Ich danke euch allen für eure Kommentare *verneig*
„Ist ja irre!“ ruft Chrissy, als sie sich in den dichten Verkehr einreihen. „So viel Autos! Wie kommt man in dem Gewühl überhaupt klar?“
„Das ist noch gar nichts“, meint Carolines Vater schmunzelnd. „Du müsstest hier mal den Feierabendverkehr erleben.“
Chrissy sieht Caroline an. „Traust du dich, in dem Gewühl zu fahren?“
„Ich habe noch keinen Führerschein“, sagt Caroline.
„Man braucht in der Stadt nicht unbedingt einen Wagen“, erklärt Carolines Mutter. „Bei uns gibt es sehr gute Busverbindungen. Außerdem findet man sowieso keinen Parkplatz. – Kannst du schon fahren, Chrissy?“
„Nur Traktoren und so. Ben lässt mich manchmal ans Steuer, wenn keiner zuguckt, aber ich hab auch noch keinen Führerschein.“
„So ein Glück“, meint Carolines Vater trocken. „Dann ist mein Wagen wenigstens vor euch sicher.“
„Warte nur, Papa, bald lerne ich auch fahren.“
„Na, hoffentlich muss ich dir nicht beibringen, wie man am Berg anfährt“, meint Herr Kirby. „Dann liegst du schon in der Bucht, bevor du auch nur den ersten Gang drin hast.“
„Wir wohnen oben auf einem Hügel“, erklärt Caroline ihrer Cousine. „Man muss die Räder nach rechts einschlagen, wenn man parkt, sonst rollt der Wagen davon. Die Polizisten verteilen ständige Verwarnungen, weil die Leute immer vergessen, die Räder richtig zu stellen.“
„Komisch, dass es bei euch in der Stadt überall rauf und runter geht.“, meint Chrissy. „Bei uns zu Hause sind die Städte ganz platt.“ Sie kichert. „Na ja, dafür stehen da auch höchstens 50 Häuser, und das kann man ja wohl nicht als Stadt bezeichnen, oder?“
Sie haben die Kuppe eines Hügels erreicht und haben plötzlich freie Sicht auf das Meer unter ihnen.
„Oh, wow!“ ist alles, was Chrissy herausbringt, und das wiederholt sie noch unzählige Male, bevor sie die Innenstadt erreicht haben.
Chrissy scheint gar nicht zu wissen, wohin sie zuerst schauen soll. „Habt ihr hier tolle Läden!“ ruft sie begeistert. „Die Sachen, die sie da verkaufen, kann sich bestimmt kein Mensch leisten.“
„Die würden dir auch gar nicht gefallen“, meint Caroline. „Das ist nur was für ältere Frauen. Aber ich kann dir echt flippige Boutiquen zeigen, wo du bestimmt was für dich findest.“
„Ja, Chrissy, so ist es“, bestätigt Herr Kirby. „Caroline findet auch immer was. Sie gibt ein Vermögen für Sachen aus, die so aussehen, als hätte jemand sie schon zehn Jahre getragen.“
„Stimmt ja gar nicht, Paps. Und außerdem ist das jetzt modern. Keiner trägt Jeans, die neu aussehen“ Sie beißt sich auf die Zunge, als ihr einfällt, dass Chrissys Jeans wirklich brandneu aussehen. „Ach, übrigens“, redet sie hastig weiter, „leihst du mir für das Konzert am Samstag deinen schwarzen Blazer?“
„Wie bitte? Meinen Blazer?“ fragt ihr Vater verblüfft. „Warum willst du mitten im Sommer ein Herrenjackett anziehen? Haben sie einen plötzlichen Kälteeinbruch vorhergesagt?“
„Nein, Papa, superweite Sachen sind nur gerade in“, klärt Caroline ihn auf. „Tragt ihr so was in Iowa auch, Chrissy?“
„Hm, ich weiß nicht. Wenn ich eine Jacke von Papa anziehen würde, dann würden alle denken, meine Eltern wären zu arm, um mir was Vernünftiges zu kaufen.“
Sie haben die Innenstadt inzwischen verlassen und fahren eine lange, steile Anhöhe hinauf.
„Ich wecke euch bestimmt schon im Morgengrauen auf, damit es ein richtig schöner langer Tag wird.“ meint Chrissy.
„Wie bitte? Stehst du wirklich so früh auf?“ fragt Caroline alarmiert.
„Nein, natürlich nicht“, sagt Chrissy lachend. „Ich bin eine fürchterliche Schlafmütze. Man muss mich immer um halb sieben aus dem Bett werfen. Mein Papa steht schon um fünf auf.“
„Wir haben schon Glück, wenn Caroline in den Ferien mal vor zehn zum Frühstück erscheint“, bemerkt Herr Kirby lächelnd.
„Ich bleibe aber auch länger auf als die Leute auf einer Farm“, verteidigt sich Caroline. Warum müssen ihre Eltern sie dauernd vor Chrissy schlecht machen?
Sie haben jetzt die Anhöhe erreicht und fahren auf der anderen Seite wieder hinunter. „Da ist ja die Golden-Gate-Brücke!“ jubelt Chrissy. „Und Alcatraz! Es ist alles genauso wie auf den Postkarten und im Film.“
„Und da unten ist Fisherman’s Wharf“, erklärt Caroline. „Da gehen wir morgen hin, wenn du willst.“
„Oh, wow!“ sagt Chrissy wieder. „Ist das alles aufregend! Ich bin so froh, dass ich hier bin!“
„Wir freuen uns auch, Liebes“, versichert Frau Kirby ihr herzlich. „Richard, ich habe eine Idee: Warum fahren wir nicht heute Abend zur Fisherman’s Wharf und gehen chinesisch essen?“
„Soll das heißen, wir haben mal wieder nichts zu essen im Haus?“ fragt Herr Kirby schmunzelnd.
„Oh, ihr braucht wirklich nicht mit mir essen zu gehen“, protestiert Chrissy hastig. „Das wäre mir wahrscheinlich nur peinlich. Ich meine, ich bin an tolle Restaurants und so nicht gewöhnt, und außerdem habe ich schon im Flugzeug gegessen – dreimal!“
„Chrissy, wir gehen mindestens zweimal in der Woche zum Essen aus“, erklärt Caroline, die sich ein Lachen verkneifen muss. „Für uns ist das nichts Besonderes. Papa kocht nicht gern, und Mama hat oft einfach keine Zeit.“
„Es stimmt gar nicht, dass ich nicht gern koche“, wehrt sich ihr Vater.
„Aber wir sind nicht besonders wild auf dein Essen“, schießt Caroline zurück. „Und da wir Chrissy nicht gleich am ersten Abend vergiften wollen, gehen wir am besten aus.“
„Ich glaube, ich träume“, meint Chrissy, als sie später vor einem dreistöckigen Haus halten. „Das ist zu schön, um wahr zu sein!“
Sie legt den Kopf in den Nacken und schaut bewundernd zu dem romantischen Türmchen und den schön geschnitzten Dachbalken hinauf.
„Das ist ja riesig! Wohnt ihr da ganz allein?“
Carolines Mutter lächelt. „Nein, außer uns noch zwei andere Familien.“
„Ist ja traumhaft!“ haucht Chrissy. „Und diese Aussicht!“ Sie blickt über die Bucht nach Sausalito hinüber, wo schon die ersten Lichter funkeln. „Alles ist so schön hier! Ich glaube wirklich, ich träume!“
Caroline hat ihre Cousine die ganze Zeit über nicht aus den Augen gelassen, und jetzt merkt sie auf einmal, dass sie von Chrissys Freude richtig gerührt ist. Sie selbst ist schon als kleines Kind mit ihren Eltern durch die halbe Welt gereist und hat das alles als ganz selbstverständlich betrachtet. Sie war nicht mal beim Anblick des Eiffelturms so aufgeregt gewesen wie Chrissy jetzt. Caroline beginnt allmählich, ihre Heimatstadt mit Chrissys Augen zu sehen; sie freut sich richtig darauf, mit ihrer Cousine über die Golden-Gate-Brücke zu gehen und durch den Park und durch Chinatown zu bummeln. Bestimmt wird es sogar Spaß machen, mit ihr zum Essen auszugehen.
Chrissys Augen leuchten, und ihr blondes Haar fliegt im Wind.
Sie ist ganz anders, als ich sie mir vorgestellt habe, denkt Caroline. Sie sieht bestimmt nicht wie ein Dorftrampel aus, und sie ist überhaupt nicht so schüchtern und ängstlich, wie Mama geglaubt hat. Mit uns wird es ganz super klappen, und wir werden ein phantastisches Jahr miteinander verbringen. Hoffentlich...
So, jetzt würde ich mich wie immer über viele Meinungen und Kommentaren von euch freuen. Also haut in die Tasten