„Ach, eine Panne?“ fällt Caroline ihrer Cousine ins Wort. „Wie nett! Und wo ist das passiert, Chrissy?“
Chrissy schluckt. „Im Golden-Gate-Park“, murmelt sie.
„Sein Wagen hatte also eine Panne“, wiederholt Caroline. „Und wieso ist das ausgerechnet im Golden-Gate-Park passiert? Wo kamt ihr eigentlich her, oder wo wolltet ihr hin?“
„Wir haben noch nur eine kleine Spazierfahrt gemacht, Caroline“, sagt Chrissy erschöpft. „Wir sind einfach nur so rumgefahren. Ich … ich musste mal mit jemandem reden.“
„Und dafür hast du dir Alex ausgesucht! Darf man mal fragen, worüber du mit ihm reden musstest?“
„Nichts Besonderes, Cara. Ich war einfach ein bisschen down, und Alex kann gut zuhören. Das ist alles.“
„Ja, das kann er“, bestätigt Caroline bitter. „Ich sehe dich richtig vor mir, Chrissy. Du flatterst mit den Wimpern und himmelst ihn an und jammerst ihm was vor. Ich hab dich in der Schule beobachtet, Chrissy. Du lässt keine Gelegenheit zum Flirten aus.“
„Ich? Das stimmt doch gar nicht! Ich finde Flirten total blöd!“
„Dann muss es eine Doppelgängerin von dir sein, die dauernd mit fremden Jungen im Flur herumflachst.“
„Aber das hat doch mit Flirten nichts zu tun! Wenn die Leute mich ansprechen, kriegen sie eine Antwort. Wir ziehen uns gegenseitig auf, das ist alles total harmlos!“
„Nicht, wenn du die Jungen nicht kennst. Hier ruft kein Mädchen fremden Jungen was nach. So etwas ist unfein und ungebildet.“
„Du findest mich also unfein und ungebildet!“
„Ich kann es auch anders ausdrücken. In Iowa ist es vielleicht normal, wenn man anderen Mädchen den Freund ausspannt, aber bei uns in Kalifornien tut man so was nicht.“
„Du irrst dich, Caroline“, beharrt Chrissy unglücklich. „Ich hab nicht versucht, dir deinen Freund zu stehlen. Es tut mir leid, wenn du so etwas von mir glaubst, aber was ich sage, stimmt.“
„Na klar“, meint Caroline ironisch. Sie setzt sich im Bett auf und schlingt die Arme und ihre Knie. „Ich kann mir da 100.000 harmlose Sachen vorstellen, die ihr bis Mitternacht zusammen gemacht habt. Das ist einfach gemein, Chrissy! Ich drehe fast durch, weil ich morgen in einer Ballettvorstellung tanzen muss, für die ich noch gar nicht richtig fit bin, und du gehst am Abend vorher heimlich mit meinem Freund aus.“
„Cara, du verstehst das alles total falsch!“ fleht Chrissy.
Caroline beachtet Chrissy gar nicht. „Du machst das schon, seit du hier bist“, fährt sie fort. „Zuerst wickelst du meine Eltern ein, bis sie glauben, du wärst das Größte und ich wäre faul und nutzlos. Dann machst du bei meinen Freunden weiter. Ich hab dafür gesorgt, dass du sie kennen lernst, damit du nicht das ganze Jahr allein bist. Aber du konntest es nicht vertragen, dass es meine Freunde waren, und so hast du mich aus meiner Clique rausgedrängelt und mir meinen Platz weggenommen.“
„Cara, wie kannst du so was sagen!“ ruft Chrissy mit zitternder Stimme. „Das ist einfach nicht wahr!“
„Nein? Und was ist mit all den heimlichen Anrufen bei Justine und Tracy? Immer, wenn ich zufällig reinkomme, hängst du am Telefon, und dann legst du schnell auf. Dauernd gehst du mit der Clique ins Kino, wenn du weißt, dass ich zur Probe muss. Du kannst vielleicht andere reinlegen, aber mich nicht. Du bist eine gemeine Heuchlerin, Chrissy. Ich wünschte mir, du wärst nie gekommen. So, und jetzt versuche ich, ein bisschen zu schlafen. Ich muss nämlich morgen tanzen und will mich nicht vor all den Leuten lächerlich machen.“
Sie legt sich hin und dreht Chrissy, ohne noch etwas zu sagen, den Rücken zu.
„Gute Nacht, Caroline“, murmelt Chrissy, dann zieht sie sich leise aus und schlüpft in ihr Bett. Es dauert noch lange, bis die beiden Mädchen wirklich eingeschlafen sind.
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