Bis jene Nacht der Frühlingsfeuer kam. Die Sonne versank und wich einer samtenen, lauen Dunkelheit, und die Luft vibrierte vor Spannung und in einer fiebrigen Erwartung, die ich damals nicht begreifen konnte und die mich unruhig und nervös machte.
Und als die Feuer entzündet waren, beobachtete ich, wie mehr und mehr Paare aus dem flackernden Schein verschwanden und in den schützenden Schatten des Waldes eintauchten, wo sie den Beginn des Frühlings und den Kreislauf des Lebens auf ihre Art feierten; und ich verstand zum ersten Mal die Bedeutung der Frühlingsfeuer.
Und in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich Artair nicht mehr mit den Augen einer Schwester ansah; und ich begriff, was mit mir geschehen war.
Ich blickte zu ihm hinüber und sah ihn an, als sähe ich ihn zum ersten Mal; und mir schien auf einmal, als sei mein Körper viel zu klein und zu eng für all die Gefühle, die mich plötzlich überwältigten.
Ein unbeschreibliches, niemals vorher dagewesenes Glücksgefühl; Zärtlichkeit, Sehnsucht und ein unbestimmtes Verlangen; und all diese Empfindungen, die mein Herz zum Überquellen brachten, entlockten mir ein Lachen voll reiner Freude.
Ich hatte nicht gewusst, dass man auf diese Art fühlen kann. Es war, als hätte ich niemals zuvor den Himmel gesehen.
Als ich lachte, blickte er zu mir hinüber und winkte mir gutgelaunt zu.
Und ich hatte die zweite Erkenntnis in dieser Nacht.
Denn sein Blick auf mich war immer noch der gleiche. Ich war seine kleine Schwester.
Im Laufe der Jahre hatte ich gelernt, die Verwirrung, Unsicherheit und Ungeschicklichkeit in seiner Gegenwart zu überwinden und das Herzklopfen, das Verlangen und die Sehnsucht zu ignorieren.
Ganz gelegentlich erlaubte ich der Zärtlichkeit, in unseren meist rauen Alltag einzudringen, sehr vorsichtig und immer wohldosiert; und das war ein gewisser Trost, wenngleich es auch nie genug zu sein schien.
Ich glaubte nicht daran, dass seine Gefühle für mich sich wandeln würden, denn er liebte mich ja. So, wie Brayan und ich uns liebten.
Bruder und Schwester.
Und langsam verfiel die hell lodernde Freude in meinem Innern zu einem schwelenden Häufchen Asche.
Ich trank meinen Most aus, lächelte Brayan zu und überließ ihn seinem Schicksal, mit dem er jedoch sehr zufrieden zu sein schien.