich erwarten, dass er eine Frau wählt, die eine gute Königin wäre.



    Er ist es gewöhnt, sie um sich zu haben, gewöhnt, dass er es ist, zu dem sie mit ihren Problemen kommt. Und doch ist sie in keiner Weise so hilfsbedürftig oder hilflos, wie Adriana es ist. Betrachtet man es von diesem Standpunkt, dann "braucht" Adriana ihn mehr.


    Ja, vollkommen richtig.



    Ich kann auch nicht entscheiden, ob oder ob er nicht zumindest ahnt, was sie in ihm sieht. Immer wenn ich mich der Meinung von Raghnall (bevor du mich keines andern belehrst, ist er das jetzt erstmal für mich, aber frag mich nicht, wo du das H in seinem Namen platziert hast) anschließen will und laut fluche: Atair, du selten dämlicher Idiot! Da kommst du wieder mit kleinen Andeutungen und Sätzchen, wie dem: wenn ich etwas getan oder gesagt habe. Und dann rotieren meine Gedanken wieder: hat er's gemerkt? Liebt er wirklich Adriana und fühlt deshalb jetzt irgendsowas in der Art von Mitleid?
    KEIN PLAN!


    Super. ;):D



    Denn das macht die Personen ja so lebendig, so real.
    Das sind keine platten Comicfiguren, sie sind vielschichtig, mit einem Charakter, den man Layer für Layer erst einmal erkunden muss.


    Oh, vielen Dank.



    Und da hast du mir ja gleich jemand neuen zum Schwärmen gegeben.


    Ich finde IHN auch klasse. :seelove



    Der Kerl fasziniert mich, wenn er ist, was die andern vermuten, ist seine Tragik eigentlich kaum noch zu überbieten


    Ja, schon. Und die paar Fetzen, die er bislang von sich preis gegeben hat, sind ja auch nicht ohne.



    Für einen Moment, ganz am Anfang dachte ich sogar, es wäre Runcall selbst, und manchmal kommt mir der Gedanke immer noch. Frag mich nicht, wieso.


    Interessant. ;)



    Und ich mag seine Art, wie er mit Neiyra umgeht, die Ernsthaftigkeit, die er an den Tag legt, wie er die Dinge einfach beim Namen nennt.


    Ja, das finde ich auch. Das tut ihr auch gut. Und in der Kommunikation mit ihm gibt es ja auch keine festen Bahnen, die sich über Jahre hinweg aufgebaut haben, und die man nur sehr schwer wieder verlassen kann. Er ist fremd, und sie kann so sein, wie sie will, und muss keinem Bild entsprechen.



    Ihr jedenfalls scheint es so wie mir zu gehen, wir verfallen ihm beide. Wer weiß, wer weiß.


    Ja, wer weiss. :D Zumindest scheint er zunehmend wichtiger für sie zu werden.



    Nicht, dass ich Brayan plötzlich aus der Rechnung rausgenommen hätte. Ich leide mit ihm, jedes Mal. Aber ich weiß nicht, was ich ihm wünschen soll. Ich hatte ja zwischenzeitlich auch den Verdacht, die Frau, in die er sich verguckt hat, wäre Neiyra, und er traut sich aus dem gleichen Grund wie sie bei Atair nicht, den Mund aufzumachen, vielleicht sogar weil er mehr weiß/ahnt, als er zugibt. Aber wie gesagt, da ist ja auch noch Adriana. Und schon tut mir mein Bauch wieder weh.


    Brayan ist... schwer einzuschätzen. Auf jeden Fall. Das sind drei Austern, die da aufeinander prallen. :D



    Atair ist übrigens ein toller König.


    Ja, das finde ich auch. Obwohl sein Drang zur Pflichterfüllung schon manchmal nervt. :D



    Atair ist ein König, dem das Königsein im wahrsten Sinn des Wortes im Blut zu liegen scheint.


    Ja. Sonst hätte er auch nicht die Gabe des Heilens erhalten.



    (die Kinderstories gehören ja zu meinen ganz besonderen Lieblingen)


    Das geht mir genauso. ;)



    Ich muss mich da den Sprüchen anschließen, die da sagten: er war doch noch ein Kind, und eins, das einerseits so furchtbar verloren wirkte (siehe die Szene mit dem Schlafzimmer, da hätte ich ja heulen können und schmunzeln gleichzeitig) und andererseits aber auch entsetzlich erwachsen mit all der Verantwortung.


    Ja, es war bestimmt nicht gut für ihn, dass er so früh König werden musste.
    Und die Schlafzimmerszene... Die gehört zu meinen Lieblingen, obwohl sie gar nicht geplant war. Sie war plötzlich einfach da, als ich Artairs Schlafzimmer gebaut habe.



    Ich stelle gerade fest, ich hab schon wieder nen Roman geschrieben


    Find ich klasse. ;)



    Da ist diese süße Geschichte von Adriadnas leiblichen Eltern, das hat mir gefallen


    Mir auch. Wie schon gesagt, ich stehe auf nutzlose Hintergrund-Infos. :D



    Genauso wie der Konflikt mit Neiyras Eltern. *grummel* ich weiß immer noch nicht, wieso man sie damals weggeholt hat. Aber es muss schon ein verdammt wichtiger, ein absolut lebensnotwendiger Grund sein, wenn man es nicht mal dem Vater anvertraut.


    Das kann man vermutlich nicht von der Hand weisen.



    Genauso wie die Sache mit Atairs "Tod". Wenn ich das jetzt wieder nachlese, muss ich immer an eine andere Geschichte denken, die ich vor, weiß gar nicht, zwei Jahren mal gesehen habe. Jemand versuchte mit aller Gewalt etwas zu verhindern, von dem er wusste, dass es passieren würde. Und wurde, ohne es zu wollen, gerade durch seine Versuche zum eigentlichen Auslöser der Katastrophe, die er verhindern wollte. Und der Gedanke erschreckt mich geradezu. Sie mag es nicht wollen, sie mag den Gedanken als geradezu lächerlich von sich weisen und es mag sich auch tatsächlich vollkommen irre anhören, an diese Möglichkeit auch nur zu denken, aber genau das macht mir solche Angst. Dass sie es womöglich genau deshalb tun wird.


    Ja, ein potentielles Dilemma. Dazu wird auch später noch einiges kommen.



    All diese Andeutungen, die da von deiner bösen Gewitterziege (nein, ich mag sie nicht, deine böse Dame, sie ist kein Varik und sollte es auch nicht werden. *Protestschild hochheb*) kommen, die machen mir nur noch mehr Bauchschmerzen.


    Stimmt, dies Andeutungen gehen ziemlich genau in diese Richtung. Hab ich ja auch oben bei Innad schon geschrieben.
    Und ein Varik wird sie bestimmt nicht. ;)



    Genauso wie diese ganze Geschichte mit den Kindern und der Notwendigkeit, dass Atair sie heilen MUSS. Beim ersten mal gehts immer gut. Aber ich frage mich doch ernsthaft, wieso sich keiner fragt, was die alte Gewitterziege mit der Aktion bezweckt? Nicht genau das, was Atair jetzt tut? Sie weiß doch ganz sicher, was die Kinder zurückbringen kann und weiß auch, dass Atair es auf jeden Fall tun würde udn was das für ihn bedeutet. Es würde mich doch arg wundern..... wenn das mal keine richtig oberfiese Falle ist.


    Diese Fragen sind ja wohl sehr berechtigt. ;)



    Oder ich denke einfach zuviel.


    Nööö, glaub ich nicht. ;):D



    Nur auf eine Frage finde ich nun gar keine Antwort, egal, wie sehr ich mir auch den Kopf zerbreche: was zur Hölle hat die Ziege davon, Atair zu töten? Was will sie, was will Runcall, so er denn wirklich mit ihr im Bunde steht, was ja noch gar nicht unbedingt raus ist, gelle? Also was? Das Königreich? Rache? Wenn ja, wofür? Weltherrschaft, wie die gewöhnlichen Comicbösewichte?


    Tja. Keine Ahnung. :fiu:D



    Ich wüsste zu gern, wer diese, es fällt mir doch wirklich schwer, sie als "Dame" zu bezeichnen, und wenn ich das zehnmal nicht schmeichelhaft meine, also ich wüsste zu gern, wer sie nun eigentlich ist.


    Ich auch. ;)



    Mal sehen, wie lange es dauert, die Antwort darauf zu finden.


    Ich fürchte, noch ziemlich lange.:hypo



    Ok, angesichts der Tatsache, dass du diesen Erguss ja auch noch lesen musst, (Mitleid heuchel), hör ich dann erstmal auf und schreib mir den Rest dann bei der nächsten FS von der Seele.


    Kein Mitleid erforderlich. :D Und ich freu mich schon.



    Alles Liebe


    Dir auch!



    Und Kapitel 26 folgt dann jetzt stehenden Fußes. ;)

  • Dieses Kapitel hat ausnahmsweise mal keine Lupenbilder. Weil..., äh, ja. :D
    Außerdem habe ich den größten Teil vorab Innad und Llynya zukommen lassen, um sicherzugehen, dass das, was jetzt kommt, auch im Rahmen ist. ;)


    Viel Spaß beim Lesen! (Und wegen des Kapitelendes duck ich mich schon mal vorsorglich weg. ;) )





    26kapitel.png



    01.jpg


    In dieser Nacht lag ich lange, sehr lange wach und fand keinen Schlaf.



    02.jpg


    Ich starrte in die Dunkelheit, lauschte Brayans ruhigen, gleichmäßigen Atemzügen und beneidete ihn - wie schon so oft - um seine Fähigkeit, sofort einschlafen zu können, sobald sein Kopf das Kissen berührte.


    Nach Stunden, die mir endlos vorkamen, betrat Artair leise das Zelt, zog sich im Dunkeln aus und legte sich auf seine Pritsche.



    03.jpg


    Auch er fand offenbar keine Ruhe; ich konnte spüren, dass er wach war, obwohl er sich völlig vor mir verschloss.
    Sein Schweigen stand wie eine Mauer zwischen uns.


    Irgendwann fiel ich in einen unruhigen Schlaf, aus dem ich schweißgebadet wieder auffuhr, weil mich die Vision von Artair auf dem Stein wieder heimgesucht hatte.
    In der letzten Zeit war ich davon verschont geblieben, aber ausgerechnet heute war sie mit Macht zurück gekehrt.



    04.jpg

    Artair kniete im Dunkeln vor meiner Pritsche und strich mir eine wirre Strähne aus der Stirn. Er legte seine Arme um mich und wiegte mich sanft hin und her.
    „Schsch", sagte er, „es war nur ein Traum."


    Einen Moment gestattete ich mir, seine Nähe und Wärme zu genießen, dann löste ich mich aus seinen Armen und legte die Hände vors Gesicht.
    Ich atmete tief ein und aus, um meinen rasenden Herzschlag zu beruhigen; und obwohl die Angst langsam abflaute und die Bilder verblassten, bleib ein seltsames, beunruhigendes Gefühl zurück.


    „Es ist schon in Ordnung", sagte ich leise zu Artair.
    „Es war nur ein dummer Traum. Du kannst Dich wieder hinlegen."


    Artair zögerte einen Moment, dann spürte ich, dass er nickte. Rasch strich er noch einmal über meinen Arm, dann stand er auf und ging wieder zu seinem Bett.
    Ich legte mich zurück auf mein Kissen und hörte dem leisen Rascheln zu, als er sich in seine Decken wickelte.


    „Artair?", flüsterte ich dann.


    „Ja?" Seine Stimme durchdrang die Dunkelheit, beruhigend und tröstend.


    „Danke", sagte ich leise.


    Er schwieg einen Moment. „Immer, mein Herz", sagte er dann.



    Diesmal schlief er rasch ein, aber ich war unruhig und verwirrt.
    Irgendetwas war seltsam gewesen, in meiner Vision; ich hatte das Gefühl, dass etwas anders war als sonst.
    Ich zwang mich, mir die Bilder ins Gedächtnis zu rufen und ging sie wieder und wieder durch, und dann sah ich es.


    Scharf sog ich den Atem ein.
    Die Vision hatte sich tatsächlich verändert.


    Artair hatte einen Bart getragen.


    Eiskalt lief es mir den Rücken hinunter. Wir waren in einem Heerlager, unterwegs mit den Truppen. Wenn alles so ablief wie immer, würde Artair in ein paar Tagen einen Bart haben.



    05.jpg


    Reglos lag ich auf meinem Lager, starrte in die Dunkelheit und versuchte mir einzureden, dass es nichts bedeuten müsse.


    Irgendwann schlief ich dann tatsächlich nochmal ein, obwohl die Angst an mir nagte, doch die Ruhe sollte mir nicht lange vergönnt sein.
    Ich schreckte wieder aus dem Schlaf, beunruhigt und rastlos; aber es war nicht erneut die Vision gewesen, die mich geweckt hatte.


    Zwielicht lag im Zelt, es musste kurz vor dem Morgengrauen sein.
    Etwas kratzte an der Oberfläche meiner Sinne.
    Etwas war nicht in Ordnung.


    Ruckartig setzte sich Artair auf. Ein konzentrierter Ausdruck lag auf seinem Gesicht, er lauschte angestrengt.



    06.jpg


    Ich setzte mich ebenfalls auf, und wir sahen uns an.


    „Da stimmt etwas nicht", sagte Artair, seine Stimme klang alarmiert.


    Verschlafen rührte sich Brayan und drehte sich zu mir um.
    „Was ist los?", gähnte er.


    „Ich weiß nicht", sagte ich. „Schscht, sei mal still."


    Ich horchte in mich hinein. Irgendetwas war da, ein drängendes, überwältigendes Gefühl.
    Von Gefahr.
    Rasch sprangen Artair und ich von unseren Pritschen und fuhren in unsere Hosen.


    „Steh auf", sagte ich zu Brayan. „Irgendetwas stimmt nicht."


    Mit einem Schlag wich alle Müdigkeit aus Brayans Gesicht, und er warf die Decken von sich. Zu oft schon hatte er meine Vorahnungen miterlebt, um sie auf die leichte Schulter zu nehmen.


    Ich warf mir Brayans Hemd über und hastete aus dem Zelt; folgte Artair, der zu den Wachtürmen rannte.



    07.jpg


    Wir kletterten die Leitern hinauf, und als ich oben ankam, stand Artair schon über die Brüstung gebeugt, die Augen zusammen gekniffen und den Blick fest auf den finsteren, wabernden Horizont geheftet.



    08.jpg


    „Kannst Du es sehen? Oder hören?", fragte er angespannt, als ich neben ihn trat, und ich schüttelte den Kopf.


    „Noch nicht", sagte ich, und starrte ebenfalls in die Ferne.
    Ich versuchte, die Finsternis vor mir mit den Augen zu durchdringen. Zunächst konnte ich nichts ausmachen, aber langsam klärte sich mein Blick, und nach und nach konnte ich Einzelheiten wahrnehmen.
    Dort draußen waren Menschen.
    Kämpfende Menschen. Menschen auf der Flucht.


    „Das ist Leodric!", stieß Artair plötzlich hervor, und rasch drehte er sich um und stürzte die Leiter hinab zu der Sturmglocke, die im Stockwerk unter uns angebracht war.
    Er hängte sich an das Seil, und sofort überzog die Glocke das Lager mit einem infernalischen Lärm.



    09.jpg


    Aus allen Zelten stürzten überraschte Männer und Frauen und sahen sich ratlos um.
    Artair ließ das Glockenseil fahren und beugte sich über die Brüstung, die den Ausstieg des Turms sicherte, ins Innere des Lagers.


    „Alle Mann zu den Waffen!", brüllte er. „Macht die Pferde bereit!"



    10.jpg


    Sofort kam Leben in die Kämpfer, und Artair rutschte die Leiter hinunter. Ich folgte ihm rasch.



    11.jpg


    „Uisdean!" rief Artair.


    Uisdean löste sich aus der Menge und sah Artair grimmig an.


    „Sammel die Fußtruppen vor dem Eingangstor", sagte Artair.
    „Wenn alle beisammen sind, die Tore auf und sofort raus! Wir folgen euch auf den Pferden und setzen uns dann an die Spitze."


    Uisdean nickte knapp und begann sofort, Befehle zu brüllen und die Kämpfer, die hastig ihre Kleidung sortierten, in ihre Stiefel stiegen und nach ihren Waffen griffen, in Richtung Tor zu scheuchen.


    „Alle Reiter zu mir!" rief Artair, und wir rannten zu den Koppeln, wo sämtliche Knappen und Pferdeknechte bereits damit beschäftigt waren, die Pferde in fliegender Eile zu satteln und aufzuzäumen.



    12.jpg


    „Neiyra!", rief Braigh, und ich sah zu ihm hinüber.
    Er deute mit dem Kopf auf Artair, der etwas abseits stand und sein Schwert gürtete.
    Mein eigenes Schwert und Brayans sowie unsere Waffenröcke lagen neben ihm im Gras, Braigh hatte sie offenbar aus unserem Zelt geholt, bevor er hierhergekommen war.
    Ich nickte ihm rasch anerkennend zu - es war nicht selbstverständlich, dass Knappen angesichts der ersten Schlacht einen kühlen Kopf bewahrten - und griff mir mein Schwert.
    Das Blut rauschte wild durch meine Adern, aber das vertraute Gefühl des Schwertgriffs in meiner Hand ließ mich etwas ruhiger werden, und ich drehte mich zu Braigh um.


    „Du bleibst hier, bei den anderen Knappen", sagte ich zu ihm, und ein trotziger Ausdruck trat auf sein Gesicht.



    13.jpg


    „Hast Du Neiyra gehört, Braigh?", sagte Artair hart.


    Er saß bereits auf seinem Pferd und sah streng auf Braigh hinab, der schließlich widerstrebend nickte.
    Ein schneller Blick rundum zeigte mir, dass fast alle Reiter soweit waren, und ich lenkte mein Pferd zu Gowan.
    „Halte dich an mich, Brayan oder Bran", sagte ich eilig zu ihm, und er nickte.
    Er war blass, wirkte aber entschlossen.


    „Los!", drängte Artair, und wir gaben unseren Pferden die Sporen und galoppierten Richtung Tor, das die Wachen für uns offen gelassen hatten.



    14.jpg


    Kaum hatten wir das Tor hinter uns, ließen wir die Zügel schießen und jagten im gestreckten Galopp den Fußtruppen hinterher, die schreiend auf das in einiger Entfernung vor uns liegende Getümmel zustürmten.



    15.jpg

    Rasch hatten wir sie eingeholt und setzten uns an ihre Spitze, und zum ersten Mal konnten wir deutlich sehen, was vor uns lag.


    Und was wir dort sehen konnten, nahm uns den Atem.


    Der Boden war übersät mit Verwundeten und Gefallenen, und so wie es aussah, schien jeder einzelne von ihnen einer von Leodrics Männern zu sein.
    Der Rest der Kämpfer setzte sich erbittert zur Wehr, aber es war völlig unmöglich für uns, zu erkennen, wogegen sie eigentlich kämpften.


    Ein Brausen lag in der Luft, das immer lauter wurde, je näher wir kamen; und hilflos mussten wir mit ansehen, wie immer mehr Männer wie von unsichtbarer Hand gefällt zu Boden gingen.


    Artair stieß einen wütenden Schrei aus, in den wir alle einstimmten, und wir trieben unsere Pferde noch mehr an, in dem drängenden Bestreben, Leodric möglichst schnell zu Hilfe zu kommen.


    Je näher wir kamen, umso mehr Einzelheiten konnten wir erkennen, und ich konnte sehen, dass die Männer umgeben waren von schwarzen Wirbeln, die sich so schnell bewegten, dass man sie mit bloßem Auge kaum verfolgen konnte.
    Offenbar waren es diese schwarzen, schemenhaften Gestalten, gegen die Leodric und seine Männer ankämpften; aber sie hatten keine Chance – viel zu schnell bewegten sich die unheimlichen Schatten, um ihrer tatsächlich habhaft werden zu können.
    Es war ein ungleicher Kampf.
    Ein grauenhaftes Gemetzel.



    16.jpg


    Mit gezogenen Schwertern preschten wir mitten in das Getümmel, und das schien den Angriff tatsächlich einen Moment ins Wanken zu bringen; seltsamerweise hatten die unheimlichen Gegner uns offenbar trotz unseres Gebrülls nicht bemerkt.


    Ich ließ mein Schwert wirbeln, immer darauf bedacht, keinen von Leodrics Männern zu treffen, und in der Hoffnung, dass ich früher oder später eines dieser Wesen treffen würde.
    Verzweifelt bemühte ich mich, eine dieser unnatürlich schnellen Gestalten im Blick zu behalten; zu erraten, wo es im nächsten Moment erscheinen würde und Silbersterns Schnelligkeit zu meinem Vorteil zu nutzen.


    Und tatsächlich – an dem Ruck und dem Schmerz, der meinen Schwertarm bis zu meiner Schulter durchschoss, konnte ich erkennen, dass mein Schwert sein Ziel gefunden hatte.
    Der schwarze Wirbel zu meiner Rechten erstarrte mitten in der Bewegung, und ich sah, dass es ein Mann war, der mit einer Lanze genau auf mich zielte.
    Die Lanze fiel aus seiner Hand, und er brach zu meinen Füßen zusammen.


    Schockiert sah ich ihn an.
    Es war ein Mann. Ein ganz normaler Mann.
    Ich wusste nicht, was ich eigentlich erwartet hatte; aber bestimmt nicht das.



    17.jpg


    Ein rascher Blick zu Artair zeigte mir, dass auch er erfolgreich gewesen war und um die wahre Natur unserer Gegner wusste.
    Zwei der Angreifer lagen tot unter den Hufen seines Pferdes, und auch Brayan und Bran hatten ein paar erwischt.


    Die gefallenen Gegner schienen Leodrics Männern neue Zuversicht einzuflößen, sie schlossen sich enger zusammen und wehrten sich erbittert; und aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass die Fußtruppen uns erreicht hatten.



    18.jpg


    „Einen Ring!" hörte ich Artair rufen.


    Uisdean brüllte Befehle, sein Beidhänder schwirrte so rasch durch die Luft, dass ich das Blatt nicht mehr ausmachen konnte; und rasch formierten sich unsere Männer zu einem Kreis, Schulter an Schulter; nahmen Leodric und seine erschöpften Kämpfer in die Mitte und ließen ihre Schwerter schwingen wie Schnitter ihre Sensen.



    19.jpg


    Wir jagten mit den Pferden um sie herum, aber obwohl dies für einen Moment die Überlegenheit unserer Angreifer schwächte, war uns allen klar, dass wir am Ende unterliegen würden.
    Nach und nach würden sie uns erwischen, und es gab keine Möglichkeit für uns, das Lager unbeschadet zu erreichen.


    Es kam mir so vor, als hielten die schwarzen Gestalten einen kurzen Augenblick inne, und dann spürte ich eine Art Prickeln in der Luft, das ich mir nicht erklären konnte, und das eine Art Zeichen zu sein schien.
    Bislang war der Angriff scheinbar planlos erfolgt und jeder der schwarzen Wirbel hatte allein gestanden, aber nun bündelten sie ihre Kräfte.
    Zu dritt oder zu viert attackierten sie jetzt, an verschiedenen, weit auseinanderliegenden Punkten, die ständig wechselten. Sie versuchten, unsere Formation aufzubrechen und die Reiter zu trennen.



    20.jpg


    Ich jagte um den Ring herum, dicht gefolgt von Brayan, um Bran und Gowan auf der gegenüberliegenden Seite zu Hilfe zu eilen, die sich gleich gegen fünf Angreifer zur Wehr setzen; aber genau in dem Moment, in dem wir sie erreichten, verschwanden die schwarzen Wirbel.


    Ich zügelte Silberstern, wir drehten uns mehrmals um die eigene Achse, und hastig suchte ich das Schlachtfeld ab.
    Dort! Ein Stück entfernt, zu meiner linken Hand, sah ich sie wieder erscheinen, und ich wollte meinem Pferd schon die Sporen geben, als ich es spürte.


    Artair stand allein.


    Ich stieß einen Schrei aus und jagte los, in die entgegengesetzte Richtung als in die, in die sie uns locken wollten.
    Ich spürte Brayan, Bran und Gowan dicht hinter mir, aber ich sah nicht zurück, sondern starrte auf das, was ich vor mir sah, in dem verzweifelten Versuch, es mit meinen Blicken aufzuhalten, den Abstand zu verringern, den fremden Wesen meinen Willen aufzuzwingen.



    21.jpg


    Artair war umgeben von schwarzen Wirbeln, ich konnte ihn fast nicht mehr sehen; nur ab und an blitzte ein Stück seines Waffenrocks, seines Schwertes in der tosenden Finsternis auf, die ihn umschloss.
    Die Männer, die ihm am nächsten standen, lösten sich aus dem Ring, als sie sahen, was geschah, und versuchten, ihm zu Hilfe zu kommen; aber weniger als die Hälfte von ihnen erreichte ihn, bevor sie gnadenlos niedergemacht wurden.


    Vier, drei, zwei Galoppsprünge, und ich war heran; ich fuhr in die schwarze Wirrnis und schwang mein Schwert, blind vor Wut.
    Neacall und zwei weitere Reiter schossen von der anderen Seite herbei, und im nächsten Augenblick waren auch Brayan, Bran und Gowan bei uns.



    22.jpg


    Die Wirbel verschwanden, als hätte es sie nie gegeben; drei von ihnen lagen tot vor uns, aber schon erschienen sie wieder an anderer Stelle und attackierten den Ring an seiner schwächsten Stelle.

    Artair hatte eine klaffende Wunde am Oberschenkel und mehrere kleinere an den Armen, und er schäumte vor Zorn.
    Er gab Nachtwind die Sporen und setzte den Angreifern nach, und wir folgten ihm.


    Aber so verzweifelt wir uns auch bemühten, überall gleichzeitig zu sein, so lichteten sich unsere Reihen doch mehr und mehr.
    Verzweifelt zermarterte ich mir das Hirn, was wir noch tun könnten, doch mir wollte kein Ausweg einfallen.



    Und dann geschah es.


    Ein breiter, goldener Lichtstrahl fiel von einem der Türme des Heerlagers über das Schlachtfeld, durchdrang das Dunkel ringsum und erhellte den Tag; und ein sanfter Wind dämpfte das fürchterliche Brausen.



    23.jpg


    Neue Hoffnung erfüllte uns, und die Angreifer schienen verunsichert; das Wirbeln um uns kam zum Erliegen, und einen Moment lang herrschte eine unnatürliche Stille.
    Atemlos waren alle Blicke auf das Heerlager gerichtet.


    Auf dem Turm stand Shainara.



    24.jpg


    Ihre Aura, sonst sanft und friedlich, umtoste sie wie ein wildes Feuer, und das goldene Licht, das das Schlachtfeld erhellte, nährte sich daraus.
    Wie als Antwort darauf erfüllte plötzlich ein schrilles, kreischendes Geräusch die Luft; so laut und unerträglich, dass einige unserer Männer in die Knie gingen und sich die Ohren zuhielten; und der Angriff brandete erneut auf.


    Und im gleichen Augenblick hörte ich Shainaras Stimme in meinem Kopf.


    Es ist ein Zauber, Neiyra, sagte sie. Diese Schnelligkeit, das ist ein Zauber. Und dort muss jemand sein, der diesen Zauber webt. Sieh dich um! Finde ihn!



    25.jpg


    Ein Zauber? Verwirrt fuhr ich mir mit der Hand über die Stirn. Von einem solchen Zauber hatte ich noch nie gehört.


    Rasch! drängte Shainara. Beeil dich! Ihr könnt nicht mehr lange standhalten. Er muss irgendwo sein, wo er alles im Blick hat.


    „Brayan! Artair!" rief ich, und als beide zu mir herüber sahen, warf ich Silberstern herum und lenkte ihn an den Rand des Geschehens.
    Brayan folgte mir, und Artair bedeutete Bran, dass er das Kommando übernehmen solle, bevor er sich ebenfalls anschloss.



    26.jpg


    „Was ist los, Neiyra?", fragte er, als er mich erreicht hatte; seine Stimme klang grimmig.


    „Shainara sagt, dass es ein Zauber ist, und hier jemand sein muss, der den Zauber webt", stieß ich hastig hervor.


    Brayan warf einen Blick zurück zum Heerlager, zu Shainara auf ihrem Turm.
    „Du kannst sie hören?" fragte er verblüfft.


    „Sie ist hier drin", sagte ich und deutete auf meinen Kopf.
    Brayan pfiff leise durch die Zähne.


    „Shainara möchte, dass ich mich umsehe", ergänzte ich, und Artair nickte.


    Ich nahm die Zügel wieder auf und begann, das Schachtfeld langsamer zu umkreisen, während Brayan und Artair mir Deckung gaben; bereit, jederzeit zuzuschlagen.


    27.jpg


    Ich stellte mich in meinen Steigbügeln auf und ließ den Blick langsam über das Kampfgetümmel wandern.
    Nein, da war nichts. Nichts Ungewöhnliches, niemand, der sich irgendwie anders verhielt.


    Wie weit konnte er wohl entfernt sein? Ich dehnte meine Suche aus und musterte die nähere Umgebung.
    Ein Wäldchen, ein kleiner Hügel, ein paar Ruinen, noch ein Wäldchen.
    Nichts.


    Doch.


    Abrupt brachte ich Silberstern zum Stehen, meine Augen flogen zurück zu dem Hügel. Irgendetwas stimmte dort nicht.
    Ein seltsames Gefühl bemächtigte sich meiner, als ich meinen Blick über die Kuppe wandern ließ. Wieder und wieder suchte ich den Hügel ab, und schließlich blieben meine Augen an einem kleinen Dickicht hängen, fast direkt auf der Spitze des Hügels.
    Dort.
    Das war es.


    28.jpg


    Die Luft dort schien zu flirren, wie der Horizont bei großer Hitze, und alles schien seltsam verbogen.
    Es fühlte sich an wie ein Bruch in der Wirklichkeit.


    Fest heftete ich meinen Blick auf das Dickicht, und es war, als ob ein Sog mich dorthin zog. Die Welt um mich herum begann zu verschwimmen, und ich musste all meine Konzentration aufbringen, um im Hier und Jetzt zu bleiben.


    „Dort!", rief ich und deutete auf den Hügel.


    Ohne zu zögern gab Artair Nachtwind die Sporen.
    „Berittene Bogenschützen!", rief er. „Mir nach!"


    Sofort folgten uns fünf Reiter und Reiterinnen. Ich hielt meinen Blick fest auf das Dickicht geheftet, und je näher wir dem Hügel kamen, umso sicherer wurde ich mir, dass das, was hier geschah, seinen Ausgang von dort nahm.


    Als wir in Schussweite kamen, zügelte Artair sein Pferd.
    „Wo, Neiyra?", drängte er.



    30.jpg


    „Genau dort", sagte ich und deutete auf das Dickicht.


    „Da ist doch überhaupt nichts!", sagte einer der Bogenschützen zweifelnd.


    Wartet! hörte ich Shainaras Stimme, und ich wiederholte ihre Worte.


    Sieh ihn dir an, Neiyra. Du kannst ihn sehen, wenn Du nur willst. Du kannst es. Sieh genau hin. Behalte ihn fest im Blick, und was auch geschieht, verlier ihn nicht aus den Augen.



    31.jpg


    Na toll, dachte ich.


    Du kannst das, Kleines. Shainaras Stimme klang fest und zuversichtlich.
    Du kannst viel mehr, als Du denkst.


    Entschlossen richtete ich mich auf und durchbohrte das Dickicht mit meinen Augen.
    Und dann fühlte ich es.
    Etwas durchströmte mich, eine Kraft und Präsenz, die ganz und gar Shainara war.


    Öffne dich. So, wie du es bei dem Ritual getan hast.


    Ich ließ meine Barrieren fallen, und sofort spürte ich wieder, wie die Luft schwer wurde und prickelte, und jenes Rauschen und Pulsieren, das rasch in ein gleichmäßiges Schwingen überging.
    Ich nahm es auf, verstärkte es, wurde ein Teil von ihm.


    Ein dumpfes Grollen ertönte, und eine gewaltige Welle aus Licht, ausgehend vom Turm des Heerlagers, schoss durch mich hindurch, und ich verstärkte sie mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, ohne überhaupt zu wissen, was ich da eigentlich tat.


    In einem gewaltigen, gleißenden Blitz traf sie direkt in das Dickicht auf dem Hügel.


    32.jpg


    Und dann brach die Welt in tausend Stücke.



    Personenverzeichnis ~ Stammbaum ~ Karte




  • Na wenn das mal nicht gut abgepasst war, so ganz schnell vor dem nächsten Kapitel noch meinen Comment losgeworden. *froh bin*


    Jaja, ich bin wieder da und hab mir auch fest vorgenommen, in Zukunft keine deiner FS mehr unkommentiert zu lassen, auch wenn sie nicht ganz so lang werden (müssen - immer), wie der letzte. Aber keine Garantie. Und um die Catalina kümmer ich mich (dank dir, gibts da ja wieder Licht am Ende des Tunnels :applaus)


    Also zunächst mal muss ich aber noch was loslassen. Wann bist denn du so kryptisch geworden? Die Antworten auf die Kommentare, ZUM HAARERAUFEN! Hier ein Bröckchen, da ein Bröckchen, immer gerade wenn man denkt: "Yay, hab dich erwischt", kommt wieder ein: "doch nicht" .da möchte man dich doch irgendwo in einen Raum packen und sagen: SO, und nun spucks aus, sag es mir. *bettel, bettel*
    Nein, sag es mir nicht! Lass mich lieber weiter warten, obwohl ich viel, viel mehr Angst habe, um Neiyra, um Atair, um das ganze Verhältnis der drei als ich je um eine meiner Figuren hatte.


    Ok, nachdem du ja hier schon große Warnungen losgelassen hast, hab ich beschlossen, es heute mal genauso zu machen, wie Nath früher immer bei Celia, ich schreibe den ersten Teil des Kommis mal während des Lesens, ohne Rücksicht auf Verluste, dann siehst du mal, was mir so während der ganzen Geschichte durch den Kopf geht.


    Hallelujah, bei dem Anblick könnte ich auch nicht schlafen, und wenn ich das schon hundertmal gesehen hätte.


    Dieses Schweigen zwischen den beiden ist irgendwie traurig, dieses verschließen kann man auf zweierlei Art sehen, nicht nur, dass er seinen Geist verschließt, wegen all den Gefahren sondern auch mit Bezug auf dieses letzte Gespräch, dass sie sich selbst einem andern anvertraut und ihn das mächtig stört, oder besser ausgedrückt: es verletzt ihn tatsächlich, gerade weil sie ihm vertrauter ist als andere (abgesehen von Brayan, aber vielleicht sogar vertrauter als er, jedenfalls hab ich immer das Gefühl)


    Noch mehr Herzklopfenanblick. Himmel, einer von denen reicht doch schon, aber zwei! Neiyra, echt, ich beneide dich nicht wirklich (oder ein bisschen, ein klitzekleines bisschen, aber das muss einfach....*seufz*)
    Und ich liebe es, wenn er dieses "mein Herz" anbringt. Es wirkt so süß, aber es macht auch melancholisch. Wo man sich doch ständig dabei fragt, wer wirklich in seinem Herzen wohnt, in Bezug auf Liebe, denn dass sie schon in ihren Platz darin hat, dass steht ja außer Frage.


    Ah, da hat sich bei der Vision was geändert, aber dass er so schnell drauf geht? Oder, das wird mit Sicherheit nicht der letzte Heerzug sein, sonst würde das ganze ja nicht "Zeit der Finsternis" heißen, das hört sich nach längerer Zeit, nach einem ganzen Zeitalter an. (Neiyra hat doch am Anfang sowas gesagt, oder? dass sie in zwei Zeitaltern gelebt hat, oder so ähnlich)
    Hatte ich schon erwähnt, dass ich deine Skins mag. (*grins* vor allem die der Männer :) )


    Und da fängt der Ärger schon an. Irgendwie hatte ich ja damit gerechnet, dass die Nacht nicht einfach ruhig zuende geht, obwohl ich allen dreien die Atempause schon gegönnt hätte.


    Dieser Junge, Braigh, jedes Mal wenn ich ihn sehe, fällt mir dieses eine Bild wieder ein, eins von vor langer Zeit und ich denke immer das gleiche, ist er es, oder ist er es nicht. Denn wenn er es ist, dann....nee, ich frag dich lieber in der PN, obwohl ich nicht weiß, ob ich die Antwort wirklich wissen will.


    Ich liebe diese Pferdebilder, das steckt eine ganz eigene Dynamik drin, und jeder hält das Schwert in einem andern Winkel, wow. Du hast recht, FreezerClock ist die beste Erfindung und sollte zur Standardausrüstung für arme gebeutelte Schreiberlinge gehören
    Also wogegen die da kämpfen würde mich auch mal interessieren. Irgendwas magisches schätze ich, schwer greifbares, das wirkt alles reichlich hoffnungslos.
    Yep, das hört sich schwer nach Magie an. Ok, doch Männer, aber mit einer Riesenportion Magie versehen. Niemand bewegt sich so schnell auf normalem Weg. Das muss furchteinflößend sein, egal, wie viel man schon gesehen hat.
    Neiyras Verbundenheit mit Atair muss man schon bewundern, sie verliert ihn nie wirklich aus den Augen.


    oh, das Bild mit dem Licht ist herrlich. *muss Pause machen und Bild bewundern*
    Hah, ich hab doch gesagt, es ist Magie, was anderes geht doch gar nicht. (Brayan in deiner Welt: "du kannst sie hören? Brayan in unserer Welt: hast du etwa dein Handy mitgenommen?)


    Mmh, das Bild mit der Anomalie auf den Felsen ist auch unglaublich stimmungsvoll. Ich steh ja total auf deine Wolken, und muss schon wieder an eine Szene denken, die mir noch bevor steht. Und die Sims haben keinen tollen Wolkenhimmel *heul*. Konzentrier dich, Nery!
    Neiyra, du solltest unbedingt daran arbeiten, rauszufinden, was du sonst noch so alles kannst! (Mensch Mädchen, du bist schon irgendwie umwerfend, aber was passiert nur mit dir, dass du am Ende an einem Punkt landest, wo keiner sich mehr für deine Wahrheit interessiert.)


    Äh, was? Wo ist die nächst Seite, das nächste Bild? Ähm, hä? Du hörst hier auf? Was???
    Ganz recht, geh mal lieber fix in Deckung, also das ist ja nun obergemein, du hättest uns doch wenigstens mal einen winzigen Blick auf, wer auch immer da drin steckt werfen lassen können! Menno!



    Ok, Schluss mit den Recap-Gedanken.
    Also abgesehen von diesen ersten Szenen, bei denen ich mich nicht so ganz entscheiden kann, ob ich sie eher anrührend (Atair und seine Sorge um sie, dieses Gespür, selbst im Schlaf, dass er gebraucht wird, nein, dass SIE ihn braucht, das ist ja sowas von herzerwärmend, oben hab ich noch geschrieben, wie verbunden Neiyra mit ihm ist, das trifft umgekehrt eben auch zu - oh verdammt, sie kriegt ihn wirklich nicht, ich wüsste nicht, wie die Szene am Anfang sonst zu erklären wäre, wo sie so allein ist, die Art, wie sie von der Vergangenheit spricht, *heul* Mann, ich krieg diese Dinger aus dem Prolog einfach nicht aus dem Kopf, sag mir, dass ich mich irre, und wenn's auch nur, um mich in die Irre zu führen, ok? Naja, ich geb mich auch mit Brayan zufrieden, oder mit dem Kerl aus ihren Träumen, allerdings läuft der ja noch unter "mit Vorsicht zu genießen"), ehm, also eher anrührend oder eher aufregend finde (im Sinne von: heh, ich bin auch nur eine Frau und schwärmen wird ja wohl noch erlaubt sein, gell?) Und schon wieder den Faden verloren, also abgesehen von diesen Szenen wird es ja nun so richtig dramatisch. (ich finde gewalttechnisch ist es nicht dramatisch, weder in den Bildern, noch in der Beschreibung, obwohl die Bedrohung und der Kampf schon richtig rüberkommen. Aber bei mir sind es eher andere Bilder, bei denen ich denke, OMG wie schrecklich, nur mal an dieses eine Bild denke, das ich dir in der PN erkläre, sicherheitshalber)


    Und ich finde es gar nicht nett, nein, überhaupt nicht nett, dass du nun genau da aufhören musst.
    Allerdings.....ist es auch wieder nicht ganz so schlimm, wenn ich es recht bedenke, denn....du hast ja netterweise vergessen, das Kapitel früher zu posten. Will heißen, es dauert nicht mehr so lange, bis wir es sehen können. Wozu so ein Versehen alles so gut ist, was?


    Was hab ich gesagt, wird nicht so lang? Versprechen eingehalten, es IST nicht so lang wie der letzte.

  • Na wenn das mal nicht gut abgepasst war, so ganz schnell vor dem nächsten Kapitel noch meinen Comment losgeworden.


    Nein, es war genau andersrum. :D Durch Deinen unerwarteten Kommi, der die FS aus der Versenkung geholt hat, ist mir aufgefallen, dass das 26. Kapitel noch fehlt. ;)


    Jaja, ich bin wieder da und hab mir auch fest vorgenommen, in Zukunft keine deiner FS mehr unkommentiert zu lassen, auch wenn sie nicht ganz so lang werden (müssen - immer), wie der letzte.


    Götter, nein. :D Das wäre auch zuviel verlangt. Ich freu mich, wenn ich was von Dir höre, egal wie lang es ist.


    Und um die Catalina kümmer ich mich


    Ich kann´s kaum erwarten! *rumhibbel*


    Also zunächst mal muss ich aber noch was loslassen. Wann bist denn du so kryptisch geworden? Die Antworten auf die Kommentare, ZUM HAARERAUFEN! Hier ein Bröckchen, da ein Bröckchen, immer gerade wenn man denkt: "Yay, hab dich erwischt", kommt wieder ein: "doch nicht".


    *Grins* Das ist dann wohl irgendwann in den letzten drei Jahren pssiert, als Du weg warst. :D
    Nee, das ist echt notwendig. Hier ist es ja ziemlich ruhig, aber drüben im gelben muss ich drauf achten, was ich sage, weil die Leser aufpassen wie die Luchse. Wenn ich da aus dem Nähkästchen plaudere, fliegt mir das möglicherweise später um die Ohren. *ggg* Und ich hab drüben auch gesagt: wenn ich eine klare Aussage mache, dann stimmt die auch und man kann sich drauf verlassen - so wie kürzlich, als ich mich dazu geäußert habe, ob Artair seine Hochzeit erleben wird. ;) Deshalb muss ich gut aufpassen, was ich sage, denn manches ist ja auch noch im Fluss, und wenn dann hinterher doch was anderes passiert, krieg ich Haue. :roftl



    Nein, sag es mir nicht!


    Okay. :D


    dann siehst du mal, was mir so während der ganzen Geschichte durch den Kopf geht.


    Live-Kommis sind ja auch immer richtig spannend.


    Hallelujah, bei dem Anblick könnte ich auch nicht schlafen, und wenn ich das schon hundertmal gesehen hätte.


    *Schepplach*


    Dieses Schweigen zwischen den beiden ist irgendwie traurig, dieses verschließen kann man auf zweierlei Art sehen, nicht nur, dass er seinen Geist verschließt, wegen all den Gefahren sondern auch mit Bezug auf dieses letzte Gespräch, dass sie sich selbst einem andern anvertraut und ihn das mächtig stört, oder besser ausgedrückt: es verletzt ihn tatsächlich, gerade weil sie ihm vertrauter ist als andere (abgesehen von Brayan, aber vielleicht sogar vertrauter als er, jedenfalls hab ich immer das Gefühl)


    Und nicht nur das, vor allem auch in Bezug auf das letzte Gespräch: vielleicht verschließt er sich auch, damit Neiyra etwas, das er weiss, nicht erfährt.



    Und ich liebe es, wenn er dieses "mein Herz" anbringt.


    Ja, obwohl wir drüben ziemlich übereinstimmend der Meinung waren, dass es in letzter Zeit zu häufig vorgekommen ist. Irgendwie ist mir das entglitten, und bei der Überarbeitung für die englische Version werde ich möglicherweise ein paar Herzen wieder entfernen. ;) Aber dieses hier, an dieser Stelle, bleibt auf jeden Fall, das war von Anfang an so geplant.



    Wo man sich doch ständig dabei fragt, wer wirklich in seinem Herzen wohnt, in Bezug auf Liebe


    Eine wirklich gute Frage.



    Ah, da hat sich bei der Vision was geändert, aber dass er so schnell drauf geht? Oder, das wird mit Sicherheit nicht der letzte Heerzug sein, sonst würde das ganze ja nicht "Zeit der Finsternis" heißen, das hört sich nach längerer Zeit, nach einem ganzen Zeitalter an.


    Wenn ich mal raten müßte, würde ich auch auf letzteres tippen. ;)
    Nein, wir sind gerade ungefähr höchstens bei der Hälfte der Geschichte, genau kann ich das noch nicht abschätzen, und es wäre viel zu früh, den männlichen Hauptdarsteller um die Ecke zu bringen. :D



    Hatte ich schon erwähnt, dass ich deine Skins mag. (*grins* vor allem die der Männer :) )


    Ich mag den auch, aber der hat leider auch seine Macken. Wenn die halb oder ganz nackt sind, muss ich immer einige Brüche nachbearbeiten. :(



    Dieser Junge, Braigh, jedes Mal wenn ich ihn sehe, fällt mir dieses eine Bild wieder ein, eins von vor langer Zeit und ich denke immer das gleiche, ist er es, oder ist er es nicht. Denn wenn er es ist, dann....nee, ich frag dich lieber in der PN, obwohl ich nicht weiß, ob ich die Antwort wirklich wissen will.


    Ich glaub ja nicht, dass ich das verraten werde. ;)



    Du hast recht, FreezerClock ist die beste Erfindung und sollte zur Standardausrüstung für arme gebeutelte Schreiberlinge gehören


    Oh Mensch, ja. Am Anfang kannte ich die noch nicht, die Szene mit den Verwundeten im Medela ist ohne FreezerClock entstanden, und die hat mich fast irre gemacht. :rolleyes



    Neiyras Verbundenheit mit Atair muss man schon bewundern, sie verliert ihn nie wirklich aus den Augen.


    Jup, das hat auch einen Grund. Den man aber noch nicht kennt.



    Hah, ich hab doch gesagt, es ist Magie, was anderes geht doch gar nicht. (Brayan in deiner Welt: "du kannst sie hören? Brayan in unserer Welt: hast du etwa dein Handy mitgenommen?)


    :roftl Ob es in ihrem Kopf geklingelt hat? :D



    Mmh, das Bild mit der Anomalie auf den Felsen ist auch unglaublich stimmungsvoll. Ich steh ja total auf deine Wolken, und muss schon wieder an eine Szene denken, die mir noch bevor steht. Und die Sims haben keinen tollen Wolkenhimmel *heul*.


    Der ist nachträglich reingebaut. Aber es gibt ja auch diese DL-Himmel, die sind echt ganz schön und auch stimmungsvoll.



    Neiyra, du solltest unbedingt daran arbeiten, rauszufinden, was du sonst noch so alles kannst!


    Ja, unbedingt! *heftignick* Aber, wie sie schon zu IHM gesagt hat, bislang war sie nicht willig. :D



    Äh, was? Wo ist die nächst Seite, das nächste Bild? Ähm, hä? Du hörst hier auf? Was???
    Ganz recht, geh mal lieber fix in Deckung, also das ist ja nun obergemein, du hättest uns doch wenigstens mal einen winzigen Blick auf, wer auch immer da drin steckt werfen lassen können! Menno!


    Nööö, das muss so. :D



    Mann, ich krieg diese Dinger aus dem Prolog einfach nicht aus dem Kopf, sag mir, dass ich mich irre, und wenn's auch nur, um mich in die Irre zu führen, ok?


    Neeee. Wie schon gesagt, wenn ich was sage, dann stimmt´s auch. ;)



    (ich finde gewalttechnisch ist es nicht dramatisch, weder in den Bildern, noch in der Beschreibung


    Ich mag das auch nicht so, weder im Text noch in den Bildern. Ich kann das auch nicht schreiben. :D



    Will heißen, es dauert nicht mehr so lange, bis wir es sehen können.


    Mal sehen. Erst mal muss ich mein Homepage-Update fertigmachen. :hua



    Was hab ich gesagt, wird nicht so lang? Versprechen eingehalten, es IST nicht so lang wie der letzte.


    Aber ein Monsterkommi ist es trotzdem wieder geworden. :D Vielen Dank!
    PN folgt später, ich muss jetzt erst mal los.

  • Kurze Anmerkung zu den Lupenbildern: da ich einen neuen Computer habe, sind die Lupenbilder jetzt 1920x1080 Pixel gross. Bild sechs ist in gross ein Alternativbild, alle anderen zeigen nur mehr als auf dem kleinen zu sehen ist.
    Aber Bild sechs würde ich mir schon mal ansehen. ;)


    Und jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen! (Endlich :D )





    27kapitel.png



    Erneut ertönte ein fürchterliches, schrilles Geräusch; es klang, als würden tausende Messer über Glas gezogen.


    01.jpg


    Es wurde immer lauter und steigerte sich zu einem unerträglichen Crescendo; ich ließ mein Schwert fahren und presste meine Hände auf die Ohren.



    02.jpg


    Die Erde fing an zu vibrieren, Steine lösten sich aus dem Hügel, Bäume fingen an zu schwanken.
    Das Brausen über dem Schlachtfeld hatte sich zu einem Orkan gesteigert, und Blitze zuckten aus den finsteren Wolkenmassen, die sich über dem Hügel auftürmten.


    Das helle, goldene Licht, das in das Dickicht eingedrungen war, war plötzlich von Finsternis umgeben und schien sich, begleitet von einem dumpfen Grollen, immer mehr zusammen zu ziehen; und je kleiner es wurde, umso heller und strahlender wurde es; so gleißend, das wir es nicht mehr ansehen konnten.


    Und dann schienen das Licht und die Finsternis ineinander aufzugehen und gleichsam zu explodieren.



    03.jpg

    lupe.png3


    Der Knall, der die Explosion begleitete, war so ohrenbetäubend, dass ich ihn wie einen Schlag vor die Brust spüren konnte; und eine gewaltige Druckwelle fegte uns von den Füßen, ließ die Pferde stürzen, entwurzelte Bäume und Sträucher und wirbelte uns alle durcheinander.


    Ein einziger, gewaltiger Blitz fuhr in die Kuppe des Hügels und spaltete ihn; Steine, Erdschollen, Äste und Wurzelwerk flogen wie Geschosse auf uns zu, und instinktiv rollte ich mich so eng wie möglich zusammen und legte die Arme über meinen Kopf.



    04.jpg


    Mehrere Gesteinsbrocken trafen mich am Oberkörper, und ich konnte mich gerade noch herumwerfen, bevor ein Baumstamm meine Beine zerschmetterte; doch endlich hörte der Geschoßhagel auf.


    Benommen kam ich auf die Knie, alles, was ich hören konnte, war ein dumpfes Dröhnen, und ich konnte nicht klar sehen.
    Ich schwankte, schüttelte den Kopf, um meinen Blick zu klären, und suchte blinzelnd nach dem Dickicht.


    Und dann sah ich ihn.
    Für einen kurzen Moment konnte ich ihn klar erkennen.



    05.jpg


    Ein Mann in einem schwarzen Umhang und mit schwarzer Kapuze stand auf der Spitze des geborstenen Hügels, umgeben von flirrender Luft; völlig unberührt von allem, was um ihn herum vorging.



    06.jpg

    lupe.png6 Alternativbild


    Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass Brayan auf die Füße kam, seinen Langbogen anlegte und in rascher Folge Pfeil auf Pfeil abschoss, aber keiner der Pfeile konnte den Mann erreichen.
    Sie prallten einfach ab, als sei er von einem unsichtbaren Schild umgeben.


    Und dann war er verschwunden.


    Von einem Moment auf den anderen war er fort, als habe es ihn nie gegeben.
    Fassungslos starrte ich auf die Stelle, an der er ich ihn eben noch gesehen hatte, aber dann durchdrangen Schreie das dumpfe Dröhnen auf meinen Ohren, und rasch drehte ich mich um.


    Es war Siegesgeschrei; der Zauber war offensichtlich gebrochen, und die Angreifer, ihrer unnatürlichen Schnelligkeit beraubt, wurden gnadenlos niedergemacht.



    07.jpg

    lupe.png7


    Hinter mir hörte ich einen Fluch, und Artair, eine Platzwunde auf der Stirn, warf sich auf Nachtwind und preschte zurück zum Schlachtfeld, um das Gemetzel aufzuhalten.


    Ich taumelte zu Brayan, der ebenfalls einigermaßen unversehrt zu sein schien.
    Er hinkte ein wenig und hatte einen Kratzer auf der Wange, aber ansonsten konnte ich auf den ersten Blick keine größere Verletzung erkennen.


    08.jpg

    lupe.png8


    Er schloss mich in die Arme, und erleichtert erwiderte ich die Umarmung; dann sah ich mich um.
    Zwei der Bogenschützen waren tot, von Steinen erschlagen, zwei weitere verletzt.
    Eine erste, rasche Untersuchung zeigte, dass beide in der Lage waren, zu reiten, und so legten wir die Toten über die Sättel ihrer Pferde und ritten zurück.


    Dort angekommen, ließ ich meinen Blick über das Schlachtfeld wandern.
    Artair war offenbar zu spät gekommen, kein einziger der Angreifer war mehr am Leben; und damit jede Gelegenheit für uns vertan, etwas über das, was hier geschehen war, in Erfahrung zu bringen.


    Er schritt durch die Reihen der Verwundeten und Gefallenen, und rasch ging ich zu ihm.


    „Neiyra", sagte er, und er klang erleichtert. Kurz strich er mit seinem Daumen über mein Kinn, dann wandte er sich wieder um.


    „Ich kann Leodric nicht finden", sagte er grimmig, aber in diesem Moment hörte ich einen lauten Ruf hinter uns, und als wir uns umwandten, sahen wir zwei Männer auf uns zukommen.



    09.jpg

    lupe.png9


    Der ältere war Leodric, aber beide waren groß und dunkelhaarig und hatten strahlend blaue Augen. Die Ähnlichkeit mit Artair war verblüffend, besonders bei dem jüngeren Mann.

    „Artair", sagte Leodric, als sie uns erreicht hatten, und beide umarmten sich.



    10.jpg


    „Neffe, du bist hochwillkommen", stieß Leodric hervor. Dann schob er Artair ein wenig von sich und sah ihn lange an.
    „Du siehst aus wie sie", sagte er leise. „Sie war unser aller Licht."


    Dann schüttelte er kurz den Kopf, als wolle er trübe Gedanken abwerfen, und deutete auf den jüngeren Mann an seiner Seite.


    „Erinnerst du dich noch an deinen Vetter?"


    „Alec", sagte Artair und reichte dem jüngeren Mann die Hand.
    „Es ist lange her."



    11.jpg

    lupe.png11


    Alec ergriff Artairs Hand.
    „Sire", sagte er, und Artair hob eine Augenbraue.


    „Sie haben uns fast völlig aufgerieben", sagte Leodric, und Zorn loderte aus seinen Augen.
    „Wenn ihr nicht gekommen wäret und dem ein Ende gesetzt hättet, wären wir alle verloren gewesen."
    Er schüttelte den Kopf. „Aber das muss warten. Zunächst gibt es Dringlicheres."


    Und damit hatte er recht.


    Die Zahl der Toten und Verwundeten war überwältigend hoch, und mit geübtem Blick suchten Artair und ich diejenigen, die sofortiger Hilfe bedurften.
    Aus dem Heerlager eilten die Heiler herbei und halfen uns bei der Versorgung derjenigen, die zu schwer verletzt waren, um sie gleich ins Lager zu bringen.



    12.jpg

    lupe.png12


    Alle im Heerlager zurückgebliebenen Männer und Frauen schafften Tragen, Decken und Karren herbei, um die übrigen Verwundeten zurück zu schaffen, und der größte Teil der unversehrten oder nur leicht verwundeten Kämpfer half ihnen dabei.


    Der Rest der Männer, geführt von Leodric, trennte die Toten von den Verwundeten und begann mit den Bestattungen.


    Bei jedem seiner gefallenen Männer kniete Leodric nieder, sprach ein kurzes Gebet und nahm dem Toten behutsam ein Schmuckstück ab; einen Ring, eine Kette, manchmal auch nur einen Knopf oder eine Gürtelschnalle.
    Zurück in Caer Umran würde er dieses Andenken der Familie des Gefallenen übergeben.



    13.jpg


    Es waren viele Knöpfe, Ringe und Gürtelschnallen. Sehr viele.


    Als wir für die Schwerstverwundeten getan hatten, was wir konnten, und zurück im Lager, stockte mir der Atem bei dem Anblick, der sich mir bot.



    14.jpg

    lupe.png14


    Endlose Reihen weiterer Verwundeter, die auf Hilfe warteten.
    Ich atmete tief durch und machte mich an die Arbeit.


    Gowan trat an meine Seite, er hatte mir schon öfter geholfen, und wir arbeiteten gerne zusammen.


    „Du hast dich gut geschlagen", sagte ich zu ihm, und er nickte stumm.


    Ich hatte während des Kampfes versucht, hin und wieder einen Blick auf ihn zu werfen, und er hatte sich weder unbesonnen noch übertrieben leichtsinnig verhalten, sondern war meinem Rat gefolgt und hatte sich an dem, was die erfahreneren Kämpfer taten, orientiert.


    Als ich kurz den Kopf hob, sah ich Braigh am Rand des improvisierten Krankenlagers stehen.



    15.jpg


    Er war kreidebleich und starrte auf das Durcheinander, das sich vor seinen Augen ausbreitete.


    „Braigh!", rief ich, und er suchte mit seinen Blicken nach mir.
    „Komm her! Ich brauche deine Hilfe."


    Entschlossen straffte er die Schultern, lief zu mir und kniete sich neben mich.



    16.jpg


    „Was kann ich tun?", fragte er, seine Stimme war heiser, sein Blick flackerte.


    „Drück hier drauf", sagte ich zu ihm, und nach einem kurzen Zögern kam er meiner Aufforderung nach.


    Erleichtert sah ich, dass sich sein Atem schon bald beruhigte und er wieder Farbe bekam.
    Nichts half besser gegen den unvermeidlichen Schock nach der ersten Schlacht als das Gefühl, nützlich zu sein, gebraucht zu werden und etwas Sinnvolles zu tun.


    „Neiyra!"
    Das war Artairs Stimme, und ich sah zu ihm hinüber.


    Das Licht seiner Gabe pulsierte um ihn, und an den tiefen Schatten auf seinem Gesicht konnte ich erkennen, dass er sich zu wenig schützte.



    17.jpg


    „Wo ist Shainara?", rief er mir zu.
    „Wir könnten hier wirklich einen weiteren Heiler gebrauchen."


    Überrascht sah ich auf und ließ meinen Blick über die Menschenmenge gleiten, aber auch ich konnte sie nirgends entdecken.

    „Macht hier weiter", sagte ich hastig zu Gowan und Braigh, stand auf und rannte zu dem Turm, auf dem ich Shainara zuletzt gesehen hatte.

    Auch Bran, der damit beschäftigt gewesen war, einer jungen Bogenschützin den Arm zu schienen, hatte aufgesehen, und jetzt stand er auf und folgte mir.


    Ich kletterte die Leitern empor, so schnell ich es vermochte, und oben angekommen fiel mein Blick sofort auf Shainara.



    18.jpg


    Sie lag auf dem rauen Holzboden, ihr Gesicht leichenblass, und ich konnte nicht erkennen, ob sie noch atmete.


    Bran stieß einen erstickten Laut aus und lehnte sich haltsuchend an die Palisade, und ich sank neben Shainara auf die Knie.
    Hastig flogen meine Hände über ihren Körper, und ich beugte mich vor.



    19.jpg


    „Sie lebt noch", sagte ich erleichtert zu Bran.


    Ihr Atem ging flach, kaum wahrnehmbar, aber ich konnte ihn dennoch deutlich spüren.
    Rasch riss ich einen Fetzen aus Brayans Hemd und befeuchtete ihn mit einer Kräutertinktur aus einem Fläschchen an meinem Medizingürtel und strich Shainara damit sanft über das Gesicht.


    Ihr Atem wurde tiefer und regelmäßiger, dann flatterten ihre Lider, und schließlich schlug sie die Augen auf.



    20.jpg


    Bran rutschte an der Palisade herab zu Boden und legte die Hände vors Gesicht.


    Verwirrt sah mir Shainara in die Augen.


    „Hallo", sagte ich, und ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus.
    Eine gewaltige Woge der Erleichterung überflutete mich.


    Einen Moment lang wirkte Shainara noch benommen, aber dann konnte ich sehen, wie die Erinnerung an das Vorgefallene zurückkehrte.



    21.jpg


    Hastig setzte sie sich auf, griff aber dann im nächsten Moment haltsuchend nach meinem Arm.


    „Langsam", sagte ich.


    „Ich muss sofort mit Artair sprechen", stieß Shainara hervor.
    „Und mit Bran und Leodric. Sofern -", sie stockte kurz.
    „Sofern sie dieses Gemetzel überlebt haben."


    Die Besorgnis in ihrem Blick wich Erleichterung, als Bran neben sie trat.


    „Ich bin hier", sagte er.
    „Und auch Artair und Leodric sind unversehrt."



    22.jpg


    Er kniete sich neben sie.
    „Aber jetzt schaffen wir dich erst mal von diesem Turm", sagte er und hob sie auf seine Arme, als wöge sie nicht mehr als eine Feder.


    „Ich kann laufen", protestierte Shainara schwach, legte aber dann ihre Arme um seinen Hals und lehnte sich erschöpft an ihn.


    Geschickt kletterte Bran die Leitern hinab, aber als sie den Boden erreicht hatten, löste sich Shainara aus seinen Armen.


    Mit versteinertem Gesicht blickte sie auf das Durcheinander unseres behelfsmäßigen Krankenlagers, nahm den Anblick der Verwundeten, den unverwechselbaren Geruch und die grausamen Geräusche in sich auf und tastete nach meiner Hand.
    Ich ergriff sie und drückte sie.



    23.jpg


    „Was ich Artair zu sagen habe, wird wohl warten müssen“, sagte sie hart.



    Erst viele Stunden später kamen wir im Beratungszelt zusammen.


    Artair sah schrecklich aus, der Tag hatte fast all seine Kräfte gefordert.
    Nicht einmal Shainara hatte ihn dazu bringen können, sich besser zu schützen; er wusste zu genau, dass seine Gabe stärker wirkte, je weniger Barrieren er zu seinem eigenen Schutz errichtete.


    Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, legte den Kopf in den Nacken und schloss einen Moment die Augen.



    24.jpg


    Brayan reichte ihm einen Kelch mit Wein, und dankbar leerte Artair ihn in einem Zug.


    „Du siehst grauenhaft aus, mein Junge", sagte Bran, und Artair grinste ihn an.



    25.jpg


    „Du warst auch schon mal hübscher", gab er zurück, und Bran lachte heiser auf.


    Alec stand wie betäubt im Halbschatten an der Zeltwand, er hatte noch kein Wort gesagt.
    Leodric beugte sich auf seinem Stuhl vor und barg das Gesicht in seinen Händen.



    26.jpg


    „Was für ein furchtbarer Tag", sagte er dumpf.


    Artair richtete sich auf und sah zu Leodric herüber.

    „Warum wart ihr überhaupt hier?", fragte er.
    „Und was genau ist geschehen?"


    Leodric fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, ehe er antwortete.


    „Ich weiß nicht, ob dein Bote dich erreicht hat?", sagte er, an Artair gewandt, und als dieser bestätigend nickte, fuhr er fort.



    27.jpg


    „Dann weißt du ja, dass meine Länder überzogen werden von Angriffen und diese seltsame Finsternis sich mehr und mehr ausbreitet.
    Meine Männer und ich, wir sind ohne Unterlass unterwegs, um die Siedlungen zu schützen, aber bislang sind wir immer zu spät gekommen.
    Es ist, als ob sie genau wüssten, wohin wir uns wenden, um dann ganz woanders zuzuschlagen. Ganze Dörfer wurden ausgerottet", sagte er tonlos.


    „Und bis gestern Nacht wussten wir nicht, mit wem – oder mit was – wir es überhaupt zu tun haben. Die Berichte der wenigen Überlebenden waren verworren, wir konnten uns keinen Reim darauf machen.
    Niemand schien die Angreifer überhaupt gesehen zu haben, keiner konnte sich erklären, was geschehen war.
    Aber alle berichteten übereinstimmend von diesem merkwürdigen Brausen und den schwarzen Wirbeln, die sich so schnell bewegten, dass man ihnen nicht mit den Augen folgen konnte."



    28.jpg


    Er nahm einen tiefen Schluck aus dem Becher mit Wein, den Shainara ihm reichte.


    „Zuerst habe ich das abgetan", setzte er seinen Bericht fort.
    „Ich dachte, es sei der Verwirrung geschuldet, oder die Überlebenden seien dem Wahnsinn anheimgefallen. Aber als uns wieder und wieder dasselbe erzählt wurde, musste ich es wohl glauben.
    Ich hatte Berichte gehört, dass sich eine große Anzahl Kämpfer hier im Heerlager versammeln würde, und so machten wir uns auf den Weg, in der Hoffnung, hier Verstärkung zu finden und dich vielleicht sogar hier schon anzutreffen.
    Wir versteckten die Pferde im Unterholz, verbarrikadierten uns über Nacht in ein paar Höhlen nicht weit von hier und brachen noch vor Morgengrauen auf."


    Er schüttelte den Kopf.

    „Obwohl es schon seit fast einem Mond gar nicht mehr richtig hell wird", setzte er grimmig hinzu.
    „Und kaum kamen wir aus unseren Löchern gekrochen" – an seinem Tonfall konnte ich erkennen, wie sehr es ihm zuwider gewesen war, sich zu verstecken –
    „fielen sie über uns her. Es war das erste Mal, dass sie uns angegriffen haben und nicht irgendeine Siedlung oder ein Dorf.
    Schätze, sie wollten unter allen Umständen verhindern, dass ich dich erreiche."


    Er schlug mit der Faust auf den Tisch, der neben ihm stand.


    „Wir versuchten, zum Lager zu gelangen, obwohl unsere Pferde verschwunden waren, aber wir sind nicht weit gekommen", sagte er bitter.
    „Wenn ihr uns nicht zu Hilfe geeilt wärt, wären wir alle verloren gewesen."


    Er stand auf und sah Shainara gebannt an.



    29.jpg

    „Und wenn die Hohepriesterin der Königreiche nicht getan hätte, was auch immer sie getan hat", sagte er, direkt an sie gewandt.
    „Was mich zu der Frage führt: was habt Ihr eigentlich getan?"


    Alle Blicke richteten sich auf Shainara.


    „Ich habe einen Zauber gebrochen", sagte sie ruhig. „Mit Neiyras Hilfe, und mit sehr viel Glück."


    „Einen Zauber?", stieß Leodric verblüfft hervor.


    Und dann wiederholte er fast wörtlich, was ich heute Morgen gedacht hatte.
    „Von einem solchen Zauber habe ich noch nie gehört."


    „Das haben die Wenigsten, und das aus gutem Grund", sagte Shainara. „Es ist tiefste, schwärzeste Magie."
    Sie stockte.



    30.jpg


    „Und seit Anbeginn der Zeit hat es nur einen einzigen Mann gegeben, der diesen Zauber beherrscht hat."



    Personenverzeichnis ~ Stammbaum ~ Karte



  • Jetzt habe ich es endlich geschafft Deine Story von Anfang an zu lesen und ich bin schlichtweg begeistert. Dies ist wirklich Fantasy vom Feinsten, mit geradezu berauschenden Bildern. Ich gebe unumwunden zu, dass ich Dich um Deine grafischen Künste beneide :)


    Deine Charaktere sind vielschichtig und entwickeln sich stetig weiter, das ist wunderbar. Sie laden einen regelrecht dazu ein mit ihnen zu fiebern und zu leiden. Auch ist der Plot sehr gut durchdacht und ich bin sehr gespannt wie es weitergeht. Und diese zwischenmenschlichen Verwicklungen sind klasse, aber ich bin mir nicht sicher ob ich eine Artair-Neyira-Paarung herbeiwünschen wollte, auch wenn die kleinen Andeutungen, die es immer wieder gibt, sehr verführerisch sind. Aber vielleicht ist es auch einfach nur zu früh dafür. Und es sind noch so viele Schnuckel, err Fische im See... Unter anderem der geheimnisvolle Druide aus den Träumen. Mir sagt etwas das er nicht nur geheimer Ratgeber bleiben wird, zum Guten oder zum Bösen.
    Ja, ich reib mir mal die Hände. ;)


    LG,
    Lenya


  • Lenya: hallo und herzlich willkommen hier! Ich hab mich sehr über Deinen Kommi gefreut, und ich freue mich auch, dass Dir die Geschichte gefällt.
    Was Artair und Neiyra angeht... nun ja, im Moment sieht es ja eher nicht danach aus, aber wer weiss. ;)
    Und zu Deiner letzten Vermutung wird sich schon sehr bald etwas tun. :D




    Hier noch ein paar Outtakes


    27-01.jpg


    Einer der Toten ist offenbar nicht so ganz einverstanden mit seinem Schicksal.
    Ha-Ha-Ha-Ha Staying Alive. :D



    27-02.jpg


    Alle ungebeten Besucher auf dem Grundstück werden eingesperrt, aber sie scheinen die Zeit schon irgendwie rumzukriegen. Und offenbar ist Meduria tief im Innern sehr kinderlieb. ;)



    27-03.jpg


    Leodric, der Mann, der für uns durchs Feuer geht.



    27-04.jpg


    *Grmpf* Natürlich. Was auch sonst. Je-des-mal geht der kleine Brayan zielstrebig auf Neiyra zu und will von ihr geschaukelt werden. :rolleyes



    27-05.jpg


    Ich hab keine Ahnung, was Shainara uns damit sagen will.
    "Ich stehe auf ihn, aber ich habe Angst, dass er mich schlägt?"
    "Ich stehe auf ihn, aber ich find´s doof, dass er ein Boxer ist?"
    "Ich stehe auf ihn, aber wenn ich ihn anbaggere, gibt Bran ihm bestimmt eins auf die Nase?"
    Nicht den geringsten Schimmer.



    27-06.jpg


    Autsch. "Könnt ihr mal schnell kommen, ich kann meinen Kopf nicht mehr lange halten."
    (Erinnert mich irgendwie an diesen Muschelmann aus Fluch der Karibik II :D)



    27-07.jpg


    "Also, mein Kind, wenn Du Dir nicht bald einen Mann suchst, bleibt Dir irgendwann nur noch eine Adoption, falls Du mal Kinder willst."
    "Ja, weise Herrin, wie recht Ihr habt."



    27-08.jpg


    :rollauge:eek: Ich... hab den Überblick verloren. :hua



    27-09.jpg


    Oh, Mann, ja. Du wirst Dein Blondchen schon noch früh genug kriegen, jetzt gib Ruhe. :rolleyes



    27-10.jpg


    Das Grauen lebt. ;)
    (Zur Hintergrund-Info: das ist Gerd Gieke, ein Maxis-Sim aus Blauseidigheide, und der ist sozusagen ein Running Gag. Im anderen Forum geistert er als Statist in einigen FS rum. :D)



  • Und ich kenne das Chaos von übervollen Lots und die Sims koordinieren wollen... Warum tun wir uns das nur an? :rolleyes


    Weil es uns Spaß bringt! :D


    ---
    Ich find die Outtakes auch klasse. Und wer weiß... vielleicht ist Kleinbrayans Rumschaukeln-wollen-mit-Neiyra ja ein früher Ausdruck von Zuneigung. Wir wissen ja immer noch nicht gaaaanz genau in wen Brayan eigentlich verschossen ist. :cool:

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19


  • Was lange währt...
    Bitte, nehmt meine aufrichtige Entschuldigung an, dass es (schon wieder) so ewig gedauert hat.
    Ich überlege ernsthaft, die Kapitel demnächst in kleinere Häppchen aufzuteilen.


    Nun aber Ende der Vorrede. ;) Bei den Lupenbildern empfehle ich dringendst die 17, und die Kerkerbilder sind in gross irgendwie cool, finde ich. :D


    Viel Spaß beim Lesen!





    28kapitel.png



    Einen Moment herrschte Schweigen.


    01.jpg


    „Ihr meint sicher Runcal", sagte Leodric dann heiser, und Shainara nickte.


    „Es war Zeitmagie", fuhr sie fort, und ich hörte, wie Bran scharf den Atem einsog.


    „Die Angreifer wurden aus der Zeit genommen. Wenn man jemanden aus der Zeit nimmt, ermöglicht man es ihm, sich außerhalb der Zeit zu bewegen.
    Die Welt um ihn herum scheint gleichsam still zu stehen. Deshalb dieser Eindruck von Schnelligkeit – während für uns die Zeit weiter verrinnt, konnten sie in gewisser Weise überall zugleich sein.
    Und wenn sie sich nicht bewegen, sind sie nahezu unsichtbar."


    „Götter", stieß Leodric hervor.



    02.jpg


    „Dies ist der schwerste und komplizierteste Zauber, den es gibt", fuhr Shainara fort.
    „Es gab zahllose schwarze Magier, die sich daran versucht haben, aber niemand hat ihn je beherrscht. Alle Versuche haben unweigerlich zu Tod oder Zerstörung geführt.
    Bis Runcal kam."


    Ihre Stimme stockte.
    „Es ist ihm nicht nur gelungen, Dinge und Tiere aus der Zeit zu nehmen, sondern auch Menschen. Und schließlich auch sich selbst, was bis zu diesem Zeitpunkt alle Druiden für unmöglich hielten.
    Und jetzt scheint er an einem Punkt angekommen zu sein, an dem es ihm möglich ist, ganze Gruppen von Menschen und sich selbst aus der Zeit zu nehmen.
    Ich wage nicht, mir auch nur vorzustellen, welche Machtfülle dazu nötig ist."


    Fassungslos starrten wir sie an.


    03.jpg


    „Dass ich den Zauber brechen konnte, war pures Glück", sagte Shainara leise.
    „Er war schon immer stärker als ich, und jetzt reicht meine Kraft nicht mal annähernd an die seine heran.
    Aber er hat offenbar nicht damit gerechnet, dass ich auch hier sein würde, und war nicht gewappnet.
    Es hätte mich fast zerbrochen, und noch einmal wird es mir sicher nicht gelingen.
    Das nächste Mal wird er vorbereitet sein."


    „Aber-", stieß Alec hervor, und alle Augen richteten sich auf ihn.


    04.jpg


    „Er war doch dort, nicht wahr? Wer auch immer diesen Zauber ausgeführt hat, er war hier, auf diesem Schlachtfeld."


    Shainara nickte. „Einen solchen Zauber kann man nicht aus der Ferne wirken", sagte sie.


    „Dann kann es nicht Runcal gewesen sein", erwiderte Leodric fest, seine Stimme klang vollkommen sicher.
    „Ich hätte Euch und die Druiden sofort informiert, wenn er weg wäre.
    Runcal vermodert in meinem tiefsten Kerker, und er wird niemals wieder das Licht des Tages erblicken."


    Artair erhob sich von seinem Stuhl.


    05.jpg


    „Es wird höchste Zeit, dass wir ihm einen Besuch abstatten", sagte er grimmig.



    Bereits am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg, Shainara und Artair wollten keine weitere Zeit verlieren und so schnell wie möglich nach Caer Umran.
    Schnelligkeit war unser vorrangigstes Bestreben, und so begleitete uns nur die Hälfte der berittenen Kämpfer, die andere Hälfte und die Fußtruppen blieben mit den Verwundeten im Heerlager zurück.


    Gegen Mittag trennten wir uns von Bran und seinen Männern, die sich auf den Weg zurück nach Bréliande machten.


    „Es tut mir leid, euch im Stich lassen zu müssen", sagte Bran mit gerunzelter Stirn, „aber ich muss zu Hause nach dem Rechten sehen. Keiner meiner Boten ist zurück gekommen, und ich bin besorgt."


    „Macht Euch keine Gedanken", sagte Artair.


    06.jpg

    lupe.png6


    „Wir sehen uns zur Hochzeit", erwiderte Bran.


    Kurz streifte sein Blick Shainara, dann hob er noch einmal grüßend die Hand und ritt mit seinen Männern gen Osten, während wir uns weiter nordwestlich hielten.



    Gegen Abend schlugen wir unser Lager auf und entzündeten trotz der drohenden Gefahr große Feuer, um die bedrückende Finsternis rundum zu bekämpfen, die sich wie ein Leichentuch über unser Gemüt legte.


    Und tatsächlich schienen das Licht, die Wärme, ein deftiger Eintopf und reichlich Most die Stimmung aufzuheitern.


    Ich hatte nach den Pferden gesehen und trat nun an das Feuer in der Mitte des Lagers.
    Müde setzte ich mich auf einen Stein neben Brayan, und er drückte mir eine Schüssel heißen Eintopfs in die Hand.


    07.jpg

    lupe.png7


    Dankbar sog ich den würzigen Geruch ein und legte meine kalten Hände um die warme Schale.
    Ich spürte, wie langsam die Anspannung von mir abfiel, und lauschte dem Geplauder um mich herum.


    „Hast du noch diesen zotteligen Hund, der dir immer auf Schritt und Tritt gefolgt ist?" fragte Artair, an Alec gewandt.


    08.jpg


    „Nein, Sire", antwortete Alec. „Er ist vor einiger Zeit gestorben."


    Diesmal hob Artair beide Augenbrauen, dann boxte er Alec leicht gegen den Oberarm.


    „Nicht so förmlich, Vetter", sagte er grinsend.
    „Ich erinnere mich sehr wohl, dass Du mir beim Festmahl zu meiner Krönung eine mit Luft gefüllte Schweinsblase unter das Kissen legen wolltest."


    „Ich dachte, Du könntest etwas Aufmunterung gebrauchen", grinste Alec zurück, und Brayan lachte laut.


    09.jpg


    „Aber genaugenommen", fuhr Alec fort, „hatte ich die Blase von Brayan."


    Ein munteres Geplänkel über die geplanten und die tatsächlich ausgeführten Streiche zu Ehren von Artairs Krönung begann, und ich konzentrierte mich auf mein Essen.


    Als ich fertig war, stellte ich die Schüssel neben mir ab und streckte die Beine, und dabei fiel mein Blick auf Gowan und Braigh, die mir gegenüber saßen.
    Beide wirkten still und bedrückt; sie beteiligten sich nicht an dem munteren Geplauder um sie herum und starrten abwesend ins Feuer.



    10.jpg


    Eine Weile beobachtete ich sie, und dann war ich mir sicher zu wissen, was sie plagte.
    Zu oft schon hatte ich diesen Gesichtsausdruck bei jungen Kämpfern und Knappen gesehen, um Zweifel und Angst nicht erkennen zu können.


    Ich stand auf, ging zu ihnen hinüber und setzte mich zwischen sie.



    11.jpg


    „Ich weiß, was in euch vorgeht", sagte ich leise.


    Gowans Kopf fuhr hoch, und Braigh sah mich erschrocken an.

    „Ihr habt Zweifel. Zweifel, ob ihr dem, was auf euch zukommt, gewachsen seid. Ob ihr bestehen könnt.
    Und ihr habt Angst. Angst vor Schmerzen, vor dem Tod, dem nächsten Gefecht.
    Vor allem aber habt ihr Angst, dass eure Angst euch daran hindern wird, in der nächsten Schlacht eure Pflicht zu tun."


    Braigh senkte den Kopf, und Gowan schoss die Röte ins Gesicht.


    „Was ihr aber noch nicht wisst, ist, dass ich auch Angst habe. Wir alle haben das."


    „Nein", sagte Gowan rau. „Das ist nett von dir, Neiyra, aber das ist einfach nicht wahr."



    12.jpg


    „Natürlich ist das wahr", erwiderte ich, „Habe ich dich schon jemals belogen? Jedes Mal, vor jeder einzelnen Schlacht, habe ich Angst.
    So ist es bei mir, bei Brayan, bei Artair, und bei allen anderen."


    Ich konnte sehen, dass sie mir nicht glaubten.


    „Artair", rief ich laut. „Erzähl doch Gowan und Braigh bitte mal, wie es dir vor einer Schlacht geht."


    Überrascht sah Artair auf, und ein Blick auf die beiden jungen Männer neben mir reichte ihm, um zu verstehen.


    13.jpg


    Er beugte sich vor und sah ernst zu uns herüber.


    „Ich bin vor allem froh, dass ich meist auf einem Pferd sitzen darf", sagte er ruhig.
    „Weil mir die Knie so schlottern, dass ich mich kaum auf den Beinen halten kann."


    Fassungslos starrten Gowan und Braigh ihn an.


    „Ja, das ist wohl wahr", feixte Brayan und schlug Artair kräftig auf die Schulter.
    „Ich würde dich ja tragen, aber dummerweise zittern mir die Hände so sehr, dass ich kaum mein Schwert halten kann. Ich würde dich bestimmt fallen lassen."


    „Immer noch besser als Neiyra, die uns auf die Stiefel speit", sagte Artair trocken, und ich schnaubte.


    „Jetzt hör aber auf", protestierte ich. „Ich habe mich einmal übergeben. Ein einziges Mal, sonst ist mir immer nur todübel."


    14.jpg


    „Mir klappern die Zähne", warf Leodric ein und fuhr sich verlegen durchs Haar.


    Uisdean schnaubte leise, und ich grinste in mich hinein.
    Wenn ich Uisdeans Problem hätte, würde ich auch lieber den Mund halten.


    „Wir alle haben Angst, vor einer Schlacht", sagte Artair ruhig. „Aber wir haben gelernt, sie zu bezwingen."


    Ernst sah er Gowan und Braigh an.


    15.jpg


    „Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben. Mutig ist es, sich einem Feind zu stellen, obwohl man Angst hat, und trotzdem seine Pflicht zu tun."


    Gowan und Braigh wirkten überrascht, aber auch irgendwie erleichtert, und zugleich nachdenklich.


    16.jpg


    Jetzt hatten sie offenbar Einiges, über das sie nachdenken konnten, und ich hoffte, dass unsere Worte Wirkung zeigen würden.




    Zwei Tage später erreichten wir Caer Umran.
    Immer näher waren wir der gewaltigen Gebirgskette gekommen, bis wir schließlich in ihre Ausläufer eintauchten.
    Unser Weg war stetig steiler und enger geworden, so dass am Ende nur noch zwei Pferde nebeneinander Platz fanden, und nun lag die Festung vor uns.


    Hoch oben lag sie, und eine gewaltige Mauer umgab das natürliche Plateau, auf dem sie errichtet worden war.
    Mit offenem Mund starrte ich auf das Bild, das sich meinen Augen darbot.


    17.jpg

    lupe.png17


    Jetzt war mir klar, wieso die schlimmsten Verbrecher in Caer Umran festgesetzt wurden.


    Die in der Feste verbliebenen Männer waren sichtlich erleichtert über Leodrics Rückkehr, als sie jedoch sahen, wie wenige der Ihren ihn begleiteten, konnte man an ihren bedrückten Gesichtern ablesen, wie die Erleichterung Trauer und Bestürzung wich.


    18.jpg

    lupe.png18


    Leodric wies einen alten, krummen Kämpen an, unsere Männer unterzubringen, und dann ritten er, Alec, Artair, Brayan, Shainara und ich weiter in den inneren Hof.


    19.jpg

    lupe.png19


    Als wir ihn erreicht hatten und absaßen, kam ein kleines, schwarzhaariges Mädchen mit strahlend blauen Augen aus dem Gebäude gerannt und warf sich in Alecs Arme.


    20.jpg

    lupe.png20


    Dicht hinter ihr stürzten drei Frauen auf den Hof.
    Eine war groß und blond, eine klein und zierlich und hatte dichte, kastanienbraunen Locken, und die jüngste, mit schwarzem Haar und den geichen, unfassbar blauen Augen, war offenbar Leodrics Tochter.


    „Den Göttern sei Dank!", stieß die blonde Frau hervor.


    22.jpg


    Leodric zog sie an sich, und trotz ihrer Größe versank sie beinahe in seiner Umarmung.


    Die Frau mit den braunen Locken hatte sich in Alecs Arme gestürzt, jetzt schmiegte sie sich an ihn und weinte heftig.


    21.jpg


    „Beruhige dich doch, Megan", sagte Alec ein wenig hilflos und strich ihr sanft über den Rücken.
    „Mir ist ja nichts geschehen."


    Ich maß sie mit einem raschen Blick. Offenbar war sie wieder guter Hoffnung.


    „Ihr seid bestimmt müde und erschöpft und sehnt euch nach einem Bad und etwas Gutem zu essen", besann sich Ilisa, Leodrics Frau, auf ihre Pflichten als Hausherrin und löste sich aus Leodrics Armen.


    „Später", sagte Artair, und Shainara nickte.


    „Wir sollten keine weitere Zeit verlieren. Lasst uns jetzt sofort zu diesem Kerker gehen."




    Der Abstieg zu den Kerkern kam mir endlos vor.
    Sie schienen tief in den Fels gegraben zu sein, und eine bodenlose Treppe schraubte sich tiefer und tiefer in das Innere des Berges.


    23.jpg


    Schon bald waren wir von vollkommener Dunkelheit umgeben, nur erhellt durch das Licht der Fackeln, die wir trugen.
    Die Luft wurde schal, modrig und abgestanden, und je weiter wir vordrangen, umso feuchter wurden die Wände.


    Als wir, nach einer Ewigkeit, wie es mir schien, endlich das Ende der Treppe erreicht hatten, erstreckte sich ein langer, dunkler Korridor vor unseren Augen, der sich im Dunkel verlor.
    Leodric nickte den beiden Wachen zu, die neben der Treppe standen, und führte uns in den Korridor.



    24.jpg

    lupe.png24


    Schon bald hatte ich jede Orientierung verloren; wieder und wieder teilten sich die Gänge, und es erschien mir unglaublich, dass Leodric in diesem Labyrinth unbeirrt sein Ziel fand.


    „Wir haben ihn in das tiefste Loch geworfen, das wir finden konnten", sagte Leodric hart.
    „Und nach einer Weile schien es, als habe er sich mit seinem Schicksal abgefunden.
    Was uns aber nicht dazu verleitet hat, in unserer Wachsamkeit nachzulassen, zu oft haben wir uns all die Jahre von diesem Bastard täuschen lassen."


    Er wandte sich an Shainara.
    „Aber seit einiger Zeit gehen seltsame Dinge vor sich, hier unten. Was der Grund ist, warum ich darum bat, dass Ihr und Mártainn nach dem Rechten seht."


    25.jpg

    lupe.png25


    „Was für Dinge?", fragte Shainara stirnrunzelnd.


    „Meine Männer werden krank und mutlos, wenn sie zu lange hier unten Wache halten müssen.
    Die Wache dauert eigentlich nie länger als sechs Stunden, bevor die Männer abgelöst werden, und erstreckt sich auch nur über einen Zeitraum von ein paar Tagen.
    Aber seit einiger Zeit halten es die Männer selten länger als ein, zwei Stunden hier unten aus, und wir müssen täglich wechseln.
    Es ist als ob…", ratlos fuhr er sich über die Stirn.
    „Als ob man in Hoffnungslosigkeit ertrinkt."


    Ich atmete tief ein.
    Ich verstand, was er meinte; denn bereits seit einiger Zeit hatte ich das Gefühl, dass mich die feuchte, stinkende Luft ringsum immer mehr einengte.
    Es fiel mir schwerer und schwerer, meine Füße zu heben; mir war, als senkte sich eine bleierne Decke über mich.


    Auch die anderen schienen es zu spüren, unsere Schritte waren schleppend geworden, der Atem ging schwer.


    Als Leodric die letzte Abzweigung nahm und endlich vor einer niedrigen, mit Eisen verstärkten steinernen Tür haltmachte, hatte ich das Gefühl, vor eine unsichtbare Mauer zu prallen.


    26.jpg

    lupe.png26


    Eine Mauer aus tiefem, unverbrüchlichem Hass, die nichts als Angst, Verzweiflung und abgrundtiefer Hoffnungslosigkeit zurückließ.


    Ich schwankte und suchte Halt an den kalten, feuchten Steinwänden.


    27.jpg

    lupe.png27


    Was auch immer hier unten war, es war böse.


    Shainara sah mich an und nickte mir zu, in ihren Augen lag grimmige Entschlossenheit.
    Dann schloss sie die Augen und legte die Hände auf die Tür, nur um im nächsten Moment zurück zu weichen.


    „Die Bänne sind nicht gebrochen", sagte sie leise; ein Anflug von Überraschung schwang in ihrer Stimme mit.
    „Aber…"


    Tastend und prüfend fuhr sie mit den Händen über das raue Holz, den zerfurchten Stein und das kalte Metall.
    „Irgendetwas ist anders", sagte sie dann zögernd.


    „Anders?" fragte Leodric überrascht und schüttelte verwirrt den Kopf.
    Schließlich gab er einem der Wachtposten ein Zeichen.


    Die Wache öffnete die Tür, und ein furchtbarer Gestank waberte uns entgegen.
    Einer der Männer ging mit einer Fackel voraus, und wir folgten ihm.
    In dem niedrigen Gewölbe konnten wir nicht aufrecht stehen, und als sich unsere Augen an das von der Fackel kaum erhellte Dunkel gewöhnt hatten, konnten wir eine modrige Pritsche mit einer Auflage aus fauligem Stroh ausmachen, die mit Ketten an den feuchten Wänden befestigt war und auf der eine reglose menschliche Gestalt saß.


    28.jpg

    lupe.png28


    „Seht ihr", sagte Leodric. „Da ist er, der Hundesohn."


    29.jpg


    Unversöhnlicher Hass schwang in seiner Stimme mit.



    Ich stand starr vor Entsetzen.


    30.jpg



    Ich hatte nur einen Blick auf den Mann werfen müssen, der teilnahmslos auf der vor Schmutz starrenden Pritsche kauerte, um jenes Gesicht zu erkennen, das mir in der letzten Zeit so vertraut geworden war.



    31.jpg



    Personenverzeichnis ~ Stammbaum ~ Karte



  • Gnaaah. Genau an dieser Stelle aufzuhören ist gemein! :D


    Schön, wieder ein Kapitel lesen zu können. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es jetzt weitergeht, da Neiyra ihn wiedererkannt hat und insbesondere, ob jetzt offenbart wird, dass er in ihren Träumen aufgetaucht ist.